Wie lange halten ſich Zigarren? Aus Offenbach wird gemeldet: Ein Amts- gerichtsrat a. D. ließ dieſer Tage auf dem Boden ſeines Hauſes alte Kiſten ordnen. Dabei fand ſich ein Kiſtchen, das in Leinwand genäht war und deſſen Inhalt ſich als eine Sendung Braſil⸗ zigarren entpuppte. Die Zigarren hatte der Vater des Amtsgerichtsrates im Kriege 1870 ſeinem Schwager nach Metz geſandt. Die Sendung war damals zurückgekommen mit dem Vermerk: „Adreſſat gefallen“ und bis jetzt unberührt ge⸗ blieben. Die hundert Zigarren in dem altmo⸗ diſchen Kiſtchen haben ſich nach dieſer 63.jährigen Anlagerung ganz überaſchend gut gehalten. Sie 9 75 noch ſtark und ſollen ſehr wohlſchmeckend ſein. „Die Bettelprinzeſſin.“ Am Sonntag abend fand die Aufführung „Die Bettelprinzeſſin“, Schauſpiel in 4 Akten, mit Geſang von W. A. Pannek, Muſik von Max Vogel im Kaiſerhof ſtatt. Was hier von der Operetten⸗ und Theatergeſellſchaft ge⸗ leiſtet wurde, war nur erſtklaſſig. Man konnte es nicht von Spiel und Wirklichkeit unterſcheiden, ſo natürlich lief Szene um Szene. Die einzel ⸗ nen Lieder wie:„Die Liebe der Zigeunerin“, „Wehmut“,„Abſchied von der Mutter“,„Zigeu⸗ nerlied“,„An den Ring“,„Mein Heimatland“, „Zigeuners Abſchied“ wurden von den Soliſten ſehr gut zu Gehör gebracht. Auch die Melo⸗ dramen verfehlten ihre Wirkung nicht. Die rührenden Szenen gingen ſehr zu Herzen. Die Handlung war ſehr ſpannend. Abwechſelnd folgten auch einige heitere Szenen, welche Lach⸗ ſalven auf Lachſalven hervorriefen. Das Publi⸗ kum wurde direkt gebannt und lebte in den Handlungen mit. Bühnenaufmachung ſowie Bühnenausſtattung war etwas Hervorragendes. Alle Anerkennung dem Bühnendekorateur. Die Kostümierung war einzig. Das Theaterorcheſter Geier⸗Schmitt gab mit ihren weichen, zarten Melodien dem Stück etwas Ganzes. Es wäre verfehlt, wenn man den einzelnen Spieler her- vorheben würde, denn man konnte gar nicht feſt⸗ ſtellen, da alle Spielerinnen und Spieler die Beſten waren. Man konnte mit der beſtimmten Ueberzeugung nach Hauſe gehen, einen genuß⸗ reichen Abend erlebt zu haben. Ich ſpreche hiermit dem Verein, Operetten⸗ und Theater- geſellſchaft Viernheim, ſowie ſeinen Spielerinnen und Spielern und dem Theaterorcheſter Geier⸗ Schmitt meine höchſte Anerkennung aus und gebe den guten Rat, dieſes wundervolle Schauſpiel noch mehrmals aufzuführen, damit es die⸗ jenigen, die es noch nicht geſehen haben, ſich auch anſehen können. Es iſt ſehenswert. 5 i Ein Beſucher. der ewige Zauderer Er ſchläft noch— und ſchon beginnt das Hin und Her, das Ueberlegen, die Anenk⸗ ſchloſſenheit? ſoll ich aufſtehen— liegen blei⸗ ben? Er wäſcht ſich: ſoll ich mich jeßt gleich raſieren— oder mittags— oder abends— oder gar nicht heute? Er geht an die Arbeit: will ich zuerſt das tun— oder dies— oder jenes? Es iſt Sonntag: ziehe ich die blaue — die rote— die grüne Krawatte an; die Stiefel— die Halbſchuhe? Mit Stock— ohne Stock ausgehen? Tauſend ähnliche Fra⸗ gen den ganzen Tag. Wer ſelbſt ein anderer Charakter iſt, wird kaum glauben, daß es ſolche Naturen gibt. Und es ſind ihrer ſo viele, die ewig über⸗ legen und doch zu keinem Entſchluſſe kom⸗ men! Ueberm Ueberlegen verſtreicht die Zeit. Kleine Dinge werden minutenlang bedacht, über andere, zu denen genug Zeit iſt oder die recht wichtig ſcheinen, brütet er ſtunden⸗, tage⸗, monate⸗ und oft jahrelang. Er will immer das Beſte erraten, den ſchlaueſten Weg, die klügſte Richtung, das unfehlbarſte Urteil. Aber er ſchwankt umher wie ein Rohr im Winde und kommt zu keinem Entſchluß. 5 Das iſt der ewige Zauderer. Bis alles hundertmal fürſorglich von allen möglichen Seiten betrachtet iſt, ſind andere fertig, ſind ihm eine Meile voraus, haben gehandelt, ha⸗ ben Erfolg gehabt,— während er noch immer nicht weiß, was er will * Froſtriſſe an Baumſtämmen. Die Froſt⸗ riſſe mit Zement ausfüllen, wie dies oft emp⸗ fohlen wird, iſt genau ſo geſcheit, wie wenn man eine Fleiſchwunde mik einem paſſenden Stück Holz ausfüllen würde. So gut wie dieſe Wunde die Natur heilen muß und will, ſo gut iſt jeder geſunde Baum beſtrebt, eine ſolche Froſtſpalte ſelber zu ſchließen. Sie„über⸗ wallt“. An den beiden Wundrändern bilden ſich raſch neue Rinden und Holzzellen, die gegeneinander auch etwas ſtammeinwärts wach⸗ ſen und die Spalte bald verſchließen. Dies kann aber nicht geſchehen, wenn der Riß durch einen Zementkeil ausgefüllt iſt, der die bei⸗ den Ränder voneinander trennt. Auch dadurch kann ein Zementpfropf ſchädlich wirken, daß er im Winter die Kälte leicht in das Innere des Stammes leitet. Steine ſchaden nur. Froſt⸗ riſſe ſind für den Baum nicht gefährlich, wenn man dafür ſorgt, daß das Regenwaſſer nicht eindringen kann und das Kernholz nicht nach und nach fault. Das geſchieht am beſten durch ausſtreichen der Spalte mit Baumſalbe(aus Lehm und Kuhkot gekneteter dicker Brei). Iſt ſie etwas getrocknet, kann mit flüſſigem Baumwachs ein leichter Ueberzug über Riß und Rinderränder gemacht werden. Dieſe Stoffe halten den Regen ab, ſind ſchlechte e und verhindern das Ueberwallen nicht. schlagen W heim ſicher 421 Die Meſerviſten d. Amieitia Die Gäſte traten zu dieſem Vormittags⸗ treffen infolge Differenzen mit Erſatz an, Ge⸗ brüder Pfenning waren nicht bei der Partie. Man kann aber doch der Ueberzeugung ſein, daß ſelbſt die kompleite Ligamannſchaft von der Viernheimer Erſatzliga geſchlagen worden wären. Die Zeiten, daß die Viernheimer zur Kreisliga ſind vorbei.— Bei Weinheim ging die Mann ⸗ ſchaft lediglich in der erſten Halbzeit, um dann ganz auseinander zu fallen. Die Viernheimer legten ſich natürlich mit ganzer Energie ins Zeug. Die Hintermannſchaft mit der Deckung war recht gut, während man im Sturm bis auf zwei Ausnahmen ſo ziemlich verſagte, ſonſt wäre Weinheim hoch geſchlagen heimgeſchickt worden. Gleich nach Beginn lagen die Viernheimer mit 2:0 in Führung. Dieſe wäre noch höher ge⸗ worden, wenn der Linksaußen auf dem Damm geweſen wäre. Die Gäſte zogen dann gleich, mußten ſich aber einen weiteren Treffer von Viernheim geſallen laſſen, der einwandfrei und nicht abſeits war, wie Weinheimer in ihrer Re⸗ gelunkenntnis annahmen. Ein weiterer Treffer beſchloß das Toreſchießen. Dem Schiedsrichter Henn⸗Waldhof wurde das Amt von ſeiten Wein⸗ heim unendlich ſchwer gemacht. Unſere 1. Jugendmannſchaft konnte ihr 5. Verbandsſpiel in Seckenheim mit 6:1 erfolg⸗ reich geſtalten, und iſt ſomit 1. Favorit für die Meiſterſchaft.— Die B-Jugend holte ſich in Sandhofen ein Unentſchieden 1:1. Die Schüler unterlagen 4:1 gegen Weinheim. Turnverein 1893 V'heim. Am Sanmcatag weilte unſere 2. Riege in Sandhofen, bei dem dortigen 1. Gaugerätekampf der Gruppe 2. Gegner war T. V. 87 Sand⸗ hofen 1. Riege und T. V. 98 Seckenheim 1. Riege. Unſere 2. Riege welche meiſtens aus jüngeren Turner beſteht, konnte trotz Mißlingen der Uebungen am Reck durch Bininger, Alter und Lang gut abſchneiden. Der Kampf beſtand aus einem Vierkampf, Reck, Barren, Pferd und Mannſchaftsfreiübung. 1. Mannſchaftsſieger wurde T. V. Seckenheim mit 359½ Punkte. 2. Mannſchaftsſieger wurde T. V. Viernheim 2. R. mit 343 Punkte. 3. Mannſchaftsſieger wurde T. V. Sandhofen mit 287½ Punkten. Beſter Einzelſieger war Bauer Viernheim 62½ Punkte 2ter Appel To. Seckenheim 59 P. Unſere Mannſchaft konnte folgendermaßen ab⸗ ſchneiden: Bauer Alwis 62½ P. Bininger H. 58 P. Pfenning Hans 52 P. Valentin 48½ P. Müller Fred 46 ½ P. Alter Georg 46 P. Hook Karl 45 P. 1 g Der nächſte Kampf findet in Seckenheim ſtatt. Hoffen wir, daß unſere 2. Riege dort als Sieger hervorgeht. Gut Heil. Wochenplan der Sportver⸗ einigung Amieitia 09 E. B. Vereinshaus„Waldſchenke“.— Täglich Betrieb Dienstag Nachm. 3 Uhr: Training der Lig und 3. Mannſchaft.. Mittwoch nachm. 3 Uhr: Training der 2. und 4. Mannſchaft. Mittwoch abend 8 Uhr: Spielausſchuß im Ver⸗ einshaus. Mittwoch abend 8 Uhr: Training der Kraft⸗ ſportabt. im Lokal. Donnerstag nachm. 3 Uhr: Training der Liga und 2. M. Freitag nachm. 3 Uhr: Training der Jugend und Schüler. Die Erwerbsloſen werden nochmals darauf aufmerkſam gemacht, daß am kommenden Don⸗ nerstag zum letzten Male Gelegenheit iſt, die Erwerbsloſenpäſſe ausſtellen zu laſſen. e Betr. Omnibnsfahrten! Die Sportvergg. veranſtaltet Omnibusfahrten nach Trier und Saarbrücken. Es ſind noch einige Plätze nach Trier zu Mk. 6.00 und nach Saarbrücken zu 17 4.00 frei. Meldungen in der Geſchäfts⸗ olle. Mannheimer Produftenb deſe. Es notierten in Rm. per 100 Kilo waggon⸗ frei Mannheim: Weizen inl. 21,75 bis 22; Roggen inl. 17,50; Hafer inl. 14,50 bis 15; Sommergerſte inl. 19,25 bis 20,25; Futter⸗ gerſte 17,75 bis 18; La⸗Plata⸗Mais gelber mit Sack 21; ſüdd. Weizenmehl, Spezial Null, mit Auslandsweizen 31,25 bis 31,50; ſüdd. Weizenbrotmehl 23,25 bis 23,50; norde und ſüdd. Roggenmehl 23 bis 25; feine Weizen⸗ kleie 8,25; Biertreber 12,50 bis 12,75; Erd⸗ nußkuchen 11,75 bis 12. Mannheimer Großviehmarkt. Zufuhr und Preiſe: 183 Ochſen 24 bis 31, 123 Bullen 18 bis 26; 311 Kühe 11 bis 25; 303 Färſen 22 bis 32; 753 Kälber 26 bis 43; 18 Schafe 18 bis 25; 2570 Schweine 33 bis 42; 76 Arbeitspferde 300 bis 1200; 65 Schlachtpferde 20 bis 100 Rm. 2 Ziegen nicht notiert.— Marktverlauf: Großvieh und Käl⸗ ber ruhig, lanaſam geräumt: Schweine rubi⸗ Dankſagung. Für die ſchnelle und reibungsloſe Auszah⸗ lung des Sterbegeldes auf die Ver- ſicherungszeitſchrift„Der Burgfried“ für den Tod meiner Ehefrau, in Höhe von RM. 300.— ſage ich der Firma Paul Fleiſcher, Mann⸗ heim, meinen herzlichſten Dank, und möchte hier- mit jedermann ein Verſicherungs Abonnement beſtens empfehlen. Jakob Pfenning 3. Wtw. Viernheim, Friedrichſtr. 51 Warnung! Gewiſſenloſe Agenten verſuchen meine Ver⸗ ſicherungs⸗Abonnenten in Viernheim umzuſchreiben und ſcheuen nicht die gröbſten Unwahrheiten aus zuſprechen, lediglich um den Proviſions⸗ Verdienſt einzuſtecken. Ich Warne meine geehrten Abonnenten vor Schaden und ſtehe zur Auskunft jederzeit gerne zur Verfügung. Gleichzeitig weiſe ich darauf hin, daß ſämt⸗ liche von mir vertriebenen Berſicherungs⸗Zeit⸗ ſchriften unter Kontrolle des Reichsaufſichtsamt Berlin ſtehen und größten Verſicherungsſchutz gegen Unfall und Tod gewähren. Redegewandte Herren werden gegen hohe Proviſion zur Werbetätigkeit eingeſtellt. Paul Fleiſcher, Mannheim Rheinvillenſtraße 2/4 Die unentgeltliche Beratungsſtunde r Lungenkranke findet am Mittwoch, den 15. März von 2—4 Uhr im hieſigen Krankenhauſe ſtatt. Einige Pfau⸗ Tauben zu kaufen geſucht Von wem, ſagt der Verlag dieſes Blattes. ſowie Gas- dam Seih, e e e Ke ß Elektro⸗ und Juſtallations⸗Geſchäft Elektr. Licht-, Kraft⸗ und Radivanlagen, und Waſſerinſtallationen werden prompt und fachgemäß ausgeführt Steinſtraße 25 S es Klavier- Unterrieht auf theoretiſcher Grund⸗ lage Liſſi Schlatter langjährige Lehrerin a. d. Hochſchule f. Muſik. Bedeutend ermäßigtes Honorar. 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M.— tung, Dru Nummer 63 Neue Neichsfarben Auf den Gebäuden des Reiches, der Länder und der Gemeinden wehen, wie aus den Fenſtern zahlreicher Privat⸗ häuſer, die alten Reichsfarben ſchwarz⸗ weiß⸗ rot neben dem nationalſozialiſtiſchen Hakenkreuzbanner. die Beflaggung der Staatsgebäude iſt angeordnet worden durch einen Erlaß des Reichspräſidenten von Hindenburg, der am Gefallenengedenktag be⸗ ſtimmte, daß bis zur endgültigen Regelung der Reichsfarben die ſchwarz⸗weiß⸗rote Fah⸗ ne und die Hakenkreuzfahne gemeinſam zu hiſſen ſind.„Dieſe Flaggen verbinden die ruhmreiche Vergangenheit des deutſchen Rei⸗ ches und die kraftvolle Wiedergeburt der deutſchen Nation. Vereint ſollen ſie die Macht des Staates und die innere Verbun⸗ denheit aller nationalen Kreiſe des deutſchen Volkes verkörpern!“ So heißt es wörtlich in dem Erlaß des Reichspräſidenten vom 12. März dieſes Jahres. Damit ſind die durch die Weimarer Reichs⸗ verfaſſung eingeführtenReichsfarben ſchwarz⸗ rot⸗gold abgeſchafft. Nicht ganz 14 Jahre lang haben ſie amtlich als die neuen Farben des deutſchen Reiches gegolten. Wir ſagen amtlich— denn populär ſind ſie nie geworden. Schon in der Nationalver⸗ ſammlung zu Weimar gab es eine ſtarke Opposition gegen den Flaggenartikel der neuen Reichsverfaſſung. Und bald darauf entbrannte im deutſchen Volk ein heftiger Streit um die Reichsflagge und die Reichs⸗ farben: die Parteien der Rechten erkoren die Farben ſchwarz⸗weiß⸗rot zu ihrem Sym⸗ bol, und die Linksparteien ſchworen auf ſchwarz⸗rot⸗gold. So wurde die neue Reichsfahne ſehr bald zu einer Parteifahne. Wer die wirkliche Bedeutung der ſchwarz⸗rot⸗goldenen Fahne kannte, mußte dieſe Entwicklung bedauetn. Denn die ſchwarz⸗rot⸗goldenen Farben waren das Symbol der Sehnſucht des kleinſtaatlichen Deutſchland nach einem einigen großen freien Reich. Es waren die Farben der Lützow⸗ ſchen Jäger und es waren die Farben der deutſchen Burſchenſchaft. Es waren auch die Farben, unter denen man die deutſchen Brü⸗ der in Oeſterreich mit den Reichsdeutſchen in einem Großdeutſchland vereinigen wollte. Aber wer kannte noch dieſe große hiſto⸗ riſche Bedeutung dieſer Farben? Das deut⸗ ſche Volk hatte ſich längſt an die ſchwarz: weiß⸗rote Fahne gewöhnt, unter der das Reich einen ungeheuren Aufſchwung. auf allen Gebieten genommen hatte und für die Millionen deutſcher Männer im Weltkrieg 1914 bis 1918 geſtritten hatten und in den Tod gegangen waren. Die Einziehung die ſer Farbe mußte daher ſchmerzliche Gefühle in den weiteſten Kreiſen des deutſchen Vol⸗ kes hervorrufen, die darin die Verleugnung einer großen und ſtolzen Vergangenheit er⸗ blickten. So kam es zu dem Widerſtand ge⸗ gen die neuen Reichsfarben, die übrigens gar nicht allgemein eingeführt wurden, denn die Verfaſſung beſtimmte ausdrücklich, daß die Handelsflagge nach wie vor ſchwarz⸗weiß⸗rot ſei und nur eine ſchwarz⸗ rot⸗goldene„Göſch“ führe. Nun ſoll es zu Ende ſein mit dieſem Flag⸗ genſtreit. Die vorläufige Anordnung des Reichspräſidenten ſoll bald durch eine end⸗ gültige Neuregelung erſetzt werden. Die Reichsregierung will ſich von dem neuen Reichstag ein Ermächtigungsgeſetz geben laſ⸗ ſen, auf Grund deſſen es neben anderen Din⸗ gen auch die Flaggenfrage neuordnen kann, Wie dieſe Regelung gedacht iſt, dafür gibt der Flaggenerlaß des Reichspräſidenten vom 12. März bereits einen Fingerzeig. Der Reichskommiſſar für das preußiſche Kultus. miniſterium, Dr. Ru ſt, hat ſich überdies in einer Rede in Hannover bereits näher dar. über ausgeſprochen. Er ſagte:„Wir werden am 21. März in der Garniſonkirche zu Potsdam eine ſehr kurze Reichstagsſitzung 6— Wenn die Tagung zu Ende iſt, werden Sie als Ergebnis feſtſtellen können, daß das Hakenkreuzbanner nicht wieder ein⸗ u. Verlag: Joh. Martin, Geſchaftsſtelle Rathaus ftr. Mittwoch, Der Stantsakt Viernheimer Zeitung voch, den 15. März 1933 i ger Viernheimer Bürger-Zig.— Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſte u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expebitionen Peutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Plapvorſchriſten bei. werden nach Möglichkeit ee ee an vorgeſ en Tagen kaum jedoch eine Gewa r nicht übernommen werden in Potsdam Programm für die Neichstagseröſfnung— Anfprathe der Neichsprüſidenten und Erwiderung des Reichskanzlers vorgeſehen Berlin, 15. März. Der neue Reichstag wird bekanntlich am 21. März durch einen feierlichen Staatsakt in Potsdam eröffnet wer⸗ den. Das Programm, das ſoeben veröffent⸗ licht wird, ſieht vor, daß die Gottesdienſte en der Nicolaikirche und in der katholiſchen Stadtpfarrkirche von 10.30 bis 11.30 Uhr ſtattfinden. Nach Schluß der Gottesdienſte ziehen die Abgeordneten unter dem Glocken— geläut ſämtlicher Potsdamer Kirchen zur Garniſonkirche, wo ſie um 11.45 Uhr eintref— fen. Profeſſor Becker begrüßt die Abgeord⸗ neten mit einem viertelſtündigen Orgelſpiel, dem Präludium E⸗moll von Bach. Während der Staats- und Domchor aus Berlin„Nun lobt mein' Seel den Herrn“ ſingt, betritt um 12.00 Uhr Reichspräſi⸗ den von Hindenburg die Garniſonkirche. Er richtet an die Reichsregierung und die Abgeordneten die Anſprache, auf die der Keichskanzler mit einer längeren Rede erwidert. Darauf ſingt wieder der Domchor, worauf 110 der Reichspräſi⸗ denk mit ſeinem Adjutanten zur Gruft Friedrichs des Großen begibt und dort einen franz niederlegt. Profeſſor Becker wird mit dem Niederlän— diſchen Dankgebet und dem machtvollen „Herr mach' uns frei“ die Weihefeier in der Garniſonkirche beenden und mit dem Orgel⸗ nachſpiel die Feſtverſammlung aus der Kirche geleiten. Die Platzverteilung Reichspräſident von Hindenburg wird in der Garniſonkirche vor dem Altar Platz nehmen. Rechts und links werden die Mitglieder der Reichsregierung und die Mi⸗ niſterpräſidenten der Länder ſitzen, im Schiff der Kirche die Reichstagsfraktionen, and zwar auf der einen Seite die nationalſozia⸗ liſtiſche Fraktion, auf der anderen die Ver⸗ treter der übrigen Parteien. Das diplomatiſche Korps und die Preſſe werden auf der Empore unkergebrachk. ür die deulſch: und die ausländiſche Preſſe ſtehen 80 Sitze zur Verfügung, eine verhältniemäßig nur geringe An zahl von Sitzen, die ſich aus der Be- ſchränktheit der Raumverhälkniſſe ergibt. Die Reichspreſſeſtelle und die Reichspoſt ha— ben bereits alle waßnahmen getroffen, um gezogen wird. Es braucht niemand zu glau⸗ ben, daß wir nicht genug Ehrfurcht vor dem Symbol der ſchwarz⸗weiß⸗roten Fahne ha⸗ ben, aber unſer Symbol des raſſigen und völkiſchen Erwachens wird nicht mehr ver⸗ ſchwinden. Wir werden dieſe Fahne durch Reichstagsbeſchluß zur Reichsflagge mi! erheben.“ g 12 8 Aus dieſer Aeußerung ergibt ſich, wie dis Löſung künftig gedacht iſt: wie in dieſen Ta⸗ gen, ſoll auch weiterhin die Fahne ſchwarz⸗ weiß⸗rot neben dem Hakenkreuzbanner we⸗ hen. Das Wahlergebnis vom 5. März dieſes Jahres hat ergeben, daß die Mehrheit des deutſchen Volkes mit dieſer Neuordnung ein⸗ verſtanden iſt. So kommt in ihr die Umwäl⸗ zung, die ſich in den Geiſtern vollzogen hat, zum ſichtbaren Ausdruck. Jeder aber, der es gut meint mit dem deutſchen Volke, wird es begrüßen, wenn der unſelige Flaggenſtreit verſchwindet. Man muß deshalb wünſchen, daß die Reichsregierung die erbetene Ermäch⸗ tigung vom Reichstag— es iſt dazu, weil eine Verfaſſungsänderung nötig wird, eine Zweidrittelmehrheit erforderlich— bald— möglichſt erhält. eine glatte techniſche Abwicklung der Bericht erſtattung ſicherzuſtellen. In der Krol l- Oper, wo der Reichstag ſeine Arbeitsta⸗ gungen abhalten ſoll, wird die Reichspoſt auch noch ein beſonderes Poſtamt einrichten. Reichsminiſter Dr. Göbbels vereidigt Reichspräſident von Hindenburg hat am Dienstag mittag die durch das Reichsminiſtergeſetz vorgeſchriebene Vereidi⸗ gung des Reichsminiſters für Volksaufklä⸗ rung und Propaganda, Dr. Paul Joſef Göbbels auf die Reichsverfaſſung vorge⸗ nommen. Reichsminiſter Dr. Göbbels ver⸗ öffentlicht einen Aufruf, in dem er mitteilt, daß er auf Wunſch des Führers die Reichs⸗ 4 NSDAP. beibe⸗ halte. Er hoffe, daß es gelingen wird, in abſehbarer Jeit durch vorbildliche Aufklärungsarbeit ſowohl von Seiten des Staates, als auch der Bewegung das ganze deuiſche Volk für die Idee der na; tionalen Revolukion zu gewinnen. Gegen falſche Gerüchte In einem Teil der ausländiſchen Preſſe werden die unſinnigſten, von angeblichen Flüchtlingen ſtammenden Gerüchte aus Deutſchland veröffentlicht. Danach ſol⸗ len u. a. Verhaftete in grauſamer Weiſe mißhandelt und insbeſondere auch Ausländer vielfach tätlich beläſtigt werden. Hierzu wird halbamtlich mitgeteilt: Es liegt auf der Hand, daß dieſe Gerüchte von den Feinden der nationalen Regierung in böswilliger Ab⸗ ſicht verbreitet werden, um in Ermangelung anderer Mittel durch eine wohlorganiſierte Greuelpropaganda das Anſehen und die Au— torität der nationalen Regierung zu unter— graben. Mit allem Nachdruck muß feſtgeſtellt werden, daß alle ſolche Gerüchte in das Reich der Fabel gehören. Im übrigen iſt der Reichskanzler, wie er in ſeiner öf- fentlichen Erklärung betont hat, feſt enk⸗ ſchloſſen die bisherige Disziplin der na. tionalen Revolution mit aller Tatkraft auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Die Uebergriffe Einzelner, die vorwiegend auf Provokateure zurückzuführen ſind, ſind für die Zukunft durch ſcharfe Kontrollmaß— nahmen unterbunden. Haltungsumhwung des Zentrums? Aufſehenerregender Artilel einer römiſchen Preſſeagentur Rom, 15. März. Die in Rom erſcheinende katholiſche Agen— tur„La Corriſpondenza“, die enge Beziehungen zum Vatikan unterhält, bringt einen aufſehenerregenden Artikel über die deutſchen Katholiken und den Nationalſozialismus, der für die Anſicht wichtiger Kreiſe im Vatikan und in⸗ nerhalb des deutſchen Episkopats bezeichnend ſein dürfte. Unter den Ueberſchriften„Der Sieg Hitlers und die deutſchen Katholiken— Wahrſcheinliche Mitarbeit des Zentrums— Haltungsumſchwung?“ führt die Agentur u. a. aus: Wenn früher einmal der deutſche Episkopat von einem überparteilichen Stand: punkte aus pflichtgemäß die Irrtümer und Gefahren der nationalſozialiſtiſchen Bewe⸗ gung aufgezeigt habe, ohne übrigens auch damals der Bewegung die edle Abſicht und den Wilen zur nakionalen Wiedergeburt ab ⸗· Was geht das Frankreich an? Einmiſchung in innerdeutſche Verhältniſſe. Paris, 15. März. Das„Echo de Paris“ berichtet aus Lon⸗ don über eine lange Unterredung des fran— zöſiſchen Botſchafters im Foreign Office, um die engliſche Auffaſſung feſtzuſtellen,„ob die Beſetzung mehrerer rheiniſcher Städte durch die Nationalſozialiſten“ eine formelle Ver— letzung des Artikels 43 des Verſailler Vertra— ges bedeute. Nach dem genannten rechisſtehenden Blatt betrachie man in London dieſe⸗ Ereignis als eine innerpolitiſche deutſche Angelegenheit, die keine ernſte Drohung gegen Frankreich darſtellt. Der Bericht der engliſchen Kronjuriſten werde unver⸗ züglich dem engliſchen Miniſterpräſiden⸗ ten und dem engliſchen Außenminiſler vorgelegt werden. Das„Echo de Paris“ erinnert in dieſem Zu⸗ ſammenhang daran, daß England degen das Vorgehen Frankreichs proteſtierte, als es im Jahre 1920 über das beſetzte Gebiet hinaus einige deutſche Städte beſetzte, nachdem die Reichswehr in die entmilitariſierte Zone zur Unterdrückung kommuniſtiſcher Unruhen ent⸗ ſandt worden war.— Nach einer Meldung aus London führt„Daily Telegraph“ aus: Deutſchland befinde ſich in der Revolution, und die nationalſozialiſtiſchen Trupps hätten im Rheinland nur das getan, was ſie auch in anderen Städten Deutſchlands ausgeführt hätten. Die deutſche Regierung ſolle jedoch ſorgfältig darauf Rückſicht nehmen, daß die Vorgänge in Frankreich Angſt vor einem Angriff ausgelöſt haben.(1!) In einem Leitartikel führt der„Daily Telegraph“ weiter aus, daß man den Vorgängen im Rheinland und in Danzig viel zu wenig Bedeutung beigelegt habe. Es habe ſich aber gezeigt, wie ſtark die Beſorgniſſe in Europa ſeien. Es beſtehe die moraliſche Notwendigkeit einer Zuſammenkunft zwiſchen und Muſſolini, die in ihrer Eigenſchaft als Garanten des Locarno-Vertrages einen entſcheidenden Ein⸗ fluß auf die internationale Atmoſphäre aus⸗ üben ſollten. Macdonald zuſprechen, ſo habe er im Verlaufe der Ent- wicklung gewiſſenhaft und mit dem beſten Willen jede Verſchärfung der Beziehungen vermieden, die nicht nur für die politiſchen Führer, ſondern auch für die geiſtigen In⸗ tereſſen der Kirche ſchlimme Folgen hätte ha— ben können. i Die vorſichtigen Weiſungen der Biſchöſe anläßlich der letzten Wahl hätten die Katholiken nur an die Pflicht erinnerk, ihre Stimme ausſchließlich Kandidalen zu geben, die keine kirchenfeindlichen Programme verkrelen. Die„Corriſpondenza“ glaubt, daß dieſe Re⸗ viſion in der Haltung des katholiſchen Epis⸗ kopats gegenüber der Hitler-Bewegung noch eine weitere Entwicklung durchmachen werde, zum Vorteil des höchſten Wohles der Na tion. In einer geſunden Regierung Jätigkeit mit feſtem Programm und klarer Diſziplin In lurzen Worten: Das Programm des feierlichen Staatsalts zur Eröffnung des Reichstags am 21. März iſt am Dienstag veröffentlicht worden. Das preußiſche Kabinett wird ſich in der nächſten Zeit mit dem Entwurf einer Sonder⸗ beſteuerung für Warenhäuſer, Einheitspreis⸗ geſchäfte und Großfilialbetriebe beſchäftigen. Der württembergiſche Landtag wird am heu⸗ tigen Mittwoch nachmittag zur Wahl eines neuen Staatspräſidenten zuſammentreten. Das Reichsbanner und die Eiſerne Front ſind in Württemberg aufgelöſt und verboten worden. Kardinal Faulhaber ſoll in Rom mit vatika⸗ niſchen Kreiſen wichtige Beſprechungen über die Stellungnahme des Zentrums zur natio— nalſozialiſtiſchen Partei gehabt haben. 18 N5 * Der Völkerbundsrat hat das Vorgehen Po⸗ lens auf der Weſterplatte als vertragswidrig feſtgeſtellt. Der polniſche Vertreter erklärte, daß Polen die Truppenverſtärkungen auf der Weſterplatte ſofort zurückziehen werde. werde die Hitlerpartei vor allem ein Voll⸗ werk gegen die Gefahr einer bolſchewiſtiſchen Invaſion ſein, die den endgültigen Unter⸗ ſang der Nation und das Chaos in Europa bedeuten würde. Was das Jenkrum betreffe, ſo erlaubken maßgebende Informationen die FJeſtſtel⸗ lung, daß es keine exkluſiven Vorurteile habe, noch haben könne außer denen, die ihm von Natur gegen die traditionellen und unbelehrbaren Jeinde der Religion und der ſozialen Ordnung innewohnken. Es werde nicht in unfruchtbarer Oppo⸗ ſition beiſeiteſtehen. Die deutſchen Katholiken dürften in einem ſo ſchweren und für die Schickſale ihres Landes und vielleicht Europas entſcheidenden Augen— blicks nicht fehlen. Kardinal Faulhaber in Rom N München, 15. März. Wie der römiſche Korreſpondent der „Münchener Zeitung“ meldet, bat Kardinal Faulhaber, der aus Anlaß des Konſiſtoriums in Rom weilt, mit den vatikaniſchen Kreiſen wichtige Beſprechungen über die neue Lage in Deutſchland gehabt. Gegenſtand dieſer Beſprechungen war vor allem die Stellungnahme des Zen- krums zur Nakionalſozialiſtiſchen Partei. Es liegt nahe, dieſe Meldung in einem Zu— ſammenhang zu bringen mit der oben wie— dergegebenen über den Artikel der Nachrich⸗ tenagentur„La Corriſpondenza“. Im übri⸗— gen aber wird man die weitere Entwicklung abwarten müſſen, die ja bald Klarheit brin— gen muß über die Haltung des Zentrums. Arbeitereinſtellungen Reichsbahn ſtellt 90 000 Mann ein. Berlin, 15. März. Mit Beginn des Frühjahrs hat die Reichsbahn ihre Oberbau⸗Erneuerungs⸗ und Unterhaltungsarbeiten im vollen Um⸗ fang aufgenommen. Die Reichsbahn hat hierfür die Einſtellung von etwa 70 000 Zeit⸗ arbeitern angeordnet. Dieſe Arbeiter werden bis in die Herbſtmonate beim Bahnunterhal⸗ tungstrupp der Reichsbahn beſchäftigt wer⸗ den. Darüber hinaus werden die Privat⸗ unternehmer, die von der Reichsbahn heran⸗ 90000 werden, in die Lage verſetzt, über 0 000 Arbeiter einzuſtellen. Insgeſamt finden alſo durch dieſe Ober bauarbeiten der Reichsbahn etwa 90 000 Köpfe vom Frühjahr bis Herbſt Arbeit und Brok. Mit den Neueinſtellungen iſt bereits begonnen worden. Die Arbeſten erſtrecken be auf die Unterhaltung und Erneuerung er Reichsbahngleiſe— Schienenſchwellen und Deckung— ſowie auf die Unterhaltung und Erneuerung von Weichen und Gleisver⸗ bindungen. Tritt Luther zurütk? Gerüchte über einen Perſonenwechſel im Reichs bankpräſidium. Berlin, 15. März. Bereits in der vorigen Woche waren Ge⸗ rüchte verbreitet, daß Reichsbankpräſident Dr. Luther von ſeinem Poſten zurück⸗ treten werde. Dieſe Gerüchte ſind am Dienstag wieder neu aufgetaucht. Es heißt, die beiden Unterredungen des Reichsbank⸗ präſidenten mit Reichskanzler Hitler hätten keine Einigung über die künftige Reichs⸗ bankpolitik ergeben. Dr. Luther werde des⸗ halb aus ſeinem Amte ſcheiden. Als Nach⸗ folger wird der frühere Reichsbankpräſident Dr. Schacht genannt. Das Wolff'ſche Telegraphenbüro erklärt hierzu auf Anfrage, daß von ihm eine dahingehende Meldung nicht verbreitet worden ſei; zu der Frage ſelbſt nimmt das Wolffbüro jedoch keine Stellung. Bei dieſer Gelegenheit ſei daran erinnert, daß Dr. Schacht vor einigen Tagen einem ausländiſchen Preſſevertreter erklärte, es ſei ihm nichts davon bekannt, daß er wieder zum Reichsbankpräſidenten ernannt werden ſolle. Auf jeden Fall ſtehe feſt, daß eine Inflation in Nail de ausgeſchloſſen ei. Auch Dr. Luther hat dieſer Tage in Baſel den zur Verwaltungsratsſitzung der Bank 10 Internationale ae daſelbſt ver⸗ ammelten ausländiſchen Finanzleuten aus⸗ drücklich erklärt, daß Währungsexperimente in Deutſchland nicht gemacht würden.— Ei⸗ ne etwaige Aenderung in der Perſon des Neichsbankpräſidenten wird allo ohne Ein⸗ fluß auf die Währungspolitik bleiben. Terror und Abwehr Schändung eines Ehrenmals.— Brand- ſtiftung.— Verhaftung e ves Kuriers. Berlin, 15. März. Immer wieder ereignen ſich Terrorakte von kommuniſticher Seite oder es gelingt, Pläne e und großes Unheil zu verhüten. So wurde u. a. in Beurig bei Saarburg der Vorplatz eines Ehrenmals, der am Volkstrauertag geſchmückt war, be⸗ ſchmutzt und zerſtört. Man vermutet ſaar⸗ ländiſche Kommuniſten als die Täter. Auf der Domäne Frankenhauſen bei Gre⸗ benſtein(Regbez. Kaſſel) brannte ein großer Stall, der zum Teil mit Futtermitteln ge⸗ füllt war, nieder. Man vermutet Brandſtif⸗ tung durch Kommuniſten. In Witten⸗Ruhr wurde ein kommuniſti⸗ ſcher Kurier verhaftet, als er mit wichki⸗ gen Nachrichten zu ſeinen Auftraggebern nach Eſſen fahren wollte. Die Sichtung des Materials iſt noch nichk abgeſchloſſen, zumal es zum größten Teil in Geheim⸗ ſchrift abgefaßt iſt. Im Erzgebirge hat⸗ ten Kommuniſten den Plan gefaßzt, das Annaberger Jene ume das Elektri⸗ zitätswerk und das Umspannwerk in die Luft zu ſprengen. Schutzpolizei beſetzte die Gebäude und verhaftete 120 Funk⸗ kionäre der aD. Nach Ausſagen Ver⸗ hafteter beſitze die a PD. im oberen Erz⸗ gebirge über 2000 Zentner Dynamit, 350 Handgranaken und 250 Schußwaffen. Es wurde auch 1 Dynamit gefun⸗ en. Schutzhaft München, 15. März. Der Chefredakteur der„Münchener Neu⸗ eſten Nachrichten“, Büchner, und der poli⸗ tiſche Schriftleiter dieſes Blattes, Freiherr v. Aretin, wurde in Schutzhaft genommen. Zu der Inſchutzhaftnahme des Grafen Anton Arco teilt der„Völkiſche Beobachter“ mit, ſie ſei erfolgt, nachdem der Polizei bekannt ge⸗ worden ſei, daß er in Freundeskreiſen Aeuße⸗ rungen getan habe, es käme ihm nicht darauf an, wie einſt Eisner, ſo auch Hitler zu beſei⸗ tigen. g 5A⸗Leute diſzipliniert Köln, 15. März. Wie der Regierungspräſident in Köln mitteilt, drangen mehrere Angehörige der NSDAP. in die Wohnung eines jüdiſchen Kaufmanns ein und forderten unter Vor⸗ halten von Piſtolen die Oeffnung des Geld? ſchrankes, aus dem ſie 800 Mark entwende⸗ ten. Drei an der Tat beteiligte Perſonen wurden feſtgenommen. Die SA⸗Leitung ſchloß dieſe drei Leute ſofort aus der Partei aus und zog ihnen die braunen Hemden auf dar Stelle aus. Das Strafverfahren wegen Auf Grund der An kommiſſars für d chſen, von Killinger, daß mit ſofortiger Wirkung alle kommuniſtiſchen Betriebsratsmitglieder ihrer een zu entheben ſind, ſind am Montag in emnitz bereits in mehreren hundert Be⸗ trieben die Kommuniſten aus den Betriebs⸗ räten entfernt und durch nationalſozialiſtiſche Betriebszellenobleute oder andere national zuverläſſige Leute erſetzt worden. Am Mon⸗ tag wurden auch bereits die erſten ſozialde⸗ l Betriebsräte ihrer Poſten ent⸗ oben. f 9Pd.⸗Preſſeverbot verlängert Berlin, 15. März. Das Verbot der ſozialdemokratiſchen perio⸗ diſchen Druckſchriften in Preußen iſt durch ei. nen Polizeifunkſpruch an ſämtliche Regie- fre f um 14 Tage verlängert worden. Sträßenſchlacht in Elbing Zwei Kommuniſten erſchoſſen. Elbing, 15. März. In Elbing wurde ein Trupp National⸗ ſozialiſten aus dem Hinterhalt beſchoſſen. Der S A.⸗Mann Strehlau wurde im ſchwerverletzten Zuſtande ins Krankenhaus gebracht und eine etwa 70jährige Frau erhielt einen Schuß. Durch einen Armſchuß wurde auch ein 12jäh⸗ riges Mädchen verletzt. Starke SA.⸗ und SS.⸗Abteilungen begaben ſich ſofort nach Be⸗ kanntwerden des Ueberfalls nach dem Vorort Pangritz und riegelten einige Straßenzüge ab. Ein Polizeiaufgebot griff ebenfalls ein und nahm eine Durchſuchung des ganzen Wohn⸗ viertels vor. Bei hereinbrechender Dunkelheit entwickelte ſich eine wilde Schießerei. Die Kommuniſten eröffneten auf die vorrückende SA. und Po⸗ lizei ein ſchweres Feuer, das von der Polizei erwidert wurde. In den ſpäten Abendſtunden erft gelang es, die Ruhe wieder herzuſtellen. Die Polizei ſtellte feſt, daß die Kommuniſten, die zwei Tote zu verzeichnen haben, ſämtlich mit Karabinern bewaffnet waren. Auslands⸗Rundſchau Einſetzung eines Deviſenkommiſſars in den Vereinigten Staaten. Wie aus Newyork gemeldet wird, iſt der Direktor der Bankers Truſt Company, Fre⸗ deric Kant, der im Kriege Leiter der De⸗ viſenabteilung der Federal Reſerve Banken war, zum Sonderkommiſſar für die Deviſen⸗ transaktionen ernannt worden. Kent wird alle Deviſengeſchäfte der Federal Reſerve Banken bis zur Wiederkehr normaler Verhältniſſe be⸗ aufſichtigen. in allen Apotheken erhältlich zum Preise von RM. 0.93, 1 zug TABLETTEN 1.88. Nur scht mit dem Namens- auf jeder Packung. 9 1 Erdmann Ullrichs AIMZIEL. RO man von Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) Sie gingen zum Sofa, ließen ſich darauf nieder. Sie wollte mehr hören. Brödjukoff mußte berichten; mit triumphierendem Lächeln tat er es. Lotte lauſchte ſeinen Worten, die voll Anerkennung für Erdmanns Fleiß waren. Daß Goswin eine freundſchaftliche Annäherung an Erdmann geſucht und auch gefunden hatte, darin lag etwas wundervoll Hoffnungsvolles, welches Lotte froh machte, ſo unbeſchreiblich froh! Ihre Augen ſtrahlten, ihre Hände ſchmiegten ſich mit zärtlichem Druck in die Goswins, und durch die weit offenen Fenſter ſtrömte weiche Frühlingsluft und der ſinnverwirrende Duft blühender Blumen. Eine ſüße Mattigkeit ließ ſie widerſtandslos in Gos⸗ wins Arme ſinken, ließ ſie alle Bedenken vergeſſen. *** Es war früh am Morgen, als Brödjnkoff die Klingel zu Sonja Makarownas Wohnung zog. „Iſt Sonja Makarowna zu Hauſe?“ fragte er das Mädchen, welches die Tür öffnete. „Sie ſchläft noch. Aber treten Sie nur ein; ich will ihr ſagen, daß Sie gekommen ſind!“ Sie führte ihn in den Salon, deſſen Fenſter noch ver⸗ dunkelt waren. Nachdem er die Vorhänge zurückgezogen hatte, warf er ſich in einen Seſſel und brannte ſich eine Zigarette an. Er hatte ſie noch nicht zu Ende geraucht, als die Tür aufging und Sonja hereinwirbelte. Sie trug ein Pyjama aus buntbedruckter Seide. Um Hand⸗ und Fußgelenke ſah man goldene Ringe. 8 „Guten Morgen, Goswin! Was führt dich in aller Herrgottsfrühe zu mir?“ „Wirſt gleich hören, Sonja! Setze dich nur erſt!“ „Gib mir'ne Zigarette, Goswin!“ Er reichte ihr ſein ſilbernes Etui und dann ein Streich⸗ holz. „Wie hübſch du ausſiehſt in deinem feſchen Morgen⸗ anzug, Sonja!“ Ihre ſchwarzen Augen unter dem rotſeidenen Turban lachten. „Du, jetzt iſt nicht Zeit zum Komplimente⸗machen; ſag' mir, was dich zu mir führt! Hoffentlich iſt es etwas Er⸗ freuliches.“ „Etwas ſehr Erfreuliches, Sonja. Ich habe mich mit Frau Doktor Ullrich verlobt.“ „Ach, wirklich! Gratuliere!“ Ihre Augen ſtrahlten. „„Du, Goswin, das haſt du fein gemacht. Nun wirſt du bald in Reichtum ſchwelgen. Darfft mich aber nicht vergeſſen, wenn es erſt ſoweit iſt. In ein Verwandt⸗ ſchaftsverhältnis kommen wir jetzt auch. Haſt du ſchon daran gedacht?“ „Nein!?“ 0 Sie ſchüttelte lachend den Kopf. „Na, du biſt aber ziemlich ſchwerfällig: ihr Bruder und ich— „Ach ſo!“ Er lächelte. ſchaftsverhältnis, Sonja!“ „Immerhin beſteht es doch, Goswin. Aber nun Scherz beiſeite! Erzähle endlich, wie das mit der Verlobung ſo ſchnell gekommen iſt!— Du willſt nicht, nun, dann läßt du es bleiben. Was werden die in Moskau nun zu deinem Duſel ſagen? Nun wirſt du deine Tätigkeit für die Tſcheka doch wohl einſtellen?“ „Ich will es verſuchen. Du weißt ja, ſo ganz einfach iſt das nicht.“ Sie nickte nachdenklich. „Ich möchte auch los von der Sache; ſeit man zu ihr gehört, wird man ſeines Lebens nicht mehr recht froh. Wie unter einem Druck ſteht man.“ „Nun, jetzt beſteht ja Ausſicht, daß man ſich davon be⸗ freien kann.“ „Ja, die beſteht, Goswin!“ Sie ſeufzte tief auf, ſah ihn mit einem ungläubigen Lächeln an.„Wir werden uns beide nicht beeilen damit. Die Einnahmen ſind doch zu „Ein illegitimes Verwandt⸗ Er ſchob ihr einen Seſſel hin. verlockend. Ach, Goswin, wenn ich nicht ſo geldgierig 0 1 wäre! Die Geldgier brennt in meinem Blut. Wie eine Krankheit iſt ſie.“ Sie beugte ſich zu ihm. Der Blick ihrer ſchwarzen Augen haftete in dem ſeinen.„Du weißt, wie das iſt, Goswin. Du leideſt an derſelben Krankheit. Wie die Hölle brennt ſie. Für Geld tun wir beide alles, unſere Seelenſeligkeit verkaufen wir dafür.“ „Das haben wir bereits getan, Sonja. Nun laß uns nicht mehr davon reden. Alſo wenn ich erſt darin ſitze im Fett, wirſt du auch nicht zu darben brauchen, da werde ich auch an dich denken.“ Sie nickte. „Wann wirſt du denn heiraten?“ „Möglichſt bald, Sonja. Es ſind noch einige Schwierig⸗ keiten zu überwinden.“ g „Macht ſie dir die Tochter? Was ſagt ſie eigentlich dazu, daß du jetzt ihre Mutter heiraten willſt? Sie hatte ſich doch bisher Hoffnungen auf dich gemacht.“ „Sie ahnt noch nichts.“ „Aber ſchließlich wird ſie es doch erfahren. Du, Gos⸗ win, das gibt noch ein Attentat.“ Sie ſah ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen an. Er lächelte. „Davor werde ich mich zu ſchützen wiſſen.“ „Ich ſcherzte, Goswin! Daran wird ſie natürlich nicht denken; aber damit iſt doch zu rechnen, doß ſie ſich dir in den Weg ſtellen wird.“ Er erhob ſich. „Sonja, du weißt, ich räume aus dem Wege, was mich hindert, vorwärtszukommen. Wie ich das in dieſem Falle mache, dafür iſt der Plan ſchon entworfen.— Und nun lebe wohl, Sonja; ich muß gehen!“ „Herrgott, ſo ſchnell!“ i „Ich kam nur, um dir die erfreuliche Nachricht zu bringen. Und noch eins, Sonja;: ſieh mal zu, von Schrader ein paar tauſend Mark zu bekommen; ich ſitze auf dem trockenen. Ich hoffe, es dir bald verzehnfacht zurückgeben zu können.“ „Ich will ſehen, was ſich machen läßt, Goswin.“ „Alſo auf Wiederſehen morgen abend! Und noch eins: Sonja, ſtrengſte Diskretion. Schrader darf noch nichts von der Verlobung wiſſen.“ g 5 M 22 0 Fortſetzung folgt.) Letzte Nachrichten Nuno funlſtörer verhaftet. Potsdam, 15. März. Die Uebertragung der Rundfunkrede des Reichs kanz⸗ lers aus Königsberg i. Pr. war ge⸗ ſtört worden. Die Polizei hat jetzt den kom⸗ muniſtiſchen Spitzenkandidaten der Lehniner Gemeindevertretung, den Kutſcher Wilhelm Grube, als Täter verhaftet. Er hatte bei dem Dorf Nahmitz einen geerdeten blanken Draht über die Hochſpannungsleitung gewor⸗ fen und damit den Strom ausgeſchaltet. Umſturz in Oeſterreich? Ankräge auf Amtsenthebung der Bundes Regierung. Wien, 15. März. „Am Dienstag nachmittag krat der Nieder öſterreichiſche Landtag auf Wunſch der Oppo⸗ ſitionsparieien zu einer Sitzung zuſammen, um zu der Lage Stellung zu nehmen, die durch die Notverordnung der Regierung ge ſchaffen worden iſt. Die nakionalſozialiſtiſche raktion forderte in einem Aukrag die ſo⸗ ortige Amtsenihebung der Bundesregierung wegen Vea die 50 ia Einen ähnlichen Ankrag brachten die Sozialdemokraten ein. Außerordentliches Aufſehen erregten die Ausführungen des nationalſozialiſtiſchen Fraktionsführers, Landesrat Leopold der u. a. erklärte, daß die innerpolitiſchen Ge ⸗ ſchehniſſe, die ſich gegenwärtig in Oeſterreich entwickelten, einen außenpolitiſchen Hintergrund hätten. Schon lange be ſchäftige man ſich in Oeſterreich mit der un⸗ gariſch⸗kroatiſch⸗öſterreichiſchen Staatsidee die Gömbös und Muſſolini befürworteten Dieſes Projekt ſei von den Chriſtlich⸗ſozialen und der derzeitigen öſterreichiſchen Regie⸗ rung aufgegriffen worden. Mit dieſem Plane hänge auch die Hrtenberger Waffen⸗ angelegenheit zuſammen. Die Waffen ſollten nach Ungarn und Kroatien transpor⸗ tiert werden. Der Redner machte auf die Ge⸗ fahren außenpolitiſcher Streitfälle aufmerk⸗ ſam und behauptete, daß tſchechoſlowa⸗ kiſches Militär an der öſterreichiſchen Grenze zum Einmarſch verſammelt ſei. In der Stadt Preßburg ſeien bereits„Evakuie⸗ rigen“ vorgenommen worden. An der Nedgrenze Südſlawiens ſeien 60 000 Mann ſüdfſlawiſche Truppen zuſammengezogen Von Chriſtlich⸗ſozialer Seite wurden die Mitteilungen des nationalſozialiſtiſchen Lan⸗ desrates beſtritten. Kinolataſtrophe in Mexiko 50 Tote und 70 Verletzte. Mexiko, 15. März. Wie aus Ahualulco im Staate Jaliſco be. richlet wird, brach dork in dem Kino ein Brand aus, der ſich ſo raſch verbreitete, daß eine große Anzahl von Perſonen verbrannke und verwundei wurde. Die ſofort alarmier⸗ te Feuerwehr konnte zunächſt 32 Toke und 70 Verletzte bergen. Später wurden unter den Trümmern des Lichkſpieltheaters noch weike⸗ re 18 Leichen gefunden, ſo daß die Jahl der Toten 50 beträgt. Ein 700 Meter hoher Turm Neues franzöſiſches Projekt. Paris, 15. März. Ein Pariſer Blatt veröffentlicht eine Un⸗ terredung mit einem Ingenieur, der ſich mit dem Bauplan eines Hochturmes befaßt, der 700 Meter erreichen und den Eifel ⸗ turm ſomit um 400 Meter ſchlagen ſoll. Dieſer Plan ſei für die Ausſtellung des Jah⸗ res 1937 vorgeſehen. Der Turm müßte auf einem Berge, vielleicht dem Mont Valerien., errichtet werden. Die Koſten würden 40 bis 50 Millionen bekragen. Dder Turm würde in 500 Metei Höhe eine Plaltform aufweiſen, die für Aulos und Laſtkraftwagen zugänglich ſei Fruulreich gegen Hilfs polizei Franzöſiſche Beſchwerde in Berlin.— Ju⸗ rückweiſung durch Deutſchland. Berlin, 15. März. Der franzöſiſche Botſchafter Francois⸗ Poncet hat den Reichsaußenminiſter Frei⸗ herrn von Neurath aufgeſucht, um im Auf⸗ rage der franzöſiſchen Regierung wegen der Vorgänge in Kehl und der Verwendung von Hilfspolizei in der enlmilitariſierten Jone unter Hinweis auf Arkikel 43 des Verſailler Vertrages Beſchwerde zu führen. Der Reichs ⸗ außenminiſter hat dieſe Beſchwerde als un; begründet zurückgewieſen. 8 Weder die Vorgänge in Kehl noch die Verwendung von Hilfspolizei falle unter die Beſtimmungen des Verſailler Vertrages über die entmilitariſierte Zone. Weder die im übrigen nur während 36 Stunden in der Polizeikaſerne in Kehl untergebracht gewe⸗ ſene SA⸗Mannſchaft, von der höchſtens jeder zehnte Mann mit einem Jagdge⸗ wehr oder Revolver ausgerüſtet gewe⸗ ſen ſei, noch die Hilfspolizei könnten als be⸗ waffnete Streitkräfte 149 f 5 werden. Im übrigen handele es ſich hierbei um in nerpolitiſche Maßnahmen, die der Aufrecht⸗ erhaltung der gefährdelen Ruhe und Sicher t dienten. 1 Die Gerüchle um Lulher. 5 Berlin, 15. März. Das Reichskabinett wird heute nachmittag 16.15 Uhr zuſammentreten, um über laufen⸗ de Angelegenheiten zu beraten. Reichskanz⸗ ler Hitler wird für heute wieder in Berlin zurückerwartet. Von einer erneuten e zwiſchen dem Reichskanzler und dem RNeichsbankpräſi⸗ denten Dr. Luther, wie ſie vielfach angekün⸗ digt worden war, iſt an zuſtändiger Stelle nichts bekannt. Auch die verſchiedentlich auf⸗ 7 0 Behauplung, daß der Rücktritt des eichsbankpräſidenten unmittelbar bevor⸗ ſtehe, hat eine amiliche Bestätigung am Dienstag abend nicht gefunden. Polniſche Niederlage Die Polizei muß von der Weſterplatte zurück⸗ gezogen werden. Genf, 15. März. Die polniſche Regierung hat ſich gezwungen geſehen, die unverzügliche Zurückzie⸗ hung der polniſchen Polizei auf der Weſterplatte anzuordnen. Dieſer Entſchluß iſt das Ergebnis der ſchwierigen Verhandlungen der letzten Tage. Die polniſche Regierung iſt zu dieſem Schritt durch die eindeutige Hal- tung der Großmächte gezwungen worden. Der Standpunkt der polniſchen Regierung war von allen Seiten von vornherein als völlig un⸗ haltbar und als ein eindeutiger Bruch der ver⸗ traglichen Beſtimmungen angeſehen worden. Die engliſche Regierung hat dem Berichterſtat⸗ ter im Völkerbundsrat für die Danziger Fra⸗ gen gleich 0 Beginn der Verhandlungen kei⸗ nen Zweifel darüber aſſen, daß der Völker⸗ bundsrat unter keinen Umſtänden das Vor⸗ gehen Polens billigen werde. Die Vertreter Italiens und Franki chs haben ſich dieſer Auffaſſung angeſchloſſen. Der Pöllerbundsrat nahm am Dienstag in öffentlicher Sitzung von der Erklärung bes polniſchen Außenminiſters Beck über die un⸗ verzügliche Zurückziehung der polniſchen Trup⸗ pen von oer Weſterplatte Kenntnis. Der deutſche Vertreter, Geſandter von Keller, et⸗ klärte, der Zwiſchenfall ſei nunmehr im Sinne Danzigs erledigt worden. Der Völkerbunds⸗ rat hat ſomit offiziell den Vertragsbruch Polens anerlannt, und das Vorgehen der pol⸗ 90 10 Regierung in öffentlicher Sitzung ver⸗ urteilt. Die Verhaftungen in Rußland Sabokageakt durch die verhafteten Eng⸗ länder? Moskau, 15. März. In einer Mitteilung der vereinigten ſtaat⸗ lichen politiſchen Verwaltung heißt es, durch die von der politiſchen Geheimpolizei(O. G. P. U.) angeſtellte Unterſuchung einer Reihe unerwarteter und konſequent ſich wiederho⸗ lender Beſchädigungen in großen Kraftwer⸗ ken wurde feſtgeſtellt, daß dieſe Beſchädi⸗ gungen auf die Tätigkeit verbrecheriſcher Elemente unter den Staatsangeſtellten des Volkskommiſſariats für Schwerinduſtrie zu⸗ rückzuführen ſind, die ſich die Zerſtörung von Kraftwerken der Sowjetunion und die Außerbetriebſetzung der von dieſen Statto⸗ 0b belieferten Gasfabriken zum Ziel geſetzt aben. Die Unkerſuchung ergab, daß an der Tä⸗ ligkeit dieſer Schädlingsgruppe auch einige Angeſtellte der engliſchen Firma Metropon⸗ kan Vickers aktiven Ankeil genommen haben. In dieſer Angelegenheit wurden 31 Perſonen verhaftet, darunter fünf engliſche Staalsbür⸗ ger, die Angeſtellte der Mekropolikan Vickers ſind. Dieſe wurden jedoch nach einem Ver- hör und nachdem ſie ſich durch Unkterſchrift verpflichtet hallen, ihren Wohnſitz nicht zu verlaſſen, auf freien Fuß geſetzt. Neue Kümpſe in Oſtaſſen Die Chineſen weiter zurückgedrängt. Peking, 15. März. Einige Kilometer ſüdlich der Großen Mau er iſt eine große Schlacht zwiſchen chi⸗ neſiſchen und japaniſchen Truppen ausgefoch⸗ ten worden, wobei die Armee Tſchiangkai⸗ ſcheks 4000 Mann verloren haben ſoll. Die Chineſen unternahmen einen Angriff auf die japaniſche Vorhut, ſie wurden aber zurück— geſchlagen. ö In Tokio ſind Meldungen eingelaufen, daß die chineſiſchen Truppen verzweifelte Verſuche zur Eroberung des Hſifengkau⸗ Paſſes in der Provinz Dſchehol machen. Seil Freitag ſind heftige Kämpfe um den Paß im Gange. Nach einem großen japaniſchen Ge⸗ genangriff ſind die Chineſen zurückgedrängl worden. ö Der chineſiſche Finanzminiſter und ſtell⸗ vertretende Miniſterpräſident Sung erklärte der Preſſe, daß alle Gerüchte über eine be— vorſtehende Verſtändigung zwiſchen Japan und China ſowie eine Vermittlung des eng⸗ liſchen Geſandten nicht den Tatſachen ent⸗ ſprechen. Für China gebe es im Augenblick kein Kompromiß. 5 Heute Kabinettssitzung der neue Kurs in Vaden Uebernahme der Geſchäfte durch die lommiſ⸗ fariſchen Miniſter.— Generalſtaats anwalt Haffner beurlaubt. Karlsruhe, 15. März. In den Miniſterien fand die Uebernahme der Geſchäfte durch die kommiſſariſchen Mini⸗ ſter ſtatt. Der Amtsatnritt des kommiſſariſchen Juſtizminiſters, MdR. Rechtsanwalt Rupp, war ſchon am Samstag erfolgt. Der Beauf⸗ tragte des Reichskommiſſars hat den bisheri⸗ geni Generalſtaatsanwalt Dr. Haffner be⸗ urlaubt. i Im Miniſterium des Kultus und Unterrichts hielt Dr. Wacker eine Anſprache, in der er u. a. erklärte, die große allgemeine Fahrt⸗ richtung in dieſem Miniſterium ſei der Kurs des bewußten Deutſchtums, poſitiven Chri⸗ ſtentums. Im Finanzminiſterium erklärte der kommiſ— ſariſche Miniſter MdL. Köhler, er werde die Finanzen nach den Grundſätzen eiſerner Sparſamkeit, peinlichſter Sauberkeit und abſo⸗ luter Gerechtigkeit führen. Von den Miniſtern wurde erklärt, denjenigen Beamten, die glauben, nicht mitarbeiten zu lönnen, ſtünde es frei, die entſprechenden Schritte zu ergreifen. Erſte Kabinetts ſitzung Von der Preſſeſtelle beim Staatsminiſte⸗ rium wird mitgeteilt: „Heute vormittag halb 11 Uhr trat das neue badiſche Kabinett unter dem Vorſitz des Reichskommiſſars Wagner im Staatsminiſte⸗ rium zu ſeiner erſten Sitzung zuſammen, um zu der durch die Regierungsübernahme geſchaf⸗ fenen Lage Stellung zu nehmen und weitere Maßnahmen zu beſprechen. Der Reichskom⸗ miſſar gab den Kabinettsmitgliedern einen aus⸗ führlichen Bericht über das Vorgehen der Re⸗ gierung ſeit der Machtübernahme, das er im einzelnen ausführlich begründete. Die Stellung der Regierung ſei ſtärler als die aller vorangegangenen Kabinette, nicht nur weil ſich die Polizei und bie ge⸗ ſamte Beamtenſchaft geſchloſſen und freu⸗ dig hinter ſie geſtellt habe, ſondern vor allem, weil ſie im geſamten ſtaatsbejahen⸗ i den Volk verankert ſei. Die Umwälzung in Baden hat ſich, wie überall im Reich, in einer bewundernswerten Diſziplin der Bevölkerung vollzogen. Der Aufbruch der Nation iſt mit elementarer Wucht er⸗ folgt— ſie iſt noch nicht zu Ende. Es gibt keinen marxiſtiſchen Terror mehr in Baden. Die Parteien des roten Lagers ſind bereits zur völligen Bedeutungsloſig⸗ keit herabgeſunken. Wiederum haben in den letzten Tagen große Teile der Arbeiter⸗ ſchaft den Weg zur Nation und zur Volksgemeinſchaft gefunden und ihren marxiſtiſchen Organiſationen den Rücken gekehrt. Der Kampf geht unter Einſatz aller nationalen Kräfte und der ſtaatlichen Macht⸗ mittel weiter, bis auch der letzte deutſche Ar— beiter der marxiſtiſchen Irrlehre entriſſen iſt. Wir werden ferner rückſichtslos und gründlich die verborgenen Vorginge der letzten 14 Jahre überprüfen und jede Korruption der Oeffentlichkeit bekannt Daß in verſchiedenen, ſogar höchſten Stellen verſucht wurde, im letzten Augenblick noch Akten zu beſeitigen, beweiſt uns, wie ſchlecht das Gewiſſen der abgetretenen Herren iſt und wie ſehr ſie Grund haben, ihre Taten zu verdunkeln. Wir werden hier reſtlos Aufklärung in aller Oeffentlich⸗ keit ſchaffen. Im Anſchluß an dieſe grundſätzlichen Aus⸗ führungen trat das Kabinett in die Bera⸗ tung verſchiedener Punkte, wie Hilfe für die Landwirtſchaft, Arbeitsdienſt, Finanzierungs⸗ probleme, Einſparungsmaßnahmen, Wiederein— ſtellung der aus politiſchen Gründen entlaſ— ſenen nationalen Beamten. Es wurde in allen Fragen vollſte Einmütigkeit des Geſamtka⸗ binetts erzielt. Kurz nach 12 Uhr war die Kabinettsſitzung zu Ende. Der Rechnungshof beſetzt Wie der„Führer“ erfährt, hat der Poli⸗ zeipräſident Ludin die ſofortige Beſetzung des badiſchen Rechnungshofes durch die Polizei verfügt. Es handelt ſich nach dem Blatt darum, eine große Anzahl von Akten ſicherzuſtellen, die für die auf Grund des lommenden Antikorrup⸗ tionsgeſetzes zu erwartenden Prozeſſe von gro⸗ ßer Wichtigleit ſind. Die Jahl der in Karlsruhe in Schutzhaft ge— nommenen Perſonen hat ſich inzwiſchen auf 17 erhöht, darunter befindet ſich der ehemalige Matroſe Heinrich Klumpp, der in den Novem⸗ bertagen 1918 die Schießerei vor dem Schloß veranlaßt hatte. ** die Antwort des Neichspräſidenten an das badiſche Zentrum. Freiburg, 15. März. Auf das Telegramm der badiſchen Zen⸗ trumsfraktion an den Reichspräſidenten ging vom Staatsſekretär Meißner beim Prälaten Dr. Föhr folgendes Schreiben ein: „Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Der Herr Reichsvräſident hat mich beauf⸗ tragt, Ihnen den empfang des im Name der badiſchen Zentrumsfraktion eingegan⸗ genen Telegramms ergebenſt zu beſtätigen. Der Herr Reichspräſident hat das Tel gramm dem Herrn Reichskanzler mit dem Erſuchen um Nachprüfung zugeleitet. dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung.“ Dr. Heimerich bittet um Arlaub Mannheim, 15. März. Oberbürgermeiſt Dr. Heimerich hat an den Landeskommiſſät Dr. Scheffelmeier ein Schreiben gerichket, worin er mit Rüclſicht auf die derzeitige Lage und ſeine Krankheit um Beurlaubung von ſeinen Amtsgeſchäften bis auf weiteres bit⸗ let. Dieſes Geſuch iſt alsbald an das Mini⸗ ſterium des Innern weitergeleitet worden. * Schutzhaftbefehl gegen Blankenhorn zurüc⸗ gezogen. f Karlsruhe, 15. März. Der Schutzhaftbe⸗ fehl gegen den beurlaubten Kommandeur der Karlsruher Schutzpolizei, Oberſt Blankenhorn, iſt zurückgezogen worden. Oberſt Blankenhorn hält ſich zurzeit in Müllheim auf. Gegen die Erſriſchungsräume der Warenhäuſer Mannheim, 15. März. Am Dienstag fand in Mannheim eine zahlreich beſuchte Verſamm⸗ lung der Gaſtwirte von Mannheim und Um⸗ gebung ſtatt, welche ſich nach einem Referal des Verbandspräſidenten Knodel⸗Karlsruhe ſehr ſcharf gegen die beſtehenden Erfriſchungs⸗ räume in Warenhäuſern und Einheitspreisge⸗ ſchäften ausſprach. In einer Reſolution wurde die Reichsregierung gebeten, ſämtliche Erfri⸗ ſchungsräume in dieſen Warenhäuſern und Ein⸗ heitspreisgeſchäften aufzuheben. Erhebung von Kirchengeld Frankfurt a. M., 15. März. Die Stadt⸗ ſynode der epangeliſch⸗lutheriſchen und evange⸗ liſch⸗unierten Kirchengemeinden muß im näch⸗ ſten Rechnungsjahr mit einer Mindereinnahme an Kirchenſteuern von ungefähr 20 Prozent rechnen, weil die Einkommenſteuer im Jahre 1932, nach der die Kirchenſteuer ſich richtet, bei der allgemeinen Schrumpfung der Einnah⸗ men entſprechend zurückgegangen iſt. Der Vex⸗ ſuch, eine Kürzung der Ausgaben vorzunehmen, erſcheint nicht mehr möglich. Der Synodal⸗ Vorſtand wird daher vorſchlagen, für das Jahr 1933 ein Kirchengeld zu erheben von Perſonen, die ein wirkliches Einkommen be⸗ ſitzen. Als Mindeſtſatz iſt 80 Pfg. pro Jahr, als Höchſtſatz bei einem Einkommen von 20000 Rm. an 40 Rm. gedacht. Aus Heſſen und Naſſan Dr. Adelung verabſchiedet ſich. Staatspräſident Dr. Adelung verabſchiedete ſich von den Beamten und Angeſtellten des Miniſteriums für Kultus und Bildungsweſen, wobei er ſeinem Dank und ſeiner Anerkennung für getreue und gewiſſenhafte Pflichterfüllung Ausdruck gab. Dr. Adelung ſprach die Hoff⸗ nung aus, daß die Beamten auch in Zukunft ungeachtet ihrer perſönlichen politiſchen Ein⸗ ſtellung nur dem Geſamtwohl dienen würden. Miniſterialrat Hoffmann dankte dem Staats⸗ präſidenten für die vornehme Art, in der er es verſtanden habe, den dienſtlichen Verkehr mit menſchlichem Wohlwollen zu verbinden. Stand der Maul⸗ und Klauenſeuche in Heſſen. Nach der amtlichen Statiſtik waren in Heſ⸗ ſen bis zum 1. März an Maul- und Klauen⸗ ſeuche verſeucht: insgeſamt 2 Gemeinden(davon eine neu) und 2 Gehöfte(davon ein Gehöft neu) und zwar war dies im Kreiſe Alzey. Alle übrgien Kreiſe waren von Maul⸗ und Klauenſeuche frei. * »» Frankfurt a. M., 15. März.(Die Warenhäuſer erneut geſchloſſen.) Am Monlag agitierten SA.⸗Leute durch Schil⸗ der und Rufe, nicht in jüdiſchen Ge g zu kaufen. Es bildeten ſich vor den Waren⸗ häuſern Anſammlungen, worauf dieſe erneut geſchloſſen wurden. g Frankfurt a. M., 15. März.(Ang eb⸗ licher Raubüberfall auf einen Lehrling.) In der Hedderichſtraße wurde ein angeblicher Raubüberfall ausgeführt, bes dem einem Lehrling Lehrling 550 Rm. ent⸗ wendet worden ſein ſollen. Der 18jäheige Lehrling fuhr mit einem Lieferrad ſeiner Firma am Poſtamt 10 vorbei und hatte einen grauen Leinenſack(Geldſack der Reichsbank) bei ſſch⸗ Als er von einem Radfahrer überholt wurde ſoll dieſer ihm den Geldbeutel aus der Hand geriſſen haben. In dem Geldſack befanden ſich ein blaues Poſtſcheckbuch und 550 Rm. in 20- und 50⸗Reichsmarkſcheinen und Silbergeld. Der Täter iſt angeblich nach der alten Brücke zu geflüchtet. Falls ſich der Vorgang lat⸗ ſächlich ſo abgeſpielt hat, handelte der Lehr⸗ ling überaus leichtſinnig, den Geldbeutel offen in der Hand zu tragen. Wiesbaden, 15. März.(Häuſerſchlie⸗ zung.) Die Geſchäftsräume der SPD., der Eiſernen Front und des Reichsbanners wur⸗ den geſchloſſen und verſiegelt. Die Büros 1 Gewerk chaften blieben weiter geöffnet. Auch die Redaktion der ſozialdemokratiſchen „Volksſtimme“ und das kommuniſtiſche Ver⸗ fehrslokal wurden geſchloſſen. Actandl ein Mädchen vom Nimmel geſalent I Copyriabt by Martin Feuchtwanger, Halle(Sasle! E. Fortſetzung Nachdruck verboten. Um die Mundwinkel Urſulas von Neußen ſpielte der Schalk. ö „Bitte, drehen Sie ſich einen Moment um“, bat ſie und ſpielte die Verſchämte. Der Arzt gehorchte. „So, nun können Sie ſich wieder umkehren!“ Sie hatte die Lederhoſen abgeſtreift und lag nun, mit ſeidener Unterwäſche und ſeidenen Strümpfen angetan, auf dem Sofa. Jetzt regte ſich der Kavalier in dem angejahrten Sani⸗ tätsrat. Er war in ſeiner Jugend ein flotter Verehrer der Weiblichkeit geweſen und war auch heute noch den Reizen einer ſchönen Frau nicht abhold. Er unterſuchte ſehr eingehend das Gelenk der Da⸗ liegenden, die ſcheinbar arge Schmerzen hatte.— Dann ſchüttelte er den Kopf. „Ich kann keine poſitive mechaniſche Veränderung finden, Gnädigſte. Eine leichte Gewebszerrung dürfte die Schmerzen hervorrufen. Dieſe Unſtimmigkeit wird in wenigen Tagen behoben ſein. Ich empfehle Ihnen, ſich tinen feuchten, kalten Umſchlag um das Gelenk zu machen. Für heute verordne ich Ihnen Bettruhe. Morgen werden Sie ſchon umhergehen können.“ „Ich fühle mich auch gar nicht krank.— Hoffentlich wird der Herr Baron von Henckelsberg nicht gar zu un⸗ gehalten ſein, daß er mich ein paar Tage hierbehalten muß. Ich hoffe, daß mein Vetter, Graf von Brincken, mich ſchon in der nächſten Woche auf dem Rückfluge von Ungarn wieder abholen wird.“ „Dem Majoratsherrn wird es eine Ehre und Freude ſein, die gnädige Komteſſe unter ſeinem Dache zu wiſſen“, erwiderte er mit bitter⸗ſüßem Geſicht und glaubte ſelbſt nicht recht an die Wahrheit dieſer Worte. Er erhob ſich. „Ich werde meinem Freund von dem erfreulichen Er⸗ gebnis der Unterſuchung Mitteilung machen.“ „Ach ja! Tun Sie das, Herr Sanitätsrat“, bat die Romteſſe und richtete ſich voll Lebhaftigkeit ein wenig auf ihrem Lager auf.„Es würde mir eine Freude ſein, dem Herrn Baron perſönlich für ſeine Gaſtfreundſchaft danken zu können.“ „Wie gnädigſte Komteſſe befehlen!“ „Und auch Ihnen muß ich danken, Herr Sanitätsrat, daß Sie ſolche Mühe mit meinem dummen Bein gehabt haben.“ f Sie ſtreckte ihm freimütig die Hand hin.— Die Offen⸗ heit dieſer jungen Dame gefiel dem Sanitätsrat. a Er küßte ihre Hand. „Es iſt mein Beruf, den Menſchen zu helfen!“ Dann ging er.— Nachdenklich ſchritt er die breiten Treppen im Schloſſe hinab. Seine Tritte hallten wider in dem von Säulen getragenen, hohen Dielenraum, in dem ein unſichtbarer Springbrunnen hinter Palmen leiſe plätſcherte. Der Baron erwartete ſeinen Freund ſchon. Als er ihn in der Diele hörte, tram er aus dem Herrenzimmer auf ihn zu. f„Nun, wie ſteht's, Bruno?— Iſt es etwas Ernſtes mit dem jungen Manne?“ fragte er. Der andere machte eine läſſige Handbewegung.„Nicht der Rede wert. In wenig Tagen iſt der Schaden wieder zut. Eine kleine Sehnendehnung. Bettruhe nur heute nötig. Morgen kann ſie ſchon hier unten mit dinieren.“ f„Sie?“ fragte der Baron erſtaunt.„Redeſt du irre?— Wer iſt ſie“!?“ „Der angebliche junge Mann!“ „Wieſo— angeblich??“ „Na ja! Das Geheimnis iſt nämlich: der junge Mann iſt eine reizende junge Dame.“ Der Majoratsherr zuckte wie unter einem Peitſchen⸗ hieb zuſammen. Er fuhr ſich mit der Hand über die Stirn. Dann blickte er ſein Gegenüber ungläubig an. „Bruno, du ſcherzeſt!!“ „Gott ſei Dank— nein!“ „Was, du findeſt das etwa noch in der Ordnung?“ „Ich finde ſie entzückend!“ Baron S wart von Henckelsberg ließ ſich erſchöpft in einen Seſſel fallen. „Maria und Joſeph!“ ſtieß er ſtöhnend hervor.„Wer hat mir dieſen Streich geſpielt?“ „Der Zufall!— Der Flieger konnte doch nicht wiſſen, daß er ausgerechnet in den Gefilden eines Weiberfeindes motlandete.“ Jetzt quoll der Zorn in dem Majoratsherrn hoch. „Ignaz, dieſer Idiot, ſagte doch, es ſei ein junger Mann. ann denn der Eſel kein Frauenzimmer von einem Manne unterſcheiden?“ In grenzenloſer Wut bekam der Baron irgendeinen hölzernen Gegenſtand, der auf dem Schreibtiſch ſtand, zu faſſen, ſchleuderte ihn, maßlos erregt, ins Zimmer und machte ſo wenigſtens einigermaßen ſeinem Zorn Luft. „Du darfſt deinen Kammerdiener abſolut nicht ſchelten, lieber Sigwart“, verſuchte Beyerſchmidt zu beſänftigen. „In der Pilotentracht iſt die Dame wirklich nicht von einem Manne zu unterſcheiden geweſen. Erſt der entblößte Bubikopf—“ Der Baron fuhr wie ein gereiztes Reptil herum und ieß ſeinen Freund nicht ausreden. „Ha!— Einen Bubikopf hat ſie auch!!?“ „Jawohl, einen ganz entzückenden Bubikopf ſogar.“ „Färbt ſie ſich nicht vielleicht auch noch die Lippen?“ „Möglicherweiſe!“ „Und die Augenbrauen?“ „Auch das iſt nicht ausgeſchloſſen!“ f „So, wie ſie hereingeflogen iſt, wird ſie auch wieder hinausfliegen.“. „Sie iſt eine Dame, Sigwart.“ 1 „Wie heißt ſie?“ „Komteſſe Urſula von Neußen. Der Pilot, der ſie hier i bſetzte, war ihr Vetter, wie ſie ſagte.“ „Auch Nomteſſen ſind Weiber!“ Der Baron ballte die Hände, öffnete ſie wieder. In ſtiller Wut und ſtummer Reſignation machte er dies ein paarmal hintereinander. „Es dürfte nun Zeit ſein, der Komteſſe deine Auf⸗ wartung als Schloßherr zu machen“, mahnte Beyerſchmidt mit ſchmunzelndem Lächeln. Der andere ſeufzte ſchwer auf.„Muß denn das wirk⸗ lich ſein?“ „Aber Sigwart!!“ Der Baron ſtraffte ſeine Weſte. Ein letzter Reſt von Eitelkeit, aus ſeiner erſten Jugendzeit übriggeblieben, ge⸗ bot ihm, ſich mit Daumen und Zeigefinger über das Schnurrbärtchen zu ſtreichen. 5 a „Alſo dann: Auf in den Kampf!! Aber ich bitte dich um deine Aſſiſtenz, Bruno.“ „Biſt du ſchüchtern?“ „Bitte, laß das!— Ich bin jetzt nicht aufgelegt, Witze zu machen oder anzuhören!“ Die beiden Herren ſtiegen hinauf zu den oberen Gaſt⸗ gemächern. Komteſſe Urſula von Neußen, auf ihrem Schmerzens⸗ lager, neigte liebenswürdig den ſchönen Kopf, als der Schloßherr mit ein wenig hochmütigem Geſicht ſeinen Namen nannte. Sie reichte ihm ihre wohlgepflegte Hand, die er mit innerem Widerſtreben an die Lippen zog. Da ſtach ihm ihr Parfüm, mit dem die Hand behandelt war, in die Naſe, und er wandte ſich brüsk ab. „Ich hörte durch den Herrn Sanitätsrat von Ihrem Unfall, Gnädigſte“, ſagte er ſchließlich in ſehr konven⸗ tionellem Ton.„Ich hoffe zuverſichtlich, daß Sie recht lde ſein mögen.“ Er betonte das„recht ald“. „Ein paar Tage werde ich Ihnen ſchon zur Laſt fallen müſſen, Herr Baron“, gab ſie ebenſo gewandt wie liebens⸗ würdig zurück.„Ich habe allerdings eine große Bitte, Herr Baron.“ Der Schloßherr deutete eine Verheugung an. „Sie ſind wohl ſo liebenswürdig und überlaſſen mir eine Ihrer Zofen zur perſönlichen Bedienung.“ „Zofen?— Verzeihung, gnädigſte Komteſſe, ich ver⸗ füge über kein weibliches Dienſtperſonal.“ „Oh, das iſt nicht ſchlimm, Herr Baron. Dann geſtatten 600 wohl, daß ich mir meine Kammerzofe herkommen aſſe. „Um Gottes willen!“ Es gelang von Henckelsberg nur ſchwer, das Wort zu unterdrücken. Der Sanitätsrat gab ihm ein heimliches Zeichen, das bedeuten ſollte, Haltung zu bewahren. „Es ſcheint Ihnen nicht recht zu ſein, Herr Baron“, ſagte ſie liebenswürdig.„Aber ich muß doch jemand haben, der mir beim An⸗ und Auskleiden behilflich iſt.“ „Oder willſt du das vielleicht ſelbſt übernehmen?“ raunte Beyerſchmidt dem Majoratsherrn ins Ohr. „Ausgeſchloſſen!— Wo denkſt du hin?!“ ziſchelte der andere ihm empört zu. N „Sie geſtatten alſo, daß ich nachher meine Zofe ver⸗ ſtändige?“ fragte Urſula von Neußen und deutete auf das Telephon, das auf einem kleinen Tiſchchen neben dem Sofa ſtand. „Es muß wohl ſein!“ erwiderte der Baron reſigniert und ergeben, und es lag ein gezwungenes Einverſtändnis in der Antwort. „Sie ſind reizend, Herr Baron. Ich danke Ihnen von Herzen. Morgen vormittag wird Suſanne mit meinen Toiletten per Auto auf Hohentann eintreffen.“ Sie ſah das aufs höchſte erſtaunte Geſicht des Majoratsherrn. „Glauben Sie nur deswegen noch nicht, daß ich mich hier bei Ihnen einniſten will.— In ſolch ritterlicher Ge⸗ ſellſchaft“— ſie neigte den gertenſchlanken Oberkörper gegen die beiden Herren—„will man doch gefallen, dazu iſt man doch eine Frau.— Alle Frauen wollen gefallen.“ „Ich werde Ihnen ſogleich meinen Kammerdiener Ignaz heraufſchicken, gnädigſte Komteſſe. Bitte, verfügen Sie über ihn“, ſagte Sigwart von Henckelsberg, und es klang kühl und gemeſſen.„Ihr Zuſtand zwingt Sie ja, den Kaffee und das Abendbrot auf dem Sofa einzu⸗ nehmen.— Sie geſtatten, daß wir uns jetzt zurückziehen!“ „Ich hoffe, morgen wieder Ihre Geſellſchaft genießen zu dürfen, Herr Baron“, ſagte ſie mit einem ſeelenvollen Augenaufſchlag und reichte den Herren die Hand. Als von Henckelsberg und Beyerſchmidt hinunter⸗ gingen, fragte der Arzt den Freund:„Wie gefällt ſie dir?“ „Jede Diskuſſion erübrigt ſich“, war die Antwort. „Ich meinerſeits finde ſie reizend.“ „Geſchmacksſache!!“ „Ich mußte übrigens feſtſtellen“, ſprach Beyerſchmidt weiter,„daß du nicht gerade überaus liebenswürdig zu der Komteſſe warſt.“ „Ich war noch viel zu freundlich.“ Der Baron geriet wieder in Wolle. „Nicht genug, daß iche in Weib um mich haben muß, nun ruft ſie auch noch ihre Zofe.“ Unten im Speiſezimmer war Ignaz gerade damit be⸗ ſchäftict, den Tiſch zu decken. „Hören Sie mal, Ignaz!“ Der Baron pflanzte ſich in ſeiner ganzen Größe vor dem Kammerdiener auf.„Eine Ueberraſchung, Ignaz! Unſer neuer Gaſt oben, der vom Himmel Gefallene, iſt eine Dame!!!“ Ignaz ließ das Meſſer, das er gerade in der Hand hielt, fallen. Er war zu ſehr erſchrocken, als daß er, wie es ſich eigentlich für einen gut erzogenen Diener gehörte, ſich ſogleich danach gebückt hätte. „Eine Dame?“ ſtammelte er. „Jawohl!— Und morgen kommt noch eine nach!“ „Aber gnädiger Herr, das— iſt— doch—“ „Unerhört iſt das, nicht wahr, Ignaz; das habe ich auch geſagt.— Aber nun ſollen Sie eine Freude haben, Ignaz. Gehen Sie hinauf zu der Komteſſe von Neußen. Harren Sie ihrer Befehle.“ „Aber ich kann doch nicht—“ „Natürlich können Sie!— Ein tüchtiger Kammer⸗ diener muß alles können l! a Dann gingen der Baron und der Sanitätsrat über die Veranda nach dem Park, über deſſen Wegen die Sonne ſtrahlte und deſſen alte Bäume leiſe in einem vom Süden kommenden Winde rauſchten. ö „Die friſche Luft tut mir gut!“ ſagte von Henckelsberg. „Noch immer ſteckt mir der Parfümduft der Komteſſe in der Naſe, der fündhaft die Sinne zu umſchmeicheln ſucht.“ „Du ſprichſt ja wie einer, der einer ſchönen Frau ins Garn zu gehen droht“, lachte der Sanitätsrat. 1 „Scherz beiſeite, lieber Bruno! Sorge dafür, daß die Komteſſe möglichſt raſch wieder geſund wird, damit ich ſie nicht länger hierzubehalten brauche.“ „Man tut, was man kann.“. Die beiden Herren ſchlugen einen Seitenpfad ein, der aus dem Park hinaus und in ein waldiges und wieſen⸗ reiches Jagdgelände führte. 1 0 Nach zweiſtündigem Gang durch das ſtille Terrain zwang ſie ein heraufziehendes Wetter, den Rückweg anzu⸗ treten. 0 e 1 *** v. Mittlerweile war Ignaz dem unerhörten Befehl ſeines Herrn mißmutig gefolgt und bei der Komteſſe eingetreten. Urſula von Neußen lag noch immer auf dem Sofa Plaſtiſch zeichnete ſich ihr prächtiger Körper unter der ſtraffen Lederbekleidung ab. „Bitte, packen Sie doch mein Luxusköfferchen aus, Ignaz“, bat die Komteſſe in freundlichem Ton und deutete auf das elegante Gepäckſtück, das neben dem Sofa ſtand. Ignaz machte ſich daran, den Koffer zu öffnen. Da fiel ſein Blick wieder auf die junge Dame, die jetzt aus einer rotledernen Handtaſche Spiegel und Puderdoſe nebſt Lippenſtift hervorholte und mit Sorgfalt begann, ihr hüb⸗ ſches Geſicht zu bearbeiten. b Staunend betrachtete der Kammerdiener die vom Himmel Gefallene. Er war ſo verwirrt beim Anblick dieſer Toilettenſzene, daß er ganz vergaß, den kleinen Koffer zu öffnen. „Nun, Ignaz?“ fragte die Komteſſe plötzlich lächelnd. und in ihren guten, hellen Augen trat ein Schein des Spottes auf.„Haben Sie die Sachen ausgepackt?“ N Komteſſe! Ich bekomme das Schloß nicht auf!“ „Sie haben wohl noch nie eine Dame bedient, Ignaz?“ „Nein— allerdings— nicht“, antwortete das Fakto- tum, und„das möge Gott verhüten!“ dachte er heimlich, denn der Weiberhaß ſeines Herrn war im Laufe der Jahre auch auf ihn, den Kammerdiener, übergegangen. „Geben Sie einmal her!“ befahl Urſula von Neußen und ſtreckte den Arm nach dem Koffer aus. Um dieſem Befehl nachzukommen, war Ignaz ge⸗ zwungen, ganz dicht an das Lager der Schönen heranzu⸗ treten. Eine ſchüchterne Röte glitt über das Geſicht des Angejahrten, als er jetzt der Komteſſe den Koffer hin⸗ reichte. i Sie drehte den Schlüſſel herum, bediente das Vexier⸗ ſchloß, und ſchon ſperrte das kleine Luxzusmöbel ſein Maul auf. „So! Nun packen Sie aus.— Die Wäſche legen Sie bitte in jene Truhe dort, und das Kleid hängen Sie in den Spiegelſchrank.“ Dann wandte ſie ihr ſchönes Geſicht wieder dem Hand⸗ ſpiegel zu; ihre Finger bedienten abermals den Lippenſtift. Ein Stück nach dem anderen nahm Ignaz aus dem Köfferchen. Er fürchtete, blind zu werden. Koſtbare, ſpitzenbeſetzte, diskrete Unterwäſche kam zum Vorſchein. Ein feiner Duft nach Reſeda ſtieg in die an ſolche Delika⸗ teſſen nicht gewöhnte Naſe des Dieners. Mit den Fingerſpitzen, als fürchte er, ſich zu ver⸗ brennen, ſortierte er die zierlichen Wäſcheſtücke. Wie gif⸗ tige Nattern brannten die ſeidenen Damenhöschen in ſeinen Männerhänden.—„Wie iſt es denn bloß mögtich“, philoſophierte er in Gedanken,„daß eine Dame ſolche Spinnwebſchleier am Körper trägt?! Sie wärnien nicht, ſie ſchützen nicht, ſie zerreißen wahrſcheinlich ſehr ſchnell. Welchen Zweck erfüllen ſie alſo? Und dieſe dezenten, er⸗ leſenen Farben: lila, roſa, meergrün, orangegelb— mit koſtbaren Spitzen beſetzt! Wozu dieſe Eleganz, die ja doch niemand ſieht!?“ So dachte der in pikanten Dingen gänzlich primitive Ignaz. Da kam ein Kleid zum Vorſchein. Er entfaltete das hauchdünne Gewebe.„Da haben ſie die Aermel vergeſſen“ ſagte er ſich und betrachtete kopfſchüttelnd das winzige Stückchen Stoff. In der Ferne grollte der Donner. Das ließ den Kammerdiener jetzt aufſchauen. Sein Blick traf ſich mit dem der Komteſſe, deren Augen amüſiert auf dem eifrigen Ignaz ruhten. Wie ein ertappter Schulbube wandte er ſich ſogleich wieder dem Inhalt des Koffers zu. Ein peinliches Scham⸗ gefühl, daß er hier vor den Blicken einer Dame mit derer intimſter Wäſche hantieren mußte, erfüllte ſein Inneres, Ein Blitz fuhr im Zickzack über die Wolten und war ſekundenlang ein leuchtendes Schwefelgelb in das Gemach, das ſich mittlerweile infolge der vor den Fenſtern hängen; den, ſchwarzen Gewitterwolken verdüſtert hatte. g Jetzt war Ignaz mit Auspacken fertig. Er legte alles, was ihm die Komteſſe geheißen hatte, an Ort und Stelle Dann ſtand er militäriſch ſtraff an der Tür: „Haben Komteſſe noch weitere Befehle?“ „Noch eine Bitte! Würden Sie mir das Bett her⸗ richten? Ich habe die Abſicht, ſehr bald zur Ruhe zu gehen. Auf das Abendeſſen möchte ich heute verzichten Ich wünſche nichts als Ruhe. Das Bein ſchmerzt doch noch recht.“. 0 Dieſer Befehl verwirrte Ignaz aufs neue. Mil Todes, verachtung ſtürzte er ſich auf das breite Himmelbett, das ſeii Generationen den von Henckelbergs als Lagerſtatte gedient hatte und das nun einem Gaſt aus den Wolten in Geſtalt einer jungen Dame dienen ſolte. 5 (kortie dane lee Deutsche Tagesschau Die Rationaliſierungsmaßnahmen auf dem Gebiete des Sparkaſſenweſens. Durch eine in der nächſten Ausgabe des Reichsgeſetzblattes erſcheinende Verord⸗ nung des Reichspräſidenten wird die am 31. März ablaufende Friſt für die Durchführung von außerordentlichen Ratio⸗ naliſierungsmaßnahmen auf dem Gebiete des Sparkaſſenweſens big zum 31. De⸗ zember verlängert und zugleich beſtimmt, daß künftig zur Umwandlung von kommu⸗ nalen Sparkaſſen in ſtaatliche oder private Inſtitute die Zuſtimmung des Reichswirt⸗ ſchaftsminiſters erforderlich iſt. Dieſe Ein⸗ ſchränkung ſoll eine Gewähr dafür bieten, daß bei ſolchen Umwandlungen nur die In⸗ tereſſen der Sparer berückſichtigt und Beun⸗ ruhigungen vermieden werden. NSDAP. verlangt den preußiſchen Miniſter⸗ präſidenkenpoſten. Der Vorſtand der nationalſozialiſtiſchen preußiſchen Landtagsfraktion trat zu einer Sitzung zuſammen, um zur po⸗ litiſchen Lage Stellung zu nehmen. Auch Perſonalangelegenheiten ſind beſprochen worden. Wie der preußiſche Preſſedienſt der NSDAP. meldet, wär der Vorſtand einmü⸗ tig der Auffaſſung, daß nur ein Nationalſo⸗ zialiſt preußiſcher Miniſterpräſident werden könne. Vor einer preußiſchen Verordnung über die Beſteuerung der Warenhäuſer. Wie der„Angriff“ meldet, liegt im preu⸗ ßiſchen Finanzminiſterium der Entwurf einer Beſteuerung der Warenhäuſer, Großfilialbe⸗ triebe und Einheitspreisgeſchäfte vor. An die Beſteuerung aller Filialbetriebe ſoll nicht ge⸗ dacht ſein, ſondern man ſcheint im weſenklichen nur die Großfilialbetriebe in die Beſteuerung einbeziehen zu wollen. Mit der Veröffent⸗ lichung der Verordnung iſt in allernächſter Zeit zu rechnen. Tolſchlagsprozeß Hintze Aus der Zeugenvernehmung. 7 Berlin, 15. März Im Prozeß gegen den Bankier Wil⸗ helm Hintze, der wegen Totſchlags ſeiner Ehefrau, der Opernſängerin Gertrud Bindernagel angeklagt iſt, wurde am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, die Beweisaufnahme unter unvermindert ſtar⸗ zem Andrang des Publikums fortgeſetzt. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Bahn, beantragte zunächſt die Ladung weite⸗ rer 18 Zeugen, durch die bewieſen werden ſoll, daß Hintze in glücklicher Ehe mit Ger⸗ trud Bindernagel gelebt habe und daß durch ihn Frau Bindernagel berühmt wurde, ſo⸗ wie, daß er ferner zuweilen an geiſtigen Störungen gelitten habe. Als erſte Zeugin wird die Garderobiere Nietgen vernom⸗ men, die ausſagt, daß Frau Bindernagel ſie am Vortage der Tat gebeten habe, ihren Mann nicht einzulaſſen. Sie habe ihr auch geſagt, ſie wolle ſich ſcheiden laſſen, denn durch ihren Mann habe ſie ſo viele Schulden, daß ſie vor einem Nichts ſtände. Als nächſte Zeugin wird dann die Schweſter der Kam⸗ merſängerin, Thereſe Bindernagel, vernom— men. Die Zeugin ſchilderte die erſte Ehe Frau Bindernagels als ſehr glücklich, bis Hintze in das Leben ihrer Schweſter ge⸗ treten ſei. Auf ſie, die Zeugin, habe Hintze gleich bei der erſten Begegnung einen ganz abſtoßenden Eindruck ge. macht. Ob es ſich um eine Liebesehe bei Gertrud gehandelt habe, konnte die Jeu gin nicht ſagen, da ihre Schweſter ſehr zurückhaltend war. der Verteidiger legt ſein Mandat nieder Am Dienstagnachmittag kam es im Hintze⸗ Roß zu einem Zwiſchenfall. Der orſitzende fragte eine Preſſeberi ch t⸗ erſtatterin, ob ſie dem Verteidiger, der ſich auf die Seite der Preſſebänke geſetzt hatte, etwas hinübergereicht habe. Die Be⸗ richterſtatterin verneinte dies, worauf eine andere Berichterſtatterin die Sache dahin aufklärte, daß ſie ihn nach der Bedeutung des Wortes„Palludia“ gefragt hätte(Palludia heißt der Stammtiſch, den Hintze in ſeinem Stammlokal gegründet hatte). Rechtsanwalt Bahn erkundigte ſich nach den Gründen die⸗ ſer Frage und proteſtierte dagegen entſchie⸗ den, da in dieſer Frage eine Beleidigung lie⸗ ge, und drohte mit der Mandatsniederlegung. Es kam zu einer längeren Kontroverſe zwi⸗ ſchen dem Vorſitzenden und dem Verteidiger. Schließlich verlangte der Verteidiger, Rechts⸗ anwalt Bahn, daß ſich der Vorſitzende förmlich bei ihm entſchuldige. 0 ender: Ich denke nicht daran. Ich ent Ihnen im übrigen das Work. 10 ich ſchädige das Anſehen der An⸗ wälte, ſondern ein Anwalt, der ſo auf ⸗ tritt wie Sie. Darauf legte Rechtsan walt Bahn die U idigung nieder. Die Weiterverhandlung wurde dann bis Donnerstag vormittag vertagt. Die Zeugen⸗ vernehmung 8 im übrigen am Dienstag keine neuen Momente mehr ergeben. Flugzeugabfturz bei Karlsruhe Karlsruhe, 15. März. Dienstag abend 7 Uhr iſt hinter dem Städliſchen Friedhof gegen Rintheim zu ein italieniſches Flugzeug abgeſtürzt, das offen⸗ bar den hieſigen Flughafen 0 5 wollte und dabei die Orſenkierung verloren hatte. Beide Inſaſſen ſind verletzt ins Krankenhaus ebracht worden. Der Apparat iſt völlig zer⸗ rümmerk. Aus Baden Bürgermeister Böttger in Schutzhaft Mannheim, 15. März. Dienstag nachmit⸗ tag gegen 5 Uhr wurde Bürgermeiſter Bött⸗ ger in ſeinem Amtszimmer im Rathaus von SA⸗Leuten feſtgenommen und in Schutzhaft abgeführt. Der Bürgermeiſter verlangte zu⸗ nächſt von der Polizei verhaftet zu wer⸗ den, doch wurde ihm bedeutet, daß ausrei⸗ chender Schutz für ſeine Perſon gewährleiſtet ſei. Während des Ganges zum Gefängnis wurde der in Schutzhaft Genommene von der begleitenden SS⸗Mannſchaft vor jeder tät⸗ lichen Bedrohung geſchützt. In ſtarkem Maße fielen beſchimpfende und ſchmähende Zurufe aus der nach Tauſenden in der Nähe des Rathauſes verſammelten Menſchenmenge. Bürgermeiſter Böttger gehört der SPD. an und leitet das Wohlfahrtsdezernat. Ein Palet mit Aten Zur Inhaftnahme des Slaatspräſidenten.— Eine amtliche Erklärung. Karlsruhe, 15. März. Von der Preſſeſtelle beim Staatsminiſte⸗ rium wird mitgeteilt: In einem Teil der Preſſe wird verſucht, die Uebernahme der Geſamtregierung durch den Reichskommiſſar als unbegründet und die vorübergehende In⸗ haftnahme des Herrn Staatspräſidenten Dr. Schmitt als ungerechtfertigt darzuſtellen. Die kommiſſariſche Preſſeſtelle ſieht ſich da⸗ her veranlaßt, vorläufig über einen der Gründe, die den Reichskommiſſar zu die⸗ ſem Eingreifen veranlaßten, den Schlei⸗ er zu lüften. Bald nach der Uebernahme der Regie⸗ rungsgewalt durch den Beauftragten der Reichsregierung konnte die intereſſante Feſt⸗ ſtellung gemacht werden, daß ſehr wichtige politiſche Akten des Staatsminiſteriums fehlten. Die Unterſuchung ergab, daß die Akten noch am 10. März in einem mit dem Dienſtſiegel des Staatsminiſteriums mehrfach verſiegelten Paket als privates Depot des Staatspräſidenten Dr. Schmitt bei dem Ge⸗ neral⸗Landes⸗Archiv unter am 11. März ſchriftlich niedergelegten Bedingungen hinterlegt worden war. Die beiſeite geſchafften Akten wurden ſamt den Bedingungen auf Weiſung des Reichs ⸗ kommiſſars durch Polizei ermittelt und ſo⸗ fort wieder an ihren Platz zurückgeſchafft. Der Reichskommiſſar iſt zurzeit mit ihrer Sichtung beſchäfligt. Welche Folgerungen die Wegſchaffung für den Staatspräſidenten haben können, ſteht noch dahin. Dieſe Aktenverſchleppung iſt nicht der einzige Fall, der bis jetzt aufgedeckt wurde, er dürfte aber allein ſchon genügen, um das raſche Zupacken des Reichskommiſ⸗ ſars vor aller Oeffentlichkeit und in jeder Richtung zu rechtfertigen. Gegen Geſchäſtsſchliezungen Die Polizei hat Anweiſung erhalten, die Geſchäfte, die wieder in vollem Umfang ge⸗ öffnet haben, mit allen Mitteln gegen Ueber griffe zu ſchütben. Die Gauleitung der NSDAP. ſtellt zu den Vorgängen des Mon tag feſt, daß es ſich um Einzelaktionen han. delt, die von der Gauleitung auf das ſchärfſte verurteilt werden. Aus den Nachbarländern Tödlicher Anfall in der Ludwigshafener Walzmühle Ludwigshafen, 15. März. Der 61jährige Obermüller Melſter wollte Dienstag morgen 6 Uhr den Seilantrieb der Ludwigshafener Walzmühle nachprüfen. Dabei ſtürzte er von der Leiter in das Triebwerk und wurde völ⸗ lig zerfetzt. Der Verunglückte hinterläßt Frau und fünf Kinder. Er hätte in dieſem Jahre fein 25jähriges Dienſtjubiläum feiern lönnen. Auto mit Nationalſozialiſten zertrümmert. Ludwigshafen, 15. März. Ecke Kaiſer⸗Wil⸗ helm⸗ und Bismarckſtraße ereignete ſich ein ſchwerer Autounfall. Tin Kleinkraftwagen wurde von einem Laſtkraftwagenzug, der durch einen Motorradfahrer behindert wurde, über⸗ rannt. Das Auto überſchlug ſich und blieb zertrümmert liegen. Die Inſaſſen, die natio⸗ nalſozialiſtiſchen Stadträte Förſter, Beißwen⸗ ger und Keßler, und der Führer des Wagens, Holtmann, konnten unverletzt aus dem Wagen gezogen werden. Der Wagen wurde abge⸗ ſchleppt. * Ludwigshafen, 15. März.(Italieni⸗ ſcher Anarchiſt feſtgenommen.) Bei einer in der Nacht im Hobel„Deutſches Haus“ von einer Abteilung SA. vorgenommenen Hausſuchung wurde der italieniſche Journaliſt R. Glaugh Stolfa geſtellt, der vor etwa zwei Jahren aus Italien geflüchtet war und ſich ſeither in Frankfurt und Berlin aufhielt, wo er ſich in marxiſtiſchen Kreiſen betätigte. Der Verhaftete wurde ins Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert. Dunzweiler, 15. März.(Auf der Grube verunglückt.) Auf Grube Frankenholz Schacht 3 verunglückte der Bergmann Franz Scherſchel von hier durch niedergehende Ge⸗ ſteinsmaſſen derart, daß er in ſchwerverletztem Zuſtand ins Knappſchaftslazarett Frankenholz eingeliefert werden mußte. die Atlerarbeit beginnt Von Dr. Boetticher, Berlin⸗Südende. Die erſten Regungen des wiedererwachenden Lebens in der ſcheinbar lebloſen Natur machen ſich bemerkbar; der Frühling wächſt ganz leiſe aus dem März hervor. Jetzt beginnt für den Landmann die Ackerarbeit, an erſter Stelle die Vorbereitung des Ackers zur Aufnahme der Saat. Der beſonderen Wichtigkeit des Feldbaues entſpricht eine Fülle von Bräuchen, die dort, wo die Maſchine noch nicht alles macht, auch heute noch nicht ganz erloſchen ſind. Feſte, Zeiten und Tage beſtimmen die einzel⸗ nen Handlungen, das Pflügen, Säen und Pflanzen. Jeder Anfang namentlich iſt mit beſonderer Weihe verbunden. Bei der erſten Ausfahrt zum Pflügen erhalten nicht nur Familienangehörige und Geſinde beſonderes Eſſen, ſondern auch die Zugtiere beſonderes Futter. Das erſte Pflügen iſt eine heilige Hand. lung, die durch Weihen, Opfer und andere feierliche Gebräuche ausgezeichnet wird. Aller⸗ lei geweihte Sachen werden am Pflug ange⸗ bracht, ſo zum Beiſpiel Holzkohle vom letzten Faſtnachtfeuer, ein Stückchen Holz von einem vom Blitz getroffenen Baum. Unter den erſten Pflug, der vom Hof fährt, legt die Bäuerin ein Ei und ein Stück Brot, die für den erſten Bettler, der ins Gehöft kommt, zur Gabe beſtimmt ſind. Im Schbeizeriſchen beſprengte der Bauer vor dem erſten Ausfahren den Pflug mit Weihwaſſer, und die Hausgenoſſen beteten. Dann erhielt jeder ein Stück Brot, das an Ort und Stelle gegeſſen wurde. Im Weſtfäliſchen legt die Hausfrau ein Brot auf die Mitte des Pfluges, ſchneidet es mitten durch, gibt eine Hälfte dem Pflüger, die andere den Zugtieren. Dadurch ſoll das Acker⸗ feld fruchtbar und ſegenbringend werden. Ein anders geartetes und recht anmutiges Opfer und zugleich Zaubermittel für kommenden Ernteſegen wird in Baden geübt, indem beim erſten Ackern der Pflüger eine Jungfrau küßt. Die alten Deutſchen wußten ſchon, was Freude und Glück bringt. Als Fruchtbarkeitszauber iſt beſonders im Erzgebirge und im Wendenland das Begießen des zuerſt ausziehenden Pflügers, des Pflu⸗ ges und der Zugtiere mit Waſſer zu deuten. Auch bei der Heimkehr vom erſten Pflügen wird dieſer Brauch geübt, und namentlich ſind es die Evastöchter, die ihn liebend gern ausführen. Auch das erſte Säen iſt mancherorts, ſo in Brandenburg, Anhalt und Oſtpreußen, mit einem Waſſerguß verbunden, der dem Säe⸗ mann bei der Heimkehr appliziert wird,„da⸗ mit der Hafer nicht vertrockne“. Beim Säen und Pflanzen muß man vor allem die rich⸗ tigen Zeiten wahrnehmen. Alles, was ſeine „Frucht“ unter der Erde trägt, muß bei ab⸗ nehmendem, alles was ſie über der Erde trägt, bei zunehmendem Mond geſät und ge⸗ pflanzt werden. Beim Säen nimmt man zu⸗ erſt drei Handvoll und ſtreut ſie in Kreuzes⸗ form aus im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geiſtes— dann gerät die Saat gut. Ueberhaupt iſt das Säen mit einer gewiſſen andachtsvollen Weihe verbun⸗ den; es muß immer ſchweigend geſchehen; man darf den Säemann alſo nicht anreden. Der rechte Bauer ſtreut ſelbſt die Saat aus und wirft die erſten drei Handvoll in den drei heiligen Namen. Mehr an die Heiden⸗ zeit und an die germaniſche Sonnenverehrung erinnert der Brauch, daß die erſten drei Würfe gegen die Morgenſonne über die rechte Schul⸗ ter geworfen werden. Vielfach gelten auch die erſten drei Handvoll den Vögeln, die dadurch befriedigt und von weiterer Schädigung abge⸗ halten werden ſollen. Auch beim Säen kommt mancherlei Sym⸗ pathiezauber vor. Bei der Weizenſaat hat der Säemann einen goldenen Ring am Fin⸗ ger, damit der Weizen ſchön gelb würde. Man muß das Saatkorn recht hoch werfen; je höher es fliegt, deſto länger wird das Stroh. So ſind der Hoffnung und der Erwartung bei der Ausſaat eine Fülle von ſinnigen Bräu⸗ chen entſproſſen. Chlorodont die Qualitäts-Zahnpaste Chlorodont, morgens und vor allem abends angewendet: verhütet frühzeitigen Zahn- zerfall und Zahnsteinansatz ist sparsam im Verbrauch und daher preiswert —ñꝛ.— — Prof. Werner über leine Aufgaben Programmatiſche Erllärungen des neuen heſ⸗ ſiſchen Staatspräſidenten. Darmſtadt, 15. März. Der neue Staats⸗ präſident empſing den Hauptſchriftleiter des „Darmſtädter Tagblatts“ und äußerte ſich in dieſer Unterredung über die Auffaſſungen und Abſichten der neuen Regierung u. a. wie folgt: Auf die Frage, wie er zu dem Problem „Bundesſtaat oder Einheitsſtaat“ ſtehe, erklärte der Staatspräſident„Ich bin Föderaliſt aus Ueberzeugung, aber doch nicht in dem Sinne, daß ich mich unbedingt für eine Erhaltung der Länder in der bisherigen Ge⸗ ſtall einſetzen könnte. Die dynaſtiſchen Beweg⸗ gründe, die bei der Geſtaltung der Länder in der Geſchichte vielfach eine Rolle geſpielt haben, ſind ja in Fortfall gekommen und ſo ſcheint mir eine Gliederung des Reichs nach Stämmen die gegebene. Damit iſt keines⸗ wegs geſagt, daß nun etwa Frankfurt zwangs⸗ läufig die Hauptſtadt eines neuen Landes Heſſen werden müßte, ich bin im Gegenteil ein ausgeſprochener Gegner der Konzentrierung der Bevölkerung in wenigen großen Städten. Ein ſchwieriges Problem ſtellen die Fi⸗ nanzen des Landes dar. Wir werden ſelbſtverſtändlich den größten Wert auf eine möglichſt einfache, ſaubere Verwaltung legen. Trotzdem wird man damit rechnen müſſen, daß ſehr große Einſparungen im Etat kaum noch möglich ſind, nachdem Einſchränkun⸗ gen in der vorausgegangenen Kriſenzeit ja ſchon erfolgt ſind. Immerhin hoffe ich, daß es gelingen wird, den Fehlbetrag des heſſiſchen Staates in abſehbarer Zeit wegzubringen, da wir erwarten, daß das Reich ſeinen alten Verpflichtungen, die es dem Lande Heſſen gegenüber hat, nachkommen wird. Ich denke dabei in erſter Linie an die Verpflichtungen, die aus der Uebernahme der Eiſenbahn durch das Reich entſtanden ſind.“ Auf die Frage, wie er zum Berufsbe⸗ amtentum ſtehe, erklärte der Staatspräſi⸗ dent mit Nachdruck, daß er ſelbſtverſtändlich ein unbedingter Anhänger eines geſunden Be⸗ rufsbeamtentums ſei. Die neue Regierung werde unter gar keinen Umſtänden daran den⸗ ken, an die Grundlagen des Berufsbeamten⸗ tums und an die in dieſer Beziehung beſtehen⸗ den geſetzlichen Bindungen zu rühren. Man denke auch nicht daran, etwa nun alle einge⸗ arbeiteten Beamten aus irgendwelchen politi⸗ ſchen Gründen in die Wüſte zu ſchicken. Wo die bisherigen Inhaber von Beamtenſtellen aus zwingenden Gründen entfernt werden muß⸗ ten, werde man, abgeſehen von begründeten Einzelfällen, qualifizierte Berufsbeamte an ihre Stelle ſetzen. Zur Frage des Heſſiſchen Landes⸗ theaters erklärte Dr. Werner:„Ich bin allerdings der Auffaſſung, daß das Heſſiſche Landestheater unter ſeiner bisherigen Leitung ſeiner Aufgabe nicht gerecht werden kann und werde daher in dieſer Beziehung alsbald eine Aenderung eintreten laſſen“. „Es liegt mir“, ſo erklärte der Staats⸗ präſident zum Schluß,„ſehr viel an einer vertrauensvollen Zuſam menarbeit mit der heſ⸗ ſiſchen Preſſe. Am die Verbindung ſtändig zu unterhalten, wird die Staatliche Preſſeſtelle, die wir möglichſt mit einem erfahrenen Jour⸗ naliſten beſetzen werden, erhalten bleiben. Ich bin mir der Schwere der Aufgabe, die ich übernommen habe, und der Verantwor⸗ tung vor Staat und Volk voll bewußt. Ich werde daher auch nicht empfindlich ſein gegen eine ſachliche Kritik. Wir wollen einen neuen nationalen Staat aufbauen und rechnen dabei auf die Anterſtützung aller Kreiſe des Volkes, die gleich uns in der nationalen Einſtellung des Staates und der Regierung die unerlä liche'rausſetzung für jeden Wiederaufbau ſehen. * Profeſſor Dr. phil. Ferdinand Wer ⸗ ner wurde 1876 in Weidenhauſen bei Bie⸗ denkopf, Reg. Be'. Wiesbaden, geboren. Nach dem Beſuch der Realſchule und des Gym⸗ naſiums in Gießen ſtudierte er an der Heſ⸗ ſiſchen Landesuniverſität. 1900 trat er in den Staatsdienſt ein und promovierte als Oberlehrer 1906 zum Dr. phil. In frühen Jahren wurde er Anhänger von Theodor Heilt und Liebmann von Sonnenbergs und Mitſtreiter des antiſemitiſchen Bauernführers Dr. Otto Böckel. Bereits 1909 wurde er Vor⸗ ſitzender des Landesverbandes Heſſen des Reichsverbandes der Deutſchſozialen Parkei und des Alldeutſchen Verbandes. 1911 wurde er als Nachfolger des verſtorbenen Abgeordneten Köhler als Vertreter der Deutſchſozialen in den Reichstag gewählt. Von 1915 bis 1918 war er Vorſitzender des Reichsverbandes der Deutſch⸗Völkiſchen Partei, die dann in der Deutſchnationalen Partei aufging. Profeſſor Dr. Werner zählt neben Hergk, Schultz-Brom⸗ berg, Lic. Mumm u. a. zu den ſechs Haupk⸗ gründern der DRVP. Wegen der Haltung dieſer Partei in den Fragen der Außenpolitik, der Aufwertung u. a. krat er aus ihr aus und ſchloß ſich der NS DAP. an. Jeder heuabonnent des„Viernheimer Anzeiger“ erhält die Zeitung bis zum Grati 81 Ende dieſes Monats