Lokales Viernheim, 27. Juni 1933. * Gewitter über Viernheim. Geſtern nachmittag, ſo gegen 4 Uhr, ging ein heftiges Gewitter über unſeren Ort. Gerade hatte die Sonne ein paar Stunden ihre freund- lichen Strahlen uns geſpendet, ſo ſetzte gleich wieder ein Gewitter ein. Der Himmel verdunkelte ſich im Nu. Grell zuckten die Blitze und kräftig polterte der Donner. Bald öffnete der Himmel ſeine Schleuſen und eine ungeheuere Regenmaſſe ging hernieder. Bald bildeten ſich in allen Straßen und an allen Plätzen wieder kleine Seen und Pfützen. Wie wir noch erfahren, iſt in Mannheim ein ſtarker Hagelſchauer niederge⸗ gangen, von dem wir glücklicher Weiſe verſchont geblieben ſind.— Auch heute am Siebenſchläfer⸗ tag regnete es wieder. Wenn eine alte Bauern- regel recht behält, ſo werden wir noch 7 Wochen Regen haben.„Regnet es am Siebenſchläfer⸗ tag ſieben Wochen es regnen mag“. Wir wollen jedoch hoffen, daß dieſe Bauernregel für dieſes Jahr nicht zutrifft, denn ſonſt muß uns Angſt und Bange um unſere Feldfrüchte ſein. «» Bauernverſammlung. Die N. S. D. A. P. veranſtaltet heute Dienstag Abend im Parteilokal zum„Kaiſerhof“ eine Bauernver⸗ ſammlung, zu dieſer die landwirtſchafttreibende Bevölkerung eingeladen iſt.(Siehe Inſerat). * Rechtsauskunft. Am Freitag, den 30. Juni 1933, nachmittags von 5—7 Uhr findet in der„Harmonie“ Rechtsauskunft ſtatt. Die Rechtsauskunft geſchieht an jedermann koſten⸗ los; die notwendigen Schriftſätze werden herge⸗ ſtellt und Vertretungen an den Gerichten über⸗ nommen. —j— ů— Sonnwendfeier in Viernheim. Geſtern abend wurde unter gewaltiger An⸗ teilnahme der Bevölkerung die von Samstag auf Montag verlegte Sonnwendfeier abgehalten. Die Kampf⸗ und Unterformationen der NSDAP verſammelten ſich im Kaiſerhof von wo pünktlich um ¼10 Uhr der Abmarſch nach dem Wald- ſportplatz ſtattfand. Mit im Zuge, der von S.⸗A.⸗Spielmannszug und Feuerwehrkapelle er⸗ öffnet wurde, marſchierte noch das Feuerwehr- korps, das den Ordnungsdienſt bei der Feier übernommen hatte. Auf dem Platze ſelbſt hatten ſich bereits eine unüberſehbare Menſchenmenge eingefunden, die an der Feier regen Anteil nahmen. Der Zug bildete auf dem Waldſportplatz ein Viereck in deſſen Mitte ein Holzſtoß aufgebaut war, reichlich mit Teer getränkt, damit ſein Brennen beſſer gewährleiſtet war. Die Er⸗ öffnung der Feier bildete der Geſang des Liedes „Flamme empor“, währenddeſſen der Holzſtoß angezündet wurde, deſſen Abbrennen ein ſchaurig⸗ ſchöner Anblick war. Herr Gemeinderat Karl Brüg el hielt eine zündende Feſtanſprache, die in den Herzen der Zuhörer das Feuer heiliger Be⸗ geiſterung hellauflodern ließ. Sonnwende iſt ein ſymboliſcher Tagfür unſer Volk, der Tag der Scheide von Vergangenheit und Zukunft. Durch das Feuer hat uns Gott den Weg vorgezeichnet und ſo müſſen wir ihn gehen. Deutſchland darf nie glauben, daß man ein neues Leben aufbauen kann, ohne ein neues Ideal zu haben. Wir Jungen, wir ſind der Schritt der neuen Zeit, wer uns errang hat die Welt errungen. Und ſo wollen wir ſchwören am heiligen Feuer, daß das Feuer der Begeiſterung in uns nie verlöſchen möge. Väter und Mütter ſeid Hüter und Wahrer des Flammengeiſtes Eurer Jugend. Durch das heilige Feuer entzündet, wird wieder ein neues Deutſchland werden. Laßt uns derer gedenken, die durch Hingabe ihres Lebens es möglich machten, daß wir heute hierſtehen. Wir gedenken unſerer Toten u. ſprechen ihnen ein ſtilles Gebet. Weihevolle Stille ſenkte ſich über die vieltauſend⸗ köpfige Menge, das Feuer kniſterte laut und wehmutsvoll intonierte die Feuerwehrkapelle das Lied vom guten Kameraden. Ein Ehrenkranz wurde dem Feuer überantwortet mit den Worten: Unſeren Helden! Und nun Deutſches Volk nimm Dir dies Feuer zum Vorbild, den Flammen nach zu den Sternen empor! Heil Deutſchland! Die Kapelle ſpielt hierauf das Horſt Weſſellied, in das alle Anweſende begeiſtert einſtimmten. Links und rechts des Feuers hatten die Fahnen und die Wimpel des Jungvolks der HJ., SA. und SAR. Aufſtellung genommen. An der Feier beteiligten ſich auch die oberen Schulklaſſen mit ihren Lehrern. Herr Bürgermeiſter Bech tel, trug SS.⸗Uniform und war mit ſeiner Frau ebenfalls zur Feier erſchienen. Herr Ortsgrup⸗ penführer Franzke brachte auf Reichspräſidenten und Volkskanzler ein dreifaches„Sieg Heil“ aus. Den Schluß der Feier bildete das Deutſch⸗ landlied und anſchließend der Dankchoral„Nun danket alle Gott“. 2— 51. Hauptverſammlung des Odenwaldklubs in Neckarſteinach. Ein farbenfrohes Bild bot das hübſch ge⸗ legene Neckarſtädtchen, das mit ſeinen 3 Schlöſſern, der Burgruine Schwalbenneſt und der Feſtung Dilsberg wohl genügend Sehens würdigkeiten auf⸗ zuweiſen hat. Die Tagung nahm den üblichen Verlauf. Am Samstag waren die internen Beſprechungen, abends der Begrüßungsakt mit allerei Urterhaltung. Sonntags früh war in beiden Kirchen Gottesdienſt. Es war ein ſchönes Bild, als die Jugend mit ihren Wimpeln den Altar flankierte. Um 10 Uhr war die ofizielle Hauptverſammlung unter Leitung des Herrn Rechtsauwalts Reindl⸗Mosbach, der die zahl⸗ reichen Gäſte begrüßte. Nach den Glückwünſchen der verſchiedenen Behörden und Verbünde er⸗ folgte durch Dr. Götz⸗Darmſtadt Tätigkeits- und Kaſſenbericht. Die Neuwahl des Hauptaus⸗ ſchuſſes ergab unter großem Beifall als 1. Vor⸗ ſitzenden den Herrn Miniſterpräſidenten Dr. Werner von Heſſen, als 2. Herrn Rechtsanwalt Reindl. Die übrigen Mitglieder des Vorſtandes blieben im großen ganzen. Das goldene Ehrenzeichen erhielten der frühere 1. Vorſitzende Dr. Müller⸗ Darmſtadt, Herr Apotheker Seriba⸗Reinheim und der greiſe Heimatdichter Karillon. Als Tagungs⸗ ort 1934 wählte man Weinheim. Nachmittags fand unter reger Beteiligung der Ortsgruppen der herkömmliche Feſtzug ſtatt, der ſein Ende im Zelt am Reckarufer fand. Um ½4 Uhr ſtattete der heſſiſche Reichsſtatthalter Sprenger der Feſtverſammlung einen Weſuch ab und gedachte in ſeiner Anſprache zunächſt des Odenwaldklubs, der von jeher keine bundes⸗ ſtaatlichen Grenzen kannte und dann vor allem des Herr Reichskanzlers Adolf Hitler, der mit einem Federſtrich die Mainlinie beſeitigte. Dar⸗ nach wurden einige Wimpel der Odenwald⸗Hitler⸗ jugend vom Herrn Reichsſtatthalter geweiht. Unter Jubel und Heilrufen verließ er gegen 4 ¼ Uhr wieder das Zelt. Später fand man ſich in kleineren Gruppen in einzelnen Wirtſchaften zuſammen. So ſchied man von dieſer ſchönen Tagung, die durch den Beſuch des Herrn Statthalters noch eine be⸗ ſonders feierliche Prägung erhalten hatte, nur ungern, in der Hoffnung, auch nächſtes Jahr wieder teilnehmen zu können und die vielen lieben Bekannten wieder zu ſehen. Gemeindekaſſe. Die 1. Rate Gemeindeſteuer⸗Vorauszahlung für 1933 kann nur noch dieſe Woche ohne Mahnung bezahlt werden. Wegen Jahres⸗Bücherabſchluß bleiben un⸗ ſere Schalter am Donnerstag, den 29. ds. Mts. geſchloſſen. Winkenbach. Neugeſtaltung der Sport⸗ vereinigung Amicitia 09! Wie wir hören, hat der Vorſitzende der Sportvergg. Amicitia 09, Herr Fritz Bender, ſein Amt zur Verfügung geſtellt. Es wird da⸗ her in allernächſter Zeit eine außerordentliche Generalverſammlung einberufen werden, die ein Führer wählen wird, der dann ſeine Mitarbeiter beſtimmt. Bis dahin hat Herr Gemeinderat Carl Brügel, der ja ſelbſt ein alter Fußballer iſt, die Geſchicke des Vereins in die Hand genommen. Das wird kein Fehler ſein und ſich in beſter Weiſe auswirken. Seine erſte Tätigkeit wird bei den Spielern beginnen. Deshalb werden ſämtliche Spieler auf morgen Mittwoch, den 28. Juni, nachm. 6 Uhr in das Vereinshaus eingeladen. Alle die⸗ jenigen, die weiter in der Sportvergg. Amieitia Fußball oder Handball zu ſpielen gedenken, ha⸗ ben unbedingt zu erſcheinen. Wer nicht erſcheint und nicht entſchuldigt iſt, wird rückſichtslos aus dem Verein ausgeſchloſſen werden. Alle Spie⸗ ler werden daher dringend erſucht, der Aufſor⸗ derung Folge zu leiſten. Dies trifft auch für die Jugend und Schüler zu. Wochenplan der Sport⸗ Vereinigung Amieitia 09 e. V. Vereinshaus„Waldſchenke“.— Täglich Betrieb Dienstag Abend 9 Uhr: Kraftſportler⸗Uebungs. ſtunde im Lokal. Alle Stemmer und Ringer ſind verpflichtet zu erſcheinen. Mittwoch nachm. 6 Uhr: Pflichtverſammlung aller Spieler. Alles muß erſcheinen. Nichtentſchuldigtes Fehlen wird durch Streichung geahndet. Es kommen in Frage: Fußballer, Handballer, Jugend und Schüler. Samstag, den 1. Juli Groß⸗Kingkampf geg. VfR. Schifferſtadt in Schifferſtadt. Abfahrt per Auto um 7 Uhr ab Lokal. Publikum kann mitfahren zum Preis von 50 Pfg. NB. Es wird mit dem Geländeſport eingeſetzt Am 2. Juli iſt der 1. Gepäckmarſch. Dauer ca. 10 km. mit 10 Pfd. Gepäck. Wer ſich von den Jugendlichen daran beteiligen will, muß ſitz am Mittwoch Abend in der Verſammlung melden. Kath. Jugend Viernheim Wochenplan Montag: 5— 7 Uhr Schülerturnſtunde.(Alle müſſen erſcheinen). Die Eltern werden gebeten, ihre Kleinen da⸗ ran zu erinnern und pünktlich fortzuſchicken, damit ſie wieder zur rechten Zeit nach Hauſe kommen. ½8—9 Uhr Turnabtlg. der Jungfrauenkongr. Dienstag: 8 Uhr Uebungsſtunde der Turner. Mittwoch: 5— 7 Uhr Platztraining für die Hand- ballmannſchaften. 5 2—3 Uhr für die 2. Abtlg. Schülerinnen. %%% ᷑—oů0 + in der Sporthalle. 1/9 Geländeſport der Abteilung 1 und 2 auf dem Sportplatz. e: ½9 Uhr Uebungsſtunde der Fechter gilde. Freitag: Platztraining für Jugendmannſchaften. 5— 7 Uhr Schülertraining. 9 Uhr Turnſtunde(Uebungen zum Gauturn⸗ feſt in Mannheim.) Samstag ½9 Uhr Geländeſport auf dem Sport⸗ platz. Die Sportleitung. Bekanntmachung. Betreffend: Erhebung von Sprunggeldern. Der Gemeinderat hat in ſeiner Sitzung vom 21. Juni 1933 die Sprunggelder wie folgt feſtgeſetzt: Für eine Kuh Für ein Schwein 1,50 Mk. Für eine Ziege„80 Mk. Viernheim, den 26. Juni 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim In kommiſſariſcher Vertretung: Bechtel. 1,50 Mk. Mationalsozialis tische J dauernversammung findet heute Dienstag hend 8 ½ Uhr im Parteilokal„Z. Kaiſerhof“ ſtatt. agesordnung- 1. Gleichſchaltung des Jungbauernvereins; 2. Kommiſ. 3. Beitragsfrage; 4. Reitabteilungen. Alle Berufsfreunde ſind hierzu eingeladen. Kommiſ. Kreisv.: Dinge s-Bobſtadt. Kommiſ. Bezirksv.: wird bekannt gegeben. Fahri nach Maria Einsiedel. Alle diejenigen, welche per Auto nach „Maria Einſiedel“ fahren wollen, können ſich bei Ludwig Brechtel und Heinrich faltermann bis Samstag Abend melden. preis: Hin und zurück 1.20 Mk. Abfahrt Fahr⸗ DBiehl-Lampertheim. Johannis- heeren Aüumumunuununnnpnmnnumunnndumunummmunum anudandngnümgdn Miele Kameras des neuen Certix-Modells sind bereits in den Händen zufriedener Amateure! Certix- follmtamera 609 em nur 23.50 Mark mit la Ledertasche! Neu eingetroffen groge Auswahl in Photoalhen! Photo l. Mnzenbaen Jr. Weſſel 7 munen nne — — 8 — 5 — 5 — — 5 — 8 3 dünnen Pfund 15 Pfg. zu verkaufen. 2 8 Georg Bauer f bei Ehatt. fprnal ut Eünleg-Senweine in ſchöner Auswahl wie⸗ der eingetrofen bei Rarl Dewald Waldſtraße 18 Weißen Räſe zu haben bei Martin Alter Waſſerſtraße Nr. 46 Neue Pfälzer Kartoffel Erſtlinge, gelbfleiſchig 10 Pfund 65 Pfg. Hch. Faller mann Moltkeſtraße 15. 1 Uauerpprtreler 95. Keine Eintagsfliege 5 u. 50 g. Schlager. Tagesgeld Rm. 4,50.— Angebote unter f. F. 7804 an Ala, Hannover. Speise- u. 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Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor- mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchäftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen-Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes e bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr n t übernommen werden Nummer 147 Halbmaft! Wieder wehen im ganzen Reich die Fah— nen. Aber ſie künden nicht Freude oder Be— geiſterung. Sie ſind nur halbmaſt aufge⸗ 5968 um Zeichen der Trauer: der Juni iſt der Jahrestag der Unterzeich⸗ nung des Verſailler Diktats, das ein Friedensvertrag ſein ſollte, aber in Wirklichkeit nur ein Inſtrument war zur ſſen Pitten des Kriegs mit den raffinierte— ten Mitteln einer auf dauernder Niederhal— tung Deutſchlands bedrohten Diplomatie der Feindesſtaaten, vor allem Frankreichs. Um die ganze Ungeheuerlichkeit dieſes Verſailler Dokuments aufzuzeigen, braucht man nur an einige ſeiner Beſtimmungen zu erinnern. Etwa an dieſe: die Verpflichtung Deutſchlands zur Zahlung einer Kriegs⸗ entſchädigung in jeder Höhe, die die Ententemächte feſtzuſetzen für gut finden; die völlige Wehrlosmachung des deutſchen Volkes durch Abſchaffung der all⸗ gemeinen Wehrpflicht und Einführung eines Berufsſoldatenheeres von nur hunderttau— ſend Mann, ohne ſchwere Geſchütze, ohne Luftflotte, ohne Tanks, ohne Feſtungen, die Entmilitariſierung des ganzen Weſtens; die Beſetzung weiter deutſcher Gebietsteile durch feindliche Truppen auf viele Jahre hinaus; die willkürliche und raubgierige Abſplitterung alter deut⸗ ſcher Landesteile vom Reich unter Schaffung des polniſchen„Korridors“ quer durch deut⸗ ſches Gebiet; der einfache Diebſtahl un⸗ ſerer Kolonien unter der verleumderiſchen Behauptung unſerer Unfähigkeit zu kolonia⸗ ler Ziviliſation, ſowie die anmaßliche Be⸗ ſtreitung des Seldſtbeſtimmungs⸗ rechtes unſeres deutſch⸗öſterreichiſchen Brudervolkes, und ſchließlich der unſittliche, egen Recht und Wahrheit verſtoßende e zur Unterſchrift des Be⸗ kenntniſſes der allgemeinen Schuld Deutſch⸗ lands am Kriege, der größten weltgeſchicht⸗ lichen Lüge, die jemals aus Menſchenmund gekommen iſt. Man könnte dieſe Aufzählung noch lange fortſetzen, aber das Erwähnte mag genü⸗ gen: es zeigt, daß hier Kräfte am Werke waren, die nicht den Frieden, die nicht Ver⸗ ſöhnung wollten, ſondern die nur beſtrebt waren, aus dem Deutſchen Reiche einen Staat minderen Rechts, aus dem deutſchen Volke eine Nation zweiten Ranges zu ma⸗ chen. Dafür aber Frankreich die Vormacht⸗ ſtellung auf dem europäiſchen Kontinent ein⸗ zuräumen. Die Frage, ob Deutſchland das Verſailler Diktat annahm oder ablehnen ſollte, hat da⸗ mals, im Jahre 1919, die Gemüter heftig bewegt. Am 22. Juni wurde mit 237 gegen 138 von der Weimarer Nationalverſamm⸗ zung die Zuſtimmung beſchloſſen.„Der übermächtigen Gewalt weichend und ohne damit ihre Auffaſſung über die unerhörte Ungerechtigkeit der Friedensbedingung auf⸗ zugeben, erklärt die deutſche Regierung, daß ſie bereit iſt, die Bedingungen anzunehmen“, ließ die Reichsregierung am 23. Juni 1919 dem franzöſiſchen Außenminiſter— es war der große Deutſchenhaſſer Clemenceau, ſagen. Am 28. Juni 1919 erfolgte dann in der Spiegelgalerie des Schloſſes zu Verſail⸗ les, an derſelben Stätte alſo, wo im Jahre 1871 der Preußenkönig Wilhelm zum Deut⸗ ſchen Kaiſer feierlich proklamiert worden war, die Unterzeichnung. Die Reichsminiſter Müller und Dr. Bell unterſchrieben für Deutſchland. 19 9 Im Laufe der Jahre ſind wichtige Be⸗ ſtimmungen des Schanddokuments an ihrer innerer Unmöglichkeit praktiſch gegenſtands⸗ los geworden. Und einer der demütigend⸗ ſten Artikel— die entwürdigende Zumu⸗ tung der Auslieferung Deutſcher zur Abur⸗ teilung durch feindliche Gerichte— erregte ſo helle Empörung in Deutſchland und weit darüber hinaus, daß er einfach nicht durchge⸗ führt werden konnte. Aber andere wich⸗ lige Beſtimmungen blieben: die Tribut⸗ zahlungen haben die deutſche Volkswirk⸗ ſchaft bis zum Weſßbluten ausgeſaugt, die erkennen Mittwoch, den 28. Juni 1933 — ̃——————— Die Abrü tungskomödie 50. Jahrgang Abräſtungslonferenz wird vertagt— Klägliches Aushilfsmittel, um nicht das Fiasko einzugeſtehen— Dentſchland gegen die Vertagung Genf, 28. Juni. Die Abrüſtungskonferenz, die nun ſchon ſeit über anderthalb Jahren ohne jedes poſitive Ergebnis redet, weil der Wille zur Tat bei vielen Teilnehmern— vorab bei Frankreich— fehlt, war in der letzten Zeit, obwohl das Plenum vertagt iſt, in eine Kriſe hineingeraten, weil alle Welt des ewigen Redens allmählich überdrüſſig geworden iſt. Da der Konferenzpräſident, der Engländer Henderſon die Unmög⸗ lichkeit einſah, zu praktiſchen Reſultaten zu kommen, ſtimmte er dem von Frankreich ausgehenden Antrag zu, die Konferenz zu vertagen. Das Präſidium der Abrüſtungskonfe⸗ renz hat daraufhin— trotz des energi⸗ ſchen deutſchen Einſpruchs— am Diens⸗ Aan beſchloſſen, eine Verka- gung der Abrüſtungskonferenz bis zum 16. Oktober ds. Js. zu empfehlen. Dieſer Beſchluß, dem das Plenum der Kon⸗ ferenz natürlich zuſtimmen wird, iſt nichts anderes als eine Bankerotterklä⸗ rung. Man ſieht ein, daß man zu einer wirklichenAbrüſtung nicht kommen kann, fin— det aber nicht den Mut, das offen zuzugeben. Deshalb greift man zu dem Aushilfsmittel, das der Völkerbund ja ſchon bei allen mög⸗ lichen Anläſſen angewandt hat: man vertagt fich und ſchiebt dadurch die Entſcheidungen auf die lange Bank. Deutſchland hat ſofort, als der Gedanke einer Vertagung auftauchte, ſich entſchieden dagegen ausgeſprochen, aber es wurde überſtimmt. Frankreich vor allem will eben einfach nicht abrüſten. Darauf iſt es zurückzuführen, daß die Gen⸗ fer Konferenz in die heutige klägliche Situa— tion hineingeraten iſt. Ob man wohl draußen in der Welt end⸗ lich einſieht, daß die ganzen Genfer Ver. handlungen nur eine Komödie ſind? Die Vertagung der Konferenz ſoll das noch einmal verſchleiern. Aber die Sachlage iſt doch eigentlich ſo durchſichtig, daß man ſie trotz aller dieſer Manöver eigentlich richtig ſollte! Der Hauptausſchuß der Abrüſtungskonferenz, der urſprünglich am 3. Juli zuſammentreten ſollte, wird bereits am nächſten Donnerstag zu der vorge— ſehenen Vertagung Beſchluß faſſen. der deutſche Standpunkt Am Dienstag vormittag hatte der Führer der deutſchen Abordnung zur Abrüſtunas⸗ Wegnahme alten deutſchen Gebiets ie noch nicht wieder rückgängig gemacht, die beutſche Oſtgrenze iſt noch immer dis „blutende Grenze“, und das deutſche Saar⸗ gebiet iſt noch nicht wieder beim Reich. Und die entehrenden Beſtimmungen militäriſcher Art beſtehen ebenſo noch formell zu Recht, wie die— wiſſenſchaftlich längſt widerleg⸗ te— Kriegsſchulglüge und die Theſe, daß te— Kriegsſchuldlüge und die Theſe, daß ne Frankreich vor allem hat bis jetzt jede offizielle Reviſion des Verſailler Vertrages zu verſchieben gewußt und ſtreng auf der Durchführung des grauſamen Dokuments be⸗ ſtanden. Obwohl es dort, wo ihm einzelne Beſtimmungen nicht in den Kram paßten, ſie leichten Herzens ignoriert hat. Man braucht nur an die Abrüſtung zu erin⸗ nern. Es heißt im Verſailler Vertrag:„Um die Einleitung einer allgemeinen Nit ſtungsbeſch ränkung aller Nationen zu ermöglichen, verpflichtet ſich Deutſchland die im Folgenden niedergelegten Beſtim⸗ mungen über das Landheer, die Seemacht und die Luftfahrt genau inne zuhalten.“ Die der Genfer Abrüſtungskonferenz. konferenz, Botſchafter Nädolny, eine Be⸗ ſprechung mit dem Konferenzpräſidenten Henderſon und dem engliſchen Vertre— ter Unterſtaatsſekretär Eden. Henderſon teil⸗ te in der Unterredung mit Nadolny mit, daß es ihm nicht gelungen ſei, jetzt für die Vorbereitung der zweiten Leſung des eng⸗ liſchen Konventionsentwurfes die in Aus⸗ ſicht genommenen Verhandlungen zu führen. Er ſehe nicht, wie gegenwärtig die Arbeiten des Hauptausſchuſſes mit Erfolg weiterge— führt werden könnten. Er ſei infolgedeſſen für eine Vertagung der Konferenz bis nach der Völker⸗ bundsverſammlung im herbſt. Einen ähnlichen Standpunkt nahm der eng⸗ liſche Vertreter Eden gegenüber Botſchaf⸗ ter Nadolny ein. Auch er vertrat die Auf⸗ faſſung, daß man Henderſon noch Zeit geben müſſe, um die zweite Leſung des engliſchen Konventionsentwurfes vorzubereiten. Demgegenüber betonte der deutſche De⸗ legatlons führer ſowohl Eden als Hen⸗ derſon gegenüber, daß die Arbeiten der Konferenz forkgeſetzt werden müßlen und daß kein Anlaß zur Verkagung vor⸗ handen ſei. Evenkuell könne Henderſon die notwendigen Beſprechungen ja in enf führen. Die franzöſiſche Delegation hat vor⸗ mittags eine abwartende Haltung eingenom⸗ men, jedoch weiß man, daß auch Frank⸗ reich aus durchſichtigen Gründen für die Vertagung iſt. Was England ſagt London, 28. Juni. Der Genfer Korreſpondent der„Morning Poſt“ kennzeichnet die Lage folgendermaßen: Die Abrüſtungskonferenz iſt 17 Monate mühſelig am Leben gehalten worden. Aber die Kur von Vertagungen und Diät von Plänen und Konventionen haben ihr nicht zur Geſundheit verholfen. Der Genfer Kor⸗ reſpondent der„Times“ ſagt: Hier herrſcht die Empfindung, daß ein Vorſchlag, die Kon⸗ ferenz zu vertagen, bis eine„günſtigere La⸗ ge“ geſchaffen iſt, angeſichts der überſtarken nationalſozialiſtiſchen Tendenzen einiger Länder kataſtrophale Folgen haben kann. Der Genfer Korreſpondent des„Daily Tele⸗ graph“ ſagt, Henderſon ſei in niedergeſchla— gener Stimmung zurückgekehrt. Er habe er⸗ klärt, ſein Beſuch in London babe keinen Entwaffnung Deutſchlands iſt auf Grund dieſer Beſtimmung erfolgt, aber rings um uns ſtarrt die Welt noch immer in Waffen und Frankreich ſetzt jeder Re— duzierung ſeiner gigantiſchen Rüſtung ſchärfſten Widerſtand entgegen. Das iſt ja auch der Grund für den kläglichen Verlauf Ein großes und ſchweres Kapitel der Ge⸗ ſchichte ſtellt dieſer Verſailler Vertrag dar und ein ebenſo ſchmerzensreiches Buch iſt der Verlauf der 14 Jahre, die auf Verſaille⸗ gefolgt ſind. Die ganze Sinnloſigkeit des Vorgehens gegen Deutſchland ergibt ſich aber aus der Tatſache, daß die Verſailler Gewalttat nicht nur Deutſchland traf, gegen das ſie gerichtet war, ſondern daß ſie die ganze Weltwirtſchaft durcheinander brachte. Aber am meiſten litt und leidet Deutſch⸗ rand darunter. Darum muß das oberſte Ziel der deutſchen Außenpolitik heißen: Wog mit dem Verſailler Vertrag, der Deutſch⸗ land entrechtet und entehrt, wir wollen glei⸗ ches Recht für alle Völker! Deutſchland hat, gerade auch unter der jetzigen Regierung, wirklichen Erfolg gehabt. Der Korreſpon⸗ dent fügt hinzu, in Genf herrſche bittere Enttäuſchung, und es werde in gutunterrich⸗ teten Kreiſen geglaubt, daß Henderſons Aeußerung das Ende der Abrü⸗ ſtungskonferenz bedeuten könne. Franzöſiſche Phantasien Berlin, 28. Juni. Das halbamtliche franzöſiſche Nachrichten⸗ büro Havas verbreitet eine phantaſievolle Auslaſſung aus Rom, in der an einen Ber⸗ liner Beſuch des deutſchen Botſchafters in Rom, von Haſſel, alle möglichen Kom⸗ binationen geknüpft werden. Maßgebende Kreiſe bezeichnen es als Erfindung, wenn in dieſer Havasmeldung behauptet wird, daß die Auslegungen, die der franzöſiſche Außen⸗ miniſter gegenüber der Kleinen Entente dem Viererpakt gegeben habe, Deutſchland zu einer Verzögerung ſeiner Unterzeichnung des Vertrages veranlaſſe. Ebenſo unrichtig iſt die weitere Behauptung von Havas, Deutſchland hoffe, daß die Abrüſtungskonfe⸗ renz vor der Unterzeichnung des Viererpak⸗ tes den Großmächten Gelegenheit geben werde, in irgend einer Form die Gleichbe⸗ rechtigungserklärung vom 11. Dezember vo⸗ rigen Jahres zu erneuern. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß der deutſche Bolſchafker in Rom bei ſeinem Berliner Beſuch über das weitere Vorgehen bezügl. des Viermächtepakts geſprochen hak. Es iſt aber völlig unrichklig, zu behaupken, Deutſchland verfolge die Taktik, einen Zuſammenhang zwiſchen der Diskuſſion der Gleichberechtigungsfrage auf der Abrüftungskonferenz und der Bereit- ſchaft zur Unterzeichnung des Viermäch⸗ kepaktes zu konſtruieren. Wenn dann weiter in der erwähnten Ha⸗ vas⸗Meldung hinſichtlich der öſterreichi⸗ ſchen Frage behauptet wird, Italien ſei in Berlin und in Wien zur Behebung der Spannung vorſtellig geworden, ſo trifft auch dies nicht zu. Es ſind von italieniſcher Seite keinerlei Vorſtellungen erhoben oder ſonſtige Demarchen wegen der öſterreichiſchen Frage in Verlin gemacht worden. Solche Interventionen haben übrigens in Berlin überhaupt keinen Sinn und könnten nur in Wien erfolgen. —— einen Friedenswillen ſo oft betont, daß es dor die Welt mit der Forderung treten kann, endlich wahren Frieden und wahre Gerechtigkeit zu ſchaffen. Der 28. Juni mit ſeinen halbmaſt gehißten Fahnen aber mah⸗ ne unſer Volk an das Unglück von Verſailles und an die Notwendigkeit, in eiſerner Ent⸗ ſchloſſenheit zuſammenzuſtehen im Kampfe um ein freies Deutſchland! * Auch in Danzig Danzig, 28. Juni. Der Danziger Senat hat angeordnet, daß ebenſo wie im Reiche am heutigen Mittwoch auch in Danzig ſämtliche Dienſtgebäude anläßlich des Tages der Unterzeichnung des Verſailler Diktates, das Danzig gewaltſam vom Mutterlande abtrennte, Halb ma ſt zu flaggen haben. Das von der früheren Danziger Regierung erlaſſene Verbot poli- tiſcher Kundgebungen unter freiem Himmel iſt aufgehoben worden dieſer Beſchluß iſt ein Beweis für die völlige Feſtigung und Beruhigung der innerpolitiſchen Lage Dan⸗ 31gs.— 1—— Die Deutſche Arbeitsfront Juden dürfen nicht Mitglieder werden. Berlin, 28. Juni. Wie von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, ſollen jüdiſche Arbeitnehmer von allen Organiſationen der Nationalſozialiſten, alſo auch von den Verbänden der Deutſchen Ar⸗ beitsfront, ein⸗ und für allemal ausge⸗ ſchloſſen bleiben. Die Statuten würden ebenſo wie die der anderen Gliederungen der Deutſchen Arbeitsfront den Arierpa⸗ ragraphen enthalten. Man kann anneh⸗ men, daß die maßgebenden Kreiſe ſich auch ſchon mit der Frage der organiſatoriſchen Zuſammenfaſſung der jüdiſchen Arbeitneh- mer in Deutſchland beſchäftigt haben. Einer der Gedanken, die in dieſem Zu⸗ ſammenhang auftauchten, geht dahin, ſämi⸗ liche jüdiſchen Arbeitnehmer beider Geſchlech⸗ ter und aller Berufsgruppen zuſammen mit den übrigen jüdiſchen Mitgliedern der ver- ſchiedenen Berufe in einen Geſamkverband der jüdiſchen Beſchäftigten zuſammenzufaſ⸗ ſen, dem allerdings in weſenklichem wohl nur geſellſchaftliche Bedeutung zukommen würde. und der an die Deutſche Arbeitsfronk nicht angegliedert werden könnte. 5 Dagegen ſieht der Organiſationsplan für die Deutſche Arbeitsfront bei den Deutſchen Trägern des Wirtſchaftslebens eine Unter- ſcheidung nach einzelnen Berufen und auch nach den Geſchlechtern vor. Amt für 3ozialpolitil Der Führer der Deutſchen Arbeitsfront hat verfügt, daß die bisher getrennten Aemter für Tariffragen und Sozialfragen zuſam⸗ mengelegt werden. Das neue Amt, zu deſſen Leiter Peppler beſtellt wurde, führt den Namen„Amt für Sozialpolitik.“ Ferner hat der Führer der Deutſchen Ar⸗ beiktsfront eine Anordnung erlaſſen, in der auf Grund der Unterſtellung des Stahlhelms unter den Führer der NSDAP., Adolf Hit⸗ ler, die Uebernahme der Stahlhelm⸗ ſelbſthilfe durch die Stellen der NS. angeordnet und die Einordnung der Stahlhelmſelbſthilfe in die Deutſche Ar⸗ beitsfront befohlen wird. „Der Deutsche“ als Zentralblatt Die Tageszeitung„Der Deutſche“ wird ab 1. Juli als Zentralblatt der Deutſchen Ar⸗ beitsfront unter der Herausgeberſchaft des Aab erf der Deutſchen Arbeitsfront, Dr. R. ey, erſcheinen. Gegen Miesmacher Ein Erlaß des preußiſchen Miniſter⸗ präſidenfen. N Berlin, 28. Juni. Der preußiſche Miniſterpräſident und Mi⸗ 0 niſter des Innern, Göring, hat an die nachgeordneten Behörden ſeines Amtsberei⸗ ches einen Runderlaß gerichtet, in dem er darauf hinwe; daß immer noch Beamte, lngeſtellte und arbeiter in der Unterhaltung Aeußerungen tun, die geeignet ſind, Unzu⸗ friedenheit üben die von der nationalen Re⸗ gierung getroffenen Maßnahmen zu erzeu— gen und Mißtrauen zu ſäen. „Es handelt ſich, ſo heißt es in dem Erlaß, um Perſonen, die man mit dem Ausdruck „Miesmacher“ trefſend bezeichnen kann. Ich bitte, sämtliche Beamte, Angeſtellten und Arbeiker darauf hinzuweiſen, daß künf⸗ tig in ſolchen Methoden eine Forkſetzung der marxiſtiſchen Hetze erblickt wird und Mies- macher daher als verkappte Marxiſten ange⸗ ſehen werden, die ſich auf dieſe Weiſe noch immer in marxiſtiſchem Sinne betütigen. Ich bitte ferner ſämtliche Beamte, Ange⸗ ſtellte und Arbeiter, denen Perſonaldienſt⸗ aufſichtspflichten obliegen, auf ſolche Fälle zu achten und mir die betreffenden Perſonen unverzüglich namhaft zu machen. Ein Unterlaſſen dieſer Anzeigen werde ich als be⸗ tonte Solidaritätserklärung mit dieſen Wüh— lern und Hetzern erblicken.“ Das Ablommen Berlin, 28. Juni. Die Reichspreſſeſtelle der NSDAP. teilt mit: Im vollen Einvernehmen mit dem Reichs⸗ kanzler und in der Erkenntnis der Tatſache daß der Parteienſtaat überwunden iſt, hat die Deutſchnationale Front ihre Auflöſung beſchloſſen. Sie wird bei den nötigen Maß⸗ nahmen zur Abwicklung nicht behindert wer⸗ den. Lie ehemaligen Angehörigen der Deulſch⸗ nationalen Front werden vom Reichskanzler als voll- und gleichberechtigte Mitkämpfer des nalionalen Deutſchland anerkannt und von jeder Kränkung und Jurückſetzung ge. ſchützt. Das gilt insbeſondere für alle Beam⸗ ten und Angeſtellten. Die wegen politiſcher Vergehen in Haft be⸗ findlichen ehemaligen Mitglieder dei Deutſchnationalen Fronk werden unverzüg⸗ lich in Freiheit geſetzt und unterliegen kei nerlei nachträglicher Verfolgung. Die Fraktionen des Reichsta ges und der Landtage der NSDAP. und der bisherigen Deutſchnationglen Front ſichern eine einheitliche Handlungsweiſe durch Abordnung von einem oder meh⸗ reren Mitgliedern der ehemaligen Deutſch⸗ nationalen Front in die Vorſtände der Frak⸗ tionen der NSDAP.(Reichstag und Preußi⸗ ſcher Landtag je zwei!. Sinngemäß wird in den gemeindlichen Selbſtverwaltungskör— pern verfahren. Vorſtehendes iſt vom Herrn Reichs⸗ kanzler unterzeichnet, ſowie vom Herrn von Winterfeldt, Freiherrn v. Frey⸗ tagh-⸗Loringhoven und Dr. Pöns⸗ gen als Vertreter der vormaligen Deutſch⸗ nationalen Front. Aufruf Adolf Hitlers Berlin, 28. Juni. Reichskanzler Adolf Hitler hat einen Auf⸗ ruf erlaſſen, in dem es heißt: Nationalſozialiſten! SA- und SS-Männer, Jungſtahlhelm! Ein ſeit 14 Jahren unentwegt verfolgtes Ziel iſt nunmehr erreicht. Mit der Unter⸗ ſtellung des Jungſtahlhelm unter meinen Befehl als oberſten SA⸗Führer ſowie der Eingliederung des Bundes„Scharnhorſt“ in die Hitler⸗Jugend, iſt die Einigung der poli⸗ tiſchen Kampfbewegung der deutſchen Na⸗ tion vollzogen und beendet. SA, SS, ST und HJ werden nunmehr für alle Zukunft die einzigen Organiſationen ſein, die der na⸗ tionalſozialiſtiſche Staat als Träger der po⸗ litiſchen Jugend⸗ und Männererziehung kennt. Es war verſtändlich, wenn in den Jahren nach der Revolution an den verſchiedenſten Stellen unſeres deutſchen Vaterlandes der Widerſtand gegen die Novemberverräter und ihr unheilvolles Regiment verſucht wur⸗ de. Unabhängig voneinander, ohne ſich ge— genſeitig überhaupt zu kennen, ſtanden Männer auf und organiſierten Parteien und Verbände zum Kampfe gegen den mar⸗ xiſtiſchen Staat. Sie alle haben ohne Zwei⸗ fel das Beſte gewollt. Allein, wenn Deutſchland gerektek werden ſollte, dann konnke das nur durch eine Be- wegun ehen und nicht durch 30. Die Fegung geſchehe ch ch unſeres Volkes häuat nicht davor Aus der Heimat Gedenklage 28. Jr. 1815 Der Komponiſt Robert Franz in Halle a. d. S. geboren. 5 1914 Erzherzog⸗Thronfolger Franz Ferdi⸗ nand von Oeſterreich⸗Eſte und ſeine Ge⸗ mahlin in Sarajewo ermordet. 1919 Unterzeichnung des Vertrages von Ver⸗ ſailles. Prot.: Leo— Kath.: Papſt Leo II. Sonnenaufg. 3.39 Sonnenunterg. 20.27 Mondaufg. 9.17 Mondunterg. 22.58 Volk und Knecht und Ueberwinder, Sie geſtehn zu jeder Zeit, Höchſtes Glück der Erdenkinder Sei nur die Perſönlichkeit. J. W. v. Goethe. Peter und Paul Der 29. Juni, der zu den ſogenannten bürgerlichen Feiertagen zählt, iſt dem Anden⸗ len der Apoſtelfürſten Petrus und Paulus gewidmet, die nach der kirchlichen Ueberliefe⸗ rung an ein und demſelben Tage, am 29. Juni 64 n. Chr. in Rom den Märtyrertod erlitten haben. Petrus gilt beſon s als der Schutzpatron der Fiſcher. An v.„ Küſten wurden des⸗ halb in früheren Jahrzehnten von den Fiſchern am Tage Peter und Paul ſtets große Feſt⸗ lichkeiten abgehalten. Namentlich die Einwei⸗ hung des Meeres an dieſem Tage war ſtets ein großes Volksfeſt, in manchen Küſtenbe⸗ zirken wurde die Statue des hl. Petrus in das Meer geworfen und die Aufgabe der Fi⸗ ſcher war es nun, von ihren Booten aus dieſe Statue wieder aufzufiſchen. Nach altem Aberglauben ſollen Haſelruten, die in der Nacht zu Peter und Paul geſchnitten werden, ein gutes Mittel gegen mancherlei Krankheiten ſein. Weil um Peter und Paul die Kirſchen ge⸗ pflückt werden, führt der Tag im Volksmund die Bezeichnung„Kirſchenpeter“ Nach dem Stand der Getreidefelder beurteilt der Land⸗ mann um Petet und Paul den Beginn der Ernte. * Die Tätigkeit von Zahnärzten und ⸗Technikern bei den Krankenkaſſen. Im Deul⸗ ſchen Reichsanzeiger wird unter dem Datum vom 2. Juni eine Verordnung über die Tätig⸗ keit von Zahnärzten und Zahntechnikern bei den Krankenkaſſen veröffentlicht. Danach endet die Tätigkeit von Zahnärzten und Zahntechni⸗ lern bei Krankendaſſen, wenn ſie nichtariſcher Abſtammuna ſind oder ſich in kommuniſtiſchem db, wieviele Verbände für dieſe Zukunft eintreten, ſondern davon, ob es gelingt, das Wollen der Vielen einem einzigen Willen unkerzuordnen und damit in einer Bewe- gung ſchlagfähig zuſammenzufaſſen. So wie die Deutſche Reichswehr einſt ge⸗ zwungen war, trotz aller Verdienſte der ein⸗ elnen Freikorps dieſe zu beſeitigen, um dem Deuten Volke wieder eine einzige Armee zu geben, ſo war die nationalſozialiſtiſche Bewegung nicht minder gezwungen, ohne Rückſicht auf Verdienſt oder Nichtverdienſt, die zahlloſen Bünde, Vereine und Verbände zu beſeitigen, um dem deutſchen Volk endlich eine einzige einheitliche Organiſation ſeines politiſchen Willens aufzubauen. Zahlreiche beſte Deutſche haben dieſe Aufgabe nicht verſtanden und viele an⸗ dere wollten ſie nicht begreifen. Heute iſt der Sinn und damit die Notwen⸗ digkeit dieſes ungeheuren Kampfes für jeden klar, der unſer Volk liebt und an ſeine Zu⸗ kunft glaubt. So mußten wir in den zurück⸗ liegenden Jahren zahlreiche Verbände ein⸗ fach aus dieſen Erwägungen heraus zer⸗ ſchlagen. Und ſo werden wir auch das Entſtehen jedes neuen Verbandes, der wieder nur die alte Zerſplitterung fortſetzen würde, verhindern. die Unabänderlichkeit dieſes Entſchluſſes legt uns aber die Pflicht auf, gerecht zu ſein. Wir wollen daher als Deutſche und Na. tionalſozialiſten ehrlich den Ankerſchied erkennen, der zwiſchen anderen Verbän⸗ den und dem Skahlhelm beſtand. Wir wollen zugeben, daß ſich in dieſem als dem Bunde der deutſchen Hunderttauſende deutſcher Männer zuſam⸗ menfanden, die damit dem Syſtem entzogen wurden. In der Stunde der Wende des deutſchen Schickſals aber bekannte ſich der erſte Bundesführer zur nationalſo⸗ zialiſtiſchen Revolution. Nunmehr hat dieſer auch die letzte Konſequenz aus der geſchicht⸗ lichen Entwicklung gezogen und verfügt, daß abgeſehen vom Traditionsverband der alten Frontſoldaten, der geſamte junge Stahlhelm in die SA, der Scharnkorſtbund in die Hit⸗ in die SA, der Scharnhorſtbund in die Hit⸗ werden. Meine SA-Jührer und SA-Kameraden! Dieſer Entſchluß wird einſt in der deutſchen Geſchichte als Beweis für ein wirklich aroß⸗ Sinne betätigt haben. Solche Zahnärzte und Zahntechniker ſind auch künftig von der Tä⸗ tigkeit auf Koſten von Krankenkaſſen ausge⸗ ſchloſſen. Dieſe Beſtimmungen gelten nicht für nichtariſche Zahnärzte und„Techniker, die be⸗ reits ſeit dem 1. Auguſt 1914 niedergelaſſen ſind oder die im Weltkrieg mitgekämpft ha⸗ ben oder deren Väter und Söhne im Welt⸗ kriege gefallen ſind. Die Krankenkaſſen teilen den für den Abſchluß ihrer Geſamtverträge zu⸗ ſtändigen kaſſenärztlichen Vereinigungen die Namen der bisher für ſie tätig geweſenen Zahnärzte und Zahntechniker zum 10. Juni 1933 mit. * Schont die Kröten! Ein mit Unrecht verfolgtes und verkanntes Tier iſt die Kröte. Jetzt bei der Heuernte wird man beim Mähen nicht ſelten auf dieſes Tier ſtoßen. Leider hat es viele Feinde. Weil ihr grauer war⸗ ziger Körper mit den grell gefärbten Augen und der recht plumpen Geſtalt mit den unbe⸗ holfenen Bewegungen gar ſo häßlich ausſieht, haben gar viele Menſchen, die den Nutzen der Kröte nicht kennen, Abſcheu vor ihr, ſie ſie auch, denn der Volksaberglaube hat dieſem Tier allerlei angedichtet. Die Kröte iſt aber nicht im geringſten ſchädlich, ſondern im Gegen⸗ teil ſehr nützlich. Während ihres meiſt unter⸗ irdiſchen Aufenthaltes verzehrt ſie in Maſſen ſchädliche Inſekten, die ſich im Boden befin⸗ den. Zur Nachtzeit räumt ſie über der Erde unter den kleinen Schnecken auf, beſonders machen die Kröten ſich auch in den Gärten nützlich. Darum größtmöglichſte Schonung dieſem nützlichen Tier, es iſt Euer eigener Nutzen! * Die Anbauflächen in Preußen. Das preußiſche Statiſtiſche Landesamt hat mit Hilfe der Landräte und Gemeindevorſteher die landwirtſchaftliche Anbauflächenerhebung durch⸗ geführt. Auf Grund einer vorläufigen Bear⸗ beitung ergeben ſich danach im Jahre 1933 folgende Anbauflächen in Preußen: Winter⸗ weizen 1 193 188 Hektar, Sommerweizen 189 117, Winterroggen 3372 896, Sommer⸗ roggen 37333, Wintergerſte 196 682, Som⸗ mergerſte 643 504, Hafer 2128 147, Meng⸗ getreide 275 309, Frühkartoffeln 161750 und Zuckerrüben(zur Rübengewinnung) 229 143 Hektar. Gegenüber 1932 iſt eine Zunahme zu verzeichnen bei Winterweizen um 2,2 v. H., bei „Winterroggen um 1,4, bei Wintergerſte um 10,4, bei Menggetreide um 1,8 und bei Zuk⸗ kerrüben um 13,5 v. H.; dagegen iſt eine Abnahme feſtzuſtellen bei Sommerweizen um 6,6, Sommerroggen um 4,1, Sommergerſte uin 0,5, Hafer um 3,4 und Frühkartoffeln um 4,3 v. 0 Weltervorherſage: Fortdauer der beſtehenden Witterung. Frontſoldaten fürchten ſie ſogar und verfolgen und töten herziges nanondies venten gewertet werden. Was ſonſt vieſteicht nach jahrelangen Irrun⸗ en oder langen Kämpfen, die wiederum eutſche Kraft verbraucht hätten, gelungen wäre, iſt durch die einſichtsvolle Tat eines Mannes, der ſeit dem 30. Januar in kreuer Verbundenheit neben mir im Kabinett ſitzt, entſchieden worden. a Der weitere Befehl, daß der verbleibende Traditionsverband der alten Frontkämpfer künftig keine andere Parteizugehörigteit anerkennen würde als die zur natlonalſozia⸗ liſtiſchen Bewegung, gibt mir endlich die Möglichkeit, das Verbot der Mitgliedſchaft unſerer⸗ ſeits aufzuheben. Angeſichts dieſer großen Entwicklung drängt es mich, Euch, meinen alten Kampfkamera⸗ den der Partei, der SA und der SS, aus übervollem Herzen zu danken für die grenzenloſe Treue, die Ihr mir in guten und ſchlimmen Tagen ſo viele Jahre hindurch ge⸗ halten habt. Eurer Standhaftigkeit iſt dies mit in erſter Linie zuzuſchreiben. Ihr ſeid erſt die fanatiſchen Kämpfer geweſen gegen das alte Syſtem und Ihr ſeid heute die un⸗ erſchütterliche Garde der nationalſozialiſti⸗ ſchen Revolution. Zum zweiten aber will ich nunmehr auch denen danken, die aus freiem Willen den ſicherlich nicht leichten Eniſchluß des Verzich⸗ tes auf ihre ſtolze Selbſtändigkeit im In⸗ tereſſe der höheren Gemeinſchaft ausgeſpro chen haben. Ich begrüße damit zum erſten Mal die nunmehr in unſeren Reihen mikmarſchieren⸗ den Kameraden des Jungſtahlhelm. Ich be⸗ fehle daher auch, vom heukigen Tage an i Führern, SA- und 55 Männern, ie in unſere Gemeinſchaft eingetretenen Männern des Stahlhelms als Kameraden aufzunehnen und damit einzuſchließen in den ewigen Bund, der uns umfaßt und nie gebrochen werden ſoll. Was immer auch die Vergangenheit an Erinnerung birat, für mich und für Euch fich nur diegroße Zukunft, der wir uns verpflichtet haben. Wenn es uns gelang, im Laufe dieſer Jah⸗ re Millionen ehemaliger. Marxiſten zu be⸗ kehren, zu uns zu führen, und in unſere Reihen aufzunehmen, ſo muß und wird es uns erſt recht möglich ſein, nationale Männer, die aus einem anderen Lager kommen, um uns die Hand zum Bunde zu reichen, als Freunde und Kameraden aufzu⸗ nehmen. Ich erwarke daher von jedem National- ſozialiſten, daß er die Größe dieſer hiſto⸗ aunen Entwicklung erkennt und durch ſein eigenes Verhalten mithilft, die Neuhinzuge⸗ kommenen in kürzeſter Friſt aufs innigſte mit uns zu verſchmelzen. SA-, SS. und ST Männer! Unſere herr- liche nationalſozialiſtiſche Bewegung und un⸗ ſer deulſches Volk: Siegheil! München, den 26 Juni 1933. Adolf Hitler Zweiteilung der Arbeitsloſenhilſe? Geſamtbedarf 2,67 Milliarden. Berlin, 28. Juni. Die Reſſortverhandlungen über die Neu⸗ regelung der Arbeitsloſenhilfe gehen weiter. Einig ſind ſich alle Teile in der Notwendig⸗ keit der Vereinfachung der Arbeitsloſenbe⸗ treuung. Der Standpunkt der Gemein den, jetzt vertreten durch den Deutſchen Gemeindetag, iſt unverändert, daß die zu⸗ ſammengefaßte Arbeitsloſenbetreuung bei den Gemeinden zentraliſiert werde. Da⸗ gegen ſollen ſich jetzt für die weitere Durch⸗ führung der Arbeitsloſenbetreuung durch den neuen Apparat der Reichsanſtalt mit ei⸗ nigen Länderregierungen auch die neuen großen Verbände ſowie vor allem die NSB0O., eingeſetzt haben. Was die Vereinfachung betrifft, ſo ſteht der Gedanke im Vordergrund, anſtelle der bisherigen Dreiteilung eine Z3weitei. lung in Arbeitsloſenverſicherung und Kriſenfürſorge durchzuführen. Die Städte ihrerſeits haben der Reichs regierung kürzlich abermals einen Entwurf für die Neuregeluy) der Arbeitsloſenbetreu ung eingereicht und die Dringlichkeit mu Rückſicht auf ihre finanzielle Lage begrün. det. Bei einem Jahresdurchſchnitt von 43 Millionen Unterſtützungsempfängern wird darum ein Geſamtfinanzbedar von rund 2,67 Milliarden notwendig. Die Gemeinden und Gemeindeverbände glauben, daß ſie von ſich aus im Jahre 1933 nicht mehr als 400 Millionen dazu beitragen könnten, wenn man neue zuſätzliche Fehlbe⸗ träge vermeiden wolle. Den Hauptteil der Koſten bringen naturgemäß die Beitragsle!⸗ ſtungen auf, aber auch das Reich wird für das Jahr 1933 wieder weſenliche Zuſchüſ⸗ ſe leiſten müſſen. Aus der Welt des Wiſſens Die am ſchnellſten wachſende Pflanze iſt der Bambus; man hat beobachtet, daß er ſtellenweiſe in 24 Stunden mehr als 50 Zen⸗ timeter wächſt. 7. Nach neuerer Statiſtik ſind in Frankreich zurzeit 8 347 117 Fahrräder im Verkehr, da⸗ don im Seinegebiet allein 550 09. Es haben viel Dichter geſungen Im ſchönen deukſchen Land. Nun ſind ihre Lieder verklungen, Die Sänger ruhen im Sand. Aber ſolange noch kreiſen Die Stern' um die Erde rund, Tun Herzen in neuen Weiſen Die alte Schönheit kund. Im Walde da liegt verfallen Der alten Helden Haus Doch aus den Toren und Hallen Bricht jährlich der Frühling aus. Und wo immer müde Jechker Sinken im mukigen Strauß Es kommen friſche Geſchlechter Und ſechken es ehrlich aus. Jo ſ. v. Eichendorff. det brennende Berg an der Saar Dudweiler, eine freundliche Stadt des Saar⸗ landes, reizvoll gelegen in der Talbuchtung des Sulzbaches, hat als beſondere Sehens⸗ würdigkeit den„brennenden Berg“. Aus einer abſeitigen und zerklüfteten Schlucht reckt ſich eine Anhöhe empor, in deren Innern, und zwar in 3 bis 400 Meter Tiefe, ſeit dem Jahre 1680 ein Kohlenflöz brennt. Die Ur⸗ ſachen dieſes ſeltenen Naturereigniſſes ſind nicht reſtlos geklärt. Wahrſcheinlich iſt das Feuer durch ſtarken Druck in der Kohlenmaſſe, durch Reibung oder auch Explosion entſtanden. Es wird auch behauptet, der immer weiter ſchwe— lende Brand fei durch Blitz oder durch Hirten— feuer entſtanden. 5 Goethe, den ebenſo wie König Friedrich Wilhelm IV. das Wunder des brennenden Berges zu einem Ausflug nach Dudweiler reizte, ſchreibt in Dichtung und Wahrheit: „Wir hörten von den reichen Dudweiler Steinkohlengruben, von Eiſen⸗ und Alaun⸗ werken, ja ſogar von einem brennenden Berge, und rüſteten uns, dieſe Wunder in der Nähe zu beſchauen. Unſer Weg ging an den Rin⸗ nen herauf, in denen das Alaunwaſſer her⸗ untergeleitet wird und an dem Karolin⸗Stol⸗ len vorbei, woraus die berühmten Dudweiler Steinkohlen gezogen werden. Dieſe Rinnen haben, wenn ſie trocken ſind, die blaue Farbe eines dunkel angelaufenen Stahls, und die ſchönſte Irisfolge⸗Regenbogenfarbe ſpielt bei jeder Bewegung über die Oberfläche hin. Wir traten in eine Klamm und fanden uns in der Region des brennenden Berges. Ein ſtarker Schwefelgeruch umzog uns. Die eine Seite der Höhle war nahezu glühend, mit rötlich weiß gebranntem Stein bedeckt, ein dicker Dampf ſtieg aus den Spalten hervor und man fühlte die Hitze des Bodens auch durch die dicken Sohlen der Schuhe. Wir kletterten aus der Tiefe empor und waren auf dem Gipfel des Berges. Ein an⸗ mutiger Bergwald umgab den Platz, der auf die Höhe folgte und ſich hier zu beiden Seiten verbreiterte. Mehrere Bäume ſtanden ſchon verdorrt, andere welkten in der Nähe von ſolchen, die noch friſch, jene Glut vicht abnten. die ſich ihren Wurzeln drohend näherte. Auf dem Platze dampften verſchiedene Oeff⸗ nungen, andere hatten ſchon Ae ee ſo glomm dieſes Feuer ſchon Jahrzehnte durch die alten verbrochenen Stollen und Schächte mit welchen der Berg unterminiert iſt. Es mag ſich auch auf Klüften durch friſche Koh⸗ lenlager hindurchziehen, denn einige Schritte weiter in den Wald gedachte man bedeukende Merkmale von ergiebigen Steinkohlen zu ver⸗ folgen, man war aber nicht weit gelangt, als ein ſtarkler Dampf den Arbeitern entgegen⸗ drang und ſie vertrieb. Die Oeffnung ward wieder zugeworfen, aber wir fanden die Stelle nicht rauchend.“ Verſchiedene⸗ Der tüchtigſte Reiſende der Welt. Selbſt⸗ verſtändlich war ein Amerikaner. Er beſuchte eine Handelsſchule und bekam dafür von dem Direktor ein Diplom mit der Anerkennung ſeiner Tüchtigleit überreicht. Hierauf reiſte er nach Grönland, wo er— Kühlſchränke ver— lauft. Dann verkaufte er in Rußland eine Bartwuchspomade. In Schottland machte er große Geſchäfte mit Sockenhaltern. Für Mün⸗ chen hatte er Maſchinen zur Selbſtherſtellung von Bier. Zuletzt, als er genug verdient hatte, reiſte er nach Amerika zurück und ver⸗ laufte ſeinem früheren Direktor ſein Diplom für fünf Dollar, damit der es einrahmen und ſeinen Schülern als muſterhaftes Beiſpiel vorſtellen konnte. f Ein Geſetz gegen den Snobismus. Vor kur⸗ zem wurde eine eigene Art von Snobismus in Amerika durch ein ausdrückliches Geſetz ver⸗ boten. Die ausländiſchen Diplomaten pflegen meiſt ihre geſamte Dienerſchaft mitzubringen. Die reiche amerikaniſche Geſellſchaft hatte ſich nun einen Sport daraus gemacht, die Bot⸗ ſchafterköche und-Chauffeure wegzuengagieren. Das führte natürlich dazu, daß die Bolſchaften ſtändig ihr Perſonal verloren und neues ſuchen mußten. Das neue Geſetz beſtimmt nun, daß jeder Diplomaten-Koch und Diplotauten-Die⸗ ner das Land verlaſſen muß, ſovard er aus ſeinen„diplomatiſchen Dleuſten“ tritt Im Reich des In dieſem Juni jährt es ſich zum fünften Male, da die Ueberlebenden der Nobile-Nord⸗ pol⸗Expedition nach der Kataſtrophe der „Italia“ auf einer Eisſcholle nordöſtlich der Inſel Nordoſtland alle Schrecken des Reicher des weißen Todes bis an die Grenze des Wahnſinns durchkoſten mußten. 5 General Nobile war in der Nacht vom 14. zum 15. April 1928 von Mailand aus mit dem dreimotorigen, 18000 Kubikmeter gro— ßen Lenkluftſchiff„Italia“, das, Nobile ein⸗ gerechnet, 19 Perſonen an Bord hatte, darun- ter den Schweden Dr. Malmgren und den Tſchechoſlowaken Dr. Behounek, nach der Kö⸗ nigsbucht auf Spitzbergen geſtartet. In Stolp in Pommern wurde eine Zwiſchenlandung vorgenommen. Wegen der ungünſtigen Wit⸗ terung konnte der Weiterflug von dort erſt am 3. Mai erfolgen, und nach einer Fahrt von 82 Stunden wurde das Luftſchiff in einer unbedeckten() Halle in der Königsbucht ge⸗ borgen. 1600 Meter vom Luftſchiff entfernt lag am Rande des Eiſes das Hilfsſchiff„Citta di Milano“ vor Anker, als Stützpunkt der Schicksalsgewalten ROMAN VON GERT ROTHBERG 2 Copyrighi May hatte die Arme um ſeinen Hals geſchlungen. Si fühlte nichts mehr, als daß er bei ihr war. Lu war ihres Lebens Inhalt geworden. In Karell aber ſtieg, während er die leichte Laſt hin und her trug, wie ein Geſpenſt der Vertrag auf, den er vor wenigen Stunden mit Direktor Rochus abgeſchloſſen. Sich loskaufen? Das wäre ein Ausweg. Doch würde man dann nicht denken, er ſei zu feig? Ein grollender Atemzug hob ſeine Bruſt. Er und ſeig? May ſah erſchrocken in ſein ſchönes, düſteres Geſicht. „Was haſt du, Lu?“ fragte ſie zaghaft. Er drückte ſie an ſich. „Mich foltern Gedanken, May. hoffe auf deine Verzeihung, May.“ Sie küßte ihn. b„Du haſt keine andere lieb, nur mich. Dieſes Bewußt⸗ ſein löſt alle böſen Gedanken in mir auf. Ich werde nie mehr fragen, wo du warſt. Warten werde ich jedoch immer auf dich.“ Als May ſchon längſt ſchlief, ſtarrte Karell noch mit weit offenen Augen in die Finſternis. Dieſe drei Abende ſollten ſein Abſchied ſein von allen Verwegenheiten. Und er fühlte, wie ſich ſeine Nerven ſpannten bei den Gedanken an ſein tollkühnes Vorhaben. Was konnte ihm denn paſſieren? Es würde gelingen, wie es ihm damals gelungen war. Von May mußte er ſich freilich dieſe drei Tage trennen. Er würde ihr ſagen, daß er in geſchäftlichen Angelegenheiten verreiſen müſſe. Vielleicht konnten ihre Eltern während dieſer Zeit zu ihr herauskommen. Karell ſchaltete plötzlich das elektriſche Licht ein. In by Martin Feuchtwanger, Halle Saale 5 Es wird noch ein Weilchen ſo bleiben, aber dann ſollſt du alles wiſſen. Ich in Mays ſüßes Geſicht. liebes, blondes, ſehr teuer war. auf ihn zu. tungen?“ Reveloor lächelte. Ringald lachte. Sonderbare Heilmittel Wie macht man den Mann beſcheiden? Die Damen auf den Sunda⸗Inſeln wiſſen das ganz genau. Sie geben ein Präparat vom Aſſenſchädel ihrem Eheherrn ein und ſind fel⸗ ſenfeſt überzeugt, daß dieſer dann fügſam und poſſierlich ſein wird wie ein Aeffchen. Abge⸗ ſehen von der Tauglichkeit des Mittels dürfte das Schönheitsideal unſerer Damenwelt kaum der„Affe“ ſein. Aber der böſe Nachbar, dem der Ehefriede mit Hilſe des Affenſchädels nicht gefällt, hat es in der Hand, wieder Unruhe zu ſtiften. Hund und Katze können ſich nicht vertragen, alſo bewirken einige Hunde- und Katzenhaare, in das Kopfkiſſen des Ehebetts getan, daß Mann und Frau anfangen, ſich wie Hund und Katze zu zanken. Die native Vorſtellung, daß Tiereigenſchaf— ten und fähigkeiten auf den Menſchen über— tragen werden können, wenn er dieſe Tiere ſeinem Organismus zuführt, iſt auf den Sun— da⸗Inſeln noch recht lebendig. Beſonders die Losmetit kennt eine reiche Auswahl ſolcher Tiermittel. Als eigenartigſtes, wohl geeignet, uns einen gelinden Schauer einzujagen, ſei das Verfahren gegen Kahlköpfigkeit genannt, die ſich auch bei dieſen Naturkindern keiner Beliebtheit erfreut. Die mit reichlichem Haar— wuchs ausgeſtattete Vogelſpinne wird ver— ſchluckt und muß dann ſelbſtverſtändlich dem Menſchenkopf ihr Haar überlaſſen. Iſt eine Sängerin indisponiert, dann hilft ſie ſich durch den Genuß von Würmern, die einen beſonders hohen ſchrillen Ton ausſtoßen ſollen. Die Stimmkraft der Sängerin nimmt alſo zu und damit ihre Beliebtheit, wenn wir auch nicht hoffen wollen, daß ſich die Tonart des Wur— mes allzu genau auf ſie vererbt hat. Auch in ernſteren Fällen muß das Tier helfend eingreifen, ſo wenn eine Pfeilſpitze im Körper ſteckenbleibt. Welches Tier hat die Fähigkeit, ſeinen Hals ganz tief in die Kör— perſchale hineinzuziehen und ihn dann wieder herauszuſtecken? Die Schildkröte. Alſo muß das gute Tier daran glauben. Es wird gegeſ— mattroſa Dämmerung war das Zimmer gehüllt. Er blicktec „May, liebe Mah, ſchenke mir ein kleines Mädchen, ein l n zärtliches Geſchöpſchen mit Herzen. Keinen Jungen, der das wilde, verwegene Blut ſeines Vaters in den Adern hat“, dachte er erſchüttert. * 5 Harry Reveloor ſchlenderte langſam die Straße ent— lang. Er hatte die Hände in den weiten Taſchen ſeines Mantels vergraben. Ab und zu blieb er vor einem Schau⸗ fenſter ſtehen und beſah die Auslagen. Er wollte Violette Monteé eine Freude machen. Alſo trat er in eines der vornehmen Juweliergeſchäfte und erſtand hier eine Perlenkette mit Brillantſchloß. gültig bezahlte er den hohen Preis. Der Geſchäftsinhaber begleitete ihn dienernd zur Tür. Reveloor ging langſam weiter die Straße hinunter. Vor einem Blumengeſchäft blieb er ſtehen. Fliederdolden wiegten ſich auf ſchlanken, langen Stielen. Er ging in das Geſchäft und kaufte den Flieder, der um dieſe Jahreszeit eine Seltenheit und aus dieſem Grunde Als er dann ſchon ein ganzes Stück weitergegangen war und eben überlegte, ob er nicht noch ſchnell ein Auto anrufen ſollte, kamen zwei Klubfreunde„Ihr habt recht. Doch erſt muß ich das Zeug hier“— er deutete auf die Blumen—„an den Beſtimmungsort be— fördern. Alſo wir treffen uns morgen gegen ſechs Uhr bei Dadden, der wohnt dem Zirkus immerhin noch am „Tag, Reveloor. Donnerwetter, du haſt ja Blumen. Wir wollen dich gewiß nicht hindern, mit deinen Liebes— gaben an Ort und Stelle zu gelangen. Wir wollten dich nur fragen, ob du morgen abend mit uns in den Zirkus Rochus gehen willſt, oder haſt du anderweitige Verpflich— Ein fragender Blick traf bei dieſen Worten die Blumen. „Die hab' ich, doch erſt ſpäter. Ich kann alſo ganz be⸗ quem mit euch die Vorſtollung beſuchen.“ „Mir ſcheint, du kennſt die Vorſtellung auswendig.“ Reveloor drohte ihm ſcherzhaft. N „Ihr Gauner, woher wißt ihr nun das ſchon wieder?“ ſen und ſoll ſeine Transractierſähigkeit auch an der Pfeilſpitze bewähren. weiten Todes Der Untergang der Nobile⸗Expedition vor fünf Jahren Expedition.. „Nach zwei Flügen, von denen der eine nur bis zum nördlichen Vorgebirge von Spitzber— gen führte, der andere rund um das Franz⸗ Joſef-Land bis in die Höhe des Nordpols ging, ſtartete die„Italia“ am 23. Mai zu der verhängnisvollen Fahrt zum Nordpol. Dieſer wurde auch glücklich erreicht. Die Beſatzung warf die italieniſche Flagge und ein vom Papſt geweihtes großes Kreuz über ihm ab und fuhr. dann in die— Kataſtrophe hinein. Am 25. Mai, vormittags gegen 10 Uhr, fing das Luftſchiff plötzlich an zu ſinken, weil, m man heute annimmt, eine Gaskammer un— dicht geworden war; gegen 11 Uhr ſchlug die Gondel etwa 14 Kilometer nordöſtlich der Nordoſtland-Inſel aufs Eis, wurde vom zu⸗ ſammen mit der hinteren Matereng one deren Maſchiniſt getötet wurde. Das Schiff ſelbſt erhob ſich wieder, flog nach Oſten zu, und nach kurzer Zeit gewahrten die Schiff⸗ brüchigen in ſeiner Flugrichtung eine dünne Rauchſäule. Man hat trotz aller Nachforſchun⸗ weichem Obendrein iſt Gleich⸗ Prachtvolle ganz wohl.“ den aufs Ohr.“ nächſten.“ können. gen bis heute von der„Italia“ und den ſechs Menſchen, die ſich auf ihr nach der Kain ſtrophe befanden, nicht die geringſte Spur gefunden. Neun Mann— an dem Polflug hatten 16 Perſonen teilgenommen— ſaßen im Reiche des weißen Todes auf dem Packeis einer Eis⸗ ſcholle, die vom Winde ſtändig hin und her getrieben wurde. Nobile hatte einen Fuß und eine Handwurzel gebrochen; ein anderes Expeditionsmitglied und Malmgren hatten ebenfalls Knochenbrüche erlitten. Mit dem, was in der zerſchellten Gondel ſich hefunden hatte, richteten ſich die Männer„häuslich“ ein, bekamen durch einen zuſammengebaſtel⸗ ten Radioapparat Verbindung mit der Au⸗ ßenwelt, lebten von dem Fleiſche eines von Malmgren erlegten Eisbären im„roten Zelt“ und warteten auf ihre Rettung unter unſäg⸗ lichen Qualen. Alles, aber auch alles, was das weiße Reich des Eiſes an Grauenhaftem in ſich birgt, mußten ſie erdulden, bis die Po⸗ larpſychoſe über ſie kam und, an der Grenze des Wahnſinns, Malmgren mit den heiden Offizieren Zappi und Mariano das Zelt ver⸗ ließ, um„Hilfe zu holen“. Was ſich zwiſchen den drei vollkommen unzulänglich ausgerü⸗ ſteten Menſchen, die ſo gut wie gar keine Le⸗ bensmittel mit ſich führten, zugetragen hat, das wiſſen nur die beiden Ueberlebenden Zappi und Mariano. Dr. Behounek der zu den Männern im roten Zelt gehörte, ſagt darüber:„Waren dieſe Menſchen in dem Augenblick überhaupt noch normal, als zwei den dritten verließen, indem ſie im Schnee ein Grab für ihn aushoben und einen Teil ſeiner warmen Kleidung und den Reſt feiner Vorräte mitnahmen? Noch nie iſt in der Ge⸗ ſchichte der Polartragödien jemand unter Umſtänden wie Malmgren verlaſſen wor— den.“ Am 12. Juli. am 43 Tage nach dem Abmarſch vom„roten Zelt“, nur 40 Kilo— meter von dieſem entfernt, wurden Zapp und Mariano, Mariano ganz entkräftet, Zap⸗ pi vor Verzweiflung winſelnd, von einer Eis ſcholle von nur acht bis zehn Metern Durch⸗ meſſer an Bord des zur Rettung ausgeſand⸗ ten ruſſiſchen Eisbrechers„Kraſſin“ genom⸗ men. Zur Rettung der ſechs Mann im roter Zelt hatte man Flugzeuge ausgeſandt. Am 20. Juni wurde das Lager entdeckt und durch Abwurf von Fallſchirmen mit Lebensmitteln, Geräten und Waffen verſehen. Unter gar nicht vorſtellbaren Schwierigkeiten rettete als erſter der ſchwediſche Oberleutnant Lundborg den General Nobile und brachte ihn zur „Citta di Milano“. Bei der zweiten Landung auf der Scholle ging die Maſchine zu Bruch; Lundborg teilte nun das Los der Schiffbrü⸗ chigen, bis er am 6. Juli von ſeinen Leuten mit dem Flugzeug abgeholt wurde. Er allein! Die übrigen fünf wurden am 12. Juli nach 52 Tagen Not und Elend vom„Krafſin“ ge— funden und geborgen. 0 Und das Fazit? Von den Expeditionsmit⸗ gliedern der„Italia“ fanden acht den Tod, Von ſechs heldenhaften Männern, die den Schiffbrüchigen Rettung bringen wollten, weiß man, daß ſie nicht mehr leben: Amund⸗ ſen, Guilbod de Cuverville, Bracy. Valette, Dietrichſon. Penzo, Grozier, della Cato, die den ſechs Verzweifelten auf der Eisſcholle durch Flugzeuge Nahrung, Kleidung und Arzneien brachten, gingen bei ihrer Rückkehr von Spitzbergen mit ihrem Flugzeug in den Fluten der Rhone unter. f Dadden wippte ſich auf den Fußſpitzen. ̃„Es gibt nette Weiberchen da. Südliches Blut. Nicht dieſe kühle, unnahbare Menkenke, die wir gewöhnt ſind. aber Denke dir, der Mann ohne Nerven, der früher im Zirkus 45 Rochus geweſen ſein ſoll und von dem vor Jahren die Zeitungen voll waren, iſt da und wird drei Tage lang ſeinen berühmten, tollkühnen Todesſprung aus der Zirkus— kuppel ausführen.“ f 5 f Reveloor ſtarrte die beiden Bekannten an, als habe er nicht recht gehört. Siebzehn wertvolle Menſchenleben forderte Nobiles Expedition in das Reich des weißen Todes. 2. eine Rieſenſenſation angekündlgt. Er war blaß bis in die Lippen. „Wie heißt der Mann?“ fragte er endlich mühſam. „La Roſe“, gab Dadden bereitwilligſt Auskunft. 5 Reveloor ſchwankte nach rückwärts und griff wie Halt ſuchend in die Luft. Seine Freunde ſtützten ihn erſchrocken Reveloor riß ſich zuſammen. „Ich danke euch. Ich bin—— mir iſt ſeit Tagen nie: Sie ſahen ihn mitleidig an. i „Freundchen“, meinte Ringald,„du ſiehſt aus. Geh' lieber nach Hauſe und leg' dich ein paar Slun— miſerahel Reveloor lächelte. Sie reichten ſich die Hände.„Abgemacht.“ Als die zwei Herren ſich ein Stück von Reveloor ent— fernt hatten, meinte Dadden: f„Pfui Teufel, Reveloor gefällt mir gar nicht mehr. Seit ihm ſein beſter Freund, der intereſſante Karell, die May Grensburne wegnahm, iſt er wie ausgewechſelt. Er treibt es reichlich toll, um ſich zu betäuben. Na, ich meine, May Grensburne war ja ſehr ſchön und begehrenswert, aber man muß als Mann doch über ſo etwas hinwegkommen (Fortketzung folgt.) Copyright by Martin reuchtwanger, Halle(Saale) 51 Nachdruck verboten. Dann hatte er ſich zuſammengenommen. Jenny mußte heute nacht in ſeinem Hauſe bleiben. Daran war nicht zu rühren und zu deuteln. Er konnte ſie jetzt um Mitternacht nirgends anders hinbringen. Aber der Ruf ſeiner zu⸗ künftigen Frau mußte tadellos ſein. So hatte er denn die alte Wirtſchafterin, die Babette, geweckt. Und ſie hatte ſich neben dem Fremdenzimmer und neben Jenny einquartiert. Immer wieder war er auf den Zehenſpitzen hinauf— gegangen in den zweiten Stock, wo die Fremdenzimmer 7 jagen. Hatte gehorcht. Kein Laut in Jennys Zimmer. Sie ſchien zu ſchlafen. Er ſelbſt war die ganze Nacht ruhelos auf und ab ge— gangen. Und in das leidenſchaftliche Glücksgefühl, daß Jenny ſein würde, hatten ſich Sorge und Ueberlegung ge— miſcht. Wie würde ſich nun ſein Leben geſtalten? Inge, das war ein ſchwieriges Kapitel. Gewiß, ſie liebte den Vater zärtlich. Und er kannte ihr gutes Herz. Sie würde ſeinem Glück nicht im Wege ſein. Aber vielleicht würde ſie es doch bitter empfinden— daß er ihr in Jenny eine ſo jugendliche Mutter gab. Zuerſt aber mußte etwas anderes, Schwereres getan werden, etwas, das man nicht aufſchieben konnte: die Auseinanderſetzung mit der Familie Göldner. Jenuy ſchlief noch tief und feſt, als Stenzel nach Hage— now fuhr. So ſchwer war ihm dieſer Weg noch nie ge⸗ worden. Er wußte gar nicht, wie er es anfangen ſollte. Aber es mußte doch ausgeſprochen werden. Solange der Sch e»gerſohn Göldners Walter Ewerth hieß, ſolange tonnte es zwiſchen den beiden Familien Stenzel-Göldner teine Beziehungen mehr geben. Es gab etwas, was über der Freundſchaft ſtand, das war die Ehre einer Frau. Und dieſe Ehre hatte Walter Ewerth ſchwer verletzt. Stenzel hatte ſeinen alten Freund Göldner nicht daheim angetroffen. Dieſer war ſchon draußen auf den Feldern. Die letzten Kartoffeln wurden hereingebracht. Da hieß es für den Beſitzer, vom Morgengrauen bis zur Abend— dämmerung mit draußen zu ſein. Nur Frau Liesbeth Göldner war zu Hauſe. Sie ſchien ihn beinahe erwartet zu haben, denn ſie kam ihm ſchon, als er kaum den Braunen in den Hof gelenkt hatte, entgegen. „Kommen Sie herein, Herr Stenzel! Mein Mann iſt nicht da. Aber wenn etwas zu bereden iſt, ſo iſt es beſſer, es geſchieht zwiſchen uns beiden.“ „Sie wiſſen, weswegen ich komme?“, hatte er unſicher gefragt. Sie hatte genickt. „Ich weiß— oder vielmehr, ich kann es mir denken: wegen Jenny. Zu Ihnen iſt ſie alſo gelaufen?“ Geſicht und Stimme der ſonſt ſo gütigen Frau zeigten eine feindſelige Härte, die Stenzel ſofort auch gegen Frau Liesbeth erbitterte. Wortlos war er ihr in das kleine Wohnzimmer gefolgt. Wie oft hatte er hier geſeſſen in dem kleinen altmodiſchen, behaglichen Raum mit den grünen Ripsmöbeln und dem Mahagoniſekretär, erſt mit ſeiner Frau, dann mit Inge. Und dann mit Jenny. Jetzt ſah alles wie feindlich aus. Feindlich war auch das Geſicht Liesbeth Göldners. „Wenn Sie etwa verſuchen wollen, die Jenny mir; wieder ins Haus zu bringen, dann kann ich Ihnen gleich ſagen, das iſt verlorene Liebesmühe. Sie kommt mir nicht mehr über meine Schwelle.“ Da war Stenzel aufgeſtanden. „Sie täuſchen ſich, Frau Göldner. Ich denke gar nicht daran, Sie zu bitten, Jenny wieder zurückzunehmen nach dem, was ihr hier in dieſem Hauſe von Ihrem Schwieger— ſohn widerfahren iſt—“ Da hatte Liesbeth Göldner Stenzel faſſungslos an— geſehen. „Von meinem Schwiegerſohn widerfahren?“ „Na, tun Sie nur nicht ſo, als ob Sie nichts davon wüßten. Es hat keinen Zweck, die Sache zu vertuſchen. Mir gegenüber brauchen Sie nicht zu leugnen. Es bleibt ja auch zwiſchen uns. Das bin ich ſchon meiner Jenny ſchuldig. Ich—“ „Ihrer Jenny?“ Das Geſicht der Frau war weiß ge— worden.„Ihrer Jenny?“ „Ja, meiner Jenny“, hatte Stenzel da drohend geſagt. „Damit Sie es nur wiſſen, Frau Göldner, Jenny iſt meine Braut! Sie iſt zu mir geflüchtet, wie Ihr Schwiegerſohn ſie mitten in der Nacht überfallen hat. Ein Glück, daß das arme Ding gewußt hat, bei mir findet ſie offene Arme und ein offenes Herz. Sie wird meine Frau werden. Und ich möchte Ihnen nur ſagen, es tut mir leid um unſere alte Freundſchaft. Aber zwiſchen uns muß es aus ſein. Das ö bin ich Jenny ſchuldig.“ Da war Liesbeth Göldner in einen Seſſel geſunken. „Heiraten wollen Sie Jenny?— Aus ſein ſoll es zwiſchen uns?“ „Jawohl“, war ſeine Erwiderung geweſen.„Und daß ich mit Ihrem ſauberen Schwiegerſohn nicht abrechne, das tue ich nur Jenny zuliebe. Die hat mich flehentlich darum gebeten, keinen Unfrieden zwiſchen Ihre Ilſe und den feinen Bräutigam zu bringen. Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, löſen Sie die Verlobung lieber auf! S ein Schürzenjäger paßt nicht zu anſtändigen Bürgers⸗ leuten. Der wird Ihre Elſe unglücklich machen. Der wird weiter verſuchen, hinter ſchutzloſen Mädchen her zu ſein.“ Da hatte Liesbeth Göldner ihn nur angeſehen. Alle Härte und Feindſeligkeit waren aus ihrem Geſicht ge⸗ wichen. Mitleid ſtand in ihren Augen, als ſie leiſe ſagte: „Möge Gott Ihnen helfen, lieber, alter Freund!“ Und dann war ſie aufgeſtanden und ſchwerfällig, als ob ihre Glieder ſie nicht trugen, hinausgegangen. Er hatte einen Augenblick dageſtanden, hatte das Gefühl: Du mußt ihr doch nach! So kann eine alte Freundſchaft nicht enden. Wenigſtens die Hand hätte ſie ihm zum Abſchied doch reichen können. Aber ſie war wohl zu verletzt wegen ſeiner harten Worte über den Schwiegerſohn. Und doch, es war ſeine Pflicht geweſen, ihr klaren Wein einzuſchenken. Jedenfalls, wenn die Elſe unglücklich wurde, er hatte Liesbeth Göldner die Augen geöffnet. Aber nun er hier allein ſtand in dem altgewohnten Raume, heute nun zum letzten Male, da brach die Erinnerung an die Vergangen⸗ heit mit ſchmerzlicher Kraft herein. Beinahe durch ein Menſchenalter waren Göldners in Freud und Leid mit ihm verbunden geweſen. Sie aufzugeben, war das erſte Opfer, das Jenny von ihm forderte. Und wie ein Schauer ging es durch ſeine Seele, wie eine Ahnung, als ob dieſes Opfer nicht das letzte ſein würde. Viertes Kapitel. Hermann Stenzel ſchrak auf. Wie tief er in die Ver⸗ gangenheit verſunken war! Der kleine Wandregulator brachte ihn zur Gegenwart zurück. Weiß Gott, da war es ö ſchon wieder zehn Uhr. Er ſaß und ſaß und war in der Arbeit nicht weitergekommen. Daß doch die Gedanken an die Vergangenheit ihn immer wieder überfielen, als ob man irgend etwas beſſern könnte! Ja, heute war er klug geworden. Heute wußte er, was jener Schauer damals beim Abſchied von Liesbeth Göldner bedeutet hatte. Es war die Vorahnung alles Un⸗ glücks ſeiner zweiten Ehe. Mit dem Augenblick ihrer Verheiratung hatte ſich Jenny vollkommen geändert. Aus der anſchmiegenden, liebevollen Braut war eine herriſche, kalte Frau geworden. Ihre ſcheinbare Anſpruchsloſigkeit war einer geradezu krankhaften Verſchwendungsſucht gewichen. Und er hatte nicht den Mut und nicht die Kraft, ſich ihr entgegenzuſtellen. Für einen guten Blick, für eine Zärt⸗ kichkeit von ihr tat er alles, was in ſeinen Kräften ſtand, ja viel mehr! Keiner außer ihm wußte, wie es wirklich um ihn ſtand. Längſt zog man viel mehr Geld aus dem Unternehmen heraus, als er verantworten konnte. In den erſten Jahren hatte er es nicht ſo geſpürt. Da hatte das Geſchäft geblüht. Die Aufträge liefen ununter⸗ brochen ein. Die Ware wurde ihm aus den Händen ge— riſſen. Die überſtarke Baukonjunktur ſchien niemals enden zu wollen. Da hatte er alle Luxuswünſche ſeiner ſchönen, jungen Frau befriedigen können. Er hatte ſeine Fabrik vergrößert. Er hatte das ſchöne Wohnhaus nebenan auf dem freien Terrain gebaut. Freilich hatte er dazu ſchon die erſten Hypotheken auf ſeinen Landbeſitz aufnehmen müſſen. Aber die Zinſen taten ihm damals nicht viel, denn alle Kunden der großen Ziegelei zahlten prompt und gut. So lange er Jenny geſtatten konnte, das Geld mit vollen Händen auszugeben, ſo lange war die Ehe wenig⸗ ſtens noch einigermaßen erträglich. Zwar war es nicht das trauliche, ſchöne Familienleben geworden, wie er es gehofft und aus ſeiner Zeit mit Liesbeth gewohnt war. Jenny ſchien nur einen Ehrgeiz zu kennen: in der Kreisſtadt die erſte Rolle zu ſpielen. Er hatte ſeit dem Tode ſeiner Liesbeth ſehr zurückgezogen gelebt. Wenn man ſo arbeitete wie er, war man auch abends müde und froh, ſeine Ruhe zu haben. Aber Jenny hatte erklärt: „Ich bin jung. Ich will mein Leben genießen. Ich will nicht jeden Abend zu Hauſe ſitzen und die vier Wände anſtarren.“ Er hatte ſich fügen müſſen. Die alten Freunde, die er hier und da unter den Gewerbetreibenden der Kreisſtadt hatte, kamen ſeltener und ſeltener. Sie fühlten ſich in dem neuen, prunkvollen Wohnhauſe nicht wohl, und Jenny! hatte eine ſpöttiſch⸗kühle Art, die alle ernüchterte. Dabei konnte ſie ſo liebenswürdig ſein, wenn ſie wollte. Aber ſie wollte nicht immer, ſondern nur da, wo es ihr darauf ankam. 5 Auf ihr Drängen ließ ſich Stenzel in die Stadt⸗ vertretung wählen. Auf ihr Drängen machte ſie die große Stenzel⸗Stiftung, die ihn eine Menge Geld koſtete und ihm den Titel„Kommiſſionsrat“ einbrachte. Ihm lag nichts am Titel und nichts daran, daß über dem Portal des Invalidenheims in goldenen Lettern ſein Name ſtand. Er hatte bis dahin gegeben, immer und mit offener Hand. Aber er hatte nie ſeinen Namen in die Liſte geſetzt. Sein Grundſatz war geweſen: Wer ſchnell gibt, gibt doppelt, und wer unerkannt gibt, gibt ehrlich. Aber Frau Jenny hatte es keine Ruhe gelaſſen.„So⸗ lange du nichts haſt als die Ziegelei und die Bauern⸗ wirtſchaft“, hatte ſie verächtlich erklärt,„ſolange biſt du trotz deines Geldes gar nichts.— Der Titel macht den Menſchen, lieber Hermann!“ Er hatte ſich ſeufzend gefügt. Kaum hatte er den Titel, ſo beſtand Jenny darauf, daß man in der Umgegend bei den Gutsbeſitzern Beſuche machte. „Muß das ſein?“, hatte er müde gefragt.„Wir ſind früher ohne die Leute ausgekommen und ſie ohne uns. Es ſind faſt alle gute Kunden von mir. Aber ob ſie nicht doch hochmütig ſind und mich als einen Eindringling anſehen, das weiß ich ja nicht.“ „Aber ich will aus dem Spießerkreiſe hier heraus“, hatte Jenny mit blitzenden Augen erklärt.„Laß mich nur dafür ſorgen, daß wir den Leuten willkommen find! Geld iſt Macht, mein Freund, auch in der Geſellſchaft. Und da du das Geld haſt, ſo möchte ich doch einmal ſehen, ob wir nicht ebenſoviel gelten wie die anderen Leute.“ Tatſächlich war ein ziemlich lebhafter Verkehr mit einer Reihe von Gutsbeſitzern in der Umgebung zuſtande ge— kommen. Jenny hatte triumphiert, daß ſie recht be⸗ halten. Er hatte geſchwiegen. Sollte er ihr ihre Eitelkeit, dieſen Glauben, nehmen? Ach, er ſelbſt wußte nur zu gut, wie⸗ viel von dieſen neuen Beziehungen wirklich auf die Rech⸗ nung der Freundſchaft zu ſetzen war und wieviel auf eine andere. Immer häufiger kam es vor, daß einer von den Guts⸗ beſitzern bei ihm ein kleines Darlehen aufnahm, oder daß man die Rechnung für die Ziegellieferung langſam und nur in kleinen Raten bezahlte. Früher hatte er dann mahnen können. Jetzt war ihm das nicht möglich. Er war zu feinfühlig, da energiſch vorzugehen, wo er geſell⸗ ſchaftliche Beziehungen hatte. Schließlich wurde er auch müde, ewig den Kampf gegen Jennys Vergnügungsſucht und ihren Leichtſinn zu führen. Nach den erſten Szenen, in denen ſie geſchrien und ge⸗ tobt ſowie erklärt hatte, er müßte wiſſen, was er einer jungen, ſchönen Frau ſchuldig wäre, hatte er geſchwiegen, hatte gezahlt und immer wieder gezahlt. Nur ſo konnte er ihre gute Laune, ihre Liebe immer neu erkaufen. Und er konnte nicht ohne Jenny leben. Er ſah den Abgrund, dem er zuging. Aber er war zu ſchwach gegen die, die ihn hineinlockte. 8 0 Plötzlich war der Wirtſchaftsumſchwung gekommen. Die Bautätigkeit hörte auf. Schuldner gerieten in Ver⸗ mögensverfall, erteilte Aufträge wurden zurückgezogen. Aber die Verbindlichkeiten, die er eingegangen, blieben. Lange hatte er geſchwiegen, mit keinem Menſchen darüber geſprochen. Sogar ſein guter alter Geſchäfts⸗ führer Handorff war von ihm im unklaren gelaſſen worden. Als Jenny wieder einmal mit der Forderung nach einem neuen Auto kam, da endlich hatte er ſich aufgerafft. In einer langen Ausſprache hatte er ihr ſchonungslos ge⸗ ſagt, wie es eigentlich ſtände. „Ich weiß nicht mehr ein noch aus, Jenny! Die Hypo⸗ thekenzinſen auf dem Grundſtück erdrücken mich. Wenn ich nicht irgendwoher Geld ſchaffe, kann ich zum nächſten Quartalserſten meinen Verpflichtungen nicht nachkommen.“ „Nun, ſo borge dir doch Geld!“, war Jennys Antwort geweſen. „Heutzutage borgt keiner“, hatte er erwidert. Da hatte Jenny geſagt: „Sag mal, wozu brauchen wir eigentlich draußen den Grundbeſitz? Du ſagſt, daß die Erträgniſſe aus dem Boden bei den ſchlechten Preiſen auch nichts mehr wert wären. Verkaufe doch den ganzen Krempel! Da biſt du die Sorgen dann los.“ „Verkaufen“, hatte er gefragt,„das Land, das mir vom Vater her überkommen?“ Jenny hatte verächtlich aufgelacht: „Hör bloß mit deinem ſentimentalen Unſinn auf!— Schlimm genug, daß dir das Land von deinem Vater über⸗ kommen iſt. Bleibſt doch ewig der Bauer— und dafür Sorgen und Schulden? Ich habe das Land da draußen ſchon lange ſatt. Wenn wir nicht im Sommer ewig draußen hocken würden, hätten wir ſchon längſt ein paar ſchöne Reiſen machen können. Verkaufe, ehe es zu ſpät iſt! Einmal mußt du es ja doch. Dann beſſer heute als morgen!“ „Und wenn ich es verkaufe, was iſt damit gewonnen? In ein paar Jahren ſtehen wir gerade ſo da wie heute. Du weißt ja nicht, wie man mit Geld umgeht. Haſt du eine Ahnung, was in den letzten Jahren bei uns verwirt⸗ ſchaftet iſt, was ich alles unterlaſſen habe, was hätte ge⸗ ſchehen müſſen! Aber zu nichts bleibt Geld, weil du alles verſchleuderſt. Ich habe nicht einmal genug, um meine Steuern zu zahlen und meine Verſicherungen.“ „Und du?“ hatte ſie zurückgefragt, und ihr ſchönes Ge⸗ ſicht war von Haß und Zorn entſtellt.„Wirſſt du nicht das Geld zum Fenſter hinaus? Wenn ich denke: den Kindergarten für die Arbeiterkinder, die Krankenſtation— alles umſonſt. Wer hat früher ſolche Einrichtungen ge⸗ kannt? Die Kinder ſind auch ſo groß geworden und die Leute auch ſo geſund.— No rtſetzung folgt!. es Reichspräſidenten aufgetaucht Hindenburgs Entſcheidung Die Entſcheidung des Reichspräſidenken über das Rücktrittsgeſuch des Reichswirk chaflsminiſter⸗ Dr. Hugenberg iſt im Laufe der Nacht noch nicht gefallen; ſie wird, wie berlauket, heute. Mittwoch, getroffen. Dr. Hugenberg. Gegen unbefugte „Verhaftungen“ Eine Warnung des Staatskommiſſars Beſt. Darmſtadt. 28. Juni. Die Staatspreſſeſtelle teilt mit: „Es beſteht Anlaß, darauf hinzuweiſen, daß Verhaftungen nur von Organen der ordent⸗ lichen Polizet vorgenommen werden dür⸗ fen. Auch Angehörige der Hilfspolizei dürfen hut gemeinſam mit Beamten der ordentlichen Poſizei tätig werden. b Wer— ohne Polizeibeamter zu ſein— inen anderen„verhaftet“, macht ſich wegen Freiheitsberaubung und wegen Anmaßung von Amtsgewalt ſtrafbar. Die Staatsautorität fordert ſchärſſtes Einſchreiten gegen dieſe Eigenmächtigkeiten. Die Betroffenen werden zusdrücklich aufgefordert, Strafanzeige u erſtatten.“ i gez. Dr. Beſt, Staatskommiſſar für das Polizeiweſen in Heſſen. Deutſche Tagesschau Bom KReichspräſidenken. Staatsſekretär Meißner iſt am Diens⸗ Nagabend von Berlin nach Neudeck ab⸗ gefahren zum Vortrag beim Reichsprea⸗ ſidenten. Am Donnerstag, 29. Juni, wird der Reichspräſident auf ſeinem Stamm⸗ itz den ſcheidenden britiſchen Votſchafter Sir Horace Rumbold in Abſchiedsaudienz emp⸗ fangen. Wenn in den letzten Tagen Gerüch⸗ le über einen ſchlechten ide de ſind. ſo „Gorch Fol“ in dürfte die Tatſache, daß der Reichspräſident ſeine Arbeit in keiner Weiſe unterbricht, der beſte Beweis für das Gegenteil ſein. Iweijährige Bewährungsfriſt. „Die Reichsleitung der NSDAP. hat ver⸗ fügt, daß Mitglieder der NSDAP., die nach dem 30. Januar 1933 ihren Beitritt erklärt haben, ſich einer zweijährigen Bewährungs— zeit unterwerfen müſſen. Erſt nach Ablauf dieſer Friſt wird ihnen, ſofern ſie ſich be⸗ währt haben, an Stelle der Mitgliedskarte das Mitgliedsbuch zum Zeichen der endgültigen Aufnahme ausgehändigt. Aus⸗ nahmen können nur in außergewöhnlichen Fällen ſeitens der Reichsleitung genehmigt werden. Die Verfügung ſoll keine Degradie— rung der neu zur Bewegung gekommenen Mitglieder ſein, ſondern lediglich Provoka— teuren die Arbeit erſchweren und die Ge⸗ ſchloſſenheit der Bewegung ſichern. Auslands⸗Nundſchau Anſchlag in Budapeſt. Unbekannte Täter warfen in Budapeſt durch das Kellerfenſter einer Druckerei, in der das Preſſeorgan der ungarländiſchen nationalſozialiſtiſchen Arbeiterpartei herge— ſtellt wird, eine große Glasflaſche Benzin mit einem brennenden Lappen. Das Benzin fing Feuer und ſteckte einen Schrank in Brand, in dem die Garderobe des Setzerper— ſonales aufbewahrt war. Das Feuer wurde rechtzeitig bemerkt und konnte gelöſcht wer— den, ehe größeres Unheil geſchah. Chineſiſche Matroſen⸗Meuterei. Aus Schanghai wird berichtet, daß die nordoſtchineſiſchen Seeſtreitkräfte unter dem Befehl des Admirals Schen ſich wegen der Bedingungen des chineſiſch-japaniſchen Waf⸗ fenſtillſtandes von Tangku gegen die Nan⸗ king⸗Regierung erhoben haben. Admi⸗ ral Schen ſelbſt. der zur Nanking-Regierung gehalten habe, ſei das Opfer eines Atten⸗ kates geworden und ums Leben gekom— men. Politisches Allerlei Berlin. Der preußiſche Miniſterpräſident Göring hat in einem Runderlaß an die Polizeibehörden nochmals auf eine ſtraffe Durchführung des Geſetzes zum Schutze der nationalen Symbole hingewieſen und insbeſondere um Bekämpfung der Verwendung nationaler Symbole zu gewerblichen Zwecken erſucht. München. Der deutſchnationale Staatsſekre⸗ tär Stocker hat um Aufnahme zur NSDAP nachgeſucht. Die Vorſtandſchaft des Bundes des gewerblichen Mittelſtandes hat beſchloſ— ſen, die Mitglieder des deutſchnationalen Bun⸗ des des gewerblichen Mittelſtandes in Bayern in die NSDAP überzuleiten. Danzig. Der Danziger Landesführer der Kampffront Schwarz⸗Weiß⸗Rot, Rechtsanwalt Weiſe, hat durch Sonderbefehl vom 22. Juni Dieult geſtellt Das neue Segelſchulſchiff der Neichsmarine Kiel, 28. Jun. Das neue Segelſchulſchiff der Reichsmarine Gorch Fock“, das Erſatzſchiff für die un⸗ tergegangene„Niobe“, wurde am Diens⸗ tag in Dienſt geſtellt. An Bord des Schiffes, das an der Blücherbrüche im Kieler Binnen⸗ hafen lag, hatte die künftige Stammbe⸗ Natzung Außfſtellung genommen. Nach dem [Abſchreiten der Kapitän zur See Mewis lin der er zundchſt des Unterganges des Segel⸗ ulſchiffes„Niobe“ am 26. Juli v. J. in Fehmarn⸗Belt gedachte, wobei 69 Seeleute Front hielt der künftige eine Anſprache, den Tod gefunden hatten. Eine Minute des Schweigens für die toten Kameraden unter⸗ brach die Anſprache, während die Kapelle das Lied vom guten Kameraden ſpielte. Man dürfe, fuhr der Kommandant weiter fort. die Gedanken nicht nur in der Ver⸗ gangenheit weilen laſſen, ſondern muſſe den Blick in die Zukunft richten in einer Zeit der nationalen Erhebung, wo unter Führung des hochverehrten Herrn Reichs⸗ präſidenten ſtarrne Männer das Ruder des Staatsſchiffes ergrifſen hätten. Kapitän Mewis verlas anſchließend ein Glück⸗ wunſchtelegramm des Chefs der Marinelei⸗ tung Admiral Räder, in dem es heißt:„Möge der„Gorch Fock“ ſeiner verantwortungsvollen Aufgabe der Heranbildung tüchtiger Führer zur See ſtets gerecht werden. Im Geiſte un⸗ ſerer Gefallenen vorwärts fürs Vaterland.“ Nach einem Hurra auf den Reichspräſidenten und den Reichskanzler wurden Flagge und Wimpel geſetzt. Mit dem Deutſchlandlied fand die kurze Feier ihren Abſchluß. Letzte Nachrichten Kirche und Arbeitervereine. Breslau, 28. Juni. Kardinal Bertram be⸗ zeichnet in einem Schreiben die katholiſchen Arbeitervereine, die als kirchliche Einrichtung unter Schutz und Aufſicht der Kirche ſtünden, als wertvolle Hilfe zum Kampf gegen Gott— loſe, Marxiſten und Bolſchewiſten. Kommuniſtiſche Geheimorganiſation aufge- hoben. Breslau, 28. Juni. Die Geheime Staats- polizei iſt einer großen kommuniſtiſchen Ge⸗ heimorganiſation auf die Spur gekommen. Eine große Anzahl langgeſuchter kommuni⸗ ſtiſcher Führer und Funktionäre wurden feſtgenommen, unter ihnen der Gründer des Spartakus⸗-Bundes am 1. Januar 1916 und der KPD. im Jahre 1918. Rücktrittsgeſuch hugenbergs Berlin, 27. Juni. Die ſeit einiger Zeit immer wiederkehren- den Gerüchte von einem bevorſtehenden Rücktritt des Reichsminiſters Dr. Hugenberg haben nun ihre Beſtäkigung gefunden: Der Reichswirtſchaftsminiſter hat am Dienstag abend dem Reichspräſidenten von Hinden⸗ burg ſein RKücktrittsgeſuch überreicht. Man erwartet, daß die Entſcheidung des Reichs- präſidenten über das Geſuch noch in der Nacht fallen wird. Wie verlautet, ſteht die Auflöſung der Deutſchnakionalen Front bevor. Verſailles (28. Juni 1919.) Auf Halbmaſt die Fahnen, Sie mahnen, ſie mahnen An ſchwarzeſten Tag. Deutſchland geknechtet, Deutſchland entrechtet Zu bitterſter Schmach. Siegvolk verraten. Umſonſt Heldentaten Und Opfer viel... Machtlos und wehrlos, In Lugſchuld ehrlos, Des Haſſes Spiel... Zerriſſen, geſpalten, Fremden Gewalten Heimat vermacht— Beraubt und verpfändet, Verſklavt und geſchändet, Ein Volk der Nacht. Auf Halbmaſt die Fahnen, Sie mahnen, ſie mahnen: Vergiß nie den Tag! 5 f Und' diene dem Ganzen in künftiger Zeit, Deutſchland ſei Loſung in Ewigkeit. Dann löſch'ſt du die Schmach. Adolf König. — Geiſtlücher überfallen Eine Verfügung der Gauleikung. Ludwigshafen a. Rh., 28. Juni. In Rheingönheim wurde in der Nacht vom 26. auf 27. Juni der Geiſtliche Caroli von drei vermummten Perſonen heimtücki⸗ ſcherweiſe überfallen und niedergeſchlagen, ſo daß der Geiſtliche in ſchwerverletztem Ju- ſtand ins Krankenhaus eingelieferk werden mußzte. Da es ſich bei den Tälern auf ſeden Fall um gemeine Verbrecher handelt, wird für ihre Namhaftmachung und Ergreifung unter Ausſchluß des Rechtsweges eine Be⸗ lohnung von 500 Mark ausgeſetzt. Die Gau⸗ leitung nimmt an, daß Provokakeure mit der Abſichk, die Partei zu ſchädigen, am Werk waren, ſelbſt wenn ſie ſich mit ihrer verbre⸗ cheriſchen Abſicht eine Milgliedskarte ver⸗ ſchafft haben ſollten. Ich fordere alle Partei- genoſſen auf, mit allen Mitteln für die Reinhaltung und Sauberkeit der Bewegung zu ſorgen.— Der Vorſitzende des Gau-Anker⸗ ſuchungs- und Schlichtungsausſchuſſes: gez. Leyſer. Auf der Fahrk zum Heimathafen. Das neue Segelſchul⸗ ſchif,„Gorch Fock“ wurde von der Ham⸗ burger Werft in ſeinen Heimathafen Kiel über⸗ geführt. Hein Domgörgen gewann in Köln die deutſche Mittelgewichts⸗ meiſterſchaft im Boxen durch einen. Punktſieg über den Bochumer Seyfried. Furchtbare Bluttat Maaſtricht, 28. Juni. Aus Hoensbrock wird eine furchtbare Bluttat gemeldet. Der belgiſche Staatsange— hörige Janſen, der Beziehungen zu der Stieftochter des Beſitzers der Nuthermühle, Weber, angeknüpft hatte, erſchien in der Mühle und forderte die Herausgabe der dort untergebrachten Möbel. Es kam zu einem Streit, in deſſen Ver- lauf der Belgier den Müller Weber durch mehrere Piſtolenſchüſſe niederſtreckte. Darauf brachte Janſen der Frau Weber, die ihn ſtellle, mit einem Meſſer furchtbare Schnitt- wunden bei. Sodann ſteckte Janſen das Belt der Eheleute in Brand. Nachbarn, die den Qualm bemerkten, konnken noch rechtzeitig das Feuer erſticken. Inzwiſchen war bei der Frau Weber der Tod eingetreten. während man den Müller mit lebensgefährlichen Ver⸗ letzungen ins Krankenhaus Heerlen brachte. Der Täter erklärte der Polizei, er habe die furchtbare Tat verübt, weil das Ehepaar feine Werbung um die Stieftochter abſchlä— gig beſchieden habe. Märkte und Vörſen (Ohne Gewähr.) Vom 27. Juni. Mannheimer Großviehmarkt. Zufuhr und Preiſe: 134 Ochſen 23 bis 31; 116 Bullen 20 bis 29; 234 Küge 11 bis 24; 451 Färſen 22 bis 32; 709 Kälber 27 bis 41; 33 Schafe 20 bis 27; 2153 Schweine 32 bis 38,5; 50 Arbeitspferde 300 bis 1200; 55 Schlachtpferde 25 bis 110; 7 Ziegen nicht notiert.— Marktverlauf: Großvieh und Schweine ruhig, Ueberſtand; Kälber ruhig, une geräumt; Arbeits- und Schlachtpferde ruhig. Karlsruher Schlachtviehmarkt. Auftrieb: 24 Ochſen, 50 Bullen, 34 Kühe, 111 Färſen, 208 Kälber, 914 Schweine. Be⸗ zahlt wurden pro 50 Kilo Lebendgewicht in Rm.: Ochſen 27 bis 31, 25 bis 27, 24 bis 26, 22 bis 24, 20 bis 22, 19 bis 20; Bul⸗ len 26 bis 27, 21 bis 22, 20 bis 21, 17 bis 20; Kühe—, 20 bis 22, 16 bis 20, 11 bis 16; Färſen 27 bis 33, 19 bis 25; Käl⸗ ber—, 39 bis 41, 36 bis 39, 32 bis 36, 20 bis 26: Schweine—, 38 bis 40, 37 bis 40, 34 bis 38, 32 bis 34,—, 24 bis 28. Bekanntmachung. Betr.: Erhebung von Sprunggeldern. Der Gemeinderat hat in ſeiner Sitzung vom 21. Juni 1933 die Sprunggelder mit Wirkung vom 1. Juli 1933 ab wie folgt feſt⸗ geſetzt: Für eine Kuh Für ein Schwein 1,50 RM. Für eine Ziege 0,80 RM. Die Gebühr iſt jeweils für jeden Sprung zu zahlen. Viernheim, den 26. Juni 1933. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim In kommiſſariſcher Vertretung: Bechtel. Amicitia 09 E. V. V' heim U. Vg Sportplatz im Wald mit 2 n Reſt.„Zur Waldſchenke“ Heute Mitwoch, den 28. Juni, nachm. 6 Uhr im Vereinshaus außerordentliche Spieler⸗VBerſammlung zu der alle Aktiven(Fußballer, Handballer, Schwerathleten, Jugend und Schüler) unbe⸗ dingt zu erſcheinen haben. Selbſtverſtändlich muß auch der geſamte Spielausſchuß anweſend ſein. 1,50 RM. J. A. des vorl. Führers Brügel: L. Winkenbach.