Lokales Das Rabattſparweſen in Viern⸗ heim. Ab Montag, den 12. Juni, wird das Rabattſparweſen in Viernheim endgültig aufge⸗ hört haben zu exiſtieren. Verhandlungen mit e der Firma Johann Schreiber, die ſich dem Vorgehen des mittel- ſtändigen Gewerbes bisher nicht angeſchloſſen hatte, haben das ergeben. Dieſe Maßnahme zu 2 treffen war notwendig, einmal um den Käufer durch den Fortfall des Rabatt- weſens in den Genuß verbilligter Lebensmittel kommen zu laſſen und zum anderen, um dem überverſchuldeten Gewerbetreibenden als Haupt⸗ ſteuerzahler einen wenn auch nur ſehr geringen Mehrverdienſt zukommen zu laſſen. Der Not⸗ wendigkeit, im Intereſſe des Käufers ſowohl alsauch des Verkäufes weitblickende Wirtſchafts politik zu treiben, hat ſich Herr Schreiber er⸗ freulicherweiſe nicht verſchloſſen. Wir begrüßen das Vorgehen der Gewerbetreibenden deshalb umſomehr, weil es nicht zuletzt ſich zugunſten des Käufers auszuwirken geeignet iſt. Viernheim, den 4. Juni 1933. Abt. für Propaganda und Aufklärung der N. S. D. A. P. Viernheim. Brügel. * Pferdezucht. Am letzten Donnerstag fand in Fürth durch die Landwirtſchaftskammer Darmſtadt eine Körung von Pferden ſtatt. Bei derſelben wurden ca. 20 Pferde vorgeführt, wo⸗ von 15 Stück neu angekört wurden. Zum Schluſſe der Körung dankte Herr Dr. Denker im Namen der Landwirtſchaftskammer den Pferde⸗ züchtern für die zahlreiche Beteiligung— Er wies in kurzen Worten darauf hin, daß die Pferdezucht in der Landwirtſchaft, hauptſächlich in den Klein⸗ und Mittelbetrieben, ein unent⸗ behrlicher Faktor ſei. Er erinnert an den Kampf zwiſchen Pferd und Motor in den Jahren 1924/25, wo das Pferd den Sieg davon tragen konnte. Um einen guten Pferdeſtand zu erhalten, iſt es erforderlich, daß auf gute Abſtammung beſonderen Wert gelegt wird. Bei dieſer Körung wurde auch der auf der Fürther Station ſtehende Hengſt vorgeführt, dem das beſte Lob zuerkannt wurde. Arbeitslöhne in Italien. Der Kaſſationsgerichtshof in Rom hat ein Urteil von grundſätzlicher Tragweite gefällt, nach dem die Anſtellung von Arbeitern zu niedrigeren als in den Kollektivverträgen feſtgeſetzten Löhnen kein Vergehen bedeutet, ſofern die Indienſtnahme nicht zu Spekulationszwecken, ſondern zur Milderung der Arbeitsloſigkeit unter Genehmigung der Be⸗ hörden und der zuſtändigen berufsſtändiſchen Ver⸗ bände erfolgt. Aundeit u. Oenlſchunterticht an den heſſiſchen Volksſchnlen. (Heimat und Sprache) Das ſoeben erſchienene„Deutſchkund⸗ liche Arbeitsbuch für die Volksſchule Heſſens“ von Garz⸗HartmannKronenberger enthält u. a. als wertvolle Neuheit und Be⸗ reicherung für den Volksſchul⸗ Unterricht einen Anhang„Die heſſiſchen Mundarten“, bearbeitet von J. Kronenberger, Rektor in Mainz⸗Kaſtel. In kleinem Umpfang wird hier ein er⸗ ſtaunlich reicher Inhalt geboten. Es iſt eine Luſt zu ſehen, wie hier das Kind angeregt und angeeifert wird zu freier Offenbarung ſeiner Kinderſeele. Statt wegen ſeiner mundartlichen Färbung und primitiven Aeußerung eingeſchichtert und zurückgewieſen zu werden, wächſt es all⸗ mählich in die Schriftſprache hinein. Es lernt die Verſchiedenheiten zwiſchen Mundart und Schriftſprache kennen, die der Anhang für die acht Schuljahre zuſammengeſtellt hat, um eine planmäßige Arbeit für die Lehrenden zu erleich⸗ tern. Die ſchriftſprachlichen Formen werden im Anſchluß an die Kindesſprache betrachtet, zum Bewußtſein gebracht und geübt. Doch der Mundartanhang bietet mehr als dieſe vergleichende Erarbeitung der Schriftſprache. Er enthält ein wertvolles Stück Volks⸗ und Kulturkunde und vermittelt damit am unmittel- barſten Heimat und Vaterland. So will es ja auch die durch das Schulleben gehende deutſch⸗ kundliche Bewegung: Im Sinne des Sprach- lehrers Hildebrand„mit der Sprache zugleich ihren Inhalt, ihren Lebensgehalt voll, friſch u. warm erfaſſen.“ Wortbedeutung, Vedeutungs⸗ wandel, Volksbedeutung, bildliche Ausdrücke, Uebertreibungen, Namensentſtehung, Redensarten, Sprichwörter u.a. m. ſind der praktiſchen Behand⸗ lung zugängig gemacht. Sie ſind ein Bildungs- gut im beſten Sinne des Wortes und bergen eine Fülle von Werten und Kräften, die für eine wahrhafte innere Erneuerung unſeres Vol⸗ kes von größter Bedeutung ſind Mundartproben vermögen die Freude an den alten unverfälſchten Mundarten zu beleben. Leben und Weben der lebendigen Sprache tritt vor den Schüler, der in der Volksſprache Prägungen entdeckt, die in der Schriftſprache wenig oder gar nicht vorkommen. Bald überraſcht der Reichtum des Wortſchatzes eines Lebenskreiſes(für einen Begriff 100— 200 Bezeichnungen), dem die Wortſchatzarmut eines anderen Lebenskreiſes gegenüberſteht, bald würzt Humor die Sprache, bald erhält ſie durch Derb⸗ heit ihr Gepräge, in jeder Mundart ſpiegelt ſich der Volkscharakter. Den Eltern wird es eine innere Bereicher⸗ ung bedeuten, wenn ſie mit ihren Kindern lernen, unſerer Mutterſprache„ins Herz zu ſehen“. Grenzſchutz im Weſten Ein großes Stahlhelmtreffen in Worms Unter der Loſung„Grenzſchutz im Weſten“ veranſtaltet der Kreis Worms des Stahlhelm, B. d. F., am 8. und 9. Juli einen großen Stahlhelm⸗Aufmarſch, der mit einem Mehr⸗ ſporttreffen verbunden iſt. Während der beiden Tage finden in Worms eine Reihe von Ver⸗ anſtaltungen ſtatt, die beweiſen werden, wie der Stahlhelm, Bund der Frontſoldaten die ihm im neuen Staat zugewieſenen Aufgaben zu erfüllen verſucht. Jedenfalls wird an den beiden Tagen die alte Nibelungenſtadt, aus der der rote Spuk reſtlos verſcheucht iſt, ganz im Zeichen der feld⸗ grauen Kämpfer Adolf Hitlers u Franz Seldte's ſtehen. Samstags abends werden die Teilnehmer am Stahlhelmtreffen bei vaterländiſchen Konzerten in deren Mittelpunkt Anſprachen von Stahlhelm⸗ führern ſtehen, vereinigt ſein, während am Sonn⸗ tag vormittag im Rahmen eines auf dem Wormſer Marktplatz ſtattfindenden feierlichen Feldgottesdienſtes die Verpflichtung neuer Stahl ⸗ helmkameraden erfolgt. Am Sonntag nachmittag wird ein Ummarſch durch die Straßen der alten Stadt erfolgen, und am Abend wird die Ehrung der Sieger bei den Wehrſportkämpfen vom Vor⸗ mittag im Garten des Städt. Spiel nnd Feſt⸗ hauſes vorgenommen werde. Zu dem Stahlhelmaufmarſch werden Stahl⸗ helmer aus dem Landesverband Groß⸗Heſſen, Baden⸗Württemberg⸗Nord, Weſtmark⸗Süd(Nahe⸗ bezirk) und Gau Rheinpfalz erwartet. Man rechnet mit einer Teilnehmerzahl, die in die Tauſende geht. Worms wird in den beiden Julitagen Schauplatz einer großen vaterländiſchen Kundgebung ſein. Heute ſchon ergeht an die Einwohnerſchaft von Stadt und Land die herzl. Einladung, ſich an dieſer Veranſtaltung zu be⸗ teiligen. Für die Stahlhelmleute iſt es Ehren⸗ ſache, mit dabei zu ſein. Soll- u. Gemüſegtoßmarkt Weinhein Marktbericht vom 5. Juni 1933. Erdbeeren 57— 70 Pfg., Kirſchen 1. Sorte 15—21 Pfg., 2. Sorte 10—14 Pfg. Anfuhr gut, Nachfrage gut. Vereins⸗Anzeiger Unter dieſer Rubrik erſcheinen Vorſtands⸗ Mit⸗ glieder⸗ u. Generalverſammlungen u. Singſtunden Männergeſangverein 1846. Donnerstag abend 9 Uhr Singſtunde. In Anbetracht des in Angriff zu nehmenden großangelegten Herbſt⸗ konzertes iſt es der dringende Wunſch des Dirigenten, daß alle Sänger wieder reſtlos zur Stelle ſind. Der Vorſtand. Krieger⸗ und Soldatenverein„Teutonia“— Kriegsbeſchädigten⸗Abtlg. Zu der am Donners⸗ tag den 9. Juni Abends 8 Uhr im Freiſchütz ſtattfindenden öffentlichen Verſammlung der Nat. Sozial. Kriegsopferverſorgung ſind unſre Mitglieder freundlichſt eingeladen.(Schützen⸗ abteilung) Freitag 3 Uhr Gelegenheit zum Uebungsſchießen. Sonntag letzte Gelegenheit, da bereits am 18. 6. das Gauſchießen für unſeren Verein hier ſtattfindet. Alſo üben, damit viele„goldene“ erreicht werden. Der Vorſtand. Bekanntmachung. Gefunden wurde eine Broſche mit Photographie. Viernheim, den 7. Juni 1933. Heſſiſches Polizeiamt: Oechler 900 Mark uf für 1000 Aaresseg Vorher Ausk. einholen,„Hräuterneh“ Innsbruck Postfach 146. Heugras⸗ Verſteigerung von etwa 1000 Morgen Wieſen der Hofgäter Hüttenfeld⸗Seehof⸗Reunhof. Am Montag, den 12. Juni und Dienstag, den 13. Juni 1933 von den zu dem Hofgut Hüttenfeld⸗ Seehof bei Lampertheim gehörigen Wieſen. Zuſammenkunft je vormittags 9 Uhr in der Wirtſchaft Eichenauer zu Hüttenfeld. Am Montag, 12. Juni 1933 von den zu dem Hofgut Rennhof gehörigen Wieſen. Zuſammenkunft nachm. 1½ Uhr in der Wirtſchaft Eichenauer zu Hüttenfeld. Hüttenfeld bei Lampertheim, den 6. Juni 1933. Freiherr Heyl zu Herrasheim'ſche Geſamt⸗Oüter⸗Verwaltung. Fernſpr. Weinheim i. B. 2202, Worms 3021. Mikolaus Effler billige Futtermittel Haferflocken ſehr ſchön Pfd. 15 Pfg. Goldhirfe Pfd. 18. Bruchreis Pfd. Gerſte Pfd. Weizen Pfd. Hühner⸗Legefutter Pfd. Hühner⸗Legemehl Pfd. Soyaschrot Pfd. Futtermehl Pfd. Weizennachmehl Pfd. Weizenkleie Pfd. 6 und dazu noch 5% RNaba Dikolaus Effle Lebensmittel Braver Lehrling aus guter Familie, kann eine Lehrſtelle als Auto- ſchloſſer erhalten. Gutperle Autoreparatur Mannheimerſtraße 67 Guterhalterner mod. Kinder⸗ wagen preiswert zu verkaufen. Alenanderstr. d. Mlavier- llella Lassen Sie sich ein Heft vorlegen, Sie Wer- den begeistert sein Wie schon Tausende. erscheint im Beyer-Verlag, leipzig, un disföberall erhältlich. Ausſchneiden! Auge Mantel Neue u. getragene Schuhe Hoſen, Koffer, Lederjacken Gehrock- Anzüge(auch leihweiſe). Havalierhaus Unterrient auf theoretiſcher Grund- lage Liſſi Schlatter langjährige Lehrerin a. d. Hochſchule f. 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Monats nachmittags 6 Uhr, im Nebenzimmer des Gaſthauſes„Zum Goldenen Bock“ in Weinheim das Heugraserträgnis von der Wieſenneuanlage im Gewann Allmendkuhweid, eingeteilt in 60 Loſe zu je 50 Ar, öffentlich verſteigern. Auswärtige Steigerer ſind zugelaſſen. Weinheim, den 6. Juni 1933. Der Oberbürgermeiſter. „Trauerbriefe Trauerkarten a Dankkarten innerhalb 2 Stunden lieferbar Viernheimer Anzeiger Adolf Hitlerſtraße 36. Wochenplan der Sport⸗ Vereinigung Amieitia 09 e. V. Vereinshaus„Waldſchenke“.— Täglich Betrieb Mittwoch nachm. 5 Uhr: Training der Jugend Schüler. Mittwoch Abend 9 Uhr: Spielausſchuß im Ver⸗ einshaus. Mittwoch Abend 8 Uhr: Training für Jung- kraftſportler im gold. Stern. N Donnerstag Nachm. 6 Uhr: Training für Liga und untere Mannſch. Freitag Abend 8 Uhr: Training für Kraftſport⸗ ler im Lokal. Vorſchau: Samstag Abend Liga in Eppelheim. Sonntag nachm. Fußball und Handball gegen V. f. R. Mannheim auf dem Platze an den Brauereien. Biernheimer Anzeiger (Viernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,40 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illustrierte aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Wand⸗ kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim Fernſprecher 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Amt Frankfurt a. M.— Schriftleitung, Druck u. Verlag: Joh. Martin, Geſchäftsſtelle Rathausſtr. Viernheimer Zeitung (Viernheimer Bürger⸗Ztg. Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaͤftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Nummer 131 Donnerstag, den 8. Juni 1933 I 50. Jahrgang Der neue Text Dis franzöſiſche Regierung hat bekanntlich den Vertragsvorſchlag Muſſolinis völlig umgebogen. Während Muſſolini einen Pakt anregte, der auf der Grundlage der Gleichberechtigung aufgebaut war und die Möglichkeit einer Reviſion der Dik⸗ tatverträge vorſah, hat Frankreich den Plan ſo umgeſtaltet, daß in Europa alles beim alten bleibt. das halbamtliche franzöſiſche Nachrichten⸗ büro Havas teilt Einzelheiten über den neuen 6180 mit, den die franzöſiſche Regie⸗ rung vorſchlägt. Danach wurde in einem Vorwort erklärt, daß der Viererpakt in der Hauptſache bezwecke, die Verfahrensmetho⸗ den des Völkerbundspaktes wirkſamer zu geſtalten, ohne daß die Beſchlüſſe der vier Großmächte den Rechten der anderen Staa⸗ ten, über die ſie ohne dieſe nicht verfügen könnten, Abbruch tue. Artikel 1 ſehe vor, daß England, Frank⸗ reich, Italien und Deutſchland ſich dahin ver⸗ ſtändigt hätten, eine effektive Politik der Zu⸗ ſammenarbeit zu treiben. Artikel 2 beſtimme, daß der Meinungsaustauſch vor allem der Anwendung der Beſtimmungen des Völker⸗ bundspaktes gelten werde, namentlich von Artikel 10(Aufrechterhaltung des ſtatus quo), Artikel 16(Sanktionen im Konflikts⸗ falle) und Artikel 19(Vertragsreviſion). Ar⸗ tikel 3 beſage, daß, falls die Abrüſtungskon⸗ ferenz von Genf ſcheitern ſollte, die vier Mächte ſich ins Einvernehmen ſetzen wür⸗ den, um untereinander für die unlösbar ge⸗ liebenen Probleme eine Regelung zu fin⸗ den. Artikel 4 präziſiere, daß die Groß⸗ mächte ebenfalls gemeinſam die Wirtſchafts⸗ fragen in Europa, die ſie gemeinſam intereſ⸗ ſierten, prüfen könnten. Artikel 5 ſetze die Lauffriſt des Paktes auf zehn Jahre mit einer Erneuerung für den gleichen Zeit⸗ raum feſt, falls nicht bei Ablauf des achten Jahres nach Inkraftſetzung etwas anderes beſtimmt werde In Artikel 6 endlich wird beſtimmt, daß der franzöſiſche Text des Ab⸗ kommens im Falle von Streitigkeiten als verbindlich gelte. Während der urſprüngliche Text im we⸗ ſentlichen die Reviſion der Friedens⸗ verträge und die Wiederherſtellung der Gleichberechtigung durch die Zuſam⸗ menarbeit im Viererdirektorium der Groß— mächte vorſah, erſcheine der letzte Text„viel nuancierter“. Weit davon entfernt, den Vorrechten des Völkerbundes Abbruch zu tun, berufe er ſich im Gegenteil verſchiedent⸗ lich guf die Beſtimmungen des Pölkerbund⸗ paktes und beſtätige die Verpflichtungen der Locarno-Abkommen und des den Krieg äch⸗ tenden Briand-Kellog-⸗-Paktes. Zum Schluß gibt der Havaskommentar der Erwartung auf eine Aeußerung Deutſchlands Ausdruck, durch die erſt der Pakt wirkſam werden könne, Soweit das franzöſiſche halbamtliche Nach⸗ richtenbüro. Man erſieht aus ſeinen Dar⸗ legungen, daß der neue Text, wie wir ſchon eingangs ſagken, mit dem urſprünglichen Entwurf Muſſolinis in der Tat nur noch wenig gemeinſam hat. die bisherigen Ver⸗ handlungen, die ſich nun ſchon auf faſt ein Vierteljahr erſtrecken, geben eine Vorahnung von den Schwierigkeiten, denen unter den be⸗ ſtehenden Verhältniſſen in Europa jede Zu⸗ ſammenarbeit der vier Großmächte ausgeſetzt ſein wird. Aus einer in die Zukunft weiſen⸗ den Idee, die der europäiſchen Politik neue Impulſe geben ſollte, iſt im Laufe der Mo⸗ nate eine juriſtiſche Formel geworden, deren Tragweite aufmerkſamer Prüfung vom pu der deutſchen Intereſſen be⸗ durfte. Auf alle Fälle handelt es ſich jetzt nicht mehr um eine grundlegende Umgeſtaltung des politiſchen Geſichtes Europas, ſondern im günſtigſten Falle um eine neue Frie⸗ densſicher ung, die von der franzöſiſchen Oeffentlichkeit immer noch mit einem gewiſſen Mißtrauen betrachtet wird, weil ſie auch den Reviſionsartikel der Völkerbundsſatzung als eine zwiſchen den Großmächten zu diskutie⸗ rende Angelegenheit erwähnt. Die Regie- ö 1 Schluß mit dem Mißtrauen! Reichsminiſter Göring für deutſch⸗ſranzöſiſche Verständigung—„Deutſchland will keinen Angriffskrieg“— Ein bemerkenswertes Interview Paris, 8. Juni. Das Pariſer Blatt„Petit Journal“ veröf— fentlichte am Mittwoch eine Unterredung, die der preußiſche Miniſterpräſident Göring einem Sonderberichterſtatter des Blattes ge— währte. Die Unterredung drehte ſich um das Problem der deutſch⸗franzöſiſchen Beziehungen. Miniſterpräſident Gö⸗ ring ſprach zunächſt über das Viermächteab⸗ kommen. Niemand mehr in Deutſchland glaube noch an die Gleichberechtigung, die man Deutſchland mit den Lippen gewährt habe. Aus vielen Gründen, ſo ſagte der Mi— niſterpräſident weiter, können und wollen wir keinen Krieg führen. Wenn eines Tages der Verkeidigungs⸗ krieg nokwendig werden ſollle, würde das deulſche Volk ihn energiſch führen, aber niemals einen Angriffskrieg. Ein europäiſcher Krieg würde letzten Endes nur dem Bolſchewismus zugute kommen. Was will Frankreich von uns? Frank⸗ reich beſitzt die ſtärkſtree Armee Euro⸗ pas, Verbündete, Garantieverträge. Deutſch⸗ land ſteht allein und ſeine Rüſtung iſt derart, daß wir nicht einmal feindliche Flie⸗ ger verhindern könnten, unſere Städte zu bombardieren. Will Frankreich etwa dieſe Situation verlängern, wenn es von ſeiner Sicherheit ſpricht? Heute, 14 Jahre nach dem Friedens- ſchluß ſtoßen wir, ſobald wir den kleinen Finger rühren, um allmählich die Frei- heit wieder zu erlangen, ohne die nie⸗ mand exiſtieren kann, ſobald wir irgend eine Bewegung nach irgend einer Kich⸗ kung kun, auf die Oppoſition Frank- reichs. Warum? Was krennk im Grunde genommen beide Völker? Nichts, wenn nicht gegenſeikige Prätenkionen. In jeder Hinſicht können die Intereſſen der beiden Völker in Einklang gebracht werden. Je mehr ich darüber nachdenke, um ſo mehr komme ich zu der Ueberzeugung, daß beide Nationen ſich verſtändigen müſſen. Die franzöſiſchen Staatsmänner kommen mit den Staatsmännern aller Länder zuſammen, nur nicht mit den deutſchen. Es gibt keine direkte Ausſprache zwiſchen beiden Regie— rungen, deren Zuſammenarbeit mehr als jede andere den Frieden und das Wohlergehen Europas ſichern würde, und dies gerade in einem Augenblick, in dem Deutſchland ſich eine ſtarke Regierung gegeben hat, die fähig iſt, Verantwortung zu übernehmen, was die notwendige Bedingung für jede weitblickende Politik iſt. Jrankreich und Deutſchland mögen mit⸗ einander verhandeln, dann werden ſie, wie ich feſt überzeugt bin, einen gemein- ſamen Weg finden. Vorläufig iſt die Atmoſphäre nicht gut. Ge⸗ wiß, ich bemühe mich, ſie zu beſſern. Man ändert keine traditionellen Strömungen von heute auf morgen. Das iſt ein langwieriges Unternehmen aber man muß es verſuchen. rung Daladier, die mit der politiſchen Geg⸗ nerſchaft der nationaliſtiſchen Oppoſition und mit den perſönlichen Rivalitäten im Lager der Linksparteien zu rechnen hat, iſt ſchon jetzt um den Nachweis bemüht, daß Frank⸗ reich auf keines ſeiner ichtet hat. Nur unter der gleichen Voraus⸗ 0 wird auch die Zuſtimmung Deukſchlands zu dem Paktentwurf mög⸗ lich ſein. genüber dem Völkerbund Rechte ver⸗ Der Viermächtepakt Unterzeichnung in Rom erfolgt.—„Ver- trag der Verſtändigung und Zuſammenar- beit.“ Berlin, 8. Juni. Mittwoch abend wurde eine amlliche Mit- teilung veröffentlicht, die beſagt, daß die beteiligten Regierungen nunmehr über die Paraphierung des Vermächlepakles ſich ge⸗ einigt haben. Die Paraphierung des Viermächlepaktes iſt nach der Sitzung des italieniſchen Senats Mittwoch abend 7,30 Uhr durch die Bot- ſchafter Deutſchlands, Englands und Frank- reichs und durch den rungschef Muſſolini im Palazzo Venezia in Rom vorgenommen worden. Anſchließend wird der Wortlaut des Pak⸗ tes bekanntgegeben, der die Bezeichnung führt:„Verkrag der Verſtündigung und Zu⸗ ſammenarbeit.“ In der Präambel heißt es, daß die Oberhäupter der vertragſchlie— ßenden vier Staaten, Deutſchland, Frankreich, England und Ita— lien, im Bewußtſein ihrer Verantwortung ge— und den Abma⸗ chungen von Locarno, in dem Beſtreben, allen Beſtimmungen der Völkerbundsſatzung ihre volle Wirkſamkeit zu verleihen unſer Beachtung der Methoden und Verfahrensarten, die darin vorgeſehen ſind, und denen ſie nicht zuwiderhandeln wollen, unker Achtung der Rechte eines jeden Staates, über die nicht ohne Mitwirkung des Beteiligten verfügt werden kann, folgende Beſtimmungen vereinbart haben: Arkikel 1. Die Hohen verkragſchließenden Teile wer⸗ den ſich über alle Fragen, die ſie angehen, ins Einvernehmen ſetzen. Sie verpflichten ſich, alle Anſtrengungen zu machen, um im Rahmen des Völkerbundes eine Politik wirk⸗ ſamer Juſammenarbeit zwiſchen allen Mäch⸗ ten zur Erhaltung des Friedens zur Anwen- dung zu bringen. Arlikel 2. In Anſehung der Völkerbundsſatzung, ins- beſondere ihrer Arkikel 10, 16 und 19, be⸗ ſchließen die Hohen verlkragſchließenden Teile unker ſich und unker Vorbehalt der nur durch die ordentlichen Organe des Völker- bundes zu kreffenden Enkſcheidungen alle Vorſchläge hinſichtlich der Methoden und Verfahrensarten zu prüfen, die geeignet ſind, dieſen Artikeln gehörige Wirkſamkeit zu verleihen. Arkikel 3. Die Hohen verkragſchließenden Teile ver⸗ pflichten ſich, alle Anſtrengungen zu machen, um den Erfolg der Abrüſtungskonferenz ſi⸗ cherzuſtellen; ſie behallen ſich vor, falls Fra- gen, die ſie beſonders bekreffen, bei Beendi⸗ gung der Konferenz offen geblieben ſein ſoll⸗ ken, deren Prüfung in Anwendung dieſes Vertrages unter ſich wieder aufzunehmen, um ſicherzuſtellen, daß ſie auf geeignetem Wege gelöſt werden. Arkikel 4. Die Hohen verkragſchließenden Teile beſtä⸗ ligen ihre Abſicht, ſich im Hinblick auf eine im Rahmen des Völkerbundes anzuſtrebende mae über alle Fragen wietſchaftlicher Ark ins Einvernehmen zu ſetzen, die für Europa, insbeſondere für ſeinen wirkſchaftlichen 4 8 von gemeinſamem Inkereſſe ind. italieniſchen Regie- Arkikel 5. Dieſer Vertrag wird für eine Dauer von 10 Jahren, gerechnet von ſeinem Inkrafttre- ten an, abgeſchloſſen. Wenn keiner der Ho- hen verkragſchließenden Teile den anderen vor Ablauf des achten Jahres ſeine Abſicht mitteilt, den Vertrag zu beendigen, gilt er als erneuert und bleibt ohne zeſtliche Befri- ſtung in Kraft, wobei jeder der Hohen ver⸗ tragſchließenden Teile die Befugnis hat, den Verkrag durch eine zu dieſem Zwecke mit einer Friſt von zwei Jahren(Izugebende Er⸗ klärung zu beendigen. Artikel 6. Dieſer Vertrag kritt in Kraft, ſobald alle Ratifikationsurkunden niedergelegt worden ſind. Ruhe in Genf Unterbrechung der Abrüflungsarbeiten bis 27. Juni. Genf, 8. Juni. Das erweiterte Präſidium der Abrü— ſtungskonferenz hat beſchloſſen, ſeine Arbei⸗ ten bis zum 27. Juni zu unterbrechen. Die Arbeiten der Abrüſtungskonferenz werden inzwiſchen vollſtändig ruhen. Der Präſident der Abrüſtungskonferenz, Henderſon, begibt ſich Ende der Woche nach London, um dort in Fühlungnahme mit den dort anläßlich der Weltwirtſchaftskonferenz anweſenden Außen— miniſtern und Regierungschefs die endgültigen Entſcheidungen der Ab⸗ rüſtungskonferenz, die für Juli vorge⸗ ſehen ſind, vorzubereiten. Am 27. Juni wird das erweiterte dium in Genf wieder zuſammentreten. Regierungspräſident und Gauleiter Berlin, 8. Juni. Wie der Amtliche Preußiſche Preſſedienſt mitteilt, hat Miniſterpräſident Göring an die Oberpräſidenten und Regierungspräſi— denten einen Erlaß gerichtet, in dem es heißt, daß die Oberpräſidenten und Regie— rungspräſidenten bei Erfüllung ihrer Auf⸗ gaben die Pflicht haben, mit den führenden nationalſozialiſtiſchen Perſönlichkeiten ihres Bezirks, alſo in erſter Linie den Gauleitern, Fühlung zu halten. Selbſtverſtändlich wird hierdurch das den Oberpräſidenten und Regierungspräſidenten zuſtehende Recht der Exekutive in keiner Weiſe berührt. Jedoch werden ſie zweckmäßig vor wichli⸗ gen Maßnahmen mit dem zuſtändigen Gau⸗ leiter in Verbindung kreten, um dieſem Ge⸗ legenheit zur Stellungnahme zu geben. Zu ſolchen Maßnahmen rechnen beſonders die über leitende Beamte zu machenden Perſo⸗ nalvorſchläge. Auslands⸗Nundſchau Tſchechoflowakiſches Ermächkigungsgeſetz. Die tſchechoſlowakiſche Regierung hat dem Abgeordnetenhaus das Ermächtigungs⸗ geſetz vorgelegt, das bis Ende 1933 be⸗ friſtet iſt. die Regierung wird ermächtigt, im Verordnungswege Zolltarifänderungen und Preismaßnahmen zu treffen, ſowie für die Erhaltung des Gleichgewichtes im Staatshaushalt Sorge zu tragen. Derartige Verordnungen des Ermächtigungsgeſetzes werden von der Geſamtregierung erlaſſen und müſſen vom Präſidenken der Republik gezeichnet ſein. Binnen 14 Tagen ſind ſie den Kammern zur Genehmigung vorzulegen. Präſi⸗ In kurzen Worten: Reichsminiſter und preußiſcher Miniſter⸗ präſident Göring hat ſich in einem Inter⸗ view mit einem Pariſer Journaliſten für deutſch⸗franzöſiſche Verſtändigung ausgeſpro⸗ chen. Die Großhandelsindexziffer für Mai iſt ge⸗ genüber dem Vormonat um 1,3 Prozent auf 91,9 Prozent geſtiegen. Der Staatsanwalt hat gegen Dr. Gereke wegen Betruges ſechs Jahre Gefängnis, 100 000 Mark Geldſtrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre beantragt. Der neue Oberpräſident von Heſſen-Naſ⸗ ſau, Prinz Philipp von Heſſen und ſeine Ge— mahlin, Tochter des italieniſchen Königspaa— res, wurden am Mittwoch in Anweſenheit des Miniſterpräſidenten Göring feierlich empfangen. Das Komitee für die Olympiſchen Spiele hat beſchloſſen, die nächſte Olympiade in Ber⸗ lin ſtattfinden zu laſſen. Vor dem Fürſtlich-Liechtenſteiniſchen Kri— minalgericht begann am Mittwoch der Pro- zeß wegen des Ueberfalles auf die Gebrüder Schaie, genannt Rotter. Auf den griechiſchen Staatsmann Venize— los verübten unerkannt entkommene Täter während einer Autofahrt einen Revolveran— ſchlag. Während Venizelos unverletzt blieb. wurde ſeine Frau ſchwer verletzt. Politisches Allerlei Berlin. Reichsminiſter Dr. Göbbels iſt, aus München kommend, wieder in Berlin eingetroffen. Auch Reichsaußenminiſter von Neurath iſt von ſeinem Pfingſturlaub in Württemberg wieder nach Berlin zurückgekehrt. Danzig. Der neugewählte Volkstag wird am 14. Jun erſtmals zuſammentreten. Einer Mitteilung des Senats iſt zu entneh— men, daß die Wahlbeteiligung genau 92,09 Prozent betragen hat. Salzburg. Gegenüber verſchiedenen priva— ten Meldungen von einer vollſtändigen Grenzſperre an der öſterreichiſch-deutſchen Grenze wird von zuſtändiger Seite mitgeteilt, daß hierüber amtlich nichts bekannt iſt. Es könnte ſich höchſtens um einen örtlichen Ueber— griff handeln, der ein Gerücht von einer voll— ſtändigen Grenzſperre veranlaßt haben könnte. Sevilla. In etwa 70 Ortſchaften der Pro⸗ vinz iſt ein Landarbeiterſtreik ausge⸗ brochen. Es befinden ſich rund 50 000 Land— arbeiter im Ausſtand. „Es iſt hupfreie Woche!“ Ein Erlebnis des Reichskanzlers. Mainz, 8. Juni. Dieſer Tage kam eine große Autokolonne durch Mainz, wobei die Autos ziemlichen Lärm durch häufiges Hupen verurſachten. Da in Mainz eine„Hupfreie Woche“ ſtatt⸗ fand, hielt ein Verkehrsſchutzmann die Auto— kolonne an und überreichte dem Chauffeur des erſten Wagens die bekannte Viſitenkarte, in der die Stadtverwaltung die Automobili— ſten in aller Höflichkeit erſucht, jedes unnö⸗ tige Hupen zu unterlaſſen, um die Ruhe der Bürger nicht unnötigerweiſe zu ſtören. Als der Schutzmann nahe an das Auto heran— trat und die Viſitenkarte hineinreichen wollte, ſah er, daß in dem Wagen auch Reichskanzler Adolf Hitler ſaß. Erſchrocken krak der Schutzmann zurück und ſagte: Enkſchuldigen Sie, Herr Reichs- kanzler, aber in Mainz iſt hupfreie Woche. Der Reichskanzler dankte in leukſeliger Weiſe dem Hüter des Geſetzes. Inzwiſchen paſſierke eine große Kolonne Scharnhorſtjugend die Stelle, an der die zahlreichen Aukos hielten. Obwohl der Reichskanzler inzwiſchen ſeine Aulobrille wieder vor das Geſichk gezogen hafte, entging er nicht den ſcharfen Augen der einmal aufmerkſam gewordenen Jungen. Und gleich darauf hallken die Straßen wi⸗ der von den begeiſtertken heilrufen der in die Pfingſtferien wandernden ſungen Bur- ſchen. Darauf gab der Kanzler das Zeichen zur Weiterfahrl. Letzte Nachrichten Hitlergedenktafel zerſchlagen. Berlin, 8. Juni. In der Nacht vom 22. um 23. Mai 1933 wurde die Tafel der am age der nationalen Arbeit gepflanzten Hit⸗ ler⸗Linde auf dem Arminiusplatz zerſchlagen. Die Staatsanwaltſchaft J hat als Täter den jüdiſchen Pianiſten Max Wolf ermittelt und gegen ihn Anklage erhoben. Zuchthaus für Mißbrauch der S A.-Aniform. Altona, 8. Juni. Das Sondergericht ver⸗ urteilte einen Arbeiter Mau aus Kiel, der im April feſtgenommen worden war, weil er in SA.⸗Uniform unberechtigt Spenden auf Sammelliſten entgegennahm, zu an⸗ derthalb Jahren Zuchthaus. Mau war früher Angehöriger der SA. geweſen, 1931 ausgeſchieden und hatte dann die na⸗ tionale Revolution benutzt, um mit der Uni⸗ form, die er behalten hatte, in die eigene Taſche zu ſammeln. Zeppelin in Südamerika Dernambuco. 8. Juni. Das Luftſchiff „Graf Zeppelin“ iſt auf ſeiner neuen Süd⸗ amerikafahrk in Pernambuco gelandet und hat nach einem mehrſtündigen Aufenthalt die Fahrt nach Rio de Janeiro fortgeſetzt. Tropenhitze in England 500 Kinder erkrankt. London, 8. Juni. Die unerträgliche Hitze, die zurzeit in England herrſcht, hat ſich nun tropenartig verſtärkt. Seit 1930 iſt in Großbritannien eine ſolche Hitze nicht mehr gemeſſen worden. In London iſt das Thermometer im Schat⸗ ten auf 30,5 Grad Celſius geſtiegen; man vermutet, daß ſich die Hitzewelle noch ver⸗ ſchärfen wird. N Aus den verſchiedenen Teilen Englands meldet man Todesfälle, die durch die außer⸗ ordentliche Wärme hervorgerufen wurden. 500 Kinder, die ſich auf dem Wege zur Grundſteinlegung der neuen Kathedrale in Liverpool befanden, erkrankten infolge Er- ſchöpfung. Eine Anzahl von dieſen mußte ſogar ins Krankenhaus gebracht werden. Weiter wird die auffallende Tatſache ver⸗ merkt, daß in der Haupkſtadt die Brände noch nie ſo zahlreich geweſen ſeien, wie ge rade in dieſer Higeperiode. Amerika und die Raſſenfrage. Gegenüber von Wünſchen, die ſich auf an⸗ gebliche Raſſen verfolgung in Deutſchland beziehen, wurde vom Staatsdepartement in Waſhington be⸗ merkt, daß die amerikaniſche Regierung in dieſer Angelegenheit grundſätzlich keine Vorſtellungen erhebe, ſondern ſich auf nicht⸗ amtliche Beſprechungen mit den Vertretern der deutſchen Regierung beſchränke. Auch der Wunſch, Amerika möge die Einwanderung für Juden, die aus Deutſchland kommen, erleichtern, hat keine Ausſicht auf Verwirk— lichung Der Chaco-Konflikt. Nach Meldungen aus Aſuncion ſoll Paraguay dem Völkerbunde vorgeſchla⸗ gen haben, die Chacofrage auf folgender Grundlage zu regeln: Sofortige Einſtellung der Feindſeligkeiten, Zurückziehung der Truppen, Herabſetzung der bewaffneten Ef⸗ fektivbeſtände unter der Kontrolle des Völ⸗ kerbundes und Durchführung einer Unterſu⸗ chung des Völkerbundes über die Frage der Kriegsſchuld. Großes Scharnhorſttreffen Pforzheim, 8. Juni. 3000 8 Jungens des Landesverbandes Baden⸗Würt⸗ temberg des Stahlhelms marſchierten über Pfingſten in Pforzheim. Zum erſten Male ſeit ſeinem Beſtehen iſt der Scharnhorſt nun mit einem größeren Aufmarſch an die große Oeffentlichkeit getreten. Am Sonntag vor⸗ mittag war Feldgottesdienſt und Appell. A Nachmittag zogen die jungen Kämpfer durch die Straßen der Stadt. Dann erfolgte der Vorbeimarſch vor dem Stahlhelm⸗Landesfüh⸗ rer an„ihrem“ Kameraden Wenzl und ſei⸗ nem Stabe. Am Pfingſtmontag war gro⸗ ßes Wecken und im Anſchluß daran Gelände⸗ ſpiel. Dann führen die Scharnhorſt-Jungens in ihre Heimat zurück. Aus Baden Das Neichsmilchgeſetz in Baden Karlsruhe, 8. Juni. Die Preſſeſtelle beim Staatsminiſterium teilt mit: Die Haltung eini⸗ ger Teile der betroffenen landwirtſchafklichen Bevölkerung gibt Veranlaſſung, unter Bezug auf die bereits Ende März dieſes Jahres vorgenommene Veröffentlichung nochmals nach⸗ drücklichſt darauf hinzuweiſen, daß das von der neuen Reichsregierung ins Auge gefaßte Ziel, im Zuge einer allgemeinen Beſſerſtel⸗ lung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe zunächſt die beſondere Notlage der Landwirtſchaft zu beſeitigen, auf dem Gebiete der Milchwirt— ſchaft durch eine energiſche Ueberführung der von der Reichsregierung wiederholt verſchärf⸗ ten Beſtimmungen des Reichsmilchgeſetzes er⸗ reicht werden muß. Nicht nur dieſe Beſtim⸗ mungen, ſondern auch die 10 aufgrund des Paragraphen 38 des Reichsmilchgeſetzes angeordneten milchwirtſchaftlichen Zuſammen⸗ ſchlüſſe, die unter maßgebendem Einfluß der Erzeugerſchaft ſelbſt ſtehen, bleiben im vollen Umfange aufrecht erhalten und werden in ihrer von den Belangen des Geſamtwohles ge⸗ leiteten Betätigung und bei allen ordnungs⸗ gemäß vorgenommenen Maßnahmen von der Regierung und den Behörden mit aller Ent⸗ ſchiedenheit unterſtützt. Eine der weſentlichſten Aufgaben der Zu⸗ ſammenſchlüſſe beſteht darin, den Unterſchied zwiſchen dem Erlös von Milch, die zu Trink⸗ zwecken abgeſetzt werden kann(Friſchmilch), und den übrigbleibenden Milchmengen, die man⸗ gels einer ſolchen Verwertbarkeit zu Butter und anderen Molkereiprodukten verarbeitet werden müſſen und für die bislang nur weit geringere Preiſe erzielt werden konnten(Werk⸗ milch) auszugleichen. Dies geſchieht nach einer ziemlich allgemein gewordenen Uebung durch Erhebung von Ausgleichsbeiträgen bei den Friſchmilchlieferanten zu Gunſten der Werk⸗ milcherzeuger. Die Zahlungen ſolcher von den Zuſammenſchlüſſen ordnungsgemäß feſtgeſtell⸗ ten Ausgleichsbeiträge iſt eine unbedingte Pflicht, deren Erfüllung von allen die für die Förderung des Gemeindewohls Verſtänd⸗ nis haben, aufs beſtimmteſte erwartet, von den übrigen aber ebenſo beſtimmt erzwungen wird. Hervorgehoben muß jedoch werden, daß den Zahlungspflichtigen nicht zuletzt auch ſelbſt ein das finanzielle Opfer überwiegender Vor⸗ teil zukommt, da durch den Ausgleich eine dauernde Konkurrenz der Werkmilcherzeuger auf dem Friſchmilchmarkt verhindert wird. Dieſe bei einem geſetzgeberiſch nicht geordneten Milchmarkt unvermeidliche Folge würde jedoch einen völligen Zuſammenbruch der Friſch⸗ milchpreiſe herbeiführen, wie dies bei einigen kleineren Teilen des Landes infolge der Un⸗ vernunft der Erzeugerſchaft ſelbſt, namentlich aber auch bei ſehr vielen anderen Erzeugniſſen der Landwirtſchaft feſtzuſtellen iſt. Die Be⸗ folgung der Maßnahmen der Zuſammen⸗ ſchlüſſe, vor allem aber die Zahlung der Ausgleichsbeiträge entſpricht hiernach nicht nur dem Geſamtwohl der Landwirtſchaft, ſondern auch dem Eigenintereſſe der Trinkmilcherzeu⸗ ger ſelbſt. Verlegung des Staatstechnikums? Karlsruhe, 8. Juni. Wie die Blätter mel⸗ den, ſind Verhandlungen im Gange, die eine eptl. Verlegung des Staatstechnikums von Karlsruhe nach Mannheim befürchten laſſen. Der Oberbürgermeiſter von Mannheim hat dem Kultusminiſterium den Vorſchlag unter⸗ breitet, als Erſatz für die von Mannheim nach Heidelberg kommende Handelshochſchule das Karlsruher Staatstechnikum mit der in Mannheim bereits beſtehenden techniſchen Lehr⸗ anſtalt zuſammenzufaſſen. Bis jetzt ſind die Verhandlungen noch nicht zum Abſchluß ge⸗ kommen. In Karlsruhe wird alles unter⸗ nommen werden, um dieſe Anſtalt in der Landeshauptſtadt zu behalten. Die Studen⸗ tenſchaft des Staatstechnikums wird in den nächſten Tagen ſchon eine Proteſtverſamm— lung abhalten. Geueralverſammlung der Dentſchen Bau- und Siedelungsgemeinſchaft. Miniſterpräſident Dr. Werner als Förderer der Eigenheimbewegung. Im großen Saale der Vereinigten Geſell⸗ ſchaft zu Darmſtadt fand am Pfingſtſamstag die; 8. ordentliche Generalverſammlung der Deutſchen Bau- und Siedelungsgemeinſchaft(DS.) ſtatt. Die zahlreichen Vertreter aus ganz Deutſchland konnten zugleich mit einer Reihe von Ehrengäſten, darunter der Heſſ. Miniſterpräſident Profeſſor Dr. Werner, durch den Vorſitzenden des Auf⸗ ſichtsrates und durch den Vertreter des Vor⸗ ſtandes begrüßt werden Der Preußiſche Juſtizminiſter Kerrl, der Thür. Staatsminiſter Wächtler, ſowie der Bad. Finanzminiſter Köhler hatten in letzter Stunde den beabſichtigten Beſuch abſagen müſſen und hatten als langjährige Mitglieder der DBS der Verſammlung ihre beſten Grüße und Wünſche übermittelt. 5 Der Geſchäftsbericht ſowie die Bilanz nebſt Gewinn- und Verluſtrechnung für das Jahr 1932 wurden nach dem Bericht des Prüfers und dem Reviſionsbericht des Auſſichtsrates einſtimmig ge⸗ nehmigt und dem Vorſtand Entlaſtung erteilt. Einige Aenderungen der Satzung und der allge⸗ meinen Geſchäftsbedingungen wurden einmütig angenommen. Der geſamte Aufſichtsrat legte angeſichts der Umwälzungen der letzten Monate ſeine Aemter nieder. Die Neuwahl hatte folgendes Ergebnis: Becker, Wetzlar; Dr. Bichmann, Weimar; Heß, Rheingönheim; Dr. Heiland, Eiſenach; Juch Lippſtadt; Kahles, Offenburg; Kinkhorſt, Ham⸗ burg; Kraus, Bad-Dürkheim; Landwehr, St. Wendel; Mertens, Haan; Reinbothe, Neu⸗Iſen⸗ burg; Miniſterialrat Wittich, Berlin. Miniſterpräſident Prof. Dr. Werner hielt eine längere Anſprache, in der er auf ſeine bis⸗ herige Arbeit als Aufſichtsratsvorſitzender in der DBS., die gemeinſame Arbeit, die zum Erleben einer Kameradſchaft geführt hatte, beſonders hin- wies. Er betonte vor allem die Heimatverbun- denheit, die aus völkiſchem Urbewußtſein durch die DBS. erreicht werde. Die Bewegung der DBS. ſei eine tief ſittliche, die jedem einzelnen deutſchen Volksgenoſſen die notwendige Grund- lage einer möglichſt geſicherten materiellen Exi⸗ ſtenz beſchaffe. Die Forderungen, die wir von der DBS. zu ſtellen haben, dürften auch nicht nur an die Landesregierungen, ſondern vor allen Dingen an die Reichsregierung gerichtet werden, um dem völkiſchen Sinn, der in der ſozialen Bauſparbewegung liege, auch in der Geſetzgebung zum Durchbruch zu verhelfen, um alle möglichen Forderungen herauszuholen, die herausgeholt werden müſſen, ſowohl bei der Verſicherungs⸗ ſteuer, wie auch in der Beſteuerung der Ds. und aller ſonſtigen Bauſparkaſſen. Es gelte Ab⸗ ſtand zu nehmen von der törichten Baufinanzie⸗ rungspolitik der vergangenen Jahre; es müßte dafür geſorgt werden, daß die zahlungsſchwachen Sparer wieder in die Lage verſetzt würden, ihre Grundeinzahlung zu leiſten, damit eine größere Zahl von Vergebungen erfolgen könne. Die DBS. habe bereits unter dem alten Syſtem durch ihr zinsfreies Bauſparen wertvolle Arbeit geleiſtet und in glänzender, unübertreffbarer Art ihre Aufgabe erfüllt, daß ſie verlangen kann, daß man ihr nicht nur mit Sympathie und Worten gegenüberſtehen könne. Anhaltender Beifall dankte dem Miniſter⸗ präſidenten für ſeine Ausführungen. Dieſer Beifall wurde wiederholt, als der Aufſichtsrats⸗ vorſitzende erklärte, daß Herr Miniſterpräſident Prof. Dr. Werner zum Ehrenmitglied der DBS. ernannt ſei. Eine entſprechende Ehren- urkunde wurde überreicht. In bewegten Worten dankte Miniſterpräſi⸗ dent Prof. Dr. Werner für dieſe Ehrung. Mit ſehr ſtarkem Beifall ſprach auch zum Schluſſe der Verſammlung der Vertreter des Reichsverbandes Deutſcher Bauſparkaſſen, Dr. Wagelaar, Berlin. Am frühen Nachmittag konnte die glänzend und einmütig verlaufene Tagung mit dem Deutſch⸗ landlied geſchloſſen werden. * Sie verſtehen ſicher gut zu kochen. Gleichwohl will es Ihnen nicht immer gelingen, den Speiſen den vollendeten Wohlgeſchmack zu geben. Irgendetwas fehlt trotz Salz und aller⸗ lei Gewürzen. Das ſind die Fälle, wo Maggi's Würze verwendet werden ſoll. Denn dieſe ver⸗ mag mit wenigen Tropfen ſchwache Suppen, Soßen, Gemüſe und Salate auf die volle Höhe des Wohlgeſchmacks zu bringen. Die Pfingſttagung des Unſer Bild zeigt Reichsſtatthalter von Epp(Mitte) unter den jugendlichen Teilneh⸗ mern an der Pfingſt⸗ tagung des V. D. A. in Paſſau. Anz alten deuiſchen Buüthern Schimpf und Ernſt. Von Bruder Johannes Pauli. So um die Zeitwende der Reformation hatten die Menſchen ein großes Bedürfnie nach Unterhaltung. Damals kamen jene Sammlungen von kurzen Geſchichten auf, W unſeren Anekdotenſammlungen und itzbüchern. Bei jenen Geſchichtchen kam es aber nicht wie bei unſeren heutigen nur auf den 19 0 Einfall an, der beluſtigte ſondern die Geſchichte ſollte auch eine Le⸗ bensweisheit enthalten. Eine der bekann⸗ teſten Sammlungen ſolcher Art war„Schimpf und Ernſt“, d. h. Scherz und Ernſt, des Franziskanerbruders Johannes Pauli, geb 1455 in Feddersheim, geſtorben in Thann im Elſaß nach 1530. Seit 1522 erſchien ſein Büchlein mit immer neuen Folgen. Es fand reißenden Abſatz. Wir bringen hier einige ſeiner beſten Erzählungen. Von der Wahrheit. Da war ein Abenteurer, ein Gaukelmann, der ſaß an einem Abend ſpät vor eines Bauern Haus auf einem Block. Als der Bauer vom Feld kam, ſprach er zu ihm; „Guter Geſell, was ſieſt du da? Warum gehſt du nicht in ein Haus, damit du nicht unter dem Himmel die Nacht ſitzen mußt?“ — Er ſprach:„Lieber guter Freund, ich habe eine Gewohnheit an mir. Ich bin durch das ganze Dorf gegangen, und niemand will mich beherbergen. Ich möchte gern die Nacht hier bleiben, morgen wird es vielleicht wieder beſſer.“— Der Bauer ſprach:„Guter Geſell, was iſt das für eine Gewohnheit?“— Er ſprach:„Ich ſage jedermann die Wahrheit, darum will mich niemand beherbergen.“— Der Bauer ſprach:„Das iſt eine gute Ge— wohnheit! Komm' zu mir herein; du biſt mit ein werter Gaſt, du ſollſt es ſo gut haben wie ich!“ Der Geſell ging mit dem Bauern in das Haus, und der Hauswirt ſprach:„Greta, Hausfrau! back Küchlein und Schnitten, ich habe einen Gaſt bekommen! Wie ſie nun aßen und alſo bei dem Feuer ſaßen, wie man in den Dörflein tut, da nahm der gute Geſell alles wahr, wie man hausghielt, und es war niemand in dem Haus als der Bauer, der hatte ein Blätzlein vor dem Aug hangen, und ſeine Hausfrau Greta hatte nur ein Auge, und eine Katze, der troff ein Auge. Als man in dem beſten Eſſen war, da ſprach der Bauer:„Lieber guter Geſell! Du ſprichſt, du ſagſt allweg die Wahrheit, ſage mir auch eine Wahrheit.“ Der Geſell ſprach:„Ach lieber Hauswirt, Ihr werdet zornig und böſe über mich!“ Der Bauer ſprach:„Nein!“ Der gute Geſell ſprach:„Du und deine Frau und deine Katz' haben alle nicht mehr denn drei Augen!“ Da der Bauer das hörte, was doch die Wahrheit war, erwiſchte er eine Ofengabel und jagte den guten Geſellen zum Hauſe hinaus. Von Roßzkäuſchern und Betrügern Cs geſchah ungefähr um das Jahr 1506, da ritt ein Kaufmann gen Frankfurt auf die Meſſe, dabei fiel ihm der Mantelſack vom Sattel; darin waren achthundert Gulden. Ein Zimmermann ging des Weges, fand dieſen Mantelſack und trug ihn nach Hauſe, dort öffnete er ihn und ſah, was darin war. Am Sonntag darauf verkündete der Kirchner in dem Dorf, worin der Zimmermann Schicksalsge walten ROMAN VON GERT ROTHB ERG Copyright by Martin Feuchtw anger, Halle(Saale) Staunend betrachtete Reveloor den Freund. Zwei ver⸗ ſchiedene Handſchriften ſchrieb der. Ein Fröſteln kroch plötz⸗ lich an ihm hoch. Wo hatte er nur gleich dieſe Schrift hier ſchon geſehen? Die war ihm doch beſtimmt ſchon irgendwo einmal aufgefallen? Karell faltete jetzt das Blatt zu⸗ ſammen. Mit einem ſchnellen Blick ſtreifte er des Freundes Geſicht. Der hatte augenſcheinlich die kunſtvollen Fenſter⸗ bogen gemuſtert. Karell gab dem Arbeiter das Papier. „Geben Sie das Herrn Long, wenn er kommt, und ſagen ſie ihm, ich käme übermorgen um dieſelbe Zeit wieder und wünſchte ihn dann zu ſprechen.“ Der Mann nickte eifrig mit dem Kopfe. „Wird alles beſorgt, Herr Karell!“ Die beiden Herren gingen zu ihrem Wagen, den Karell ſelbſt ſteuerte; er nahm hier ungern einen Chauffeur mit. Nach kurzer Fahrt hielten ſie vor dem Gaſthauſe. Karell war hier bekannt, und ſo ſaßen ſie bald vor einem guten Eſſen und taten ihm alle Ehre an. Sie plauderten an⸗ geregt. Mitten im Geſpräch aber dachte Reveloor: „Wo hat Karell die ſeltene Kunſt erlernt, zwei von⸗ grundverſchiedene, ſchöne Handſchriften zu einander ſchreiben?“ Und bei aller Sympathie und Liebe, die ihn für den Freund erfüllte, konnte er es nicht verhindern, daß immer wieder der Gedanke kam: „Karell haftet etwas Unheimliches an. Habt ihr alle das bisher überſehen?“ Und noch etwas anderes erfüllte Reveloor mit leiſem Unbehagen. Vor ein paar Tagen war im Klub die Rede don Börſenneuigkeiten. Ein älterer Herr, guter Bekannter don Reveloor, hatte dieſem auf die Schulter geklopft und geſagt: Milchſpenderinnen abgeſtimmt: wöhnte, von der Kanzel, es ſeien achthundert Gulden verloren worden, und wer ſie gefun⸗ den habe, dem wolle man hundert Gulden ſchenken, wenn er ſie wiederbrächte. Der Zimmermann war gerade nicht in der Kirche eweſen; als er aber bei Tiſche ſaß, erzählte eine Hausfrau, es ſeien achthundert Gulden verloren worden, und wer ſie wiederbrächte, der ſolle hundert Gulden haben.„Ach“, ſprach ſie,„hätten wir den Sack gefunden, daß uns die hundert Gulden würden!“ Der Mann ſprach:„ au, geh' hinauf in unſere Kam— mer: unter der Bank bei dem Tiſch an dem Abſatz der Mauer liegt ein lederner Sack, den bring' herab.“ Die Frau tat, wie ihr befohlen war und brachte den Sack herab; der Mann öffnete ihn, da waren die achthundert Gulden darin, wie der Prieſter verkündet hatte. Der Zim⸗ mermann ging zu dem Prieſter und fragte, ob es ſo wäre, daß man dem hundert Gul— den geben wolle, der den Sack wiederbrächte. Der Prieſter ſprach:„Ja!“ Da ſprach der— Zimmermann:„So heißt den Kaufmann kommen, das Geld iſt da!“ Der Kaufmann war froh und kam, und nachdem er das Geld gezählt hatte, warf er dem Zimmer— mann fünf Gulden hin und ſprach zu ihm: „Die fünf Gulden ſchenk' ich dir! Du haſt dir ſchon ſelber gelohnt und vorher hundert Gulden genommen, denn es ſind neunhun— dert Gulden geweſen!“ Der Zimmermann ſprach:„Mir nicht alſo! Ich habe weder einen Gulden noch hundert genommen, ich bin ein redlicher Mann!“ Das Geld ward bei dem Gericht hinterlegt, und die zwei gingen miteinander vor den Richter. Nach manchem Gerichtstag ward ein Tag anberaumt für das Urteil, und viele fremde Leute kamen dahin und wollten den Ausſpruch hören. Man fragte den Kauf— mann, ob er einen Eid ſchwören könne, daß er neunhundert Gulden verloren habe? Der Kaufmann ſprach„Ja.“ Da ſprach der Rich— ter:„So hebe die Hand auf und ſchwöre!“ Der Kaufmann ſchwur. Danach fragte der Richter den Zimmermann, ob er einen Eid ſchwören könne, daß er nicht mehr als acht⸗ hundert Gulden gefunden hätte. Der Zim— mermann ſprach:„Ja“, und ſchwur einen Eid. Da erkannten die Urteilſprecher, daß ſie beide geſchworen hätten, und der Kauf— mann ſolle einen ſuchen, der neunhundert Gulden hätte, denn der Sack wäre nicht ſein, er habe nicht die rechten Wahrzeichen geſagt. Der arme Zimmermann aber ſolle das Geld gebrauchen, bis einer käme, der achthundert Gulden verloren hätte. 5 Dieſes Urteil lobte jedermann, und es iſt auch zu loben, denn Untreue ſchlug den eige— nen Herrn, und es wurde das Sprichwort wahr: Wer zuviel will, dem wird zu wenig. Milchturen im Frühling Von Dr. W. Schweisheimer. Eine ältere Dame erblickt ſeit vielen Jahren ihr Heil darin, in jedem Frühjahr eine ausgie— bige Trinkkur mit Ziegenmilch zu machen. Sie hat das wieder von weiblichen Vorfahren übernommen, und in der Tat war noch in der Zeit Biedermeiers die jährliche Frühjahrs Milchkur ſcharf nach dem Temperament der ob Kuhmilch oder Ziegenmilch, Stuten⸗ oder Eſelinnen⸗ milch, das wurde in ſcharfer Sonderung je nach der Körper- und Seelenbeſchaffenheit der Pa⸗ tientin, nach ausführlichen Erörterungen und langen Ueberleaungen ausgewählt. die Vermutung richtig?“ 25 Harry Reveloor fiel es zum erſten Male drückend auf, daß er ſowohl wie May und deren Eltern doch gar nichts von Karell wußten. darüber zu plaudern.“ er ſich an Karell. Vater?“ Sagen Sie mal, Reveloor, Sie ſind doch ſo eng be⸗ freundet mit dem ſchönen Karell. Sie wiſſen, daß die Ver⸗ mutung damals laut wurde, Karell ſei der Sohn jenes Goldgrubenbeſitzers in K... der durch ſeine verſchiedenen Börſenſpekulationen ſich einen Namen gemacht hat. War Vorſichtig taſtend, ſagte er: 5 „Wie kommen Sie gerade jetzt darauf? Wenn es Karell vorzieht, im allgemeinen über ſeine Familienverhältniſſe zu ſchweigen, ſo habe ich doch ſchließlich auch keinen Grund, Die Antwort klang grob, und das fühlte Reveloor in dem Moment, als er ſie gab. Als er ſich etwas verlegen entſchuldigte, meinte der alte Herr lächelnd: „Ah, ein kleines Geheimnis? Ich bin der Letzte, der da hineindringen will. Doch ich weiß aus ganz ſicherer Quelle, daß der bekannte Karell an der Börſe ein Rieſenvermögen verloren hat. Es würde mir leid tun um Ihren ſympa⸗ thiſchen Freund, wenn plötzlich der hohe, väterliche Zu⸗ ſchuß aufhörte. Junge Herren ſind ein flottes Leben ge⸗ wöhnt, und ein ſolches Pech, plötzlich arm zu ſein, gönne ich dem hübſchen Jungen nicht. Alſo, es war ein rein menſchliches Intereſſe. Im übrigen nichts für ungut!“ Sie plauderten dann noch von einigen anderen Neuig⸗ keiten. Reveloor aber hatte die Sorge nicht mehr los⸗ gelaſſen. Nicht, daß er Karells Armut gefürchtet hätte 5 May war ja reich genug. Aber warum ſprach Karell ſich nicht wenigſtens aus? Eine Unwahrheit, die ſich zwiſchen das Brautpaar drängte, konnte Mays Glück vernichten. Daran dachte Reveloor auch jetzt wieder, als er ſich in den dunklen Korbſeſſel zurücklehnte und anſcheinend den kunſt⸗ vollen Ringeln ſeiner Zigarette nachſah. Plötzlich wandte „Lu, ich möchte dich bitten, mir meine Frage nicht übel⸗ zunehmen. Iſt der Grubenkönig Karell in K... dein Heute betrachten wir dieſe Unterſchiede, die eng mit dem Temperament der Milchſpende⸗ rinnen zuſammenhängen, nicht mehr für ſo bedeutungsvoll. Andere Geſichtspunlkte treten in den Vordergrund. Entſprechend dem be⸗ ſonderen Intereſſe unſerer Zeit für Diätkuren ſpielen aber Frühlingskuren überhaupt wieder eine zunehmende Rolle. Mit dem Höherſtei⸗ gen der Sonne, mit dem Linderwerden der Luft wird unſer Gewiſſen ſchlechter. Wir füh⸗ len, daß unſere Lebensweiſe in der dunkleren Jahreszeit nicht ganz zuträglich für den Kör⸗ per war; zu wenig Bewegung, zu wenig friſche Luft, faſt keine Sonne, zuviel Hocken hinter Ofen und Schreibtiſch. Das hätte beſ⸗ ſer gemacht werden ſollen. Und ſo treibt das Gewiſſen, etwas zu unternehmen, was zur Auffriſchung und zur Verjüngung des Körpers beiträgt. Das Heilſame an Milchkuren im Frühjahr iſt: die Durchſpülung des gan— zen Körpers und die Anregung der Nieren— und Darmtätigkeit. Wird der Körper, wie es bei der Milchkur der Fall iſt, eine Zeit⸗ lang im weſentlichen mit flüſſiger Nahrung ernährt, ſo bewirkt die viele Flüſſigkeit ein Ausſpülen ſolcher Stoffwechſelreſte, die ſich irgendwo im Körper angeſiedelt haben und von dort aus vergiftend, belaſtend und hem⸗ mend wirken. Die Anregung der Nierenabſon— erung bedeutet gleichfalls eine geſteigerte Ausſcheidung un verwertbarer Sloffwechſelreſte. Mit am wichtigſten iſt die Anregung der Darmtätigleit. Hier bringen beſonders die ſauren Milcharten, wie ſie gerade zu Früh— lingskuren viel benutzt werden, einen will— kommenen Ausgleich. Die Anhänger der Roh- koſt miſchen als Frühſtücksgetränk Milch mit Fruchtſäften, Orangen, Erdbeer, Heidelbeer uſw. Als Frühlingsmilch wird von den Rohkoſtlern ein Getränk bezeichnet, bei dem in einen halben Liter friſche Milch etwas Waldmeiſter gelegt wird; nach 1 Stunde wird der Waldmeiſter herausgenommen, zur Sü— ßung wird dann noch etwas flüſſiger Honig zugegeben. Oder es wird zum Abführen ein halber Liter Sauermilch gegeben, der mit dem Saft einer halben Zitrone gut geſchla— gen worden iſt. Abmagerungskuren, wie ſie vielfach im Frühjahr für notwendig gehalten werden, laſſen ſich auch in Form einer Milchkur durch- führen. Zweckmäßig iſt es hier auch, in eine anders geartete Entfettungskur zweiten oder dritten Grades in der Woche einen reinen Milchtag einzuſchalten oder Milch zuſammen mit anderen Nahrungsmitteln zu geben. Ein Beiſpiel für ſolche Ernährung iſt: 2 Liter Buttermilch, 500 Gramm Kartoffeln, 500 Gramm Aepfel, über den Tag verteilt. Die Vorteile von Frühlingskuren ſind be— trächtlich; dabei iſt es gleichgültig, ob ſie zu Hauſe oder in einem Kurort durchgeführt werden. Bedachte Lebensführung tritt an die Stelle einer unbedachten, oft ungeſunden Le⸗ bensregelung. Nicht für jeden ſind Frühlings⸗ kuren im engeren Sinn des Wortes notwendig; wer ſie durchführt, wird aber Gewinn davon haben. Die„hellen Nächte“ Die Umdrehungsachſe unſeres Planeten ſteht nicht ſenkrecht auf der Bahnebene, auf welcher die Erde die Sonne im Jahreslauf umkreiſt, vielmehr iſt ſie um 23 Brad von der ſenkrechten Stellung weggeneigt. So kommt es, daß die Erde zu gewiſſen Zeiten der Sonne den Nordpol zuwendet. während der Südpol dauernd in Nacht bleibt, wah⸗ rend umgekehrt in unſerem Winter der Nordpol dauernd beſchattet bleibt dagegen der Südpol dauernden Tag hat und auf der Südhalbkugel Sommer herrſcht. Zur Früh⸗ lings- und Herbſt⸗Tag⸗ und Nachtgleiche ſteht die Sonne gerade über dem Erdäqua⸗ tor, oder von der Erde aus geſehen ſcheint das Tagesgeſtirn gerade am Himmelsägua⸗ tor zu ſtehen. Im Hochſommer ſteht es 23 Grad nördlich vom Aequator, am Wende⸗ kreis des Krebſes. In dieſem Jahr erreicht die Sonne dieſen Punkt am 21. Juni um 22 Uhr 12 Minuten mitteleuropäiſcher Zeit, dann nimmt ihre nördliche Entfernung vom Himmelsäquator wieder ab und ſie wandert wieder nach Süden. Für die Erde bedeutet der Zeitpunkt der Sommerſonnenwende, daß die Sonne zur Mittagszeit ſenkrecht über dem irdüchen nördlichen Wendekreis ſteht, alſo ꝛtchag über den Orten Kalkutta, Aſſuan Aegypten), Villy Cisneras(Goldküſte), Havanng(An⸗ tillen), Mazatlan(Mexiko). Am Nordpol, bis 66 Grad Breite, herrſcht dann immer⸗ währender Tag, alſo bis zu den Orten Werchoſanſk und Shigarſk in Sibirien, Ob⸗ dorſk(Rußland), Bodö(Norwegen), Nord⸗ küſte von Island, Angmagſalik(Grönland), Fort Hope und Fort Yukon(Kanada). Für füdlicher gelegene Orte geht die Sonne zwar für einige Zeit unter den Horizont, doch nur ſo wenig, daß immer noch Dämmerung herrſcht oder wenigſtens ein heller Schein am Nordhorizont die nur wenige Grade un⸗ ter dieſem ſtehende Sonne verrät. Aus der Welt des Wiſſens Unter dem alten, aus dem 11. Jahrhun⸗ dert ſtammenden Bremer Dom befindet ſich der ſogenannte Bleikeller, in dem vor Jahr⸗ hunderten die Bleitafeln gegoſſen worden ſein ſollen, mit denen der Dom bedeckt wurde; in dieſem Keller bleiben Leichen vor der Verweſung bewahrt; hier ſtehen in offenen Särgen eine Anzahl Toter, die vor Jahr⸗ hunderten in Bremen geſtorben, deren Kör⸗ per aber noch heute unverſehrt, wenn auch gänzlich ausgetrocknet ſind; in der Nähe von Bonn, auf dem Venusberg, beſindet ſich ein altes Kloſter, in deſſen Keller ebenfalls die Toten unverſehrt aufvewahrt werden; dies ſind Gegenſtücke zu den berühmten Katakomben von Kiew, in denen die mumifizierten Toten reihenweiſe an den Wänden ſtehen. Praktischer Vogelſchutz Zweibrücken, 6. Juni. Ein Vertreter der bayeriſchen Landesvogelſchutzwarte in Gar⸗ miſch, Aſſeſſor Sturm, bereiſt zurzeit die Pfalz, um die örtlichen Vogelſchußz⸗ maßnahmen, vor allem die Niſtgelegen⸗ heiten und Brutſtätten, zu beſichtigen und Aufklärungen an alle beteiligten Kreiſe zu geben. Mit Motorrad trifft der Sachverſtän⸗ dige in den verſchiedenen Orten ein und führt dann Vertreter des Tier- und Natur⸗ ſchutzbundes, der Gemeinden, des Forſtper⸗ ſonals, der Landwirtſchaft uſw. in den Wert der Niſthöhlenvermehrung, in die richtige Anbringung und Pflege näher ein. Auch der Beleggrad und die niſtende Vogel⸗ art wird feſtgeſtellt und zwar mit einer Art Scherenfernrohr und einer elektriſchen Lam⸗ pe, mit deren Hilfe das Innere der Neſter beſichtigt werden kann. Gleichzeitig können die Höhlen, ſoweit nicht belegt, gereinigt werden, ein Geſchäft, das übrigens jeden Herbſt borgonommon wmordon u Lu ſah den erklärlich. Freund groß an, ein ſeltſames Lächeln um den ſchöngeſchnittenen Mund. Dann ſagte er: 5 „Ja. Aber warum fragſt du? Haſt du Angſt um mich, weil es heißt, der Grubenkönig ſei ruiniert?“ Reveloor reichte dem Freunde bittend die Hand. „Verzeih', Lu! Es war nicht bloße Neugier.“ Karell ſah ſtarr geradeaus, als er ſagte: „Ich bin mit meinem Vater gänzlich entzweit. Sein Ruin ſchadet mir nicht. Ich habe mein Erbe.“ Harry Reveloor ſchämte ſich ſeiner Frage. Da hatte Karell das Rätſel ja mit ein paar Worten gelöſt. Durch irgendwelchen Umſtand, der niemand etwas anging außer ihm ſelbſt, war Karell mit ſeinem Vater völlig aus⸗ einander. Wahrſcheinlich beſaß er ſeit langem das Geld eines verſtorbenen Verwandten. Daß er über die un⸗ erquicklichen Familienverhältniſſe geſchwiegen, war nur zu „Ich nehme an, du biſt ſchon wiederholt in Verlegenheit gekommen, wenn man dich nach mir fragte. Ich ermächtige dich, nein, ich bitte dich darum, mache von meinen Mit⸗ teilungen Gebrauch, wo immer es auch ſei, wenn du es für nötig hältſt!“ Sie ſahen ſich ernſt an, und dann reichten ſie ſich die Hände mit feſtem Druck. Als ſie wieder in Neuyork an⸗ kamen, war es hohe Zeit für Karell, endlich zu May zu gehen, die ihn gewiß längſt erwartete. Reveloor wollte in den Klub gehen. Karell verſprach, ſpäter nachzukommen. ** ** Durch die amerikaniſchen Zeitungen ging die kurze Notiz, daß der Grubenkönig Karell in ſeinem Laudhauſe in ö in der Notwehr ſeinen ehemaligen Freund, den Führer einer bekannten Vereinigung, erſchoſſen habe. Das regte die Amerikaner weiter nicht auf, denn Mord und Tot⸗ ſchlag gab es ſaſt jeden Tag. Vielmehr ereiſerte man ſick an der Börſe, ob der zurzeit ſchwerkranke, gefürchtete Börſenmann ſich aus der ſchwierigen finanziellen Situa⸗ tion, in der er ſich momentan befand, wieder heraus- 8 arbeiten würde. (Fortſetzung do lat!) J- Ponte PDP 2 VON LO VVS OO Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 28 Nachdruck verboten. Als Pellikan ging, ſaß Altmaier noch lange ſinnend Ian; aber als die Frau mit dem Kaffee hereinkam, ließ er ze von ſeinen Sorgen nichts ahnen. Jemand hatte es ihm „geſteckt“, daß der Loiſl vor dem Abmarſch mit der roten Toni wieder zuſammen geſehen worden war— und heute zam er zurück. Die ahnungsloſe Frau fragte ſoeben: „Glaubſt, Alter, daß der Loiſl heut' zum Nachtmahl ſchon da ſein wird?— Soll i a Bratl richten? Vierzehntes Kapitel. Für die Familie Petermichl war der Tag des Scheidens gekommen. Das kleine Haus mit ſeinem windſchiefen Giebel, der weite, kahle Hof, der ächzende Ziehbrunnen— dies alles war keineswegs ſchön. Aber das innewohnende Leben einfacher, guter Menſchen in Arbeit, Heiterkeit und Genüg⸗ jamteit, gab dieſer Umwelt das Gepräge der Heimat... Solche Wurzeln laſſen ſich nicht ohne weiteres verpflanzen. Die neuen Lebensumſtände der kleinen Familie verlang— zen eine gänzlich veränderte Einſtellung zu Aeußerlich⸗ zeiten, die ſie bisher unbeachtet gelaſſen hatte. Was man vom alten Hausrat in eine neue Stadtwoh— mung mitnehmen konnte, war wenig. Das Ehepaar war ſich einig geworden, die verbrauchten und verwohnten Möbelſtücke an arme Leute zu verſchenken. mach und nach wurden auf Schubkarren Tiſche und Stühle, Kaſten und Laden von ihren neuen Beſitzern dankbar und vergnügt davongefahren und von jedem dieſer Geräte, die im hellen Sonnenlicht außerhalb des Hauſes ſchier armſelig dreinſchauten, wurde rührender Abſchied genommen. Durch Menſchenalter hindurch hatten ie im Blickfeld der Hausbewohner geſtanden und waren zo zu einem Teil ihrer ſelbſt geworden... So war denn die letzte Nacht herangekommen, die man in dem lieben alten Häuschen ſchlief. Anderntags ſollte die beſtellte Fuhre den Umzug bewerkſtelligen und die Familie mitnehmen... Abends hatte man noch lange im Mondſchein vor der Haustür geſeſſen. Gundl lehnte müde an der Schulter hres Gatten. Niemand hatte Luſt zu ſprechen. Der Hof— aund Budaſchl drängte ſich an das Knie der Wettl und vinſelte. Da vernahmen ſie einen Ton aus der Ferne. Noch ziner und noch einer reihten ſich langſam und ſchwermütig zur Melodie. Irgendein Sehnſüchtiger ſpielte auf ſeiner giehharmonika: „Ach, wie iſt's möglich dann, daß ich dich laſſen kann? Hab' dich ja gar ſo gern, bei meiner Seel'...“ Da erhob ſich die Wettl leiſe, ſchlich ſich in ihre Schlaf— ammer, warf ſich dort aufs Bett und weinte, als wollte ihr das Herz brechen... 8 21: Nun war die Ueberſiedlung ins Zwölferhaus vorüber. Viel raſcher wohnten ſich die Petermichlſchen da ein, als ſie erwartet hatten. Menſchen, die es gewohnt ſind, von frühem Morgen an ihrem ſchweren Tagwerk nachzu⸗— gehen, finden an der Handvoll Wirtſchaft, wie ſich die Fundl ausdrückte, eher Spielerei als Arbeit. So ein großſtädtiſcher Haushalt zwiſchen Häuſern und Nachbarn, war grundverſchieden von der ländlichen Lebensweiſe in freier Luft, wie ſie es gewohnt waren. Ohne daß man viel dazu tat, war die Wohnung blitz⸗ „laut, war zierlich aufgemacht und atmete Gemütlichkeit, Behagen und eine gewiſſe Behäbigkeit, wie ſie den neuen Lebensumſtänden entſprach. N Beſonders die Wettl rumorte immer noch herum, wenn die Mutter längſt alles für getan und gut erklärte. Es var, als wollte das junge Mädchen eine innere Unraſt durch ſpieleriſche Anordnung und Umſtellung bannen. Fundl war erſtaunt wie ſicher die Wettl immer das traf, vas hübſch ausſah und auch praktiſch war. Freilich— Alois Petermichl gewöhnte ſich nicht ſo ohne weiteres die Schwerarbeit ab. Sein Pumpen⸗ ſchwengel fehlte ihm; ebeuſo die ſchweren Bottiche, die et jahrzehntelang herangeſchleppt hatte. Aus unerforſchlichen Gründen ſtand draußen am Hof das Waſchgerät mit feinem Keſſel, den Trögen und Schaffeln immer inmitten des großen Hofes, und nie wäre es jemandem in den Sinn gekommen, dieſe Dinge neben dem Brunnen auf— zubauen und ſolcherart die Arbeit zu vereinfachen. Eile mit Weile. Das Tempo der Arbeit hatte noch nichts an iich von jener Raſtloſigkeit des nachfolgenden Maſchinen⸗ zeitalters. ü Alois Petermichl hatte nicht die Anpaſſungsfähigkeit einer Frauensleute. Er ſuchte Arbeit zur notwendigen und ſo wohltätigen Ermüdung und fand ſie. Er begab ſich allmorgendlich in den Hof hinab und baſtelte am Zalettl herum, dann grub er und pflanzte und goß und zimmerte Stühle und Bänke für den Garten und den kommenden Frühling. Da ſollte die Gundl im Sonnen⸗ ſchein ſitzen— mit ihrem Sohn. Daß es ein Sohn werde, daran war nicht der mindeſte Zweifel bei dem Paar. Und es iſt der Glaube, der die Wunder macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. .*. ſehr zu deſſen Mißvergnügen ſparte ſie nicht mit Anſpie⸗ Familie unnütz zu machen. Ob er freundlich oder un⸗ freundlich empfangen wurde, machte bei ihm gar nichts aus. Er genoß das ſich ſelbſtverliehene Recht des künftigen Bräutigams und Eidams, ſoweit ſich davon reden ließ, denn die Wettl behandelte ihn weder gut noch ſchlecht und hielt ihn auf Armeslänge von ſich ab, wenn er den feſchen Kerl ſpielen wollte. Was die Eltern betraf, ſo machten ſie ſchon gar kein Aufhebens mit ihm. Kam er, ſo war er eben da. Eines Sonntags erſchien er ſchon beizeiten und bat die Familie zu einem Beſuch des Paradeisgartls; der Fiaker ſtehe ſchon vor dem Tor. Sein älterer Bruder Ulrich ſamt Tochter Kreszenz würden es ſich zur Ehre gereichen laſſen, die werte Familie kennenzulernen. Dieſe ſpäte Mädchenblüte Kreszenz war nicht ſo wie andere ihres ledigen Standes. Sie war gutmütig und betete die Schönheit an, ſei es in der Muſik, in der Poeſie oder in der Natur. Mit der ganzen Zärtlichkeit ihres liebebedürftigen Weſens, hing ſie ſich an das ſchöne, junge Mädchen, und lungen über die künftige Verwandtſchaft. Eine unglückliche Liebe in ihren jungen Jahren hatte ſie die Ueberfuhr verſäumen laſſen, und jetzt war eine Hochzeit im engeren oder weiteren Umkreiſe das höchſte Vergnügen, das ſie kannte. In den vielen Romanen, die ſie förmlich verſchlang, ſchlug ſie immer zuerſt die letzte Seite um, ehe ſie zu leſen begann, um ſich zu vergewiſſern, daß ſich das Liebespaar auch wirklich und wahrhaftig„kriege“. Ihre waſſerblauen Augen ſchwammen ſtets in ungeweinten Tränen.— Abet ſie führte dem Vater muſterhaft die Wirtſchaft. Als die Geſellſchaft im Paradeisgartl anlangte, war Ulrich Höllriegl ſamt Tochter bereits anweſend und hatten einen ſchönen Tiſch— nicht zu ſonnig und nicht zu ſchattig — bereits mit Beſchlag belegt. Auf dem Tiſch prangte neben einem Roſenſtrauß ein wunderbar aufgegangener Gugelhupf, der ſich als flaumig und mit Zibeben überreich geſpickt erwies. Worüber dann die Gundl derart in Ent⸗ zücken geriet, daß ſie ſich das Rezept ausbat, als ſie erfuhr, daß dieſes Meiſterwerk von der Fräul'n Kreszenz ſtamme. Und damit war die neue Bekanntſchaft bereits beſtens in die Wege geleitet. Im Handumdrehen war bei den beiden ein Geſpräch über die teuren Zeiten im Gange und über Einkaufs- quellen. Aber mitten in dieſen hochintereſſanten Feſtſtellungen ſtockte die Kreszenz mit einem Male und wurde rot bis über die ſpitzen Backenknochen, in die hellen, flatternden Stirnlöckchen hinein. Ein dicker, ältlicher Herr, an dem alles zu eng ſchien, war herangetreten und wurde als der Herr Zuckerbäcker Korbinian Wetterſchlögl vorgeſtellt. Er verbeugte ſich weltmänniſch, ſoweit es ſeine kurzen Beine zuließen, und ſetzte ſich auf den noch leeren Stuhl neben die Kreszenz. Er bekam auch ein Stück Gugelhupf zu ſeinem Kaffee und lobte dieſen als ganz ausgezeichnet und daß er ihn auch nicht beſſer machen könnte. Die Kres⸗ zenz aber war plötzlich wie auf den Mund gefallen. Ihre wäßrigen Augen hielt ſie bald auf den dicken Zuckerbäcker in Andacht geheftet, bald ſchlug ſie dieſe nieder, wie es ſich bei einer Jungfrau gehörte. Der Korbinian hingegen hatte dieſelbe trinkfeſte Kehle, wie die beiden Gebrüder Höllriegl, was ſich beim nach⸗ folgenden Glaſerl Wein kundtat. 5 Die Wettl ſaß ziemlich teilnahmslos da. Sie hielt ihre Häkelarbeit in den Händen und war mit Stäbchenzählen ſo beſchäftigt, daß ſie der Courſchneiderei des guten Ferdi nur nebenſächliche Aufmerkſamkeit erwies. Als man abends langſam und bedächtig nach Hauſe ſpazierte, tat man das mit dem Gefühl, einen äußerſt genußreichen Sonntagnachmittag verbracht zu haben. Fünfzehntes Kapitel. Eines Abends kam der Hauptmann Pellikan ganz un⸗ erwartet zu den Petermichls herüber. Man empfing ihn erfreut, deun es war immerhin vor— nehmer Beſuch. „Ich komme, euch Lebewohl zu ſagen, Leuteln“, ſprach er ein wenig gedrückt.„Morgen früh geht's nach Bos⸗ nien...“ „Jeſſas! Der Herr Hauptmann verlaßt am End' gar die Weanerſtadt?“ ſchlug die Gundl die Hände zuſammen. Pellitan nickte und ſah verſonnen vor ſich hin. Man ſaß um den runden Sofatiſch herum. Alois machte ſich mit den Gläſern am Kredenzkaſten zu ſchaffen. „Laß ſein, Alois“, wehrte ihm der Hauptmann, der die Gewohnheit hatte, alle Welt zu duzen.„Laß ſein— ich muß gleich wieder fort. Die Mutter wartet.“ „Mein Gott! Wie wird's denn der Herr Otto aus⸗ halten ohne den Stefſel?“ jammerte die Gundl, der die Tränendrüſen jetzt allzeit in Bereitſchaft waren. „Werd's halt müſſen“, meinte der junge Mann; die Augengläſer liefen ihm an.„Werd's halt müſſen. Ein Soldat muß gehen, wohin ihm befohlen wird...“ Es gab noch ein Hin und Her, und Pellikan erhob ſich wieder. a „Und wie is's nachher mit der Patenſchaft?“ meinte die Gundl traurig.„J hab' mi ſchon ſo gefreut...“ „Ich ſchick' euch einen Stellvertreter, wenn es ſo weit Herr Ferdl Höllriegl hatte es ſich angewöhnt, zu allen möglichen und unmöglichen Tageszeiten ſich bei der iſt“, erwiderte er, und ſein Blick traf ſich, wie unabſichtlich, Da zuckte er mit den Achſeln und erhob ſich. Es war ein kurzer, aber herzlicher Abſchied. Die Gundl weinte; auch dem Alois liefen die Tränen in den Bart. „Kommen S' bald g'ſund z'ruck!“ rief die Gundl nach. Da es ſchon dunkelte, machte es ſich von ſelbſt, daß die Wettl die Kerze nahm, um dem Gaſt die Stiege hinab⸗ zuleuchten. 5 „Du, Madl, ſei nicht ſo trotzig!“ mahnte Pellikan, ſchon beim Haustor ſtehend.„Verſcherz' dir nicht dein Glück, ich rat' es dir gut...“ Und als ſie ſchwieg und von ihn wegblickte, da raunte er ihr nahe am Ohr zu:„Das Glück iſt ein gar ſcheuer Vogel, merk' dir's.“ 5 b Ohne Antwort abzuwarten, aber auch ohne Gruß, war er gegangen. Die Zugluft hatte das Licht ausgelöſcht. Reglos ſtand das Mädel mit geſenktem Kopf da. Trotzig? O nein! Sie war nicht trotzig. Stolz und Trotz waren längſt verflogen; nur Trauer blieb und ab⸗ grundtiefes Herzweh... Warum mußte es ſo kommen? Dieſe Frage an das Schickſal ſtellte die Wettl immer und immer wieder. *. 0* Die Stimmung bei der Familie Petermichl war und blieb gedrückt. Darum fiel es den Eltern auch nicht auf, wie bleich die Wettl war, wie trübe ihre Augen blickten und wie abweſend ihr ganzes Gehaben war. Außerdem fühlte ſich die Mutter unter den obwalten⸗ den Umſtänden durch die erwachſene Tochter ſehr geniert. Da kam eben zurecht die Kreszenz Höllriegl daher. Sie wollte ſich einer Wallfahrt nach Mariazell anſchließen und ein ſilbernes Herz ſtiften für ein geheimes Gebitt, wie ſie verſchämt geſtand. Und ſie lade die Wettl ein, mitzu⸗ halten. Vater und Mutter hatten ſich raſch durch einen Blick verſtändigt und gaben daraufhin ohne weiteres ihre Ein⸗ willigung. Ja, die Wettl ſoll nur mit der Fräul'n Kres⸗ zenz ziehen. Sie konnte das unbeſorgt tun, denn ſchon morgen kam die Mili, die vordem jahrelang in der Wäſcherei gearbeitet hatte und ſollte von nun an im Hauſe bleiben. Aber die Wettl widerſprach, was ſelten geſchah, und darum Eindruck machte. Die ruhige Entſchloſſenheit, die Gundl in den letzten Monaten an dem Mädchen er⸗ ſtaunt beobachtet hatte, machte ſich geltend. Sie ſei kein kleines Kind, meinte die Wettl und legte dabei den Arm um den Hals der Mutter— ſie wiſſe genau, daß man ſie jetzt forthaben wolle und ſie könne ſich ſchon denken, warum. Aber, wenn ein Mädl bald achtzehn wäre, ſo brauche es nicht mehr an den Storch zu glauben, und darum ſei ſein Platz jetzt daheim bei den Eltern, wo es nötiger wäre als ſonſtwo. a Trotz des Ernſtes, der ſie beherrſchte, brachte die Wettl all dies ſo naiv⸗drollig heraus, daß die verſtändige Rede im Lachen der anderen unterging. In ungewohnter Weich⸗ heit drückte die Gundl ihre Tochter an ſich, und da war es natürlich auch der Alois zufrieden, daß die Wettl blieb, wo ſie war. ö Und wieder kamen und gingen die Wochen, in deren Gleichmaß ſich nichts weiter ereignete, als daß zwei Termine heranrückten, die, voneinander grundverſchieden, dennoch große Veränderungen im Hauſe Petermichl be⸗ deuteten. Sollte doch der Faſching einen neuen Erdenbürger und einen ungeduldigen Freier beſcheren. Was den Freier betrifft, ſo hatte ſich die Weitl dieſe Angelegenheit bereits zurecht gelegt, ohne darüber Worte zu verlieren. Sie erwog ebenſo kurz wie verſtändig: Soll ſie ſchon ohne Liebe heiraten, dann mußte es ja nicht aus⸗ gerechnet der Ferdl Höllriegl ſein; ſie war ja noch ſo jung. Und außerdem lag ihr plötzlich gar nichts daran, eine un⸗ überſteigbare Mauer zwiſchen ſich und ihrer Liebe auf⸗ zurichten. Der Loiſl war nicht dumm. Heiratete ſie Hals über Kopf den Höllriegl, ſo wußte er, was die Uhr ge⸗ ſchlagen hatte und daß ſie nur blindlings ihrem eigenen Herzen davonrennen wollte. Nein, ſie blieb, wo ſie war und ſah über ihn hinweg, der ſo grundſchlecht und ver⸗ dorben war, daß er ein braves Mädel von verdorbenen nicht mehr unterſcheiden konnte. Aber ehe es noch ſo weit kam, daß der Herr Ferdl Höllriegl ſeinen Korb ohne Blumen bekam, rückte Peter⸗ michl junior ein. 15 Es war an einem der erſten echten und rechten Winter⸗ tage. Wie alles Langerwartete letzten Endes dennoch über⸗ raſchend kommt, ſo war es auch hier. l Herr Petermichl junior hatte auf ſeinen eigentümlichen ſchwarzen Haarſchopf ein feines Häuberl bekommen, mit blauen Seidenmaſcherln über der runzligen Stirn. Wäre es ein Mädl geworden, dann hätte das Banderl roſa ſein müſſen. Auch die winzigen Händchen hatten den Schmuck lichtblauer Kokarden aufzuweiſen. Ebenſo das Wickel⸗ band, das die Wetti an langen Abenden geſtickt hatte. Im Schubladenkaſten lag alles ſchön beieinander, die Tag⸗ und Nachtpölſter, die Deckerl, Henderln und Hauberln. Aber die handgearbeiteten, ſchmucken Zierate, die waren eine Ueberraſchung der großen Schweſter für die— Mutter, Sechzehntes Kapitel. Eines Tages erhielt der Loiſl Altmaier einen Brief vom Hauptmann Pellikan aus Banjaluka, der folgender⸗ maßen lautete: i g. a „Mein lieber Loifl! Wie mir Freund Petermichl freudigen erzeus mitteilt, iſt bei ihm ein Stammhalter glücklich ein⸗ getroffen. Nachdem ich deſſen Patenſchaft übernommen habe, iſt es meine Pflicht, für meine Vertreiung zu ſorgen, da ich in abſehbarer Zeit wohl kaum nach Wien werde kommen können. Demnach betraue ich Dich mit mit dem der Wettl. Die wandte den Kopf. dieſem Ehrenamt. 4 1 (Fortſetzung folgt) Der Welbewerb der Zeitungen. Gegen unlautere Methoden. Der Verein Deutſcher Zei⸗ tungsverleger Herausgeber der deutſchen Tageszeitungen) e. V. veröffentlicht in der neueſten Num⸗ mer ſeines Organs„Jeitungs⸗ verlag“ chſtehende Erklärung: Dem Präſidium des Vereins Deulſcher Jeilungs-Berleger ſind in letzter Jeit zahl teiche Berichte und Beſchwerden über Mifz. ſtände zugegangen, die ſich auf dem Gebiet des Weilbewerbes der Zeitungen unkerein⸗ ander herausgebildet haben. Der B. D. 3.-B. hat ſtets den Grundſatz verkrelen, daß ein geſunder Weitbewerb im Jeikungsweſen nokwendig iſt, weil damit dune eine Leiſtungsſteigerung und he⸗ ug der geiſtigen Werte der Zeitungen ver⸗ bunden e Das de an des B. D. J.-B. hält an dieſem Grundſatz auch weiterhin feſt. Die Methoden, die in letzter Jeit— wie aus den eingegangenen Berichlen hervor ⸗ geht— im Wektbewerb der Zeitungen un⸗ ſereinander in großem Umfange angewen⸗ det werden, haben aber mit einem freien Leiſtungsweltbewerb nichts mehr zu kun. Sie ſind vielmehr der Ausfluß eines über⸗ ſteigerten und damit ungeſunden Konkur- renzkampfes, der ſich auf die Dauer für alle Bekeiligten wirkſchaftlich nachteilig auswir⸗ ken muß. Auf dem Gebiete der Abonne⸗ menkts- und Anzeigenwerbung ſind vielfach von Werbern, insbeſondere von Kolonnen, Mittel angewandt worden, die ſowohl gegen die guten Sitten wie gegen die geſetzlchen Beſtimmungen verſtoßen und daher aufs ſchärfſte zu mißbilligen ſind. Das Präſidium des B. D..-. hat ſi mit den vorliegenden Beſchwerden eingehen befaßt. Es fordert hiermit alle Mitglieds- verlage auf, die vorhandenen Mißbräuche auf dem Gebiete des Wettbewerbes unver⸗ züglich abzuſtellen. Jür den freien Weitbewerb im Jeitungs⸗ weſen können nur folgende Richtlinien maßz⸗ gebend ſein: Die Werbung ſoll ſtets die eigene Lei⸗ ſtung der Zeitung im redaktionellen Teil und den beſonderen Werbewert ſlelle Anzeigenteils in den Vordergrund ellen. Die Verächtlichmachung und Verun⸗ glimpfung von Konkurrenzzeikungen oder Konkurrenzverlagen iſt unzuläſſig. Auch die ſchärfſten Propaganda⸗Maß⸗ nahmen dürfen die Grenzen nicht über⸗ ſchreiten, die durch geſetzliche Beſtim⸗ mungen(Geſetz gegen den unlauleren Wettbewerb) und durch die gewerbe. übliche Verkehrsſitte gezogen ſind. Ebenſo unzuläſſig iſt die Werbung mit Mikteln, die gegen die guten Sitten verſtoßen, z. B. Androhung von ge⸗ ſchäfklichem oder beruflichem Bonkokt, Androhung von wirtſchaftlichen Nach- teilen, Aufſtellung von ſchwarzen Liſten und Anwendung ähnlicher Druckmittel. Das Präſidium des B. D. 5.-B. erwartet, daß die Mitgliedsverlage bei ihren Werbe⸗ maßfnahmen die obigen Geſichtspunkte be⸗ rückſichkigen und daß die Verlage zur Durch- ſetzung dieſer Richklinſen ſchärfſte Kontrolle über ihre Werber ausüben und ungeeignele Elemente aus der Werbung entfernen. Fälle von Verſtößzen gegen dieſe Richtlinien ſind dem B. D. 3.-B. unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Verein Deutscher Zeitungs⸗Verleger herausgeber der deutſchen Tageszeitungen) E. VB. Das Präſidium: Amann, Ddr. Jänecke, Jahr, Dr. Knittel, v. Zweck. * Das Präſidium des Vereins iſt, wie man weiß, erſt vor kurzer Zeit neugebildet wor⸗ den. Der erſte Vorſitzende Amann iſt Verlagsdirektor des nationalſozialiſten Hauptorgans„Völkiſcher Beobach ber“, der dritte Vorſitzende Jahr iſt Ver- Verlagsdirektor des nationalſozialiſtiſchen ſchen„Angriff“. Beide Herren haben die Erklärung mitunterzeichnet. Landwirtstagung in Darmſtadt 60 Jahre Gele landwirtſchaftliche noſſenſchaften.. Darmſtadt, 3. Juni. In dieſem Monat können die Heſſiſchen landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften auf ihr 60jähriges Beſtehen zurückblicken. Am 30. Juni 1873 wurde in Mainz der„Verband der heſ⸗ ſiſchen landwirtſchaftlichen Konſumvereine“ ge⸗ gründet, dem zuerſt 15 Vereine mit etwa 1000 Mitgliedern angehörten. Lange Jahre war der damalige Kreisaſſeſſor Haas Präſi⸗ dent des Verbandes. Ihm, als dem Schöp⸗ fer der landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften in Heſſen, hat man nach dem Krieg in Darm⸗ ſtadt im Garten des nee een ain r landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften ein ſchlichtes Den Auel Noll. ner Grün⸗ * bung wuchs der Verband raſch. Schon im N 1880 umfaßte er 100 Verbandsvereine. n Auswirkung des Genoſſenſchaftsgeſetzes vom Jahre 1989 traten der Ktedilgenoſſen⸗ ſchaftsverband und der Molkereiverband, die ſeither als ſelbſtändige Verbände ebenfalls unter der Führung von Haas ins Leben ge⸗ 1 0 waren, in den Konſumvereinsverband ein. Der neue Geſamtverband erhielt dann den noch heute gültigen Namen„Verband der heſſiſchen landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften“. Er übertrug Anfang 1890 die Geſchäftstätig⸗ keit der in Darmſtadt ins Lebe, gerufenen Zentralgenoſſenſchaft der heſſiſchen landwirt⸗ ſchuftlichen Konſumvereine, der heutigen land⸗ wirtſchaftlichen Zentralgenoſſenſchaft Gmbh. 1890 erhielt der Verband das Reviſions⸗ recht. Der Verband überdauerte trotz man⸗ chen Fehlſchlages, von denen der bekannte Nieder⸗Modauer Bankkrach der ſchwerſte war, auch die Kriegszeit, ja im Krieg ſtieg ſogar die Zahl der Genoſſenſchaften durch die Neu⸗ bildung von Bezugs⸗ und Abſatzgenoſſenſchaf⸗ ſten noch erheblich an. Heute zählt der Ver⸗ band 118 Einzelgenoſſenſchaften. Kommenden Samstag findet der diesjäh⸗ rige Verbandstag in Darmſtadt ſtatt. Eine großheſſiſche Kirche Ein Vertrag zwiſchen der Landeskirche von Frankfurt und Heſſen. Frankfurt a. M., 8. Juni. Die evangeliſchen Landeskirchen Frankfurt a. M. und Heſſen haben einen Vertrag ge⸗ ſchloſſen, der die Grundlage bilden ſoll für einen Zuſammenſchluß ſämtlicher evangeli⸗ ſcher Landeskirchen Heſſen⸗Naſſaus und Heſ⸗ ſens zu einer einheitlichen Großheſſiſchen Kirche. Damit ſoll gleichzeitig der erſte Schritt getan werden auf dem Wege zur Deutſchen Reichs⸗ kirche, als deren Teil die Großheſſiſche Kirche anzuſehen iſt. Die Großheſſiſche Kirche wird innerhalb der Neichskirche den Zuſammenſchluß der völkiſch und kirchengeſchichtlich zuſammengehörenden Teile der Bevölkerung Heſſens und Heſſen⸗ Raſſaus zu einer großen, etwa 2,5 Millionen Menſchen umfaſſenden Einheit darſtellen, wo⸗ bei die konfeſſionelle Einſtellung der einzel⸗ nen Gemeinden in keiner Weiſe berührt wird. Aus Heſſen und Naſſau Weitere Lockerung der Wohnungszwangswirt⸗ ſchaft. 0 Darmſtadt, 8. Juni. Die heſſiſche Regie⸗ rung hat durch eine 4. Verordnung weiterhin die Wohnungszwangswirtſchaft in Heſſen ge⸗ lockert, und zwar gelten die Vorſchriften des Reichsmietengeſetzes und des erſten Abſchnittes des Geſetzes über Mieterſchutz und Mieteini⸗ gungsämter ab 1. Juli 1933 nicht mehr für Wohnungen, deren Friedensmiete beträgt 800 Mark und mehr in Orten der Ortsklaſſe A, 600 Mark und mehr in Orten der Ortsklaſſe B, 450 Mark und mehr in Orten der Orts⸗ klaſſe C und 350 Mark und mehr in Orten der Ortstlaſſe D. Aufgehoben ſind die Vor— ſchriften auch bezüglich der Geſchäftsräume, doch bleiben Geſchäftsräume, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirt⸗ ſchaftlichen Zuſammenhanges mit Wohnräu⸗ men zugleich mit ſolchen vermietet ſind, den Vorſchriften des Geſetzes über Mieterſchutz und Mieteinigungsämter unterworfen, ſofern die Friedensmiete für die Wohn⸗ und Ge⸗ ſchäftsräume zuſammen hiater den oben be⸗ zeichneten Grenzen zurückbleibt. Der durch Be⸗ kanntmachung vom Jahre 1927 feſtgeſetzte ge⸗ werbliche Zuſchlag vom 5 v. H. für Räume mit einer Friedensmiete von 800 Rm. wird aufgehoben. Aus dem Heſſiſchen Handwerk. Darmſtadt, 8. Juni. Die Heſſiſche Hand⸗ werkskammer erledigte in einer Vorſtands⸗ ſitzung eine umfangreiche Tagesordnung, aus der folgende Punkte hervorgehoben ſeien: Nach Fortfall des ſeitherigen Beauftragten der Kammer wurde beſtimmt, daß die Beaufſich⸗ tigung des Lehrlingsweſens künftig von den zuſtändigen Fachorganiſationen ſelbſt ausge⸗ übt wird. Zu dieſem Zweck ſind von jeder Innung uſw. beſondere ehrenamtlich Beauf⸗ tragte zu beſtellen unter Ablehnung irgend⸗ welcher Regreßverpflichtungen. Die Zugehörig⸗ keit zu dem Bund„Schlaraffia“ wurde an⸗ tragsgemäß mit 8 gegen 1 Stimme für alle Handwerker des Kammerbezirks als unverein⸗ bar mit den zur Herrſchaft gelangten neuen Grundſätzen bezeichnet. Im Zuge der Erfor⸗ derniſſe der geiſtigen Revolution im Hand⸗ werk wurde nachſtehende Entſchließung ge⸗ faßt:„Auf einſtimmigen Beſchluß des Vor⸗ ſtandes der Heſſiſchen! Handwerkskammer wer⸗ den ſämtliche Handwerker in Heſſen hierdurch verpflichtet, im Tagesverkehr die Bezeichnung „Kollege“ ausſchließlich nur dann zu gebrau⸗ chen, wenn damit zugleich auch die Bereitſchaft zur wahrhaft kollegialen Geſinnung zum Aus⸗ druck kommen ſoll. Nach dem Willen der Heſ⸗ ſiſchen Handwerkskammer ſoll die Bezeichnung „Kollege“ wieder zu Ehren gelangen und ein jedes hinterhältige Verhalten gegenüber dem als„Kollege“ Bezeichneten ausſchließen. Kolle⸗ gialität muß„Vertrauen, Offenheit und Wahrheit“ bedeuten.“ Aus der Heimat Gedenktage 8. Juni. 632 Mohammed Abul Kaſim ibn Abdullah, Stifter des Iſlams, in Medina ge⸗ ſtorben. 1810 Der Komponiſt Robert Schumann in Zwickau geboren. Prot. und kath.: Medardus. Sonnenaufg. 3,38. Sonnenunterg. 20,19. Mondaufg. 21,36. Mondunterg. 2,56. 0 Die Ehre und die Eitelkeit, Die führen immer bittern Streit, Die ein' ſchien' vor der Welt ſo gern Was jene ſein will vor dem Herrn. * Deutſcher Notkreuztag 1933 Am Sonntag, dem 11. Juni, iſt wiederum in faſt allen Teilen des Reiches Rotkreuztag. Zehn Jahre hindurch iſt er jetzt regelmäßig begangen worden, in jedem Jahre mit der gleichen allgemeinen Teilnahme aller Kreiſe der Bevölkerung und mit ungemindertem Er⸗ folge der mii ihm verbundenen Sammlung. Der ungeſchmälerte Erfolg der Sammlung kann Wunder nehmen ber der in den letzten Jahren anſteigenden großen Not aller Volks⸗ teile und den vielſeitigen Anſprüchen an die Bevölkerung, zu helfen. Aber gerade die Nöte und Sorgen, von denen keiner von uns ver⸗ ſchont geblieben iſt, haben unſer Volk in eine Gemeinſchaft der Hilfe zuſammengeſchloſſen, deren Opferbereitſchaft beiſpiellos iſt. Auch das Deutſche Rote Kreuz hat die äußerſten Anſtrengungen gemacht, ſeinen ihm zufallenden Aufgaben gerecht zu werden. Es iſt heute nicht mehr ſo wie früher, wo ein anſehnliches Vermögen und reiche Stiftungen ihm die Erhaltung ſeiner Anſtalten und Ein— richtungen leichter machten. Das Vermögen iſt durch die Inflation dahin und auch die Zeit der reichen Stiftungen und Zuwendungen iſt lange vorüber. Aber die Anhänglichkeit ſeiner jetzt 1,8 Millionen zählenden Mitglie⸗ der und die Aufopferung ſeiner Mitarbeit ein⸗ nen und Mitarbeiter, ſeien es Sanitätsmän⸗ ner, Rotkreuzſchweſtern und die zur Mithilfe herbeiſtrömende Jugend, ſind ihm geblieben. In ihnen gewann mit der ſteigenden Not ringsum die hohe Miſſion des Roten Kreuzes geſteigertes Leven und um ſo etfrigere Betätigung. Wenn das Deutſche Rote Kreuz einmal im Jahre zum Rotkreuztag und zu einer Sammlung für die Fortführung ſeines umfaſſenden und jedem Deutſchen geltenden Liebeswerles aufruft, ſo weiß es, daß Millio⸗ nen in Deutſchland vom Roten Kreuz Hilfe, Betreuung oder einen Rat erhalten haben, von denen ganz zu ſchweigen, die im Welt⸗ kriege den Segen des Roten Kreuzes— vielleicht ihr Leben rettend— erfuhren. Hun⸗ derttauſende von ihnen werden ihm ihre Ge⸗ ſundheit, ihre Erholung, die Linderung ihrer wirtſchaftlichen Not und viele andere gute und glückliche Wendungen aus den Gefähr⸗ niſſen und Nöten ihres Lebens zu danken haben. Der Appell zum Rotkreuztag iſt daher der Appell zum Opferdank für empfangene Hilfe, der vom Roten Kreuz zu nichts anderem als zu 10055 Hilfe für alle Leidenden umgewandelt wird. Beobachtung eines neuen Planeten. Die Sternwarten der Welt ſind zurzeit auf dem Poſten, um den Lauf eines neuen Planeten zu beobachten, der vorausſichtlich der Erde bis auf 6,5 Millionen Meilen nähekommen wird. Es handelt ſich um jenen Himmelskör⸗ per, der kürzlich von der Sternwarte zu Jo⸗ hannisburg entdeckt wurde. Man mißt dem Durchzug dieſes neuen Planeten in aſtronomi⸗ ſchen Kreiſen größte Bedeutung bei. Zurzeit beträgt ſeine Entfernung von der Erde noch 200 Millionen Meilen. Daß der Planet erſt in neuerer Zeit entdeckt worden iſt, erſcheint geradezu wie ein Rätſel. Die Großhandelspreiſe im Mai. Im Monatsdurchſchnitt Mai 1933 ſtellte ſich die vom Statiſtiſchen Reichsamt berech⸗ nete Indexziffer der Großhandelspreiſe auf 91.9(1913 gleich 100); ſie iſt gegenüber dem Vormonat(90,7) um 1,3 Prozent geſtiegen. Die Indexziffern der Hauptgruppen lauten Agrarſtoffe 84.2(plus 2,9 Prozent), Kolo⸗ nialwaren 76,5(minus 0,8 Prozent), indu⸗ ſtrielle Rohſtoffe und Halbwaren 87,8(plus 0,9 Prozent) und induſtrielle Fertigwaren 111,6(plus 0,3 Prozent). * Porſicht mit unreifen Stachelbeeren! Kaum fangen die Stachelbeeren an zu ſchwel⸗ len, ſchon glauben manche Kinder, davon eſſen zu können. Die Folgen ſind oft äußerſt ge⸗ fährlich. In Hüffelshheim an der Nahe hat ein achtjähriges Kind jetzt dieſe Unſitte mit dem Tod unter gräßlichen Schmerzen büßen müſſen, nachdem erſt vor wenigen Tagen ein Kind in Kreuznach nach dem Genuß unreifer Stachelbeeren unter den gleichen Umſtänden geſtorben iſt. Wettervorherſage: Anhalten des warmen, trockenen Wetters, je⸗ doch ſtellenweiſe( witterneigung. Hitler⸗Jugend⸗Treffen. Groß⸗Umſtadt, 8. Juni. Weit über 4000 Hitlerjungen des Bannes Heſſen haben auf dem Hainrichsberg ihre Zelte aufgeſchlagen oder ſind bei Landwirten einquartierk worden. Das Treffen begann mit Weckruf und Ge⸗ ländelauf bei Hiſſen der Lagerfahne und einer Anſprache des Stabsleiters Georg⸗Darmſtadt. Dieſer betonte, die nationalſozialiſtiſche Bewe⸗ gung wolle die Führung der Jugend nicht durch rohe Gewalt an ſich reißen, aber alle Sonderbewegungen lägen nicht im Sinne des Führers. In der Litlerjugend werde a echte deutſche Kameradſchaft Wert gelegt. Ein Propagandamarſch bewegte ſich durch die Stra⸗ zen der Stadt. Auf dem Marktplatz be⸗ grüßte der Bürgermeiſter von Groß-Umſtadt die jugendlichen Gäſte. Die Hauptanſprache hielt Banninſpektor Blumenröder. Er be⸗ tonte, die deutſche Volkskrankheit der Zer⸗ ſplitterung müſſe mit Stumpf und Stiel aus⸗ gerottet werden. Die Jugend müſſe dazu er⸗ zogen werden, daß der eine in dem andern den deutſchen Volksgenoſſen ſieht und achtet. Aus der deutſchen Jugend ſolle die Einheit des Reiches erblühen. Am zweiten Pfingſt⸗ feiertag fanden Geländeſpiele der einzelnen Gefolgſchaften ſtatt. Am Dienstag begann die eigentliche Ausbildung der Teilnehmer, die bis Ende der Woche vorgeſehen iſt. * Wiesbaden, 8. Juni.(Weihe von 300 Hakentreuzſchweſtern.) Bei der Tagung der Schweſternſchaft vom Roten Ha⸗ kenkreuz für Heſſen⸗Naſſau⸗Süd fand am Pſingſtſamstag abend im Paulinenſchlößchen eine Begrüßungsfeier verbunden mit der Weihe von 300 neueingekleideten Schweſtern vom Roten Hakenkreuz ſtatt. Zu der Feier war auch Reichsſtatthalter Sprenger erſchie⸗ nen, der in einer Anſprache darauf hinwies, daß wir einen Typ einer deutſchen Frau bra“ chen, deren ſeeliſches Gefühl verhindert, daß, ein zerſetzender Geiſt aufkommen kann. Selbſt⸗ bewußte deutſche Mädels ſollen erzogen wer— den, denen die eigene Ehre und die des ge— ſamten deutſchen Volkstums über alles geht. Er gab den Roten Hakenkreuzſchweſtern die Mahnung mit auf den Weg, ſtets treue Kämpferinnen an der Seite des deutſchen Mannes zu ſein. Darauf verpflichtete er die 1 0 neueingekleideten Schweſtern durch Hand— ſchlag. Fuß ball. V. f. K. Mannheim— Amicitia v'heim Zum Saiſonſchluß⸗Spiel auf eigenem Platze hat der V.f. R., deſſen Mannſchaft wieder ſtark im Kommen iſt, die friſch kämpfende„Amicitia“ Viernheim als Gegner gewählt Beide Mann- ſchaften treten in ſtärkſter Aufſtellung zu dem am kommenden Sonntagmittag halb 6 Uhr auf dem Sportplatz bei der Eichbaumbrauerei ſtatt⸗ findenden Wettſpiel an. Die Gebrüder Kiß, der feine Angriffsſpieler Schmidt und der nie ver- ſagende Schaffer Fetſch werden durch entſprechen⸗ den Kräfteeinſatz das ſportliche Anſehen Viern⸗ heims zu wahren wiſſen. Der Vi. f. R. anderer- ſeits wird, geſtützt auf ſeine aufſtrebende Elf, von der Hoßfelder, Kamenzin und Langeabein zum Stätteſpiel gegen Ludwigshafen am Fron⸗ leichnahmstage aufgeſtellt ſind, zeigen das ſein Sieg über Phönix Ludwigshafen kein Zufall war, obwohl er mit 2 Erſatzleuten erſtritten wurde.— Die Zuſchauer erwarten eine Ueber- raſchung! Das Endſpiel um die deutſche Meiſter⸗ ſchaft, das um 4 Uhr in Köln beginnt wird auf dem V.f. R.⸗Platz übertragen, ſodaß den Be- ſuchern ein doppelter ſportlicher Genuß geboten wird. Zuerſt das deutſche Endſpiel und hernach guter Sport in natura. Zur Belebung der Uebertragung ſteigt ein Handballſpiel. Märkte und Vörſen Vom 7. Juni. (Ohne Gewähr.) Frankfurter Produktenbötſe. Weizen 21; Roggen 17,25 bis 17,35; Som⸗ mergerſte 14,75; Hafer 14,65 bis 15; Wei⸗ zenmehl 30,25 bis 31,50; Roggenmehl 23,50 bis 25,25; Wetizenkleie 7,40 bis 7,50; Rog⸗ genkleie 8,25 bis 8,50; Preiſe je 100 Kilo; Tendenz: ruhig. Mannheimer Großviehmarkt. Zufuhr und Preiſe: 66 Ochſen 24 bis 32; 87 Bullen 20 bis 29; 328 Kühe 12 bis 25; 207 Färſen 24 bis 33; 728 Kälber 28 bis 40, 7 Schafe 20 bis 27; 1899 Schweine 33 bis 40; 11 Ziegen 10 bis 16 Rm.— Marktverlauf: Großvieh mittel, ge⸗ räumt; Kälber und Schweine ruhig, Ueber⸗ ſtand. — Be/ Sſſen hjausſtsuen beſſebt wegen ihrer Glite ist MAGGls Fleischbrühe S Würfe 7 Stange) nur 7, g