Lohales Vom Sonntag. Der geſtrige Sonn⸗ tag war hell und klar, von der Sonne um⸗ ſtrahlt. In der Hauptſache galt dieſer Tag dem Gedenken der Toten des Weltkrieges. Die öffentlichen und zahlreiche Privatgebäude waren zum Zeichen der Trauer auf Halbmaſt geflaggt oder hatten Trauerflor angelegt. Vormittags ½12 Uhr veranſtaltete die hieſige Ortsgruppe der N. S. D. A. P. eine Trauerfeier. Der Ein⸗ ladung waren viele Ortseinwohner gefolgt. Vom „Kaiſerhof“ aus ſetzte ſich der Zug in Bewegung. Die Vereinigte Feuerwehrkapelle intonierte die Trauerweiſen. Auf dem Ehrenfriedhof hielt Pg. Brügel eine tiefempfundene Gedächtnis⸗ rede. Der Vorſitzende der N. S. D. A. P., Pg. Winkenbach, legte einen Kranz am Denk⸗ mal nieder. Das Lied vom guten Kameraden wurde geſpielt. Darauf folgte unter klingendem Spiel der Rückmarſch durch verſchiedene Orts- ſtraßen. Am Kriegerdenkmal in der Weinheimer ⸗ ſtraße waren zwei Fahnen aufgepflanzt. Dort wurde ebenfalls ein Kranz niedergelegt. Das Deutſchlandlied beendete die eindrucksvolle Feier. Zwei Pg. hielten den Tag über die Ehrenwache, am Abend züngelten links und rechts der Wache Flammenzeichen empor.— Im übrigen war der Tag ganz dem Gedächtnis der Gefallenen angepaßt. Trauergeläute. Aus Aulaß des Volkstrauertages läuteten geſtern um die Mit⸗ tagszeit die Glocken unſerer Apoſtelkirche eine Viertelſtunde lang. »Die Freiheitseiche, ein Symbol der Nachkriegszeit, die vor dem Kriegerdenkmal angepflanzt war, wurde am Samstag wieder entfernt. *Die neueſten Erklärungen der Regierungsſtellen finden unſere Leſer auf der 1. Seite der heutigen Beilage. Neue Polizei⸗Maßnahmen Weitere Hausfuchungen. Die von dem Inhaber der Polizeigewalt in Heſſen, Dr. Müller, angeordneten Hausſu⸗ chungen wurden fortgeſetzt. Bei dem Wä⸗ ſchereibeſitzer Friedrich Müller in Darmſtadt wurden 3544 Stück ſogenannte Fahrrad⸗ ball gefunden und beſchlagnahmt, die in Wirklichkeit eine gefährliche Schlagwaffe darſtellen. Bei weiteren Durchſuchungen wurden weitere ca. 7000 Schlagwaffen ge⸗ funden. Feſtgenommen wurde ein Adam Büdinger aus Ueberau, der kommuniſtiſche Flugblätter verbreitete, in denen zu ſtraf⸗ baren Handlungen aufgefordert wird. Der Feſtgenommene wird dem Richter zugeführt. Neue Beurlaubungen. Darmſtadt, 12. März. Amtlich wird mitge⸗ teilt: Beurlaubt wurden Gendarmeriekom⸗ miſſar Scheller⸗Bingen, Polizeimeiſter Emil Bargon⸗Worms, Kriminalinſpektor Sam⸗ baß⸗Worms, Kriminalhauptwachtmeiſter Wilh. Ruppert⸗Worms, Kriminalhaupt⸗ wachtmeiſter Aug. Haas⸗Worms, Kriminal⸗ hauptwachtmeiſter Joſ. Dauth⸗Worms, Po⸗ lizeihauptwachtmeiſter Kurt Barth⸗Worms, Polizeiwachtmeiſter Peter Bangert⸗Worms, Polizeikommiſſar Adolf Emrich⸗Worms. Kriminaloberinſpektor Karl Kreihe⸗Worms, Polizeioberleutnant Jopel⸗Butzbach, darmerie⸗Kommiſſar Szezsbowſki⸗Lauter⸗ bach, Polizeiverwaltungsſekretär Stallmann⸗ Bensheim, Polizeioberwachtmeiſter Karl Weißmantel⸗Darmſtadt, Polizeioberwacht⸗ meiſter Dirk⸗Mainz und Gendarmeriemeiſter Schaller⸗Lich. 1 f Vorläufig keine Eingaben. Der Bürochef des Inhabers der Polizeige⸗ walt erläßt folgende Bekanntmachung: Die Geſuche und Eingaben bei dem Inhaber der Polizeigewalt in Heſſen und ſeinen Mitarbei⸗ tern haben einen derartigen Umfang ange⸗ nommen, daß die dringend notwendige ſach⸗ liche Arbeit kaum noch möglich iſt. Es iſt da⸗ her unbedingt erforderlich, daß alle Volksge⸗ noſſen die nicht ſofort dringenden Eeſuche, Beſchwerden uſw. noch mindeſtens acht Tage zurückſtellen. Andere Geſuchſteller können zurzeit nicht mehr vorgelaſſen werden. Im übrigen bitte ich nach dieſem Zeitpunkt alle Geſuche und Wünſche möglichſt ſchriftlich vor⸗ zulegen. Jur Regierungsbildung in heſſen. Mainz, 12. März. Das Zentrumsblatt „Mainzer Journal“ ſchreibt:„Gegenüber allen Kombinationen zur Wahl des Staats⸗ präſidenten, die jetzt durch die Preſſe gehen. können wir feſtſtellen, daß eine endgültige Entſcheidung des Zentrums noch nicht er⸗ folgt iſt. Die Fraktion hat ſich ſelbſtverſtänd⸗ lich über die Lage in Heſſen und über ihre etwaige Stellungnahme bei der Wahl des Staatspräſidenten eingehend ausgeſprochen. Dabei wurden die verſchiedenen Möglichkei⸗ ten erörtert. Verhandlungen zwiſchen den Parteien haben überhaupt noch nicht ſtattge⸗ funden. Die Entſcheidung der Fraktion wird nur erfolgen in engſter Fühlungnahme mit der Parteiführung im Reich und dem Vor⸗ ſtand der Partei in Heſſen.“ Miniſter Leuſchner legt ſein Landtagsmandat nieder. Darmſtadt, 12. März. Der bisherige heſ⸗ ſiſche Innenminiſter Leuſchner, der bekanntlich in den Bundesvorſtand des Allgemeinen Deuk⸗ ſchen Gewerkſchaftsbundes nach Berlin berufen worden iſt, hat ſein Landtagsmandat nieder⸗ elegt. An ſeine Stelle tritt Bürgermeiſter Arnould in Neu-Iſenburg in den Landtag ein. Anträge im Landtag Darmſtadt, 12. März. Dem Landtag ſind einige neue Druckſachen zugegangen. In einem Antrag der NSDAP. werden umfaſ⸗ ſende Maßnahmen zur Unterſtützung der Winzer in den reblausverſeuchten Gemar⸗ kungen verlangt und ähnlich wie in Preu⸗ ßen ſollen die in Notlage befindlichen Wein⸗ baugemarkungen Heſſens zuſammengefaßt als Notſtandsgebiet erklärt werden. Abg. Dr. Niepoth(DV) beantragt, daß nur ſol⸗ che Betriebe zu Inſtandſetzung von Woh⸗ nungen mit Reichszuſchüſſen zugelaſſen wer⸗ den, deren Inhaber in der Handwerksrolle eingetragen, oder die Mitglieder von Hand⸗ werkskammern ſind. Die Sozialdemokraten beantragen, die Regierung ſolle mit allen zu⸗ ſtändigen Stellen(Provinz, Gemeinden, Landesarbeitsamt, Reichsbahndirektion, Reichsregierung uſw.) Unterhandlungen führen, mit dem Ziel, die Durchführung des Bahnbaues für den nördlichen Vogelsberg, zu ermöglichen. Zur Förderung des Früh⸗ gemüſebaues wird beantragt, die Regierung Gen⸗ möge Stundungsgeſuchen von Varieyens⸗ nehmern ihre Genehmigung nicht verſagen, bei den Reichsſtellen wegen Erlaß der Zin⸗ ſen vorſtellig werden, ferner dahin, daß von den Darlehen 50 Prozent erlaſſen werden und bei dem heſſiſchen Anteil die gleichen Zins- und Kapitalkürzungen vornehmen, wie an dem Reichsanteil. Die Land hilfe Vormeldungen bereits jetzt möglich. Frankfurt a. M., 12. März. Ueber die von dem Grundgedanken ausgehende Land⸗ hilfe, die arbeitsloſe Jugend wieder mehr an die Scholle heranzubringen und insbeſondere auch die Siedlungsfrage praktiſch vorzubereiten, ſind zwar, wie wir erfahren, die Ausfüh⸗ rungsbeſtimmungen erſt in nächſter Zeit zu erwarten, doch können wir nach Informationen der zuſtändigen Stelle beim Landesarbeitsamt Heſſen ſchon folgendes mitteilen: Ankräge zur Landhilfe können ſchon jetzt vorläufig einge⸗ reicht werden, und zwar beim Arbeitsamt des Wohnorts des Antragſtellers. Dieſe An⸗ träge werden durch die landwirtſchafklichen Fachausſchüſſe bei den Arbeitsämtern geprüft. Ebenſo ſind die Arbeitsämter ſchon jetzt in der Lage, in den Grundzügen über die Ein⸗ zelheiten der Landhilfe Auskunft zu geben. In Frage kommen allerdings nur Bauernbe⸗ triebe, die nicht mehr als 40 Hektar land⸗ wirtſchaftlich genutzter Fläche und für jeden Betrieb höchſtens zwei Helfer unter der Vor⸗ ausſetzung, daß auf dieſe Weiſe im Vergleich zum entſprechenden Kalendervierteljahr des Vorjahres die zur Einſtellung gelangenden Leute mehr beſchäftigt werden und nur da, wo ſonſt eine Förderung der Landhilfe deren Beſchäftigung unmöglich wäre. Die Beihilfe darf 25 Mark für die männlichen und 20 Mark für die weiblichen 1 im Monat nicht überſteigen. Die Betriebsinhaber ſind verpflichtet, die Helfer in ihre Hausgemein⸗ ſchaft aufzunehmen, ſie mit den landwirtſchaft⸗ lichen Arbeiten vertraut zu machen und für ausreichende Koſt und Unterbringung zu ſor⸗ gen. Kein Feuer im Walde anzünden! Imm. wieder wird die Beobachtung gemacht, daß Wandergruppen beim Anlegen offener Holz⸗ feuer nicht die nötige Vorſicht walten laſſen. Ganz abgeſehen davon, daß Feueranzünden im Walde ſtrafbar iſt, und daß außerdem der Täter oder ſeine Angehörigen für allen Scha⸗ den haftbar gemacht werden, der durch einen Waldbrand entſteht, muß in allen an Wan⸗ derungen beteiligten Kreiſen noch mehr Ver⸗ ſtändnis dafür geweckt werden, daß durch ſol⸗ ches fahrläſſiges Verhalten dem Volksvermögen ſchwerer Schaden zugefügt wird. Es iſt unbe⸗ dingt notwendig, daß die jugendlichen Wan. derer beim Feuermachen in der Nähe eines Waldes äußerſte Vorſicht walten waſſen. Sitzung der heſſiſchen Zentrumsfraktion. Die Zentrumsfraktion des heſſiſchen Land⸗ tages hielt eine längere Sitzung ab. Wie wir erfahren, beſchäftigte ſich die Fraktion mit den politiſchen Verhältniſſen im Reich und in Heſſen und kam zu der Auffaſſung, daß die neue Lage bei den bevorſtehenden politiſchen Entſcheidungen zu beachten iſt, eine Stellung, die übrigens der Fraktionsvorſitzende im An⸗ ſchluß an die letzte Wahl im Plenum des Land⸗ tags wiederholt eingenommen hat. Das ſchönſte Tonſilmprogramm:; „3 von der Stempelſtelle“ Als 2. Tonfilmkanone bringen wir den Freunden von guten und ſchönen Filmen„3 von der Stempelſtelle“, ein Film der turmhoch über vielen Erzeugniſſe der Filminduſtrie ſteht.„Wir laſſen uns nicht unterkriegen“ heißt das Motte dieſes Filmes, in dem ſchlicht, lebenswahr und ungeſchminkt gezeigt wird, wie 20 Millionen kämpfen um Arbeit und Brot. Schwer iſt die Zeit, die Sorgen find groß. Stempeln gehn wir— ſind Arbeitslos. Drei⸗ mal die Woche, es ſei verdammt, Läuft man zum Arbeits-, zum Wohlfahrtsamt. Wir wollen keine Wohlfahrtsgaben Wir wollen wieder Arbeit haben Wir wollen nicht mehr Stempeln gehn Wir wollen wieder Arbeit ſehn. Die„Frankfurter Zeitung“ ſchreibt zu dieſem Film:„Drei von der Stempelſtelle“ iſt eine angenehme Ueberraſchung. Er iſt weder einer jener blödſinniger Operetten, deren Produltien garnicht aufhören will, noch eines der neubürger⸗ lichen Filminduſtrieſpiele. Die Deutſche Zeitung ſagt:„Endlich einmal ein Film der für Millionen ſpricht“. Die Hauptdarſteller ſind: Fritz Kampers, Paul Kemp, A. Wohlbrück, Evelyn Holt und Marg. Kupfer. Alſo alles Namen, die in der Filmwelt einen guten Klang haben und uns einen ſicherlich ſehr genußreichen Abend beſcheeren werden. Im Beiprogramm zeigen wir:„El verduge— Der Henker“, ein Großfilmwerk von außerordentlicher Wucht und Spannung, das jedem Filmfreund Erlebnis bedeuten wird. Dann kommt noch der Wochenlachſchlager„Loyd Mil als Salonheld“. Originell, köſtlich. Sie ſehen alſo, wir bieten ein Filmprogramm von ſolch hochſtehender Qualität, daß von Ueberbieten oder auch nur von Gleichſtellung mit dieſen hervorragenden Filmen keine Rede ſein kann. Unſere Tonfilmdarbietungen zeigen Ihnen das Schönſte und Beſte, was geboten werden kann. Verſäumen Sie daher nicht jede Woche einmal den U.⸗T.⸗Filmpalaſt, das Haus der ſchönſten Filme und der angenehmſten Unterhaltung zu beſuchen. Auf, in den U.⸗T.⸗Filmpalaſt! Bekanntmachung. Betr.: Wieſendüngung. Zur Frühjahrsdüngung der Wieſen werden benötigt: 1) 200 Zentner ſchwefelſaurer Ammoniak 2) 30 Zentner Kalkammon 3) 30 Zentner Kalkſtickſtoff. Das Angebot für Nr. 1 iſt pro kg 9%, für 2 und 3 pro Zentner, unter Vorlage der Gehaltsanalyſe zu ſtellen. Angebote ſind verſchloſſen und mit ent⸗ ſprechender Aufſchrift verſehen bis Mittwoch, den 15. ds. Mts, nachmittags 6 Uhr, auf dem Büro des Gemeindebaumeiſters einzureichen, wo⸗ ſelbſt auch die Eröffnung der Angebote im Bei⸗ ſein etwa erſchienener Bieter ſtattfindet. Zahlungsbedingungen ſind anzugeben. Zuſchlags⸗ und Bindefriſt 14 Tage. Viernheim, den 13. März 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Das enluchend Zur Hinderaitege emolene: Gummibetteinlagen, Kinderpuder— Kinderseife, Badethermometer, Kinder- Nahrungsmittel wie: Nestle, Kufeke, Opel-Kalk- Zwieback— Edelweihmilch, Traubenzucker. Bredente PBter Moskonn. d πναννπννννανναναν Frey's bekannte Gavtenſämereien in beſter Keimfähigkeit zu haben bei Nikolaus Effler, wtel SS ON fauna . epotg reiche Jondaam Progr amm 22e S ache Brolle Nuswahl in von besonderer Güte sind die ufir Spe Bale I. Schweikart Rathausstraſle 16. ſſdß. Bſiſe Schaufenster heachfen. 8 — W eeeemnnnunmms ſöſcagcagg ecco Raum in dem vordem mein Café und zuletzt das Erwerbsloſenbüro untergebracht war, et⸗ wa 30 qm. groß, iſt anderweit zu vermieten. 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M.— tung, Dru Nummer 62 Wieder Regierungsſieg Im größten deutſchen Land, in Preu-⸗ ßen, wurden am Sonntag die Gemein ⸗ de⸗, Kreis- und Provinzial⸗ parlamente neu gewählt. Die kommiſ⸗ ſariſche Regierung hatte ſie aufgelöſt, weil ſie der Bevölkerung Gelegenheit geben wollte, bei der Neuwahl dafür zu ſorgen, daß auch die Organe der gemeindlichen und bezirk⸗ lichen Selbſtverwaltung künftig nach den geleitet werden, die in Reich und Ländern richtung⸗ gebend ſind. Demgemäß war die Wahl⸗ agitation ausſchließlich allgemein⸗po⸗ orientiert und die Abſtimmung ſtand unter allgemein⸗politiſcher Einſtellung; die örklichen und ſpezifiſch kom⸗ munal-politiſchen Fragen traten demgegen— über weit in den Hintergrund. Das Wahlergebnis bedeutet einen vollen [Erfolg für die Regierung: die Natio⸗ nalſozialiſten haben ihren Siegeszug fortgeſetzt. Sie haben in nielen Groß⸗ ſtädten, Provinzen und Kreiſen die Mehrheit und faſt nirgends ſind die„roten“ Mehr⸗ heiten— Sozialdemokraten und Kommuni⸗ ſten zuſammen beſtehen geblieben. Die abſolute Mehrheit haben die Na⸗ tionalſozialunten z. B. erreicht in Frank ⸗ furt ea. M. mit 42:41 Sitzen, in Stettin mit 33:28 Sitzen, in Koblenz mit 21:17, in Königsberg mit 6:28 Sitzen, in Magdeburg iſt' an die Stelle der bis⸗ herigen Mehrheit aus Sozialdemokraten und Kommuniſten eine rungsparteien von 37:30 Sitzen getreten. Mehrheit der Regie⸗ Di Mehrheit der e e e be⸗ trägt in Osnabrück 25:22, in Pots dam 33:10 und in Hannover 38:36 Sitze. Bei Einbeziehung der bürgerlichen In⸗ tereſſentenliſten(Hausbeſitzer, Mieter, Be⸗ amte, unparteiiſcher Bürgerblock uſw.) wird dieſe Mehrheit noch viel augenfälliger. In Schleswig⸗Holſtein und Oſtfriesland iſt eben⸗ falls eine abſolute Mehrheit der Nationalſo⸗ Zzialiſten in den Kreistagen und vielen Städ⸗ ten zuſtandegekommen, und in vielen Land⸗ gemeinden in Oſt⸗ und Norddeutſchland ſind nur nationalſozialiſtiſche Gemeindevertreter gewählt worden, während die übrigen Par⸗ teien leer ausgingen. Eine abſolute Mehrheit der beiden . Regierungsparteien ergab ſich u. a. in Forſt mit 20:16 Sitzen, in Senftenberg m6 11 Sitzen, in Wiesbaden mit 3420 Sitzen, in Halle mit 37:21, in Görlitz mit 28.19, in Koblenz mit 22:21, in Wuppertal mit 44:32, in Oppeln mit 22:16, in Kiel mit 36.28 Sitzen. In Münſter trat an Stelle der abſoluten Mehrheit des Zentrums eine Mehrheit der Regierungsparteien von 25:23 Sitzen, während in Trier das Zentrum ſei⸗ ne abſolute Mehrheit erhalten konnte. Mehr⸗ heiten aus Nationalſozialiſten und Zentrum ergaben ſich u. a. in Köln, Duisburg, Eſſen und Düſſeldorf. Sehr bemerkenswert iſt das Wahlergebnis in Brandenburg⸗Havel, wo bisher die SPD. allein, bzw. mit der KPD. ut l über die Mehrheit verfügte. Dort at ſich jetzt eine Mehrheit der Regierungs⸗ parteien von 24:21 Sitzen ergeben, in Altona iſt an die Stelle der Linksmehrheit eine Re⸗ gierungsmehrheit von 36:25 Sitzen getreten. Dieſe Ergebniſſe wurden erzielt, obwohl die Wahlbeteiligung vielfach weit ge⸗ ringer war als am 5. März bei den Wahlen zum Reichstag und Preußenlandtag. Ganz beſonders bemerkenswert iſt der geradezu kataſtrophale Rückgang der Kommu- niſten. Die Anhänger dieſer Partei ſind offenbar nach dem Wahlergebnis, das trotz der ungeheuer geſtiegenen Wahlbeteiligung die Kommuniſten ein Fünftel ihrer Stim⸗ men und Sitze koſtete, mutlos geworden und halten eine weitere Beteiligung an Wahlen offenbar für nutzlos. In beſchränkterem Um⸗ fange kult dieſes— von wenigen örtlichen Ergebniſſen abgeſehen— auch auf die SPD. u, die 20 bis 30 Prozent ihrer Stimmen und itze einbüßte. Der Rückgang der Regie⸗ die Reichskommiſſare in Miho u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung ernheimer Anztiger (Vieruheimer Bürger⸗Zig.— Biernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile loſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von sämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes 5 bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berücksichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gew r nicht übernommen werben g Dienstag, den 14. März 1933 50. Jahrgang Neue Negierungsmaßnahmen Neichsminiſterium für Volksaufllärung und Propaganda— Dr. Goebbels Neichs⸗ vropagandaminiſter— Ein Erlaß Dr. Fricks— Vom Nundſunl Berlin, 14. März. Durch Erlaß des Reichspräſidenten wurde ein neues Reichsminiſte⸗ rium geſchaffen. Der Erlaß lautet:„Für Zwecke der Aufklärung und Propaganda in der Bevölkerung über die Politik der Reichsregierung und den nationalen Wieder⸗ aufbau des deutſchen Vaterlandes wird ein Reichsminiſterium für Volksaufklärung und Propaganda errichtet. Der Leiter dieſer Behörde führt die Be⸗ zeichnung„Reichsminiſter für Volksauf⸗ klärung und Propaganda.“ Die einzelnen Aufgaben des Reichsminiſte⸗ riums für Volksaufklärung und Propaganda beſtimmt der Reichskanzler. Er beſtimmt auch im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsminiſtern die Aufgaben, die aus deren Geſchäftsbereich auf das neue Miniſterium übergehen, und zwar auch dann, wenn hier⸗ durch der Geſchäftsbereich der betroffenen . zin den Grundzügen berührt wird.“ Der Reichspräſident hat den nationalſo⸗ zialiſtiſchen Abg. Dr. Göbbels zum Reichsminiſter für Volksaufklärung und Propaganda, und den bisherigen Mini⸗ ſterialdirektor Walter Junk zum Staats- ſekrekär dieſes Miniſteriums ernannk. Der neue Reichsminiſter Dr. Göbbels iſt am 29. Oktober 1897 in Rheydt(Rheinland) geboren und iſt katholiſcher Konfeſſion. Er promovierte in Heidelberg zum Dr. phil. und wandte ſich im Jahre 1922 der Politik zu. 1924 wurde er Schriftleiter der„Völkiſche Freiheit“ in Elberfeld. 1926 wurde er als Gauführer der NSDAP. nach Berlin beru— fen, wo er im Jahre 1927 Herausgeber des „Angriff“ wurde. Dr. Göbbels iſt ſeit 1928 Mitglied des Reichstags. Gegen Bedrohung der Geſchäftshäuſer Der Reichsminiſter des Innern, Dr. F rick, hat an die Innenminiſterien der Länder und Stuttgart, wüngsparlelen iſt dagegen in Durchſchnie geringer als der Rückgang der Wahlbeteili⸗ gung, die nach einem vorläufigen Ueberſchlag auf 80 Prozent geſchätzt wird. Man kann dabei die Stimmen der Chriſtlich-Sozialen und der Deutſchen Volkspartei wohl unbe⸗ dingt der Rechten zurechnen, ſo daß ſich das Endergebnis zu deren Gunſten noch ver⸗ ſchiebt. Das Ergebnis der Kommunalwahlen iſt aber auch ſtaatspolitiſch von außer⸗ ordentlicher Tragweite, denn wie ſich aus vorliegenden Zahlen ergibt, wird die Regie— rung ſowohl im Reichsrat wie im Staatsrat über eine einfache, wenn nicht ſogar über eine qualifizierte Mehr⸗ heit verfügen. Von den 66 Sitzen des Reichsrates entfallen 26 auf Preußen, von denen wiederum je 13 das Staatsminiſte⸗ rium und je 13 Provinzen einſchließlich Ber⸗ lins beſetzen. Von den 26 preußiſchen Sitzen werden ſicherlich 22 bis 23 auf die Regie⸗ vungsparteien entfallen. Die Kommunalwahlen werden ſicherlich in nächſter Zeit auch Neuwahlen zahlreicher Bürgermeiſter zur Folge haben, da es ja bisher notionalſozialiſtiſche Bürgermeiſter kaum gibt. Man kann wohl ſchon jetzt ſagen, daß die nationale oder nationalſozialiſtiſche Mehrheit in zahlreichen Magiſtraten mit den bisherigen e een kaum zu einer 1 Zuſammenarbeit kommen wird. Dresden, Karlsruhe, Darmſtadt, Bremen, Lübeck und Schaumburg⸗Lippe folgenden Runderlaß gerichtet.„In zahlreichen Städ⸗ ten des Reiches finden immer wieder Schlie⸗ zungen und Bedrohungen von Einzelhan⸗ delsgeſchäften ſtatt. Davon werden nicht nur die Inhaber der Geſchäfte, ſondern auch die Arbeiter und Angeſtellten der Geſchäfte ſo⸗ wie das kaufende Publikum und der allge⸗ meine Wirtſchaftsverkehr ſchwer betroffen Auch die Staatsautorität und die für den Wiederaufſtieg Deutſchlands unentbehr⸗ liche Vertrauensbelebung leiden unker ſolchen Willkürhandlungen Schaden. Im Inkereſſe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bitte ich, dieſen Uebergriffen nachdrücklich enigegenzutreken, und die dazu erforderlichen Anordnungen zu treffen.“ Wie von amtlicher Seite mitgeteilt wird, iſt anſtelle des bisherigen Reichskommiſſars für den Freiwilligen Arbeitsdienſt, Präſident Dr. Syrup, Reichsarbeitsminiſter Franz Seldte zum Reichskommiſſar für den Frei⸗ willigen Arbeitsdienſt ernannt worden. um die Kraſtfahrzeugſteuer⸗Reſorm Wie verlautet, iſt die Vorlage über eine Reform der Kraftfahrzeugſteuer nunmehr fertiggeſtellt, nachdem ſämtliche be⸗ teiligten Miniſterien hierzu Stellung genom⸗ men haben und dabei volle Einmütigkeit er⸗ zielt worden iſt. Einzelheiten über die Vor⸗ lage können jedoch noch nicht mitgeteilt werden, da ſie dem geſamten Reichskabinett noch nicht unterbreitet worden iſt. Dies hängt von den zeitlichen Dispoſitionen des Reichskanzlers ab. Man hofft jedoch mit Rückſicht auf den Ablauf der bisherigen Beſtimmungen am 31. März in Kürze die geplanle Re⸗ gelung durchführen zu können. An dem grundlegenden Entwurf einer mehr— monatigen Steuerfreiheit und einer Beſei⸗ tigung des bisher erhobenen Aufgeldes bei Teilzahlungen hat ſich nichts geändert. Nationale Geſtaltung des Rundfunks Auf den Gebäuden der Reichsminiſterien und der preußiſchen Miniſterien wurden am Montag die ſchwarz⸗weiß⸗roten Fahnen und die Hakenkreuzfahnen feierlich gehißt. Schu⸗ po, Sa- und SS⸗Formationen marſchierten zu den Fahnenhiſſungen an; ein zahlreiches Publikum wohnte ihnen bei. Anläßlich der Fahnenhiſſung auf dem Haus des Rundfunks erklärte Rundfunkkommiſſar Dr. Krukenberg, die Weiſungen für eine nakionale Geſſal⸗ tung des Deutſchen Rundfunks ſeien in Kürze zu erwarken. Nur diejenigen könnten an ihrer Durchfüh⸗ rung mitarbeiten, die ſich aus innerſter Ueberzeugung zur Wiedergeburt des deut⸗ ſchen Volkes durch den Sieg der nationalen Revolution bekennen. Engliſches Lob für die Reichsregierung London, 14. März. Neben den üblichen Senſationsmeldungen zeigt die engliſche Preſſe auch Anerkennung für die erſten Leiſtungen der Reichsregie⸗ rung. Der politiſche Mitarbeiter des„Daily Expreß“ ſchreibt: Deutſchland ſei eine machtvolle Einheik. In fünf Tagen habe Hitler das gelan, was Bismarck 40 Jahre lang umſonſt verſucht habe. Hitler habe Deutſchland geeinigt, während Bismarck es in au⸗ konome Staaken Nen zurückgelaſſen habe. Die„Sunday Times“ ſchreibt, die Gefahr einer roten Revolution werde als endgültig beſeitigt angeſehen. Durch die Gründlichkeit der Hitler-Regierung ſei die Gefahr eines Bürgerkrieges vermieden worden. Im„Ob⸗ ſerver“ wird die außerordentliche Geſchwin⸗ digkeit der Maßnahmen der Reichsregierung bewundert. die preußischen Gemeindewahlen Erfolge der N53 DAP.— Einzelergebniſſe— Kein„rotes“ Berlin mehr Berlin, 14. März. Die charakteriſtiſchen Merkmale des Ergeb⸗ niſſes der Gemeindewahlen in Preu⸗ ßen ſind einmal die ſtarken Erfolge der NSDAP. und ſodann der ſtarke Rü ck⸗ gang der kommun i ſtiſchhen Stim⸗ men. die Wahlbeteiligung war ge⸗ ringer als am Sonntag, 5. März. Ganz auffällig iſt das Abſacken der kommuniſti⸗ ſchen Stimmen in Groß-Berl in. Innerhalb von acht Tagen ſanken hier die kommuniſtiſchen Stimmen von rund 719 000 auf knapp 500 000 Stimmen, die übrigen Parteien insgeſamt haben dem- gegenüber in Anbetracht der geringeren Wahlbeteiligung längſt nicht ſolche pro⸗ zentualen Einbußen zu verzeeichnen Auffällig iſt der Abſtieg der KPD. auch an anderen Orten, ſo zum Beiſpiel in Hinden⸗ burg von 12,7 auf 7,7 Tauſend, in Münſter von 3,1 auf 1.3, in Düſſeldorf von 72 000 auf nur 45000. In Münſter ging das Zentrum von 30 000 auf 24000 zurück. Dort iſt jetzt die kommunale Zentrumsmehrheit gebrochen. Eindeutige Rechtsmehrheit weiſen jetzt außer Groß⸗Berlin auch die Städte Frankfurt a. M., Altona, Gleiwitz, Gladbach⸗ytyeyor und Hindenburg auf, um nur dieſe zu nennen. Abſolute nationalſozialiſtiſche Mehrheit ha⸗ ben die Städte Frankfurt a. Od., Elbing, In⸗ ſterburg und einige andere mehr. In Köln ſind die ſtarken Verluſte der KPD. und auch der SPD. bemerkenswert. Die Stimmenver⸗ ſchiebungen gegenüber der Landtagswahl ergeben in Köln folgendes Bild: NSDAP. 146 700 gegen 142 400, SPD. 48 700 gegen 33 000; KPD. 41 200 gegen 78 800, Zentrum 104 800 gegen 1119000, Schwarz⸗weiß⸗rot 20 100 gegen 23 900, DVP. 5200 gegen 7100, In Gladbach-Rheydt: NSDAP. 46 000 gegen 45 000, SPD. 5200 gegen 6400, KPD. 10 200 gegen 18 100, Zentrum 34200 gegen 41 000, Schwarz⸗weißs⸗rot 6100 gegen 6800. In Münſter: NSDAP. 24300 gegen 26 100, SPD. 3700 gegen 5300, KPD. 1400 gegen 3100, Zentrum 24000 gegen 30 100, Schwarz⸗weiß⸗rot 3600 gegen 6200. In Bres⸗ lau: NSDAP. 179 400 gegen 198 400, SPD. 77 400 gegen 79 600, KPD. 26 900 gegen 43 900, Zentrum 40800 gegen 43 600, Schwarz⸗weiß⸗rot 24100 gegen 22 100. In Magdeburg: NSDAP. 74000 gegen 83 100, SPD. 61 300 gegen 63 8000, KPD. 16 300 gegen 25 200, Zentrum 3900 gegen 4500, Schwarz⸗weiß⸗rol 26 200 gegen 20 600 In Hannover: NSDAP. 129 400 gegen 115 800, SPD. 98 300 gegen 90 200, KPD. 28 800 gegen 17800, Zentrum 13000 gegen 4100, Schwarz⸗weiß⸗rot 23 600 gegen 24 700. Berlins ſchwarz⸗weißz⸗rxote Mehrheit Das Ergebnis der Berliner Stadtverord⸗ netenwahlen iſt geradezu als ſenſatio⸗ nell zu bezeichnen, denn es hat gegenüber den Ergebniſſen vom 5. März noch einmal einen erheblichen Ruck nach rechts gebracht und eine abſolute Mehrheit der Regierungs— parteien hergeſtellt. Damit iſt das ſeit vielen Jahren kradi⸗ tionell„role Berlin“ ſchwarz-weiß-rot geworden. Während noch am Sonntag. 5. März, die beiden marxiſtiſchen Par- teien zuſammen mehr Stimmen auf. brachten, als die Regierungsparkeien und eine bürgerliche Mehrheit nur unker Einbeziehung der Mitte möglich geweſen wäre, iſt die Mitte zur Mehrheiksbildung jetzt nicht mehr notwendig. Am 5. März erhielten die Regierungspar⸗ teien zuſammen 1 359309 Stimmen(1032 342 plus 326 967), die marxiſtiſchen 1377 794 Stimmen. Jetzt haben erhalten die Regierungsparteien 1 295 545(984 243 plus 311302), die marxiſtiſchen Parteien 1065 780 SPD. 565 943, KPD. 499 847). Die Abnah⸗ me der Regierungsparteien beträgt 63 764, die der marxiſtiſchen Parteien 312 014. Auswirkungen auf Neichsrat und preußiſchen Staatsrat Die von den Provinzialverwaltungen zu beſtellenden Mitglieder des Reichsrates werden von den Provinzialausſchüſſen bzw. vom Magiſtrat Berlin gewählt. Der Reichskommiſſar für Bayern. Dem Generalleutnant a. D. Ritter v. Epp wurden als Reichskommiſſar für Bayern die Befugniſſe der oberſten Landesbehörde über— tragen. ana Ie WEEE Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) Ein ſonnig⸗warmer Frühlingstag empfing Brödjukoff, als er auf die Straße trat, um ſeinen Weg nach Char- lottenburg zu machen. Es war noch früh. Zeit genug, um Erdmann Ullrich im Werk aufzuſuchen, bevor er zu Lotte ging. Langſam ſchlenderte er die Mathälkirchſtraße hin⸗ Er rief ein Auto heran, ſagte dem Chauffeur das Fahrtziel, und warf ſich in die Polſter des Wagens. Was das für ein herrlicher Tag war— geradezu verheißungsvoll! Wer weiß, was unter, bis zur Potsdamer Straße. der ihm noch bringen würde? Das Auto hielt vor dem Werk. Ullrich. ſagte:„Da is er! Brödjukoff dankte ſeinen Ricke Rücken Arbeitern nich unter dem Wagen, mit wollte, als er endlich vor ihm ſtand. Brödjukoff ſtreckte ihm die Hand entgegen. Er nahm ſie nicht und wies lächelnd auf ſeine Hände. „Sie ſehen toll aus! Laſſen wir es lieber!“ ſagte er. Brödjukoff erfaßte doch ſeine Hand und drückte ſie feſt. „Der Junge ſcheint ja ganz verſöhnlich geſtimmt zu ſein“, dachte er. Parteien Goswin wies den Chauffeur an, zu warten, dann betrat er den weiten Hof. Wagen an Wagen ſtanden da; an einigen wurde ge— arbeitet. Er ging langſam an dieſen vorüber, blieb auch mal bei einem oder dem anderen ſtehen, ſah zu, wie die Leute daran ſchafften. Keiner fragte ihn, was er wünſchte; die Leute ſahen nicht einmal von ihrer Arbeit auf. Er wandte ſich an einen der Arbeiter und fragte nach Herrn Der Mann ſah ſich um, wies dann auf einen Wagen, der in einiger Entfernung von ihm ſtand, und Zehen Se, der da am Wagen arbeet't!“ und ſchritt auf den Wagen zu. Herrje, war das möglich— der Menſch war von zu unterſcheiden! Er lag auf dem Schraubenzieher Hammer arbeitend. Auf ſeinen Gruß ſteckte er den Kopf hervor, ſah flüchtig zu ihm auf. Er beeilte ſich nicht, unter ſeinem Wagen hervorzukommen, fragte auch nicht, was er Es ſieht ſchon jetzt feſt, daß von den 12 preußiſchen Provinzen zehn eine ein⸗ wandfreie Rechtsmehrheit aufweiſen und zwar: Oſtpreußen, Brandenburg, Pom⸗ mern, Grenzmark Poſen-Weſtpreußen, Niederſchleſien, Schleswig⸗Holſtein. Rei- ne nationalſozialiſtiſche Mehrheiten: Oberſchleſien, Zachſen, Hannover. Natio- nale Mehrheiten aus NSDAP. und Schwarzweiß- rok die Provinz heſſen⸗ Naſſau, deren Landtag aus den Kommu- nallandtagen Kaſſel und Wiesbaden ge⸗ bildet wird, wird gleichfalls eine Rechts ⸗ mehrheit aufweiſen, da Kaſſel eine reine nationalſozialiſtiſche und Wiesbaden eine Mehrheit von NSDAP. und Schwarz- weiß-rot erhielten. Hinzu kommt als elfte Reichsrats⸗ ſtimme die Stadt Berlin mit einer gleich⸗ falls nationalen Mehrheit aus NSDAP. und Schwarz⸗weiß⸗rot. Lediglich in Weſtfalen und in der Rheinprovinz hat das Zentrum ſeine Schlüſſelſtellung behalten. Nicht anders liegen demzufolge auch die Verhältniſſe in dem neu zu bildenden preußiſchen Staatsrat. Neuer Erlaß Görings Gegen unmittelbare Eingriffe in die Ver- waltung. Berlin, 14. März. Der Reichskommiſſar für das preußiſche Miniſterium des Innern, Reichsminiſter Gö— ring, gibt bekannt: In den letzlen Tagen ſind aus dringenden Gründen vonſeiten der nationalen Verbände unmittelbare Eingriffe in kommunale Ver- waltungen, Rechtspflege, Kunſtinſtitute, ins- beſondere Theaterbetriebe vorgekommen. Auf Grund des Erlaſſes des Herrn Reichs- kanzlers vom 12. März ſind derartige Ein- griffe unnötig geworden. Die Reinigungsaktion innerhalb meines Reſſorts wird von mir planmäßig ſelbſt vor⸗ genommen werden. Ich bin überzeugt, daß die nationale Bevölkerung zu meinen Maß— nahmen das notwendige Vertrauen beſitzt und unmittelbare Handlungen in Zukunft aus dieſem Grunde für unnötig halten wird. Abgeſetzte Vürgermeiſter Neuer Kurs auch in den Gemeinden. Berlin, 14. März. Nach der Uebernahme durch die Organe der Reichsregierung in den Ländern und Gemeinden erfolgen jetzt, wie ſchon von Reichsminiſter Göring angekündigt worden war, weitere Maßnahmen in den Stadtver⸗ waltungen. Für das preußiſche Gebiet hat der Reichskommiſſar des Reiches für das Mi⸗ niſterium des Innern mit ſofortiger Wirkung beurlaubt, den Oberbürgermeiſter von Köln. Dr. Adenauer, den Frankfurter Oberbür⸗ germeiſter Dr. Landmann, den Oberbür⸗ germeiſter Reuter von Magdeburg, den Oberbürgermeiſter Brauer in Altona und die Kieler Oberbürgermeiſter TLüken. Vom Berliner Magiſtrat wurden Stadtkämmerer Aſch, Stadtbaurat Wagner, Stadtſchul⸗ rat Niedahl und Stadtſchulrat Heuer beurlaubt. Außerhalb Preußens wurde über den Mannheimer Oberbürgermeiſter Dr. Heimerich die Schtzhaft verhängt, ebenſo über den Oberbürgermeiſter von Braun⸗ ſchweig, 9 98 Beide gehören der So⸗ zialdemokratiſchen Partei an. Der Oberbür⸗ germeiſter von Nürnberg, Dr. Luppe, hat dem Stadtrat mitgeteilt, daß er ſein Amt zur Verfügung ſtelle. Kokardenerlaß der Reichsbahn Die ſchwarz⸗rot⸗goldenen Kokarden werden abgeſchafft. Berlin, 14. März. Die Deutchſe Reichsbahn⸗Geſellſchaft hat an die Reichsbahndirektionen ein Telegramm ge⸗ richtet, in dem ſie darauf hinweiſt, daß in letz⸗ ter Zeit wiederholt Reichsbahnbedienſtete we⸗ gen Tragens ſchwarz⸗rot⸗goldener Kokarden an der Dienſtmütze angegriffen und beleidigt wor⸗ den ſeien. Sie hat daher angeordnet, daß das Tragen von ſchwarz⸗rot⸗goldenen Kolarden bis auf weiteres dort unterlaſſen werden ſoll, wo da⸗ durch Ruhe und Ordnung auf dem Bahngebiet gefährdet werden. Einige Reichsbahndirektio⸗ nen haben darüber hinaus in den Ausfüh⸗ rungsbeſtimmungen den Reichsbahnbedienſteten das Tragen von ſchwarz⸗weiß roten Kolarden an der Dienſtmütze bis zur endgültigen Neu⸗ regelung der Reichsfarben und der Reichskokar⸗ den freigeſtellt. Wie mitgeteilt wird, ſind gleiche Maßnah⸗ men auch bei anderen Behörden in Vorberei⸗ tung, deren Bedienſtete an der Aniformmütze die ſchwarz⸗rot⸗goldene Kokarde tragen. Spannung in Europa Engliſche Befürchtungen. London, 14. März. Mehrere Londoner Zeitungen befaſſen ſich eingehend mit der ernſten Spannung in Europa. Der ſozialiſtiſche„Daily Herald“ bringt eine Zuſammenſtellung von Meldungen aus einer Reihe von Hauptſtäd⸗ ten, unter denen eine aus Warſchau be⸗ merkenswert iſt, in der behauptet wird, daß jetzt in Polen ein Angriff von Na- kionalſozialiſten auf den polniſchen Kor- ridor erwartet werden müſſe. Ein Telegramm aus Belgrad beſagt, man erwarte dort, daß die Schwierigkeiten im Frühling mit Aufſtänden in Albanien beginnen würden, die dann Italien Grund zum Eingreifen und zur Entſendung von Truppen geben könnten. Der„Daily Herald“ erklärt dazu, ſo lange die Welt unter dem Schalten des Verſailler Vertrages mit allen ſeinen Angerechkigkeiten und Unklarheiten lebe, müßten die Gegen- ſätze zunehmen. Danzig, die Adria, der Bal⸗ kan, die Kriegsſchulden und die Rüſtungs⸗ frage ſeien die ungelöſten Probleme, die je- den Augenblick die Welt in Unruhe bringen könnten. Die engliſche Politik des Jögerns und Hin- und herſchwankens müſſe aufhö⸗ ren. Der„Daily Expreß“ ſchreibt, die Polen Flu he anks eng ſchicten Truppen aper Trup ridor und ve en dort 1 0 i, da gliſcher Staatsman olen als einen Angri rankreich betrachten würde. Die„N hronicle“ bringt einen langen Bericht über die geſpannte Stimmung in Straßburg. Der Berichterſtatter war offenſichtlich bei ei⸗ nem Beſuch in Kehl ganz überraſcht, daß dort völlige Ruhe herrſcht. Auch Daily Ex⸗ preß“ bringt einen Bericht aus Straßburg, in dem dargelegt wird, wie eine Kriegs⸗ pſychoſe durch alarmierende Gerüchte über Deutſchland und durch Verhaftung von Spio⸗ nen erzeugt wird. Deulſche Tagesſchau „And Ihr habt doch geſiegt.“ Wie der„Angriff“ meldet, hat Reichskanz⸗ ler Adolf Hitler am Kriegerehrenmal in München einen Kranz niedergelegt. Die Kranzſchleife trägt die Aufſchrift:„Und Ihr habt doch geſiegt.“ In einer Anſprache ſagte Reichskanzler Adolf Hitler, vor Jahren habe er in München den Kampf begonnen, der nun in ſeinem erſten Teile als politiſch beendet angeſehen werden könne. Er ſelbſt ſei überglück⸗ lich und ſtolz darauf, daß nicht der Norden Bayern gewonnen, ſondern daß aus freiem Willen ſich das Land ſelbſt zu der Ejnheit! bekannt habe. Er habe das Gefühl, daß in die⸗ ſen Tagen Bayern ſelbſt ſich eingegliedert habe in die große Front der erwachenden deultſchen Nation. Nicht vergepaltigend, ſondern durch Gleichſchaltung der“! deutſchen Nation das Höchſtmaß der ideellen Freiheit zu gewähren, das ſei der Wille der Reichsregierung. Die Erdbebenlataltrophe Eine vorläufige Schadensbilanz. Los Angeles, 14. März. Nach den letzten Meldungen aus dem Erd⸗ bebengebiet, das ſeit Freitag nacht von ins⸗ geſamt 35 Erdſtößen heimgeſucht wurde, be— trägt die Zahl der bisher feſtgeſtellten To⸗ desfälle 135. Fünftauſend Perſonen erlitten Verletzungen, die jedoch zum grö ten Teil leichterer Natur ſind. Der Sach⸗ ſchaden in Los Angeles allein wird auf eine Viertelmillion Dollar ge⸗ ſchätzt. Die traurige Arbeit des Grabens un⸗ ter den Trümmern nach Toten nimmt trotz der damit verbundenen Gefahr langſam aber ſtetig ihren Fortgang. Die Krankenhänſer ſind mit Verletzten angefüllt. In die Hilfs⸗ arbeiten teilen ſich Staats⸗ und Gemeinde⸗ beamte, Polizei, Kontingente des Heeres und der Marine, die Heilsarmee und das Rote Kreuz. Infolge der Notwendigkeit, im Freien zu kampieren, haben ſich viele Ein⸗ wohner Lungenentzündungen zugezogen. Am Montag früh brach die Haupl-⸗Gaslei⸗ kung, die von dem Kettman⸗Hills⸗Petroleum⸗ feld nach der ſüdkaliforniſchen Fabrik der Ediſon⸗Geſellſchaft in Los Angeles führt, in der Nähe der Stadt Watſon, und zeikweilig ſchoſſen Flammen empor, bis die Röhren durchſchnitten und geſchloſſen wurden. ſehe es Ihnen an.“ Doktor.“ im Werk herumführen.“ harte Muskeln ſehen. nicht, Herr Doktor.“ Während ſie Seite an und „Donnerwetter, Herr Ullrich, wie ſchuften Sie! Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Ni zeigen Sie mir mal Ihr Werk, wenn ich bitten darf! Sie tun es nicht gern; ich „Ich war eben bei einer ſehr eiligen Arbeit, Herr „Na, dann will ich Sie nicht lange aufhalten. Ich habe heute hier in der Gegend zu tun, da kam mir der Wunſch, Sie im Werk aufzuſuchen; aber ſtören will ich nicht. Kann ja ein anderes Mal wiederkommen.“ Unhöflich zu ſein, lag Erdmann nicht. „Wenn Sie unſere Arbeit intereſſiert, will ich Sie gern „Ob ſie mich intereſſiert? Sehr, junger Kollege, ſehr! Ich hatte mir die Sache hier ganz anders vorgeſtellt, bin einfach überraſcht, angenehm überraſcht.“ Sein Blick ging bewundernd über Erdmann hin, deſſen hohe, ſehnige Geſtalt wie aus einem Guß vor ihm ſtand. Unter dem offenſtehenden Hemd ſah er das ruhige Atmen der jungen Bruſt; die aufgekrempelten Aermel ließen ſtahl⸗ Und die großen dunklen Augen unter der gewölbten Stirn hatten etwas Sieghaftes. Erdmann griff nach ſeinem Arbeitskittel, der auf dem Wagen lag, und ſchlüpfte hinein. „So, nun können wir gehen. „So viel, daß ich ganz erſtaunt bin.“ Seite Magazine gingen, prüfte Brödjukoff mit ſeinem raſchen Blick fürs Praktiſche, was aus dem Werl zu machen ſei. Eine große Sache konnte man daraus machen. Aber er berührte es heute mit keinem Wort. Er bewunderte und lobte Erdmanns Arbeit. Der wies ſein Lob zurück. „Was Sie hier ſehen, iſt Laudins Werk. Er iſt ſehr tüchtig; ich lerne und arbeite nur unter ihm.“ In dem Augenblick ſcholl von einem Schuppen her Laudins Stimme. Erdmann horchte auf. „Wollen wir mal zu ihm gehen!“ ſagte er. „Nee, entſchuldigen Sie, Herr Ullrich, ich muß nun gehen, habe Sie auch lange genug aufgehalten.“ 125 Er kannte Lgudin; es lag ihm nichts daran, ihm zu begegnen. Auf einmal hatte er es ſehr eilig. Erdmann begleitete ihn über den Hof, trat mit ihm hinaus vor das geworden. gegangen. vorbereitete. Viel zu ſehen gibt es durch Schuppen und wie geſtern?“ im Werk.“ „Ach, wirklich!“ Portal. Vom Wagen aus wandte Brödjukoff noch einmal den Blick zurück; aber Erdmann war nicht mehr da. So recht klug war er nun doch nicht aus Erdmanns Verhalten *. 25: * Lotte ſtand auf dem Balkon ihres Wohnzimmers, das zum Garten hinaus lag. Von unten herauf ſtrömte der ſüße Duft blühenden Goldlacks und von Reſeden. Lotte atmete tief, mit geblähten Naſenflügeln. Welch ein Duft! Welch ein Tag! Ihre Gedanken ſuchten Erdmann, den ſie ſeit geſtern abend nicht geſehen. Nach der Auseinanderſetzung, die es zwiſchen ihr, ihrem Bruder und Brödjukoff ge⸗ geben, fühlte ſie ſich bedrückt. So gern hätte ſie Erdmann heute früh geſprochen; aber er war zeitiger als ſonſt fort⸗ Sie kam nicht los von der Vermutung, daß Erdmann ahnte, was ſich in aller Stille in ihrem Leben Daher der fühlbare Haß auf Brödjukoff. Er war eiferſüchtig auf ihn. i Mein armer, großer Junge! Ihre Augen füllten ſich mit Tränen. So leid tat ihr ihr Junge, der ſie ſo grenzen⸗ los liebte. Er war ihr auch der liebſte von ihren Kindern, ſtand ihr näher wie Grete und Hans. Aber ſeinetwegen auf ihr Lebensglück verzichten, das konnte ſie doch nicht. Niemand konnte das von ihr verlangen. Sie war noch ſo jung; daß ſie erwachſene Kinder hatte, das machte ſie ja nicht weniger jung und lebensfroh. Mit achtunddreißig Jahren wollte man ſchließlich noch nicht auf alle Freuden des Lebens verzichten. Sie trat ins Zimmer zurück. In öffnete das Mädchen die Tür und meldete Doktor Bröd⸗ jukoff, den ſie ſogleich einließ. Lotte ſtreckte ihm ihre Hände entgegen, die er voll Inbrunſt küßte. Er wußte: jetzt kam es darauf an, die Sache geſchickt zu drehen. Sein Blick ruhte auf Lottes Geſicht. Er ſah die heiße Unruhe in den großen, tiefblauen Augen. „Ich komme eben von Erdmann“, ſagte er. Hände, die noch in den ſeinen lagen, zuckten leiſe, „Und?“ fragte ſie.„Wie war er denn? Noch aufſäſſig dem Augenblick Ihre Ein Lächeln ging über ſein Geſicht. „J wo L reizend war er. Herumgeführt hat er mich a Gbortſezung folgt. den Kor⸗ N ö für ſe daß kein lands gegen ewas RNeuſeeland. 5 Ich he noch in paradi 0 Hahne Adee Das Smleierhaus Von Ferdinand Silbereisen. Zu den Zeiten des Königs Wenzel lebte in Prag ein Bürger namens Johann Roth⸗ löw mit ſeiner jungen Frau in glücklichem Wohlſtande. Er betrieb mit Eifer und Ein⸗ ſicht den Bergbau, wurde aber dabei ſchließ⸗ lich vom Mißgeſchick verfolgt und ſetzte nach und nach, um das aufgewendete Kapital zu retten(immer auch in der ſtillen Hoffnung, einmal eine reiche, alle Anſtrengungen und Opfer lohnende Ader edlen Metalles zu tref⸗ ſen), ſein ganzes kleines Vermögen zu. Gerade als ſeine Mittel völlig erſchöpft waren, war es ihm nach ſorgfältigen Beobachtungen und Berechnungen zur Gewißheit geworden, daß die loch aus den Zeiten des Heid zatums ſtam⸗ mende, längſt aufgegebene„Euleagrube“ die erhofften Schätze berge, die ihn mit einem Schlage zum reichſten Mann machen würden. Aber woher die zum erfolgreichen Betrieb notwendigen Geldmittel nehmen, um den Berg⸗ bau dort wieder aufzunehmen? Da bot ſeine Frau, aus wohlhobender Fa⸗ milie ſtammend, all ihren Schmuck und ſon⸗ ſtigen kleinen Koſtbarkeiten zur Beſchaffung von Barmitteln an, und Rothlöw, feſt über⸗ zeugt von der Gewißheit baldiger reicher Aus⸗ beute, nahm das rührende Opfer ſeiner Ehe⸗ liebſten gern an, und machte die Pretioſen zu Geld. Aber auch dieſer Einſatz blieb leider ver⸗ dem erwünſchten und erhofften Ziele dem voll⸗ hochgradigen Fieber. Nur noch eine Summe, eine Bagatelle, wäre anzuwenden, um alles zu gewinnen, und nun ſollte der ganze Plan an dem Mangel dieſer Lappalie ſcheitern, und zwar endgültig, nachdem bereits ſo viel Unſummen umſonſt in das Unternehmen hin⸗ eingeſteckt worden waren?. Wohl hatte ſeine Frau noch ein teures Wertſtück, einen herrlichen, von ihren mütter⸗ lichen Großeltern ererbten Spitzenſchleier; aber er konnte es doch nicht über ſich bringen, ſie auch noch deſſen zu berauben, und in dieſem Zwieſpalt der Empfindungen verſank er von Tag zu Tag mehr in düſtere Schwermut. Da brachte die Frau, die den wahren Sachver⸗ halt und den eigentlichen tieferen Grund des Tiefſinn ihres Mannes erkannte, von ſich aus freiwillig das Opfer, verkaufte in heroiſcher Gattenliebe den Schleier und gab dem aufs angenehmſte Ueberraſchten das Geld zur Fort⸗ ſetzung der unterbrochenen Arbeit mit Freu⸗ den hin. N. Rothlöw war hiervon bis zu Tränen ge⸗ rührt und ging mit neuem Mut ans Werk. Schon nach wenigen Tagen hatte er wirklich das große Glück, auf die langgeſuchte Silber⸗ ader zu Noßen, die in der Tat alle gebrachten Opfer reichlich of und ſeine zähe Aus⸗ dauer glänzend bezahlt machte und ihn zum reichſten Manne von ganz Prag werden ließ. Er gewann aus dem im Bergwerk zur Eule geſchlagenen erſten großen Gang, dem er aus Pietät und 95 ewigen Erinnerung an das heroiſche Schleieropfer ſeiner Gattin den Na⸗ men„Schleierhauptzug“ beilegte, einen Rein⸗ ertrag von 300 000 Goldgulden; er baute Ein ſich dann in der Altſtadt zu Prag ein ſtattliches Haus mit prächtigen Sälen, Zimmern und Erkern und verwaährte im Ehrenplatz unter Glas und Rahmen den ſchönen, wieder zurückerworbenen Schleier. 1 1 er mit ſeiner teuren, treuen Gattin, die Leid und Freud ſo redlich mit ihm geteilt hatte, und die ihm in frohen und kummervollen Zeiten ſo tapfer zur Seite geſtanden hatte, ſegensreichen, Hier lebte kön 55 hatten die Piloten der Marineflugzeuge Ge⸗ 1 1 das Männchen das Geſchäft des ſtändigen Ruin nahe ſah, ſtieg bis zu 1 0 ö eine bieren tonnen, wie bies or und nach mir wohl wenigen beſchieden geweſen iſt. 1 Sonderling unter den Völkern Neu⸗ eelands iſt der Kiwi, von dem mir vier rten bekannt ſind. Der Kiwi iſt ein Strauß von der Größe eines großen Haushuhns, von gedrungenem Körperbau, mit kräftigen, krallenbewehrten Füßen, einem langen, ſäbelartig gekrümmten Schnabel, an deſſen Ende vorzüglich entwickelte Riechorgane ſit⸗ zen, mit ganz verkümmerten, kaum ſicht⸗ baren Flügelrudimenten und bedeckt mit er braunen oder graubraunen ſedern. Als Einſiedler, ungeſellig, ſtreiſt der Kiwi faſt das ganze Jahr durch die Wäl⸗ der. Bei Tag ſchläft er in meiſt unter Bäu⸗ men angelegten Höhlen; nach Sonnenunter⸗ gang kommt er heraus, um Nahrung zu ſu⸗ chen Bedächtig ſchreitet er im Dunkel auf ausgetretenen Kiwipfaden, den Kopf zur Erde gebeugt, ſo daß ſein Riechorgan knapp über die Erde hinſtreift. Dieſe Pfade wer⸗ den von dem Kiwi mit großer Sorgfalt an⸗ gelegt und täglich von Aeſten, Steinen uſw. N ſie ſind etwa 26 Zentimeter beit. Die Wälder, in denen Kiwi hauſen, ſehen wie von Miniaturſtraßenfyſtemen geädert aus. Nur für die kurze Zeit der Paarung wird der Sonderling geſellig. Die Flitter⸗ wochen werden gemeinſam in einer Höhle verbracht, und Nacht für Nacht geht das Paar gemeinſam auf Nahrungsſuche. Ich beobachtete ſtets, daß ſich alte Weibchen 1 1 b junge Männchen und alte Männchen junge geblich; die geſuchte Ader fand ſich nicht, Weibchen zu Liebesſpielen ſuchten. und die Unruhe des Mannes, der ſich anſtatt Wenn das Weibchen ſein Ei gelegt hat, übernimmt Brütens, während das Weibchen allein in einer be⸗ nachbarten Höhle ſchläft. Die Jungen ſind bald ſelbſtändig, und die Eltern kümmern ſich wenig um ſie; ich ſah niemals Kiwi ihre Jungen verteidigen. Ein in ſeinen Lebensgewohnheiten dem Kiwi ähnlicher, ebenſo abſonderlicher echter Neuſeeländer iſt der aroße, arüne Erd oder Eulenpapagei, der Kakapo der Maori Dieſe Vögel haben ein mehr eulen⸗ als papageiähnliches Ausſehen, ſie ſind etwas größer als der Kiwi, und auch ſie können nicht fliegen. Ihr Bruſtkorb iſt flach, und die Flügel ſind verkümmert. Sie leben noch einfamer als die Schnepfenſtrauße und ſind unter allen Vögeln die ungeſelligſten. Wie die Kiwi ſind auch die Kakapo Nachtwandler. Tagsüber ſchlafen ſie in Höhlen, und„der Mond iſt ihre Sonne!“ Der dritte im Bunde der Skurrilen iſt das Maorihuhn oder Weka der Maori. Ich beobachtete ſechs bereits bekannte Arten und entdeckte eine ſiebente bisher unbekannte Art auf der Stewartinſel. Dieſe Rallen ſind Halbnachtvögel. Wehrhafter und ſchlauer als Kiwi und Kakapo, iſt das Maorihuhn auch geſelliger. In Größe und Ausſehen iſt die Rieſenralle dem Kimi ähnlich. ſie kann Im Ilugzen f au Fischa aber fliegen und deeorzugt Sümpfe, Seen und deen als Aufenthaltsort. Ihre Zu⸗ traulichkeit, ja Zudringlichkeit und ihre die⸗ biſche Veranlagung habe ich oft in wenig er⸗ freulicher Weile erfahren. In den Sunden beobachtete ich viel die Maorihühner, die ſo zutraulich waren, daß ſie ohne weiteres in meine Hütte kamen und ſich von mir Futter geben ließen ober es ſtahlen. Im Duskyſund beſuchte mich jeden Mor⸗ gen und Abend eine Weka und holte ihr Futterdeputat. Als ich dieſen Lagerplatz auf einer zweiten Expedition wieder aufſuchte, kam zu meinem größten Erſtaunen meine alte Freundin wieder zu mir betteln. Weni⸗ ger erfreulich waren mir ihre diebiſchen Eigenſchaften Als ich einmal im Freien auf einem Baumſtrunk mein Mittagsmahl aus⸗ gebreitet halte, ſah ich einen ſchönen Falken vorbeifliegen und verfolgte ihn. Vei meiner Rückkehr fand ich den„Tiſch“ leer; Butter⸗ brot und Meſter hatte mir eine Weka ge⸗ ſtohlen. Wenn ſie ſich verfolgt wußten, waren ſie von erſtaunlicher Schlauheit; mei⸗ nen Cäſar foppten ſie oft ſtundenlang durch Wälder, indem ſie in einer Höhle verſchwan⸗ den und, während Cäſar grub, aus einer an⸗ deren Oeffnung herauskrochen. Setzte dann Cäſar die Verfolgung fort, ſo liefen ſie im Zickzack um Baumſtämme wie beim Fangen⸗ ſpielen. Ein abſonderlicher Vogel iſt auch der hei⸗ lige Huiga der Maori, deſſen ſchwarze, am Rande weiß gebänderte Schwanzfedern als höchſtes Häuptlingsrangzeichen von den Maori im Haar getragen wurden. Das Son⸗ derbare an dieſem Vogel iſt, daß die Natur Männchen und Weibchen unzertrennbar an⸗ einandergekettet hat. Das Männchen hat nämlich einen kräftigen, kurzen, keilförmigen Schnabel, mit dem es wie ein Specht, Löcher in Rinde und Baumſtamm hackt; der Schna⸗ bel des Weibchens dagegen iſt lang, dünn und gebogen und befähigt es, die Würmer aus den vorgebohrten Löchern wie mit einer Pinzette herauszuziehen. Die gefundene Nahrung wird ehrlich geteilt. Beide Gatten ſind alſo gezwungen, in glücklicher Ehe zu leben, wenn ſie nicht verhungern wollen. Der zarteſte und wunderſamſte unter den Sängern der neuſeeländiſchen Vogelwelt it der Glockenvogel, der ſchon ſehr ſelten und nur noch auf kleineren Inſeln zu finden war. Auf der Hauturuinſel beobachtete ia eingehend dieſen ſüßeſten aller Sänger de⸗ Urwaldes. Nahe meiner Nikaupalmenhütt⸗— inmitten der einſamen Inſel konzertierten je den Morgen und Abend zehn bis zwanzte dieſer bunten Vögel. Es war ein regelrechte Konzert Ein auf dem höchſten Aſte ſitzen⸗ der Vogel gab durch einen ſchnalzender Schlag mit dem Schnabel das Zeichen zu Beginn, dann ſetzte uniſono der Chor ein der wieder darch einen Schlag des Kapeb⸗ meiſters zum Pauſieren gebracht wurde. Die Technit im Dienſt der Hochſeefiſcherei Man muß aus nächſter Nähe die anſtren⸗ ende Suche der Hochſeefiſcher nach den Fiſchbänken geſehen haben, um die Dienſte, die heute Waſſerflugzeug und Radio den Fi⸗ 1 555 leiſten, nach ihrem ganzen Wert wür⸗ igen zu können. Während des Weltkrieges legenheit, ſich von der Leichtigkeit zu über⸗ zeugen, mit der man von Bord des Flug⸗ zeugs aus dem Zuge der Wanderfiſche zu daß er es ihr nie genug danken konnte, wie er immer ſagte, noch viele ſchöne, ungetrübte Jahre, bis ihm im Jahre 1358 Kaiſer Karl 4. das märchenhaft ausgeſtattete Haus für die von ihm gegründete Universität abkaufte, worauf dem Hauſe der Nam?„Care linum“ bei⸗ gelegt wurde. Bis dahin hatte es im Volks⸗ munde allgemein nur das„Schleierhaus“ ge⸗ heißen. ö —— Gefieder“ Sonderlinge Neuſeelands unbekannte Wunderwelt. Die ferne Wunderwelt Neuſeelanos iſt dem Europäer faſt völlig unbekannt. Abſeits der großen Straße des Weltverkehrs und der Globetrotter gelegen, hat ſie ſich lange unberührt gehalten, und während ſich die übrige Welt ſeit dem Kriege durch die ſtarke Zunahme der geographiſchen Literatur und der Reiſefeuilletons e die letzten Winkel hinein entſchleiert hat, verbindet ſich mit dem Namen dieſes Antipoden kaum eine Vorſtellung... Und dabei war es ein deut⸗ ſcher Forſcher, der Oeſterreicher Andreas Reiſchsk, der einſt ganz auf ſich ſelbſt geſtellt die wundervolle„ſterbende Welt“ der unbe⸗ rührten Natur Neuſeelands. und ſeiner Ur⸗ e ner, der Maori, durchforſcht hat. Sein uch Sterbende Welt“, bei Brockhaus er⸗ ſchieneſſ gehört zu den ſchönſten Werken unſerer 11 0 g 15 chen Literatur. „Der Aufenthalt im Urmaori⸗Land“, ſchreibt Reiſchek,„war mein tiefſtes Erlebnis guf Reuſeeland. J tte hier nicht nur Eln⸗ blick in eine dem a Raſſenkultur eines Naturvolkes . gewonnen, ſondern auch die imiſche Tierwelt, die hier er lol keit in aus⸗ ern hau e * 8. e ntergange geweihte edle England, folgen vermag. Auf Grund dieſer Erfahrung machte man im Jahre 1919 zunächſt in dann in Norwegen, in Kanada und den Vereinigten Staaten praktiſche Ver⸗ 4 e e ee ee e ee ee unmittelbarer Nähe der Boote, zeugt ſi ſtändiges Kreiſchen, rung warten. uche, die darauf abzielten, die Waſſerflug⸗ zeuge heranzuziehen, um den Fiſchern das Auftauchen der Fiſchzüge zu ignaliſieren. Ddie Methode wurde dann weiter ausgebaut, and der Gedanke dieſes Signaliſierungs⸗ dienſtes iſt inzwiſchen auch anderwärts ver⸗ wirklicht worden. Der Berichterſtatter eines ausländiſchen Blattes gibt auf Grund perſönlicher Be⸗ obachtung einen anſchaulichen Bericht über einen ſolchen Aufklärungsflug.„Wir ſtei⸗ gen am Morgen von Glouceſter auf, dem in der großen i gelegenen Hafen, der ſeit Jahrhunderten den engliſchen Schiffern als Ausgangs⸗ und Stützpunkt dient. Nach we⸗ nigen Minuten befinden wir uns über dem Atlantik zwichen dem runden Gipfel des Kap Cod und den braunen Felſen der Trat⸗ cher⸗Inſel. In majeſtätiſcher Ruhe breitet le vor uns das Meer, nur an den Klippen er Küſten kräuſelt ſich der milchige Schaum der Brandung. Von ſern tauchen die gro⸗ ben Fiſcherboote auf, erſt vier, dann fünf, ann eine ganze Flotte, die in der hellen Klarheit des ſer gleiten. Der Pilot ſenkt ſich im raſchen Sturz nach unten und nimmt den Kurs in r Boote. Er winkt mit der Hand zum Gruß hinüber und über⸗ 5 it einem raſchen Blick, daß das Ve der Poole noch leer von Bèute iſt und daß die Fiſcher ungeduldig Ausſchau halten. Scharen pon Möwen umflattern die Ma⸗ Morgens leicht über das Waſ⸗ n der Bdote und 1 durch ihr be⸗ „Auch ſie, auf Nah⸗ Der e, ſo genau ſtu⸗ J die Flotte, vor drei Tagen ausgefahren ist „„ 7 4* Wei Wan — e 1 ilot erklärt mir, daß die Wogen ſtreift. * und ſeit drei Tagen aͤngſtlich Ausſchau 1 0 um die Zeichen zu ſichten, die auf das orhandenſein einer großen Fiſchbank ſchließen laſſen. Da die Boote mit Radio⸗ apparaten ausgerüſtet ſind, haben die Fi⸗ ſcher fortlaufend von der Sendeſtation Be⸗ richte über die Lage des Fiſchmarkts erhal⸗ ten, Berichte, die ihnen melden, daß infolge der knappen Zufuhr die Preiſe ſcharf an⸗ ziehen. Dieſe Benachrichtigung läßt den fruchtloſen Ausblick nach den Fiſchen nur noch ſchmerzlicher empfinden. Jetzt ſteigen wir wieder in die Höhe und nehmen Kurs auf die hohe See. In raſcher Umkreiſung werden Meilen und Meilen des Meeres durchforſcht, bis wir plötzlich ein rieſiges Le⸗ beweſen ſichten, das an der Oberfläche des Waſſers chwimmt und gewaltige Waſſer⸗ ſäulen aufſteigen läßt. Es iſt ein Walfiſch der zweifellos auf der Verfolgung von Fiſch⸗ ſchwärmen begriffen iſt. Nach einer kurzen Wendung ſehen wir das Meer wie von einer breiten dunkelblauen Maſſe bedeckt. Sie iſt einen halben Kilometer lang und 200 Meter breit. Blitzſchnell ſchießt das Flugzeug abwärts und nähert ſich dem Gebiet, wobei es faſſ Wir unterſcheiden deut⸗ lich eine ungewöhnliche Menge von dunklen Stäben, die an der Oberfläche ſchwimmen, während andere hier und da aus dem Waſ'⸗ ſer herausſpringen. Dann gleißen Leiber einen Augenblick in der Sonne. Millionen Fiſche ſind auf dieſem Fleck vereint, die ver⸗ zweifelt ſchwimmen, um dem Ungeheuer zu entgehen, das 5 verfolgt und unterwegs Hunderte von Fiſchen verſchlingt. Aber der Pilot iſt mit einem kleinen Maſchinengewehr ausgerüſtet und gibt während des Fluges über dem ae ein paar Salven ab. Der ſchwimmende Rieſe ſtutzt und verſchwindet raſch, um 300 bis 400 Meter weiter aufzu⸗ tauchen und ſeine 8 in entgegengeſetzter Richtung fortzuſetzen. toßer Fiſchſchwarm in Richtung Südoſt fin Meilen von Cap Cod ſchwimmt. Zwei oder dre Umkreiſungen überzeugen uns raſch, daß die Voote den richtigen Kurs ein⸗ haben, und nach ekledigter Auf⸗ e wir den Rückweg an. 84 8 enn 1 nn geben wir allen Küſtenſtatlonen die Radiomeldung, daß ein 100 b„ Bäume, die Zutker lieſern Von der Palme zur Birke. N Daß Bäume in ihren ſüßen Früchten Zuk⸗ lex hervorbringen, weiß wohl jeder Menſch, weniger bekannt dürfte es ſein, daß einige Baumarten in ihrem Stamm und in ihren Aeſten derartig reich an dieſem nahrhaften Süßſtoff ſind, daß heute noch aus ihnen ſehr große Mengen davon trotz dem Ueberangebot von Rohr⸗ und Rübenzucker gewonnen wer den. Im Indiſchen Archipel bis zu den Mo⸗ lulken und Philippinen hin gewinnen die Eitt⸗ geborenen ſchon ſeit undenklicher Zeit kriſtalli⸗ ſierten braunen Zucker durch Anzapfen der Stämme der Zuckerpalme(Arenga ſaccharife⸗ ra), und Eindampfen des ausfließenden Saf⸗ tes in einfachen Eiſenkeſſeln. Im Weſten von Java wurden gegen Mitte des vorigen Jahr⸗ hunderts noch viele tauſend Zentner von die⸗ ſem Palmenzucker jährlich gewonnen, obgleich ſchon damals auf der Inſel die Zuckerrohrkul⸗ tur ſehr großen Umfang e langt hakte. Sich er⸗ lich hätten die Anpflanzungen der auch für verſchiebene andere Zwecke benutzten Palme ſich auf Java noch ſehr erweitert, wenn micht die holländiſche Ko onialverwaltung die Einge⸗ borenen gezwungen hätte, allen Palmzucker zu dem Spottpreis von weniger als 2,5 Mark für den Zentner an: Staatsmagazine aß⸗ zuliefern. Noch jetzt. man auf Java überall dieſen aromatiſcſen an Marzipan er⸗ innernden Zucker für weniges Geld kaufen und hier und da auch ſolchen, welcher aus deut Saft des Stammes der Kolos⸗ ſowie der Ge⸗ bang⸗ oder Talipotpalme gewonnen iſt. Erſtaunlich groß iſt die Menge des Baum⸗ zuders, den man jährlich in Nordamerita dem Stamm des Zuckerahorns(Acer ſacchatinum) entnimmt. Kanada erzeugt zurzeit jährlich 13 Millionen Kilo, und in den Vereinigten Staa ten erſtreckt ſich die Gewinnung ſogar auf 16,5 Millionen Kilo im Jahre. Am beſten gedeiht der Zuckerahorn in den kanadiſchen Provinzen Quebec, Ontario, Neu⸗Braunſchweig und Neu⸗ Schottland. Weiter ſüdlich aber in den Ver⸗ ci i ten Staaten bilden Neu⸗-Hampfhire, Ver⸗ mont, Pennſylvanien und Newyork ſeine ſüd⸗ liche Wachstamsgrenze. Ueberall in dieſen Ge⸗ bieten wurde die Gewinnung des Baumzuckers ſchon von den Indianern ſehr eifrig betrieben. Dieſe legen ihr heute noch ſo große Bedeutung für ihren Haushalt bei, daß ſie den Februar, in welchem der füße Saft des Baumes haupk⸗ ſächlich abgezapft wird, den„Ahornmonat“ nennen. Wo man die Wahl hat, zapfk man am liebſten über 100 Jahre alte Bäume an, in⸗ dem man etwa einen halben Meter über dem Erdboden Löcher durch die Rinde und den Splint des Stammes bohrt, ohne ſein Wachs⸗ tum dadurch zu beeinträchtigen. Man kann da⸗ im anbrechenden Frühling wohl 40 Jahre wiederholen und ſo aus einem einzigen Baum bis 120 Kilo Zucker gewinnen. In Europa wird der Saft unſerer gemeinen Birte ſchon ſeit langer Zeit zur Gewinnung von Zucker benutzt. Nach Lippmann ſiedet man in Nordamerila hin und wieder Zucker aus dem Saft der Schwarzbirke. Daß die ge⸗ nannten und viele andere Baumarten in ihren holzigen Teilen Zucker enthalten, kann uns heute eigentlich nicht mehr in Verwunderung verſetzen. Wiſſen wir doch durch Willſtäkter und Bergius, daß ſich der Zellſtoff des Hol⸗ zes durch ein verhältnismäßig einfaches cheme⸗ ſches Verfahren zum Teil in Zucker verwan⸗ deln läßt. Neues aus aller Welt Zum Tode verurkeill. Das Schwurgeriche Frankenthal(Pfalz) verurteilte den Schmied Felix Geis aus Mutterſtadt wegen vorſätzlichen Mordes zum Tode und zum dauernden Verluſt der bürgerlichen Ehren⸗ rechte. Geis hatte am 25. Januar ſeine Frau, mit der er erſt ſeit Pfingſten 1932 verheira⸗ tet war, zwiſchen den Orten Haßloch und Ig⸗ gelheim auf freies Feld gelockt, wo er ie auf beſtialiſche Weiſe ermordete. Die Leiche hatte er dann in einen Grabendurchlaß ge⸗ ſteckt, wo ſie drei Tage ſpäter von Kindern gefunden wurde. Als Motiv der Tat nimmt man an, daß Geis ſeine Frau beerben wol te, um ſeine 18 jährige Geliebte heiraten zu önnen. N 5 I Zachdecermeiſter mit ſeinem Sohn in die Tiefe geſtürzl. In Mayen ereignete ſich ein ſchweres Unglück. Ein Dachdeckermeiſter führte mit ſeinem Sohn und einem Lehrling auf dem Dach eines Hauſes eine Reparatur aus, als plötzlich das Schutzgerüſt nachgab. Der Dachdeckermeiſter und deſſen Sohn ſtürz⸗ ten ab und trugen ſo erhebliche Verletzungen davon, daß ſie dem Krankenhaus zugeführt werden mußten. Dort iſt der Dachdecker meiſter einige Stunden darauf geſtorben. Der Sohn hat einen Unterſchenkelbruch da⸗ vongetragen.* Iwiſchenfall im Kölner Opernhaus. Bei der Aufführung von Beethovens„Fidelio“ kam es im Kölner Opernhaus zu einem Zwiſchenfall. Beim Auftreten das Barito-⸗ niſten Schmidt⸗Scherf, ſetzte aus dem„5 ſchauerraum u. a.. Leuten ein Pfeifkonzert ein, ſo daß ſchließlich die Aufführung abgebrochen werden mußte. idt⸗Scherf wandte ſich gegen die Kund⸗ geber und erklärte, kein Jude zu ſein. Nach dem der Obmann der ae e einge⸗ griffen hatte, konnte ſchließlich die Vorfſel⸗ lung ohne weitere Jwiſchenfälle zu Ende ge⸗ führt werden e eee 4% 9. auch von einigen 4 0 — 2* 28 2 8 Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale! Achtung! ein Mädchen vom Himmel gefallen!! J. Fortſetzung. Henckelsberg nickte lebhaft. „Ja, da ſteht man ganz einfach machtlos Viſavis. Aber wir wollen doch mal ehrlich ſein. Jeder Menſch ſoll nach ſeiner Faſſon ſelig werden. Na, ſiehſt du, ich bin ſelig, ſo wie ich lebe. Ich habe übrigens auch Leidenſchaften. Da iſt zum Beiſpiel meine Orchideenzucht. Für eine einzige dieſer koſtbaren Pflanzen könnte ich Jahre meines Lebens hingeben. Dieſe Blumen haben wirkliche Geſichter. Die einen ſehen kummervoll aus, die anderen mißmutig. Dann wieder gibt es einige, die lachen immer über ihr ganzes, zartes Blütengeſicht. Wieder andere ſehen ſchlau aus, bei⸗ nah verſchlagen und liſtig. Neulich gab es ein trauriges Begräbnis. Da war eine teure Pflanze aus den braſilia⸗ niſchen Urwäldern, die ich mir im vorigen Jahre für viel Geld von einem dortigen Farmer hatte ſchicken laſſen, ein⸗ gegangen. Ja, ſiehſt du, mein lieber Bruno, dieſe Orchideenſammlung, die ich hege und pflege, iſt meine Leidenſchaft.“ „Nimm es mir nicht übel, Sigwart: du biſt ein ſelt⸗ ſamer Kauz.“ Der Baron neigte ſich ein wenig vor und deutete ein Lächeln an.„Sehr erfre' über deine Diagnoſe. Aber da wir von meinen Leidenſchaften ſprachen: Da ſind noch die Pferde. Wenn ich in geſtrecktem Galopp durch meine Jagd⸗ gründe trabe, tauſche ich mit keinem König der Erde. Ver⸗ heiratet ſein und dann vielleicht ſo mit einer Frau im Schritt durch die Felder reiten, auf dem frömmſten Gaul womöglich; fortwährend aufpaſſen, daß die holde Gattin nur ja nicht aus ihrem Damenſattel rutſcht—, nee, danke beſtens!“ „Oh, es gibt entzückende Frauen, die dem Manne rechte Kameraden ſind. Du kommſt ja nie in die Stadt. Du kenuſt ja gar nicht den modernen Mädchentyp. Sport⸗ gewandt wie die Männer ſind die jungen Damen heut⸗ zutage. Da könnte ich mich ſogar noch für eine dieſer Amazonen begeiſtern.“ Sigwart von Henckelsberg zog ein Geſicht, als habe er Eſſig getrunken. Der Ausdruck war ſo urkomiſch, daß der Sanitätsrat in helles Lachen ausbrach. „Denke nur übrigens nicht, lieber Bruno, daß ich ſo Nachdruck verboten. ganz ohne Seele bin. Ich habe nämlich einen Menſchen, an dem ich wirklich mit allen Faſern meines Herzens hänge. Das iſt der Majoratserbe, mein Nefſe Axel.“ „Ah! Der Aſſeſſor Axel von Henckelsberg!“ Der Baron nickte. „Der Sohn meines Bruders. Er beſucht mich öfters. Dann bleibt er, ſolange es ſein Urlaub geſtattet, hier. Wir reiten zuſammen, gehen auf die Jagd oder angeln. Er hängt ſehr an Hohentann Auch iſt er ein prächtiger Junge. Uebrigens hat er dieſelbe Abneigung gegen das weibliche Geſchlecht wie ich. Ja, das mag wohl ſo ein bißchen in uns Henckelsbergs liegen. Unſer Geſchlecht hat immer und überall ſtets ſeinen Mann geſtanden. Unſere Vorfahren kämpften in den Kreuzzügen unter Friedrich Barbaroſſa — aber Minnediener, wirkliche Minnediener ſind nur wenige von uns geweſen.“ „Und du glaubſt wirklich, daß der junge Herr, der ſchlanke, hübſche Aſſeſſor Axel von Henckelsberg, noch keinen Mädchenmund berührt hat?“ „Ich glaube es nicht— ich weiß es.“ Der Baron be— gann zu lachen.„Das iſt völlig ausgeſchloſſen! Du kennſt Axel nicht, Bruno. Er iſt Juriſt und Reiter und— Majoratserbe von Hohentann.“ In dieſem Moment trat der Stallknecht auf die Terraſſe. „Herr Baron, der„Noſenkavalier' iſt geſattelt.“ „Gut ſo!“ Der Stallknecht verſchwand. „Du entſchuldigſt mich, Bruno! Mein Morgenritt ge- hört zu meinen Lebensgewohnheiten. Du ſuchſt dir viel⸗ leicht im Park ein ſchattiges Plätzchen. Die Bibliothek ſteht dir auch zur Verfügung. In einer Stunde bin ich wieder zurück.“ Sie reichten ſich die Hände. 8 „Noch eins, Bruno: Verſprich mir, nicht mehr von den Frauen zu reden“, ſagte der Baron mit ernſtem Geſicht. „Ich verſpreche es. Du biſt ja doch nicht zu bekehren!“ „Na!— Endlich ein wirklich vernünftiges Wort!“ lachte von Henckelsberg. Dann trennten ſie ſich. Fünf Minuten ſpäter ſprengte der Majoratsherr auf dem„Roſenkavalter“ zum Tore hinaus. In geſtrecktem Galopp durchritt er ſeine Gründe. Noch glitzerte der Tau der Nacht auf den Gräſern. Tauſend⸗ farbig brachen ſich die Strahlen der Sonne in den Tropfen. Ueber dem prächtigen Gelände lag Frieden, Blumenduft und Sattheit. Ein paar erſchrockene Haſen flitzten vor den Hufen des munteren Gauls vorüber. Ein fliehendes Reh brach durch den Buſch. Plötzlich ließ der Baron das Pferd in Trab übergehen. Dann brachte er es ganz zum Stehen. Das ſcharfe Auge des Reiters hatte im Walde zwei Leute entdeckt, die an⸗ ſcheinend Kräuter ſuchten. Als er genauer hinſah, erkannte er ein altes Weiblein und ein Mädchen, die Farren ſammelten. 5 Baron von Henckelsberg ſtieß eine Verwünſchung aus. Er wandte ſein Pferd, ſprengte im Galopp, wie von Furien gepeitſcht, dem Herrenhauſe zu. Et fand den Sanitätsrat im Bibliothekszimmer am geöffneten Fenſter in ein wiſſenſchaftliches Buch vertleft leſend vor, Beyerſchmidt blickte erſtaunt auf und zog mechaniſch f die Uhr heraus. „Nanu! Biſt du ſchon zurück?“ „Jawohl, ich habe kehrt gemacht.“ „Warum denn?“ „Ich bin zwei Kräuterſammlerinnen begegnet.“ „Na und— was weiter?“ „Es waren Frauen!— Das war Grund genng zu elkiget Flucht!“ J n 5*** könnte. Ich ſelbſt habe noch einen „Ich verliere heute fortwährend“, ſagte der Baron von Henckelsdorf zu Sanitätsrat Beyerſchmidt, und ſtrich mit einer Bewegung ſeiner gepflegten Hand, an der ein Siegel⸗ ring mit dem Henckelbergſchen Wappen blitzte, die Halma⸗ ſteine vom Bett. „Spielen wir weiter?“ fragte der Arzt. „Ich habe ja doch nur Pech!“ „Unglück im Spiel, Glück in der Liebe!— Alſo, da ſiehſt du. Du haſt eben Glück in der Liebe. Die Richtige muß nur kommen.“ Der Baron blies den Rauch ſeiner Zigarette in dünnen Wölkchen von ſich. Er überging den Scherz des Freundes mit Stillſchweigen und begann, die Steine für das neue Spiel wieder aufzuſtellen. Die Hitze des zeitigen Nachmittags, die draußen über den Wieſen und Feldern lagerte, hatte ſich auch hier drinnen, in dem hohen Herrenzimmer des Schloſſes, breit⸗ gemacht. Es nutzte nicht viel, daß die Jalouſien zur Hälfte heruntergelaſſen waren. Der zur Korpulenz neigende Sanitätsrat ſchwitzte heftig. Er hielt ſein Taſchentuch fortwährend in der Hand. Von Zeit zu Zeit ſogen die Herren an ihren Strohhalmen das eisgekühlte Frucht⸗ getränk ein, das der aufmerkſame Ignaz bereitet hatte. Der Majoratsherr wollte gerade mit einem Stein ein Feld vorrücken, als ſeinen Fingern der Stein entfiel, ſo daß er mit hellem Laut auf das Spielbrett ſchlug und noch ein paar weitere Figürchen umriß. Er blickte ſeinen Freund geſpannt an, lauſchte aufmerkſam, und fragte ſchließlich im Flüſterton: „Hörſt du nichts?“ „Nein. Was ſollte ich hören? Meinſt du die Stutzuhr dort? Sie ſchlägt eben drei Uhr.“ „Unſinn! Hörſt du denn gar nichts?“ wiederholte von Henckelsberg ſeine Frage und zeigte noch geſpanntere Mienen. „Mein Gehör hat im letzten Jahre gelitten. Was gibt es denn?“ „Pſt!“ ſagte der Baron und machte eine Handbewegung durch die Luft. Er lauſchte wieder angeſtrengt.„Ja, das iſt doch— das klingt doch—“ „Was iſt denn eigentlich los, Sigwart?“ „Verhalte dich bitte einmal einen Moment ganz ſtill!“ Die beiden Herren ſchwiegen. Jetzt ging über Beyer⸗ ſchmidts Geſicht ein Schein des Verſtehens. „Jetzt höre ich es auch“, beſtätigte der Arzt. „Zweifellos ein Flugzeug, nicht wahr?“ „Es muß ſchon ganz nahe ſein!— Wie kommt denn in unſere einſame Gegend——“ Die Herren ſtanden auf. Eilig traten ſie zum Fenſter hin. Sie ſahen, daß ein Flugzeug in ſehr geringer Höhe gerade auf Hohentann zuſteuerte. Jetzt bog es um den großen, alten Turm des Schloſſes. Eindringlich, faſt wütend klang das Brummen der Propeller an die Ohren der beiden Beobachtenden. i „Hierher hat ſich doch noch nie ein Flugzeug verirrt“, ſagte der Majoratsherr kopfſchüttelnd. Die Maſchine ſenkte ſich immer mehr. „Es ſieht ja gerade aus, als ob das Flugzeug hier in der Nähe landen will“, ſagte der Sanitätsrat mit erregter Stimme. 1 „Mache keine Witze, Bruno!“ „Da— du ſiehſt es doch ſelbſt!“ Das Sauſen der Propeller klang immer lauter. „Sie landen drüben im Park auf der großen Wieſe!“ ſchrie Beyerſchmidt, und fuchtelte aufgeregt mit den Armen in der Luft herum, ſo daß er ſelbſt beinah ausſah, wie ein propellerſchwingendes Flugzeug. „Wahrſcheinlich Notlandung!“ ſtellte der Baron in dumpfer Ergebung feſt und klingelte ſogleich nach Ignaz. „Gelandet!“ ſchrie der Sanitätsrat und ließ den Blick nicht ab von dem etwa zweihundert Meter entfernten Flugzeug. 5 „Schicken Sie ſofort zwei Stalltnechte in den Park, Ignaz“, befahl der Majoratsherr ſeinem Diener.„Man ſoll mir Bericht erſtatten, was dieſe Flugzeuglandung auf meinem Gebiete bedeutet und wer die Piloten ſind.“ „Zu Befehl, Herr Baron!“ Ignaz verſchwand. Der Baron nahm ein Fernglas aus dem Schrank, ſtürzte dann wieder ans Fenſter. Die beiden Herren riſſen ſich förmlich das Glas aus der Hand. Einer wollte immer mehr ſehen als der andere, Mittlerweile waren zwei Stallknechte in den Park ge⸗ eilt. In einigem Abſtand folgte ihnen gemeſſenen Schrittes Ignaz, der Kammerdiener. Als die Knechte die Maſchine erreicht hatten, kletterte bereits ein junger Mann aus dem Führerſitz. Er war mit einem tadelloſen Pilotenkoſtüm aus Leder gekleidet. Die Schutzbrille lag um die Stirn geſpannt. Mit gewinnendem Lächeln markierte er eine kleine Verbeugung vor Ignaz und den Stallknechten. „Verzeihen Sie die peinliche Störung, meine Herren“, ſagte er.„Ein Defekt am Zünder meines Apparates zwang mich zur Notlandung. Ich will nur ein paar Kerzen aus⸗ wechſeln, dann iſt der Schaden behoben, und ich kann weiterfliegen. Wem gehört dieſer Herrenſitz?“ „Dem Baron Sigwart von Henckelsberg“, antwortete Ignaz näſelnd, ſehr von oben herab, und die Stallknechte ſtießen ſich mit verhaltenem Lächeln über das Getue des Herrn Kammerdieners an. f Der Pilot deutete mit dem Kopfe nach dem Flugzeug. „Leider hat ſich mein Begleiter bei der Landung nicht unerheblich verletzt.“ Jetzt erſt gewahrten die Bedienten, daß da ja noch ſolch ein ledervermummter Menſch in dem Fahrzeug ſaß. »Ich würde Ihrem Herrn ſehr zu Danke verpflichtet ſein, wenn mein Begleiter für kurze Zeit in dem Schloſſe Aufenthalt nehmen und ſich ſeine Verletzung ausheilen langen Flug vor mir und kann den Verwundeten mlt ſeinen terzen da oben in den Lüften nicht gebrauchen, zumal der ſchmale Sitz für 185 5 5 9 unerträglich ſein würde“, ergänzte der höf⸗ 1 2 „Ja, aber—“ verſuchte Ignaz einzuwenden. Doch der Flugzeugführer fiel ihm ins Wort: „Sie ſind wohl ſo liebenswürdig und helfen meinem Kameraden aus der Maſchine heraus.“ Der junge Mann in der Lederkleidung des Luftfahrers ſchien arge Schmerzen zu haben. Der Fuß mochte wohl verſtaucht ſein. Nur mit Mühe und vereinten Kräften ge⸗ lang es, die ſchlanke Geſtalt herabzuheben, wobei der Ver⸗ letzte vor Schmerzen das Geſicht verzog. „Ja, mein Herr, ich——“ Ignaz verſuchte wieder das Wort zu nehmen, wurde aber von dem Piloten ſogleich mundtot gemacht. „Ah! Sie wünſchen zu wiſſen, wen Sie vor ſich haben? Natürlich, ein durchaus begreiflicher Wunſch“, ſagte der Pilot und zeigte lächelnd ſein geſundes, ſchneeweißes Ge⸗ biß.„Graf Ferdinand von Brincken!“ ſtellte er ſich nun⸗ mehr vor. Ignaz vergaß vor Staunen den Mund zuzumachen. Die Stallknechte zeigten dumme Geſichter; der Flugzeugführer ſchien innerlich aufs höchſte beluſtigt über die Mienen der Leute zu ſein. „Ich werde meinem Herrn Meldung erſtatten, Durch⸗ laucht!“ antwortete der wohldreſſierte Kammerdiener mit einer tiefen Verbeugung.„Ich weiß allerdings nicht, ob mein Herr...“ „Die Nächſtenliebe wird dem Herrn Baron gebieten“, fiel der andere ein,„meinem Kameraden für kurze Zeit Schutz zu gewähren. Auf dem Rückfluge werde ich mir er⸗ lauben, Herrn Baron meine perſönliche Aufwartung zu machen und meinen dann hoffentlich wiederhergeſtellten Begleiter abzuholen.“ Mit erſtaunlicher Behendigkeit kletterte der Pilot wieder auf den Führerſitz. „Ich kann jetzt keinen Augenblick mehr verlieren und muß ſogleich weiterfliegen.“ Er winkte ſeinem Kameraden freundlich mit der Hand zu. Schon fing der Propeller an, ſich langſam zu drehen. Dann glitten die Räder der Maſchine auf der weiten Wieſe dahin. Der ſtolze Rieſenvogel erhob ſich in die Luft. Das Summen der Propeller wurde ſchwächer und ſchwächer. Bald war das Flugzeug hinter den hohen Wipfeln der Parkbäume verſchwunden. Der aus den Wolken gefallene Gaſt auf Hohentann humpelte, geſtützt auf die beiden Reitknechte, gefolgt von Ignaz mit dem pikierten Gesicht, dem Herrenhauſe zu. Sigwart von Henckelsberg und der Sanitätsrat ſahen ſich verdutzt an. „Wir ſcheinen Einquartierung zu bekommen“, ſagte der Baron ein wenig verdrießlich. Jetzt trat Ignaz ins Zimmer. „Verzeihung, Herr Baron“, ſtammelte er,„der Flug⸗ zeugführer, ſeine Durchlaucht Graf von Brincken läßt den Herrn Baron um Aufnahme für den Mitfahrer hitten. Der junge Herr hat ſich bei der Notlandung, zu der der Pilot gezwungen wurde, verletzt.“ „Weiſen Sie dem Herrn eines der oberen Fremden⸗ zimmer an“, befahl der Baron. Dann wandte er ſich an den Sanitätsrat:„Vielleicht ſiehſt du einmal nach, ob die Verletzung gefährlich iſt, Bruno Es trifft ſich gut, daß wir gerade einen Arzt im Hauſe haben. Du haſt wohl die Liebenswürdigkeit, mir nach der Unterſuchung Beſcheid zu ſagen, ob der junge Mann Bettruhe haben muß, oder ob es angängig iſt, daß er mit hier unten bei uns ſpeiſt. Im erſteren Falle ſoll ihm nämlich oben ſerviert werden.“ „Deine Gaſtfreundſchaft macht dir alle Ehre, lieber Sigwart“, entgegnete Beyerſchmidt, und begab ſich hin⸗ auf zu den Gaſtzimmern. Auf des Sanitätsrats Klopfen rief eine helle Stimme: „Herein!“ Wie gebannt blieb der Sanitätsrat auf der Schwelle ſtehen. Auf dem Sofa lag eine reizende junge Dame in der kleidſamen Tracht des Flugzeugfahrers. Sie mochte wohl ſoeben erſt die Lederkappe vom Kopfe gezogen haben, denn es ließ ſich denken, daß ſie, in dieſe Kopf⸗ bedeckung gehüllt, durch das Dienſtperſonal von einem Manne nicht zu unterſcheiden geweſen war. R „Sie ſind erſchrocken, mein Herr?“ fragte die junge Dame und zeigte ihre weißen, geſunden Zähne. Spitz bübiſch war ihr Geſichtsausdruck. Reizend kleidete ſie der dunkle Bubenkopf. i „Allerdings!— In der Tat!“ ſagte der Sanitätsrat. „Ich vermutete einen jungen Herrn.“ Er trat ein paar Schritte näher.„Sanitätsrat Doktor Beyerſchmidt“, ſtellte er ſich vor.„Der Schloßherr ſchickte mich herauf. Ich ſoll einmal ſehen, wo es fehlt, gnädige Frau!“ „Fräulein, bitte— Herr Sanitätsrat!“ fiel ſie ein. „Ich bin die Komteſſe Urſula von Neußen.“ Der Sanitätsrat verbeugte ſich höflich. i „Aber ein Arzt kommt mir gerade recht. Vielleicht ſehen Sie ſich den Schaden einmal an. Ich habe tüchtige Schmerzen da im Fußgelenk.“ 8 Beyerſchmidi rückte an ſeiner goldenen Brille. Hinter ſeiner hohen, klugen Stirn ſchoſſen blitzartig die Gedanten durcheinander. Was würde Henckelsberg der Frauenhaffer ſagen, daß er nun gezwungen war, eine entzückende junge Dame als Gaſt unter ſeinem Dache zu beherbergen? Wiel leicht war auch ein wenig Schadenfreude in des Sanitäts⸗ rats taſchen Ueberlegungen. Nun wurde der Baron vom Schickſal gezwungen, einem Welbe Ritterdienſte zu leiſten und Schutz zu gewähren. Der Dottor ſetzte ſich neben das Sofa. Er befühtte die zarten ſenöchel des rechten Fußes der jungen Dame, zuckte die Achſeln. Er konnte in der Umhüllung des Schuhen keine genaue Diagnoſe ſtellen. „Haben Sie Schmerzen r“ fragte er die Komteſſe. 1 6 55 N weh!.„ „Dann muß ich Sie ſchon bitten, gnädiges Fräulein. das Bein und den Juß frei zu 3 1 10 1 8 3 Wortſetzung folgt In lurzen Worten: Der Reichspräſident hat den Abg. Dr. Göbbels 115 MReſcheminiſter für Volksauf⸗ klärung und Propaganda ernannt. Ein Runderlaß des Reichsminiſters des Innern Dr. Frick wendet ſich gegen die Schließungen und Bedrohungen von Einzel⸗ handelsgeſchäften. 0 Ein Erlaß des Reichsminiſters Göring richtet ſich gegen unmittelbare Eingriffe in kommunale Verwaltungen, Rechtspflege und Theaterbetriebe. 1 000 Die preußiſchen Gemeindewahlen haben zu einem odge Erfolg der NSDAP. geführt, der ſich auch auf die Zuſammenſetzung des Reichsrats und des preußiſchen Staatsrats auswirken wird. Die Bank für Internationale Zahlungen hat den Auslandskredit der Reichsbank ver⸗ ängert. Ichechenkrone in Berlin geſtrichen Berlin, 14. März. Die Notierung der tſchechiſchen Krone an der Berliner Börſe iſt auf Veranlaſſung der deutſchen Behörden eingeſtellt worden. Dieſe Maßnahme iſt auf das Verhalten der Tſchechen zurückzuführen, die Mitte voriger Woche ein beſonderes Sammelkonto für Zahlungen nach Deutſch— land eingerichtet haben. Man iſt in Berlin davon überzeugt, daß die Tſchechen damit den deutſchen Ausfuhrhandel nach der Tſche⸗ choſlowakei treffen wollen. Miniſtergehalt 1000 Marl Karlsruhe, 14. März. Von der Preſſeſtelle des Staatsminiſteriums wird mitgeteilt: „Jer kommiſſariſche Finanzminiſter Köhler hat heute folgende Verordnung über Aende⸗ rung der Gehaltsbezüge der Miniſter erlaſ⸗ ſen: Im Einvernehmen mit dem Reichs⸗ kommiſſar für das Miniſterium des Innern wird vom Reichskommiſſar für das Finanz miniſterium im Namen des badiſchen Volkes auf Grund des Paragraph 56 Abſatz 2 der Verfaſſung und der Verordnung des Reichs⸗ präſidenten zur Sicherung der Haushalte von Ländern und Gemeinden vom 24. Auguſt 1931 folgendes verordnet: Das Gehalt der badiſchen Miniſter beträgt einſchließlich der Aufwandsentſchädigung jährlich 12 000 Mark. Das Aufwandsgeld des Staatspräſi⸗ denten kommt in Wegfall. Weitere Geſchäftsſchließungen Mannheim, 14. März. In den Nachmit⸗ tagsſtunden des Montag zwangen National⸗ ſozialiſten die Warenhäuſer und eine Reihe von jüdiſchen Geſchäften des Einzelhandels, Metzgereien uſw. in Mannheim zur Schlie⸗ zung der Betriebe. Zu Zwiſchenfällen iſt es nicht gekommen. SA und SS übernahmen den Schutz der Eingänge. Vor dem Rathaus ſprach der Standartenführer Feit zur SA und SS und zu Angehörigen des Stahl⸗ helms. Der Redner wies auf die Schließung der Geſchäfte hin und gab bekannt, daß ein Schreiben an den Oberbürgermeiſter Dr. Heimerich gerichtet ſei, in dem ſein Rücktritt gefordert wurde, weil ſeine politiſche Einſtel⸗ lung der Mehrheit der Bevölkerung der Stadt Mannheim widerſpreche. Preſſeverbot und Waffenablieſerung Verordnungen des heſſ. Polizeikommiſſars. Darmſtadt, 14. März. Der Staatskommiſ⸗ ſar für das Polizeiweſen, Dr. Beſt, hat ſo⸗ eben angeordnet, daß auf Grund der Verord⸗ nung des Reichspräſidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28. 2. 33 die ſozialde⸗ mokratiſchen Zeitungen in Heſſen bis zum 19. 3. einſchließlich verboten werden, um in den auf die Regierungsbildung folgenden Tagen zu verhüten, daß durch die Herausforderung der nationalen Gefühle der Bevölkerung die öffentliche Sicherheit und Ordnung geſtört werde. Ferner hat der Staatskommiſſar angeord⸗ net: Warenhäuſer und andere Geſchäfte kön⸗ nen von den örtlichen Polizeibehör⸗ den bis zur Friſt von 24 Stunden voliaeilich eſchloſſen werden, wenn durch die Bedro⸗ ung eines ſolchen Geſchäftes die öffent⸗ liche Ordnung und Sicherheit gefährdet iſt. Schließlich ordnete der Staatskommiſſar an: Alle in Beſitz von Privatperſonen, die nicht Inhaber eines Wafenſcheines ſind, oder der SA, SS oder dem Stahlhelm angehö⸗ ren, befindlichen, zum Schießen gebrauchs⸗ fähigen Schußwaffen, ſind bis zum 15. März 12 Uhr mittags den örtlichen Polizeibehörden zur Aufbewahrung zu übergeben. Aufruf der heſſiſchen Regierung Darmſtadt, 14. März. Die neue heſſiſche Regierung hat einen Aufruf erlaſſen, in dem es heißt: Getragen von dem Vertrauen des Volkes iſt die neue Staatsregierung gewillt, die Schäden der Vergangenheit bis ins Letzte auszutilgen. Ordnung und Reinigung ſind die Abſicht der Regierung, nicht kleinliche Rache, die unſer nicht würdig wäre. Die Re⸗ gierung wird in einem höheren Sinne Ge⸗ rechtigkeit üben, die jedem das Seine gibt und auch den Geſinnungsdruck, der unter dem alten Syſtem auf der Peamtenſchaft laſtete, durchaus berückſichtigt. Letzte Nachrichten Attentat auf Hitler? Graf Arco wegen Vorbereitung eines An- ſchlags verhaftet. München, 14. März. Wie die Polizeidirektion München mitteilt, wurde Graf Arco-Valley verhaftet, weil er nach ſeinen eigenen Angaben ein Aktenkat auf den Keichskanzler vorbereiten wollte. Weitere Angaben werden amllicherſeits nicht gemacht. 1 Wie man ſich erinnert, hat Graf Arco— Valley ſchon einmal ein Attentat verübt, dem bekanntlich der erſte republikaniſche Mini- ſterpräſident von Bayern, Kurt Eisner, am 21. Februar 1919 zum Opfer fiel. Graf Arco hatte Eisner durch zwei Revolverſchüſſe getötet, war aber von deſſen Begleitmann— ſchaften ſchwer verletzt worden. Nach Wieder⸗ herſtellung wurde er dann am 16. Januar 1920 vom Volksgericht München zum Tode verurteilt, die Strafe aber in lebenslängliche Feſtungshaft umgewandelt. Bis zum 13. April 1924 ſaß dann Graf Arco in Haft. An dieſem Tage war er wegen Krankheit begna— digt worden. Rechtsanwalt ermordet Provokateure an der Arbei“? Kiel, 14. März. Der Kieler Rechtsanwalt Dr. Spiegel iſt in der Nacht zum Sonntag von unbekann— ten Tätern in ſeiner Wohnung erſchoſſen roaden. Dr. Spiegel war Mitglied der SPD. und bekannter ſozialdemok atiſcher Strafverteidiger. Zu dem Mord keilt die parteiamtliche Preſſeſtelle der NSDAP. u. a. mit: Die Kreisleitung Kiel der NSD As er⸗ klärt hiermit, daß ihre ſämtlichen Organiſa⸗ tionen der Tat völlig fernſtehen, und macht darauf aufmerkſam, daß ſie unnach⸗ ſichtlich gegen alle Gerüchtemacher und Ver⸗ breiter unerwieſener Behauptungen vorge⸗ hen und gegen jedes Mitglied der NSDAP., das ſich irgendwelcher illegaler Handlungen ſchuldig macht, rückſichtslos und mit aller Schärfe eingreifen wird. dl. Auf der Flucht erſchoſſen Tolkemit(Oſtpreußen), 14. März. Bei den kommuniſtiſchen Funktionären wurden Hausſuchungen nach Waffen ab⸗ gehalten. Nach Berichten ſollten die Kom⸗ muniſten im Beſitze eines Maſchinengeweh⸗ res ſein. Im Verlaufe der Durchſuchungen wurden mehrere Kommuniſten feſtgenom— men und in einen Turm geſperrt. Die Ar⸗ beiter Eichholz und Kather ergriffen bei der Feſtnahme die Flucht. Dabei wurden beide erſchoſſen. Der Kommuniſtenführere Koſſien wurde am Montag dem Elbinger Gerichtsge— fängnis zugeführt. „ die Flaggenverordnung in heſſen Darmſtadt, 14. März. Der Inhaber der Polizeigewalt in Heſſen, Regierungsrat Dr. Müller, hat entſprechend dem Flaggenerlaß des Reichspräſidenten in einem Rundtelegramm an die ihm untergeſtellten Behörden angeord⸗ net, daß ſämtliche Reichsbehörden dem Wun⸗ ſche des Reichspräſidenten entſprechend und aus Anlaß des Sieges der nationalen Revo⸗ lution von Montag bis Mittwoch einſchließ⸗ lich in Schwarz⸗weiß⸗rot und der Hakenkreuz fahne zu flaggen haben. Sämtliche Landes⸗ und Kommunalbehörden ſowie die geſamte Be— völkerung wird gebeten, ſich dieſem Vorgehen anzuſchließen, um ſo eine machtvolle Verbun⸗ denheit aller nationalen Kreiſe des deutſchen Volkes mit dem Staat zu bekunden. die neue Regierung in Heſſen Staatspräſident Profeſſor Werner.— Nur zwei Miniſter.— Ermächtigungsgeſetz ange⸗ nommen.— Das Haus bis 1. 10. vertagt. Darmſtadt, 14. März. Der heſſiſche Landtag trat am Montag nachmittag zuſammen, um die Neuwahl der Regierung vorzunehmen. Die Tribünen waren voll beſetzt und auch vor dem Gebäude hatte ſich eine große Menge verſammelt. Von den Abgeordneten fehlte ein Sozialdemokrat und die geſamte Fraktion der Kommuniſten. Vize⸗ präſident Weckler(Z.), der die Sitzung leitete, erklärte, daß die Abgg. Stephan(S.) und Dr. Daum(NS.) ihre Mandate niederge⸗ legt hätten. Das Haus ſchritt dann zur Wahl des Staatspräſidenten. Für Profeſſor Werner(NS.) werden 45 Stimmen abgegeben, für den bisherigen Staatspräſidenten Adelung(S.) 15 Stim⸗ men. Das Zentrum hatte für Profeſſor Wer⸗ ner geſtimmt, um im Sinne der Verfaſſung zu handeln und in der Annahme, daß die neue Regierung auch ihrerſeits alles tue, um Ord— nung und Rechtsſicherheit zu gewährleiſten und eine Befriedung der Bevölkerung herbeizufüh— ren. Dr. Müller wurde zum Vertreter des Staatspräſidenten gewählt. Heſſen wird in Zukunft nur zwei Miniſter haben, Dr. Müller wird das Finanz⸗ und Juſtizmini⸗ ſterium und das Miniſterium des Innern verwalten. Zum Landtagspräſiden⸗ ten wurde der Abg. Jung gewählt. Profeſſor Werner verlas ſodann die Re⸗ gierungserllärung. Der Landtag gab der Re⸗ gierung die Ermächtiauna. alle ihr notwendig erſcheinenden Maßnahmen durchzufuyren. Ven Stimmenthaltung der Sozialdemokraten nahm das Haus den Entwurf für das Etatgeſetz an. Das Haus vertagte ſich dann auf den 1. Oktober. Die Negierungserllärung Die vom Staatspräſidenten Profeſſor Wer⸗ ner verleſene Regierungserklärung hat folgen⸗ den Wortlaut: Die nationalſozialiſtiſche Regierung Heſſens iſt der Ueberzeugung, daß die Reichsleitung unter der Führung Adolf Hitlers alles tun wird, um den Lebensbedingungen der einzelnen Länder unter Wahrung eines geſunden Födera⸗ lismus zu entſprechen. Sie verzichtet daher an dieſer Stelle Forderungen an die Reichsregie⸗ rung auf dem Gebiete der Weſthilfe, des Finanzausgleiches, des Reichsar⸗ beitsbeſchaffungsprogramms und der Eiſenbahnſchuldverpflichtun⸗ gen des Reiches an Heſſen zu ſtellen. Sie wird auch in der innerheſſiſchen Frage den Gleich⸗ klang mit der Regierung der nationalen Erhe⸗ bung zu wahren wiſſen. Chriſtentum und Deutſchtum werden der Leitſtern der Regierung ſein. Zur völligen Erneuerung wird die Erziehungsarbeit das Deutſchtum zum Ausgangs- und Endpunkt haben. Schmutz und Schund ſollen auf allen Gebieten bekämpft werden. Im einträch⸗ tigen Zuſammenarbeiten der beiden gro⸗ ßen chriſtlichen Konfeſſionen erblückt die Regierung eine der weſentlichſten Voraus⸗ ſetzungen für den deutſchen Aufſtieg, An alie Deutſchgeſinnten des Landes ergeht daher der Ruf, die Regierung in ihrem Aufbanwillen rückhaltslos zu unterſtützen. te Raffeewürz hlen Franck 2, ſedeus Nußlee Malzkaſſee und jeder Setreidekafſee braucht als Juſatz eine gute Kaffeewürze. Das Setränk wird damit voller, kräftiger und wohlſchmeckender. Aber nehmen Sie nur die bewähr Neuer Staatspräſident in Heſſen Der heſſiſche Landtag nahm Montag nachmittag die Wahl des Staatspräſi⸗ denten vor. Die Abgeordneten— mit Aus⸗ nahme der Kommuniſten, die der Sitzung fern blieben— waren vollzählig erſchienen. Land⸗ tagspräſident Profeſſor Dr. Werner(RS.) wurde mit 45 zu 15 Stimmen bei einer Ent⸗ haltung zum Staatspräſidenten gewählt. Da⸗ gegen ſtmimten nur die Sozialdemokraten, die den bisherigen Staatspräſidenten Dr. Adelung vorgeſchlagen hatten. Niete: Sprengſtofflager entdeckt. Göttingen, 14. März. Im Verlaufe der Po⸗ lizeiaktion gegen die Kommuniſten und„Eid⸗ genoſſen“ entdeckte man im Weſtharz ein rieſi⸗ ges Sprengſtofflager. Das Lager befand ſich im Walde und war auf raffinierte Art und Weiſe verſteckt worden. Die Bergung des Sprengſtoffes wird in dieſen Tagen durch Pit niere vorgenommen werden. Ein Teil des Sprengſtoffes iſt für Uebungen, die die Kom⸗ muniſten und„Eidgenoſſen“ in den Wäldern von Hannoverſch-Münden vorgenommen ha⸗ ben, verwandt worden. Unter anderem haben die Täter ſelbſtgebaute Brücken in die Luft geſprengt. Altion gegen Frankfurter Geſchäftshäuſer * Frankfurt a. M., 14. März. Am Sams⸗ tag vormittag beſetzte die SA. die Frank⸗ furter Warenhäuſer Tietz, Wronker, Hanſa ſowie ſämtliche Einheitspreisgeſchäfte und for⸗ derten das Publikum auf, die Räume zu ver⸗ laſſen. Nachdem auch die Angeſtellten die G. ſchäftslokale verlaſſen hatten, wurden die Ein⸗ gänge von SA. Leuten beſetzt und verſchloſ⸗ ſen. Wie die Gaupreſſeſtelle der NSDAP. mitteilt, ſteht die Gauleitung der ganzen Aklion fern. Im Zuſammen⸗ hang mit dieſer Aktion wurde auf dem Waren⸗ haus Tietz die Hakenkreuzfahne gehißt. Maßnahmen gegen Warenhäuſer. Ludwigshafen, 14. März. Aufgrund eines vormittags erfolgten Schrittes der national⸗ ſozialiſtiſchen Stadtratsfraktion haben die jüdi⸗ ſchen Warenhäuſer Tietz, Wronker und Re ſchild ihre Wirtſchaftsräume, die eine ſchwere Schädigung des einheimiſchen Gaſtwirtsgewer⸗ bes darſtellten, geſchloſſen. Kommunalwahlen in Preußen Die Kommunallandtagswahlen haben in bei⸗ den Körperſchaften den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht. Im Kommunallandtag für den Regierungsbezirk Kaſſel haben ſogar die Nationalſozialiſten mit 23 von 43 Stimmen die abſolute Mehrheit. Im Kommunallandlag für den Regierungsbezirk Wiesbaden feh⸗ len ihnen nur zwei Mandate zur abſoluten Mehrheit, ſie bilden aber zuſammen mik der Kampffront Schwarz⸗weiß⸗rot eine Mehrheit von 31 gegen 24 Stimmen. Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden. NS. 401374 27 Mandate(4), S. 147 125 10(14), K. 57411 4(5), Z. 133 214 10 (10), Kf. 49 656 4(3), D. Vp. 15 512 0(5), Stp. 14 205 0(3). Die Ziffern in Klammer ſind die Ergebniſſe der Wahl vom Jahre 1929. Mandatsziffern zur Stadtverordnetenwahl Frankfurt: NS. 42, S. 16, K. 9, Kf. 3, D. Vp. 2, Chr.⸗S. 1, Stp. 2, Haus⸗ und Grundbeſ. 1. Mandatsziffern zur Stadtverordnetenwahl Wiesbaden: NS. 28(9), S. 9(13), K. 5(6), Z. 5(6), Kf. 6(16), Stp. 1(4), die anderen fallen aus. ö Stadtverordnetenwahl Hanau: NS. 9494 Stimmen 17 Mandate(0), S. 3190 5(8), K. 5511 9(9), Z. 1746 3(3), Kf. 887 1(J), D. Vp. 471 0(5), Chr.⸗S. 332 0(0), Stp. 385 0(2), Hnndw. u. Gewerbe 397 0 (2), Haus. und Grundbeſ. 1107 1, Rad. Mik⸗ telſtr. 78 0. Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 438 Stück Verkauft: 305 Stück Milchſchweine das Stück 12— 18 Mk. Läufer das Stück von 19— 26 Mk. Marktverlauf gut. E