Verſammlung fern! Vor allem müſſen Männer und Jungmänner zur Stelle ſein. Aber auch Frauen und Jungfrauen müſſen den Männern im Kampfe zur Seite ſtehen und darum ebenfalls erſcheinen. Möge dieſe Verſammlung einen eben⸗ ſo glänzenden Beſuch aufweiſen, wie die Ver⸗ trauensleute⸗Verſammlung vor 8 Tagen, die alle bisherigen derartigen Veranſtaltungen weit in den Schatten ſtellte. Dann dürfen wir hoffen, daß am nächſten Sonntag unſere Freunde alle⸗ der Mann mit den hundert Maslen Vor kurzem verunglückte in Marſeille ein 6 Nen er Delormel bei einem Autounfall. In n kane Fer Verbrecherkreiſen a er den Namen Fregoli; er war ein Verwand⸗ lungskünſtler ohnegleichen. Dank dieſer Ver⸗ lungskunſt entging er unzählige Male den Ar⸗ men der Gerechtigkeit. Er war der Mann mit den hundert Masken, der Verbrecher mit den tauſend Namen, ein genialer Kopf, deſſen Findigkeit jedoch nur auf kriminellem Gebiet ausgenutzt wurde. Einmal war Delormel we⸗ Zenn Versammlung. In ſchwerſter Zeit ruft die Zentrumspartei ihre Freunde auf zum Beſuche der Verſammlung im Freiſchütz am Donnerstag Abend. Jedem denkenden Menſchen muß es auffallen, wie trotz eine Opfer ch unter den eee er en Kaste. Ct et an zog, wechſelte er Maske. Er war ein dae An let, wen es galt, dae Ausſehen 15 verändern. Es war daher nicht verwunderlich, daß alle Steckbriefe wertlos blieben. Er war außerordentlich ſprachkundi und beherrſchte 1 Fre weitere ant Sprachen. Er ſpielbe ſo glänzend Violine, daß er einmal in Valencia zwei Konzerte unter dem Namen eines berühmten Violinvirtuoſen geben konnte. Niemand hatte den geringſten Ver⸗(Geernbeimer- Tageblatt.—. Olernheimer Nachrichten) (Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) aller„ſtrengen Maßnahmen“ das politiſche Leben verroht und verwildert iſt. Ueberfälle, Bedroh⸗ ungen, Mordtaten ſind etwas Alltägliches ge⸗ worden. Das Reichstagsgebäude brennt! Ein weithin über das deutſche Land leuchtendes Zeichen, wohin der Weg des Haſſes und der Gewalt führt! Nicht zur Beruhigung, nicht zur Ordnung, nicht zur Wiederkehr des Vertrauens, den drei unerläßlichen Vorausſetzun⸗ gen eines wirtſchaftlichen Wiederaufſtiegs! Dem Zentrum fällt in dieſer Zeit wieder einmal eine ſchwere, aber große Aufgabe zu: Die Brücke zu bilden zur Verſtändi⸗ gung zwiſchen breiteſten Volksteilen, damit nicht das deutſche Volk in zwei Teile zerfällt, die ſich gegenſeitig zerfleiſchen, Haßpropaganda, Angriffe auf Leib und Leben, Mordtaten lehnen wir ab, von welcher Seite und unter welchem Vorwand ſie auch geſchehen mögen. Denn nimmermehr kann durch ſolche Methoden das deutſche Volk geſunden! Niemals iſt das Geſchick des deutſchen Volkes in Zer— riſſenheit, ſondern nur in einigem Zuſammen⸗ ſtehen in der Volksgemeinſchaft zu meiſtern! Es muß aufhören der Brudermord, es muß abgelegt werden der Bruderhaß! Nur auf derſchriſt⸗ lichen Grundlage der Einigkeit, des Rechts und der Freiheit kann Deutſchland wieder aufblühen! Notwendiger als je iſt es, daß vor allem die Zentrumsangehörigen einig zuſammenſtehen und deshalb die Zentrums verſammlung beſuchen, um ihre Einigkeit und Treue öffentlich zu bekunden. Keiner unſerer Freunde bleibe der heute morgen telegr. abzuſagen. ſtaltung fällt ſomit aus. ſamt ihre Pflicht erfüllen und wählen Zentrum, Liſte 41 eee 0 Lokales „Jünglings- und Jungmänner⸗ verein. Die Mitglieder werden gebeten die Anzeige zu beachten. * Evang. Gemeinde. 8 Uhr 1. Paſſionsandacht! Der geſtrige Faſtnachtdienstag zeichnete ſich wieder durch ſchönes Wetter aus. Der Nachmittag gehörte hauptſächlich der Jugend, die ſich in allen möglichen Vermummungen und auch recht hübſchen Maskenanzügen zeigte. Auch einige Gruppen- und Einzelmasken bewegten ſich beſonders bemerkenswert auf den Straßen. Am Abend gab es natürlich in den Lokalen mit den verſchiedenen Veranſtaltungen Hochbetrieb und die letzten Stunden wurden ausgetobt in fröhlicher Ausgelaſſenheit und Tanz. Alt und Jung wollten ſich noch im letzten Augen⸗ blick ſchadlos halten für die bevorſtehenden Ent⸗ behrungen der Faſtenzeit. Es iſt jetzt Zeit der Einkehr! Abgeſagter Vortrag. Profeſſor Boekh, für heute abend im Zentralkino ange⸗ kündigt, war leider gezwungen, infolge der pol. Ereigniſſe der letzten Tage die auch auf den überparteilichen„Bund der Freunde der Sowjet⸗ union“ nicht ohne Wirkungen geblieben ſind, Die Veran- Die im Vorverkauf abgeſetzten Karten werden morgen, den 2. März, Heute Abend im Büro des Erwerbsloſen⸗Ausſchuſſes von 2— 5 Uhr zurückgenommen. gen Mordes an einer Hotelbeſitzerin zum Tode verurteilt, das Todesurteil wurde jedoch in lebenslängliche Strafarbeit umgewandelt und Delormel wurde in eine Strafkolonie geſchickt. Es gelang ihm jedoch ſchon vor langer Zeit zu fliehen. Dieſe Flucht war ein Meiſterſtück ohnesgleichen, denn die Bewachung der Ko⸗ lonie iſt dermaßen gut organiſiert und ſtrenge, daß ſolche Verſuche nur in äußerſt ſeltenen Fällen glücken. Seine ganze Virtuoſität zeigte ſich aber erſt nach der Flucht, denn er ver⸗ ſtand es geradezu ſich unſichtbar zu machen. Vergebens wurde ein ganzes Heer von Detek⸗ tiven in Bewegung geſetzt, es war unmöglich, Wein faſſen. 5 N Nun ereignete ſich vor einigen Wochen ein Autounglück bei Maxſeille. Ungefähr zwanzig Meilen vor der Stadt fuhr ein Laſtkrafk⸗ wagen, auf dem ſich nur der Chauffeur befun⸗ den zu haben ſchien, in raſender Fahrt gegen einen Telegrafenmaſt und brach dieſen ab. Der Kraftwagen wurde in eine Talmulde ge⸗ ſchleudert und begrub unter den Trümmern den Chauffeur, der einige Stunden ſpäter von einem anderen Autofahrer aufgefunden wurde. Dieſer, zufällig ein Arzt, ſtellte feſt, daß jede Hilfe zu ſpät kam, der Unbekannte war ſo⸗ fort getötet worden. Der Arzt unterrichtete die Polizei, die die Leiche in das Schauhaus brachte. Da man ein Verbrechen vermutete, wurden umfaſſende Unterſuchungen angeſtellt, um den Mann zu identifizieren. Schließlich nahm man Fingerabdrücke von dem Toten und verglich ſie mit der Sammlung von der Polizei. Man war nicht wenig verwundert, als ſich herausſtellte, daß der verunglückte Kraft⸗ wagenführer niemand anders als Delormel war. Delormel hatte ſowohl in Paris als auch in den großen franzöſiſchen Provinzſtädten un⸗ zählige Verbrechen verübt. Einmal machte er in einem eleganten Hotel ſchon etwas älteren Damen die Kur, um ſie um ihr Geld zu brin⸗ gen, ein andermal brachte er eine Anzahl hübſcher Pariſerinnen nach Algier, um ſie dort an weiße Sklavenhändler zu verkaufen. dacht geſchöpft. Ferner war er ein hervor⸗ ragender Akrobat, der mit Leichtigkeit die halsbrecheriſchſten Kunſtſtücke ausführen konnte. Wie er ſelbſt behauptet war er als junger Menſch bei einem Zirkus angeſtellt. Einmal ſprang er vom höchſten Punkt der Brücke von Brooklyn ins Waſſer. Nun hat ſeine abenteuerliche Laufbahn durch ein Unglück ihr Ende gefunden. Lachende Welt Das Fremdenbuch eines Gebirgsgaſthauſes enthält folgende ee „Wem Gott will rechte Gunſt erweiſen,— den läßt er ohne Bräul'gam reiſen. Elſa und Helene.“ Darunter ſteht mit anderer Handſchrift ein Nachtrag: „Liebe Elſa und Helene,— Ihr reiſt nur, weil ihr müßt, alleene!“ Vereins ⸗Anzeiger. Münnergeſangverein 1846. Die Singſtunde für dieſe Woche findet bereits heute Mittwoch abend ſtatt. Vollzähliges Erſcheinen aller Sänger iſt dringend erforderlich. Singſtunde für 1. und 2. Tenor halb 8 Uhr 1. und 2. Baß halb 9 Uhr. Der Dirigent. Turnverein von 1893.(Tellſchauſpiel) Heute Abend halb 8 Uhr Probe des 4. Aufzuges Pünktliches und volzähliges Erſcheinen er⸗ wartet. Die Leitung. Turnverein von 1893. Die Turnſtunde für Turnerinnen findet dieſe Woche Freitag abend 8 Uhr ſtatt. Vollzähliges und pünktliches Erſcheinen erwartet. Die Turnleitung. Klub der Geflügelzüchter 1926. Freitag, den 3. März abends 8½ Uhr findet im Gaſthaus zur Sonne eine wichtige Vorſtandsſitzung ſtatt. Um pünktliches und vollzähliges Erſcheinen wird gebeten. Der Vorſitzende. Marinaden. Hsmarknerinoe Dee 5h. Houmons 1 Liter Doſe 50.3 Dralheringe 1 Liter Doſe 62 U. 59 Heringe In Hale 1 Liter Doſe 60.5 Heringe marinierte e 10 föllner inge 10 Stüc ll Holl. ouneringe 10 S6 55 Frisch gewässerte 5 Piund 25 Plennig Heringssalal% Pfund 15 Fleischsalal%% Pfund 15. eingemachte Rotorunen Pfund 0. Steriliſierte Huren Jalzgurhen Stück 91 6 Esslogurkhan Stück 5 uU. 35 dewürzgurken% Pfund 20. Weigwein offen Liter 69. Rolwein oſſen Liter 69 5% Rabatt! Stüct 95 „DiK.⸗Stadion an der Lor⸗ ſcherſtraße mit Turnhalle u. Reſtaurant„zur Sportler⸗ 0 0 o klauſe“ und 3 Spielplätze“. Morgen Donnerstag, den 2. März 1933 findet im Saale„Zum Freiſchütz“ eine große Zenirums⸗Verſammlung ſtatt, zu der alle aktiven und paſſiven Mit⸗ glieder herzlichſt wie dringend eingeladen ſind. Zeigt Intereſſe und haltet treu zu Eurer Sache, denn die Zukunft unſerer Jugend ſteht auf dem Spiel. Erſcheint deshalb alle zu dieſer Kundgebung, um zu kämpfen für Wahr⸗ heit, Freiheit und Gerechtigkeit. Der Sportleiter. NB. Turnabteilung. Heute Mittwoch abend vollzählige Turn ſtund e. Da am 19. März ein Gerätemannſchaftskampf Käfertal Seckenheim— Viernheim in Käfertal ſtattfindet und eine Mannſchaftsfreiübung gelernt werden muß, erwarte ich vollzähliges Erſcheinen der 1. Riege. Der Turnwart. Aungunps- u. Jungmänngryerein (Mar. Jünglingssodalität) 7 Morgen Donnerstag Zentrums⸗ Verſammlung im Freiſchütz. Ich erwarte voll⸗ zähliges Erſcheinen. Euer Präſes: Weil, Kaplan. e e Elektro⸗ und Inſtallations⸗Geſchäft Elektr. Licht-, Kraft⸗ und Radioanlagen, ſowie Gas⸗ und Waſſerinſtallationen werden prompt und fachgemäß ausgeführt. Adam Seih, Flehlromelster Steinſtraße 25 e Beld Solopt in Beträgen von Rm. 200.— bis 1000.— durch die Areuiikasse „Darlehenshilfe“ in Tüchtige, ſaubere Waſchfrau geſucht. Wo, zu erfragen in der Geſchäftsſtelle Wir wollen helfen! Faſt täglich werden wir um Hilfeleiſtungen von unterſtützungsbedürftigen Volksgenoſſen an⸗ gegangen. Leider können wir nur in beſchränkten Maße helfen, da wir nicht über die nötigen geldlichen Mittel verfügen. Um allen Bitt⸗ ſtellern gerecht werden zu können, wollen wir eine Brockenſammlung größeren Umfanges vor⸗ nehmen. Wir bitten die Einwohner, die um Spenden angegangen werden, ihr Möglichſtes zu dem Gelingen dieſes guten Werkes beitragen zu wollen. Um falſchen Auslegungen vorzu- beugen, betonen wir, daß die Sammlung nicht parteilichen Zwecken dient und nur Viernheimer Volksgenoſſen, ganz gleich welcher politiſcher Einſtellung, zugute kommen ſoll. Die Frauenſchaft der N. S. D. A. P. Ortsgruppe Viernheim. Höln Schließfach 295. Vertreter geſucht. Darkrede Für jeden Zweck durch das Bank⸗Komm.⸗ Geſchäft Thoma, Mannheim Waldhofſtraße 83 Laufend Auszahlungen Rückporto erbeten! Neue goresse beachten Jerloren eine Armbanduhr. Wiederbringer erhält gute Belohnung. Abzugeben im Ver⸗ lag dieſes Blattes. Viehlebertran hält Schweine geſund und mäſtet. Liter 70 Pfg. Rathaus⸗Drogerie ble Moshong Gemeindekaſſe. Am Donnerstag Vormittag werden die Netto⸗ beträge der abgelöſten Allmenden und Schlöthen unr an die Bezugs berechtigten ausbezahlt. Winkenbach. ausgeladen. Landw. Geld⸗ u. Waren⸗ genoſſenſchaft G. m b. H. (Lauernverein) Heute und morgen wird am Staatsbahnhof Ammoniak u. Kalkſtickſtoff Volksheor Mitolied des Deulschen Arheltersängerhundes. 1 Morgen Donnerstag 0 a 8,30 Uhr Friedrich⸗ ——— ſtraße 10 1. Leſeprobe zur Ope rette„Das Mä⸗ del vom Neckarſtrand“. Pünktlich erſcheinen. Der Vorſtand. Der Spielleiter. 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Niemand, der überhaupt noch Wert darauf legt, in einem geordneten Staatsweſen zu leben, wird beſtreiten, daß dieſe Verordnung nötig war. Denn, was im Anſchluß an die Brandſtiftung im Reichstag feſtgeſtellt wor⸗ den iſt, zeigt, wie die amtlichen Veröffent⸗ lichungen darüber wiederholt betonen, daß ein großangelegter Gewaltſtreich nach bol⸗ ſchewiſtiſchem Muſter geplant war, ein Ge⸗ waltſtreich, der die Grundfeſten des Reiches erſchüttern ſollte. Sich dagegen rechtzeitig zu ſchützen, war Pflicht der Reichsregierung. Die neue Notperordnung ſetzt wichtige Ar⸗ tikel der Reichsverfaſſung außer Kraft, nämlich die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153. Der Artikel 114 ſpricht aus, daß die Freiheit der Perſon unverletzlich iſt und daß eine Beeinträchtigung oder Entzie⸗ hung der perſönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt nur auf Grund von Ge⸗ ſetzen zuläſſig iſt. Der Artikel 115 erklärt die Wohnung jedes Deutſchen als Freiſtätte für ihn, die unverletzlich iſt. Ausnahmen ſind nur auf Grund von Geſetzen zuläſſig. Der Artikel 117 erklärt das Briefgeheimnis, ſo⸗ wie das Poſt⸗, Telegraphen⸗ und Fernſprech⸗ geheimnis für unverletzlich. Artikel 118 legt das Recht der freien Meinungsäußerung durch Wort, Schrift, Druck oder Bild, alſo die Freiheit der Preſſe feſt, die durch keine Zenſur unterbunden wird. Artikel 123 und 124 betreffen die Verſammlungsfreiheit und der Artikel 153 beſtimmt, daß das Eigentum von der Verfaſſung gewährleiſtet iſt und daß Enteignungen nur zum Wohle der Allge⸗ meinheit und auf geſohlicher Grundlage vor⸗ genommen werden können. f Alle dieſe Verfaſſungsartikel ſind alſo durch die neue Notverordnung vorüberge⸗ hend außer Kraft geſetzt worden. Es iſt ein ſchwerer Eingriff in die perſönliche Freiheit, aber außerordentliche Zeiten und Zuſtände verlangen auch außerordentliche Mittel und Maßnahmen. i Von ganz beſonderer Bedeutung iſt aber dann die weitere Beſtimmung der neuen Notverordnung, daß die Reichsregierung, falls in einem Lande die zur Wiederherſtel⸗ lung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen werden, „inſoweit die Befugnis der ober⸗ ſten Landesbehörden vorüberge⸗ hend wahrnehmen“ kann. Durch dieſe Beſtimmung ſoll verhindert werden, daß die Kommuniſten ihre Zentrale zur Vorberei- tung gewaltſamer Umſturzverſuche von Ber⸗ lin wegverlegen und in einem anderen deut⸗ ſchen Lande aufmachen. Wenn das geſchehen ſollte, und wenn die in Frage kommende Landesregierung etwa nicht die nötigen po⸗ lizeilichen Maßnahmen ergreifen würde, o könnte die Reichsregierung von ſich aus die nötigen Schritte tun. Bei dieſer Beſtimmung handelt es ſich wohl nur um eine vorſorg⸗ liche, denn es iſt nicht anzunehmen, daß e praktiſch zur Anwendung kommen wird. An der energiſchen Bekämpfung aller bolſche⸗ wiſtiſchen revolutionären Beſtrebungen ſind alle deutſchen Länderregierungen gleich mäßig intereſſiert. Schließlich enthält die neue Notverord⸗ nung ſchwere Strafandrohungen, darunter auch die Todesſtrafe für eine Reihe von Vergehen gegen Paragraphen des Strafge⸗ lehne So iſt die Todesstrafe vorgeſehen für Hochverrat, Brandſtiftung, Veranlaſſung von Üeberſchwemmungen, Exploſionen, Be⸗ ſchädigungen von Eſſenbahnanlagen aſw. Auch Attentate gegen den Reichspräſidenten oder Mitglieder fir Reichsregierung werden mit dem Tode beſtraft. 5. Dieſe Aufzählung der wichtigſten Beſtim⸗ mungen der neuen Notverordnung ergibt, daß ſie den ruhigen Bürger nicht zu ſchrecker Donnerstag, den 2. März 1933 Viernheimer Zeitung 2 Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden 50. Jahrgang Neue Notverordnung Gegen Verrat am deutſchen Volle und gegen hochverräteriſche Amtriebe Berlin, 2. März. Die bereits angekündigte Notverord⸗ nung, die eine weſentliche Verſch ä r⸗ fung der Strafen für Landesver⸗ rat bringt, wurde am Mittwoch veröffent— licht Im erſten Abſchnitt ſieht ſie eine Ver- ſchärfung der Vorſchriften gegen Lan- desverrak und Verrat milikäriſcher Ge⸗ heimniſſe vor, und zwar werden ſchwe⸗ rer Verrat militäriſcher Geheimniſſe in Zukunft mit dem Tode, Landesverrat nach Paragraph 92 Abſatz 1 des StrGB. mik dem Tode oder mit Zuchthaus, die Ausſpähung militäriſcher Geheimniſſe mit dem Tode oder lebenslänglichem Juchthaus beſtraft. Paragraph 2 ſieht vor, daß die Verfälſchung von Gegenſtänden, deren Geheimhaltung für das Wohl des Reiches erforderlich wäre, wenn dieſe einer ausländiſchen Macht zuge⸗ ſtellt werden, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren beſtraft wird. Ebenſo wird beſtraft, wer falſche aden l geheime Ge⸗ genſtände dem Auslande mitteilt, oder ſie ſich beſchafft. Paragraph 3 ſieht vor, daß mit Gefängnis beſtraft wird, wer echte oder falſche Nachrichten, deren Geheimhaltung für das Wohl des Reiches erforderlich wäre, dem Auslande mitteilt, bevor dieſe dem Aus⸗ land mitgeteilt oder öffentlich bekanntge⸗ macht ſind, wenn dadurch das Wohl des Reiches gefördert wird. Im zweiten Abſchnitk werden die Skra⸗ fen für hochverräteriſche Amkriebe ver⸗ brauchen. Sie richten ſich lediglich gegen Be⸗ ſtrebungen und Verſuche, die heutige Staats- ordnung durch Gewaltakte umzuſtürzen. Die Flammen, die aus dem Reichstugsgebäude herausſchlugen, haben ja gezeigt, wie gre die Gefahr war, die dem Vaterlande gedroht hat. Sie iſt zwar e heute noch nicht ganz beſeitigt, die Lage iſt nach wie vor noch ernſt— aber man darf doch hoffen, daß es den Behörden jetzt. wo dieſe Gefahr er⸗ ö ſchärft. Danach wird mit Zuchthaus ve⸗ droht, wer Hochverrat in der Abſicht be⸗ geht, die Reichswehr oder die Polizei zur Erfüllung ihrer Pflichten unlauglich zu machen. Wer eine Druckſchrift her⸗ ſtellt, verbreitet oder vorräkig hält, de⸗ ren Inhalt hochverräteriſch iſt oder zu einem Skreik in lebenswichtigen Betrie- ben, Generalſtreik oder Maſſenſtreik auf- fordert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren beſtraft. Abſchnitt der Notoerord⸗— Zuſtändigkeiten der Der dritte nung regelt die Gerichte. Ersuchen an die Länder Der Reichsminiſter hat die Län⸗ derregierungen erſucht, auf Grund der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat alle Druckſchrifken der APD. zu verbieten, ebenſo alle Ber⸗ ſammlungen und Aufzüge, auch Ver- ſammlungen in geſchloſſenen Räumen. Er hat ferner die Länderregierungen er⸗ ſucht, die kommunift chen Druckſchriften ein⸗ ſchließlich Flugblätter und Anſchläge ſofort zu beſchlagnahmen und einzuziehen. Reform des Krankenkaſſenweſens Verordnung vom Kabinett verabſchiedet. Berlin, 2. März. Das Reichskabinett hat ſich am Mitt⸗ woch mit den notwendigen Reformen im Krankenkaſſenweſen befaßt und den kannt iſt, auch gelingen wird, ihrer Herr zu werden. Die neue Notverordnung ſoll die rechtliche Baſis dafür ſchaffen. Sie gibt der Regierung und ihren Organen eine wirkſame Waffe in die Hand, gegen die bolſchewiſtiſchen Ur ſturzpläne mit Erfolg anzukämpfen. Daß dies mit aller Tatkraft geſchieht— dafür bieten die bisherigen Erklärungen der Reichsregierung wohl hinreichende Gewähr. Der Kampf gegen den Terror Das Ergebnis der Untersuchung der Brandſtiftung im Neichstag— Helſer des Attentäters?— Verhaftungen und Beſchlagnahmungen Berlin, 2. März. Die bisherige Unterſuchung der großen Brandſtiftung im Gebäude des Reichstages hat ergeben, daß allein zur Herbeiſchaffung des Zündmaterials mindeſtens ſieben Perſonen notwendig geweſen ſind, während die Verteilung der Brandherde und ihre gleichzeitige Entzündung in dem rieſigen Hauſe mindeſtens zehn Perſone 1 erfordert haben muß. Ganz zweifellos ſind die Brandſtifter ſo vollkommen mit allen Einzelheiten des weitläufigen Gebäudes ver⸗ traut geweſen, daß nur ein jahrelanger un⸗ gehinderter Verkehr dieſe ſichere Kenntnis ſämtlicher Räume ergeben haben kann. Dringendſter Tatverdacht beſteht des⸗ halb gegen die Abgeordneten der Kom- munifliſchen Partei, die ſich ganz be⸗ ſonders in der letzlen 5 0 auffallend häufig unter den verſchie enſten Anläſ⸗ ſen im Reichstag zuſammenfanden. Aus dieſer Vertrautheit mit dem Reichstags gebäude und der Dienſteinteilung der Be⸗ amten erklärt ſich auch die Tatſache, daß vor⸗ läufig nur der auf friſcher Tat ertappte hdol⸗ ländiſche Kommuniſt verhaftet werden konn⸗ te, da er in Unkenntnis der Räumlichkeiten nach begangener Tat nicht mehr fliehen konnte.. Der Verhaftete, der auch in Holland als beſonders radikal bekannt iſt, hat den Verhandlungen des kommuniſtiſchen Aklionsausſchuſſes ſtändig beigewohnt und hat durchgeſetzt, daß er zu der Braändſtiftung hinzugezogen wurde. Die Unterſuchung hat weiter ergeben, daß drei Augenzeugen einige Stunden vor Aus⸗ bruch des Brandes den verhafteten holländi— ſchen Täter in Begleitung der kommuniſti— ſchen Reichstagsabgeordneten Torgler und Könen in den Gängen des Reichstages geſe— hen haben. Ein Irrtum der Augenzeugen iſt bei dem Ausſehen des Brandſtifters un⸗ möglich. Er wollte auch das Nathaus anzünden Der„Berliner Lokalanzeiger“ meldet: Der verhaftete holländiſche Kommuniſt van der Lübbe, der den Brand im Reichstag ange⸗ legt hat, hat, wie uns von zuverläſſiger Seite mitgeteilt wird Entwurf einer Verordnung, durch die dieſe Reform ſichergeſtellt werden ſoll, verab⸗ ſchiedelt. Es handelt ſich in der Verordnung um die Umgeſtaltung des Auſfſichtsrechts in der Krankenverſicherung. In Zukunft wird das Aufſichtsrecht über die Träger der Kran⸗ fenverſicherung auf Fragen der Zweckmäßigkeit und Wirtſchaftlichkeik in der Geſchäftsführung der Krankenkaſſen erſtreckt, während es ſich bisher nur darauf beſchränkte, ob die Ge⸗ ſchäftsführung im Rahmen der Reichsverſiche⸗ rungsordnung l‚3 Die Reichstegierung wird ermüchtigt zur Verbilligung und Vereinfachung ſowie zur Sicherſtellung der Wirtſchaftlichleit in der Kranlenverſicherung Vorſchriften zu erlaſſen. Die Verordnung wird noch in dieſer Woche herauskommen. Es werden damit die nok⸗ wendigen Vorausſetzungen für die durchgrei⸗ fende Reform des ganzen Krankenverſiche⸗ rungsweſens geſchaffen. Nach vollſtändiger Durchführung der Re⸗ form, wofür dieſe Verordnung die Vor⸗ ausſetzung ſchafft, ſoll die Gebühr für Kranlenſcheine beſeitigt werden. Reichskommiſſar s kann erſt erfolgen, wenn über die Reform im einzelnen vom Reichsarbeitsminiſterium eine Vorlage vorgelegt wird. Der Fortfall der Arzneigebühr iſt in dieſer Verordnung noch nicht enthalten. Es iſt aber anzuneh⸗ men, daß auch die Arzneigebühr nach Durch⸗ führung der Reform wegfallen kann. Die Einſetzung eines im Laufe der polizeilichen Vernehmun⸗ gen eingeſtanden, den Verſuch unker⸗ nommen zu haben, das Berliner Rat- haus in Brand zu ſtecken. Er hat am Samstag abend gegen 9 Uhr ein kleines Fenſter, das zur Wohnung des Maſchinenmeiſters führte, eingeworfen und einen Kohlenanzünder hineingeworfen. Der Maſchinenmeiſter hat bald darauf in einer Ecke die ſchwelende Maſſe geſehen und mit einem Eimer Waſſer gelöſcht. Geführliche„Kinderbücher“ Wie aus Linz a. d. Donau gemeldet wird, ſind dort von der öſterreichiſchen Bun⸗ despolizei am Mittwoch zwei Ruſſen ange⸗ halten worden, die aus Deutſchland kamen. Da ſie zur Zeit des Brandes des Reichs⸗ tagsgebäudes vermutlich in Berlin weilten, werden ſie einer eingehenden Vernehmung unterzogen, um feſtzuſtellen, ob ſie mit der Brandlegung im Reichstagsgebäude in irgend einem Zuſammenhang ſtehen. Uebri⸗ gens machen ſich verſchiedene Anzeichen be⸗ merkbar, daß die Kommuniſten aus dem Reiche ihr Material auch nach Oeſterreich zu retten beſtrebt ſind. So iſt in Wien un⸗ ter dem Namen der Firma Schenker u. Co. von Berlin nach Wien ein Waggon mit der Deklaration„Kinderbücher“, der 64 Kiſten Bücher enthielt, angekommen. Da die Firma in Wien ein ſogenannkes Jollfreilager beſitzt, werden die Waren die für dieſes Jollfreilager beſtimmt ſind, an der Grenze nicht beſonders un⸗ terſucht, weil ſie erſt beim Ausgang aus dem Jollfreilager verzollt werden müſſen. Die zuſtändigen Behörden ha⸗ ben jedoch erfahren, daß die Kiſten alles andere als Kinderbücher enthielten. Eine Unlerſuchung hat ergeben, daß in den 64 Kiſten 6700 Kilogramm kommu- niſtiſches Agitakionamaterial enkhalten iſt, das behördlich ſichergeſtellt wurde. Die Grenze wurde unter ſchärfſte Kontrolle geſtellt. Auch in Wien iſt der Sicherheits⸗ dienſt für die öffentlichen Gebäude verſtärkt worden. Neue Verhaftungen— Nach Dänemark geſlüchtei Auf Grund der durchgreifenden Maßnah⸗ men wurden in Berlin Hausſuchungen bei vielen kommuniſtiſchen Funktionären und in einer Reihe von KPD.⸗Lokalen abgehal⸗ ten. Andauernd wurden neue Verhaftungen vorgenommen. Insgeſamt wurden etwa 200 Kommuniſten und angeblich Parteiloſe feſtgenommen und zum Verhör ins Polizei⸗ präſidium gebracht. Die deutſche kommuniſtiſche Reichskags⸗ abgeordnete, Frau Maria Reeſe, die aus Berlin geflüchtet iſt, traf am Mittwoch in Kopenhagen ein und wurde von den kommuniſtiſchen Jolketings⸗Abgeordne⸗ ken Munch und Peterſen empfangen. Frau Keeſe beabſichtigt, vorläufig in Kopenhagen zu bleiben. In Verfolg der polizeilichen Maßnahmen wurden in Berlin insgeſamt 300 K P D.⸗ Lokale geſchloſſen. Wels an Papen Der Vorſitzende der SPD., Wels, hat an den Reichskommiſſar für das Land Preußen, Vizekanzler von Papen, einen Brief ge⸗ richtet, in dem er ausführt, daß die Annah⸗ me, die SPD. habe mit den Leuten etwas zu tun, die den Reichstag in Brand ſteckten, falſch ſei. Die ganze Vergangenheit der SPD. bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür. Vielmehr beweiſe ihre ganze Geſchichte, daß ſie terroriſtiſche Akte jeder Art ablehne und ihre Anhänger ſtets eine in jeder Beziehung vorbildliche Diſziplin an den Tag gelegt hät⸗ ten. Polizeimaßnahmen im ganzen Reich Aus zahlreichen Gebieten des Reichs kom⸗ men Meldungen über Polizeimaßnahmen ge⸗— gen die Kommuniſten und teilweiſe auch gegen Sozialdemokraten. So wurden in Erfurt eine Million Flugblät⸗ ter mit teilweiſe hochverräteriſchem Inhalt beſchlagnahmt. An mehreren Stellen konnten daſelbſt auch Waffen— Piſtolen und Seiten⸗ gewehre— und Gasmasken ſichergeſtellt werden. Eine Geheimdruckerei wurde ent— deckt, 39 Funktionäre der KPD. wurden ver— haftet. In Bielefeld wurden 24 Kom⸗ muniſten, in Dortmund 56 Kommuniſten verhaftet. In Kaſſel wurden etwa 15 Kommuniſten in Schutzhaft genommen; 9 Zentner kommuniſtiſche Flugblätter uſw. be— ſchlagnahmt. Ferner wurden in Kaſſel 25 000 ſozialdemokratiſche Flugblätter und 5000 Wahlzeitungen beſchlagnahmt. In Breslau wurde auch der Führer der Breslauer Sozialiſtiſchen Arbeiterpartei, Rechtsanwalt Dr. Eckſtein, verhaftet. In Oldenburg wurden gegen die KPD. und SPD. die gleichen Maßnahmen getroffen wie in Preußen, das heißt es wurde die kom- muniſtiſche Preſſe auf vier, die ſozialdemo— kratiſche auf zwei Wochen verboten. Haus⸗ ſuchungen bei kommuniſtiſchen Führern wur⸗ den noch in Frankfurt a. M. und Dresden vorgenommen. In Frankfurt und Ruhrgebiet wurden polizeilich beſetzt. 0 Auch in Parteihäuſern und Druckereien der SPD. wurden dae e e i men, bei denen Dru n und Plakate der Beſchlagnahme verfielen. Zahlreiche Kommuniſtenführer ſind polizeilich feſtg nommen worden. Die für Mittwoch abeno von der SPD. einberufene Wahlverſamm⸗ lung mit dem Abg. Heilmann iſt polizei⸗ lich verboten worden. In München wur⸗ den die für Mittwoch geplanten ſechs großen kommuniſtiſchen Verſammlungen polizeilich verboten. * Zuſammenſtöße Berlin, 2. März. Es liegen wieder verſchiedene Meldungen über politiſche Zuſammenſtöße vor. In Hamburg wollten etwa acht bis zehn Kommuniſten ein nationalſozialiſtiſches Ver⸗ kehrslokal ſtürmen. Der Polizeibeamte, der als Wache vor dem nationalſozialiſtiſchen Lokal ſtand, wollte die anrückenden Kommu⸗ niſten abwehren, worauf er durch ſechs bis ſieben Schüſſe niedergeſtreckt wurde. Der Be⸗ amte iſt ſeinen Verletzungen erlegen.— In Königsberg iſt es verſchiedentlich zu Zwiſchenfällen gekommen. So wurde auf dem Roßgärtermarkt in ein Verkaufshäus⸗ chen eine Handgranate geworfen, die explo⸗ dierte, aber nur geringen Schaden anrich⸗ tete. Am Hauptbahnhof wurde ein SA⸗ Mann überfallen und am Kopf ſchwer ver⸗ letzt.— In Worms wurde der Wirt des ſozialdemokratiſchen Volkshauſes erſchoſſen. und ein weiterer Mann durch einen Bauch⸗ ſchuß getötet.— In Berlin wurden zwei Nationalſozialiſten durch Schüſſe ſchwer ver⸗ letzt.— In München wumrde ein Polizei⸗ beamter erſchoſſen. Held bei Hitler Ausſprache über die Lage. Berlin, 2. März. Reichskanzler Hitler empfing am Mitt⸗ woch um 9 Uhr den bayeriſchen Miniſterprä— ſidenten Dr. Held. 0 In der Ausſprache mit dem baheriſchen Miniſterpräſidenten wurde die ganze Lage durchgeſprochen. Die Ausſprache hat, wie von zuſtändiger Stelle erklärt wird, die Anwen⸗ dung und Gültigkeit der geſtern in Kraft ge⸗ tretenen Notverordnung ſelbſtverſtändlich nicht beeinflußt. Die Ausſprache zwiſchen dem Reichskanzler Hitler und dem bayeriſchen Miniſterpräſiden⸗ ten Dr. Held, die die erſte Ausſprache zwi⸗ ſchen den beiden Herren überhaupt war, dau⸗ erte etwa eineinvierktel Stunden. Sie be⸗ wegte ſich, wie von bayeriſcher Seite mitgeteilt wird, in den freundſchaftlichſten For⸗ men. Der Reichskanzler hat ſich dabei auf den gleichen Standpunkt geſtellt wie der Reichspräſident, der Vizekanzler v. Papen und der Reichsinnenminiſter Frick. Aus München wird gemeldet, daß Vize⸗ kanzler v. Papen, der dort anläßlich einer politiſchen Kundgebung weilte, eine Reihe von Beſuchen machte. So gab er im Hauſe des von München abweſenden Miniſterpräſidenten Dr. Held ſeine Karte ab. Weitere Beſuche gal⸗ Nur dem energiſchen Eingreifen der Feuer wehr iſt es zu verdanken, daß man das Wohnhaus retten konnte. Das Feuer dehnte ſich mit rieſiger Schnelligkeit aus, da es an dem großen Lager von Bettfedern ſo reiche Nahrung fand, daß gleich nach dem Ausbruch des Feuers aus den Fenſtern ungeheure Flammen ſchlugen, ſo daß an eine Lö⸗ ſchung nicht mehr zu denken war. Der Schaden iſt außerordenklich groß und dürfte 150 000 Mark weit überſchreiten, da neben dem Federnlager mehrere überaus wertvolle Maſchinen mit ein Raub der Flammen wurden. Die Polizei ſtellte feſt, daß die Keſſelfeuer ordnungsmäßig gelöſcht waren, ſo daß man Brandſtiftung vermutet, zumal das Feuer an einer Stelle aufkam, wo niemand mit Feuer oder Licht hinkommt. Engliſcher Finanzmann verhaftet Der„König der Lundy⸗Inſel“. London, 2. März. Der bekannte engliſche Finanzmann und frühere Millionär Martin Harman wurde in der Londoner City verhaftet. Er iſt beſchuldigt, Betrügereien im Zuſam⸗ menhang mit der„Choſen Corporation“, die zum großen Teil in ſeinem Beſitz iſt, began⸗ gen zu haben. Unter der gleichen Anklage wurden andere mit Harman in Verbindung ſtehende Finanzleute verhaftet. Harman war vor wenigen Jahren einer der führenden Finanzleute in der Londoner City und war in der Oeffentlichkeit unter dem Namen„Kö⸗ nig der Lundy⸗Inſel“ bekannt. Er hatte die im Briſtol⸗Kanal liegende In⸗ ſel gekauft und dort als unumſchränkter Herrſcher gehauſt. Er führte ein eigenes Münzſyſtem und eigene Geſetze auf der In⸗ ſel ein. Er wurde von den Gerichten dafür beſtraft, daß er Kupfermünzen mit ſeinem eigenen Bild prägen ließ. Harman war frü⸗ her führend in dem bekannken Bankhaus La- zard Brothers kätig Verordnung über Kranlenverſicherung Krankenſcheingebühr auf 25 Pfg. ermäßzigk. Berlin, 2. März. Der Reichspräſident hat unter dem 1. März (Mittwoch) eine Verordnung über Kranken- verſicherung erlaſſen. Durch die neue Ver⸗ ordnung wird die Gebühr für den Kranken ſchein von 50 auf 25 Pfennige herabgeſetzt. Weiter werden die Jamilienangehörigen derjenigen Gruppen von Verſicherken, die bisher für ſich ſelbſt keinen gebührenpflichti⸗ gen Krankenſchein zu löſen brauchten(Ar⸗ beitsloſe, Rentenempfänger), ebenfalls von der Gebührenpflicht befreit. Um weitere Erleichterungen durch Ein⸗ ſparung aller vermeidbaren Verwaltungs⸗ ausgaben zu ermöglichen, werden in der wegen ſlitäriſcher Ge⸗ Das Reichskabinett 15 den Entwurf einer Verordnung über Reform des Krankenkaſ⸗ ſenweſens verabſchiedet. 1 5 Reichsminiſter Göring teilte in einer Rundfunkrede Einzelheiten über die kommu⸗ niſtiſchen Umſturzpläne mit. In Berlin ſind 300 KPD. ⸗Lokale geſchloſ⸗ ſen worden. Aus dem ganzen Reiche werden Durchſuchungen und Schließungen kommuni⸗ I Parteihäuſer und Druckereien, ſowie ie Feſtnahme zahlreicher KPD.⸗Führer ge⸗ meldet. Ein Proteſtſtreik bei den öſterreichiſchen Bundesbahnen iſt nach zweiſtündiger Dauer beendet worden. In Wien und anderen Or⸗ ten wurden die Streikleitungen verhaftet. Vom Hauptausſchuß der Genfer Abrü⸗ wine wurde die Abſchaffung aller erufsheere beſchloſſen. die Träger der Krankenverſicherung wird auch auf die Fragen der Zweckmäßigkeit und e in der Geſchäftsführung er⸗ streckt. N Diätenſperre für KPD.⸗Abgeordnete Berlin, 2. März. Im Reichstag iſt über die Diäten für die kommuniſtiſchen Abgeordneten eine Auszah. lungsſperre verhängt worden, 19 daß die am 1. März fälligen Beträge für die Miiglieder der kommuniſtiſchen Reichstagsfraktion nicht mehr ausgezahlt worden ſind. Der finanzielle Effekt dieſer Maßnahme iſt nicht erheblich, da die Reichstagsabgeord⸗ neten nur noch bis zum Neuwahltage, alſo bis zum 5. März, Anſpruch auf Aufwands⸗ entſchädigung haben. i Proteſt der PD. Berlin, 2. März. Die leitenden Stellen der Sozialdemokra⸗ ten ließen dem Oberreichsanwalt eine Erkla⸗ rung überreichen, in der ſie ſich gegen die Behauptung von einer Verbindung zwiſchen dem Brandſtifter im Reichstage und der So⸗ zialdemokratiſchen Partei bzw. der Reichs⸗ tagsfraktionen der SPD. wendet. Der Abg. Wels und Dr. Breitſcheid wie auch alle übrigen Mitglieder des Vorſtandes baten um ihre ſofortige Vernehmung. Der Oberreichs⸗ anwalt nahm dieſe Erklärung zur Kenntnis, bemerkte jedoch, daß er zurzeit Schritte nicht unternehmen könne, da ihm die Ermittlungs⸗ akten noch nicht vorlägen. Vollzugsausſchuß der KP. verhaftet Berlin, 2. März. Gerüchtweiſe verlautet, daß die kommuni⸗ ſtiſche Parteileitung ihren Sitz von Berlin nach Hamburg verlegt hat. Eine Beſtätigung der Nachricht war nicht zu erhalten. Was wurde im Gebäude der ſozialdemokratiſchen Volksſtimme eine Reihe von Druckſchriften beſchlagnahmt. Die kommuniſtiſchen Partei⸗ häuſer in Düſſeldorf und Eſſen mit Sitz der kommuniſtiſchen Ro irke Niederrhein Stützel, ten dem bayeriſchen Miniſter des Innern Dr. dem Oberbürgermeiſter Dr. h. c. Scharnagl, dem Kardinal Faulhaber und dem evangeliſchen Kirchenpräſidenten D. Weiß. Verordnung der keit ſicherzuſtellen. Das Reichsregierung Ermäch⸗ tigungen erteilt. Sie geben die erforderlichen Angaben die Krankenverſicherung zu verbil⸗ ligen, zu vereinfachen und ihre Wirtſchaftlich⸗ Aufſichtsrecht über den Vollzugsausſchuß angeht, ſo ſind in den letzten Tagen ſeine ſämtlichen Mitglieder ver ⸗ haftet worden, es beſteht aber die Möglich⸗ keit, daß ſich ein neuer Vollzugsausſchuß ge⸗ bildet hat. 0 Evchen eee aus dem Armenviertel Roman von Käthe Hübner-Wehn Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 49 „Nicht immer wieder rückwärts blicken, liebe Frau Ev! Und wenn unſer Schmerz uns noch ſo rieſengroß erſcheint, wir können die Welt damit doch nicht auch nur für eine Minute zum Stillſtand bringen, ſondern das Leben flutet in ſeinem ewig gleichen Rhythmus weiter, ob wir zer⸗ brochen am Boden liegen oder nicht. Was man unwieder⸗ bringlich verloren hat, das kann man nicht wieder zurück⸗ holen; eine Flamme, die einmal ausgelöſcht iſt, kann nicht wieder zum Glühen gebracht werden. Finden Sie ſich doch endlich damit ab, Frau Ev, daß dieſes Wühlen in der Ver⸗ gangenheit und dieſes Sichzurückverſenken! Sie immer wieder aufs neue leiden machen und Sie dem Gedanken und dem Glauben, das vielleicht doch noch eine ſchöne, ſonnige Zukunft vor Ihnen liegt, in Bitterkeit verſchließen laſſen. Blicken Sie doch endlich in die Gegenwart und vorwärts, liebſte, beſte Frau Ev! Lernen Sie erkennen, mit wieviel Liebe und Sorgfalt Sie von den Ihren hier umgeben werden, und vergeſſen Sie doch nicht, daß eben dieſe Liebe und Sorge Sie auch wieder verpflichten. Sie dürfen den anderen nicht durch Ihre Unempfindlichkeit und Teilnahmsloſigkeit danken, ſondern ſollen ſich endlich aufraffen, um wieder in der alten Herzlichkeit und Harmo⸗ nie mit und unter ihnen zu leben.“ Der junge Arzt hatte mit immer mehr Wärme und Eindringlichkeit geſprochen. Seine Augen leuchteten ſo mahnend, ſo fordernd in die Evas, daß dieſe den Blick ſenkte und das Geſicht, über das ein leiſes Rot flog, an ſeine Schulter legte, als wolle ſie dort Troſt und Zuflucht ſuchen von allem Ungemach der Welt. N Seit Wochen ſchon kam Herbert Hainer zu regel⸗ mäßigen Beſuchen zu der ſeeliſch ſo ſchwerkranken, jungen Witwe. Es war ein ſchweres Ringen um ihre Seele ge⸗ weſen, die ſich völlig in den eigenen Schmerz eingeſponnen hatte. Aber es gelang ihm doch, die verſchüttete Seele zu finden und ſie langſam wieder zum Leben zu erwecken. Er fühlte es von einem zum anderen Male mehr, wie ſie aus ihrer Lethargie erwachte; wie ihre Blicke voll immer größer werdendem Intereſſe an ſeinem Munde hingen und ihre Hand ſich immer feſter und vertrauensvoller in die ſeine ſchmiegte. 5 1 2 Und eines Tages brach die Rinde, die ſich um Evas Herz gelegt hatte, ganz! Sie ſaß mit dem jungen Arzt allein in der Laube; die Mutter war eben weggegangen, um Kaffee zu bereiten, da ſagte Eva plötzlich aus ſich ſelbſt heraus, ohne daß ein daran erinnerndes Geſpräch geführt worden wäre: 5 ö „Ich habe ja einſehen gelernt, daß es kein Auflehnen gegen jenes tragiſche Geſchick, das mir den ſchützenden Gatten ſo jäh entriß, gibt! Doch kann ich eines nicht er⸗ faſſen: Warum denn nur mußte ich auch noch das ſüße, un⸗ ſchuldige Kind, das meines Lebens Inhalt und Schönheit geweſen iſt, verlieren? Was habe ich getan, daß mir auch dieſes Letzte und Liebſte noch genommen werden mußte?“ Da ſtrich Herbert Hainer mit weichen Händen über die zarten Schultern der jungen Frau, die ſich bei der Er⸗ innerung an das verlorene Kind wie im Schmerz zu⸗ ſammenkrümmten. „Gönnen Sie Ihrem kleinen Liebling die Ruhe, Frau Ev! Denn Sie wiſſen doch gar nicht, ob das Schickſal ihm nicht eine große Gnade erwieſen hat, indem es ihn wieder hinwegnahm von dieſer Welt, in die es ihn erſt hineingeſtellt hatte. Denken Sie nur einmal daran, wenn der Junge das unglückſelige Familienerbe ſeines Vaters im Blute gehabt hätte, und wenn er vielleicht ſchon viel früher als er dem Wahnſinn verfallen wäre. Stellen Sie ſich da einmal Ihre Seelenqualen als Mutter vor, wenn Sie wehrlos und hilflos zuſehen müßten, wie Ihr Kind, das mit ſo großen Gaben und Hoffnungen in das Leben hineinwächſt, im ſpäteren Alter von der ſchrecklichſten aller Krankheiten— der Geiſteskrankheit— zermartert und zer⸗ ſtört wird.“ 8 Da ſenkte Eva in ſtummer Ergebung das immer noch gleich ſchöne Blondhaupt, und von dieſer Stunde ab haderte ſie nicht mehr mit dem Schickſal. Man konnte direkt bemerken, wie ſie ſich plötzlich von Tag zu Tag körperlich und ſeeliſch mehr erholte; wie in ihren Körper die alte Spannkraft der Jugend zurückkehrte und ihre Augen einen helleren und wärmeren Glanz bekamen. Obwohl die Majorin längſt ſchon wieder von ihrem Bruder aus Oſtpreußen zurückgekehrt war und Eva ſchon einige Male mit der Bitte aufgeſucht hatte, wieder in das ſo ſtill gewordene Haus des Konſuls, deſſen Erbin Eva nunmehr geworden war, zurückzukehren, bat die junge Witwe doch immer wieder aufs neue: „Laß mich nur noch ein Weilchen hier, bei den Meinen. Bald iſt es mit mir ſo weit, daß ich zu dir zurückkehren kann, ohne daß der Schmerz beim Anblick der Räume, in denen die beiden Unvergeßlichen mit mir gelebt, mich überfällt wie ein wildes, reißendes Tier. Was haſt du davon, wenn ich in meine alte, ſeeliſche Qual zurückſinke und mich von allen Menſchen wieder hermetiſch abſchließe, um nur meinen Erinnerungen zu leben“ 5 Und die gütige, verſtändnisvolle Majorin ließ ab von ihren Bitten und überließ Eva von ſelbſt die Beſtimmung des Zeitpunktes ihrer Heimkehr. Doch ſie ſelber kam viel zu Eva; ſie kam, ſo oft ihr Herz ſie nach der jungen, ihr ſo liebgewordenen Freundin und Schwägerin drängte. Und ſie wurde auch nicht böſe darüber, daß ſie ſo oft dem jungen Herbert Hainer begegnete, und daß ſie eines Tages unzweifelhaft an den Blicken des Mannes, mit denen er Eva betrachtete, erkennen konnte, daß er ſie liebte. b f 5„ Warum ſollte dem ſchwergeprüften Weibe, das auf ſo tragiſche Art den Gatten und dann auch noch das Kind verloren hatte, nicht doch noch einmal ein Glück an der Seite eines anderen erblühen? Man konnte von Eva nicht erwarten, daß ſie in ihrer ſtrahlenden Jugend und Ge⸗ ſundheit ſich ihr ganzes Leben einſpinnen ſollte, um der Erinnerung an einen Toten zu dienen. 5 ü ö 9955 S luß folgt.) Historische Skizze von Herbert Eisentraut. Im alten Jagdſchloß zu Hubertusburg, unweit Grimmas, rang Friedrich der Große der öſterreichiſchen Maria Thereſia nach ſiebenjähriger Katzbalgerei am 15. Februar 1763 den Frieden ab Worum er in vielen mörderiſchen Schlachten mit wechſelndem Kriegsglück erbinert und ſich zäh gemüht— hier wurde ihm der ſchwer erkaufte Lohn zuteil: Preußen hatte ſeinen Exiſtenzkampf ruhmvoll beſtanden Deutſchlands Ehre war wieder hergeſtellt das Nationalgefühl erſtarkt Die blutige Vorarbeit war getan Nun mußte es der landesväterlichen Sorge des großen Königs anheim geſtellt bleiben, das Werk zu vollenden und die tiefen Wunden die der Krieg ſelbſt im eigenen Lande geſchlagen hatte zu heilen Friedrich erariff die Aufgabe ungeſäumt mit beiden Händen Eine Fülle von Kabinettsordern verſchiedener Art wurden erlaſſen zur Wieder⸗ herſtellung zerſtörter Städte und Dörfer, zum Aufbau von Häuſern und wüſt gewordener Aecker. Jahre ſtillen, harten Ringens gingen darüber hin. Doch noch vegetlerte an des Landes Grenze ein Fremd⸗ körper, deſſen kranker, zerfallener Leib eine ſtändige Gefahr der Anſteckung bol für den fungen, aufſtrebenden Staat: Polen Hier rang in wildem Bürgerkrieg von einem ſtolzen Adel heftig befehdet, König Stanislaus Poniatowſky ſeit 1764 um Macht und Anerkennung Darüber ſanken Geſetz und Ordnung in den Staub. und Raub Mord und Gewalt gingen um mit rohem Geiergriff, Das Fauſtrecht führte arobe Herrſchaft, und insgeheim nährte ſich der Wunſch in allen europäiſchen Kabi⸗ netten, einer möchte daherkommen mit eiſerner Hand und dem ſchnoddrigen Polenpack den Uebermut beſchneiden, daß die Späne nur ſo flögen. Es iſt das Recht aller Jugend, ſich gemächlich und ohne Haſt entwickeln zu können Doch als das polniſche Kind Jahr um Jahr es nicht zuwege brachte, auf eigenen Füßen zu ſtehen. bekam es endlich die ordnende Kraft der Stärkeren zu ſpüren Im Jahre 1772 nahm man ihm den Biſſen den es nicht ver⸗ dauen konnte kurzerhand fort und überließ den nimmerſatten, heftia proteſtierenden kleinen Schreier ſeinem Geſchick. Dieſe Teilung, bei der auch Oeſterreich und Rußland ihren ſchwer genſeßbaren Anteil ſchluckten, fügte dem wohlgeordneten Preußenſtaat Weſtpreußen, das Bistum Ermeland und den Netzediſtrikt an. 5 Friedrich der Große mochte ſich der böſen Erbſchaft, die er nur aus hochpolitiſchen Gründen antrat. nicht recht freuen. Doch ungeſäumt aing er daran den Geiſt Preußens auch ſenen verwahrloſten Ländereien einzupflanzen, die bisher der ſkrubel⸗ loſen Liederlichkein polniſcher Raubritter unterſtellt geweſen waren und in denen deutſches Bauerntum, nunmehr erlöſt von drückender Sklaverei die Köpfe zu heben begann. Der Widerſtand gegen ſolches ordnendes Beginnen war freilich allerorten groß und anhaltend Fehlte es dem niederem Volk am Nötigſten, ſo taten die tief beleidigten adligen Herren alles ihre ſchwindende Macht durch gewaltſame Unterdrückung aufrechtzuerhalten. Friedrich griff überall ſtreng und unnach⸗ ſichtlich durch, und Schritt um Schritt gewann die ſyſtemattſche Säuberungs⸗ und Aufbauaktion Raum Der Adel, wenigſtens der polniſche, verkroch ſich grollend auf ſeine Güter und ver⸗ folgte abwartend, was ringsum geſchah Städte. die ſeilweiſe bis zur Hälfte vom Feuer zerſtört waren, erhielten beträchtliche Zuſchüſſe: 13000 Häuſer, von denen nicht einmal mehr die Grundmauern zu ſehen waren wurden wieder aufgebaut Den Bauern wurde Getreide zur Beſtellung ihrer Felder geliefert, desgleichen kamen ſechzia⸗ tauſend Pferde zur Verieilung Gegen niedrige Zinsſätze ge währte der König umfangreiche Kredite; Geiſtlichten und Polizei wurden in ihre Aemier wieder eingeſetzt. Die Errequng der polniſchen Herrenſchicht kannte keine Grenzen, als felbſt die Beſitzungen ihres angeſehenſten Magnaten, des Fürſten Anton Karkowſky. von den ſelbftherr⸗ lichen Uebergriffen des Preußenkönigs nicht ausgenommen wurden. Fürſt Karkowſky ſiellte den kommandierenden preußiſchen Generalmajor von Benicken, mit dem er ſeit Jahren bis zu einem gewiſſen Grade befreunden war, wegen der unerhörten Maßnahmen ſeines Souverains zur Rede und verlangte die ſofortige Aufhebung der königlichen Anordnung Sein Beſitz ſei ſeii Jahrhunderten verbrieftes Eigentum: er lehne ſede Einmiſchung in ſeine Rechte. auch von ſeiten der regierenden Gewalt, auf das energiſchſte ab Benicken dem die gauze An⸗ gelegenheit peinlich war, wagte hier, im Gegenſatz zu ſei er ſonſtigen Manier, mir den aufrühreriſchen Grundherren um⸗ zuſpringen keine ſcharſe Widerrede, wies verlegen auf die königliche Order hin und verſprach lediglich, daß Härten unter⸗ 4 8 f 2 2 4 bleiben würden kaum noch miteinander, als der Fürſt in knappen, beſehlenden Worten ſeine Anweiſungen gegeben hatte. Fürſt Karkowſiy zog ſich grollend auf ſeinen Stammſitz bei Neu⸗Barkoſchin zurück und ließ den Fortgang und die Neu⸗ regelung der Verhältniſſe durch ſeine Leute auf das genaueſte beobachten Schon nach wenigen Tagen wurde ihm gemeldet, daß man nördlich von Neu⸗Barkoſchin mii einem Straßen⸗ neubau begonnen habe, an dem ſämtliche deutſchen Landarbeiter mit großem Eifer beieillignſeien Die Güter und Vorwerke habe man von deutſchen Knechten nahezu entblößt gefunden. Wie zu erfahren geweſen ſei, hütten ihnen die Preußen eigenen Beſitz verſprochen. wenn ſie ihre Mitarbeit bei dem Neubau zur Verfügung ſtellten. 153 Karkowſky wagte noch immer keine energiſchen Gegen⸗ maßnahmen und bequemte ſich vorläufig mit einem erneuten Proteſtſchreiben an den Generalmajor Nach reiflicher Ueber⸗ legung mußte er ſich ſchließlich ſagen, daß eine neue und gute Straße durch ſein Gebiet ſeiner wiriſchaftlichen und petuniären Lage nicht abträglich ſein könne: jährlich verfgulten iauſende Zenter von Fortoffeln in den Mieten da es an der Möalich⸗ keit eines ſchnellen Abtanspories fehlte Der Verkauf des Ge⸗ treides litt unter den gleichen ſchlechten Zuſtänden. Wenn hier alſo auf Koſten anderer eine wirkſame Abhilſe geſchah, wollie er wohlweislich nicht„nein“ ſagen. der Wagen So verfolgte er durch Wochen und Monate heimtückiſch un⸗ in behaglicher Schadenfreude den Forigang des Werkes, das ſchnell und in ſauberer Arbeit bis zu ſeinem Ende gedieh. Kaum war die Chauſſee fertiggeſtellt als er ein königliches Schreiben erhielt, in dem ihm kurz und ſachlich mitgetein wurde, daß die Poſtkutſche Berent— Schöneck künſtig durch ſeinen Beſitz fahren werde. Man verſpreche ſich durch die neue Straße eine Verkürzung der Fahrtdauer um einen ganzen Tag und ſei überzeugt, daß ſich der Fürſt dieſer wichtigen Neuerung, die den Reiſenden eine ganz weſentliche Erleichterung bringen werde, nicht entgegenzuſtellen gedenke Fürſt Kartowſky fluchte nach polniſcher Art in ſämilichen Sprachen des Kontinents wobei er keine richtig beherrſchte. und war im Augenblick entſchloſſen. dem alten Teufel von Sansſouei gehörig klarzumachen daß er nich: willens ſei. ſick zum Spielball fremder Herren zu erniedrigen Er ließ ſich genauen Bericht einbringen., wann die Poſt⸗ kutſche den ſchmalen Waldſaum am Moor paſſieren würde. befahl' dreien ſeiner kräftigſten Leute, ihm zu folgen, und ſprenate bei aufkommender Nacht ohne Angahe elnes Zieles davon Die drei Knechte hielten ſich ſchen einige Meter hinter ihm. ö Der ſchwarze Hengſt des Fürſten flog ſchnaubend in ſchnellem Lauf durch den Abend. Bald war die ſchmale, kieſern. beſtandene Schlucht erreicht, in die das gelbe Band der Straße einftiel wie in einen Abgrund. Hinter den heißen Sandwänden, in denen noch die Hitze des Tages glühte, breitete ſich das Moor hin mit ſchwarzen, breiigen Lachen und bunten Heide⸗ ſtrünken. Eine halbe Stunde ging hin. Die vier Männer ſpracher Plötzlich drang der feine, knirſchende Ton rollender Näder durch die Stille zu ihnen hin. Schon ſchütterte die hohe, gelbe Poſtkutſche um die nahe Wegbiegung und rollte üchzend und gemächlich heran. Karkowſky zwang ſein Pferd in die Mitte des Fahrdamms und hob die Hand. Jens, der Poſtillion, beruhigte durch leiſen Zuruf ſeine Tiere, die ängſtlich zu werden begannen und heftig an den Strängen riſſen. Mit wiegendem Stoß hiel! Der Fürſt ließ in dürren Sätzen vernehmen, daß er die Kutſche requiriere. Der Poſtmeiſter möge ſehen, wie er ſich mi! den Pferden heimfinde. Es ſei ihm nur noch anzuempfehlen, bald und ohne Widerſtand das Weite zu ſuchen, wenn er ſein Leben liebe. a Der Jens ließ ſtill den polternden Wortſchwan über ſich, ergehen, und ſein friſches Geſicht blieb hell und ohne Sorgt wie bisher Und da er nicht anderes meinte, al einen Strauch⸗ dieb volniſcher Sorte vor ſich zu haben. und bei ſeiner Seel nicht gewillt war. des Königs Gut ohne Widerſtand ſolchem Geſindel zu überlaſſen, war er plötzlich min einem wilden Sprung vom Bock. Noch ehe es ſich der verdutzte Polenflegel Jverſah, lag er im Sand und hatte einen wohlgenggellen Stiefelabſatz vor der Magengrube, der ihm für einige Zen zu denken gab. Die Knechte. denen ſolche rabigte Manjer des langen Preußen nicht eben gelegen zu ſein ſchien, ſaßen wie verſteinert auf ihren Gäulen, als der Poſtillion ſchon heran war und ihnen die lederne Peitſche um die Ohren knallte, daß der feine, ſchrille Pfiff übers Moor hinfuhr wie ein Vogelruf, und ſie nichts Beſſeres wußten, als in wilder Hast zu wenden und gute tauſend Meter zwiſchen ſich und Dſeſen ſollen Kerk zu bringen. Der Jens aber fuhr nach ſolcher Arbe gemüchlich weiter und langte wohlbehalten um die elfte Nachthlunde in Schöneck an. Fürſt Karkowſky, der ſich nach Tagen endlich wiever auf die Beine wagte, ſchrieb einen geharniſchten Brief an den Generalmajor, in dem er um ſofortige Entfernung und Ba⸗ ſtrafung des Poſtmeiſters bar. von Benicken, der das Geſchehen aus eitener Ueberzeugung empörend fand, verſprech Genugtuung und berichtete ben Por fall pflichtſchuldigſt dem König. Genau eine Woche ſpater ging ihm die Antwort ſeines hohen Herrn mit der Kurierppſt zu: Potsdam, ben 2. Mal 1775 Mein lieber Generalmajor von Menichen wenn meine Generals ſu mit allen polnſſchen Winp⸗ beutels, wie dieſem Fürſten Karkowſky, einlaſſon und ſelbigen Nede ſtehen wollen, könnte ich cher einem perſelben eln Kommando geben. um indeſſen denen nichtswürdigen Porwinſen dieſes Fürſten durch Stillſchweigen keinen weiteren Borſchub zu kun. könnt Ihr ja demſelben nnr ein vor allemal kurg und gu antworten, wie Ihr die Beleidigung von denten, die ihre Reputation, ſo wie er die ſeinige, verloren hünen, ohn möglich anders als mit Verachtung reſſentieren können aund⸗ dies inn Meines Erachtens auch nur der einzige Weg, ſich dieſen und alle dergleichen Narren vom Halſe zu ſchaſſen n Es ſollte miht leid: Sein, um ſolchene Polylſche Fonolne halber einen brawen General zu Riskiren. 90 7. Nurtſetzung Nachdruck verboten. Weil an produktive Arbeit heute nicht mehr zu denken was, beſtieg der Chef des Chemnitzer Zweigwerkes nun ſeinen Wagen: Zu Floricea? Sie würde, wahrſcheinlich noch ſchlafen.. Planlos fuhr er durch das Zentrum, war dann in der Hwickauer Strgße. Plötzlich durchzuckte es ihn: Stand da nicht Elsbeth Reimer— dort, an der Straßenbahnhalte⸗ ſtelle? Kein gutes Omen, die Erinnerung an das Inter⸗ mezzo mit dem Mädchen. Und dann hielt der Wagen im Hofe der Reparatur⸗ werkſtatt von Haus Bach. Wer hatte ihn dort hinein⸗ gelenkt? Wer die Bremſen gezogen? Höchſte Zeit, daß ich vom Steuerſitz komme, ſonſt paſſiert win noch heute etwas, dachte Robert. Hans kam auf ihn zu. „Nun, gibſi du dich jetzt zufrieden?“ fragte er ſchon von woßtem. „Das letzte Wort liegt bei meinem Oheim.“ „Ich bin für Mitte Juli in die Zentrale beſtellt.“ Robert ſpitzte die Ohren. „So? Bis dahin iſt der Geheimrat wieder zurück.“ „Vorher werde ich am Drachenberger Dreiecksrennen ſeilnehmen.“ Das war für Robert eine Neuheit. „Findet das Rennen nicht bereits am nächſten Sonntag stalt?“ „Gewiß. Morgen beginne ich mit dem Training.“ Robert überlegte. Gedanken kamen und wurden wieder verworfen. Ideen kreuzten, verdichteten ſich zu einer raſchen Kombination. Und über allem der veitſatz des„Schwarzen Weufels“: Ganze Arbeit leiſten! Er hatte zugeſagt. Nun galt es. Die Gelegenheit würde nie wieder ſo günſtig ſein Bitz Mitte Juli mußte die Entſcheidung fallen! „Du— ich habe eine Idee: Ich beteilige mich! Seit drel Jahren babe ich an keinem Rennen mehr teil⸗ genommen. Nun wird es Zeit. Unſere Filiale in Nürn⸗ herg kann uns dafür zwei Rennmaſchinen zur Verfügung stellen.“ a Hans war ſofort dabei. „Von deiner Fiema haben zwei Mann gemeldet. werden ein Team bilden.“ Robert zog die Brauen hoch. „Du mit deinem Vergaſer?“ „Verſteht ſich.“ „Haſt du noch ein Exemplar?“ „Jeider nicht.“ „Dann ſind die Ausſichten für die anderen mies. Wir werden zu viel Zeit mit dem Tanken verlieren.“ Hans zuckte mit den Schultern. a „Iſt nicht geſagt. Der Vergaſer allein tut's nicht. Haupt⸗ ſathe: prima Maſchine. Das Fabrikat iſt mir im Grunde genommen gleichgültig. Für mich iſt dieſes Rennen über bergiges Gelände eine letzte Probe für die Brauchbarkeit meiner Erfindung“ Der andere nickte.„Ich verſtehe. Iſt noch Zeit für Nennungen?“ „Bis morgen abend.“ Noch in derſelben Stunde ſetzte ſich Robert Braun mit den Sperber⸗Motorrad-Werken in Nürnberg, die zum Braun⸗Konzern gehörten, telephoniſch in Verbindung. Und ſchon am Abend traf die Fahrerausleſe dieſer be⸗ rühmten Fabrik mit Hochleiſtungsmaſchinen in Chemnitz heb den Braun⸗Werken ein. Wir In Florica Popeſcu hatte Robert Braun ſeine Meiſterin gefunden. Dieſe Abenteurerin von Format verſtand es, ihn zu ihrem aufrichtigſten Freund und Bewunderer zu machen. Er fand ſie in einem Pyjama von zitronenfarbiger, Seide, der ihre raſſige Dunkelheit wirkungsvoll unterſtrich. orica war eine derbe, etwas ſtarkknochige Schönheit. Man ſah es ihr an, daß ihre Vorfahren, walachiſche Hozaren, ſeit Generationen Bauern waren. Das Hirn kann Sprünge machen, kann ſich den Lebensbedingungen Der allerletzten Zeit anpaſſen— das Blut nicht. „Papa bat mir aus Berlin geſchrieben. Er iſt dort umper noch geſchäftlich feſtgehalten und läßt dich grüßen.“ Sie ſchmiegte ſich in einen Seſſel, ſchlug die Beine ühereinander. „Hoffentlich kommt dein Vater noch nicht bald, dich zu holen.“, Sie fixierte den Sprecher eine Weile. Ihr Blick war eine Miſchung von Beluſtigung und Keckheit. „Und wenn er käme, glaubſt du, daß ich mitginge?“ Ihre Augen ſprühten Funken. 79 5 Roberts Rücken krümmte ſich. Sein Kopf bog ſich vor. Spannnung beherrſchte ihn. Spannung durchzitterte auch bieſe Frage:„Du würdeſt bleiben?“ Ungläubig:„Meinet⸗ wegen?“ a Mit einem Sprung war Florica bei ihm. Sie ſaß auf der Lehne des Klubſeſſels, hielt den Arm um Roberts Nacken geſchlungen. „Wie könnte ich dich jetzt im Stich laſſen? Dann wäre ich eine ſchlechte Verbündete.“ Er zog ihre Hand näher an den Mund, küßte ſie aus Alu und Dankbarkeit. Die Rumänin forſchte ihn aus. „Wie weit biſt du?“ Er ſah ſie für eine Sekunde geiſtesabweſend an, mußte ſich erſt erinnern. 179 55 „Er kam mir ſelber entgegen. Am Sonntag nimmt er um Drachenberger Dreiecksrennen teil.“ N Florica lauſchte ſeinen Ausführungen, ließ ſich manches näher erklüren und ſchüttelte am Ende mit dem Kopfe. Ihr Freund ſah faſt ängſtlich zu ihr auf, wie ein Kind, bag. Strafe zu erwarten hat, zur Mutter aufſchaut, „Gefällt dir etwas nicht, Florica?“ a lachte. f „Ihr Männer ſeid hilflos wie die Kücken. Sieh mal an: Du kannſt doch nicht gegen dein eigenes Fabrikat Sie tippte ihm mit dem Finger auf die Stirn und oſten, f. i gleichen zu bezahlen, aber mehr als ein kämpfen! Nein, nein, ſo geht das nicht. Dein Freund muß eine Maſchine der Konkurrenz fahren. Dann kannſt du vor allem deine Leute anſpornen. Die müſſen verſuchen, ihn zu handicapen.“ 1 ö. Robert ſchloß flüchtig die Augen. Die Klugheit dieſer Frau imponierte ihn und machte ihn zugleich unſicher, denn er fühlte, daß er immer tiefer in ihre Abhängigkeit geriet. Solange man ſie zur Freundin und Bundes⸗ genoſſin hatte, war alles gut, wehe aber, wenn ſie eines Tages anderen Sinnes a „Ferner gefällt mir nicht, daß du ſelbſt mitfahren willſt.“ 5 Er ſchreckte aus ſeinem Brüten auf. Sein Geſicht zeigte eine harte, entſchloſſene Prägung. „Jawohl, Florica, ich will ſelbſt mit dabei ſein, um die Initiative zu ergreifen, wenn die anderen verſagen ſollten.“ Florica ſchwieg. Sie hatte ihren Körper dicht an ſeinen Kopf geſchmiegt, und ihre Rechte krallte ſich in ſein Haar. So bog ſie ihn zu ſich, während ſie ſich ſelbſt tief herabneigte. Für kurze Zeit ſchlug ſie ihre Blicke herriſch in ſeine Augen und küßte ihn inbrünſtig. 1 3* Trajan Popeſcu war ſeit zehn Jahren Witwer, und er hatte während dieſer Zeit keineswegs als Einſiedler ge⸗ lebt. Bukareſt hat ein leichtſinniges Pflaſter. Und die Frauen dort ſind glutäugig. 5 Aber noch nie war der Magnat ſo vom Rauſch einer wirklichen Liebe gepackt worden, wie auf dieſer ſeiner Deutſchlandreiſe. Das tägliche Zuſammenſein mit Mia Warnecke war wie eine erfolgreiche Verjüngungskur, ſoweit es einer ſolchen bei einem Manne in den beſten Jahren überhaupt bedurfte. Tanztee im Hotelgarten. Sonne ſtrahlte über den Dächern. Efeu ſproß aus Kübeln und Käſten, ſchuf diskrete Niſchen und Abteile, aus denen Stimmengewirr und Frauenlachen klang. Muſik ſchwelgte in anfeuernden Rhythmen. Und ab und zu ſchmeichelte wirklich ſüße Walzermelodie den Tanzenden, daß ſie das Saxophongejaule vergaßen und ihr Herz ent⸗ deckten; denn ein Wiener Walzer geht über das Gemüt in die Beine. 5 b Popeſcu ſchwelgte. 1 „Mia, daß ich's geſtehe: Ich bin eigentlich kein paſſionierter Tänzer— aber mit dir über das Parkett zu ſchweben, das iſt Gnade!“ 11 Die Blondine ſchürzte die Lippen zu einem huldvollen Lächeln. ö „Du wirſt zum Jüngling, mein Freund...“ Er preßte ſie an ſich. „Durch dich, Draga!“ f Mia horchte auf. ö „Ein Tango!“ Ihr Blick war Begeiſterung. Popeſcu führte ſie ſchon zum Tanz. Mia war wie eine Feder, ſo leicht und ſchmiegſam. Und im Tanz ganz Hin⸗ gabe. Aber auch nur im betörenden Reigen der Rhyth⸗ men und Melodien. Da konnte ſie alle Beherrſchung ver⸗ lieren und ſehnſüchtig wie ein Kind werden. Die Blicke der Männer verzehrten ſich nach ihr, die der Frauen gleißten vor Bewunderung oder Neid. 5 Als ſie zu ihrem Platz zurückgekehrt waren, gelang es Popeſcu, die Hand der Geliebten zu erhaſchen. „Du läßt mich werſchmachten, Dragutza!“ Seine Stimme zitterte unbeherrſcht. Mias Blick wurde abgrundtief. „Ich hab' dich lieb...“ i Popeſcu glaubte tiefe Bewegung in ihren Worten, die ein Geſtändnis waren, zu hören. „Du biſt grauſam...“ Der Druck ſeiner Hand ver⸗ ſtärkte ſich, e Mia ſummte:„Wenn du mich liebſt, ſo wie ich dich...“ Sie ſchien mit ihren Gedanken ſchon wieder weit weg 84 ſein.„ a „Du machſt mich elend, Draga..“ Nun lachte ſie perlend. „Ich mach' dich glücklich, mein Freund.“ Er ſtieß ihre Hand ungeduldig zurück. „Ich will dir mehr ſein als Freund.“ Die Tänzerin— Mia Warnecke hatte ſich ihrem leiden⸗ ſchaftlichen Verehrer als Tänzerin für Film und Revue offenbart— wurde ernſt. „Was forderſt du von mir? Glaubſt du, daß ich jemals deine Geliebte ſein könnte?“ 5 Er ahnte nicht, daß ſie mit dieſen Worten ein Thema anſchnitt, das ihr ſeit dem erſten Tage ihrer Bekanntſchaft wohl noch mehr am Herzen lag als ihm. Wie er ſie ſo anſah, dämmerte ihm viſionär der Zweck dieſes geweckten Hungers nach Liebe, der tiefſte Grund zu dieſer ſeiner Einkreiſung auf. Aber es kam ihm nicht zum Bewußtſein, daß ihn ſeine Verliebtheit zum Narren machte. N e „Ja“, ſagte er nun ganz leiſe,„ich glaube faſt, es führt nur ein ganz ſchmaler Pfad zu dir.“! Mia fühlte mit dem feinen Inſtinkt der erfahrenen Frau, daß hier nicht Ort und Stunde war, um zum Ende zu kommen. 8 ö „Auf, mein Freund, laß uns tanzen! Sentimentalität taugt nicht für frohe Stunden.“ Und Trajan Popeſcu tanzte und wurde immer hung⸗ riger nach Liebe, nach dieſer ſchönen Frau, die ſich allen Verſprechungen und Verlockungen zum Trotz ſelbſt be⸗ wahrte wie ein köſtliches Geſchenk. War dieſes Leben nicht wie eine Lotterie? Er kaufte Loſe ohne Zahl, warf das Geld für unſinnige Geſchente hinaus— und wartete fieberhaft, daß ihm der Hauptgewinn— Mia— zufallen würde. f„ 1 5 Die Tänzerin erlaubte ihm U ügig, ihren toſt⸗ ſpieligen Lebensgufwand, Hotelke Garderobe und der⸗ einen Kuß auf Hand oder Arm gewährte ſie ihm nicht. Sie umgaukelte ihn wie ein bunter Falter, ſie machte ihn verrückt; ganz bewußt trieb ſie ihr Spiel mit ihm, und wenn er nach ihr haſchte verſchloß ſie ſich. Ganz ſchematiſch betrieb ſie dieſe Ein⸗ kreiſung.. 5 1 „So kann das nicht weitergehen!“ Mehr als einmal hatte ſich der Rumäne dieſe Mahnung geſagt— und ſaß doch ſchon mitten drin im Netz der Spinne. Es gibt Er⸗ kenntniſſe, die Jahre und manchen Schickſalsſchlag koſten Und es git Erkenntniſſe, die erſt wirkſam werden, wenn der Tod ſeine Rechnung präſentiert.„ * 5. Hans hing wütend an. Das war wieder einmal eine Teufelei, die Robert ähnlich ſah: Erſt verſprach er ihm das neueſte Modell der Sperber⸗Werke, und nun verſagt er kläglich. a „Leider war es mir nicht möglich, die genügende An⸗ zahl durch die Feuerprobe gegangener Maſchinen in ſo kurzer Zeit heranzubekommen. Da die Direktion von Sperber unbedingt daran feſthält, daß nur Fabrikfahrer die drei geſandten Räder durch das Rennen bringen, kann ich dir leider auch nicht meine Maſchine abtreten.“ a Hans wußte nicht, daß eine Frau hinter dieſem Umfal Roberts ſtand. Sein Unmut verflog ſo raſch, wie er auf⸗ geloht war.. „Gut! Ich werde mein eigenes Rad benützen, wie ich ſchon von Anfang an beabſichtigte.“ Und aufatmend: „Vielleicht iſt es Fügung.“ i i Los ging's zum Training. Hans Bach war wie mit ſeiner Maſchine verwachſen. Er kannte ihre Vorzüge und Schwächen, wußte bei einer Panne ſofort, wo er an⸗ zupacken hatte; vor allem war er mit dem Wirkungsgrad ſeines Vergaſers in dieſem Sportmodell zufrieden. Das Drachenberger Dreiecksrennen bot eine Strecke, die mit Schwierigkeiten und Hinderniſſen geſpickt war. An jeden Fahrer und ſein Rad wurden die höchſten An⸗ ſprüche geſtellt. Da gab es Haarnadelkurven, S⸗Kurven, ſteile Bergſtraßen und faſt gar keine Gerade. 8 Hans kannte die Strecke vom vorjährigen Rennen, wo er ſich einen zweiten Preis geholt hatte. So ſchränkte er diesmal das Training auf wenige Runden ein und nahm ſich dafür der beſonders ſchwierigen Kurven an. Manche von ihnen durchfuhr er zwanzig⸗, dreißigmal und war doch mit dem Reſultat nicht zufrieden. Der Tempoverluft ſchmerzte ihn. 5 Was nützte es ihm, daß er ſchon jetzt bei den Mit⸗ fahrern und beim Publikum als Favorit genannt wurde, daß ſein Vergaſer eine wundervolle Regulierung ge⸗ ſtattete? Der Ehrgeiz Bachs ging dahin, eine neue Rekordzeit für dieſes Rennen herauszuholen. Das Fabrikteam der Sperber⸗Werke fluchte. Sie holten aus ihren Maſchinen heraus, was ſie irgend hergaben. Tatſächlich kamen ſie der Leiſtung Bachs am nächſten, nicht zuletzt Robert Braun. Hans wußte, daß ſie ſeine gefähr⸗ lichſte Konkurrenz am Sonntag ſein würden. An den meiſt befahrenen Kurven hatte ſich an den Vor⸗ abenden zahlreiches Publikum eingefunden, das dem Training der Rennfahrer intereſſiert zuſah und mit kriti⸗ ſchem Urteil nicht ſparte. 5 1 „Was will denn der mit ſeiner Drahtmühle?“ ö „Das is doch kee Rad nich, das is ä Heuwender!“ N „Au Backe! Achtung: Der Braun kommt!“ 0 „Donnerwetter, hat der aber een'n Zahn druff!“ 5 f„Is noch gar niſcht!“ wußte ein anderer beſſer.„Da mußt du erſcht emal den Bach ſehn! Der fährt wie d Teifel. Haſte nich gemerkt— is er ſchon wieder weg.“ Aber Bach kam nicht wieder, er befand ſich bereits auf der Heimfahrt. Er wußte, daß übertriebenes Training noch lange nicht den Sieg bedeutete. Der Erfolg hing oft von Umſtänden ab, die außerhalb jeder Berechnung lagen. herausgefahren hatte, mußte ſich im Rennen mit einem dritten Platz begnügen oder gar aufgeben.—— Elsbeth erwartete ihn ſchon. Auf ihrem ſchmalen Ge⸗ ſichtchen lag Beſorgnis. „Du, ich hab' mich ſchon um dich gebangt.“ Hans zog ſie hinein in die Laube. ſetze ich doch niemals mein Leben leichtſinnig aufs Spiel:“ Sie ſah bekümmert zu ihm auf. g „Ja, aber es kann doch etwas an der Maſchine paſſieren. Man lieſt ſoviel von Unfällen.“ „Am wenigſten bei den Rennen, Elsbeth!“ proteſtierte er.„Vielfach trägt dann auch noch das Publikum die Schuld.“ Das Mädchen nahm ſeinen Kopf in beide Hände, ließ dieſe zärtlich über ſeine gebräunten Wangen gleiten. „Du—— ich will tapfer ſein— am Sonntag.“ „Mußt an meinen Sieg glauben, Mädi, dann paſſier“ mir nichts.“ 5 Er nahm ſie in ſeine Arme, ſtrich ihr zärtlich über das Haar, verſank in die Andacht des Küſſens. Ein leichte⸗ Schnaufen riß ſie aus allen Himmeln. Elsbeth fuhr herum, lachte hell auf. N „Männe, du Neugieriger!“ Nun kam der Dackel vollends herein. Er hatte das Terrain ausgekundſchafte und ſchien mit der Sachlage zufrieden zu ſein. „Wo Männe auftaucht, iſt ſein Herr nicht weit“, prophe⸗ zeite Hans. Und da rief auch ſchon der Oberförſter nach ſeiner Tochter. N 7 „Einen Augenblick, Hans, ich komme gleich wieder.“ Als ſie nach einer Weile zurückkam, brachte ſie Kaffe⸗ und belegte Brote. b e 5 „Du wirſt hungrig ſein. Entſchuldige, daß ich dig ſolange warten ließ.“ 0 5 Sie langten zu und ließen ſich das einfache Abendeſſei. munden. Elsbeth war wie ein Hausmütterchen um dei, Geliebten tätig. Er ließ ſich das gern gefallen. „Es iſt wie ein Vorgeſchmack auf die junge Ehe“ lachte er. (Fortſetzung ſolgt.) Und ſchon mancher, der im Training glänzende Zeiten „Wie kannſt du nur?! Wenn ich auch Tempo fahre, ſo kannimachung. Betr: Die Reichstagswahl am 5 Mürz 1933. Die Reichstagswahl findet am Sountag, den 5. Mürz 1933 von vormittags 9 Uhr bis nachmittags 6 Uhr ſtatt. Die Abgrenzung der Wahlbezirke und die Lage der Wahllokale iſt aus nachſtehender Auf⸗ ſtellung erſichtlich. Wir machen darauf aufmerk⸗ ſam, daß ſie alle zugelaſſenen Kreiswahlvor⸗ ſchläge, die Partei und die Namen der erſten vier Bewerber jedes Vorſchlags enthalten. Der Stimmberechtigte hat bei der Stimmabgabe durch ein Kreuz oder Unterſtreichen oder in ſonſt er⸗ kennbarer Weiſe den Kreiswahlvorſchlag zu be⸗ zeichnen, dem er ſeine Stimme geben will. Stimmzettel, die dieſer Beſtimmung nicht ent⸗ sprechen, ſind ungültig. Viernheim, den 1. März 1933. Hefſ. Bürgermeiſterei Viernheim Lamberth. Wahlbezirke. 1. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Gärtner Stellvertreter: 10 Schloßhauer. Wahllokal: Sitzungsſaal des Rathauſes. 1. Friedrichſtraße 2. Friedrich Ebert⸗Straße 3. Luiſenſtraße von Lorſcher- bis Blauehutſtr. 4. Ludwigſtraße von Lorſcher⸗ bis Waſſerſtraße 5. Rathausſtr. links und rechts vom Rathaus 6. Waldſtraße bis Waſſerſtraße 2. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Ecker Stellvertreter: 1 Müller. Wahllokal: Schillerſchule rechts. Alexanderſtraße 2. Alicenſtraße 3. Bertholdus Pfenninghſtraße 4. Bürſtädterſtraße 5. Kirſchenſtraße 3. Kühnerſtraße a Ludwigſtraße von Bürſtädter⸗ bis Lorſcherſtr. Luiſenſtraße von Bürſtädter⸗ bis Lorſcherſtr. 9. Niebelungenſtraße 10. Verlängerte Alexanderſtraße 3. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Mandel Stellvertreter: 0 A. Brechtel. Wahllokal: Goetheſchule links. Am Frohnberg 2. Bahnhofſtraße 3. Hügelſtraße Lorſcherſtraße 5. Ringſtraße 6. Schulſtraße Weinheimerſtraße §. Zeppengaſſe „ Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Zöller Stellvertreter: 7 Bläß. Wahllokal: Goetheſchule Mitte. Bismarckſtraße von Weinheimer⸗ bis Rathausſtr. 2. Eulerſtraße 3. Heddesheimerſtraße 4. Holzſtraße Kiesſtraße 5. Mannheimerſtraße Neubauſtraße 1 „Rathausſtraße links vom Rathaus bis Ende 9. Steinſtraße 5. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Schloſſer Stellvertreter: 7 Bender. Wahllokal: Schillerſchule rechts Annaſtraße 5 2. Bismarckſtraße von Rathaus- bis Kre uzſtr. 3. Goetheſtraße Kreuzſtraße 5. Lampertheimerſtraße . Molitorſtraße Römergartenſtraße 8. Schillerſtraße Seegartenſtraße 6. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Hofmann g Stellvertreter: 1 J. Mandel. Wahllokal: Schillerſchule rechts. Jahnſtraße Jägerſtraße . Moltkeſtraße 4 Neuhäuſerſtraße 1 5, Rathausſtraße rechts vom Rathaus bis Ende 6. Spitalſtraße Sandſtraße 5. Wilhelmſtraße Am Königsacker Am Tivoli. 11. Bürgermeiſter Lamberth⸗Straße 12. Moltkeſtraße(Tivoli) 13. Rathausſtraße(Tivoli) 7. Wahlbezirk. Vorſteher: Ratsmitglied Belz Stellvertreter: 5 Weidner. Wahllokal: Goetheſchule rechts. Außerhalbliegende Gebäude 5 2. Blauehutſtraße 3. Eliſabethenſtraße Hansſtraße Hofmannſtraße „Pandurengaſſe „Repsgaſſe Waſſerſtraße a 9. Weihgartenſtraße 10. Wieſenſtraße. ö Konmunlhe Undurwline Rundſuntrede des Neichsminiſters Göring Berlin, 2. März. Am Mittwoch abend ſprach über alle deut⸗ ſchen Sender der Reichskommiſſar für das preußiſche Innenminiſterium, Reichsminiſter Göring, über die Notverordnung zum Schutze des deutſchen Volkes und Staates. Reichsminiſter Göring wies einleitend da⸗ rauf hin, daß die Nokverordnung wohl dem geſamten Volke in einem Schlage Klarheit darüber gibt, in welch ſchwerer Gefahr ſich Deutſchland befindet. „Nehmen Sie den Brand des Keichs⸗ tages als ein Fanal jener Bürgerkriegs ⸗ vorbereitungen des Kommunismus, die ſeit Monalen aufs eifrigſte betrieben wurden und jetzt der Vollendung entk⸗ gegengehen.“ Der Miniſter führte dann weiter aus, daß die kommuniſtiſchen Funktionäre ſeit Anfang Februar überall eine lebhafte Tätigkeit ent⸗ faltet hätten. Dieſe neue Aktivität bezwecke die Enfeſſelung eines Aufſtandes, der nach einem beſchlagnahmten Organiſationsplan des internationalen Kommunismus der Aus⸗ gangspunkt zum Bürgerkrieg ſein ſoll. Wehr⸗ fähige Arbeiter ſeien von Haus zu Haus ge— worben worden zum Roten Maſſen⸗ ſelbſtſchutz. Reichsminiſter Göring betonte, daß er es von Anfang an als ſeine erſte Auf- gabe angeſehen habe, gegen die gewal⸗ tige Gefahr des Kommunismus den Kampf zu organiſieren, nicht den Ab- wehrkampf, nein, wir wollen auf der ganzen Front zum Angriff übergehen. Es ſoll nicht nur die kommuniſtiſche Ge⸗ fahr abgewehrt werden, ſondern es gilt, die kommuniſtiſche Gefahr zu überwin⸗ den und dengtommunismus auszurotten dus unſerem Volke. Im Verlauf dieſes Kampfes werden alle verfügbaren Kräf⸗ te mobiliſiert werden, nicht nur. Mittel des Staates, ſondern auch Kräfte des nationalen Deutſchland. Der Miniſter wies dann auf die Durchſu⸗ chung des Karl Liebknecht⸗Hauſes in Berlin hin, bei der ein unterirdiſcher Gang entdeckt worden und bei der ein nach Hunderten von Zentnern ſchweres Material an Schriftſtücken, Broſchüren und Umdrucken beſchlagnahmt worden ſei. Dieſes Material werde zurzeit immer noch geſichtet. Nicht alles Material könne der Oeffentlichkeit über⸗ geben werden, da die Staatsſicher⸗ heit die Zurückhaltung eines Teiles davon erfordere. Am 15. ſten Male feſtgeſtellt, daß die Kommuniſten mit der Der Lenzmonat Die Römer nannten den März bis zu. den Zeiten des Romulus„primus“, d. h. eben⸗ falls der Erſte, da das altrömiſche Jahr mit dem März begann. Romulus aber änderte den Monatsnamen um zu Ehren des Kliegs⸗ gottes Mars und nannte ihn Martius. Von den Germanen wurde er Lenzmonat genannt. Der Vauersmann aber zieht den Hut ab vor dem Märzen, donn es iſt der richtige Hoff⸗ nungsmonat. Da ſtreiten zum Eintritt die Winde mit dem Winter und jagen ihn zum Lande hinaus. Statt Schneeflocken kommt der „Märzenſtaub mit Gras und Laub“, wogegen „Märzenſchnee tut den Saaten weh“. Der März iſt überhaupt ein Ankünder: Soviel Nebel im März, ſoviel Gewitterregen im Som. mer; ſoviel Tau im März, ſoviel Regen na“ Oſtern, ſoviel Nebel im Auguſt. Kalendermäßig beginnt der Frühling in die⸗ ſem Jahre mit dem 21. März(Tag⸗ und Nachtgleiche). Wenn ſich Schnee und Eis ge⸗ löſt haben, ſteigt warm vom Boden der Erd⸗ geruch auf, und der Föhn belebt Feld und Wald. Von ſchwieligen Bauernhänden wer⸗ den Pflug und Egge über die Felder geführt, und warm nimmt die Mutter Erde das Saat⸗ korn in die Furchen auf. Die Menſchen hof⸗ fen mehr und mehr auf das Erwachen der Natur, ſchnen ſich nach dem Anblick grünender Wieſen und freuen ſich, wenn ſichs auch in der Tierwelt regt und die Vögel, die durch die Niederungen ſtreifen, jubelnd den vollen Einzug des Frühlings künden. Chlorodont die Qualitäts- Zahnpaste Chlorodont, morgens und vor allem abends angewendet: macht die Zähne blendend weiß und erhält sie gesund 0 7 Februar wurde zum er⸗ Bildung von Terrorgruppen in Stärke von 100 bis 200 mann beſchäftigt ſind. Dieſe Gruppen hatten die Aufgabe, ſich mit Braunhemden, alſo der Uniform der SA. zu verſehen und dann in dieſer Uniform auf Laſtautos, Perſonen⸗ autos, Warenhäuſer, Einheitspreisläden uſw. Ueberfälle zu inſzenieren, aber auch bürgerliche Zeitungen zu beläſtigen, Ueber⸗ fälle auf verbündete Verbände wie Stahl⸗ helm uſw. zu machen. Es ſollte damit die Einigkeit der nationalen Verbände geſtört werden. Ferner wurden gefälſchte Befehle von SA⸗ und Stahlhelmführern aufgefun⸗ den. Durch einen der gefälſchten Befehle wurde die SA aufgefordert, in der Nacht zum 5. März Berlin zu beſetzen. Dadurch ſollte den bürgerlichen Parteien das Schreck— geſpenſt eines nationalſozialiſtiſchen Putſches vorgeführt werden. Auch gefälſchte Polizeibefehle wurden aufgefunden. So ſollten nach einem Be⸗ fehl, der die Unterſchrift von Polizeioffi⸗ zieren krug, die zu einem ſolchen Befehl garnicht berechtigt waren, Panzerwagen ohne Führer ausgeliefert werden uſw. Weitere Schriftſtücke betrafen die Tätigkeit der„Roten Gewerkſchaftsoppoſition“, Vorbe⸗ reitungen von Brückenſprengungen uſw. Am 20. Februar wurde in Köhn eine Orga⸗ niſation der KPd. aufgedeckt, die Gift⸗ diebſtähle ausgeführt hatte. Dieſes Gift ſollte in das Eſſen gemiſcht werden, das in SA-Küchen und Skahl⸗ helmſpeiſeſtellen ausgegeben wird. Ueberall hat die KPD. Adreſſen von Perſön— lichkeiten geſammelt, die im Falle eines kommuniſtiſchen Aufſtandes aus den Häu⸗ ſern herausgeholt und erſchoſſen werden ſoll⸗ ten. Weitere Unterlagen beweiſen, daß nicht nur Frauen und Kinder führender Perſön— lichkeiten des Staates als Geiſel verhaftet werden ſollten, ſondern daß auch Frauen und Kinder von Polizeibeamten feſtgenom— men und bei den Demonſtrationen zur Dek— kung der Demonſtranten vorgeſchoben wer— den ſollten. Die drei Säulen für den Aufſtand ſoll⸗ ten ſein: Berlin, Mitteldeutſchland und das Ruhrgebiet. Der Miniſter ging dann auf den Brand des Reichstages ein, und wies auf die Not⸗ wendigkeit des ſcharfen Jurchgreifens hin. Aus der Heimat Gedenktage 2. März. 1824 Der Komponiſt Franz Smetana in Lei⸗ tomiſchl geboren. 1829 Der amerikaniſche Staatsmann Karl Schurz in Liblar bei Köln geboren. 1916 Eliſabeth(Carmen Sylva), Königin von Rumänien, in Bukareſt geſtorben. Sonnenaufg. 6.46 Sonnenunterg. 17.40 Mondaufg. 8.11 Mondunterg.— Prot. und kath.: Simplicius. . Faſtenzeit Nach dem lauten Lärm und der fröhlichen Ausgetaſſenheit der langen Faſchingszeit hat die Faſtenzeit, die uns hinüberleitet zum öſter⸗ lichen Auferſtehungsfeſt, begonnen. Es iſt etwas Eigentümliches und Sonder⸗ bares um die vierzig Tage, die zwiſchen dem Aſchermittwoch und dem Oſterfeſt liegen. Still, in ſich gekehrt, in die Ewigkeit weiſend iſt die Faſtenzeit, eine Zeit der Buße, der Abkehr vom Irdiſchen, eine Zeit der Leidverſenkung und prüfenden Selbſtbetrachtung. 1 Die Einrichtung der Faſtenzeit reicht bis in die Anfänge des Chriſtentums zurück. In frü⸗ heren Jahrhunderten haben die Gläubigen die Bußübungen mit aller Strenge durchgeführt. In unſerer Zeit iſt das zwar anders gewor⸗ den, aber an dem Sinn und Zweck der vor⸗ öſterlichen Faſtenzeit hat ſich nichts geändert. Wir ſollen uns durch bußfertige Lebensfüh⸗ rung, durch Enthallſamkeit, durch Werke chriſt⸗ licher Abtötung, durch Verſenken in das Lei⸗ den Chriſti vorbereiten auf das Wunder des öſterlichen Auferſtehungsfeſtes. * Achlung Wäſchediebe! Aus allen Tei⸗ len des Landes kommen Klagen über Wäſche⸗ diebe. So wird jetzt wieder bekannt, daß nachts Diebe in zwei Fällen den Maſchen⸗ draht der Einfriedigung durchſchnitten haben und die im Garten zum Trocknen aufge⸗ hängte Wäſche ſtahlen. Es empfiehlt ſich un⸗ ter allen Umſtänden auch dort, wo man die Einfriedigung für ſicher genug hält, Wäſche nachts nicht in den Häfen oder Gärten hän⸗ gen zu laſſen „ Zentrumsverſammlung. Außer dem Reichstagsabgeordneten Knoll wird noch einer der jüngſten Wahlredner der Zentrumspartei in der heutigen Verſammlung ſprechen, nämlich der Student der Rechtswiſſenſchaft W. Fay, Frank⸗ furt a. M. Trotz ſeiner Jugend iſt Herr Fay als Redner ſehr geſchätzt und bereits in größten Zentrumsverſammlungen mit großem Erfolg auf⸗ getreten. Mit Rückſicht auf dieſen Redner wird beſonders die männliche und weibliche Jungwäh⸗ lerſchaft des Zentrums gebeten, vollzählig zu er⸗ ſcheinen. * Gemeinderatsſitzung. Am Diens⸗ tag, den 7. März, abends 8 Uhr, und bei nicht vollſtändiger Abwicklung der Tagesordnung am 0 Mittwoch, den 8. März, abends 8 Uhr, findet eine Sitzung mit folgender Tagesordnung ſtatt: J. Die konfeſſionellen Feiertage, hier: Totenſonntag 2. Die Bekämpfung der Rindertuberkuloſe, hier: Ernennung von 2 Schätzern und 2 Stellvertr. 3. Die Viernheimer Gemeindejagd, hier: den Jagdbogen II. Den Viernheimer Waldrezeßvertrag. Abtretung von dinglichen Sicherheiten an die Landeskommunalbank, Girozentrale für rück⸗ ſtändige Zinſen. 6. Randſiedelungen.(Nicht öffentlich). 7. Prozeß Heilmann.(Nicht öffentlich). 8. Prozeß Kühner.(Nicht öffentlich). * Standesamtliches Im Monat Februar wurden in unſerer Gemeinde 11 Kinder zur Welt gebracht. 11 Perſonen ſind geſtorben. Weiter wurden 7 Eheſchließungen regiſtriert. S Das närriſche Viernheim. Im Karnevalsmonat Februar wurden im Zeichen des Karnevals abgehalten: 70 Konzerte bezw. Bier⸗ abende und 31 Maskenbälle einſchließlich karne⸗ valiſtiſcher Tanzveranſtaltungen. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗, Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Turnverein von 1893. Handball: Am kommen- den Sonntag, den 5. März, finden auf Platz 1. intereſſante Freundſchaftsſpiele ſtatt. Tv. Viern⸗ heim 1. gegen Tv. Birkenau 1., Beginn 2,30 Uhr. Tv. V'heim 2. gegen Tv. Birkenau 2., Beginn 1,15 Uhr. V'heim 1. Schüler gegen Birkenau 1. Schüler, Beginn 3,30 Uhr.— Am Freitag abend 8 Uhr Spielausſchußſitzung, anſchließend wichtige Spielerverſammlung ſämt⸗ licher Handballer. Um vollzähliges und pünkt⸗ liches Erſcheinen bittet Die Spielleitung. Radfahrer Verein„Vorwärts“ gegr. 1906. Sonntag, den 5. März, nachmittags ¼2 Uhr, Uhr, findet in unſerm Lokal unſere diesjährige Generalverſammlung ſtatt, mit einem Faß Freibier. Der 1. Vorſitzende. Turnverein von 1893. Da der Mannſchafts⸗ kampf der 2. Riege gegen Sandhofen am 11. ds. Mts. ſtattfindet, werden die Turner gebeten, die Turnſtunde am Freitag abend vollzählig zu beſuchen. Die Turnleitung, Bekanntmachung. Winterhilfsmaßnahmen der Reichsregie⸗ rung zur Verbilligung von Lebensmitteln und Brennſtoff für die hilfsbedürftige Bevölkerung. Die Ausgabe der Reichsbezugsſcheine für den Monat März erfolgt am Freitag, den 3. März 1935 in nachſtehender Reihenfolge: Für Wolu⸗ Empfänger vormittags bei Aus- zahlung der Unterſtützung im Sitzungsſaale des Rathauſes, nachmittags von 2—3 Uhr für Zuſatz⸗ renten⸗Empfänger im Sitzungsſaal, nachmittags von 3—4 Uhr für Sozial⸗ und Kleinrentner im Sitzungsſaal. Alu⸗ und Kru-Empfänger erhalten die Be⸗ zugsſcheine direkt vom Arbeitsamt. Die Reichsbezugsſcheine der Ausgabe vom 7. Februar 1933 ſind am Montag, den 6. März 1935 wie folgt auf unſerem Büro, Zimmer 6, abzuliefern: Nachm. von 2—3 Uhr für die Metzger, Nachm. von 3—4 Uhr för die Bäcker u. Sonſtige, Nachm. von 4—5 Uhr für die Kohlenhändler. Die Abſchnitte müſſen vorſchriftsmäßig auf⸗ geklebt und entwertet werden. Viernheim, den 1. März 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim Lamberth. Betr.: APO TH. RIS RANO Ts ScuWEIZZERPILLEN BEIVERSIOPFUNE Normeſpeckg. NM. I. 25 Klſeinpackg. 6