Lokales Viernheim, 25. Sept. Vom Sonntag. Nun hat auch der Herbſt kalendermäßig ſeinen Einzug gehalten. Der Herbſt iſt dieſe Jahreszeit, in welcher die Ernte von all dem eingebracht wird, was im Jahre hindurch mit Mühe und Schweiß angebaut und gehegt wurde. Nach der Fruchternte wurde der Tabak einge⸗ bracht und jetzt kommen ſo langſam die Kartof- feln dran. Hoffentlich wird das Ernteergebnis der Kartoffeln ein gutes ſein, damit dieſes Volksnahrungsmittel zu einem angenehmen Preis verkauft werden kann. Die Kinder haben ſeit heute Schulferien und zwar drei Wochen und ſo können ſie kräftig bei der Kartoffelernte mit⸗ helfen.— An örtlichen Ereigniſſen über den geſtrigen Sonntag iſt nicht viel zu berichten. Im Fußball war Ruhetag. Am nächſten Sonn ⸗ tag geht hier der Kampf auf der ganzen Linie an. Die„Grünen“ ſpielen gegen Fendenheim und zwar in Feudenheim. Die unteren Mann- ſchaften beginnen mit den Verbandsſpielen. Auch die Dag iſt jetzt im D§ B eingereiht und zwar in der Kreisklaſſe 2 und beginnt am Sonntag ebenfalls mit den Verbandsſpielen. Die Viern⸗ heimer Dick wird wohl in dieſer Klaſſe den ſtärkſten Gegner abgeben und ſteigt mit den beſten Meiſterſchaftshoffnungen in den Kampf. Glück dazu!— Die Sonntagshochzeit von Herrn Karl Steiert und Frau Gretel geb. Heckmann fand ſehr reiche Anteilnagme. Zur Trauung um 1/12 Uhr hatten ſich ſehr viele Neugierige eingefunden. Die Ss ſchoß beim Verlaſſen der Kirche dem Brautpaar eine Ehrenſalve. Dem jungen Paare unſere herz⸗ lichſten Glückwünſche!— Zum„Tag des Rad⸗ fahrers“, der geſtern in ganz Deutſchland durch⸗ geführt wurde, hat auch der hieſige rührige Verein„Vorwärts“ einen Werbeumzug durch verſchiedene Ortsſtraßen veranſtaltet. In dem Corſozuge wurden die Farben des neuen Deutſch⸗ land mitgeführt.— Im Anſchluß an die ge⸗ waltige Reichstagung der NSDAP fand geſtern in Frankfurt a M. der Gautag für Heſſen und Heſſen⸗Naſſau ſtatt. Unter gewaltiger Anteil⸗ nahme wurde der Gautag, vom ſchönſten Wetter begünſtigt, ein mächtiges Bekenntnis für den Nationalſozialismus und ſeinen Führer Adolf Hitler. Auch die Viernheimer Ortsgruppe nahm in ſtattlicher Anzahl an dieſer Gautagung teil. Bereits am Samstag nachmittag wurde nach einem Werbeumzug durch die Straßen die Fahrt nach Frankfurt angetreten. Geſtern Abend er⸗ folgte die Rückkunft. Für jeden Teilnehmer werden dieſe Stunden in Frankfurt unvergeß⸗ lich ſein.— Der Kath. Kirchenchor„Cäcilia“ beteiligte ſich geſtern an dem Werbeſingen der Kirchengeſangvereine in Lorſch und erzielte mit ſeiner großen Sängerzahl unter der vortrefflichen Stabführung von Herrn Rektor Beller, die erſte Stelle. Der Viernheimer Kirchenchor hat den Ruf unſerer Gemeinde als bekannt guter Sänger⸗ ort recht wirkſam vertreten und wir freuen uns mit ihm über ſeinen ſchönen Erfolg und beglück⸗ wünſchen ihn hierzu.— Die Marianiſche Jüng · lings ſodalität führte geſtern Abend im Freiſchütz das Schauſpiel„Schlageter, ein deutſcher Held“ auf und hatte einen überwältigenden Erfolg. Der Freiſchützſaal war dicht beſetzt von erwartungs⸗ vollen Beſuchern, deren Erwartungen in weit⸗ gehendſtem Maße übertroffen wurden. Die Aufführung„Schlageter“ reiht ſich würdig an all das Gute und Schöne, was uns die Jüng⸗ lingsbühne ſchon alles geſchenkt hat. Am Don⸗ nerstag Abend findet die zweite Vorſtellung ſtatt, deren Beſuch beſtens empfohlen werden kann. e Der Polizeibericht der letzten Woche meldet folgende Anzeigen: 6 wegen Betteln, 1 wegen Ruheſtörung und 1 wegen Vergehen geg. die Gewerbeordnung bezw. Hauſieren ohne Ge⸗ werbeſchein. * Polizeiſtreife gegen den Bettel⸗ unfug. Im Laufe der letzten Woche wurden in ganz Deutſchland Polizeiſtreifen gegen den Bettelunfug durchgeführt. Auch hier wurden 6 Bettler feſtgenommen und dem Amtsgericht Lam⸗ pertheim vorgeführt. »Schlageter. Furchtbar hat das Schick ſal Deutſchland imRuhrkrieg heimgeſucht. Traurig, tieftraurig die Lage der Bewohner, das Los der Ausgewieſenen. Und machtlos gegen die Willkühr roher Sodadeska, gegen die rohen Geſinnungen ſchwarzer Regimenter. Mit gigantiſcher Wucht wirkte das alles geſtern Abend auf die Beſucher des Spieles„Schlageter“. Lebenswahr, treu der Geſchichte. Wem da nicht das Herz ſchneller ſchlägt und wer da nicht erregt wird, der hat kein Gefühl mehr, der iſt kein Deutſcher. Nach Beendigung des Spieles herrſchte noch einige Minuten lang lautloſe Stille im Saal. So ſehr hatte dieſes Erleben alle in Bann geſchlagen. Hier einzelne Spieler zu loben oder mehr zu 10 wäre Entweichung. Von der Mar. Jüng⸗ zun Relts wude die Vernehmung der Bulgaren Der dritle Tag des Reichstagsbrandprozeſſes Leipzig, 24. September. Am dritten Verhandlungstag wird die Kontrolle am Eingang des Reichsgerichtsge⸗ richtsgebäude erheblich verſchärft und auch die Preſſevertreter werden im Gegenſatz 99 Vortage wieder auf Waffen durchſucht. eim Eingang in den Sitzungsſaal muß abermals eine Kontrolle paſſiert werden. Urſache dieſer Maßnahmen ſoll der Umſtand ſein, daß es geſtern einigen Perſonen ge⸗ glückt iſt, ohne Karte in den Sitzungsſaal zu kommen. Im Gerichtsſaal ſelbſt iſt vor dem Richter⸗ tiſch ein großes Mikrophon aufgeſtellt und am Mitteleingang ſowie auf der gegenüber⸗ liegenden Fenſterſeite ſind Lautſprecher an⸗ ebracht, um den Preſſevertretern das Ver⸗ 16 der Vorgänge zu erleichtern. Nach Schluß der Vorkagsſitzung hakte der Angeklagte Ernſt Torgler Vertretern der ausländiſchen Preſſe erklärt, er laſſe ſi nicht von dem amerikaniſchen Rechtsanwalt Hayes, der ſich ihm als Verkeidiger angebo⸗ ten halte, verkeidigen, ſondern er habe voll ⸗ ſtes Verirauen zu ſeinem Verkeidiger Dr. Sack. Nach 9,30 Uhr erſcheint der Gerichtshof. Präſident Bünger ſtellt feſt, daß er bei der Erörterung der perſönlichen Verhältniſſe zu⸗ nächſt mit denen des Angeklagten Dimitroff beginnen wolle. Torglers Mutter iſt anweſend Rechtsanwalt Dr. Sack: Die Mukker des Angeklagten Torgler iſt heule im Krankenwagen nach Leipzig gebracht wor⸗ den, um zu ſehen, wie es dem Angeklagten Torgler geht. ch wäre Ihnen ſehr dankbar, Herr ſtallen wi wenn Sie der alten Mut⸗ ker geſtalten würden, auch an der Verhand- lung teilzunehmen. Präſident Bünger: Ich genehmige dieſen Ankrag.(In den Augen des Angeklagten Torgler ſieht man Tränen aufſteigen.) Rechtsanwalt Sack weiſt weiter darauf hin, daß er die Verteidigung Torglers erſt übernommen habe, als dieſer ihm die feier⸗ liche Verſicherung gegeben habe, er ſei an dem Reichstagsbrand unſchuldig. Bleibt Lubbe verhandlungsfähia? Der Verteidiger bittet um Juziehung eines Arztes. Rechtsanwalt Dr. Seuffert weiſt dar⸗ auf hin, daß der Angeklagte van der Lubbe heute einen ganz niedergedrückten, vollſtän⸗ dig apathiſchen Eindruck mache. Er habe er⸗ fahren, daß er während der Verhandlung weder ißt noch trinkt. „Rechtsanwalt Seuffert erſucht, daß ein Arzt zur Ueberwachung des Geſund⸗ heikszuſtandes des Angeklagten der Ver⸗ handlung beiwohnk, weil ſonſt die Ge⸗ fahr beſtehe, daß der Angeklagte ver⸗ handlungsunfähig wird. Präſident Dr. Bünger gibt dieſem An⸗ trage ſtatt. Der Vorſitzende ſchreitet dann zur Ver ⸗ nehmung des bulgariſchen Angeklagten Dimitroff. Der Angeklagte, ein hoch⸗ gewachſener Mann mit dichtem graumelier⸗ ten Haar, tritt bei der Vernehmung vor den Richtertiſch. Er iſt 1882 in Radomir in Bul⸗ garien geboten und lebte bis zu ſeiner Ver⸗ haftung in Berlin⸗Steglitz als Schriftſteller. Auf die Frage nach den Vorſtrafen ant⸗ wortete er, er ſei ſeines Wiſſens in Bulga⸗ rien zum Tode verurteilt worden, näheres darüber aber habe ihn nicht intereſſiert. Auf weitere Fragen des Vorſitzenden antwortet Dimitroff:„Für mich hat die Verurteilung keine Bedeutung.“ Der auſſälfige Dimitroff Vorſitzender: Aber vielleicht für uns. Ich frage Sie nur, ob Sie die Ihnen vorgehal⸗ tigen können. a 5 f Angeklagter Dimitroff: Nun gut, dann be⸗ ſtätige ich das eben. 8 Vorſitzender: Dimitroff, ich will Ihnen eines ſagen, benehmen Sie ſich hier be ſcheiden und ruhig. Wenn Sie das nicht tun, kommen Sie bei uns nicht durch. Wenn ich Ihnen die Vorſtrafen vorhalte, ſo kommt es nicht darauf an, ob Ihnen das gleichgültig iſt oder nicht. „Dimitroff ſpricht dann über die Organiſa⸗ lion der Kommuniſtiſchen Partei in Bulga⸗ rien, die opportuniſtiſch und nicht revolutio⸗ när geweſen ſei, woraus ſich der Mißerfolg des Aufſtandes von 1923 erkläre. Auf weitere Fragen des Vorſitzenden er⸗ klärt der Angeklagte, daß das Attentat auf den 7092 und der Brand der Kathedrale im Jahre 1924 gegen den Willen der Kommu⸗ niſtiſchen Partei durchgeführt und von der Partei verurteilt worden ſeien. Er ſelbſt ſei damals in Moskau geweſen. Im weiteren Verlauf der Ausſage des An⸗ geklagten ſah ſich der Vorſitzende wiederum zenötigt, den Angeklagten zu erſuchen, be⸗ ſcheidener aufzutreten als bisher. Dimitroff gibt dann an, 1 er im Jahre 1929 nach Berlin gekommen ſei. Er ſei nie⸗ mals polizeilich gemeldet geweſen. Er be⸗ Paßfal einen Paß einer kommuniſtiſchen aßfälſcherzentrale gehabt zu haben. „Die flammende politiſche Rede“ Nach einer kurzen eingelegten Pauſe wird nochmals der Kriminalkommiſſar Heiſig vorgerufen, der eine Auskunft über die erſte Vernehmung Lubbes unmittelbar nach der Verhaftung gibt und der die Frage des einen Unklagevertreters, Landgerichtsdirektor Por⸗ riſius, ob Lubbe auf den Hinweis, er werde vor das Reichsgericht in Leipzig kommen, ge⸗ ſagt haben ſoll: „Na, das iſt ja fein, da werde ich eine große, ae politiſche Rede hal- en.“ Zeuge Heiſig: Ich kann mich an dieſen Ausſpruch erinnern. Ich habe veranlaßt, daß Reſe Aeußerung protokollariſch feſtgelegt wurde. Der Vorſitzende fragt den Angeklag⸗ zen, ob er früher eine ſolche flammende Rede angekündigt habe. Der Angeklagte van der Lubbe blickt zu⸗ nächſt ſchweigend zu Boden und murmelt dann leiſe: Nein. Dann wird die Vernehmung des Ange⸗ jagten Dimitroff fortgeſetzt. Er erklärt auf Befragen, daß er ſich von Januar bis Juli 1932 in verſchiedenen ruſſiſchen Sanatorien wegen eines Lungenleidens aufgehalten habe. In Moskau habe er dann eine Reiſe durch Europa vorbereitet, bei der es ihm zarauf ankam, Propaganda für eine weitere Ziusdehnung des bevorſtehenden neuen bul⸗ gariſchen Amneſtiegeſetzes. Im Juli 1932 ſei er nach Berlin zurückgekehrt. Dimitroff be⸗ ſtreitet, daß eingeſtellte Zahlen, die in ſei⸗ nem Notizbuch gefunden wurden, in der richtigen Folge die Telephonnummern von bekannten Kommuniſten und der ruſſiſchen Handelsvertretung in Berlin ſeien. Auf die Frage, ob er verheiralet ſei, er⸗ klärt Dimitroff: Verheiratet geweſen. Meine Frau iſt im Mai d. J. in Moskau geſtor⸗ ben. In der Anklageſchrift wire behauptet, daß ich, obwohl verheiratet, unter dem fal. ſchen Namen Dr. Schasla⸗Schiaidt mich mit einer Dame verlobt und auch gedruate Ver⸗ lobungsanzeigen verſchickt hätte. Tieſe Be ⸗ hauptung iſt mir in der aanzen Vorunter⸗ ſuchung fremd geblieben. Den Angeklagten wird dann eine gedruckte Korte vorgelegt mit der Aufſchrift:„Als Verlobte eſapfehlen ſich: Anni Krüger geb. Matzmann und Dr. John Schasla⸗Schmidt, Potsdam.“ Der Angeklagte Dimitroff erklärt erregt, er ſehe dieſe Karte zum erſtenmal. tene Auskunft über Ihre Vorſtrafen beſtä⸗ g Er beſtreite ganz lategoriſch, verlobt habe, 11 0 1010 arten habe drucken laſſen. Trotz der Ermahnungen des Vorſitzenden redet der 4 0 in eine immer größere Wut hinein. Vorſitzender: Wenn Sie in dieſem Tone fort. fahren, Dimitroff, breche ich Ihre Verneh. mung ab und wit werden uns darüber ſchlif. ſig machen, ob Sie überhaupt noch der Ver. 11050 weiter beiwohnen dürfen. Ueber die erlobungskarte werden wir nachher die Frau Krüger als Zeugin vernehmen. Damit iſt die Sache für jetzt erledigt. Der gefſälſchte Paz Schließlich betont Dimitroff, daß, obwohl er ein begeiſterter Freund der Sowjetrepu⸗ blik ſei, er nie ein Abgeſandter der ruſſiſchen Kommuniſten geweſen ſei, und auf eine Jwi⸗ ſchenbemerkung des Vorſitzenden, daß er bis⸗ her ja immer beſtritten habe, etwas mit den Reichstagsbrand zu tun gehabt zu haben. er⸗ klärt er weiter, ſeine einzige Schuld ſei, daz er unangemeldet in Deutſchland gelebt habe, Es wird dann aufzuklären verſucht, wam Dimitroff die beiden anderen angeklagten Bul⸗ garen kennen gelernt hat; er hat darüber widerſprechende Angaben gemacht. Hierauf wird der Berliner Kriminalaſſiſtent Bauch über die Herkunft des falſchen Paſſes von Dimitroff vernommen. Dieſen Paß, der auf den Namen Hediger ausgeſtellt war, hat der Zeuge als ein Produkt aus der großen kommuniſtiſchen Paßfülſcherwerkſtatt in Wilmersdorf er⸗ kannt, die mit den raffinierteſten Fälſchermethoden arbeiteten, ſo daß die Fälſchungen nur nach ganz gründlicher Prüfung zu erkennen ſeien. Die Vernehmung Popoffs Popoff iſt im November 1902 in einen Dorf bei Sofia geboren. Er iſt verheiratet, Seine Frau lebt in Moskau. Bei der Er⸗ örterung ſeiner Vorſtrafen gibt der Angeklagte zu, daß er im Juni 1932 wegen ſeiner Mit⸗ gliedſchaft im Zentralkomitee der Bulgariſchen Kommuniſtiſchen Partei in Abweſenheit zu zwölfeinhalb Jahren Zuchthaus und 15 Jah⸗ ren Ehrverluſt verurteilt worden ſei. An den bewaffneten Aufſtand von 1923 habe er aber nicht teilgenommen. Er ſei aber doch, obwohl er nicht verfolgt wurde, geflüchtet und nach Wien gegangen. Der Vorſitzende unterbricht dann die Ver⸗ handlungen durch eine längere Pauſe. Erledigter Zwiſchenfall. Nach der Pauſe kommt der Oberreichsan⸗ walt auf die geſtrige Mitteilung des Rechts anwaltes Dr. Sack über die Berichtet⸗ ſtattung der Rio⸗Preſſe über den Prozeß zurück. Seine Ermittlungen hätten ei geben, daß die Rio⸗Preſſe von keinem der in Gericht anweſenden Herren der Preſſe bedient worden iſt. Damit ſei die Angelegenheit ei ledigt. Bei der weiteren Vernehmung Popoffs er gibt ſich, daß er von 1925—29 in Mosla war. Er ging dann nach Bulgarien zurlüc, wurde verhaftet, konnte fliehen und ging wie der nach Moskau. Wie er erklärt, hat früher andere Angaben über ſeinen Aufent halt gemacht als ſpäter, weil es ihm nicht einen Moment möglich ſchien, mit dem unge heuren Verbrechen des Reichstagsbrandes Verbindung gebracht zu ſein, er vielmehr fürch⸗ tete, daß die bulgariſche Polizei von ſeinen Aufenthalt in Rußland erfahren könne. Auf die Frage, ob er in Berlin in komm niſtiſchen Kreiſen verkehrt habe, erwiderte Po“ poff, daß er mit keiner führende Per ſönlichkeit politiſcher Parteien je zu ſammengeweſen ſei und auch keine kenne. Et habe in Berlin die bulgariſche Amneſtie al- warten wollen und den Auftrag gehabt, fit die bulgariſchen Emigranten zu ſorgen. Damit iſt auch die Vernehmung über die 9 des Angeklagten Popoff abgeſchloſſen. ie Verhandlung wird auf Montag 9.30 Uh vertagt. lingsſodalität erwartet man einfach etwas Großes. Wiederholung am Donnerstag 28. September. „Schwarzarbeit u. Unterſtützungs⸗ empfänger. Auf der zweiten Seite der heut igen Ausgabe bringen wir den Artikel„Schwarz⸗ arbeit und Unterſtützungsempfänger“. Die Auf⸗ nahme desſelben erfolgte auf Wunſch der Bür⸗ germeiſterei, weshalb der Inhalt der beſonderen Beachtung empfohlen wird. *Der Reichskanzler ſpendet für Oeſchelbronn 5000 RM. Zur Linderung der Not durch das Brandunglück in Oeſchelbronn Geſchädigten hat der Reichskanzler 5000 RM. zur Verfügung geſtellt. 0 l (Invalide) sucht Beschäfligung Ein wachſamer guter Hofhund drahthaariger Schnauzer ſofort billig zu ver⸗ kaufen. Von wem, zu er⸗ fragen im Verlag. Exp. des Blattes. Zu erfragen in der Bekanntmachung. Es wird immer wieder die Wahrnehmung gemacht, dass den Hoheitszeichen des Reiches, der Länder und der nationalen Verbände nieht die nötige Nehtung ent gegengebracht wird. Wir machen daber darauf auf- merksam, dass die Fahnen und sonstigen Hoheitszeichen der vorgenannten Körperschaften und Verbände beim hissen oder beim Vorbeizieben von ſeqem Deutschen mit dem deutschen Gruss ꝛu grüssen sind. Die Folgen bei hichtbeachtung dieser Bürger- pflieht muss jeder selbst auf sſeh nehmen. Uiefnhein, den 22. September 1033 hessisches Pollzeiant z J. U.: Kraus. Schöne und Küche mieten. waloſtraße 1 Se agb stel, Kittel, 34450 Schuhe, Lederjacken Smoking, Hoch zeitsaunzüge (auch leihwefse) Feldstecher, Unren, Musik instrumente Koffer Mannheim fürchtet alle ö eines neuen Krieges mit noch kataſtrophaleren wirtſchaftlichen Folgen. inhaltsleer, die die ungleich wichtigere man den unterrichtete Korreſpondent Times“ glaubt ſogar, daß in Genf die Aus⸗ ſichten für eine allgemeine Verſtändigung viel beſſer ſeien als ſie es in Paris waren, wobei er ſich freilich der Schwierigkeiten nicht ver⸗ 5! g an kinderloſes Ehepant bis 1. Oktober zu ver — iernheimer Anzeiger g(Biernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1.40 k. frei ins Haus gebracht.— Gratisbeilagen: wöchentl. das achtſeitige illustrierte aktuelle, intereſſante„Sonntagsblatt“, halbjährlich einen Fahrplan ſowie einen Band- kalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. beim Zeitungsträger Erſtes, älteſtes u. erfolgreichſtes Lokal⸗Anzeigeblatt in Viernheim 117.— Telegramme: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſ Fe rbs. N.— ng, Druch u. Verlag: Joh. Martin, Geéſchäfts ftelle Ktonto Nr. 21877 Amt Viernheimer Zeitung Sienbeiner Bürger-. Wh. Bolkz Hatt) b reiſet Die einſpaltige Petitzeile koſtet 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg., 0 Wi 15 mittags Geſchkſt erholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ 5„großere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer sſtelle u. von ſämtlichen Annoncen Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes dee bei Anzeigen den lichkeit ö an beſtimmt e eee ee 254 Pc ee Ewe igt.— Für die Aufnahme t übernommen werden Nummer 223 Dienstag, den 26. September 1933 50. Jahrgang Was bringt Genf? Der Auftakt zur Abrüfſtungskonferenz. Die Anſtrengung der ganzen Welt dreht ſich im Grunde 1 um nichts anderes als um die Beſeitigung der wirtſchaftlichen Schwierigkeiten, die der große Krieg als ſchreckliches Erbe hinterlaſſen hat. Darum Welt den möglichen Ausbruch Nun ſteht Genf wieder nach viel Monate langer Pauſe im Mittelpunkt des politiſchen Intereſſes. Das Ergebnis der Beratung die⸗ ſer vierzehnten Verſammlung der Geſellſchaft der Nationen wird mit beſonderer Spannung erwartet. Nicht als ob unter den Beratungs- punkten einer von überragender Bedeutung wäre. Die Tagesordnung der Vollverſamm⸗ lung des Völkerbundes iſt faſt ſo dürftig und wie der vorausgegangenen Tagung des Rates des Völkerbundes. Aber f Verſammlung ſoll der Auftakt ſein für Tagung der Abrü⸗ ſtungskonferenz, deren Beginn— zunächſt und immer noch— auf Mitte Oktober ange⸗ ſetzt iſt. Auf dieſer Völkerbundsverſammlung wird ſozuſagen Stimmung gemacht für die Ab⸗ rüſtungskonferenz. Dieſe Stimmung iſt vor⸗ bereitet worden durch die Veröffentlichungen der franzöſiſchen Preſſe über das Ergebnis der engliſch⸗franzöſiſchen Abrüſtungsvorbe⸗ ſprechungen in Paris. Dabei hat die Pariſer pPreſſe, und das war nicht anders zu erwar⸗ ten, nichts getan, um die Spannung zu ent⸗ ſpannen, ſie hat vielmehr alles getan, um durch tendenziöſe und doppeldeutige Darſtel⸗ lungen die Spannung zu verſchärfen. Wenn franzöſiſchen Blättermeldungen Glauben ſchenken könnte, ſo hätte man ſich in Paris geeinigt und eine Einheitsfront ge⸗ gen Deutſchland geſchaffen, der außer Eng⸗ land und Frankreich auch Italien angehört und die das Problem der Abrüſtung mit Vor⸗ bedingungen belaſten würde, die ein zweck⸗ gmüßiges Endergebnis mehr als zweifelhaft machen müßte. Nun wird man den Pariſer Zeitungsmel⸗ dungen nicht ſo ohne weiteres Glauben zu ſchenken brauchen. Die Engländer ſollen Wert darauf gelegt haben, die deutſche Dele⸗ gation wiſſen zu laſſen, daß in Paris kei⸗ nesfalls wurde und daß alſo die Ausſprache Deutſchland nicht von vorne herein in ihren Einzelheiten feſtgelegt iſt. Es bleibt alſo die ein bindendes Abkommen 1 mi Möglichkeit, zu verhandeln. Der immer gut der Londoner ſchließt, die noch zu überwinden ſind; Schwie⸗ ligkeiten, die in erſter Linſe wieder in den Forderungen Frankreichs liegen. Dabei iſt 5 beachten, daß England in dieſer ganzen Abrüſtungsfrage auch ſeine beſonderen Wün⸗ ſche und Abſichten hat. England ſpricht zwar nicht ſo viel von ſeiner „Sicherheit“ wie Frankreich das tut, aber es denkt nicht weni⸗ ger daran. Für England geht es bei allen Entſchließungen und Entſcheidungen darum: „Was hat Großbritannien davon!“ Die diesjährige Völkerbundsverſammlung iſt die erſte nach der Uebernahme der Macht durch den Nationalſozialismus in Deutſchland. hr Zuſammentritt ift für den Reichspropa⸗ gandaminiſter Dr. Goebbels, der inzwiſchen Gele 9 iſt, eine willkommene 1 0 enheit, um ſich über die Arbeitsmetho⸗ er er Genfer Inſtitution zu unterrichten. r wird bei dieſem Anlaß ſicherlich mit pro⸗ ö lamenten Perſönlichkeiten der internationa⸗ len Salt in Gedankenaustauſch treten. Aus der Tatſache ſeiner Anweſenheit wird in Gen⸗ ö lach dar Sundekreiſen wohl nicht mit Un⸗ eine „der Schluß gezogen, daß Dr. Goebbels bete der ſich bietenden Gele enheiten dazu enutzen wird, um vor der Weltöffentlichkeit ie Weſen des deutſchen Nationalſozialismus und die Enbwlclunc zum nals ſozialiſti ⸗ ernehmung zur Sache er vierte Tag in Leipzig— Torgler ſagt aus— Wollte Lubbe Propaganda der Tat? Leipzig, 26. Sept. Die Bewachung des Reichsgerichts wird am vierten Verhandlungstag unverändert ſcharf durchgeführt. Das Intereſſe des Publikums hält weiter an, doch ſind ſchon alle Plätze im Parterreraum bis auf den nächſten Monat vergeben. van der Lubbe, von dem es eine Zeitlang ſchien, als ob er verhandlungsunfähig wer⸗ den könnte, befindet ſich nach der Angabe ſei⸗ nes Rechtsbeiſtandes wieder in einem guten Geſundheitszuſtand, ſo daß er der Verhand⸗ lung wird folgen können. Die Schweſter Dimitroffs als Zeugin Bald nach 10 Uhr erſcheint der Gerichtshof im Saal und Senatspräſident Dr. Bünger eröffnet die Verhandlung. Vor Eintritt in die Verhandlungen teilt Rechtsanwalt Dr. Tei⸗ chert mit, daß die Schweſter des Angeklagten Dimitroff in Leipzig eingetroffen ſei und da⸗ rum bitte, zur Verhandlung als Zuhörerin zugelaſſen zu werden. Sie ſolle ferner bezeu⸗ gen, daß Dimitroff bis 1923 Mitglied ver⸗ ſchiedener Körperſchaften in Bulgarien war, ferner auch daß er im Jahre 1931—32 ihr ge⸗ ſchrieben und auch in Moskau erzählt habe, womit er ſich in Deutſchland beſchäftige, näm⸗ lich mit den Verhältniſſen der bulgariſchen kommuniſtiſchen Partei und mit der Samm⸗ lung von Literatur darüber ſowie mit ſchrift⸗ ſtelleriſchen Arbeiten. Die Schweſter Dimitroffs Saal gerufen. Das Gericht beſchließt, die Schweſter zu vernehmen. Dies iſt nur mit Hilfe eines Dolmetſchers möglich. Dabei greift der An⸗ geklagte, Dimitroff, mit Zwiſchenbemerkungen wegen angeblich ungenauer Ueberſetzungen ein und muß vom Vorſitzenden zurecht ge⸗ wieſen werden. Im übrigen beſtätigt die Zeugin die Angaben des Bruders. Die Vernehmung Taneſfs Es beginnt dann die Vernehmung des letz⸗ ten bulgariſchen Angeklagten Taneff, der 36 Jahre alt und Schuhmacher iſt. Er iſt bul⸗ gariſcher Kommuniſt und 1925 wegen illega⸗ ler Tätigkeit in Bulgarien zu 12einhalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden, von denen er 11 Monate bis zur Amneſtie abge⸗ ſeſſen hat. In Abweſenheit iſt er dann 1927 noch einmal zu 12einhalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Nach einer Auskunft der Polizeidirektion Sofia hat Taneff 1925 an den kommu⸗ niſtiſchen Unruhen aktiv teilgenommen. Er war ferner Mitglied einer Geheimorga⸗ niſation, nach deren Aufdeckung er die Gren⸗ ze überſchritt. Der politiſche Polizeidienſt hat weiter erfahren, daß Taneff auch in Wien an kommuniſtiſchen Verſammlungen teilgenom⸗ men hat. Taneff beſtreitet, in Wien kommu⸗ niſtiſche Verſammlungen beſucht zu haben und beſtreitet ferner, Mitglied der Geheimorgani— ſation geweſen zu ſein. Es werden dann die verſchiedenen Wege erörtert, auf denen Taneff von Wien nach Moskau, nach Prag und ſchließlich nach Ber⸗ lin gekommen iſt, wo er am 20. Februar 1933 eingetroffen lei. Bei dieſer Gelegenheit wird wird in den auch die Frage des Paſſes Taneffs beſpro⸗ chen, der zwar das richtige Bild Taneffs zeigt, aber den falſchen Namen Daneff trägt. Rechtsanwalt Seuffert fragt den Angeklag⸗ ten Taneff dann, ob er van der Lubbe früher ſchon gekannt habe. Taneff: Woher ſoll ich ihn kennen? Ich verſtehe kein Work deulſch. Wie ſollte ich überhaupt mit ihm zuſammenkommen? Rechtsanwalt Dr. Teichert: Ich möchte feſtſtellen, daß bei 55 Frage der Ange- klagte van der Lubbe ſich vor Lachen ſchültelle. Auf die Frage des Oberreichsanwaltes nach dem Zweck ſeines Berliner Aufenthaltes er— klärt Taneff, er ſei vom Zentralkomitee der bulgariſchen Partei beauftragt geweſen, ge⸗ meinſam mit Popoff die Kampagne für die Amneſtierung der bulgariſchen Emigranten zu fördern. Berlin ſei für dieſe Arbeit das geeignete Zentrum geweſen. Torgler beteuert ſeine Unschuld Als letzter der Angeklagten wird nun der frühere kommuniſtiſche Reichstagsabgeordnete Torgler vernommen. Ehe der Angeklagte Angaben zu feiner Perſon macht, erklärt er, er wolle die erſte Gelegenheit benutzen, um vor der Weltöffent⸗ lichkeit ſeine abſolute Unſchuld zu bekeuern und zu erklären, daß er an dem Reichskags⸗ brand durchaus unbeleiligt ſei. Nachdem er längere Ausführungen in die— ſem Sinne gemacht hatte, erklärt er auf die Frage zu ſeiner Perſon, er ſei als Sohn eines Arbeiters der ſtädtiſchen Gasanſtalt geboren. Er wäre gern Volksſchullehrer geworden, wurde aber wegen der Armut ſeiner Eltern nach Beendigung der Gemeindeſchule kauf— männiſcher Lehrling in einem Herrenmoden-⸗ 55 eh zweiten Teiles der Anklage, dem ob⸗ geſchäft. Im Dezember 1914 wurde er zum Militär eingezogen. Fünf Monate war er Armie⸗ rungsſoldat in Ruſſiſch⸗Polen. Später kam er als Infanteriſt an die Weſtfront. Bei Aus⸗ bruch der Revolution hat er als Vorſitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Neu⸗Rup⸗ pin gewirkt 1924 wurde er dann in den Reichstag gewählt. Der politiſche Werdegang Torgler ſchildert dann ſeinen politiſchen Werdegang und führt u. a. aus: Ich möchte mit aller Betonung, auch mit einer gewiſſen Berechtigung und ohne Uebertreibung ſagen, daß der Kampf für den Sozialismus zum Sinn und Inhalt meines Lebens geworden iſt' Was ein Menſch an Idealismus aufbrin⸗ gen kann, das habe ich für die Sache der Arbeiterſchaft aufgebracht, und ich werde auch weikerhin nicht ruhen, mich für die Sache der ee, e einzu· etzen. Ich gebe zu, daß bei mir eine gewiſſe Be⸗ einfluſſung durch meine Mutter vorlag. Mei⸗ ne Mutter iſt ſeit 50 Jahren Sozialiſtin. Mit Vollendung des 18. Lebensjahres wurde ich Mitglied der Sozialdemokratiſchen Partei, der ich bis zur Gründung der Kommuniſtiſchen Partei angehörte. Seit Dezember 1920 bin ich Mitglied der Kommuniſtiſchen Partei Deutſchlands. Im Herbſt 1925 wurde ich Vorſitzender des Beamtenausſchuſſes des Reichstages. In den letzten Jahren war ich noch Mitglied des preußiſchen Staatsrates und 1929 wurde ich Vorſitzender der Kommu⸗ niſtiſchen Reichstagsfraktion. Dem Zentral⸗ komitee der Kommuniſtiſchen Partei habe ich nicht angehört. Landgerichtsdirektor Parriſius verlieſt den Schluß eines Artikels, den Torgler im Februar 1933 in der Zeitſchrift„Der rote Wähler“, dem Mitteilungsblatt der kommu⸗ niſtiſchen Fraktion, deſſen Herausgeber Torg⸗ ler war, veröffentlicht hat. Darin werden die Arbeiter aufgefordert, nicht abzuwarten, was der Stimmzettel am 5. März bringe, ſondern durch die Tat gegen den„faſchiſtiſchen Terror“ vorzugehen. Der Angeklagte Torgler bekennt ſich als Verfaſſer dieſes Artikels, meint aber, auf dieſen Artikel und ſeine Motive erſt dann einzugehen, wenn der Präſident dieſen Zeit⸗ punkt vorſchlage Torgler weiſt dann auf mehrere bei den Akten befindliche Briefe der Familie van der Lubbes hin, in denen von einer kommuniſti⸗ ſchen Arbeiterpartei die Rede ſei. Dieſe Arbeikerparteien. zu denen die Freunde van der Lubbes und ſicherlich auch dieſer ſelbſt gehörten, häkten mil der Kommuniſtiſchen Partei nichts zu kun. ſie ſeien im Gegenteil ihrer anar⸗ chiſtiſchen Einſtellung wegen, deren ſchärfſte Gegner. Die Vernehmung der Angeklagten zu ihrer Perſon iſt damit abgeſchloſſen. a die Tage vor der Tat Lubbes Täligkeit als Agikalor. Das Gericht geht dann zur Behandlung des jektiven Sachverhalt über. Der Vorſitzende wendet ſich zunächſt an den An⸗ geklagten van der Lubbe und fragt ihn, ob es richtig ſei, daß er am 22. Februar 1933 vor dem Neuköllner Wohlfahrtsamt geäußert habe, die Arbeiterſchaft müſſe jetzt mit einer Gegenaktion einſetzen, es ſei dazu noch nicht zu ſpät. Der Angeklagte gibt zu, ſich in ähnlicher Weiſe geäußert zu haben. Vorſitzender: Sie ſollen weiter geſagk ha⸗ ben, man müſſe öffenkliche Gebäude anflecken, damit das Volk aufgerüktelt würde und den Anfang der Revolukion erkennen könne. van der Lubbe äußert ſich zu dieſen Fragen wieder in derſelben zögernden und wi⸗ derſpruchsvollen Weiſe wie am erſten Verhandlungstage. Er gibt ſchließlich zu, daß in ſeiner Gegenwart von der Notwendigkeit geſprochen worden ſei, öffentliche Gebäude anzuzünden. Dagegen beſtreitet er, daß bei dieſer Gelegenheit geſagt worden ſei, der Reichstag müſſe in Brand geſteckt werden. Die Inbrandſetzung öffenklicher Gebäude habe er nicht ſelbſt empfohlen, aber im Laufe des Geſpräches ſei davon geredet worden. Der Vorſitzende ſtellt feſt, daß die jetzigen Bekundungen van der Lub⸗ bes ſich im großen und ganzen mit dem Ergebnis der Vernehmungen der Vor- unkerſuchung decken. neuen Deutſchlands zur Welt darzulegen. Die Welt ſteht dieſem neuen Deutſchland Dr. Goebbels ſelbſt hat es auf der Nieder⸗ waldkundgebung aus eführt— noch mit Un⸗ verſtändnis und Mißtrauen gegenüber. Auch wenn ſie könnte, ſie will das innerſte Weſen des aer eee nicht erkennen und auch nicht die Quellen, denen er entſtrömte. Das zeigt 3. B. ein Artikel der Pariſer Vo- 3255 Staat zu erläutern und den Standpunkt ö fonte“, die bemüht it, die Politik Briands gegen die Angriffe der franzöſiſchen Natio- naliſten zu verteidigen, und die dabei die Urſachen der nationalſozialiſtiſchen Bewegung in Deutſchland unterſucht. Der 0 Vertrag, die Ruhrbeſetzung und die Dauer der Rheinlandokkupation ſind es nach der „Volonte“, die den Geiſt des nationalen Widerſtandes und damit den Aufſchwung des Nationalſozialismus Berantworkich fur dieſe, dem franzörſchen Volk natürlich unſy iſche Entwicklung ſind nach Auffaſſung der„Volonte“: Clemen⸗ ceau, Poincare und die ſranzöſiſchen Natio- naliſten überhaupt. Wenn das Blatt auch damit nicht bis in die ti ichten des politiſchen Wandlungsprozeſſes in Deutſchland vorzuſtoßen vermag, ſo ſind dieſe Argumente troßdem von Intereſſe. hervorgerufen haben. Dem Angeklagten werden dann zahlreiche Aeußerungen vorgehalten, die er in Geſprä⸗ chen gemacht haben ſoll. So hatte er zu dem Zeugen Janicke, einem Zeitungshändler, ge⸗ äußert, die Deutſchen wüßten nicht was ſie machten und die Kommuniſtiſche Partei ar⸗ beite nicht durchgreifend genug. Auch in der Wohnung Starkers, wo va der Lubbe übernachtet hat, iſt es zu Unter- haltungen beim Mittageſſen gekommen, in deren Verlauf van der Lubbe ſagte, daß er Angehöriger der Kommuniſtiſchen Partei ſei, jedoch mit der jetzigen Führung der Partei nicht einverſtanden ſei, da dieſe zu flau arbei⸗ te. van der Lubbe beſtätigt alle die Aeuße⸗ rungen durch ein kurzes ja oder durch Kopfnicken. Das gilt auch von weiteren Aeußerungen wie: man müſſe Revolution machen, er wolle Erwerbsloſe zuſammenbrin⸗ gen. um die Revolution vorwärtszutreiben, jeder müſſe ſich ſelbſt Führer ſein und nicht erſt die Befehle der Parteileitung abwarten, er wolle bis zum 5. März in Berlin bleiben, und wenn bis dahin nichts geſchehen ſei, wie⸗ der nach Holland zurückkehren. Auf den Vorhalt des Vorſitzenden beſtätigt der Angeklagte van der Lubbe, daß er am Donnerstag, den 23. Februar, von der Poſt Geld abgeholt und dann die Abſicht gehabt habe, eine im Sportpalaſt ſtattfindende kom⸗ muniſtiſche Verſammlung zu beſuchen. Dieſe Verſammlung ſei aber aufgelöſt worden. Am Freitag, den 24. Februar, alſo am Tage vor der Brandſtiftung, hat Lubbe ſich mit einigen jungen Leuten darüber unterhalten, daß et⸗ was unternommen werden müſſe, um die Arbeiterbewegung vorwärts zu treiben. Die Frage des Vorſitzenden, oh er ſich an dieſem Tage mit dem Gedanken beſchäf⸗ kigt habe, gegen die Nationalſosialiſten etwas zu unkernehmen, verneint der An⸗ geklagle. Gegen 14,15 Uhr vertagt der Vorſitzende die weitere Vernehmung des Angeklagten van der Lubbe auf Dienstag vormittag. Die Schlacht beim Aegidienberg Erimmerungsfejer an den Separatiſtenabwehr⸗ kampf. Honnef, 26. September. Zur Erinnerung an den 16. November 1923, als die Bauern des Siebengebirges bei Aegi⸗ dienberg im Kampf gegen die Separatiſten ſiegreich blieben, hatten ſich unter Führung des VD. Tauſende von Jungen und Mäd⸗ chen vom Niederrhein nach Honnef begeben, das, ebenſo wie die umliegenden Dörfer, Feſt⸗ ſchmuck angelegt hatte. Tauſende junger Leute zogen zu der Rheininſel Grafenwerth. Ein nicht endenwollender Zug mit zahlreichen Fah⸗ nen und Wimpeln marſchierte über das Schlachtfeld der Separatiſtenſchlacht und legte an den Gräbern der damals gefallenen beiden fee e Staffel und Weins Kränze nieder. Ihren Höhepunkt fand die Erinnerungsfeier in einer großen Kundgebung auf dem Schlacht⸗ felde, bei der Profeſſor Grimm⸗Eſſen und der Oberpräſident der Rheinprovinz, Freiherr von Lüninck, Anſprachen an die Teilnehmer der Kundgebung richteten. f Politiſche Bluttat im Saarland Sozialdemokrat erſchießßt Nationalſozialiſten. Neunkirchen, 26. Sept. Vor einer Wirt⸗ ſchaft in Neunkirchen wurde der verheiratete Nationalſozialiſt R. Hemmer von dem So⸗ zialdemokraten Karl Lang im Verlauf einer politiſchen Auseinanderſetzung durch einen Schuß getötet. Lang widerſetzte ſich der Feſt⸗ nahme durch die Polizei, ſo daß dieſe von der Waffe Gebrauch machen mußte. Er erhielt Schüſſe in die Hand und in den Leib und wurde in bedenklichem Zuſtande ins Kran⸗ kenhaus gebracht. Was ſoll das Eintopfgericht? Hilfe für die Hungernden.— Bekenntnis zur Volksgemeinſchaft. Berlin, 26. Sept. Am nächſten Sonntag, dem deutſchen Ern⸗ tedanktag, wird in Stadt und Land zum er⸗ ſtenmal das Eintopfgericht auf den Tiſch kommen. Was bezweckt das? In erſter Linie ſoll durch dieſe Maßnahme eine ſtarke finanzielle Förderung des Kampfes gegen Hunger und Kälte erzielt werden, weil ja der durch das Eintopfgericht gegen⸗ über anderen Sonntagsgerichten erſparte Be⸗ trag zuſätzlich und reſtlos an das Winterhilfs⸗ werk abgeführt werden ſoll. Zweitens aber iſt es ein von rein national⸗ ſozialiſtiſchem Geiſt diktiertes Bekenntnis zur Volksgemeinſchaft, zur Schickſallsverbundenheit mit unſeren not⸗ leidenden Volksgenoſſen. Der bereits genannte Preis von 50 Pfenni⸗ gen iſt als Höchſtpreis anzuſehen, der vor allen Dingen für die Gaſtwirtſchaften Be⸗ deutung beſitzt. Es gibt zweifellos in der heu⸗ tigen, durch 14jährige Mißwirtſchaft verur⸗ ſachten Notzeit vielköpfige Familien, die mi einem weit geringeren Durchſchnittsbetrag für jede Perſon ihren Mittagstiſch beſtreiten müſſen. Einzelperſonen aber, die vorzugs⸗ weiſe in den Gaſthäuſern eſſen, werden für ihr Mittageſſen im Durchſchnitt weit mehr als 50 Pfennige ausgeben. Es wird mit dem Eintopfgericht bezweckt, daß jeder Volksgenoſſe noch ſparſamer lebt als an anderen Sonntagen, um den erſparten Betrag ſeinen hungernden Brüdern und Schweſtern zur Verfügung zu ſtellen, das iſt Sozialismus der Tat im Kampf gegen Hunger und Kälte. Zwiſchenfall an der Schweizer Grenze Bern, 26. Sept. Wie die Schweizeriſche Depeſchenagentur mitteilt, iſt der Oberzolldirektion ein Bericht über einen Grenzzwiſchenfall in der Nähe von Baſel zugegangen. In dieſem Bericht wird gemeldet, daß ſechs junge Leute aus Frei⸗ burg i. Br. mit einem Kraftwagen nach Baſel gekommen ſeien. Dort hätten ſie in ſehr ausgiebigem Maße die Wirtshäuſer beſucht. Vom ſchweizeriſchen Grenzzollamt Otterbach, wo ſie ihr Auto ordnungsgemäß zum Aus⸗ gang gemeldet hätten, ſeien ſie zu dem gegen⸗ überliegenden deutſchen Zollamt gefahren. Am Kühlergehäuſe und den Rädern des Autos ſeien Inſchriften, wie„Rot Fronl“ und„Heil Moskau“, angebracht geweſen. Während der Wagen noch vor dem deutſchen Zollamt gehalten habe, ſei ein mit einer SA⸗ Mannſchaft beſetzter Wagen von Baden her eingetroffen. Die Inſaſſen hätten den Verſuch gemacht, die ſechs jungen Männer feſtzuneh⸗ men. Zwei von ihnen ſeien auch auf deut⸗ ſchem Gebiet gefaßt worden. Den anderen ſei es gelungen, über die Grenze zu flüchten. Jedoch ſeien zwei von ihnen wenige Me. ter hinter der Grenze gleichfalls feſige nommen worden. Zwei ſeien nach Baſel enkkommen. Wie weit dieſer ſchweizeriſche Bericht den Tatſachen entſpricht, wird die deutſche Unter⸗ ſuchung des Vorfalles ergeben, deren Reſul⸗ tat noch nicht vorliegt. Sozialiſtiſche Mehrheit in Zürich. Am Samstag und Sonntag wurden in Zürich wichtige Gemeindewahlen durchgeführt. Neu zu wählen waren der neunköpfige Stadt⸗ rat(Exekutive) und der 125 Mitglieder zäh⸗ lende Gemeinderat(Legislative). Die Wahlen beſtätigten die ſejt 1928 beſtehende ſozialiſtiſche Mehrheit. Deutſche Tagesſchan Naſſenlehre und Familienkunde. Der erſte Raſſenkurs für Lehrer aller Schu⸗ len Preußens, in denen alle Fragen der Ver⸗ erbungslehre, Raſſen⸗ und Familienkunde ſowie Bevölkerungspolitik von Männern der Wiſſen⸗ ſchaft und Praxis erörtert werden, wurde im Zentralinſtitut für Erziehung und Unterricht ne n von Profeſſor Dr. Barghoer eröff⸗ net. Hirtſiefer der Beſtechung beſchuldigt. Die Eſſener National⸗Zeitung veröffentlicht Material aus den Akten des Korruptionsdezer⸗ nates der Staatsanwaltſchaft Bochum, das den Tatbeſtand der Beſtechung und der Antreue Hirtſiefers enthalte. Hirtſiefer ſoll unerlaubte Geſchäfte mit der„Deutſchen Heimbau“-Ge⸗ ſellſchaft getätigt haben. Auflöſung im Saarzentrum. Die Zentrumspartei des Kreiſes St. Wen⸗ del hal ſich aufgelöſt. Den Mitgliedern wurde nahegelegt, der NS DA. beizutreten. Die Vertreter in den Körverſchaften werden erſucht, Zum 14. Male Völkerbund Zuſammentritt in Genf— Präſident Mowintkel ſagt die negativen Ergebniſſe der Abrüſtungskonferenz voraus Genf, 26. Sept. Die 14. Völkerbundsverſammlung iſt vom norwegiſchen Miniſterpräſidenten Mowinckel eröffnet worden. Die meiſten Mitgliedsſtaa⸗ ten ſind durch ihre Außenminiſter und andere führende Staatsmänner vertreten. In der erſten Reihe haben Reichsaußen⸗ miniſter Freiherr von Neurath, der Reichsminiſter Dr. Goebbels, Geſandter von Keller und Miniſterialdirektor Gauß die Plätze der deulſchen Haupkdelegierten eingenommen. Vor Beginn der Sitzung trat der engliſche Außenminiſter Sir John Simon an den Platz der deutſchen Delegation heran und be⸗ grüßte insbeſondere Reichsminiſter Dr. Goebbels, mit dem er ſich einige Minuten unterhielt. Der vorläufige Präſident, Miniſterpräſi⸗ dent Mowinckel⸗Norwegen, ſtellte in der Er⸗ öffnungsanſprache mit Bedauern feſt, daß ſich die Lage des Völkerbundes ſeit der letzten Verſammlung nicht verbeſſert habe. Was die Völker intereſſiere, ſei nicht die kägliche Arbeit des Bundes, ſondern ſeine Fähigkeit, eine beſſere Verſtändigung zwiſchen den Völkern zu ſchaffen. Noch ſchlimmer als das Verſagen im oſtaſiag⸗ tiſchen Konflikt ſeien die Entkäuſchungen in Europa ſelbſt. Die Idee und die Möglichkeit eines Krieges ſchwebten wie ein Geſpenſt über der Zukunft Europas. Es ſei enkläuſchend und enkmutigend, daß die Ergebniſſe der Abrüſtungskonfe⸗ renz ziemlich geen duszufallen droh⸗ en. Man könne auch nicht leugnen, daß die Not und die Arbeitsloſigkeit zur Erhöhung der politiſchen Mißſtimmung unter den Völ⸗ kern beitragen. Gerade deshalb ſei das Scheitern der Londoner Konferenz ſo bedau⸗ erlich. Es ſei oft geſagt worden, daß die Gegen ⸗ ſätze zwiſchen Deutſchland und Frankreich die Wurzel allen Uebels ſeien. Deshalb knüpften ſich ſo große Hoffnungen an den Viererpakt als ein Mittel, das die Verſtändi⸗ gung und vielleicht ſogar die Freundſchaft herbeiführen könnte. Zum Schluß erinnerte Mowinckel daran, daß Streſemann in ſeiner letzten Verſamm⸗ lung am 9. September 1929 erklärt habe: „Wir haben hier die Aufgabe, in der Ver⸗ ſammlung der Nationen an der Beſeitigung der Gräben, die uns trennen, zu arbeiten. Dieſe Aufgabe kann nicht von heute auf mor⸗ gen und nicht in einem einzigen Angriff er⸗ füllt werden.“ Bei der Prüfung der Vollmachten der Delegierten ergab ſich, daß 53 Staaten durch beglaubigte Delegierte vertreten ſind. Keine Delegierten haben entſandt: Japan, das im Laufe des letzten Jahres ſeinen Austritt an⸗ b hat, ſowie Argentinien und Hon⸗ uras. In geheimer Abſtimmung wurde dann der Vertreter Südafrikas in London, Te Wa⸗ ter, zum Präſidenten gewählt. Er erhielt 30 Stimmen, während der Vertreter Mexi⸗ kos, der lange als ausſſchtsreichſter Kandidat galt, nur 20 Stimmen erhielt; drei Stimmen waren zerſplittert. Baubeginn auf der Aukobahnſtrecke Frankfurt— heidelberg. In Frankfurt a. M. wurde der Baubeginn der Autobahn Aden e e feſtlich begangen. Der Volkskanzler dolf Hitler machte den erſten Spatenſtich. Unſer Bild ge⸗ währt einen Blick auf die Vorarbeiten in der Nähe von Frankfurt. g die Verbindung mit der N 5 p. aufhune men. Auslands⸗Nundſehau Politiſche Zuſammenſtöße in Irland. Als O' Duffy, Cosgrave und Dillon vor dem O'Connell⸗Denkmal in Limerick Reden hjelten kam es zwiſchen ihren Anhängern und poliſf ſchen Gegnern zu Zuſammenſtößen. Dabel Wwur⸗ den 33 Perſonen durch Steinwürfe und durch Stockſchläge der Polizei verletzt. Ratsſitzung der Kleinen Entente. „Der Ständige Rat der Kleinen Entente i im Schloß Peleſh in Rumänien zu ſeiner erſten Sitzung zuſammengetreten. Die allgemeine po⸗ litiſche Lage und die beſonderen Probleme Mi teleuropas wurden einer Prüfung unterzogen Ebenſo wurden die mit der Abruüͤſtung zuſan. menhängenden Fragen erörtert. Die Finanzpolitik in USA. Eine Konferenz Rooſevelts mit führenden Politikern und Wirtſchaftlern befaßte ſich mil der Frage, wie man im Rahmen des nalig⸗ nalen Wiederaufbauprogramms die Kredite fin Induſtrie und Landwirtſchaft geſtalten könne, Keineswegs ſeien Maßnahmen behandelt wor den, die eine unmittelbare Inflation im Ge. folge gehabt hätten. Im Nauſch erſchoſſen Selbſtmord des Täters. Swinemünde, 26. Sept. In der Nähe des Freiwilligen Arbeilz dienſtlagers in Lebbin(auf der Inſel Wolli wurden der 35 Jahre alte Lagerführer Kur Gülle aus Stettin und der 23 Jahre alte Koc Bruno Lüpke aus Swinemünde tot aufge. funden. a Irgendwelche Streitigkeiten zwiſchen Vel den haben nicht vorgelegen. Beide waren al tüchtige Menſchen bekannt, die ihren Dienſt in Arbeitslager in vorbildlicher Weiſe verrichte ten. Nach dem Ergebnis der amtlichen Et mittlungen wird angenommen, daß der töd liche Schuß auf den Koch in der Trunkenhei abgefeuert worden iſt und daß Gülle danr offenbar Selbſtmord begangen hat. Neurath als Vizepräſident Die Wahlen zum Völkerbund. Zu Vizepräſidenten der Verſammlung wurden der deutſche Außzenminiſter von Neurath, der franzöſiſche Miniſterpräſ⸗ dent Daladier, der engliſche Außenmini⸗ ſter Simon, der Kabinettschef Muſſolinis, Aloiſi, der perſiſche Außenminiſter Jo; roughi und der Mexikaner Caſtilo Naje⸗ r a gewählt. Die Völkerbundsverſammlung wird Diens⸗ tag nachmittag mit der allgemeinen Ausſpra⸗ che beginnen, für die ungefähr fünf Tage vorgeſehen ſind. Die Kommiſſionen werden Dienstag früh ihre erſten konſtituierenden Sitzungen abhalten. Auf Vorſchlag der deulſchen Delegation beſchloß die Verſammlung, ebenſo wie in den früheren Jahren, in der poliliſchen Kommiſſion die Tätigkeit des Völkerbun⸗ des auf dem Gebiete des Minderheiten⸗ ſchutzes zu behandeln Der Präſident des Senates der Freien Stadt Danzig, Dr. Rauſchning, wird an einer der nächſten Sitzungen des Völkerbundsrates teilnehmen, in der das Abkommen zwiſchen Polen und der Freien Stadt Danzig über Gdingen zur Behandlung ſteht. Die erſten Vorbeſprechungen Von den Zuſammenkünften des erſten Ta⸗ ges ſind die der italieniſchen Delegation be⸗ merkenswert. So hatte Baron Aloiſi am vormittag eine Unterredung mit dem franzö— ſiſchen Außenminiſter Paul⸗Boncour, am Nachmittag mit dem deutſchen Außenminiſter Freiherrn von Neurath und am Abend mit dem engliſchen Außenminiſter Sir John Si mon. Freiherr von Neurath hatte in den Abendstunden Gelegenheit zu einer Aus ⸗ ſprache mit dem amerikaniſchen Haupt delegierten auf der Abrüſtungskonferenz, Norman Davis, mit dem er beim Abend. eſſen beiſammen war. Schließlich ſei noch verzeichnet, daß der öſtet⸗ reichiſche Bundeskanzler Dollfuß gleichfall⸗ verſchiedene Beſuche gemacht hat, u. a. bei der belgiſchen und bei der holländiſchen de⸗ legation. Gegen das Muckertum Ein Aufruf des Stabschefs Röhm. Berlin, 26. Sept. Der Stabschef der SA, Röhm, hat einen Aufruf ergehen laſſen, der ſich gegen das Muckertum richtet. Daß dieſes in der letzten Zeit geradezu Orgien feiere, ſei unbeſtreit⸗ bar. So würden z. B. für den Anzug und das Verhalten in den Badeanſtalten die un⸗ ſinnigſten Beſtimmungen gefordert. Der deutſchen Frau werde verboten, ſich zu pudern oder in Lokalen zu rauchen. In den Großſtädten ſollten alle irgendwie zus beſtimmten Rahmen fallenden Vergnü zungsſtätten ausgerottet werden. dies alle Die 14. i 5 öffnet worden. 1910 e ee Südafrikas Te Water fagungen für ſonzerte uſw. ſpannung. N die erſte Forſthaus 1 nationalſozialiſtiſchen kurzen Worten: 1 Völkerbundsverſammlung iſt in wiede 17 0 Rräſtdenten lt. e iſt die Vernehmung zur Perſon der Angeklagten beendet und mit der Ver⸗ nehmung zur Sache begonnen worden. In Swinemünde hat ein Lagerführer eines N beitsdlenſtlagers im Rauſch einen Kamera⸗ 1 100 und dann ſich ſelbſt erſchoſſen. unkirchen erſchoß ein Sozialdemokrat 1190 1 1 politiſchen Auseinanderſetzung einen Nationalſozialiſten. 1 5 Von der Save bei Agram werden rieſige Ueberſchwemmungen gemeldet. der Gau⸗Parteitag „ Frankfurt a. M., 26. Sept. Hatte der erſte Tag des Gauparteitages Heſſen⸗Naſſau im Zeichen zweier gewaltiger Veranſtaltun⸗ gen, der Baueröffnung der Autoſtraße durch den Führer und der Rieſenkundgebung am Abend im Stadion mit der Rede Göbbel's, geſtanden, ſo war der Sonntag den Sonder⸗ Preſſe, Organiſation, Schu⸗ lung, Kaſſe, Frauen und nicht zuletzt dem großen SA⸗Sportfeſt im Stadion gewidmet. eſtvorſtellungen, Dampferfahrten, Platz⸗ ſorgten für die nötige Aus⸗ Auch am Sonntag drückte der Gaupartei⸗ tag dem Stadtbild ſeinen Stempel auf. Mu⸗ ſik und Marſchtritte hallten fortgeſetzt durch die Straßen. Im Laufe des Sonntagnach⸗ mittag ſetzte der Abtransport der Maſſen mit Sonderzug in ihre Heimat ein. Wie bei der Anfahrt, wurden wieder 51 Sonderzüge gefahren. Weihe der Führerſchule Anläßlich des Gauparteitages wurde auch Führerſchule des Gaues Heſſen⸗ Naſſau in der Manneskopf'ſchen Villa am eröffnet und von Gauleiter Sprenger eingeweiht. Der Leiter der Schule, Gauſchulungsleiter Profeſſor Dr. Wer⸗ ner, legte in einer Begrüßungsrede die Auf⸗ gaben der Schule dar, die der Vertiefung des Ideengutes dienen ſolle und in der in erſter Linie die Amts⸗ walter des Gaues einer gründlichen geiſti⸗ gen, aber auch körperlichen Ausbildung in dreiwöchigen Kurſen unterzogen werden ſollen. Er bat ſodann Gauleiter Sprenger, die Weihe zu vollziehen. Gauleiter Sprenger betonte, daß es der Tatkraft des Gauſchu⸗ lungsleiters zu verdanken ſei, daß der Gau Heſſen⸗Naſſau nunmehr auch eine eigene Führerſchule habe. Sein Wunſch gehe da⸗ hin, daß das Haus dienen möge, im Sinne Adolf Hitlers den Geiſt des Nationalſozia⸗ lismus ins Volk hinauszutragen. Der Gau⸗ leiter vollzog ſodann die Weihe. Unter den Gäſten bemerkte man u. a. Reichsernäh⸗ rungsminiſter Darre und den Führer der Deutſchen Arbeitsfront, Dr. Ley. 9A ⸗Sportſeſt im Stadion Auf dem großen Sportfeſt der SA der Un⸗ tergruppe Heſſen⸗Naſſau⸗Süd konnten die einzelnen Wettbewerbe der wieder ſehr gut ausgerichteten Veranſtaltung ohne Zwiſchen⸗ fall und Unterbrechung durchgeführt werden. Sieger der SA⸗Zielfahrt wurde bei den Kraftwagen SA⸗Mann Schmidt von der Motorſtaffel der Standarte 63 auf Stower. Bei den Krafträdern holte ſich Adjutant Sußmann auf einer 500 er⸗Triumph⸗Beiwa⸗ c den erſten Preis. Die Vorent⸗ cheidungsſpiele im Fußball hatten folgende Ergebniſſe: Standarte 97— Standarte 88 11:1, Standarte 81— Standarte 166 3:3. Eine Darre⸗Ehrung Einweihung des Darre⸗Gedenkſteins bei Wiesbaden. Wiesbaden, 26. Sept. Die Landesbau⸗ ernführer ſammelten ſich um ihren Führer an einem der ſchönſten Punkte des Taunus, der Rentmauer, um ihm einen Gedenkſtein unter einer mächtigen Buche zu weihen. Der Gedenkſtein, ein Findling des hohen Weſter⸗ waldes, iſt in den erſten Tagen des Juli in unterbrochener Stafette durch die Bauern ſelbſt an die Einweihungsſtätte gebracht worden. Zu der Einweihungsfeier war Gau⸗ leiter Sprenger, der heſſiſche Staatsminiſter Jung, Oberbürgermeiſter Schulte und Bür⸗ germeiſter und Kreisleiter Piekarſki-Wiesba⸗ den erſchienen. Reichsſtatthalter Gauleiter Sprenger begrüßte den Reichsernährungs⸗ miniſter ſowie die Ehrengäſte. Es iſt außer⸗ e ſo führte er u. a. aus, ſchon zu ebzeiten für die Verdienſte eines Mannes einen Gedenkſtein zu ſetzen. Wir National- ſozialiſten, die wir die Vergangenheit ken⸗ nen, wiſſen, wie dieſer Stein zu Ehren unſe⸗ res Reichsernährungsminiſters hierher ge⸗ kommen iſt. Der Reiter aus dem dem Bauern neu dro⸗ henden Ruin war nun Reichsernährungs⸗ miniſter Darre, der ſeine erſten Gedanken zur Rettung des Bauernſtandes an dieſer Stelle, unter dieſer Buche faßte. Darre hat das Verdienſt, den deulſchen Bauernfland wieder planmäßig aufgebaut und dadurch nom Unkergang gerettet zu haben.. Reichsſtatthalter Sprenger übernahm ſo⸗ dann den Gedenkſtein in die Obhut des Gaues. Landesbauernführer Dr. Wagner und Landesobmann Metz gelobten darauf dem Reichsbauernführer unverbrüchliche Treue. Reichsernährungsminiſter Darre dankte fur dieſen Stein. In den ſchweren Zeiten der Beſatzung zog es mich jedesmal, ſo erklärte er, wenn ich Wiesbaden weilte, hier an dieſe Stelle, um darüber nachzuſinnen, wie dem deutſchen Volk und insbeſondere dem Bau⸗ ernſtand geholfen werden könne. Hier er⸗ kannte ich klar, was Bauerntum iſt, und wo⸗ rum es im Kampf gegen die Not des Bau⸗ erntums geht. Es war die Stelle, die mir der Kompaß war, ob ich auf dem rechten Wege bin, es war die Stelle, an der ich prü⸗ fen konnte, ob ich dem Bauerngedanken treu blieb. Ich kann heute ſagen: ich bin ihm treu geblieben. Zum Schluß ſeiner Rede legte Reichsernährungsminiſter Darre ein Treu⸗ gelöbnis zu ſeinem Führer ab, ohne den für den Bauernſtand eine deutſche Zukunft nicht vorhanden ſei. Aus Heſſen und Naſſan Weiheſtunde der Rüdesheimer Turner. Rüdesheim, 26. Sept. Im Anſchluß an die große Kundgebung am Nationaldenkmal auf dem Niederwald fand in der Turnhalle des TV Rüdesheim eine Weiheſtunde ſtatt zu Ehren der überlebenden Sieger der Turner⸗ wettkämpfe, die vor 50 Jahren bei der Ein⸗ weihung des Denkmals ſtattgefunden hatten. Tannenbergbund und Deutſchvolk in heſſen aufgelöſt. Darmſtadk, 26. Sept. Nach einer Mittei⸗ lung des Staatspolizeiamts wurden die Ge⸗ ſchäftsſtellen des Tannenbergbundes geſchloſ⸗ ſen und der Bund für aufgelöſt erklärt. Außer einigen Broſchüren und Büchern wurde nichts Verdächtiges Tannenbergbund hat ſich ſeit langem in He'⸗ ſen kaum mehr betätigt, ſein Mitglieder⸗— ſtand war verſchwindend klein. * ** Naſtätten, 26. Sept. (Tödlicher Unfall.) Der 56 jährige Landwirt Emil May befand ſich unterwegs, um Samenklee zu holen. Er fiel vom Wagen und erlitt hierbei derartig ſchwere Verletzungen, daß er gefunden. Der einem Krankenhaus zugefllͤrt werden muß⸗ te. An den Folgen eines Wirbelfäuleneruchs ſowie ſchwerer Schädelverletzungen iſt der Fele einige Stunden ſpäter geſtor⸗ en. 5 Darmſtadt, 26. Sept.(Reichspropa⸗ gandaſtelle Heſſen.) Amtlich wird mitgeteilt: Die Reichspropagandaſtelle Heſ⸗ en, Leiter Karl Wilhelm Trefz, befindet ſich im Staatsminiſterium Darmſtadt, Adolf⸗ Hitler⸗Platz 5, Fernruf für Darmſtadt 5001, Nebenanſchluß 283. Die Sprechſtunden des Gauleiters ſind täglich von 10 bis 12 Uhr vormittags. Mainz, 26. Sept.(VDie Sühne für ei⸗ nen Motorraſer.) Der wegen feines raſenden Fahrens berüchtigte Motorradfah⸗ rer Jakob Bernard aus Nackenheim, der bei Weiſenau am 15. Juli nachts in eine mar⸗ ſchierende SS⸗Kolonne rannte, einen SS⸗ Mann tötete und drei ſchwer verletzte wurde vom Gericht zu zweieinhalb Jahren Gefäng⸗ nis verurteilt. Gimbsheim, 26. Sept.(Kind vom Laſt⸗ zug überfahren.) Der 10 jährige Otto Scheller wurde von einem ſchwerbeladenen Laſtwagen überfahren. Das Rad ging dem Jungen über ein Bein, das unterhalb des Knies abgequetſcht wurde. Er wurde ſofort nach Worms ins Krankenhaus gebracht, wo eine Operation vorgenommen werden muß⸗ te. Die Schuldfrage iſt noch nicht geklärt. Laubach, 26. Sept.(Tod im Schloß⸗ teich.) Beim Erwachen vermißte ein Ehe⸗ mann ſeine Gattin und rief, als er ſie im Hauſe nicht fand, die Feuerwehr zur Hilfe an, die in verſchiedenen Abteilungen die Um⸗ gegend nach der Vermißten abſuchte. Gegen 10 Uhr wurde ihre Leiche im Schloßteich ge⸗ funden; längeres Krankſein mag die Urſache zu der Tat geweſen ſein. Butzbach, 26. Sept.(Randſiedlung in Butzbach.) Der Stadtrat beſchloß in ſei⸗ ner letzten Sitzung den Erwerb von 11483 Quadratmeter ſtaatlichen Geländes für eine au errichtende Stadtrandſiedlung. Der Reichstagsbrand ⸗ ſtifterprozeß in Leipzig. Unſer Bild zeigt die Vereidigung des hollän⸗ diſchen Rechtsanwalts Stomps, der als Zeuge vernommen wurde, nach⸗ dem er von dem Haupt⸗ angeklagten van der Lubbe als Verteidiger abgelehnt worden war Rechts die Angeklagten⸗ bank. Ein leiſes Lachen ſprang über die Lippen der Be⸗ gleiterin. „Was iſt?“ fragte die Braunhaarige mit ſchnellem Stirnrunzeln.„Was haſt du zu lachen?“ Die andere reckte ſich, blies der Kameradin das Blatt aus den Locken und ſagte, wie ſie beide es zu Boden taumeln ſahen:„Schade! Ich hätte es liegenlaſſen ſollen. Es ſah ſo hübſch aus!“ Die andere machte eine verächtlich⸗gleichgültige Kopf⸗ bewegung. „Ein welkes Blatt! Wär' ſchade drum, wenn die Kom⸗ teſſe Thiel nicht koſtbareren Schmuck hätte!“ n Die Begleiterin bückte ſich, hob das goldene Nichtschen auf, beſah es nachdenklich und ſteckte es in den bunt⸗ ſeidenen Ridikül, der ihr am Arm hing. Mit raſchen Schritten holte ſie die andere ein, die, ohne ſich um ſie zu kümmern, weitergegangen war. „Es iſt doch ein Stück ſcheidenden Sommers. Wer weiß, wie wir den nächſten wiederſehen!“ ſagte ſie, wie entſchuldigend, ihre Aufmerkſamkeit für das wertloſe Blättchen erklärend. g Die Angeredete zuckte die Achſel. Betrachtungen dieſer 10 ſagten ihr nicht. Ihre Gedanken gingen andere ege. a Die jungen Mädchen waren gleichalterig, kaum ſech⸗ zehn Jahre. Und gleich, als wären ſie Zwillinge, war ihre Kleidung: geblümte Gewänder aus leichtem Sommer- ſtoff, der ſeidig glänzte, im Empireſchnitt. Ein ſchwarzes Samtband war dicht unter die Bruſt geſchlungen. Fichus aus weißem Stoff, mit Spitzen verziert, verhüllten die zarten Schultern, ließen nur ein herzförmiges Stück vom Halſe frei. Zu ſchwarzen Samtſchuhen trugen ſie weiße Strümpfe, an ihrem Arm hing eben jenes bauſchige Täſchchen aus Stoff, das irgendwer, galant oder ſpöttiſch, mit dem Namen Ridikül belegt hatte. Bei ſolcher Gleichheit fiel die große Verſchiedenheit ihrer Geſichtszüge und Farben doppelt auf. f Die Komteſſe Thiel, Sidonie, mußte ſogar der Neid eine Schönheit nennen. Ihr ſchmales Geſicht war wie aus Marmor gemeißelt. Das lockige, braunrote Haar umgab es wie ein geſchmackvoll gewählter Rahmen ein pracht⸗ volles Gemälde. Und doch war nichts Kunſt oder gemalt in dieſem jungen, weißen Geſicht, aus dem große braune Augen, auffallend groß und von ſamtähnlichem Glanz, leider ein bißchen kalt und unzufrieden, in die ſchöne Herbſtwelt hinausſahen. Die andere, nicht weniger hochgewachſen, ſchien jünger und unentwickelter, obwohl ſie noch einige Monate mehr zählte. Nichts an ihr war auffallend, blendend oder beſonders. Ihre Züge waren kindlich weich, ihr Näschen kurz und gerade, ihre Augen von einem tiefen, doch keineswegs ausnahmsweiſe ſchönen Blau. In dem rundlichen Kinder⸗ geſicht mit den friſchen Farben lag ein wenig verträumt, doch nur dem Kenner bedeutendere menſchliche Eigenart verratend, der liebreizende Mund, deſſen Lippen ſie nicht ganz zu ſchließen die viel getadelte Gewohnheit hatte. Ihr aſchblondes Haar war nur ganz leicht gelockt und hatte nichts von der anſpruchsvollen Fülle des rotbraunen Ge⸗ wirrs ihrer Kameradin. „Weißt du, Sidonie“, ſagte ſie nach einer Weile ſinnen⸗ den Nebeneinandergehens,„ſie treiben es zu arg, und es. iſt unrecht!“ „Was geht es uns an, Ignis?“ „Ein Teil der Bauern iſt mir hörig!“ f „Freu dich, daß man ſie dir zähmt! Willſt du dich mit dem Pack herumſchlagen, ſpäter?“ „Es ſind Menſchen wie wir und...“ Sidonie lachte leiſe. „Menſchen wie wir? Ach, Ignis, nicht zu viel Rouſſeau! Sonſt bekommt Mademoiſelle Schwierigkeiten mit Papa! Sieh ſie dir einmal genauer an, dieſe ‚Men⸗ ſchen wie wir'!“ „Sidonie, eine von denen, von denen du ſo hochmütig ſprichſt, hat mich unter eigener Lebensgefahr über die Grenze und zu euch gebracht!“ „Eine getreue Dienerin, das iſt etwas anderes!“ meinte Sidonie Thiel. „Sie alle würden uns treue Diener ſein, wenn wir ihnen treue Herren wären!“ „Du redeſt, als wäreſt du nicht vor, ſondern von den Jakobinern gerettet, damals. Biſt du eine heimliche Parteigängerin dieſes verräteriſchen Miniſters vom Stein, auf den unſere Herren jetzt ſo viel ſchelten?“ Ignis ſchüttelte den Kopf. „Heimlich? Nein, Sidonie! Er tut recht und tauſend⸗ mal recht— und ich zähle mir an den Fingern ab, wie lange es noch dauert, bis der letzte Bauer befreit iſt.“ Und ſtilſtehend hielt das junge Mädchen die Freundin am Arme feſt.„Berauſcht dich denn das nicht auch? Dieſer Gedanke, dieſe Worte: Nach dem Martinitage 1810 gibt es nur noch freie Leute!“ b Die andere lächelte in das vor Begeiſterung glühende Geſicht der Sprechenden. „Liebſte, bedenke“, beruhigte ſie mit kühler Ueber⸗ legenheit die Freundin,„du biſt in einem jakobiniſchen Gefängnis geboren, und Jakobiner waren es, die deine ſüße Mutter zum Schafott zerrten!“ „Hätten ſie treue und gerechte Herren gehabt, ſie wären niemals Jakobiner geworden! Ihr Unrecht war ſchließ⸗ lich die Schuld des franzöſiſchen Adels, des Hofes! Hat meine Mutter nicht ſelbſt in ihr Tagebuch geſchrieben, das könne niemals gut gehen, wie man ſich verſündige in Hochmut, Leichtſinn und Verſchwendung. Ach, Sidonie— und ſind wir hier viel beſſer?“ „Vater wird dein Urteil dankend einſtreichen!“ (Fortſetzung folgt.) Nachdruck verboten. Geſchickt manövrierte der neue Fahrer den Wagen in die richtige Stellung, ſprang dann herunter und öffnete in korrekter Haltung den Schlag. Beide Damen betrachteten ihn in flüchtiger Neugierde; ſie hatten die kleine Szene vom Hoteleingang aus beobachtet. Gebler tippte an ſeinen Hut. Steinherr nickte, freund⸗ licher als es ſonſt ſeine Gewohnheit war.„Ihr Name?“ „Vandro“, ſagte der Fremde, der die Pelzdecke über die Knie der Damen gebreitet hatte und nun auf das Einſteigen des Beſitzers wartete, um den Schlag zu ſchließen. „Vandro...“, wiederholte Hans-Heinrich Gebler, halb zu den Damen gewandt.„Komiſch, ſo hieß der Ver⸗ ſicherungsfritze, der mir dieſer Tage unbedingt eine Police andrehen wollte. Aber ein nobles ‚von' prangte auf ſeiner Karte; geſchäftlich zieht ſo'n bißchen Adel wohl beſſer.“ Er hatte nicht laut geſprochen, aber die beiden Draußen⸗ ſtehenden hörten es dennoch. Steinherr ſah, wie eine dunkle Blutwelle in das Geſicht des anderen ſtieg. Seine caſenflügel bebten. 5„Es iſt mein Bruder“, ſagte er leiſe auf den ſtumm fragenden Blick,„den Adel führen wir mit Fug und Recht.“ Sehr ſchlank und ſehr gerade ſtand er da, den Hut in der Hand. Sein blondes Haar flatterte im wehen⸗ den Wind. „Ich glaube Ihnen“, ſagte Steinherr ruhig. Und wieder war jener forſchende Ausdruck in ſeinen Zügen, der Teilnahme ohne Mitleid verriet. ö Der Betrunkene, der bis dahin ſtill auf dem Stein⸗ pflaſter geſeſſen und vor ſich hingedöſt hatte, wurde plötz⸗ lich munter, als er das Geräuſch des angekurbelten Motors hörte, und verſuchte, aufzuſtehen. „Mitnehmen, Sie, Herr— ich will mit! Hier is ſo kalt“, rief er weinerlich und begann vor ſich hinzuſchimpfen, als die Beine wiederum verſagten und niemand Miene machte, ihm zu helfen. Ein patrouillierender Schutzmann kam über die Straße. 1 Steinherr rief ihn herbei und gab ihm ſeine Karte. „Er kommt auf die Wache“, verſprach der Hüter der Ordnung und begab ſich zu dem Sünder, der aus voller Kehle„Anna, wie ſind deine Beine ſo ſchön!“ zu ſingen begann. „Und nun wollen wir fahren“, ſagte Steinherr.„Sie kennen ſich in der Stadt aus?— Gut. Gnädige Frau, Ihre Adreſſe, bitte?“ „Bendlerſtraße 18“, kam die Stimme der Maloreen aus dem Wagen. „Zuerſt dorthin.“ Steinherr ſtieg ein. Gleich darauf glitt der Wagen leicht und lautlos dahin. Zehntes Kapitel. Li Kaleſſo betrachtete das Profil des vor ihr ſitzenden Mannes, das ſich wie eine Silhouette gegen das Halb⸗ dunkel abhob. Gern hätte ſie die klaren, feſten Linien mit zarten Fingerſpitzen nachgezeichnet. Wie wundervoll der Kopf auf den Schultern ſaß, gegen die ſie ſich beim letzten Tanz leiſe gelehnt. Sie atmete tief.„Es war doch ein ſchöner Abend“, ſagte ſie aus ihren Gedanken heraus. Steinherr wandte den Kopf und lächelte ihr zu. Glücklich und ſelbſtvergeſſen hing ihr Blick an dem ſeinen. Die Frau neben ihr zog den Pelz am Hals feſter zu⸗ ſammen, als fröre ſie, und lehnte ſich tiefer in ihre Ecke zurück. Nur einmal züngelten ihre Augen wie ein grün⸗ licher Blitz zwiſchen den beiden hin und her, dann ſenkten ſich die breiten Lider. Sie ſprach kein Wort. Gebler be⸗ trachtete ſie in demütiger Ergebenheit. Wie lange warb er ſchon um ſie; aber immer noch ſtand er wie ein Bettler vor verſchloſſenem Tor. Schweigend glitt der Wagen dahin. Und dieſes Schweigen wurde allmählich erfüllt von der Gegenwart jener blaſſen Frau, deren blondes Haupt ſo ſtill auf dem dunklen Samtpolſter ruhte. Der Duft irgendeines zarten Parfüms ſchwebte in dem geſchloſſenen Raum wie ein geheimnisvolles Fluidum, dem man ſich nicht entziehen konnte. Eine aufreizende Unruhe ging aus von dieſer ſtummen Regloſigkeit, die ins Blut kroch und den Atem beengte. Die Kaleſſo ſaß zuſammengeſunken da, plötzlich bedrückt und ängſtlich, ohne zu wiſſen, warum— und ſah unverwandt auf Steinherr, als erwarte ſie von ihm Hilfe aus einer Gefahr. Gebler ſtarrte auf die ringgeſchmückten Hände der anderen, die wie ſchlanke weiße Blüten auf dem Hermelin lagen. Wunderſchöne Hände waren es. Seine eigenen hatten ſich unbewußt zur Fauſt geballt und fühlten ſich kalt und feucht an. Nur Steinherr ſah ruhig und ſcheinbar unbewegt durchs Fenſter auf ſeinen neuen Chauffeur, der ſo ſicher und gewandt den ſchweren Wagen lenkte. Aber auch ihm war die Nähe der ſchweigenden Frau fühlbar bis in die Nervenſpitzen. Nur einmal drehte er ſich um, ſah wie zufällig in jene Ecke. Lautlos war die kleine Bewegung geweſen, aber ſofort hoben ſich die Lider. Wie Smaragden, wenn ein Lichtſtrahl ſie trifft, erſtrahlten die grünlichen Augen— und ſchloſſen ſich wieder. Wie geheimer Gruß wirkte dieſes jähe Aufblitzen. 5 Die ſchwarzen Brauen des Mannes ſchoben ſich dicht zuſammen. Was wollte ſie von ihm: Ihn zu ſich zwingen? Sein Wille war ſtärker. Der Wagen verlangſamte die Fahrt und hielt vor einer kleinen Villa, deren Fenſter auf das Hupen des Chauf⸗ feurs ſich wie auf ein Zauberwort erleuchteten. Aus der geöffneten Haustür floß ein heller Lichtſtreifen. Ein Diener lief ans Gartentor. Die Herren waren aus⸗ geſtiegen. Mit lächelndem Kopfneigen verabſchiedete ſich Frau Maloreen von ihrer Nachbarin, mit einem leichten Streicheln über Wange und Arm von Gebler, der ſie flehend anſah. Sie ſchüttelte den Kopf. Erſt als Magnus Steinherr ſich über ihre Hand beugte, ſprach ſie. Nur zwei Worte:„Auf Wiederſehen!“ Es klang wie Befehl und Bitte zugleich. Sie ſah empor zu ihm, der ſie um Kopfes⸗ länge überragte. Geheimnisvoll leuchteten die Augen in dem weißen Geſicht. „Guten Abend, meine gnädige Frau“, ſagte Steinherr ruhig. Da lachte ſie ganz leiſe. Voll überraſchenden Scharms waren plötzlich die blaſſen Züge. Und war im Hauſe ver⸗ ſchwunden, während der lockende Laut noch in der kalten, ſtillen Nachtluft zu ſchweben ſchien. Einen tiefen Atemzug der Erleichterung tat Li Kaleſſo, als der Wagen ſich wieder in Bewegung ſetzte. Sie würden Gebler im Klub auf der Königsallee abſetzen, wo er ſeine Nächte zu verbringen pflegte, und dann zu zweien weiterfahren nach ihrer Wohnung. Magnus hatte die neue Einrichtung des Damenzimmers noch nicht geſehen, alles aus eigenem Verdienſt angeſchafft. Sie war ſtolz auf ihr reizendes Heim. Aber der Wagen bog um die Ecke, glitt durch die nachtſtillen Straßen des vornehmen Villenviertels, in das ſie vor kurzem gezogen, ehe der Dritte ſie verlaſſen hatte. Grenzenlos enttäuſcht ſtarrte ſie zum Fenſter hinaus, an dem Mauern, Bäume, Laternen wie ſchattenhafte Schemen vorüberhuſchten. Warum kam Magnus nicht zu ihr? Wohin wollte er? Was erfüllte ſeine Gedanken, daß er den ſchönen Abend ſo jäh beſchloß? Er war ſo un⸗ möglich zu halten wie fließendes Waſſer, entglitt, wenn man ihn am feſteſten gebunden wähnte. Nie beſaß man ihn ganz. „Verzeih, wenn ich nicht mitkomme, Li— ich habe aber noch dringende Geſchäfte zu erledigen.“ Er hielt ihre beiden Hände feſt, küßte ſie. Sie ſpürte die Wärme ſeiner Lippen und zitterte. „Magnus, wirklich Geſchäfte?“ Ach, daß er doch bliebe. „Ich lüge dich nie an, Li.“ Seine Stimme war ſanft wie ſelten. Ein unterdrückter Seufzer.„Morgen?“ „Vielleicht, wenn die Aufſichtsratsſitzung ſich nicht zu lange ausdehnt.“ „Rufe mich doch auf jeden Fall an, ja? Ab zwei Uhr bin ich zu Hauſe. Gute Nacht, Magnus.“ Wie traurig ſie ihn anſah, die vor einer halben Stunde noch ſo heiter, unbeſchwerter Lebensfreude voll, in ſeinen Armen durch den hellen Saal geglitten. „Ich rufe an“, verſprach er und nickte ihr leiſe lächelnd zu. Da ſchwand die Trauer aus dem reizenden Geſicht. Morgen war bald... Hans-Heinrich Gebler wurde wunſchgemäß an ſeinem Klub abgeſetzt. Dann ſchoß der Wagen pfeilgeſchwind auf der langen, faſt leeren Allee weiter gen Weſten, wo ſich Magnus Steinherr fern vom Trubel der Stadt und nahe a Werken ein altes Jagdſchloß zum Heim erworben hatte. „Sie ſcheinen ſich hier draußen auszukennen“, bemerkte er zu dem Fremden neben ſich, der mit angeſpannter Auf⸗ merkſamkeit geradeaus ſah und, ſobald ſie die Stadt⸗ grenze überſchritten, höchſte Geſchwindigkeit einſchaltete. Das gleichmäßige Summen des Motors war das einzige Geräuſch hier draußen auf der Chauſſee, die weiter oben in einen Wald mündete. „Schon als Kind kam ich hierher mit meinen Eltern, wenn die Königlichen Herrſchaften ein Gartenfeſt für die Kinder ihrer Familie veranſtalteten“, erwiderte Georg von Vandro, ohne den wachſamen Blick von der Straße zu wenden.„Und als Student machte ich öfters Ausflüge mit Bekannten hierher. Später hieß es, das Schloß ſei verkauft. Es iſt ſchön hier draußen, ſchön und einſam.“ „Deswegen liebe ich es“, ſagte Steinherr. Er ſchwieg einige Augenblicke.„Was ſind Sie von Beruf, Herr von Vandro?“ fragte er dann unvermittelt. Der lächelte.„Kunſthiſtoriker, Herr Steinherr, aber auch Ski⸗ und Tennislehrer, oder auch Eintänzer, je nach Bedarf.“ „Seit wann müſſen Sie...“ „Seit vier Jahren.“ Steinherr ſtellte keine weiteren Fragen.„Es iſt nicht leicht“, ſagte er nur. „Was iſt leicht heutzutage, Herr Steinherr“, ſagte der Jüngere ruhig. Die Antwort gefiel Steinherr. Er runzelte die Stirn, dachte nach. i pflegtem Weg, der nur ſpärli vo on La Ein großes eiſernes Tor gebot Halt. Auf mehrfaches Hupen flog es, vom ſeitwärts liegenden Portierhäuschen ſteigend, durch herrlichen alten Baumbeſtand weiter, dem Haus aus hellem Geſtein zu, das in ſeinen einfachen, keit machte. g „Wie ſchön Sie es reſtaurieren ließen“, freute ſich Vandro, für den Augenblick ſeine Stellung als Unter⸗ gebener vergeſſend.„Wie gut paßt die breite Terraſſe über die Säulen und der Freitreppe— da haben Sie Wände herausbrechen laſſen!“ „Nur das Nötigſte, was für heutige Behaglichkeits⸗ anſprüche unbedingt erforderlich war, wurde gemacht, auch möglichſt wenig abgeholzt“, antwortete Steinherr und wies nach links.„Da hinten liegt die Garage.“ 1 Er fuhr mit, wartete, bis Vandro den Wagen hinein⸗ manövriert hatte, und ging, den jüngeren Mann an ſeiner Seite, dem Hauſe zu. Zwiſchen den Bäumen leuchtete der Himmel im rötlichen Dunſt über der nächtlichen Stadt. An der offenen Tür ſtand ein Diener in dunkler Livre. Steinherr übergab ihm ſeine Garderobe und bedeutete Vandro, ebenfalls abzulegen. In dem großen Arbeits⸗ zimmer, deſſen ſachliche Nüchternheit den Zweck des Raumes ſcharf betonte, griff der Hausherr nach dem Glas⸗ kaſten mit Zigaretten auf dem Schreibtiſch und bot davon ſeinem Gaſt an. „Setzen Sie ſich, Herr von Vandro!“ Sein Blick ruhte forſchend und freundlich auf dem Geſicht des Mannes vor lernen.“ Elftes Kapitel. Spät war es, als die beiden Männer ſich trennten. Aus dem Frageſpiel war ein unbefangener Gedankenaustauſch zweier Menſchen geworden, die viel Gemeinſames in⸗ einander entdeckten und ſich deſſen freuten. Dann wurde der Ton des Stahlmagnaten plötzlich wieder geſchäfts⸗ mäßig. „Ich kann Ihnen keine Extraſtellung ſchaffen, Herr von Vandro, aber wenn Sie ſich mit derjenigen eines Chauf⸗ feurs begnügen wollen, bis Beſſeres ſich bietet, ſo können Sie die am heutigen Abend übernommene Tätigkeit gleich weiter ausüben.“ nehme Ihr gütiges Angebot mit vielem Dank an, Herr Steinherr.“ Er erhob ſich, ſtand ſtraff vor ſeinem neuen Herrn.„Wann befehlen Sie morgen früh?“ „Um acht Uhr fahre ich nach den Werken.“ Ein kurzes Ueberlegen.„Der Weg nach der Stadt zurück iſt weit, nur per Zug möglich. Es wäre am beſten, Sie übernachteten gleich hier, um morgen früh pünktlich zur Stelle zu ſein. Geht das? Gut.“ Der Diener erſchien, erhielt Anweiſung, den Gaſt aus der Garderobe des Hausherrn mit dem Nötigſten zu ver⸗ ſorgen.„Das Turmzimmer, Schmidt. Gute Nacht, Herr von Vandro.“ Steinherr war aufgeſtanden. Ein feſter Händedruck. Die Blicke der beiden Männer ſuchten und hielten ſich. In den kühlen Augen des Aelteren ſtand wieder die ſeltſame Weiche. Vandro verneigte ſich. Nun war dieſer ſein Herr. Und irgendwie— Freund. Er ſpürte es. Ihm war, als ſei ihm ein großes, unverdientes Geſchenk zuteil ge⸗ worden. Es ſchlug gerade drei Uhr, als Georg von Vandro das ihm angewieſene Gaſtzimmer betrat und auf die Stadt hinunterſchaute, deren Lichterfülle nun auf einzelne helle Flecke zuſammengeſchrumpft war. Irgendwo da drüben ſchlief das blonde Mädchen mit den dunklen Märchen⸗ augen, deren Zauber er vom erſten Erblicken an verfallen. Träumte ſie wieder von trauriger Not, gaukelten freund⸗ liche Bilder um das ſchmale Lager in der ärmlichen Stube? Ob ſie einmal heute ſeiner gedacht, deſſen Gedanken ſie unentwegt ſuchten, ſeit er ſie geſtern geſprochen? Ach, daß ihr Weg ſich endlich wende... „Dir dienen dürfen“, dachte der Mann in heiß auf⸗ quellender Sehnſucht.„Gäbe es ein größeres Glück?“ Als Steinherr allein war, trat er an ſeinen Schreib⸗ tiſch, überflog im Stehen die Privatkorreſpondenz, die ſein Sekretär ihm bereitgelegt hatte, und ſchob ſie ſtirnrunzelnd beiſeite. Nichts von Belang. Hätte Erlenlinder alles ſelbſt erledigen können. Ein parfümierter Brief flog ungeöffnet in den Papierkorb. Es gab allzuviel Frauenherzen, die ſich nach Abenteuern— und Geld ſehnten. Sein Blick fiel auf das Bild der Kaleſſo, das in einer Ecke des Schreibtiſches ſtand. Sie war nicht beſſer als die anderen, nur amüſanter, glitt leicht über die Oberfläche des Lebens dahin wie ein Schmetterling durch die Sonne. Er nahm das gutgetroffene Bild im Silberrahmen in die Hand. Aber wie er es näher betrachten wollte, geſchah es, daß das pikante Brünettengeſicht ſich in ein blaſſes Frauenantlitz mit blondem Haar verwandelte, deſſen graugrüne Augen ihn unter ſchweren, breiten Lidern an⸗ ſtarrten mit zwingendem Bann.„Macht iſt alles“, ſagte die klangloſe Stimme leiſe. Wußte dieſe Frau von dem Ehrgeiz, der ihn verzehrt und vorwärtsgepeitſcht, bis alle anderen Gefühle ſeiner Seele verdorrten? Ueberreich war ihm der Tiſch des Lebens nun gedeckt, und doch hungerte er wie nie zuvor? War Macht wirklich alles? Geheimnis⸗ voll glänzten und gleißten die unergründlichen Augen.— „Keine Spur von Güte“, hatte ſie ſelbſt geſagt. Aber ſchillernder Reiz lockte und vielleicht— Gefahr! Wann je hatte die ihn geſchreckt? So hart legte der Mann die Photographie mit dem Bild nach unten auf die Schreibtiſchplatte, daß das Glas mit leiſem Klirren mitten durchbrach. Er reckte die Schultern, hob den Kopf. Seine Züge verhärteten ſich⸗ Nun fuhren ſie zwiſchen hohen Bäumen dahin auf ge⸗ Fort mit dem Geiſterſpuk; ſchon rief der neue Tag. (FJortſetzung folgt.) aus geöffnet, auf. Wieder ging es, jetzt allmählich an. 5 at Moral chern aufgeworfen und weih⸗ liche Perſonen in een ſchmuckloſen Linien den Eindruck ſturmfeſter Standhaftig⸗ oder auf der Straße beläſtigt hätten. ö Revolulſon nicht von Kindern, 41 gad. Sülllichkeitsapoſtein gewonnen ei, n ö 1 41 0 Dieſe allein würden ſie auch ſi⸗ darin, über den Anzug, Geſichtspflege oder geuſchheit anderer Kampfgeſinnung hochzureißen. Er verbiele bener Moraläſtheten herzugeben. feuer brach in den frühen Nachmittagsſtunden ſtes„Lichtburg“ aus. Aus dem linken Dach⸗ 3 C 2 2 1 2 2 1 f ihm.„Ich möchte meinen Findling gern näher kennen⸗ burg“ ſchlugen helle Flammen empor, dichte Rauchſchwaden umhüllten das f Fünf Löſchzüge rückten an. Ein Trupp Feuer⸗ Masken auf den mechaniſchen Leitern vor. Drei Beamte erlitten ernſte Brandwunden. Nach eingekreiſt. ſtellt. Die Plätterin hatte den Apparat ver⸗ Ohne ſich zu überlegen, verneigte ſich Vandro:„Ich. Verbindlichkeitserklärung des Lohntarifs der ſtimmungen des Treuhänders der Arbeit Süd⸗ von denjenigen Firmen der Induſtrie einzuhal⸗ ten, die nicht dem Verband„Süddeutſcher FTextilarbeitgeber, Landesgruppe Baden“(Sitz Freiburg) angehören. N* ſchule für Muſik und Theater.) Die erſten Aufnahmeprüfungen für alle Abteilun⸗ gen finden ab Mittwoch, den 27. d. M., täg⸗ lich in dem neuen Anſtaltsgebäude A 1, 3, Auf der Landſtraße bei Schwetzingen fuhr, von ſchloſſer Georg Lohn aus Neckarau mit ſeinem weiterer Kraftwagen ebenfalls im Begriff war im Gefühl heiliger Verani⸗ Wohl des Volkes. Aus der neue Meldungen vor, daß „ SS⸗ oder St⸗Männer ſich öffent⸗ Es müſſe einmal feſtgeſtellt werden, daß ſondern von revolutionären chern. Die Aufgabe der 3A beſtehe nicht zu wachen, ſondern Deulſchland durch ihre kreue und revolutionäre ämtlichen Führern und Männern der 2 18 Ihre Allloilat auf dieſem Boden einzuſetzen und ſich zum Handlanger verſchro⸗ Letzte Nachrichten Bügeleſſen verursacht Großfeuer Brand in einem Berliner Kino. Berlin, 26. Sept. Ein ſchweres Schaden⸗ im Norden Berlins im Gebäude des Kinopala⸗ flügel unterhalb des großen Turmes der„Licht⸗ und ganze Gebäude. Drei Dachſtühle unterhalb des Turmes hatten Feuer gefaßt. wehrleute ging mit Rauchſchutzgeräten und dreiviertelſtündiger Tätigkeit war der Brand Als Brandurſache wurde Kurz⸗ ſchluß an einem elektriſchen Bügeleiſen feſtge⸗ laſſen, ohne den Strom auszuſchalten. Badiſchen Textilinduſtrie. Freiburg, 26. Sept. Vom Süddeutſchen Textilarbeitgeberverband, Landesgruppe Ba⸗ den, wird mitgeteilt: Der Reichsarbeitsminiſter hat unterm 19. 9. 33 den durch die Be⸗ weſt vom 2. Juni, 8. Juli und 15. Auguſt 1933 geregelten Lohntarif für die badiſchen Textilarbeiter ab 1. 9. 1933 für allgemein⸗ verbindlich erklärt. Damit iſt dieſer Tarif auch Mannheim, 26. Sept.(Städtiſche Hoch⸗ ſtatt. Für Orgel wird die Prüfung in der Chriſtuskirche abgehalten. Schwetzingen, 26. Sept.(Auf der Rück⸗ kehr vom Gauappell verunglückt.) Hockenheim kommend, der 35jährige Maſchinen⸗ Kraftrad hinter einem Kraftwagen her. Nach⸗ dem ein anderer Kraftwagen vorgefahren war, wollte auch Lohn überholen. Als er nach links einbog, bemerkte er nicht, daß hinter ihm ein zu überholen. Er geriet zwiſchen beide Wagen, wurde vom Kraftwagen geriſſen und erlitt nehen ſonſtigen Verletzungen einen ſchweren Schädelbruch. Sein Mitfahrer Moſer(Beſit⸗ zer des Reſtaurants Strandbad⸗Nord) iſt mit leichteren Verletzungen davongekommen. Das Befinden Lohns iſt beforgniserregend. Karlsruhe, 26. Sept.(Be kämpfung der Schwarzarbeit.) Die Bezirksämter, Poli⸗ keipräſidien und die Polizeidirektion Baden⸗ aden werden in einem miniſteriellen Erlaß alngewieſen, im Kampfe gegen die Schwarzar⸗ beit mit aller Strenge raſch und unverzüglich vorzugehen. „Seelbach, A. Lahr, 26. Sept.(Mit der Scheintodpiſtole ins Auge geſchoſ⸗ Berlin, 26. September. Am 1. Oktober werden in allen Gauen Deutſchlands große Erntedankfeſte abgehal— ten, die in einem großen Bauerntreffen im Weſerbergland am Bückeberg ihre Krönung erhalten. Es war nicht einfach, einen Ort zu finden, um einerſeits dem Charakter des Feſtes, andererſeits den ungeheuren lechni⸗ ſchen Anforderungen eines ſo großen Tref⸗ fen zu genügen. Unmittelbar von der Weſer aus hebt ſich der Berg, auf dem, wie viele ge⸗ ſchichkliche Dokumente aufweiſen. früher die Things der alten Germanen abge⸗ halten wurden, eiwa 400 Meter hoch heraus. In der Erkenntnis, daß dieſer Staatsakt zum Erntedanktag, der an Wichtigkeit unbedingt dem Tag der deutſchen Arbeik gleichzuſetzen iſt, im Volke einen großen Widerhall finden wird, hat das Propagandaminiſterium der Preſſe bereits jetzt Gelegenheit gegeben, ſich an Ort und Stelle von der auserſehenen Ge⸗ gend und der Organiſation des Feſtes ein Bild zu machen. Vom frühen Morgen ab werden auf den fünf in der Nähe liegenden Bahnhöfen Hameln, Rohrſen, Groß⸗ und Klein⸗Berkel und Tündern in ununterbro⸗ chener Folge, teilweiſe in einem Abſtand von nur fünf bis zehn Minuten, die Sonderzüge eintreffen, die annähernd 250 000 Teilney⸗ mer— im Ganzen rechnet man mit einer Teilnehmerzahl von 500 000— aus allen Teilen des Reiches nach dem Bückeberg brin⸗ gen. Dieſe ungeheure Arbeit, die teilweiſe an die Reichsbahn noch größere Anforderungen ſtellt als zum Parteitag in Nürnberg, muß um 1 Uhr beendet ſein. Man hofft, daß um 3 Uhr der Aufmarſch am Berg beendet iſt. Die Ehrengäſte werden geſchloſſen in der Zeit von 3 bis 4 Uhr vom Hotel Monopol in Hameln auf einer frei gehaltenen Strecke di⸗ rekt auf den Feſtplatz gebracht und um 4.15 Uhr wird der Diplomaten⸗Sonderzug auf freier Strecke unmittelbar am Berg halten, um den ausländiſchen Gäſten das Erreichen des Feſtplatzes zu erleichtern. Erſt wenn alle Teilnehmer auf dem Jeſt⸗ platz verſammelt ſind, wird gegen 4.30 Uhr der Führer erſcheinen, der vom Rei- terregiment Nr 13 von Hameln aus bis zum Bückeberg eskorkiert wird. Fanfarenſignale eröffnen den großen Staatsakt und leiten das militäriſche Schau⸗ ſpiel ein. Ueber eine der Pontonbrücken über die Weſer wird eine Batterie angepreſcht kommen, unterhalb des Berges einſchwenken Es gibt zwei ganz verſchiedene Küchen. reiche; das eine, wo biedere Hausmannskoſt zubereitet wird unter ſelbſtverſtändlicher Rückſichtnahme auf den Geldbeutel der Fa⸗ milie, und hier iſt die Hausfrau ſeit jeher tonangebend; das andere aber iſt ein Reich, in dem das Eſſen als Kunſtwerk angeſehen wird, in dem der Ehrgeiz zu immer neuen Erfindungen treibt, in dem Triumphe zu er⸗ ringen ſind und die Meiſter ihrer Kunſt wie Diktatoren zu regieren pflegen. In dieſem Reich haben aber vorwiegend Männer ge⸗ herrſcht. Schon im Altertum hat es Zentren gege⸗ ben, wo die Kunſt der Feinſchmecker Blüten trieb, und noch heute nennen wir einen et⸗ was verweichlichten Kenner wohlſchmecken⸗ der Gemüſe einen Sybariten. Bei den Grie⸗ chen ſtand Sybaris in der Kunſt der Küche voran. Die Anerkennung, die man dort der Eßkultur zollte, ging ſogar ſo weit, daß man für die Erfindung eines neuen Gerichts ein Patent erteilte. Ein Jahr lang durfte kein anderer Koch dieſes Gericht bereiten. Es nimmt kein Wunder, daß bei dieſer über⸗ triebenen Hochſchätzung kulinariſcher Genüſ⸗ en.) Der 19 jährige Sohn des Forſtwarts Dehler ſchoß ſich beim Hantieren mit einer Scheintodpiſtole ins Auge, das verloren iſt. Da auch das andere Auge gefährdet iſt, wurde der junge Mann in die Augenklinik nach Frei⸗ burg verbracht. Radolfzell, 28. Sept.(Die Hausfrau 1 der Landwirtſchaftsausſtel⸗ 0 g.) Auf der großen Landwirtſchaftsaus⸗ ſtellung in Radolfzell, die am 30. September eröffnet wird, wird auch die Stellung der zausfrau beſondere Würdigung finden. In ener Schau wird das land⸗ und hauswirt⸗ katie Schul⸗ und Beratungsweſen darge⸗ 55 t. Was die Hausfrauen aber beſonders in⸗ Aleren wird, das iſt die Lehrküche, die in Shen Aissttellungshalle errichtet wird. Nach nem jeweils vorher bekanntgegebenen Küchen⸗ do gekocht. werden die Schülerinnen die im tel wird 1 b dort Tag für Verlauf des letzten Kurſes angefertigten Näh⸗ Arbeiten und die E g ihrer Koch⸗ und Tag A ſe die Spitzenköche eine überaus angeſehene Stellung hatten, verbunden natürlich mit ei⸗ nem entſprechenden Einkommen. Sogar den Lorbeerkranz, das Zeichen des höchſten Lo⸗ bes, das die Griechen zu vergeben hatten, er⸗ hielten die Köche. Die Küchenſtars pflegten ſich ihres Wertes auch ſehr wohl bewußt zu ſein. Gewöhnliche Arbeiten verſchmähten ſie, hielten ſich auch nicht in der Küche ſelbſt auf, ſondern gaben ihre Anweiſungen von einem anderen Raum aus. Auch der Speiſezettel erhielt ſein eige⸗ nes Gpräge. Die allgemein übliche Umgangs⸗ ſprache war dieſen Herren viel zu ſchlecht für die Erzeuaniſſe ihres Geiſtes. Sie bezeichme⸗ ten ihre Gerichte mit Worten, die dem Alt⸗ griechiſchen Homers entlehnt waren, für die meiſten in ihrem richtigen Sinn nicht ver⸗ hen eines Geheimkults gewann. Auch die oren von Kochbüchern, ren. einige berühmte ſtändlich, ſo daß die Küchenkunſt das Ausſe⸗ Literatur der Kochkunſt blühte, und es gav Deutsches Erntedankfeſt der Tag der deutſchen Bauern auf dem Büleberg— Adolf Hitler wird ſprechen— Großes militäriſches Schauspiel— Angeheure Organiſationsarbeit und abprotzen. Von hier aus werden 21 Schuß Salut abgegeben werden. Das geſamte Reiterregiment 13, das den Führer eskortiert hat, wird aus einer in der Nähe liegenden Do mäne, in die es ſich zurückgezogen hat, her⸗ vorbrechen und auf dem großen Feldgelände Reiterſpiele und Gefechtsübungen vorführen. Den Abſchluß bildet ein Parademarſch im Galopp, an dem ſich die Artillerie, die durch ein großes Uebungsmanöver hinter die Rei⸗ terei gelangt iſt, anſchließt. Das gemeinſam geſungene Lied„Nun dankel alle Gott“ wird überleiten zu der Anſprache des Reichsernährungsmini⸗ ſters Darre, worauf dann der Führer Adolf Hitler ſprechen wird. Den Abſchluß des Bauerntreffens bildet der große Zapfenſtreich mit dem Deutſchland⸗Lied und gleich darauf werden die Führer und die Mitglieder der Reichsregierung ſowie die Ehrengäſte in Sonderfahrzeugen nach Bad Pyrmont gebracht. Währenddeſſen werden auf den umliegenden Höhen rieſige Feuer brennen. 5 Der Abtransport der Hunderttauſen⸗ de wird ſich auf demſelben Wege vollziehen wie der Anmarſch, und für die Teilnehmer, die ſtundenlang werden warten müſſen, wird in rieſigen Zelten ein Volksfeſt arrangiert, bei dem vor allem die Jugend bei Tanz und Beluſtigung ſich die Wartezeit verkürzen kann. Die Planierungsarbeiten am Bückeberg ſtellen an den freiwilligen Arbeitsdienſt große Anforderungen. Nicht weniger als 1800 Arbeitsdienſtfreiwillige ſind dabei, etwa 50 000 Kubikmeter Erde in drei Schichten und zum Teil bei elektriſcher Beleuchtung zu be⸗ wegen, um die etwa 80 Morgen große Flä⸗ che auszugleichen. Weitere 600 Arbeiter ſind mit Facharbeiten beſchäftigt. Beſonders ſchwierig geſtalteten ſich die Vorbereitungen für die Stromverſorgung. Von einem Hochſpannungsnetz, das mehrere Kilometer entfernt liegt, wird der Strom herangeführt. Eine große Umformſtation mit 14 Transformatoren, alſo mit der dop⸗ pelten Leiſtung wie ſie auf dem Tempelhofer Feld benötigt wurde, hat eine Leiſtung von 200 000 Wakt zu bewältigen. Das Waldſtück, das den Berg krönt, wird ebenfalls, und zwar vom Waldboden aus, in ein Lichtmeer ge⸗ taucht und auch der Fahnenwald um den Platz herum wird durch etwa 50 Scheinwer⸗ ferneſter angeſtrahlt. Vier große Lichttürme ſpenden während und nach der Veranſtaltung das Licht. Eine mehrfach ausgeprobte Laut⸗ ſprecheranlage wird bis in die entfernteſten Winkel die Reden verſtändlich machen. Berühmte Köche Zur Kulturgeſchichte der Küche Die Römer haben die Kochkunſt der Grie⸗ chen noch geſteigert. Zur Zeit der römiſchen Kaiſer gab es nichts, was zu raffiniert gewe⸗ ſen wäre für die Begierden der reichen römi⸗ ſchen Herren. Der Bericht. den uns der be⸗ rühmte römiſche Schriftſteller Petronius über ein Gaſtmahl jener Zeit entwirft, gibt uns einen klaſſiſchen Einblick in die Völlerei, der eine untergehende Kultur verfiel; denn die Ueberfülle und die Gier, die hier zum Aus⸗ druck kommen, widerſprechen an ſich dem Be⸗ griff des Feinſchmeckers. Im Mittelalter goh es dieſe ungeſunden Zu⸗ ſtände nicht mehr. Auch damals liebte man reichliche ſchmackhafte Koſt, und wir wiſſen auch aus dem Mittelalter viel von Völlerei, aber in derber Art und nicht in jener raffi⸗ nierten Weiſe, die nicht Ausfluß ſtarker Le⸗ benskraft, ſondern Zeichen einer tiefgehenden Erſchöpfung iſt. Die Renaiſſance lernte vom klaſſiſchen Altertum nicht nur Künſte und Wiſſenſchaften, ſondern auch die Verfeine⸗ rung der Eßſitten. Allerdings iſt es nicht ſo ſehr die italieniſche wie die franzöſiſche Re⸗ naiſſance geweſen, die in der Küche tonan⸗ gebend wurde. Unter den bekannten Köchen, die ſeit damals die franzöſiſche Küche regier⸗ ten, iſt beſonders bemerkenswert Vatel, der aus gekränktem Berufsehrgeiz Selbſtmord verübte. Er konnte nämlich die Schmach nicht verwinden, daß bei dem Feſtmahl, das Lud⸗ wig XIV. Conde zu Ehren veranſtaltete, ein Gericht aus Seefiſchen nicht rechtzeitig zur Stelle war. Ein wahrer Feldherr war Mon⸗ mirel; er nahm, wohin er auch berufen wur⸗ de— und ſein Tätigkeitsgebiet erſtreckte ſich auf Paris, Rom, Wien gleichzeitig—, ſeinen ganzen Küchengeneralſtab mit ſich und leiſte⸗ te auch wahre Rekorde Man kann an dieſen Umſtänden erkennen, daß die Gerichte ſolcher Meiſter nicht billig geweſen ſein mögen. Und tatſächlich wurden für Köche und Gaſtmähler geradezu phan⸗ taſtiſche Summen ausgegeben, wobei man be⸗ rückſichtigen muß, daß der Geldwert in je⸗ nen Zeiten viel höher und die Einkommen viel niedriger lagen. Das gilt beſonders für die berühmten Köche in der Zeit Napoleons. Die Könige ſtritten ſich um ſie, und ſie ſcheu⸗ ten keine Koſten, um ſie zu gewinnen, ſon⸗ dern auch ihren geſellſchaftlichen Ehrgeiz da⸗ mit zu befriedigen. Es hat wohl kaum einen Star gegeben, um den ſich die Angeſehenen der Erde ſo angeſtrengt hätten wie um An⸗ ton Careme. Er kochte für Kaiſer Alexan⸗ der von Rußland mit einem Monatsgehalt von 2400 Franken, dann für König Georg von England, die ihn mit 1000 Pfund jähr⸗ lich entlohnte, bis ſchließlich Geldmagnaten die Könige ausſtachen und Careme für ſich zu erobern wußten. a Es iſt kein gutes Zeichen für eine Kultur, wenn ſie dem Eſſen und ſeinen Zubereitern einen ſo hohen, ja faſt ausſchließlichen geſell⸗ ſchaftlichen Wertrang einräumt. Wir finden dieſe Erſcheinung der Küchenſtars gewöhn⸗ lich auch nur in Zeiten untergehender Kul⸗ tur. Es iſt deshalb ein gutes Zeichen, daß Deutſchland im Lauf ſeiner Geſchichte dieſe Verfallserſcheinung nicht gezeigt hat, wenn auch die deutſche Küche in ihrer Mannigfal⸗ tigkeit nach den verſchiedenen Stammesſitten und ihrer nahrhaften Zubereitung ihren gu⸗ ten, bewährten Ruf hat. Aus der Heimat Gedenktage 26. September 1759 Generalfeldmaeſchall Graf Yorck Wartenburg in Potsdam geboren. 1815 Abſchluß der Heiligen Allianz in Paris. Prot. und kath.: Cyprianus Sonnenaufg. 5.51 Sonnenunterg. 17.51 Mondaufg. 14.44 Mondunterg. 21.14 don Bis ins ſpäte Alter lernen, das iſt Genie⸗ ßen, das iſt Leben. Frhr. v. Feuchtersleben. ** Auszahlung von Militärrenten. Die Militärrentenempfänger, die ihre Verſor⸗ gungsgebührniſſe bei der Poſt abheben, wer⸗ den darauf aufmerkſam gemacht, daß die Auszahlung für den Monat Oktober bereits am 28. September ſtattfindet. * Einheitliche Regelung der ärztlichen Berſorgung im F. A. D. Die Reichsleitung des Arbeitsdienſtes hat bekanntgemacht, daß die Frage einer beſſeren ärztlichen Betreuung der einzelnen Arbeitsdienſtlager ſowie der ſorg⸗ fältigeren Durchführung der Einſtellungsun⸗ terfuchungen durch Verhandlungen mit dem Reichskommiſſar der deutſchen Aerzteſchaft möglichſt einheitlich geregelt werden ſoll. Bis auf weiteres ſind daher keine Sonderabkom⸗ men mit den örtlich zuſtändigen kaſſenärztli⸗ chen Vereinigungen uſw. abzuſchließen ' Eheſtandsdarlehen auch für bedürftige Verwandte. Wie das VD. Büro meldet, iſt durch Verordnung der maßgebenden Stellen beſtimmt worden, daß Mädchen und Frauen, die im Haushalt oder Betrieb von Verwandten aufſteigender Linie beſchäftigt ſind oder wa⸗ ren, von nun an ebenfalls ein Eheſtandsdar⸗ lehen erhalten können, wenn infolge des Aus⸗ ſcheidens aus der Beſchäftigung nachweislich die Einſtellung einer fremden Arbeitskraft erfolgt. Dabei iſt es ausreichend, wenn die Einſtellung im Zeitraum der Hergabe des Darlehens er⸗ folgt iſt. Im übrigen gelten die allgemeinen Beſtimmungen, nach denen insbeſondere die Beſchäftigung in der Zeit vom 1. Juni 1928 bis 31. Mai 1933 liegen und die in dieſer Zeit mindeſtens ſechs Monate gewährt haben muß. Durch dieſe Neuregelung iſt insbeſondere dem Bauerntum eine weſentliche Hilfe zuteil gewor⸗ den, da bisher Landwirtstöchter, die im Be⸗ triebe ihrer Eltern oder Großeltern beſchäf⸗ tigt waren, beim Aufgeben ihrer Stellung kein Eheſtandsdarlehen erhalten konnten. 80 Wettervorherſage: Am Tage warm, jedoch noch unbeſtändig. Märkte und Börſen Vom 25. September. (Ohne Gewähr.) Mannheimer Produktenbörſe, Es notierten in Rm. per 100 Kilo, waggon⸗ frei Mannheim: Weizen inl. 19,75 bis 19,90; Roggen ſüdd. 16 bis 16,25; Hafer 14 bis 14,25; Sommergerſte inl. 18 bis 20; Futter⸗ gerſte 16; Mais m. S. 17,75 bis 18; Erd⸗ nußkuchen 15,75 bis 16; Soyaſchrot 14,50 bis 14,75; Rapskuchen 12; Palmkuchen 13,75 bis 14; Seſamkuchen 15,75; Leinkuchen 16,75; Biertreber 15; Trockenſchnitzel 8,50; Wieſen⸗ heu loſe 4 bis 4,60; Rotkleeheu 4,40 bis 4,80: Luzerne Kleeheu 5,80 bis 6,20; Weizen⸗ und Roggenſtroh gepr. 1,60 bis 2, geb. 1,40 bis 1,70; Weizenmehl Spezial Null m. Aust. 28,75, per November 299, m. Inl. 27,25, per November 27 bis 27,50, ſüdd. Weizenaus⸗ zugsmehl 31,75 bezw. 32 bezw. 30,25 bezw. 30,50, ſüdd. Weizenbrotmehl 21,75 bezw. 21 bezw. 20,25 bezw. 20,50; Roggenmehl nordd. 22 bis 23, ſüdd. und pfälz. 22,75 bis 23,75; Weizenkleie feine 8,75 bis 9, grobe 9,75; Roggenkleie 8,50 bis 9,50; Weizenfuttermehl 10,50; Roggenfuttermehl 9,50 bis 11,50; Wei⸗ zennachmehl 14 bis 15,50. — Weinheimer Schweinemarkt. Zugeführt: 363 Stüc Verkauft: 304 St d, Milchſchweine das Stück 6 9 Mk. dale das Stüc von 13— 23 Mt. Marktvet auf gut Ne* Ae e 8 5 5