* Die Grippe geht um. In unſe⸗ rem Orte mehren ſich in erfchreckender Weiſe die Grippe⸗Erkrankungen. In zahlreiche Fa⸗ milien hat ſie Einzug gehalten und faſt alle Mitglieder der Familie ſind erkrankt. Die Grippe iſt bekanntlich eine anſteckende Krankheit, weshalb in jeder Beziehung Vorſicht geboten iſt. Todesfälle haben wir in unſerem Orte glück- licherweiſe bis jetzt noch keine zu verzeichnen. Man kann hier bereits von einer Grippe⸗Epi⸗ demie ſprechen. unerklärliche Müdigkeit, Kopfſchmerzen, frieren uſw. Wo ſich dieſe einſtellen, ſofort das Bett aufſuchen und den Arzt zu Rate zu ziehen. Die Grippe iſt eine heimtückiſche Krankheit, die ſofort mit den rechten Mitteln bekämpft werden muß. Vernemer Faſtnachtszeitung! Wir machen die verehrlichte Einwohnerſchaft jetzt ſchon darauf aufmerkſam, daß die Original Vernemer⸗Faſtnachtszeitung in den nächſten Tagen erſcheint. Nur die Vernemer Faſtnachts⸗ zeitung bringt witzige Vernemer Lokale Nach- richten, *Der aufmerkſame Beobachter ſieht es, wenn eine Unpäßlichkeit Sie behindert, ihre Arbeit zu tun. Wie häufig kämpfen Sie vergeblich dagegen an. Und doch iſt es ſp einfach, durch einige kleine Pyramidon⸗Tabletten Unbehagen und Schmerzen ſchnell und ſicher zu beſeitigen. Pyramidon⸗ Tabletten ſind über 35 Jahre das bewährte Hausmittel: ſie ſollten auch Ihre ſteten Begleiter ſein. * Volkschor. Die am Sonntag nach- mittag ſtattgefundene erſte Vorſtandsſitzung nach der Generalverſammlung, an der auch die neu— gewählten jüngeren Vorſtandsmitglieder erſtmals teilnahmen, befaßte ſich in der Hauptſache mit der Aufſtellung des Jahresprogramms. Hiernach wird am 19. Februar als einzige Veranſtaltung in der Faſtnacht ein„Kabarett⸗Abend“ ſtattfin⸗ den. Mehrere Künſtler ſind hierzu verpflichtet worden. Ein Maskenball wird mit Rückſicht auf die ſchlechten Verhältniſſe nicht abgehalten. Eben⸗ ſo wurde von der vereinsinternen„Närriſchen Singſtunde“ für dieſes Jahr Abſtand genommen. Zu dem geplanten Oratorium„Die Schöpfung“ Die Krankheitsſymptone find Verſchlechterung der Wetterlage ein. von Joſ. Haydn, findet nun am kommenden Samstag abend die erſte Singſtunde ſtatt. Da die„Schöpfung“ zu den ſchönſten und größten Oratorien zählt, ſo iſt hierzu ſelbſtverſtändlich auch ein großer Chor notwendig. Der Vorſtand des„Volkschors“ richtet deshalb nochmals an alle Herren und Damen, die gewillt ſind mitzu⸗ ſingen, die Bitte, am Samstag abend 9 Uhr ſich im„Karpfen“ Saal einzufinden. Eingang von der Straße aus. Die Singſtunde findet ohne Getränke ſtatt. »Das Vermächtnis einer ver⸗ botenen Liebe— Das Herz einer eitlen Frau— War ich eines Verbrechens ſchuldig? — Wenn Geld das Herz regiert— Zwei Men- ſchen im Warenhaus— und andere ſpannende und erſchütternde Lebensromane bringt die ſoeben erſchienene Februar⸗Nummer der bekannten „Wahren Erzählungen und Romane“(Verlag Dr. Selle⸗Eysler A. G., Berlin SO 16). Das reich illuſtrierte Heft iſt für 50 Pfg. überall zu haben. Gchafflers Vellervorherſage für Februar 1933. Der Monat Februar dürfte ſich aller Wahrſcheinlichkeit nach als ein nicht ſehr kalter Wintermonat geſtalten, mit ziemlich reichlichen Niederſchlägen um die Mitte des Monats. Anfangs noch rauh, doch bald milder durch raſches Auſteigen der Temperatur bis zu Tau⸗ wetter. Gegen Ende der erſten Dekade wieder Temperaturfall. Im letzten Drittel unfreund⸗ liches Wetter, naß und ſtürmiſch, aber nicht ſehr kalt. Für März 1933. Feuchtwarmes Frühlingswetter trotz Käl⸗ terückfälle. Für die Landwirtſchaft nicht un⸗ günſtig. Zu Beginn des Monates trüb und win⸗ dig, doch verhältnismäßig mild. Die milde Witterung dürfte bis etwas über die erſte Dekade anhalten. Noch vor Monatsmitte tritt Regen, Schnee, heftige Winde. Nach kurzer Beſſer⸗ ung gegen Beginn der zweiten Dekade wieder kälter, kräftige Niederſchläge um den 23. u. 26. März und gegen Monatsende. Joſef Schaffler, Oberwölz, Stmk. 5 Vereins⸗ Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder ⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Männergeſangverein 1846. Morgen Abend ½8 Uhr Singſtunde für 2. Tenor und 2. Baß, um 9 Uhr für 1. Tenor und 1. Baß. Voll⸗ zähliges Erſcheinen aller jetzigen und früheren Sänger erwartet Der Dirigent. Turnverein 1893. Tell⸗Schauſpiel: Heute abend 8 Uhr Probe des 2. Aufzuges. Beſtimmtes Erſcheinen erwartet Die Spielleitung. Kanuinchen⸗ und Geflügelzuchtverein 1916. Am Sonntag, den 29. Januar, nachmittags 7/2 Uhr findet im Lokal„Kaiſerhof“ unſere diesjährige außerordentliche Generalverſamm⸗ lung ſtatt. Es iſt Pflicht eines jeden Mit⸗ gliedes pünktlich zu erſcheinen und bitten um zahlreiche Beteiligung. Sonntag vormittag 9 Uhr Vorſtandſitzung bei Kaſſier Jöſt. N Der Vorſtand. Rückgang der Studenten an der Goethe⸗ Univerſität. Das Sekretariat der Univerſität Frankfurt hat die ſtatiſtiſchen Erhebungen über die Fre⸗ quenz nunmehr abgeſchloſſen. Für den Stich⸗ tag des 23. Januar 1933 ergab ſich dabei ein Beſtand von 3945 Studierenden. Im Win⸗ ter 193132 waren 4462 Studierende an der Aniverſität immatrikuliert, während im Som⸗ mer 1932 die Zahl 42 22 betrug. Aus dieſen drei Zahlen ergibt ſich, daß tatſächlich eine Rückwärtsbewegung der Kurve des Hochſchul⸗ beſuches eingetreten iſt. Die Auswirkung iſt zwar noch nicht ſehr bedeutſam; immerhin beträgt die Abnahme gegenüber dem Winker⸗ ſemeſter 193132 507. Flotow zum Gedächtnis. Die Stadtverwaltung Darmſtadt hat aus Anlaß des 50. Todestages des in Darm⸗ ſtadt verſtorbenen und beigeſetzten Tondichters Friedrich von Flotow einen Kranz mit Schleife in den Stadtfarben und mit folgender In⸗ ſchrift am Grabe niederlegen laſſen:„Fried⸗ rich von Flotow, dem Meiſter unvergäng⸗ licher Muſik in dankbarem Gedenken. Die Landeshauptſtadt Darmſtadt.“ geid ſreundlich! 8 19 Es geht das Gerücht, daß verſchie deutſche Volksſtämme als beſonders h bezw. entgegenkommend gegenüber Auswürk⸗ gen und Fremden anzuſprechen ſeien. Mag es ſich hier um Legendenbildungen handeln, eines iſt ſicher: es würde ſich empfehlen, wenn der Deutſche allgemein entgegenkommend ge⸗ genüber Fremden angeſprochen würde. Das wird erreicht werden, wenn man den Menſchen klarzumachen verſteht, daß Höflichkeit gegen⸗ über Fremden nicht nur eine ſehr angenehme, ſondern auch eine äußerſt nützliche Tugend iſt. Nützlich inſofern, als es ſich ſchließlich her⸗ umſpricht, wo die Gäſte in Stadt und Land am freundlichſten und entgegenkommendſten behandelt werden. Man könnte vielleicht das alte Sprichwort umkehren und in folgende Form bringen:. Biſt Du wo gut aufgenommen Wirſt Du gerne wiederkommen! Und das wollen wir doch ſchließlich alle, daß die Fremden, die unſer ſchönes Land aufſuchen, wiederkommen und auch andere mitbringen. Dazu bedarf es aber mit Recht der ſo be⸗ liebten Höflichkeit. Der Städter und Land⸗ mann, der Schüler und Beamte, der Gaſtwirt und Hotelier muß inſtinktiv fühlen, daß er Fremden gegenüber eine Miſſion zu erfüllen hat. Er will doch für ſeine Heimat und deren Verkehr wirken. Der Fremdenverkehr, von dem ganze Völker— wir brauchen nur an die Schweiz zu erinnern— leben, iſt heute ein ſo wichtiger Wirtſchaftsfaktor geworden, daß er nicht überſehen werden darf. Fragt Dich ein Fremder nach einem Haus, einer Straße oder einem Verkehrsweg, ſo antworte ihm höflich und liebenswürdig. Er⸗ zähle ihm noch etwas, wenn er Dich anzuhören wünſcht, von der Geſchichte und Lage des Ortes, wo er Ge gerade aufhält, preiſe Am⸗ gebung und Sehenswürdigkeiten, mache ihn auf hiſtoriſch denkwürdige Stätten aufmerk⸗ ſam. Der Gaſt Deiner Heimat wird Jann nicht nur Feine Ortskenntnis bewundern, ſon⸗ dern er wird Dir dankbar für jeden Hinweis ſein, der ihm neu und verlockend erſcheint. Na⸗ türlich muß jeder, der Auskunft geben will, auch Beſcheid wiſſen. Man kann nur immer wieder jedem zurufen: Seid höflich und entgegenkommend gegen Fremde, zeigt ihnen, daß Ihr Freude und Ge⸗ nugtuung empfindet, wenn ſie Euer ſchönes Land aufſuchen und helft Ihnen mit Rat und Tat, wenn ſie ſich an Euch wenden! a dd fahl aflddd f nd dll leg 2 5 —— —.— kartoffeln. Bekanntmachung. Betr.: Verſorgung von Ausgeſteuerten mit Speiſe⸗ Die Anmeldung zum Kartoffelbezug wird am kommenden Donnerstag, den 26. ds. i 2 5 2 Kath. Männer⸗ verein 8 Hierdurch ergeht freundliche Einladung zu unſerem Familien⸗Abend am Sonntag, den 29. Januar 1933 im„Deutſchen Kaiſer“ Des reichhaltigen Programms wegen beginnt die Ver- anſtaltung präcis 8 Uhr und bitten wir daher um früh⸗ zeitiges Erſcheinen. Der Vorſtand. — —— Stühle umlegen verboten. ee p uv dl ol oll d l NB. Offene Getränke. 1—: Au e- unn ggg U Ui Tu Gg Ag aldand Ad Kad e Fleißiges, ehrliches Mädchen oder junge Frau tagsüber für den Haus⸗ halt geſucht. Intereſſenten wollen Für kalte Tage empfehle: Malaga Literflaſche 1.20 o/ Glas ermunwein 90„ Weinprana 2.00 5„ 185 ld„Jolas Weinbraad-verschni d. 2.30 vo Weinbrand⸗ Verschnitt ½ Fl. 130 o Glas Airschwasser— Zwelschgenwasser Arran— um— Iöre 3% Rabatt! Verlag abgeben. 1 Zimmer evtl. auch 2 Zimmer mit Küche zu vermieten. Von wem, ſagt der Ver⸗ lag dieſes Blattes. hiehlebertran hält Schweine geſund und mäſtet. iter 70„ eee 4 1 1 bitte ihre Adreſſe im Mts., vormittags, im Sitzungsſaale des Rat⸗ hauſes entgegengenommen. Vorläufig ſollen be— dürftigen, verheirateten Ausgeſteuerten, die keine Kartoffeln gebaut haben, bis zu 1 Zentner pro Kopf zugeteilt werden. Der Durchſchnittspreis beträgt 2.30 RM. pro Zentner und wird von der Gemeinde vorlagsweiſe bezahlt und von den Unterſtützungsempfängern in 10 Raten an der Wolu. in Abzug gebracht. Diesbezügl. Erklärung iſt bei der Anmeldung abzugeben. ö Viernheim, den 24. Januar 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim Lamberth. Freiwillige Feuerwehr Donnerstag, den 26. Januar, findet in der Schillerſchule unſer J. elehrungsabend ſtatt. Wir bitten alle Kameraden reſtlos ſich zu beteiligen, da doch Jeder ohne Ausnahme abkommen kann. Thema wird im Lokal bekannt gegeben. Anfang punkt 8 Uhr. Das Kommando: Kempf. Kleine. Anzeigen haben in dem Uiernhelmer Anzeiger grossen Erfolg! ast Du Irgenqwie Tel und gelg, dann fährst Du nieht In die wen, zondern bleibst daheim und haehrst In den Saftladen ein, es braucht Dich dans nicht Zu gereuen. = Du Hannst Dich im Saftiaden immer 0 0* 0 0 0* Es ladet zum dauernden Beſuche ein M. Träger Waldkarten zu 75 Pig. mit neuer Abteilungs- Einteilung des Viernheimer und Lampertheimer Waldes, für Fuhrleute, Holzhändler, Waldfreunden als zuverlässiger Führer J. Schweikart Buchhandlung. 5 6. sowie allen empfiehlt eee eee eee ere S DDD S eee eee eee eee Besser und eindrucksvoller Wirkt von allen Werbearten die Tausende haben es mit Tallungs-Anzeige Erfolg erprobt Scnlachgawürze Pfeffer gar. weiß rein % Pfund 38 Pfg Majoran, Salpeter Wurſtkordel empfiehlt: 3 Rathaus⸗Drogerie Jogellulter gemiſcht Pfd. I Pig, Dobelauar e 20 Eibar tense— alis übsamen— Hater kerne 5% Rabatt! volkschor Vorstand und urigen erwarten zu der erſten Sinaſtunde zur„Schöp⸗ fung“ pünktliches Er⸗ ſcheinen aller Sänger⸗ innen und Sänger am Samstag abend 9 Uhr. Erf. 1,40 eint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Fetertatze. k. frei ins Haus gebracht.— ratisbeila aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen des dluſtrierte 1 e 1 4 5 einen kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Se. beim Zeitungs träger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim rd e ee e Nr. 21577 Ant Rathauwſtr. Nummer 22 amerikaniſchen Ein böſer Anfang Die Genfer Abrüſtungskonfe⸗ renz, die faſt ein halbes Jahr ſanft ſchlum⸗ merte, iſt wieder erwacht. Am Montag die⸗ fer Woche hat das Präſidium der Konferenz ſeine Arbeiten wieder aufgenommen. Deutſchland bteiligt ſich bekanntlich wieder an den Konferenzarbeiten, nachdem die ande⸗ ren Großmächte die deutſchen Gleichberechti⸗ gungsforderungen— wenn auch nur theore- tiſch— anerkannt haben. Alſo das Gerede über die Abrüſtung— mehr iſt es in der Tat ja nicht!— geht wie⸗ der los. Aber es war kein guter Anfang. Auch wer der Konferenz weniger fkep⸗ tiſch gegenüber ſteht als wir, wird das beſtä⸗ tigen müſſen. Denn gleich in der erſten Prä— ſidiumsſizung am Montag leiſtete ſich der tſchechiſche Außenminiſter Beneſch einen ebenſo ungerechtfertigten wie taktloſen Aus⸗ fall gegen Deutſchland, der den deutſchen Vertreter zu einem energiſchen Proteſt ver— anlaßte. Und in der zweiten Sitzung am Dienstag hat das Präſidium der Abrü⸗ ſtungskonferenz einen höchſt unglücklichen Beſchluß gefaßt, indem es das Abkommen er die internationale Kontrolle der Rü⸗ ſtungen mit den darin vorgeſchriebenen„In⸗ veſtigationsverfahren“ gegen vertragsbrü⸗ chige Staten angenommen.„In veſti⸗ gation“— was heißt das? Es iſt ein von den Franzoſen in den internationalen Verkehr gebrachtes Wort. Es bedeutet ei⸗ entlich Unterſuchung, Nachfor⸗ 1 g, aber es verbirgt ſich mehr dahin⸗ ter. Das Recht zur Inveſtigation bedeutet nämlich für Frankreich das Recht, in einem fremden Staat nach Gutdünken herumzu⸗ ſchnüffeln, um, unter dem Vorwand, nach verbotenen Rüſtungen zu ſuchen, alles aus⸗ zuſpionieren, was einen gerade intereſſiert. Deshalb haben auch die Vertreter von Deutſchland, Italien, Japan und Eng⸗ land ſofort den Generalvorbehalt ge⸗ gen das geſamte Genfer Kontrollabkommen angemeldet. er deutſche Vertreter, Botſchafter Na⸗ dolny, machte ausdrücklich die endgültige Stellungnahme Deutſchlands zur internatio⸗ nalen Kontrollfrage von dem Ausmaß des allgemeinen künftigen Abrüſtungsabkom⸗ mens und damit von dem geſamten endgül⸗ tigen Ergebnis der Abrüſtungskonferenz ab— hängig. In der abſchließenden Durchberatung des Kontrollabkommens wurde dann vom Präſi⸗ dium der Genfer Abrüſtungskonferenz auf Wunſch eine Beſtimmung angenommen, nach der eine Regierung gegen ſich ſelbſt ein„Inveſtigationsverfahren“ an Ort und Stelle beantragen kann. Botſchafter Nadolny lehnte dieſe Beſtimmung als zweck— los ab, und wies auf die damit gegebene Möglichkeit hin, durch unkontrollierbare Preſſefeldzüge eine Regierung unter dem moraliſchen Zwang zur Beantragung eines este ee pe ſahtene gegen ſich ſelbſt zu ſetzen. Das Präſidium lehnte jedoch die deutſchen Bedenken gegen die Stimmen von Deutſchland und Italien ab. Weiter nahm das Präſidium das im Ab⸗ kommen vorgeſehene Inveſtitationsſyſtem an, nach dem im Falle der Klage einer Regierung wegen Bruches oder drohenden Bruches des Abrüſtungsabkommens ein In⸗ veſtigationsverfahren an Ort und Stel⸗ ble in dem verklagten Staate durch einen internationalen Kontrollausſchuß ſtattfinden muß. Von deutſcher Seite wurden im Präſidium gegen dieſes neue Inveſtigations⸗ ſyſtem die weſtgehendſten Bedenken geäußert und verlangt, daß das Inveſtigationsver⸗ fahren als eine außerordentlich ernſte, ſchwerwiegende Maßnahme nur nach Er⸗ ſchöpfung aller anderen Mittel und nur un⸗ ter Einſtimmigkeit des geſamtenKontrollaus⸗ ſchuſſes mit der Annahme des Klagenden und des beklagten Staates beſchloſſen werden dür⸗ fe. Die von England und Italien geforderte Einſtimmigkeit des Völkerbundsrats im Falle eines Inveſtigationsverfahrens wurde gleichzeitig abgelehnt. Das Inveſtigations⸗ Viernheimer Zeitung Donnerstag, den 26. Januar 1933 Aiernhelmer Autiger Qernbeimer Tagblatt—. Oiernheimer Nachrichten] Gternbetmer Bürger-.— Sierab. Bolkeblar u. von ſämtlichen Annoncen Expeditionen iſe: alti itgeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., 1 ice 1 gbr dtter Labatt. Kanchnleſchhnß fir neren 6 Notizen vor⸗ anden größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer tſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes E. kegteen be. ee bend Sud de Cech t weber bed 50. Jahrgang Regierung für Klärung der Lag Nach dem deutſchnationalen Vorſtoß— Deutſchnationale und N85 DAP.—Neichsregierung wünſcht Vertrauenserklärung in irgend einer Form— Ein Veſchluß der Jozialdemokraten Berlin, 26. Januar. Im Mittelpunkte der Erörterungen über die innerpolitiſche Lage ſtand am Mittwoch naturgemäß der deutſchnationale Vorſtoß gegen das Reichskabinett von Schlei⸗ cher. Die Reichsregierung ſelber ließ dazu halbamtlich erklären, daß ſie auf die deutſch⸗ nationale Entſchließung bei paſſender Gele⸗ genheit antworten werde. Die Entſchließung ſei im übrigen inſofern zu begrüßen, als da⸗ durch eine— wenn auch negative— Klärung der Lage eingetreten ſei. Das iſt richtig! Man kann nach der deutiſchnationalen Aa wohl feſtſtellen, daß es keinerlei Möglichkeit für das Kabinekt von Schlei⸗ cher gibt, im Reichstag eine Mehrheit hinter ſich zu bringen. In parlamentariſchen Kreiſen verlautet jetzt, daß die Einigungsverhandlungen zwiſchen Deutſchnationalen und National⸗ ſozialiſten ſchon ſehr viel weiter gedie⸗ hen ſeien, als man das bisher angenommen hat. Allerdings auch wieder nicht ſo weit, daß die Bedingungen nicht erfüllt werden könnten, die der Reichspräſident im November vorigen Jahres Adolf Hitler für die Uebernahme einer von ihm zu füh⸗ renden Regierung geſtellt hat. Dieſe Bedin— gungen gingen bekanntlich dahin, eine par— lamentariſche Mehrheit zuſammen zu brin— gen. Nationalſozialiſten und Deutſchnatio⸗ nale haben aber noch keine Mehrheit im Reichstage, ſondern brauchen dazu noch das Zentrum, deſſen Mitwirkung aber immer noch durchaus unwahrſcheinlich iſt. a Bei dieſer Sachlage rückt eine Reichs- kagsauflöſung wieder einmal in nahe Sicht, falls der Aelteſtenrat des Reichs⸗ kags, der am morgigen Freitagnachmik⸗ kag zuſammenkreken wird, nicht etwa be⸗ ſchließen ſollle, den Zuſammenkrikt des Reichstagsplenums bis in den März hinein zu verſchieben. Sehr viel wird natürlich auf die Auffaſſung des Reichspräſidenten ankommen. Es wird ſich insbeſondere fragen, ob er, wenn es zu einer Reichstagsauflöſung kommt, auf der Anberaumung von Neuwahlen in der verfaſſungsmäßigen Friſt von 60 Tagen beſtehen bleibt, oder ob er ſich nicht ſchließ⸗ lich doch zur Erklärung eines„Notſtandes“ in irgend einer Form bereit finden wird. Die Reichsregierung ſelber läßt erklären, daß ſie jetzt auf eine Klärung der Lage verfahren kann nach dem Abkommen mit zweidrittel Mehrheit der anweſenden Mit⸗ glieder des Kontrollausſchußes beſchloſſen werden. Die deutſche Abordnung vertrat in den Verhandlungen des Präſidiums den grund⸗ ſätzlichen Standpunkt, daß die deutſche Re⸗ gierung bereit ſei, im Rahmen der allge⸗ meinen Abrüſtung jeglichen Maßnahmen zuzuſtimmen, jedoch nur unter der Voraus— ſetzung der gleichen ausnahmsloſen Anwen⸗ dung auf ſämtliche Mächte. Das ſollte eigentlich ganz ſelbſtverſtändlich ſein, iſt es in Wirklichkeit aber leider nicht. Oder glaub! jemand im Ernſte, daß Frankreich ſich jemals ſeine Befeſtigungen an der Oſtgren— ze von Deutſchland„inveſtigieren“(lies! „Ausſchnüffeln!“) ließ? So bedeutet die Zu— ſtimmung zur Inveſtigationsforderung prak— tiſch eine gegen Deutſchland gerichtete Son— der maßnahme. Ein böſer Anfang der wieder aufgenommenen Arbeiten der Genfer Abrüſtungskonferenz! J unwahrſcheinlicher Wert lege. Sie würde eine langere Vertagung des Reichstages nur dann als eine hinreichende Klärung der Si- tuation betrachken, wenn der Keichskag gleichzeitig eine Ark Verkrauensvotum zum Ausdruck brächle, in dem er etwa erklärt,daßz man der Reichsregierung eine längere Anlaufzeit zur Durchführung ihrer wirtſchaftlichen Maßnahmen laſſen müſſe. Wie die Dinge liegen, iſt allerdings kaum zu rechnen, daß der Reichstag ſich zu einer ſol— chen Erklärung bereit erklärt“ Nach dem Vorſtoß der Deutſchnationalen iſt das noch geworden als es ſchon vorher war. Bemerkenswert iſt ſchließlich noch, daß ſich der Deutſchnationalen gegen die Perſon des Reichskanzlers von Schleicher richtet. Würde das Reichskabinett einer an- deren Führung unterſtellt, ſo wäre eine ſo ſcharfe Oppoſition der deutſchnationalen Fraktion wohl kaum mehr zu erwarten. An freilich der Geſamtlage würde dies wiederum nichts ändern. „Gegen Staatsſtreich jeder Widerſtand erlaubt“ In einer gemeinſamen Sitzung des Parteivorſtandes der Sozialdemokratiſchen Partei und des Vorſtandes der ſozialdemo⸗ kratiſchen Reichstagsfraktion iſt folgender Beſchluß gefaßt worden:„Der Parteivor⸗ ſtand der ſozialdemokratiſchen Partei Deutſchlands und der Vorſtand der ſozialde⸗ mokratiſchen Reichstagsfraktion erheben ſchärfſten Proteſt gegen den Plan der Pro⸗ klamierung eines ſogenannten ſtaatlichen Notſtandsrechtes. Seine Verwirk⸗ lichung würde auf einen Staatsſtreich hin⸗ auslaufen, der dem Volk ſeine verfaſſungs⸗ mäßigen Rechte raubte und jenen Cliquen zugute käme, die ohne Rückſicht auf die Ge⸗ ſamtheit und vor allem auf die Arbeiterklaſſe ihre Sonderintereſſen vertreten und dabei die Kritik des Parlaments zu ſcheuen allen Grund haben. Ein ſolcher Slaatsſtreich würde einen rechkloſen Juſtand ſchaffen, gegen den jeder Widerſtand erlaubt und geboken iſt.“ Soweit der Beſchluß der Sozialdemokratie. Die Erklärung eines Notſtandes wird bekanntlich insbeſondere von dem deutſchna— tionalen Führer Hugenberg gefordert. Hauptwiderſtand der ö Aus den Neichstagsausſchüſſen Kommuniſtiſcher Ankrag zur Sozialpolitik angenommen. Berlin, 26. Januar. Der Sozialpolitiſche Ausſchuß des Reichstages beriet am Mittwoch Anträge zur Unfall- und Invalidenverſiche⸗ rung. Staatsſekretär Dr. Grieſer vom Reichsarbeitsminiſterium erklärte, es fei nicht möglich, daß das Reich an die Invali⸗ denverſicherung höherezZuſchüſſe zahle, als die gegenwärtigen 400 Millionen. In der Ab⸗ ſtimmung wurde überraſchenderweiſe ein am weiteſtengehender Antrag der Kommumi— ſten mit den Stimmen der Antragſteller und der Sozialdemokraten, bei Enthaltung der Nationalſozialiſten und der Deutſchnatio— nalen, angenommen. Der Ankrag verlangt, daß die an den Renten und ſonſtigen Bezügen aus der Sozialverſicherung vorgenammenengür⸗ zungen und Beſchränkungen ſofork auf- gehoben und ebenſo auch die Ruhensbe⸗ ſtimmungen für nebeneinanderlaufende Renken außer Kraft geſetzt werden. Mit großer Mehrheit wurde dann noch ein Antrag des Zentrums und der Bayeriſchen Volkspartei angenommen, der die baldige Vorlegung eines Geſetzentwurfes wünſcht durch den Beteiligung der Arbeitnehmer m den Organiſationen der Berufsgenoſſenſchaf— ten ſichergeſtellt wird. Die umſtrittene Ofhilſe Der Haushaltsausſchuß des Reichstags ſchloß am Mittwoch die Aus⸗ ſprache über die Oſthilfe ab. Der Ausſchuß nahm gegen die Deutſchnationalen einen ſo⸗ zialdemokratiſchen Antrag an, der den Rechnungshof erſucht die Am⸗ ſchuldung aus Oſthilfemikteln, einſchließ⸗ lich des Einſatzes des Bekriebsmikelſi⸗ cherungsfonds, ſofort eingehend zu prü⸗ fen und über das Ergebnis ausführ⸗ lich zu berichten. Der Rechnungshof ſoll ſich dabei auch gutachtlich über die Art der Bewirkſchaftung der Oſthilfemiktel äußern. Weiter beſchloß der Ausſchuß bei Stimment⸗ haltung der Deutſchnationalen die Weiterbe⸗ ratung der Oſthilfefragen dem ſtändigen Un⸗ terausſchuß zu überweiſen, der erforder⸗ liche Auskünfte von der Regierung einholen ſoll. 7 ³²8[ y Die Arbeitsbeſchaffung Das 500⸗Millionen⸗Programm— die neuen Mittel ür Hausreparaturen Bodenverbeſſerungsarbeiten— Von der Reichsbahn Berlin, 26. Januar. Die erſten Aufträge aus dem Arbeitshe⸗ ſchaffungsprogramm der Reichsregierung, zu deſſen Finanzierung 500 Millionen Mark zur Verfügung ſtehen, werden in der erſten Jebruarwoche vergeben werden. Von zuſtändiger Stelle wird mitgeteilt, daß für Zwecke des Rei⸗ ches und der Reichsbahngeſell⸗ ſchaft 100 Millionen Mark zur Verfügung 17 85 werden, ſo daß Anträge der Län⸗ er, Gemeinden, Gemeindever⸗ bände und gemiſchtwirtſchaft⸗ licher Unternehmungen in Höhe von 400 Millionen Mark bewilligt werden können. Für die Jorkführung der vorſtädtiſchen Kleinſiedlung, der ſogenannten Skadt⸗ randſiedlung ſind erneut 40 Millionen Mark bereikgeſtellt, ſo daß mit einer Neuſchaffung von 15 000 Kleinſiedlerſtel⸗ len gerechnet werden kann. Kinderreiche Familien werden wie bisher bevorzugt. Ferner wird beſondere Aufmerk⸗ ſamkeit der Stadtrandſiedlung in kleineren und mittleren Gemeinden zugewendet. Es wird auch dafür Sorge getragen, daß mit dem Bau ſofort dei Beendigung der Froſt⸗ periode begonnen werden kann. In kurzen Worten: Aus ganz Europa, aus Sibirien und ſogar aus Indien laufen Meldungen über ſcharfe Kälte ein. Die Reichsregierung läßt verlauten, daß ſie eine Klärung der innerpolitiſchen Lage wünſcht. Im Haushaltsausſchuß des Reichstages wur de die Oſthilfeausſprache beendet. In der Don⸗ nerstagsſitzung ſoll über die Arbeitsbeſchaf⸗ fungsfragen behandelt werden. Der ſozialpolitiſche Ausſchuß des Reichstages nahm einen Antrag an, wonach die an Ren⸗ ten und ſonſtigen Bezügen aus der Sozial⸗ verſicherung vorgenommenen Kürzungen ſofort aufgehoben werden ſollen. 7 Der Verwaltungsrat ver Reichsbahn tagte in Berlin und beriet über die Einnahmeenl⸗ wicklung und das Arbeitsprogramm. — 10 Seu„e. MNAI TAT Der onsausſchuf bes Völker⸗ zuſehen, jedoch innerl rn nate wieder zuſammenzutreten. in Moskau eutſchen Kunſt⸗ geſellſchaft Berlin erö Nio Moien 5679 Nara terer De Neich smile eparaiuren Für Inſtandſetzung und Umbauarbeiten Hausbeſitz iſt bekanntlich eine Betrag iſt; an die Länder Verteilung gele 8 ern weiter an die Gemeinden ver⸗ werden. Es gelten für die Vergebung Mittel die gleichen Beſtimmungen wie ei der erſten Rate. Nur zwei Aenderungen nd aufgenommen worden: . e 82 ——— — 2 — nal ſoll es genügen, wenn die In⸗ ſetzungskoſten insgeſamt 100 Ma wie bisher 250 Mark betragen. e Herabſetzung iſt erfolgt, damit auch dem kleineren Hausheſitz auf dem Lan⸗ de, ſowie in kleineren und miltleren Ge⸗ meinden die ZJuſchüſſe mehr als bisher zugute kommen. Weiter können Zu- ſchüſſe auch gegeben werden bei der fäl⸗ ligen Inſtandſetzung einer Leerwohnung. Es wird beſonders darauf hingewieſen, daß nur ſolche Anträge berückſichtigt werden dürfen, bei denen ſofort oder innerhalb ganz kurzer Zeit mit der Arbeit be— gonnen werden kann, damit die Auswirkun⸗ en auf dem Arbeitsmarkt ſich noch in die— em Winter erkennen laſſen. 20 Millionen Mark für Vodenverbeſſerung Der Reichsminiſter für Ernährung und Landwirtſchaft wird weitere 20 Millionen Mark zur Ausführung von landwirtſchaft⸗ lichen Bodenverbeſſerungs⸗Arbeiten im Rah⸗ men des Arbeitsbeſchaffungsprogramms zur Verteilung bringen. Insgeſamt ſind demnach auf Grund der Nolverordnung vom 14. Juni 1932 für landwirkſchaftliche Meloriafionen 45 Millionen bereitgeſtellt worden. Für den geſamten Kreditbetrag von 45 Mil— lionen Mark iſt es durch Entgegenkommen des Reichsminiſters der Finanzen möglich geworden, die Darlehensbedingungen auf 3 b. H. Zinſen. 0.5 v. G Nerwaltungskaſton 1— ——— zweite Millionen Mark bereitgeſtellt.; wird von den und 3,24 v. H. Tilgung(nach drei Freiſah⸗ ren) d. h. um insgeſamt 3,25 v. H. zu er⸗ mäßigen. Die Neichsbahnſinanzen Einnahmeenkwicklung mit Arbeitsprogramm Berlin, 26. Januar. Der Verwaltungsrat der Reichs⸗ bahngeſellſchaft hielt eine Sitzung ab, über die mitgeteilt wird: Der vorläufige Ueberblick über die Einnahmeentwicklung im Jahre 1932 ergibt mit rund 2890 Millionen Mark einen Rückgang um rund 25 v. H. gegenüber 1931 und um rund 46 v. H. ge⸗ genüber 1929. Die Ausfälle ſind in erſter Linie auf den Verkehrsrückgang, dann aber auch auf die Tarifermäßigungen zurückzu⸗ führen. Die Einnahmegeſiallung in den letzten Monaten berechligt wohl zu der An⸗ nahme, daß die rückläufige Verkehrsbe⸗ wegung ihr Ende erreicht hat. erwaltungsrat nahm Kenntnis von rchführung des 286 Mill. M. Arbeits⸗ ungsprogramm, das zu 180 Mill. Der V der Du beſchaffung Mark aus Steuergutſcheienen Millionen Mark auf dem Kreditwege finan⸗ ziert wird. Vom Oktober bis mber 1932 ſind Anträge von 146 en Mark verge- ben worden. 134 Millio- nen ſind d rd bereits ßzenarbeiken werden ſobald es die Für das neue Sofortprogramm kommiſſars für Arbeitsbef Reichsbahnverwaltung im dete Vorſchläge für Arbe bahn in Höhe von 150 Millionen Mark ge⸗ macht, die den an die Darlehensgewährung geknüpften Bedingungen— Wirtſchaftli und hoher Anteil der Löhne an den Geſamt⸗ koſten— entſprechen. Der für den 1. März in Ausſicht menen fühlbar herab für Netz-, Bezirks- und Be⸗ ken ſtimmte der Verwaltung Weitwirtſchaftslonferenz vertagt Sie ſoll erſt nach den Verhandlungen über die Amerika⸗Schulden ſtattfinden. Genf, 26. Januar. Der Organiſationsausſchuß des Völkerbundsrates für die Londoner Weltwirtſchaftskonferenz hat am Mittwoch unter dem Vorſitz des engliſchen Außenminiſters Simon beſchloſſen, von einer ſofortigen Einberufung der Konferenz ab⸗ zuſehen. Ferner wurde beſchloſſen, dem Völkerbund die Ernennung des Miniſterprä⸗ ſidenten Macdonald zum Präſidenten der Konferenz vorzuſchlagen. Der amerikaniſche Berliner Botſchafker Sackekt widerſetzte ſich einer ſoforligen Ein- berufung der Konferenz. Dagegen erklärte Miniſterialdirektor Poſſe, die deulſche Regie rung lege auf einen möglichſt baldigen Zu⸗ ſammenkrikt der Konferenz Werk. Von eng⸗ liſcher und franzöſiſcher Seite wurden Be⸗ denken gegen ſofortige Jeſiſetzung des Zeit⸗ punktes für die Konferenz gellend gemacht. Hierbei haben offenbar die Rückſichten auf die 14 175 und zu 100 bevorſtehenden internatſonalen Schulden ver handlungen mitgeſpielt. Amerika und die Schuldenreviſion Waſhington, 26. Januar. Die Regierung Rooſevelt wird mit insge⸗ ſamt fünf Staaten Verhandlungen über die Regelung der Kriegsſchuldenfrage führen. Es handelt ſich um diejenigen Länder, die die Dezemberrate geleiſtet und in aller Form um die Reviſion der Kriegsſchulden erſucht haben. Außer England werden alſo Italien, die Tſchechoſlowakei, Li⸗ kauen und Lettland verhandeln. Die Beſprechungen mit England beginnen an⸗ fangs März, während die Vertreter der an⸗ deren Länder vorausſichtlich/ erſt nach Ab⸗ ſchluß der Verhandlungen mit London in Waſhington erwartet werden. Finnland, das zwar die Dezemberzahlung ebenfalls ge⸗ leiſtet hat, dürfte in die Verhandlungen nicht einbezogen werden, da es ein förm⸗ liches Reniſionsgeſuch nicht übermittelt hat. Die in Zahlungsverzug geratenen Staaten ſind Frankreich, Belgien. Polen und Eſtland. Polen entlarvt Wenn man geheime Denkſchrift verliert Berlin, 26. Januar. Wie der Genfer Korreſpondent der„Ger⸗ mania“ ſeinem Blatt meldet, hat der Nef⸗ fe des früheren polniſchen Außenminiſters Zaleſki, der auch nach dem Rücktritt ſei⸗ nes Onkels eine gewiſſe politiſche Rolle ſpie⸗ le, in Genf den Text einer geheimen Denkſchrift verloren, deren Verfaſſer, wie der Korreſpondent weiter mitteilt, Za⸗ leſki jun. ſelbſt iſt und die ſich mit den Zie⸗ len polniſcher Außenpolitik beſchäftigt. Durch Zufall habe man das Dokumenk enk⸗ deckt und daraus eninommen, daß es zu den nächſten Jielen polniſcher Außenpolitik ge⸗ höre, den Beſitz der Provinz Oſtpreußen ſo⸗ wie der Provinz Schleſien bis zur Oder ſich zu ſichern. Im übrigen ſcheine aus dem ge⸗ fundenen Dokumenk hervorzugehen, daß die Denkſchrift Jaleſkis jun. an einen Kreis von Verkrauensleuten des polniſchen Außenmini⸗ ſteriums verſchickt worden ſei. Die ſranzüſiſche Finanzreform Kammerausſchuß gegen Regierung. Paris, 26. Januar. Der Finanzausſchuß der Abgeord— netenkammer hat mit 16 gegen 11 Stimmen bei drei Enthaltungen die Geſamtheit der von ihm beratenen Finanzmaßnahmen an- genommen. Sie ſind entnommen zum Teil aus dem ſozialiſtiſchen Gegenentwurf. Trotz der Bitten und Mahnungen des Fi⸗ nanzminiſters Cheron und des Miniſter⸗ präſidenten Paul⸗Boncour, der ſich mit Che⸗ ron ſolidariſch erklärte, hat der Finanzaus⸗ ſchuß der Kammer ſich mit 17 gegen 10 Stimmen geweigert, gewiſſe Beſchlüſſe aufs neue zu prüfen und ſeine Entſcheidung den Wünſchen der Regierung anzupaſſen. Ueber einzelne frühere zurückgeſtellte Fra⸗ gen, 3. B. die ſteuerlichen Maßnahmen zum Ausgleich der vom Ausſchuß verweigerten Kürzung der Beamtkengehälter, hat er über⸗ haupt nicht mehr beraten. Die von der Re⸗ gierung beſonders gewünſchte Erhöhung der Einkommenſteuer um 5 Prozenk iſt vom Ausſchuß nicht angenommen worden. Deutſche Tagesschau 2,3 Millionen Wohlfahrtserwerbsloſe. Wie der Deutſche Städtetag mit⸗ teilt, iſt für den 31. Dezember 1932 für das Reichsgebiet mit einem Stand von 2800000 Wohlfahrtserwerbsloſen zu rechnen. Das bedeutet gegenüber den Vormonaten einen Zuſtrom von 100 000 AUnterſtützungsemp⸗ fängern. Da ſeit Ende November keine Aus⸗ ſteuerungen aus der Kriſenfürſorge mehr erfol⸗ gen, handelt es ſich hierbei um Erwerbsloſe, die entweder aus der Arbeitsloſenverſicherung unmittelbar in die gemeindliche Fürſorge ge⸗ langen, oder die Anwartſchaft auf die Verſiche⸗ rung nicht erfüllt haben. Gute Entlaſtung der Neichsbank. Die Entlaſtung der Reichsbank hat auch in der dritten Januarwoche weiter gute Fort⸗ ſchritte gemacht, ſo daß der Reichsbank⸗ ausweis vom 23. Januar als durchaus normal anzuſprechen iſt. Die Deckungslage hat ſich weiter befriedigend entwickelt. Die Reichsbank hat für 5,4 Millionen Mark Gold gekauft und andererſeits 5,2 Millionen Mark Deviſen abgegeben, ſo daß bei den Deckungs⸗ mitteln ein kleines Plus zu verzeichnen iſt. Die Notendeckung iſt von 28,2 v. H. auf 29.3 v. H. geſtiegen. Der Beſtand an Scheidemün⸗ zen, der am Ende der dritten Monatswoche immer hoch zu ſein blieb, hat mit 351 Millio⸗ nen Mark eine Rekordhöhe erreicht. Der ge⸗ ſamte Zahlungsmittelumlauf betrug am 28. Januar 1933 5031 Millionen Mark gegen⸗ über 5789 Millionen Mark am 23. Januar 1932. Kommuniſtiſcher Propagandamarſch Ohne Zwiſchenfälle verlaufen. Berlin, 26. Januar. Als Antwort auf den nationalſozialiſtiſchen Aufmarſch auf dem Bülowplatz am vergan⸗ genen Sonntag veranſtaltete die KPD. eine antifaſchiſtiſche Woche, die am Mittwoch mit einem mehrſtündigen Marſch über den Bü⸗ lowplatz ihren Anfang nahm. Von 15 Uhr ab ſammelten ſich die Kommuniſten auf ver⸗ ſchiedenen Plätzen und marſchierten in ge⸗ ſchloſſenen Zügen mit zahlreichen roten Fah⸗ nen und Transparenten unter Muſik, E ſang, Hoch⸗ und Niederrufen zum Bülow⸗ platz. An der Front des Karl⸗Liebknecht⸗Hau⸗ ſes waren zahlreiche Transparente ſowie große Bilder von Lenin, Karl Liebknecht und Roſa Luxemburg angebracht worden. Vor dem Hauſe hatte man eine große, mit rotem Tuch ausgeſchlagene Tribüne errichtet, auf der faſt ſämtliche Mitglieder des Zentralko⸗ mitees und der Führer der KPD., Ernſt Thälmann, Aufſtellung genommen hatten. Gegenkundgebungen waren von Anfang an nicht zu befürchten, da die Nationalſozialiſten ihre Anhänger erſucht hatten, die Kundge⸗ bung unbeachtet zu laſſen. Zu Zwiſchenfällen iſt es nicht gekommen. Politiſches Allerlei Berlin. Der Reichspräſident emp⸗ fing am Mittwoch Erzherzog Otto, den älte⸗ ſten Sohn des verſtorbenen Kaiſers Karl von Oeſterreich, zu einem privaten Beſuch. Berlin. Der ſozialdemokratiſche Reichstags⸗ abgeordnete Richard Meier⸗ Liegnitz iſt im Alter von 54 Jahren an den Folgen einer ſchweren Lungengrippe geſtorben. * Evchen aus dem Armenviertel Roman von Käthe Hübner-Wehn Copyright by Martin Feuditwanger, Halle(Saale) Ein ſelig verklärtes Lächeln umſpielte ſeinen Mund. Doch in der nächſten Sekunde fielen ihm vor Schwäche die Augen zu; Blut quoll aus ſeinem Munde. Schwer und unſäglich müde ſank ſein Kopf in die Kiſſen zurück. Als die Eltern und das geliebte Mädchen ihn eine Stunde 2 ſpäter verließen, hatten ſie von einem Toten Abſchied ge— 1 nommen.* 4 Zwei Tage ſpäter wurde Ferdinand Meininger be— graben. Unzählige Trauergäſte waren erſchienen, um dem allgemein beliebten jungen Manne die letzte Ehre zu er— weiſen. Eva, als anerkannte Braut und nächſte Leidtragende, ſtand zwiſchen den ſchwergeprüften Eltern. Obwohl ihr ſelber ſo elend zumute war, daß ſie fürchtete, jeden Augen⸗ blick vor Schwäche umzufallen, brachte ſie doch ſo viel Kraft und Energie auf, um ſtark und aufrecht zu erſcheinen, um die beiden ſchwer zuſammengeſunkenen Menſchen zu ſtützen. Als die Trauerfeier endlich vorüber war, ſollte Eva mit ihnen noch in ihr nunmehr ſo ſtill und leer gewordenes Haus kommen, doch Frau Wanner, die die hilfloſe Qual in ihres Kindes Antlitz zu leſen verſtand, bot ſich ſelber an, die beiden heim zu begleiten, während Eva nach Hauſe gehen ſollte, um ſich von ihrer eigenen Erſchöpfung zu er⸗ holen. Als das junge Mädchen bald darauf allein in jenes Zimmer zurückkehrte, wo ſie mit Ferdinand Meininger die letzte Auseinanderſetzung gehabt, da glaubte ſie, ihn wieder ganz deutlich vor ſich zu ſehen mit ſeinem ſchmerz⸗ erſtarrten Geſicht bei ihrem Bekenntnis, daß ſie einen anderen liebe. Und ſo deutlich glaubte ſie wieder ſeine gehaltenen Tränen. 2⁰. der überraſchten Frau zu: ziehen. raſte...“ ſchmerzlich bewegte, faſt erlöſchende Stimme zu vernehmen, daß ſie ihre beiden Hände über die Ohren hielt und in ihr kleines Schlafſtübchen hinüberflüchtete. Angekleidet warf ſie ſich über das Bett und gab ſich reſtlos ihrer Verzweif⸗ lung hin. Erlöſend floſſen endlich die ſo lange zurück⸗ 8 a Frau Wanner wunderte ſich ſehr, als ſie gegen Abend nach Hauſe kam, ihr älteſtes Kind in der Wohnſtube vor dem kleinen Schreibtiſch ſitzend und ſchreibend vorzufinden. Eva ſah das verwunderte Staunen in den Augen der Mutter, und eine feine Röte ſtieg in ihr blaſſes, ſchmal⸗ gewordenes Geſichtchen. Sie ſchrieb raſch noch die Adreſſe zu dem eben vollendeten Briefe; dann erſt wandte ſie ſich „Du darfſt nichts Schlechtes von mir denken, Mutter. Ich will nämlich heute noch mit allem, was war, ab⸗ ſchließen und einen dicken Strich unter das Vergangene Morgen bin ich vielleicht ſchon wieder anderen Sinnes oder auch zu ſchwach dazu. Jetzt, kaum daß der Grabhügel ſich über dem toten Jugendfreund geſchloſſen hat, fällt mir das endgültige Verzichtleiſten nicht ſo ſchwer. Ferdis jähen Tod betrachte ich als meine Schuld! Dar⸗ über komme ich nicht hinweg, und auch du, Mutter, wirſt, ſo ſehr du dein Kind entſchuldigſt, doch einen Zuſammen⸗ hang zwiſchen dem Unglücksfall und mir ſehen. Herbert Hainers Vater liegt gelähmt danieder, und wer weiß, ob er jemals wieder in den völligen Beſitz ſeiner körperlichen Geſundheit kommt. Wieviel böſe Gedanken und Wünſche wird er gegen das Mädchen hegen, das indirekt ſchuld iſt an ſeinem Unglück. Und die Eltern des toten Ferdi wür⸗ den als Morgen- und Abendgebet einen Fluch für mich zum Himmel emporſenden, wenn ſie wüßten, was ſich zwiſchen ihm und mir in jener verhängnisvollen letzten Stunde unſeres Beiſammenſeins zugetragen. Nie und nimmer wäre ihm ein Unglück mit ſeinem Motorrad zu⸗ geſtoßen, wenn er nicht halb von Sinnen vor Verzweif⸗ lung über meine Untreue geweſen wäre, als er davon⸗ Hier unterbrach Frau Wanner ihr tieferregtes Kind: „Um Gottes willen, Ev, du wirſt doch nicht ſo wahn⸗ witzig ſein und doch noch eines Tages den Meiningers davon erzählen.“ Das junge Mädchen ſchüttelte mit einer wehmütigen Bewegung den blonden Kopf: 55„Nein, das werde ich nicht machen, Mutter. Aber nicht etwa aus Mangel an Mut, ſondern aus der Ueberzeugung heraus, daß es ein abermaliges Verbrechen wäre, den ſchwergeprüften Eltern auch noch Verzweiflung, Haß und Bitterkeit ins Gemüt zu legen. Ich könnte wahrlich kein ſchlimmeres Werk tun, als die Brandfackel des Haſſes in ihre Herzen zu ſchleudern. Jetzt ſehen ſie Ferdinands Tod vielleicht einmal als eine höhere Beſtimmung, als Gottes⸗ wille an und kommen mit ihrem Schmerz doch noch einmal zur Ruhe. Würden ſie aber wiſſen, in welcher Erregung ihr Kind in den Tod gegangen, dann würde ewig die Ueberzeugung in ihrem Herzen brennen: Das mußte nicht ſein, das konnte unmöglich Gottes Wille ſein, daß ich ihm untreu wurde und ihn erbarmungslos ſeiner Verzweif⸗ lung preisgab. Glaube mir, Mutter, die Meiningers würden über dieſe Tatſache bis zu ihrem Lebensende nicht mehr hinweg⸗ kommen. Jetzt haben ſie dich und mich noch zur Seite, klammern ſich an uns in ihrem Schmerz, ſuchen und finden Troſt bei uns, und lieben vor allem mich noch immer wie ihr eigenes Kind. Was meinſt du, wenn nun dieſe Liebe ſich in Haß verwandeln müßte, wenn Meiningers nun auch ö mich aus ihrem Leben verlieren müßten! Wie doppelt ein⸗ ſam und verbittert ſie dann ſein würden. 1 Aber nun ſei ſo gut, Mutter, und lies dieſen Brief hier, und wenn du mit ſeinem Inhalt einverſtanden biſt, dann ſoll Marie ihn noch heute abend zur Poſt tragen. Ich aber will mich jetzt ſchlafen legen, will nichts mehr ſehen und hören. Ach, wenn ich doch alles ausſchalten könnte, was mich quält und bewegt...“ N „Du mußt erſt noch mit uns Abendbrot eſſen, Ev“, ſagte die Mutter beſorgt.„Du haſt heute den ganzen Tag noch nichts zu dir genommen.“ (Fortſetzung folgt.) 4 77 22, 25 l 0. ee 2 2* 75 U 11 0 50 —— 2 5 e, ,, Ein warmer Wind ſtrich über San Sebaſtian. Im Hotel Maria Criſtina ſtand in der dritten Etage ein Fenſter weit offen, und daneben lehnte ein junges Mädchen, Miranda de R., im Nachttkleid, halb von den ſchweren Plüſch⸗ vorhängen verdeckt, und ſtarrte über den Strand von Zurriola nach der jenſeitigen Höhe, wo die Gemäuer der Plaza de Toros wie eine dunkle Burg im Nachthimmel verſchwammen. Dann lauſchte ſie wieder hinüber zum Nordbahnhof. Von dort kam ein dumpfes Geräuſch von Stimmen, Schellengeklingel und kanggezogenes Tiergebrüll Dann ſtieg in der Nacht plötzlich ein wildes Geſchrei auf, Pferdegetrampel, das Dröhnen einer in Galopp gehetzten Herde, wütendes Schnauben und ſchrilles Pfeiſen. Dann verlor ſich der Spuk in der Ferne. Miranda ließ das Fenſter offen und legte ſich wieder zu Bett. Sie hätte jetzt dort drüben ſein wollen. In eine Ecke ge⸗ lauert oder hinter einem Vorhang verſteckt gätte ſie den ganzen Troß geſehen, der unten vorbeiſtob. Voraus die Hirten zu Pferde, dann die Cabeſtros, die Ochſen mit den weiten Hörnern, die eine Barrikade bildeten, darauf die wilden Stiere, für den Kampf des morgigen Tages beſtimmt, hinterher wieder Ochſen und Treiber, die den ganzen Schwarm mit Gebrüll nach vorn lagten, bis der Trupp in einem Gang der Arena verſchwand. Miranda verbrachte den Sommer mit ihren Eltern in San Sebaſtian. Ihr Vater, Don Pedro de Los R., war einer der bekannteſten Stierzüchter. Den Frühſommer hatte Miranda ſeit ihrer Kindheit alljährlich auf einem Gute in der Nähe von Sevilla verleb. Mit dieſem Gute war eine Ganaderia ver⸗ bunden, wo die Stiere unter der Aufſicht von berittenen Hirten und gemeinſam mit für dieſen Zweck beſonders dreſſierten Ochſen in natürlicher Wildheit auf den Weiden heranwuchſen. . Don Pedro, ein unterſetzter, etwas behäbiger Mann von vierzig Jahren, intereſſierte ſich kaum für etwas, das nicht mit ſeiner Zucht im Zuſammenhang ſtand. Mirandas Mutter, Donna Dolores, von argentiniſcher Abkunft, war mit zwanzig Jahren eine große Schönheit geweſen und hatte ihrer Tochter einen weicheren, von ſanfteren Linien umſtrahlten Scharm ge— geben, als der ſtrenge ſpaniſche Typus, in eine Atmoſphäre von Weihrauch und das Halbdunkel asketiſcher Kathedralen ge⸗ taucht, im allgemeinen zu zeigen vermag. Das junge Mädchen liebte beſonders das Leben auf dem Lande. Sen ihrer frühen Jugend hatte ſie ihren Vater zu Pferde begleitet, wenn er die Weiden inſpizierte, wenn er vor einer Herde graſender Stiere anhielt, das ſchöne, glänzende Fell der Tiere lobte, ihre raſſigen Körper mit prüfendem Auge maß und ihre nervöſen Bewegungen verfolgte. Es gab welche darunter, die trotz ihrer inſtinktiven Brutalität ruhig an die Holzpaliſade herangetrotten kamen und wie ſanfte Rinder aus der Hand fraßen, um dann ſofort auf einen Laut oder einen Steinwurf hin in der Richtung des Angreifers fori⸗ zugaloppieren. Miranda gab ihnen allerlei Namen, war ſtolz. wenn das mächtige Tier ſich von ihrer Hand ſtreicheln ließ, während ihr zugleich ein kühler Schauer den Rücken entlang rieſelte Am meiſten aber begeiſterten ſie die Tage, da aus der Herde die Kampfſtiere ausgewählt und die wildeſten Stücke einzeln der Probe der Lanze ausgeſetzt wurden. Die beſten Stürmer wurden ausgeſondert. Aber all das war nur Vorbereitung, nur Spiel. Einen wirklichen Suerkampf hatte Miranda nie geſehen. In Sevilla verbo die Etikette einem jungen Mädchen der Geſellſchaft, einem derartigen Schauſpiel beizuwohnen. Hier in Zan Seba— ſtian, dem Badeort der großen Welt, war das Leben freier. Theater, Tanz und Sport hoben die ſtrengen Grenzen der Tradition auf. Miranda konnte nicht einſchlafen Sie dachte immer an den kommenden Tag. Sie würde in der Morgenfrühe mit ihrem Vater nach der Arena gehen und den Toril beſichtigen, dann nach Tiſch mit großer Spannung den Abend erwarten. Sie würde gegen vier Uhr unbemerkt in einem Schleier in die Loge ihres Vaters gleiten und dort im Hintergrunde, von „ihrem Fächer verdeckt, den Kampf erwarten. Jetzt dachte ſie an Bicho Das war ihr Lieblingsſtier Der Gedanke, daß er 9008 gelötern werden würde, machte ihr Herzklopfen Er ird wie ein Held ſterben, dachte ſie Ihr Vater war ſtolz auf dieſes Exemplar ſeiner Zucht Sie erinnerte ſich, wie ſie ſeit drei Jahren Bicho hatte heranwachſen ſehen Wie er, noch ein junges Rind ans Gitter gekommen war und aus ihrer Hand gefreſſen hatte, indes ſie ſein Fell ſtreichelte. Bicho hatte ein Fell wie Seide— er war geſchmeidig wie ein Tiger. Armer Bichol, dachte Miranda Armer Bicho! Darüber ſchlief ſie ein. Der Vormtitag war wolkig und warm Man fürchteie ein Gewitter. Miranda ſtand ſchon zum Ausgehen bereit. Sie trug einen kleinen loqueartigen Strohhut, dazu ein leichtes Seidenkleid. Es paßte außerordentlich gut zu ihrem dunklen Haar, ihrem matten Teint und ihren großen Augen. Vater und Tochter gingen zuſammen die Treppe hinunter und ſtiegen in das Automobil, das raſch die Anhöhe hinauſ⸗ fuhr, wo die roten Ziegel der Arena in der Morgenſonne leuchteten In einem von einer mannshohen Mauer umgebenen aume lagen die ſechs Tiere und kauten Gras Rings um den Toril ſchwärmte eine Menge merkwürdiger Geſtalten, halb⸗ wüchſige Burſchen, die mit dem Stolz künftiger Matadore das Programm des Nachmittags diskutierten. Alte, verlumpie Komparſen der Stierkämpfe, daneben einige Toreros, die auf Don Pedro zukamen und ihm untertänigſt, als einem Menſchen einer höheren Klaſſe, die Hand drückten. Die Stiere ſahen friedlich und faſt harmlos aus Zum erſten Male übertam das junge Mädchen der Gedanke, daß es ſchreck⸗ lich ſei, dieſe Tiere zu martern. Wie etwas Kühles und Aenaſt. liches bebte es in ihren Nerven. Doch die Spannung und die Neugier waren ſtärler. Sie freuie ſich unbändig, ein Schau⸗ 7 e 19800 5 b 0 ſpiel zu ſehen, von dem ſie während ihrer ganzen Kindheit hatte ſprechen hören. Ihr Liebling Bicho lag abſeits. Miranda ſtand auf einem Stuhl und ſah zu ihm hinüber. Sie legte beide Arme auf die Mauer und rief leiſe:„Bicho! Bicho!“ Das Tier hob den Kopf und kam dann ſchnuppernd an der Mauer entlang. Es hatte große, glänzende Augen. Miranda hatte Herzklopfen. Sie wiederholte:„Bicho! Bicho!“ Bicho rieb ſich langſam den Hals gegen die Mover. Miranda ſchnürte ſich der Hals zuſammen. Sie hätte Feinen mögen Eine unſägliche Bangigkeit erfaßte ſie. Se glitt von ihrem Stuhl herunter, ging langſam, faſt taſbeird hinaus ins Sonnenlicht.——— In ihrem Zimmer ſaß Miranda und wartete auf das Er— eignis, vor dem ſie ſich jetzt ſo ſehr fürchtete. Gegen 3 Uhr wurde der Verkehr ſehr ſtark. Das Tuten der Automobile wurde zur Unerträglichkeit. Miranda hörte ihren Vater im Nebenzimmer auf und ab gehen. Sie ſah deutlich ſein Ge— ſicht, trotzdem die Tür geſchloſſen war. Er hatte jetzt einen ernſten, eniſchloſſenen Ausdruck, wie ein Mann, der vor einem wichtigen Augenblick ſeines Lebens ſteht. Donna Dolores kam herein.„Du ſollſt dich jetzt anziehen“ ſagte ſie zu Miranda. „wir wollen zeitig fahren, um nicht in den ganzen Troß der Wagen zu kommen.“ Es war faſt eine Stunde vergangen, ehe man oben auf der Terraſſe ankam. Durch ein Gewühl von Publikum, Programm— verkäufern, Horden von Bettlern gelangte man endlich in den Zirkus. Während ſie die ſchmalen Steintreppen emporſtiegen, ſah Miranda ſeitwärts plötzlich wie etwas Feuriges und Gleißendes den in der Sonne brennenden Sand der Arena und jenſeits Geſicht an Geſicht, viele Ränge hinaufſteigend, wie ein merkwürdig fluktuierendes Bild. Die Leute gegenüber fingen an zu ſchreien Man reklamierte die Stiere Don Pedro ſagte: „Das Publikum iſt gereizt.“ Endlich erſchien der Marquis de A., der dem Stierkampf präſidierte, in ſeiner Loge. Unten ſprengten jetzt die Alguaciles, zwei Reiter in kurzen ſchwarzen Mänteln, in die Arena. Alles Volt, das noch darin umher— irrte, wurde hinter die Holzpaliſade gedrängt. Dann öffnete ſich gegenüber der Präſidentenloge das große Tor— und die Quadrille hielt ihren Einzug. Voraus die Alguaeciles zu Pferde, dann die Matadore und Banderillos, hinter ihnen die Picadores, darauf die Geſpanne der Mauleſet, beſtimmt, die toten Stiere und Pferde aus dem Zirkus zu ſchleijſen Das Orcheſter hatte mit einem kriegeriſchen March eingeſetzt. Der Zug durchquerte die ganze Arena und hielt vor der Loge des Präſidenten ſtill. Einer der Alguaciles ritt vor und verneigte ſich, worauf ihm der Präſident den Schlüſſel des Torils herunterwarf. Der Lärm der Menge legte ſich. Miranda ſaß hinter ihrer Mutter. Sie ſah. wie jenſeits ein Mann in Hemd— ärmeln ein Tor öffnete Er riß es auf mu einem einzigen Ruck und barg ſich dahinter. Während einer Sekunde hatte das lunge Mädchen nur Augen für dieſen Mann Er war breit und herluliſch gebaul, halte den Nacken eines Tieres: aber das Frappante war, daß er den Kopf leicht nach vorn trug, was der gemeinen Norm ſeines Geſichts einen Ausdruck von ſolcher Brutalität gab, daß Miranda erſchauerte Zugleich ſchoß das Tier aus dem Dunkel ſeines Gefängniſſes in das Licht der Arena Es raſte geradeaus und in der Richtung eines Bande— rillos, der mit einem Sprung hinter der Holzpaliſade ver— ſchwand. Zur Rechten war ein Picador auf ſeiner Mähre von ein paar Banderillos umgeben. Sie ſuchten den Stier an— zulocken. Das mächtige ſchwarze Tier glotzte wie geblendet rechts und links, ſah dann in zehn Meter Diſtanz das Pferd, das auf zitternden Beinen, ein Auge verbunden, daſtand, indes ſich der Picador in Poſition ſetzte. Schon ſturzte der Stier auf die Gruppe; der Picador ſtieß ihm ſeine Lanze in den Nacken. Doch, als ob ihn der Stoß der Pite nicht im geringſten be— irrte, fuhr der Stier dem Pferde in die Seite, hob es hoch auf und warf Roß und Reiter gegen die Palifade, wober der bicador unter bas Pferd zu liegen kam. Das Publikum ſchrie vor Begeiſterung:„Was fur ein rafſiges Tier!“ Der Stier ſütützte während einer Setunde. Blut tropfte ihm von den Hörnern Dem Pferde war die halbe Bauchſeite aufgeriſſen worden. Ein Matador ſtand plötzlich mum ſeinem roten Manet vor den Nüſtern der ſchwarzen Beſtie. Sie bog nach ſeiner Seile ab Der Picador troch unter dem Pferde hervor, das man mit Mühe auf die Beine brachte. Miranda rann ein kalter Schauer über den Rücken. Sie ſand das Schauſpiel ent— ſetzlich. Der engliſche Botſchafter ſagte zu Don Pedro:„Ich halte das Marwrium der Pferde für ein Verbrechen.“ Dieſer zuckte nur mit den Achſeln Er folgte mit ſeinem Blick jeder Bewegung des Stieres Er hatte ſich eben in ein zweites Pferd eingehakt. Der Picador war vom Anprall nach vorn geworſen worden, lag zu Füßen des Stieres, der unſchlüſſig ſchien, ob er ſich in den Mann oder das Pferd einwühlen wollte als ihn einer der Knechte am Schwanz zerrte, was ihn mimeinem Ge— brüll einen Sprung machen ließ. Das Publikum atmete auf Die Spannung war brennend geweſen Miranda ſah vor ſich ins Blau des Himmels Es tar ihr wohl, den Blick von all dem Eniſetzlichen abzuwenden. Der Stier, den Degen faſt bis zum Griff im Nacken, ſchien wie eine haltloſe Maſſe hin und her zu ſchwanlen, brach dann in die Knie und legte ſich ſterbend hin. Das Publikum klatſchte begeiſtert Der Matador verneigte ſich nach rechts und links. Manche riſſen ihre Hüte vom Kopfe und warfen ſie in die Arena Ein Regen von Blumen fiel aus den Logen Ein Ge— ſpann von Mauleſeln kam im Galopp heran und ſchleifte den toten Stier hinaus. Ein Geſumme von Stimmen begann. Kopf nervös hin und her werſend Schon öffnete ſich wieder das Tor zum Toril. Ein neuer Stier ſchoß heraus. Don Pedro wandte ſich zu Miranda: „Bicho!“ Miranda fuhr wie aus einem Traum auf. Bicho ſchien in der großen Arena kleiner zu ſein als das vorige Tier, aber er ſtürmte mit einer ſtupfenden Schnelligkeit vor⸗ wärts. Rechts und links glitten die Picadore über die Holz⸗ paliſade zurück. Man reckte die Köpfe. Der Stier verſprach etwas. Er drehte ſich, lief nach der Mitte des Zirkus, den Seitlich hate ſich wieder der erſte Picador aufgeſtellt Er ſaß auf demſelben Pferd, dem man die Bauchſeite zugenähr und Heu in die halbklaffende Wunde geſtopft haue. Der Engländer konnte ſich nicht mehr halten. Er ſagte leiſe:„Es iſt eine Schande— eine Schande.“ Einer der Banderillos hatte kaum einen Schrei ausgeſtoßen, als Bicho ſchon auf die Gruppe zuſtürzte. Der Picador traf ihn voll in den Nacken, fiel aber zugleich auf die Seite. Bichos Hörner drückten ſich in des Pferdes Bruſt ein, das ſofort zuſammenbrach. Aber Bicho ſtürzie über das Pferd und den Picador weg gegen eine neue Gruppe, die kaum bereit war. warf das Pferd krachend gegen die Holzwand. In ein paar Atemzügen lagen drei Pſerde am Boden. Einen Picador trug man weg. Die beiden anderen hinkten ſeitlich aus dem Zirkus. Man warf Decken über die Kadaver Daneben troff der Sand voll Blut. Das Publikum war plötzlich beklommen.„Was für ein Tier“, raunte Don Pedro. Miranda war ſehr blaß. Zu welchen Grauſamkeiten reizte man Bicho auf! Sie ſah ihn. wie er am Morgen ſo ſauft herangekommen war, als ſie ihn gerufen, wie er ſein Fell an der Mauer rieb, als ob er ihre Stimme verſtände. Und nun dieſes Blut— dieſe erhitzten Geſichter, die rings in den Zirkus ſtarrten. Man führte drei neue Pferde in die Arena. Miranda wagte nicht mehr hin⸗ zuſehen. Sie hörte nur die Ausrufe, ein Branden von Stimmen, das wie aus einem Krater aufſtieg. Bicho mußte unerhörte Dinge begehen. Totenſtille wechſelte mit toſendem Geſchret. Dann ſchien die Spannung nachzulaſſen. Miranda ſah, wie Bicho jetzt auf einen Banderillo losſtürzte. Doch der Mann wich aus Er hatte ſeine Wurfſpieße nicht einhaken lönnen„Feigling!“ ſchrie die Menge ihm zu. Der Mann ver⸗ ſuchte es ein zweites Mal. Eine der Banderillen ſaß, die andere fiel zu Boden. Bicho brüllte heißer auf und ſchüttelte den Nacken. Ein zweiter Banderillo ſtieß ihm zwei Spieße in den Hals Miranda zuckte unter jedem Laut zuſammen. Sie hörte ihr Herz in den Schläfen klopfen. Wie etwas unendlich Schmerzhaftes und Schweres ſenkte es ſich auf ihre Stirn. Bichv trug jetzt ein halbes Dutzend von Wurfſſpießen. Wenn er den Kopf ſchüttelte, klapperten die Stäbe gegeneinander. Don Pedro ſagte:„Was für ein edles Tier— es will nicht müde werden.“ Jetzt trat der Matador vor.„Es iſt Chicuelo“, ſagte Donna Dolores Chieuelo ſchien nervös zu ſein. Wäh⸗ rend Bicho gegen ſeine rote Cape rannte, wich er leicht nach rechts aus. Die Menge kreiſchte:„Er iſt des Stieres nicht würdig—— Feigling!“ Der Matador ſchien nicht darauf zu achten. Er hielt den zweiten Anſturm beſſer aus, bog kaum die Hüften. Bicho ſah aus wie ein tobendes Ungeheuer. Sein Maul troff von Geifer, lange Blutſträhnen liefen ſeinen Hals entlang. Es war zugleich eine Ungewißheit, etwas wie eine gräßliche Ratloſigkeit in ſeinen Bewegungen. Miranda bebte am ganzen Körper. Sie hätte aufſchreien mögen. Aber alles, was ſie tun konnte, war, die Augen zu ſchließen, ihre Hände zu falten. Kalte Schauer rannen ihr über die Schultern. Jede Sekunde war ihr eine Marter, und es wollte kein Ende nehmen. Plötzlich ſchrien alle:„Bravo!“ Dann wurde es wieder ſtill Chicuelo ſtand vor dem Tier. Er hielt den Degen hoch, den Griff neben ſeinem Auge, als ziele er. Die Klinge blitzte in der Sonne, dann ſuhr ſie dem Stier in den Nacken. Aber ſie drang nicht ein. Bicho ſchüttelte ſie ab.„Peſt!“ ſchrie Don Pedro. Die Menge heulte:„Pfuſcher— Pfuſcher!“ Chicuelo ging an die Paliſade und ließ ſich einen anderen Degen geben. Doch Bicho kam ihm entgegen. Es gab kein Ausweichen. Da wagte der Mann alles und wartete un— beweglich den Sprung des Tieres ab. Bicho lief geradeaus in die Klinge. Chicuelo ſehlte wieder. Das Publikum ſchrie vor Nerpoſität auf.„Es iſt ein Jammer“, ſagte Don Pedro. Der Engländer ſchaute gerade hinaus in den Himmel. Bicho troitete nun gegen die Paliſade, hielt am Kadaver eines der Pferde ſtill und beſchnupperte ihn. Chieuelo ſchrie aufs neue und ſchwenkte ſeine Cape. Da rannte Bicho wieder auf ihn zu. Zuerſt nicht aggreſſiv, als ob er von dem allen ſehr müde ſel. Erſt im letzten Moment überkam ihn die Wut. Jetzt erſt traf ihn Chicuelo. Aber er traf ihn ſchlecht. Der Degen drang tief ein, doch nicht ins Herz. Blut ſchoß dem Tler aus dem Maul. Die Menge heulte auf, warf Orangen, Seſſel, Stöcke und Sonnenſchirme in die Arena. Der Matador war ratlos. Bicho ging nun langſam wie in einer unendlichen Mattigkeit immer im Kreis herum und ſtarrte auf den Blutſtrom, der ihm aus der Naſe floß— dann legte er ſich nieder... Es wurde etwas ſtiller. Manche ſchienen zu fühlen, daß es ein Jammer war, ein edles Tier ſo abzuſchlachten. Als Donna Dolores, die ſelbſt über den Anblick verlegen war, ſich um⸗ drehte, war Miranda nicht mehr in der Loge. Sie war hinaus⸗ geglitten, die Stiegen hinuntergeſtürzt, als ſei ſie von etwas Grauenhaftem und Entſetzlichem verfolgt. Sie hörte nicht die obſzönen Worte der Bettler, die ein junges Mädchen allein ſahen. Ein Fiaker brachte ſie nach dem Strand. Es war ihr, als ob ſie ſich vor ihrer eigenen Familie flüchtete. Don Pedro aber ſtrahlte:„Ein rafſiges Tier war dieſer Bicho doch“, ſagte er.. 8 0 8 N 1 Nachdruck verboten. Erſtes Kapitel. „Lore, es bleibt kein anderer Weg. Du retteſt uns vor dem Untergang. Wir werden es dir ewig danken. Ueber⸗ lege es dir doch nur recht— was haſt du als Fritz Rohr⸗ becks Frau?— Nichts!— Nichts!— Nichts!— Immer sparen, jeden Pfennig umwenden... Du darfſt das nicht, jenes nicht, was du vielleicht gern möchteſt. Glaube mir, Kind, an ſolch einer Lebensmiſere ſcheitert dann gewöhn⸗ lich auch die Liebe. Und Papa hat in Erfahrung gebracht, daß Fritz Rohrbeck ſpielt! Das allein ſchon würde ge⸗ nügen, um uns immer gegen ihn einzunehmen. Papa ſagt, zu dieſer Heirat gibt er nie und nimmer ſeine Ein⸗ willigung.“ Frau von Loringen blickte die Tochter beſchwörend an.— Dieſe Tochter, die der Stolz und der Liebling der ganzen weitverzweigten Familie der Loringens war. Und die ſich nun opfern ſollte! Opfern? War es wirklich ein ſo großes Opfer, Frauk Dahlmanns Frau zu werden? Groß, dunkel, breitſchultrig ſchob er ſich vor das geiſtige Auge Frau von Loringens. Der Millionär! Der Mann, von dem es immer geheißen hatte, er haſſe die Frauen. Und wenn das vielleicht auch ein bißchen übertrieben war, ſo war doch immerhin das als feſt⸗ ſlehende Tatſache zu betrachten, daß Frank Dahlmann bis⸗ her ſehr gut ohne die Frauen ausgekommen war. Ohne eine Frau! Weiber ſollten auf ſeinem Wege genug geweſen ſein, wie Major Friedlinger behauptete. Der mußte es ja wiſſen! Seit kurzem nun bewarb ſich der reiche Dahlmann um Lore von Loringen! Ganz offen tat er es. Mit gemiſchten Gefühlen nahm man dieſe Angelegen⸗ heit auf. Einige Damen wären ſelbſt ſehr gern, mehr als gern, Frau Dahlmann geworden. Zudem hatte er den Doktor, und ſein Reichtum— mein Gott, dieſer märchen⸗ haste Reichtum löſchte jedes„Aber“ aus. Ein Glücksfall, wer Fran! Dahlmann zum Manne bekam, ein außer⸗ gewöhnlicher Glücksfall. Das war der Standpunkt der Damen. Derjenige der Herren war merklich anders. Ausgerechnet dieſer Emporkömmling ſollte die ſchöne Lore von Loringen bekommen? Ausgeſchloſſen! Ganz ausgeſchloſſen! Hatte denn der alte Baron keinen Funken Stolz in der Bruſt? Aber freilich... Es gab vermögende Herren unter Lores Bewerbern, aber einer, der die geſamten Schulden der Familie Lorin⸗ gen mit übernehmen konnte, der fehlte! Bis eben auf Doktor Dahlmann! Der konnte ſich das ja leiſten! Es war zum Haareausziehen, zum Längelanghin⸗ ſchlagen, zum Auf⸗die⸗Bäume⸗klettern! All das behauptete Fritz Rohrbeck gegen ſeine Freunde, die ihm ſcheinheilig recht gaben, es ihm aber im Herzen gönnten, daß er die ſchöne kleine Lore nicht bekam. Dieſer Windbeutel war ſie nicht wert. Der nicht. Wenn er auch ſonſt ein lieber, netter Kerl war und nie einen Spaß ver⸗ darb. Aber gerade Lore von Loringen? Nein! Das wäre zu ſtark. Das wäre zu abſurd. Das wäre einfach un⸗ möglich. Aber eine ganz unmögliche Sache tauchte da noch da⸗ neben auf: Doktor Dahlmann, der ſich ganz offen um die ſchöne Lore bewarb. Alle Herren waren ſich einig, daß es das erſt recht nicht geben durfte. Aber alles Durcheinanderreden nützte nichts. wollte lieber auſpaſſen. Es gab ja einige Herren, die ganz frei heraus ſagten: Frank Dahlmann werde den Sieg davontragen, dafür würde ſchon die ganze Familie Loringen ſorgen— und schließlich: Was man eigentlich habe? Ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle ſei dieſer Doktor Dahlmann! Man könnte ihm doch abſolut nichts weiter nachſagen, als daß er eben als einziger dieſes blödſinnig viele Geld Man Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) Aufruhr! Sturm! f Beinah tödliche Feindſchaften. Man einigte ſich aber dann wieder und vereinbarte, daß man dieſem Frank Dahlmann lieber den Spaß ver⸗ derben wollte. Dann ſollte doch noch lieber Rohrbeck der⸗ jenige ſein, der die ſchöne Lore heimführte. So ſtand es im Klub. General von Eſchmannsweg lächelte vor ſich hin. Da ereiferten ſie ſich nun, die jungen Dachſe, und da⸗ bei war dieſer Doktor Dahlmann mehr wert als ſie alle zuſammen. Ein Prachtkerl war das. Ganz einfach ein Prachtmenſch! Und wenn der die kleine Lore von Lorin⸗ gen erhielt, dann war ſie gut aufgehoben. Und daheim in Schloß Loringen? Dort ließ Lore täglich dieſe Reden über ſich ergehen, dieſe Reden, die doch nur eine einzige Formel waren: „Nimm Frank Dahlmann und rette uns!“ Lore von Loringen ſah auch jetzt wie abweſend auf ihre Mutter, die ſich nun ſchon ſeit einer Stunde Mühe gab, wenigſtens ein Wort von ihr zu hören, was eine kleine Hoffnung in bezug auf Doktor Dahlmann gegeben hätte. Doch nichts! Immer dieſes Schweigen! Dieſes Schweigen, mit dem Lore nun ſeit Wochen eine etwaige Werbung Doktor Dahlmanns ablehnte! Dabei war es doch immerhin möglich, daß Frank Dahl⸗ mann ſich anders beſann. Was ſollte dann werden? Dieſer reife, ernſte Mann würde kaum mit ſich ſpielen laſſen; er würde Lore vielleicht nicht einmal eine Bedenkzeit be⸗ willigen. Frau von Loringen rang die Hände. Wenn das Mädel, das dumme, doch nur vernünftig ſein wollte. Wie ſollte ſie es ihr nur noch klar machen? Sie hatte doch ſchon alles geſagt, was geſagt werden konnte. Und ihr Mann ſchalt ſie immer wieder aus. Sie hatte doch immer Einfluß auf Lore gehabt. Nur in dieſem einen Punkte nicht! Gerade in dieſem Punkte nicht, der doch für die Loringens ſo lebenswichtig war. „Lore, bedenke doch, wer nimmt wohl heutzutage noch ein armes Mädel zur Frau. Keiner! Glaube es doch nur! Und wenn eine törichte Liebe alle Bedenken hinwegfegt, dann geht die Ehe ſpäter auseinander. Wo die Sorge und die Not einkehren, da iſt bald genug die Liebe in alle Winde zerflattert. Und man beneidet dich glühend um dieſen Mann! Wenn du das doch endlich einſehen wollteſt! Du vergibſt dir nicht das geringſte, Lore! Er iſt ein Fürſt unter den Menſchen!“ Jetzt hob Lore ruckartig den ſchönen, blonden Kopf. „Ein Fürſt? Weshalb? Sein Vater iſt ein kleiner Landwirt geweſen.“ „Gewiß! Das ſtimmt ja alles! Aber danach fragt man jetzt nicht mehr. Eigentlich hal man ſchon früher nicht danach gefragt, woher ein reicher, mächtiger Mann ge⸗ kommen iſt. Hauptſache iſt doch immer die, daß der Weg ſauber war, auf dem dieſer Mann zu ſeinem Reichtum ſchritt. Und bei Doktor Dahlmann iſt das ganz beſtimmt der Fall!“ Lore lachte laut auf. Aber ſaſt klang dieſes Lachen wie ein hilfloſes Kinderweinen. Dann ſagte das Mädchen: „Ich habe drei Schweſtern. Weshalb ſoll gerade ich die Familie retten? Und weshalb tut es mein Bruder Kurt nicht? Ich habe doch auch ein Herz in der Bruſt. Aber das darf nicht ſprechen, dieſes Herz.— Ich liebe Fritz Rohrbeck!“ Die Mutter zuckte zuſammen. „Habt ihr euch das vielleicht bereits geſagt? Denn Rohrbeck liebt dich ja auch!?“ „Nein! Es iſt noch nicht dazu gekommen.“ „Gott ſei Dank! Dann iſt ja alles gut!“ ſagte die Mutter erleichtert. „Wenn du das weißt, wenn du um meine Liebe weißt, wie kanaſt du dann noch für Frank Dahlmann ſprechen?“ fragte Lore außer ſich. Frau von Loringen trat zu ihr, nahm ſie in die Arme. Liebkoſend ſtrich ihre Hand über das goldblonde Haar der Tochter. auch deine beſte Freundin ſein. Glaube es mir doch, Lone: wenn Fritz Rohrbeck die Gewähr für ein echtes Glück Vie, dann würde ich dir helfen. So aber kann ich etz nicht. Rohrbeck iſt kein Mann für dich. Du würdeſt leiden unter dieſer Ehe, ein Leben lang. Er würde dir niemals treu ſein.“ Erſchreckt öffneten ſich die blauen Augen. Nicht treu? Was wußte man von Fritz Noßubeck? Was führte er für ein Leben? Doch gleich kam der Trotz wieder. Die Ablehnung gegen Frank Dahlmann. „Wenn man glaubt, Fritz Rohrbeck bei mir verleumden zu können, irrt man ſich, Mama.“ Ihre Lippen zuckten. Frau von Loringen trat tief verletzt zurück. „Lore, nichts berechtigt dich, ſo mit deiner Muier zu ſprechen.“ „Verzeih, Mama! Ich bin—— nur—— ſo ſuucht⸗ bar—— erregt, und ich—— fürchte mich vor Doktor Dahlmann!“ Da lächelte die Mutter. a Eine Weile war Schweigen zwiſchen ihnen, dann ſagte Frau von Loringen: „Geh doch noch ein bißchen in den Park hinunter, Vore. Du ſiehſt ſo blaß aus, und wenn Papa dich ſo ſieht, daten iſt er gleich wieder zornig.“ „Ja!“ Lore war plötzlich wieder lieb und fügſam, wie ſie ſtets geweſen war. Frau von Loringen küßte ihrs ſchöne Tochter herzlich. f „Nun überlegſt du dir in Ruhe, und dann sprechen wir zwei noch einmal darüber.“ „Gewiß, Mama!“ Das junge Mädchen ging hinaus. Frau von Loringen dachte an ihre ſchöne, ſtolze Aelteſte, die dunkelhaarige Eliſabeth. Die hatte geſagt: „Ach was, den Frank Dahlmann, den nähme ich auf der Stelle. Aber er ſcheint ſich rettungslos in aufe re Kleine verſchoſſen zu haben. Sie mag gefälligſt nicht dumm ſein. Solch einem Manne gibt man keinen Noch.“ Frau von Loringen war ein bißchen faſſungslos ge⸗ weſen. Das ſagte Eliſabeth, die immer ſo ſtolz geweſen war? 5 g „Kind, du wollteſt doch immer mindeſtens einen Grafen“, hatte ſie ſich nicht enthalten können, zu entgegnen. Eliſabeth hatte die ſchönen Schultern gezuckt, „Möglich, daß ich albern genug geweſen bin, das früher einmal zu behaupten. Heute denke ich angers. Vielleicht denke ich ſogar erſt ſo, ſeit ich Frank Dahlmann kenne.“ Nach dieſen Worten war ſie ſchnell aus dem immer gegangen. Ganz entgeiſtert hatte die Mutter iht Uach⸗ geblickt. Dieſe Wirrniſſe auf der Welt! Weshalb konnte Frank Dahlmann nicht an Eliſabety Gefallen finden? Sie in ihrer ſtolzen, dunklen Schönheit, groß, ſchlant, hätte übrigens viel beſſer zu ihm gepaßt als Lore, die wie ein Püppchen war, ſo fein und zart. N So war aber das Leben! Immer ordnete es alles ſo, daß möglichſt viele Herzenskämpfe entſtanden. Jetzt lag die Sache gar noch ſo, daß Eliſabeth trauerte, weil ſie Doktor Dahlmann nicht bekam, und Lore wehrte ſich mit aller Kraft gegen eine Verbindung mit ihm. 1 Sie fürchtete ſich vor ihm! 9 559 Wenn man ſich vor jemand fürchtet, noch dazu vor einem Manne wie Doktor Dahlmann, dann lag die Sache nicht allzu ſchlimm. Dieſe dumme Furcht würde ſich bald genug in Liebe verwandeln. Das glaubte die erfahrene Frau zu wiſſen. Es hieß jetzt nur, Loretz letzten Widerſtand beſtegen. Ob es gelang? Wie kroßig das kleine Mädel ſein konnte! Eigentlich war ſie daß ne 6 weſen. Sie war immer fügſam und lieb. Ab ging es um ihr Lebensglück, und da wehrte ſie ſich ehen dagegen, weil ſie dieſes vermeintliche Glück nur mil Frig ö 15 ſah. ö et habe. „Lore, ich bin nicht nur deine Mutter, ich will doch Dieſer hübſche, leichtſinnige Junge! Foriſ, Jolat) Letzte Nachrichten Erploſion in einer Pulvermühle. Walsrode(Hannover), 26. Jan. Aus unge⸗ Härter Urſache explodierte ein zur hieſigen Pulverfabrik von Wolff und Co. gehörendes Siebwerk in Bomlitz, wodurch eine Pulver⸗ mühle vernichtet wurde. Die in dem Betrieb beſchäftigten Arbeiter Anton Grobe aus Wals⸗ rode und Wilhelm Bruns aus Benefeld wur⸗ den durch die gewaltige Stichflamme und den ungeheuren Luftdruck getötet. Deutſche Architekturausſtellung in Leningrad. Leningrad, 26. Jan. Vor einem großen Publikum wurde die von Dr. Alfred Kuhn zuſammengeſtellte Bauausſtellung der deutſchen Kunſtgeſellſchaft Berlin eröffnet, der eine Mu⸗ ſterſchau der Leipziger Baumeſſe angegliedert iſt. Es handelt ſich um die Bauten von 126 W Architekten und um deutſche Bau⸗ ſtoffe. Familientragödie wegen Kaſſenreviſſon Stolp, 26. Jan. Der Kaſſenrendant Poſt in Geoß⸗Soltikow, erſchoß ſeine Frau, ſeine 3 Kander im Alter von zwölf, ſieben und einein⸗ unli Jahren und tötete ſich ſchließlich ſelbſt. Der Grund zur Tat wird darin geſehen, daß bei dem Spar⸗ und Darlehenskaſſenverein, bei dem Poſt Rendant war, eine Repiſion ſtattfin⸗ den ſollte. Wölfe überfallen Perſanenzug Bukareſt, 26. Januar. Infolge des außerordentlich ſtarken, ſeii Tagen andauernden Schneefalls mußte 70 etwa 20 Eiſenbahnlinien der Verkehr ein⸗ geſtellt werden. In der Dobrudſcha ſind mehrere Dörfer und Städte vollkommen vom Verkehr abgeſchnitten. Die Lebensmittelver⸗ ſorgung iſt aufs äußerſte gefährdet. Mehrere Güterzüge und zwei Perſonen⸗ züge ſind auf der Strecke im Schnee ſtecken geblieben und konnken krotz aller Bemühun⸗ gen nicht freigemacht werden. Ein im Schnee ſteckengebliebener Perſonenzug wurde von einem Rudel Wölfe angegriffen; die Jahr- gäſte halten es ſchwer, ſich der Raubtiere zu erwehren. Auch auf der Donau iſt die Lage ſehr kri⸗ tiſch. Zwei Eisbrecher, die den Verkehr frei⸗ zumachen ſuchten, blieben ſtecken. Der Schiffs⸗ verkehr im Schwarzen Meer iſt gleichfalls vollkommen lahmgelegt. Eine Kälkewelle über ganz Europa. Berlin, 26. Januar. Aus ganz Deutſchland, aber auch aus dem Auslande kommen Meldungen über ſchar⸗ fe Kälte. In der Berliner Innenſtadt ſank das Thermometer auf 18 Grad unter Null, in den Außenvierteln ſogar auf 20 Grad. In vielen Häuſern froren die Waſſerlei— tungen ein.— Stettin meldet 25, Königsberg 28 Grad Kälte. Damit ſind die Rekordzahlen des denk⸗ würdigen Winters 1928/29 erreicht. Aus Polen werden 30 Grad Kälte gemel⸗ det. Aus Rußland ſogar 35 Grad. In Weſtſibirien wurden 39 Grad unter Null gemeſſen.— Auch in Frankreich gerrſcht ungewöhnliche Kälte, ſo wurden in Reims 15 Grad, in Bourg 17 Grad gemeſ— ſen. In Bar⸗le⸗Duc ſind zwei Knechte er fro ren, in Moulins erfror eine 82⸗ jährige Frau. die Grippe iſt in ganz Frankreich ſtark aufgetreten. Inkereſſant iſt, daß ſogar aus Indien ſcharfe Kälte gemeldet wird. Zo zeigte das Thermometer am Mittwoch dormittag in Bombay 12,7 Grad unter Rull, eine für Indien ganz außergewöhn⸗ liche Temperatur. Flüſſe unter Eis Koblenz, 26. Januar. Infolge des andauernden Froſtes hat ſich 1 das Treibeis der Moſel bei Lay feſtge⸗ ſetzt. Krachend ſchieben ſich die großen Eis⸗ glöcke über⸗, unter⸗ und nebeneinander. Der Fluß iſt vielfach in ſeiner ganzen Breite mit Eis bedeckt. Das Treibeis des Rheins iſt im Flußarm zwischen dem rechken Rheinufer und der In⸗ 15 Niederwerih zum Stehen gekommen. Die Rheinſchiffahrt muß ſtillgelegt werden. 5 In Rheinland⸗Weſtfalen herrſchi in zahlreichen Städten eine Grippeepide⸗ mie. Vielerorts— ſo in Köln— wurden die Schulen geſchloſſen. Der Notter⸗Slandal Fünf Millionen Geſamtſchaden der Brüder Rotter. f Berlin, 26. Januar. Bei der Staatsanwaltſchaft iſt die Nachricht angekündigt worden, daß die Verteidigung der durchgebrannten Theaterdirektoren Gebrü⸗ der Rofter Fſſhlung mit der Staatsanwalt dſchaft nehmen werde, um die Frage artige Unterhandlungen ein Das Neichsehrenmal Die preisgekrönten Entwürle Berlin, 26. Januar. Im Mai des vorigen Jahres tagte das Preisgericht für den Wettbewerb zum Reichsehrenmal erſtmalig. Von den ins⸗ geſamt 1828 eingegangenen Entwürfen wurden 20 in die engere Wahl gezogen. Dieſe 20 Entwürfe wurden dann nochmals von den ein⸗ zelnen Künſtlern in teilweiſe veränderter Form den Preisrichtern zur Begutachtung vorgelegt. Wie ſchon gemeldet, ſind nunmehr fünf Ent⸗ würfe mit Preiſen ausgezeichnet worden. Der Entwurf Rieſer⸗Wackerll zeigt ein rein architektoniſches Motiv, einen Glockenturm, eine Gedächtnishalle und einen Raum für die Ehrenwache. Der Entwurf Jauſſen⸗Wetzel löſt die geſtellte Aufgabe landſchaftlich. Er lehnt ſich an die landſchaftlichen Gegebenhei⸗ Waldbeſtand. Der Verfaſſer benutzt die große Lichtung der Dreiteichwand zur Anlage einer Terraſſe am oberen Waldrand. Der Entwurf Kreis⸗Dresden ſieht eine monumentale Löſung vor. Ein tem⸗ pelartiger Bau, in deſſen Mitte ſich die Figur Arbeits! der trauernden Mutter Deutſchland erhebt. CCC ĩͤv ß zu klären, iſt, den Ge⸗ ob der Staatsanwaltſchaft be brüdern Rotter freies G uzuſichern, und ſie mit der Unterſuchungshaft zu verſchonen. Wenn ſich die Staatsanwaltſchaft auf der⸗ ü wird, ſo höchſt wahrſcheinlich nur dann, wenn die Rot⸗ ters eine der Sachlage entſprechende hohe Summe bei der Gerichtskaſſe als Sicherheit hinterlegen. i Die Geſamtſchuldenlaſt der Notiers ſoll nach einer vorläufigen Schützung fünf Millionen Mark betragen. Dieſer Summe ſollen nach der Meinung der Bücherſachverſtändigen kei⸗ nerlei Aktiven gegenüberſtehen. In dieſem Zuſammenhang muß noch darauf hingewieſen werden, daß entgegen anders lautenden Nach⸗ richten das den Rotters zur Laſt gelegte Kon⸗ kursverbrechen ein Auslieferungsdelikt iſt, ſo daß ſehr wohl die Möglichkeit beſteht, daß die Stgatsanwaltſchaft die Auslieferung der bei⸗ den Rotters beantragt, gleichgültig, ob ſie ſich noch in der Schweiz oder in Italien aufhalten. Das Amtsgericht hat über das Vermögen der Gebrüder Rotter das Konkursverfahren eröffnet. Es erſtreckt ſich auf das Privatvermögen der Brüder, ſowie auf das Vermögen ihrer Ge— ſellſchaft. Ausgrabungen in Perſſen Deutſche Erfolge. Teheran, 26. Januar. Nach zweijährigen Ausgrabungen iſt es der deutſchen Expedition in Perſien unter Dr. Herzfeld gelungen, die alten Palä— ſte, Säulenhallen, Tempel und Wohnhäuſer des alten Perſepolis endgültig freizu⸗ legen und damit die Pracht und den Glanz der alten Ziviliſation der Zeiten von Xerxes, Artaxerxes und Darius an den Tag zu brin— gen. Die Gebäude waren von Alexander dem Großen bei ſeinem Eroberungszuge niedergebrannt worden, aber die Steine ſind unverſehrt geblieben und geben der Alter— tumskunde eindrucksvolle Aufſchlüſſe. Wetterbericht Wettervorherſage: Bei mäßigen öſtlichen Winden anhaltender ſtrenger Froſt. Feuer auf einem Motorſchiff Fahrgäſte gerettet. Hamburg, 26. Januar. An Bord des im Hafen liegenden Motor⸗ ſchiffes„Alſia“, das 5800 Bruttoregiſter⸗ tonnen groß iſt und der Oſtaſiatiſchen Com⸗ pany in Kopenhagen gehört, brach innerhalb der Ladung Feuer aus, das außerordentlich ſchnell um ſich griff. Die Ladung beſteht aus Kopra und Gum mi. Das Schiff war aus Oſtaſien gekommen. Die Feuerwehr hatte zur Bekämpfung des Brandes insgeſamt fünf Züge, vier Löſchdampfer und drei Löſch⸗ boote, mit zuſammen 20, teilweiſe ſogar 25 Rohren eingeſetzt. Die einzige Rettung lag darin, daß man die beiden Lucken, in denen die Kopra in hel⸗ ler Glut ſtand, unter Waſſer ſetzte. Das Schiff hatte auch Fahrgäſte an Bord, die ſich beim Ausbruch des Feuers mit dem Notwendigſten auf die Kaimauer retteten. Nach angeſtrengter Tätigkeit der Feuerwehr konnte der Brand gelöſcht werden. Die Schläu⸗ che waren völlig vereiſt. Mit Lötlampen und Fackeln mußte das Eis an den Schlauch- kuppelungen und Verbindungsſtücken aufge⸗ ſchmolzen werden. Die Kleider froren den Feuerwehrleuten am Körper feſt. Das Schiff iſt völlig mit Eis überzogen. das Wort hat, iſt an den Spruch de ten an, und vermeidet jeden Eingriff in den ö inden. 1781 Der Dichter Sonneunaufg. 7,52. Charlottenburg! Der Entwurf Bleden⸗Bräuhänſer⸗Holborn beſchränkt ſich auf die Anlage einer Terraſſe auf der Höhe des Abſchnitts am Eingang zum heiligen Hain, ſchließt den Hain bis an die Terraſſe mit dem torartigen Bau ab, und legt das Ehrenmal in die Mitte des heiligen Hains in Form einer an die Idee des Theoderich— Mals in Ravenna erinnernden Grundbaues. Vom Preisrichterkollegium iſt angeregt worden, den Glockenplan von Schilling⸗ Apolda aus dem Entwurf Pfeiffer⸗ Haardt mit dem Entwurf Jauſſen zu ner⸗ binden. Die Idee dieſes Glotkenturm⸗ ſchlages ſieht vor, alle Minute die Glocke anzuſchlagen zum Gedenken daran, daß während des Weltkrieges jede Minute ein Soldat ſein Leben laſſen mußte. Die Stiftung Ehrenmal, die joht die jeg! 5 P Preis⸗ Preis richterkollegiums nicht gebunden. Es iſt be⸗ abſichtigt, in kurzem eine Aufftellung der 20 Entwürfe zu veranſtalten. Man rechnet da— Tyte! mit, daß mit dem Einſetzen der warmen Wit⸗ terung mit dem Bau begonnen wird, d. h. wenn bis dahin die endgültige Entſcheidung über den zu wählenden Entwurf gefallen iſt. Es iſt daran gedacht. auch den Freiwilligen ſt zum Bau mit heranzuziehen. L ee eee feet Gact Aus der Heimat Gedenttage 26. Januar. Ludwig Achim v. Arnim in Berlin geboren. 1881 Der Schriftſteller Alfons Wiesbaden geboren. Paquet in 1920 Der Maler Fritz Auguſt v. Kaulbach in München geſtorben. Sonnenunterg. 16,34. Mondunterg. 17,10. * Mondaufg. 8,27. Wann trügt das Eis? In jedem Jahr müſſen verhältnismäßig viele Menſchen, beſonders Kinder, ihr Leben laſſen, weil ſie Eisflächen betreten, die noch nicht tragfähig ſind. Da iſt es von Intereſſe einmal darauf hinzuweiſen, welche Stärfe das Eis haben muß, um betreten werden zu! können. Für ein Kind im Alter von 12 Jahren genügt bereits eine Eisſtärke von drei Zentimeter; doch iſt es beſſer, wenn auch die Kinder warten, bis das Eis ſtärker geworden iſt. Sehr ſchwere Leute ſollten eine Eisſtärke von fünf Zentimeter abwarten. Bei den Eis⸗ ſtärken von vier bis ſechs Zentimeter muß jedoch immer noch darauf geachtet werden, daß auf den Eisflächen nicht zu viele Men⸗ ſchen zuſammenſtehen. Schon oft iſt eine an ſich tragfähige Eisfläche zuſammengebrochen, weil die Belaſtung an einer Stelle zu groß war. Eisſportler ſollten ſich daher ganz all⸗ gemein hüten und eine größere Anſammlung auf dem Eiſe unterlaſſen. Beſonders iſt dies in der Mitte eines Gewäſſers zu vermeiden. Iſt das Eis 10 Zentimeter dick, ſo iſt ſo gut wie keine Gefahr mehr vorhanden, auch wenn ſich eine größere Zahl von Menſchen zuſam⸗ menfindet. 14—15 Zentimeter ſtarke Eis⸗ decken können bereits ſchwere Geſchütze tragen. * * Denkt an die kieklenhunde. Es iſt für den Hund ein ſchweres Los, an der Kette zu liegen. Hat ihm der Menſch aber die Frei⸗ heit genommen, ſo iſt es ſeine Pflicht, für eine gute Pflege und eine liebevolle Behandlung zu ſorgen. Darum: Gebt dem treuen Wäch⸗ ter eine warme und dichte Hütte mit reichlich Streu, haltet ſie ſauber. Die Oeffnung der Hütte muß nach Süden gerichtet ſein. Hängt ein dickes Tuch oder einen Sack vor die Ein⸗ gangsöffnung, daß die Hütte gut verſchloſſen iſt, aber der Hund hindurchſchlüpfen kann. Auch muß ſie auf trockener Unterlage ſtehen. Gebt reichlich warmes Futter und Waſſer in ſauberem Gefäß. Geht öfters mal zu ihm, macht ihn von der Kette los und laßt ihn ein wenig ſpringen, damit der Hund nicht krank wird und ſich ſeine Glieder erwärmen und gelenkig bleiben. s Wie weiſt man ſich am Poſtſchalter aus? Vollgültige Ausweiſe ſind nur ſolche, die das beglaubigte Lichtbild, die Perſonalbeſchrei⸗ bung und die eigenhändige Anterſchrift des Inhabers tragen, wie zum Beiſpiel ein Reiſe⸗ paß oder die Poſtausweiskarte. Durch letztere wird es auch den unbekannten Abholern er⸗ möglicht, ihre Briefſchaften in Empfang zu nehmen. Die Karte iſt drei Jahre gültig, kann nicht verlängert werden, koſtet 50 Pfen⸗ nig und berechtigt zur Abholung aller in Frage kommenden Sendungen. Schwierig iſt die Handhabe, wenn Perſonen tagsüber nicht in der Wohnung anzutreffen ſind. Auf Grund des Benachrichtigungszektels kommen die dieſen nicht, ſo kann man die Sendung ge⸗ gen Botenlohn zuſtellen laſſen. Das Billigſte und Einfachſte iſt jedoch, wenn Perſonen, die häufig abweſend ſind, die Briefſchreiber ver⸗ anlaſſen, die Anſchrift ſo zu erweitern, daß noch ein zweiter Empfänger auf der Sendung bezeichnet iſt. Stein an den Kopf bekommen ſchreckliche Dinge mehr. Gewiß, vorgekommen, aber warum den Kindern den (Kinder herauskommen. wiſſen, daß ein Kind, das in der Kälte her— Leute ohne Ausweis zur Poſt. Beſitzt der Kunde Millionen Hausfrauen ochen MASGlI-Soüppen Weil sie Wissen, daß sie gut und billig sind FN 5 ae sche 7 — fen 4 el e cee— 2 Anſere Kinder im Winter Winke zur Erhaltung ihrer Geſundheit. Wenn man eine Umfrage bei unſeren Kindern veranſtalten könnte, welche Jahres⸗ zeit ihnen nach dem Sommer am kiebſten ſei, dann würde ſicher der Winter die meiſten Stimmen bekommen. Natürlich der richtige, weiße Winter mit Schnee und Eisbahn, nicht ſeine Abart, die nur Schmutz und kalte Näſſe uns beſchert. Es iſt doch ſo luſtig, ſich draußen zu tummeln bei Schneeballſchlach⸗ ten, Schneemännerbau, Schlitten⸗ u. Schlitt⸗ ſchuhfahrten, Rodel und Ski nicht zu vergeſ⸗ ſen. Was machen da kalte Füße und Ohren oder eine Beule vom Hinfallen; ſolange man im Freien iſt, ſpürt man nichts. Anders ſieht die beſorgte Mutter die Sache an. Das arme Kind wird ſich beſtimmt erkäl⸗ ten, denkt ſie; es wird beim Eislauf ein Bein brechen, beim Schneeballwerfen einen und andere all das iſt Spaß verderben? Ein wenig aufpaſſen und die Gefahren ſind halb ſo ſchlimm Der Win⸗ ter iſt doch eine Jahreszeit, in der der Licht⸗ mangel, das viele Stubenhocken, das Fehlen von friſchen Gemüſen der Ausbildung der Rachitis oder engliſchen Krankheit beſonders Vorſchub leiſten. Es iſt alſo geſund, wenn die Eine Mutter muß umgetollt hat, auch eine geeignete Koſt braucht, damit der Körper die nötige Wär— me bilden kann. Fett iſt ein guter Brennſtoff für unſeren Körperofen, auch Zucker hat gu⸗ ten Brennwert. Man muß nur darauf achten, daß des Guten nicht zuviel getan wird und daß morgens und abends vor dem Schlafen⸗ gehen die Zähne geputzt werden. Zum Aufenthalt im Freien ſollen die Kin⸗ der nicht übermäßig dick angezogen ſein, wenn ſie in Bewegung ſind. Sie geraten ſonſt leicht in Schweiß und erkälten ſich umſo eher. Auf häufigen Wechſel der Strümpfe iſt zu achten, beſonders wenn das Kind an Fuß— ſchweiß leidet. Die Schuhe ſollen kein Schnee⸗ waſſer durchlaſſen. Einfetten mit Tran oder Fett vermag auch etwas porös gewordene Schuhe zu dichten. Die trüben Wintertage bergen auch Gefah—⸗ ren für das Auge des Kindes in ſich. Wie oft ſieht man Kinder bei ganz unzureichen⸗ dem Licht ihre Schulaufgaben machen! Des— halb muß ſtets auf ausreichende Beleuchtung geachtet werden. Wer ſo für ſeine Kinder ſorgt, der braucht auch im Winter für ihre Geſundheit nicht zu fürchten und mag die Kleinen unbeſorgt teil⸗ nehmen laſſen an all den kleinen Freuden, die ihnen die Winterszeit beſchert. Eine Eifeler Eishöhle freigelegt Eine der intereſſanteſten Sehenswürdigkeiten der vulkaniſchen Eifel iſt die ſogenannte „Eishöhle“ bei Roth im Kreiſe Daun. Ueber ſie erzählt der Volksmund, daß dort vor etwa 1000 Jahren im unterirdiſchen Bergbau das poröſe Geſtein als Mühlſtein gebrochen worden ſei, und bei dieſer Arbeit habe ſich ein furchtbares Unglück ereignet. Ein Teil der großen unterirdiſchen Gänge iſt eingeſtürzt und habe die ganze Belegſchaft, viele hundert Ar- beiter, unter ſich begraben. Auch heute noch iſt dieſe Höhle ein ausgedehntes Gängegewirr, deſſen Wände mit einer oft bis zu drei Me⸗ tern dicken Eisſchicht bedeckt ſind. Sogar in den heißeſten Sommern findet man in der Höhle große Mengen klarſten Kriſtalleiſes, das auch der Höhle ihren Namen gegeben hat. Jetzt iſt der Eingang, der bis jetzt ziemlich be⸗ ſchwerlich war, durch die Ortsgruppe des Ei⸗ felvereins in Müllenborn freigelegt worden. — Märkte und Vörſen vom 25. Januar 1933. (Ohne Gewähr.) Frankfurter Produktenbörſe. Amtlich notierten: Weizen 19.80 bis 19.90, Roggen 16.25, Sommergerſte 18 bis 18.25, Hafer 13 bis 13.50, Weizenmehl ſüdd. Spe⸗ zial Null 28 bis 28.75, dto. niederrhein. 28 bis 28.75, Roggenmehl 22.25 bis 23.25, Weizenkleie 7.50, Roggenkleie 7.85 bis 8 alles per 100 Kilogramm. Tendenz ruhig. Karlsruher Produktenbörſe. Roggen inl. 16.50 bis 17, Sommergerſte 18 bis 20, Futtergerſte 16 bis 17.25, Hafer inl. 13.75 bis 14, Platamais 19.75, Weizen⸗ mehl, Baſis Null mit Austauſchweizen 28.50 bis 28.75, Weizenmehl Baſis Null Inlands⸗ mahlung 28 bis 28.25, Roggenmehl 22.50 bis 23.50, Wetzenkleie fein 7.50, grob 8.50, Biertreber 10.75 bis 11, Trockenſchnitzel 7.75, Malzkeime 10.75 bis 11, Erdnußkuchen 11.75 bis 12, Palmkuchen 8.75 bis 9, Leinkuchenmehl 11.50 bis 11.75, Soyaſchrot 10.30 bis 10.50, Speiſekartoffeln 3.20 bis 4.20, Wieſenheu 4.75 bis 58.