N NS. Bekanntmachungen (Parteiamtliche Veröffentlichungen der NSDAP., Ortsgr. Viernheim und der Unterformationen). MSD AF., Ortsgruppe Viernheim Geſchäftsſtelle: Adolf Hitlerſtraße 19. Geſchäftsſtunden⸗Einteilung: N. S. B. O. und Deutſche Arbeitsfront: Jeden Montag, Mittwoch u. Freitag, abends 7—9 Uhr Ortsgruppenleitung: Jeden Montag und Donnerstag, abends 7—9 Uhr Kaſſen verwaltung der Ortsgruppe: Jeden Donnerstag, abends 7—9 Uhr F-A ² A Reichsluftſchutzbund e. V. Stützpunkt Viernheim. Alle Intereſſenten der unentgeltlichen Aus bildungskurſe laden wir auf Dienstag, den 23. ds. Mts. in den„Löwen“ ein und zwar: abends um ½8 Uhr für Kurſusanfänger; abends um 8 ½ Uhr für ſolche, die am letzten Dienstag den Kurſus begonnen haben. Kurſusleiter: Pg. Dr. Griesheimer. Kein nationalgeſinnter Deutſcher ſtehe zurück. Der Stützpunktleiter. Lokales Viernheim, 22. Januar Trage dein Uebel wie du magſt, Klage niemand dein Mißgeſchick; Wie du dem Freunde ein Unglück klagſt, Gibt er dir gleich ein Dutzend zurück. Vom Sonntag. Der geſtrige Sonntag war ein recht ſchöner Wintertag. Die Sonne lachte vom Himmel, der Boden war ſchön hartgefroren, ſodaß der Aufent— halt im Freien recht angenehm war. Prinz Karneval hat nun überall die Macht ergriffen. So fanden am Samstag und Sonntag in zahl- reichen Lokalen Kappenabende ſtatt. Geſtern Abend war im Engelſaale Fremdenſitzung des C. d. G., die einen recht guten Beſuch hatte und für alle Beſucher eine außerordentlich frohe und und ſchöne karnevaliſtiſche Veranſtaltung bedeutete. Der Cd. G. hat es wirklich vortrefflich verſtan- den, dem Karneval hier zu ſeinem Recht zu ver— helfen und uns in dieſer tollen Zeit zu zeigen, wie man fröhlich nach rheiniſcher Art Faſtnacht feiert.— Auf dem Waldſportplatz war geſtern nachmittag Großbetrieb. Die„Grünen“ ſtanden im 2. Verbandsrückkampf gegen Feudenheim und konnten trotz ſchönem und zum Schluſſe über legenem Spiel nur ein Unentſchieden 1:1 erzielen. Mehrere hundert Sportfreunde von hier und aus Feudenheim waren Zeuge dieſes Punktekampfes. — Der Krieger- und Soldatenverein„Tentonia“ hielt im Schützenhof ſeine Winterfeſtlichkeit, ver— bunden mit Feier der Reichsgründung. Der Abend war für alle Mitglieder mit ihren An⸗ gehörigen ein ſelten ſchöner Genuß, hatte doch die Leitung des Vereins alles aufgehoten, um die Veranſtaltung zu einem ſchönen Familien⸗ abend zu geſtalten, was auch in jeder Hinſicht gelungen iſt. * * Ein neuer Roman. Heute be⸗ ginnen wir mit dem Abdruck des neuen Romans der beliebten Schriftſtellerin Marliſe Sonneborn „Schäfers Gundula“. Dieſer Roman wird un⸗ ſeren Leſern ſicherlich viel Freude bereiten. * Die Generalverſammlung ver⸗ legt. Die für Samstag, den 27. Januar, an⸗ beraumte Generalverſammlung der Landwirt. ſchaftlichen Geld: und Warengenoſſenſchaft wurde umſtändehalber abgeſetzt und auf einen unbe⸗ ſtimmten Zeitpunkt verlegt. Wir machen die Intereſſenten hierauf aufmerkſam. 0 Sterbetafel. iſt Herr Fabrikobermeiſter i. R. Adolf Bugert, Ludwigſtraße 46 im Alter von 65 Jahren ge⸗ ſtorben. Die Zeit der Beerdigung iſt aus der Anzeige erſichtlich. Der Polizeibericht der letzten Woche meldet eine Anzeige wegen Ruheſtörung. * Luftſchutzintereſſenten wollen die heutige Anzeige in den parteiamtlichen Nach- richten beachten. Der Kurſus findet nicht im deutſchen Kaiſer ſondern im Löwen ſtatt. * Die große Fremdenſitzung des C. d. G. im Engelſaale. Die Narrengeſellſchaft vom Club der Ge— mütlichen führt ſchon jahrelang einen großen Kampf, um dem Karneval auch hier in Viern⸗ heim feſten Boden zu geben. In jedem Jahr ſteigert ſich der Zuſpruch, den dieſe rührige Ge⸗ ſellſchaft erfährt. In jedem Jahr gelingt es mehr und mehr, die Viernheimer zu richtigen Närrinnen und Narren und mit Sr. Tollität, dem närriſchen Prinzen, bekannt zu machen. Fremden- ſitzung, vor Jahren noch ein„fremder“ Begriff, bildet heute den ſchönſten Teil der Faſchingszeit. So hatte auch die geſtrige, leider einzige„Frem— denſitzung“ des Clubs der Gemütlichen im Engel— ſaale einen ſehr guten Beſuch. Schon lange vor Beginn war der geräumige Engelſaal dicht be— ſetzt und die Freunde eines geſunden guten Hu— mors waren da, um ſich von den zahlreichen Büttenrednern und Komiker gut unterhalten zu laſſen. Der Saal war prächtig dekoriert und mit ulkigen Bildern ſchön ausgeſchmückt. Die Narrentafel für den hohen Elferrat war ſchön aufgemacht und bot einen farbenprächtigen An- blick. Punkt 8,11 Uhr eröffnete die Feſtkapelle Nach kurzer Krankheit Hanf Blank mit dem Narrhalleſenmarſch den Abend, worauf der feierliche Einzug des hohen Elferrates erfolgte. Zum erſten Mal marſchierte in Viernheim die neugeſchaffene Prin⸗ zengarde in ihrer ſchmucken Uniform auf. Unter ihrem Beſehlshaber, Generalfeldmarſchall Exzel. von Bugert, begleiteten ſie den hohen Elferrat in den Narrenſaal und hielten auch den ganzen Abend über die Ehrenwache. Die 6 grüngeklei⸗ deten Boys des C.d. G., ſchmucke Viernheimer man Till Eulenſpiegel, den Herold des Präſi⸗ denten, im Gefolge ſehen. Humor und Frohſinn macht alle gleich, Sieg Heil ihr Narren im dritten Reich, waren die frohen Begrüßungs worte, die der Narrenpräſident, Herr Hans Winkler, den verſammelten Eintopfgerichteſſern zurief. Vergeßt Steuern und Schulden und freut euch in fröh⸗ licher Runde, das war der Sinn ſeiner launiſchen Begrüßungsanſprache. Mit dem Viernheimer Elferrat waren noch eingezogen der Elferrat der „Fröhlich Pfalz“⸗Mannheim ſowie der der großen Carnevalsgeſellſchaft Lindenhof.— Als Eröff- nung des ausgiebigen Programms wurde das Lied„Willkommen ihr Narren“ gemeinſam ge⸗ ſungen. Der Dichter des Liedes, Herr Gerhard Helffenſtein von Mannheim, wurde unter Beifall dem Publikum vorgeſtellt. Hierauf erſtattete der närriſche Protokollführer, in der Perſon der Herrn Viktor Schöch, ſeinen originellen Bericht über den hohen Elferrat, worauf die Humor⸗Kanone des C.d. G., Herr Konrad Martin, mit ſeinem Vortrag„Dämlicher Bua“ den Reigen der Büt⸗ tenredner und Unſinnverzapfer eröffnete. Herr Oskar Berg mit ſeinem Couplett„Heut wollen wir luſtig ſein“ trug viel dazu bei, eine frohe karnevaliſtiſche Stimmung in den Saal zu zaubern. Frau Helffenſtein aus Mannheim erzählte in der Bütte, wie es früher in der Ehe war und erntete reichen Beifall. Die Boys vom C. d. G. ſtellten ſi mit einem ſchmiſſigen Tanz vor. Herr Jakob Hanf trug ein Cou⸗- plett„So ſtiehlt man uns die Zeit“ vor, und Herr G. Helffenſtein erzählte uns als Be⸗ richterſtatter die Neuigkeiten aus Genf, worauf unſer beliebter einheimiſcher Komiker, Herr Jakob Müller das Couplett„Alles für'm Vater ſein Geld“ zum Vortrag brachte. Ein ariſcher Herr Morgenſtern, der Mannheimer Knebbes, machte zwergfellerſchütternde Witze. Nun erfolgte Be⸗ grüßung und Vorſtellung der Elferräte der „Fröhlich Pfalz“ Mannheim, Carnevalsgeſellſchaft Lindeahof und den inzwiſchen eingetroffenen Ver- treter der Rheinſchanze aus Ludwigshafen. Den Gäſten wurde als Geſchenk ein Viernheimer Sandhas und Produkte der Viernheimer Molkerei⸗ genoſſenſchaft überreicht.— Hierauf wurde Herr Bürgermeiſter Bechtel vorgeſtellt und mit dem Ehrenorden der Narrengeſellſchaft ausgezeichnet. Herr Bürgermeiſter Bechtel freute ſich einen ſolch gemütlichen Abend verleben zu können und führte weiter aus, daß man nach harter Arbeit auch den Frohſinn nicht vergeſſen dürfte und betonte, daß es ein beſonderer Verdienſt der hieſigen Narrengeſellſchaft ſei, zur Fröhlichkeit viel mitge⸗ Mädels, marſchierten flott mit auf, ebenſo konnte holfen zu haben. Ahoi!— Herr Polizei⸗ meiſter Kühne erhielt das Ehrenkreuz des C.d. G., worauf auch noch die Preſſevertreter des Hakenkreuzbanner, der Landes ⸗ Zeitung in Mannheim und des Viernheimer Anzeigers vor⸗ geſtellt wurden. Ein Xylophonſolo des Herrn Jakob Hanf, ſowie das Doppelduett von Helffen⸗ ſtein und Frau, die uns ein Ehe⸗Idill vor⸗ zauberten als Stadtbas und Lorenz fanden reichen Beifall.———— Nach einer Pauſe von 11 Minuten ging der bunte Reigen der Büttenreden weiter. Zuerſt wurde gemeinſamdas Lied„Des Wirtes Klage“ geſungen. Herr Viktor Schöch und Herr Konrad Martin erzielten mit ihrer ulkiſchen Soldatenſcene ſtürmiſche Heiterkeit. Eine beſondere Kanone war Frau Schwäbler aus Ludwigshafen, die ſogenannte„Pälzer Krott“, die als Dienſtmädchen ihre Erlebniſſe zum Beſten gab und durch ihre gelungene Vortragsweiſe ſtürmiſcher Beifall errang. Herr Rucktechler aus Ludwigshafen als Bäckergeſell und der Mannheimer Knebbes in der Perſon des ariſchen Herrn Morgenſtern-⸗Mannheim ſowie die Paro⸗ dierung des Viernheimer Orginals des„Linſen⸗ franz“ durch Herrn Jakob Hanf wurden beifällig aufgenommen. Nach der Vorſtellung der Prinzen garde und der Boys, wobei das vom närriſchen Präſidenten verfaßte Prinzengardelied geſungen wurde, hörten wir die„Pälzer Krott“ nochein⸗ mal und Herrn Rucktechler ſeine Erlebniſſe als Rheinfiſcher erzählen, worauf das reichhaltige Programm der Büttenredner erledigt war. Herr Beigeordneter Schweigert erhielt noch den Ehren⸗ orden des C.d. G., ſodann wurden noch die Vor⸗ ſitzenden Herr Hans Kühlwein und Herr Phil. Sax ausgezeichnet. Das gemeinſam geſungene Lied„Verzwickte Geſchichten“ und die Schluß⸗ anſprache des Narren-Präſidenten, die in den Worten ausklang„Löblich iſt ein tolles Streben, wenn es kurz iſt und mit Sinn“, dann war ber ſelten ſchöne Abend, der der Narrengeſell⸗ ſchaft viele neue Freunde gebracht hat und für jeden Beſucher ein heiteres Erlebnis war, be⸗ endet. Beſondere Anerkennung ſei dem närriſchen Präſidenten Herrn Hans Winkler gezollt, der es mit ſeinem geſunden Humor verſtanden hat, den Abend vorbildlich zur Abwicklung zu bringen. ** Schnell verkauft ſchnell vermietet ſchnell bekannt gemacht iſt alles, was die große Oeffentlichkeit wiſſen ſoll.— Der einfachſte, billigſte und beſte Wegweiſer hierzu iſt das Zeitungs ⸗Inſerat! Jodes-Anzeige Unerwartet raſch verſchied im Thereſien- Krankenhaus Mannheim nach ſchwerem Krankſein unſer guter Bruder, Schwager und Onkel Fabrikobermeiſter i. R., Herr Adolf Bugert im 65. Lebensjahre. Viernheim, den 20. Januar 1934 Familie losef EIfler WIw. Familie Jakoh Bugert. Die Beerdigung findet am Mittwoch nachmittag um 3 Uhr von Ludwigſtr. 46 aus, ſtatt. Trauerkleidung Trauerhäte- Trauerschleier stets in großer Auswahl Fischer- Riegel MANNHEIM— Paradeplatz Freiwillige feuerwehr. Dienstag, den 23. Januar, abeuds ½ 8 Uhr, findet im Saale des Gaſthauſes„Zum Löwen“(Brück⸗ mann) ein Vortrag über Gas und uftſchutz ſtatt, wozu wir unſere Mitglieder reſtlos einladen. Vereins⸗Anzeiger Medizinalverband Viernheim. Sonntag, den 28. Januar, nachmittags 3 Uhr, findet im „Grünen Laub“(Matth. Traeger) unſere dies- jährige General⸗Verſammlung ſtatt. Tages⸗ ordnung: 1. Abrechnung, 2. Anträge, 3. Wahl des Vorſtandes und Beſchwerde-Ausſchuß, 4. Verſchiedenes. Zahlreiches Erſcheinen wird erwartet. Der Vorſtand. Karneval Veranstaltungen zeigt man mit Erfolg in dem uiernh. Anzeiger Einige Zentner Futter- Kartoffel zu kaufen geſucht Von wem, ſagt der Verlag. Zum Kaiserhof Heute Montag 7,77 wozu recht herzlichft einladet. Die Kapelle: Spälh. Der Kaiserhofwirt. Schönes immer „Gasthaus zum NKarnfen“ Acer ober möb⸗ 5 liert zu vermie⸗ Heute Montag ten. Off. unter 811 Uhr C. A. 100 an ſſapden— Abend die 1 Bl. Es ladet frol. ein Dauplatze Der Karpfenwirt.] darunter ein Gärtner Kempf. Eckplatz ür Geſchäftsla⸗ Bekanntmachung. en geen Betr.: Das Faſelweſen in der] Von wem, ſagt Gemeinde Viernheim. die Exp. ds. Bl. Bekanntmachung. Betr.: Steuerſprechtag des Finanzamts Heppen⸗ heim. Der nächſte Sprechtag des Finanzamts wird am Donnerstag, den 1. Febrnar 1934. auf dem hieſigen Rathaus ſtattfinden. Diejenigen Steuerpflichtigen, die an dieſem Tage vorſprethen wollen, müſſen ſich bis ſpäteſtens Montag, den 29. Jau. 1934, mittags 12 Uhr bei uns, Zimmer Nr. 21, melden und genau an- geben, in welcher Sache die Beſprechung mit dem Finanzamt gewünſcht wird. Später Anmeldende können auf Erledigung ihrer Steuerangelegenheit an dem betr. Sprech- tag nicht rechnen. Viernheim, den 20. Januar 1934. Heſſ. Bürgermeiſterei Viernheim. In komm. Vertretung: Bechtel. Wir haben 5 zur Zucht un⸗ Ausschneiden! taugliche Ziegenböcke abzugeben.] Guterhaltene Angebote ſind verſchloſſen und mit entſprechender Aufſchrift ver⸗ Mäntel ſehen bis ſpäteſtens Donnerstag, 0 den 25. Jannar, nachm. 5 Uhr, anzuge bei uns, Zimmer 5, abzugeben. Schuhe, Aer jacken, Smoking, Betr.: Unterhaltung d. Faſelviehs. Hochzelsanzuge Für den Faſelſtall werden 180 lauch leihweiſe), Zentner Rüben benötigt. Ange⸗ Feldſtecher bote ſind verſchloſſen und mit en a„Koffer entſprechender Aufſchrift verſehen bis ſpäteſtens Samstag, den Ul- U. Verkaul 27. Jannar, vorm. 12 Uhr, 1 1, 20 Mannneim bei uns, Zimmer 5, abzugeben. 1 Viernheim, 20. Januar 1934 Malulalur- Pabler (Anzug: Zivil) Das Kommando. Heſſiſche Bürgermeiſterei zu haben im Die Zeitung fördert Angebot und Nachfrage durch die Zeitungs⸗Anzeige, das anerkannt beſte Werbemittel! aachen 50 22 4 2 10 76 Seiten fort, ait Weltyrogrrmmen, vieſen Bildern und Arrſteln Die beſtausgeſtattete und inhaltreiche Deutſche Funkzeitſchrift 1 Wies Geeiteverſicherung Monstssbennement nut 83 Pf. durch die Po. Einzetheſe 25 p. In kommiſſariſcher Vertretung: Bechtel. Verlag ds. Bl. probebeft gern umſenß vom Berteg, Berli Nas ernheimer Anzeiger (Viernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.— Bezugspreis monatl. 1,40 Mk. frei ins Haus gebracht.— Gratis⸗Beilagen: wöchentlich den„Illuſtrierten Sonntag“, halbmonatlich die„Heimatblätter“, zweimal jährlich den Fahrplan und den Wandkalender.— Annahme von Abonnements tägl. in der Geſchäftsſtelle u. bei den Boten Aelteſte Tageszeitung am Platze— Erfolgreiches Inſertionsorgan Fernſprecher 117.— Telegr.: Anzeiger, Viernheim.— Poſtſcheckkonto Nr. 21577 Frankfurt am Main, Verantwortlich für den Anzeigenteil: Joh. Martin, Viernheim. D. A. 1250. Einzel⸗Verkauf der Zeitung von der Geſchäftsſtelle 5 Pfg., Samstags-Ausgabe 10 Pfg. Viernheimer Zeitung (Viernheimer Bürger⸗Ztg.— Viernh. Volksblatt) Anzeigenpreiſe: Die 12geſpaltene Millimeter⸗Zeile 2 Pfennig, Reklame 9 Pfennig, bei Wiederholung abgeſtufter Rabatt.— Annahmeſchluß für Inſerate und Notizen vor⸗ mittags 8 Uhr, größere Artikel einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer Geſchaftsſtelle u. von ſämtlichen Annoncen ⸗Expeditionen Deutſchlands u. des Auslands Amtsblatt der Heſſiſchen Bürgermeiſterei und des Polizeiamtes Platzvorſchriften bei Anzeigen werden nach Möglichkeit berückſichtigt.— Für die Aufnahme an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Geſchäftsſtelle: Adolf Hitlerſtr. 36, Schriftleitung, Druck u. Verlag: J. Martin, Viernheim Nummer 19 Dienstag, den 23. Januar 1934 an Europäische Entwicklungen Der franzöſiſche Außenminiſter Paul⸗Bon⸗ cour hat in ſeiner Senatsrede die franzöſiſche Politik darzuſtellen verſucht. Ein klares Bild vom Wollen Frankreichs hat die Welt davon nicht gewonnen, weil der franzöſiſche Außenminiſter ſich inbezug auf die akuten Auseinanderſetzungen mit Deutſchland na⸗ mentlich in der Abrüſtungsfrage eine Zurück⸗ haltung auferlegt hat, die nicht geeignet iſt, die geſamtpolitiſche Entwicklung zu fördern. Denn die Argumentation, daß die deutſche Revolution Europa vor ein Fragezeichen ſtelle, iſt ſehr billig und für den verantwort⸗ lichen Leiter der Außenpolitik des beſtgerü⸗ ſteten europäiſchen Staates beinahe beſchä⸗ mend. Die Begründung dieſer Auffaſſung iſt in jeder Hinſicht unbefriedigend angeſichts der Tatſache, daß Herr Paul-Boncour nicht nur den Inhalt der Reden der verantwort— lichen deutſchen Staatsmänner genau ken⸗ nen muß, ſondern darüber hinaus durch den franzöſiſchen Botſchafter in Berlin und den deutſchen Botſchafter in Paris Möglichkeiten der Information beſitzt, die man nur dann beiſeite ſchieben kann, wenn der Wunſch beſteht, die Ziele der deutſchen Außenpolitik einfach zu überſehen. d Was Paul⸗Boncour über die„Ueberflu⸗ tung der Grenzen“ durch Deutſchland, über das Saargebiet und über Deutſch-Oeſterreich geſagt hat, geht an den wirklichen Proble⸗ men ſo weit vorbei, daß es noch kaum nötig iſt, die klaren und eindeutigen Darlegungen der deutſchen Regierung, vor allem des Reichskanzlers Adolf Hitler zu wiederholen. Ein Volk, das die Grenzen überfluten will, geht nicht den Weg der Verſtändigung im Oſten, bekennt ſich nicht zu den Abmachun— gen von Locarno, die den ſtatus quo an der Weſtgrenze inſoweit feſtlegen, als durch An⸗ griff oder Krieg eine Veränderung unter der Garantie von England und Italien unmög— lich gemacht wird. Das deutſche Recht auf das Saarge-⸗ biet iſt eines der wenigen aus dem Ver⸗ ſailler Vertrag. Das Intereſſe Deutſchlands an Oeſterreich iſt ein ſelbſtverſtändliches Recht des Deutſchen Reiches, das den Ge⸗ danken der Kulturgemeinſchaft der Deutſchen in der Welt ſtets und unter jeder deutſchen Regierung vertreten hat. Gerade von dieſem Standpunkt aus hat Deutſchland ſeit langer Zeit die Zuſammenarbeit der Völker Euro⸗ pas und der Welt, die eine wirkliche Bofrie⸗ dung zum Ziel hat, nicht nur unterſtützt, ſon⸗ dern iſt initiativ vorgegangen. Es iſt micht die Schuld Deutſchlands, daß es dem Völker⸗ bund nicht mehr länger angehören konnte, ſondern die Schuld derer, die dem deutſchen Volke die Gleichberechtigung verſagen, auf die es nicht nur moraliſchen, ſondern recht⸗ lichen und verbrieften Anſpruch hat. Die aus den Darlegungen Paul-Voncours hervorgehende Unklarheit inbezug auf das Verhältnis zu Deutſchland iſt deshalb beſon⸗ ders zu bedauern, weil die ganze Rede ge⸗ eignet iſt, die Pſyche des franzöſiſchen Volkes, das innerlich mancherlei Neigung zeigt, Ver⸗ ſtändnis für Deutſchland aufzubringen, zu be⸗ einträchtigen. Die Hinweiſe Paul⸗Boncours auf den be⸗ vorſtehenden Abſchluß des Balkanpaktes ſind beſonderer Beachtung wert. Dieſe Pakt⸗ politik geht vom griechiſch⸗türkiſchen Freund⸗ ſchafts⸗ und Neutralitätsvertrag aus, der vor kurzem abgeſchloſſen worden iſt. ie Paktpolitik iſt von erheblicher Bedeutung für die geſamteuropäiſche Entwicklung. Denn dieſer Staatenblock am Balkan, der durch die Garantierung des ſtatus quo eine Art von neuer Bündnispolitik am Balkan einleitet, kann eine Verſchiebung der Machtverhält⸗ niſſe infofern bedeuten, als durch eine ſelb⸗ ſtändige Politik der Balkanmächte, wie ſis ſich hier zeigt, die Intereſſenſphären Frank⸗ reichs und Italiens berührt werden. Na⸗ mentlich für Italien iſt die Entwicklung von Bedeutung, weil der Balkanpakt geeignet iſt, die albaniſche Politik Italiens zu gefährden. Der Wortführer der Balkanpolitik, der grie⸗ chiſche Miniſter Maximos, hat in Rom mit Paris und die deutſche Beſchlüſſe des Minilterrates— Dem Landesverteidigungsminiſter zugewieſen Paris, 23. Januar. Der Miniſterrat hat nach der amtlichen Verlautbarung einen Bericht des Miniſter— präſidenten Chautemps und des Außenmini— ſters Paul⸗Boncour über die deutſche Ant— wort angehört. Die deutſche Antwort iſt dem Miniſter für Landesverteidigung zugewieſen worden. Im nächſten Miniſterrat wird ſie erneut behandelt werden. Der Außenminiſter gab dem Miniſterrat ſo— dann einen Bericht über die Verhandlungen in Genf und über die im Hinblick auf die Volksabſtimmung im Saargebiet vorgeſehe— nen Maßnahmen. E Deutſchlands Forderungen Die„Times“ über den angeblichen Inhalt der deutſchen Ankwork. London, 23. Januar. Der Pariſer Berichterſtatter der„Times“ glaubt über den Inhalt der deutſchen Ant⸗ wort u. a. ſagen zu können: Der Ton der deutſchen Antwort ſei verſtändig und ver— ſöhnlich, aber ihr praktiſcher Inhalt zeige wenig Fortſchritt gegenüber der Lage vom 14. Oktober. Obwohl die Reichsregierung zugebe, daß endgültige Entſcheidungen nicht ohne allgemeine Erörterung getroffen wer⸗ den könnten, zeige ſie doch keinerlei Bereit— ſchaft, zum Völkerbund in ſeiner jetzigen Ge— ſtalt zurückzukehren. Die Forderung nach ſoforliger und prak⸗ kiſcher Gleichheit werde aufrecht erhalten. Die Reichsregierung beſtreite, Aufrüſtung um ihrer ſelbſt willen zu fordern. Aber wäh— rend die franzöſiſche Regierung nach wie vor zugebe, daß Deutſchland eine größere Men⸗ ge an Kriegsmaterial haben müſſe, die der in Ausſicht genommenen Verſtärkung der deutſchen Mannſchaftszahl entſpreche, argu— mentiere die Reichsregierung jetzt, daß die deutſche Sicherheit nicht nur eine unverhält⸗ nismäßige Vermehrung der deutſchen Rü⸗ ſtungen, ſondern auch eine Beſſerung der Beſchaffenheit der Waffen durch Hinzufügung von Verteidigungswaffen, wie leichter Tanks und Geſchütze, die Deulſchland gegen- wärkig verſagt ſeien, brauche. Dieſe Forderung nach qualitativer Aufrü⸗ ſtung werde begründet mit der Verminde— rung des militäriſchen Wertes der Reichs⸗ wehr, wenn ſie in eine Streitmacht mit kur⸗ zer Dienſtzeit umgewandelt werde. Die For⸗ derung nach 300 000 Mann werde aufrecht⸗ erhalten. Bezüglich der SA und 88 wiederholt die deutſche Regierung, daß dieſe nicht als Soldaten bekrachtet werden könnten. Sie lehne es nicht ab, ſie einer Begrenzung und Kontrolle zu unterwerfen, falls ähnliche Organiſationen in anderen Ländern ebenſo behandelt würden. In der Frage der inter⸗ nationalen Kontrolle ſoll die deutſche Regie⸗ rung die Einwendung erheben, daß dieſe Maßnahme nur für Frankreich von Vorteil ſein könne und deshalb eine Zurückſetzung Deutſchlands bedeuten würde. Der Gedanke einer Uebergangs- oder Probezeit ſtoße auf energiſchen Widerſtand der deutſchen Regie⸗ rung, da dies auch eine Zurückſetzung Deutſchlands bedeuten würde. Auf das franzöſiſche Angebot, die fran; zöſiſche Luftmacht um 50 v. 9. zu ver⸗ mindern, erwiderle Deutſchland, daß es damit immer noch in einem Zuſtande hoffnungsloſer Ankerlegenheit bleiben würde. Für dieſen Vorſchlag könne es ſich nur in⸗ tereſſieren, wenn es die Möglichkeit habe, eine Luftmacht von gleicher Stärke wie die franzöſiſche zu erwerben. In der Frage der Abſchaffung der VBombenflugzeuge und der internationalen Kontrolle der Zivilluftfahrt ſoll die deutſche Antwort etwas unklar ſein, aber den Grundſatz einer künftigen Erwä— gung annehmen. 0 66 „Neue Hoffnungen Juſammenkritt des Abrüſtungsausſchuſſes des engliſchen Kabinekkls. London, 23. Januar. Unter der Ueberſchrift„Neue Hoffnungen auf eine Rüſtungs vereinbarung“ veröffent⸗ licht„Daily Telegraph“ einen Aufſatz ſeines diplomatiſchen Mitarbeiters, in dem es u. a. heißt: Der Abrüſtungsausſchuß des Kabi⸗ netts wird ſich mit zwei wichtigen Dokumen— ten befaſſen, mit der deutſchen Antwort auf das britiſche Erſuchen um Aufklärung ge⸗ wiſſer Punkte in den urſprünglichen Vor⸗ ſchlägen des deutſchen Reichskanzlers und mit der Antwort der deutſchen auf die letzte franzöſiſche Denkſchrift. Die britiſche Regierung wird dann in Juſammenarbeit mit der ilalieniſchen Regierung den nächſten Schrikt zu prü⸗ fen haben, der geeignet iſt, die Beilegung der deulſch-franzöſiſchen Meinungsver· ſchiedenheiten zu fördern. Dies gilt als unentbehrliche Vorausſetzung für die Wiederaufnahme der Abrüſtungs⸗ konferenz. Am 13. Februar werden Hender⸗ b und ſeine Mitarbeiter in London über ros beraten. Dringender aber iſt die Frage, ob Ausſicht auf eine deutſch⸗franzöſiſche Rü⸗ ſtungsvereinbarung beſteht. Amtliche Aeuße⸗ rungen liegen britiſcherſeits noch nicht vor. Die Meinungsverſchiedenheit in der Trade der Stärke der künftigen deuk⸗ iſſolini über die Entwicklung auf dem Bal 1910 ausführliche Unterhaltungen gehabt. Der griechiſche Außenminiſter ſoll ſich über das Ergebnis dieſer Beſprechungen ſehr be⸗ friedigt geäußert haben. Man kann alſo an⸗ nehmen, daß Muſſolini der Entwicklung auf dem Balkan ohne Mißbilligung zuſieht. Das würde bedeuten, daß der große Diplomat und Staatsmann Muſſolini ſich darüber klar iſt, wie notwendig eine Anpaſſung der Au⸗ olitik an die gegebenen Verhältniſſe, be⸗ 0 0 aber an neue Entwicklungen iſt. Für Deutſchland iſt die neue Politik der Balkanſtaaten inſofern ein beachtlicher Fak⸗ tor, als eine ruhige politiſche Entwicklung auf dem Balkan für geſunde wirtſchaftliche Entwicklungen eine Gewähr gibt. f Naul⸗Poncour bat in ſeiner Rede auch die Frage eines Oſtpaktes erörtert. Die Dinge Hagen im Oſten nicht ganz einfach. Feſt ſteht zunächſt lediglich der unbedingte Friedens wille Deutſchlands, deſſen hervorragendſtes Kennzeichen die Herſtellung eines guten Ver⸗ hältniſſes mit dem größten öſtlichen Nach⸗ barn, mit Polen iſt. In der Frage der Ge⸗ ſtaltung des Verhältniſſes zwiſchen Polen und Danzig iſt dieſe Annäherung nach den Bildung einer nationalſozialiſtiſchen Regie ⸗ rung in Danzig am deutlichſten in Erſchei⸗ nung getreten. Die deutſch⸗polniſchen Be⸗ ziehungen als ſolche zeigen eine weitgehende Entſpannung und zu. Hoffnungen berech⸗ tigende Anſätze für eine erfolgreiche Ausge⸗ ſtaltung. Dieſer Umſtand hat ſchon genügt, um in gewiſſen Kreiſen des Auslandes Ge⸗ ſabren au ſehen, denen au begeanen man für ſchen Armee(300 000 oder 200 000 Mann) hält der Korreſpondent für lös- bar. Die wichtigſte Streifrage aber bleibe die deutſche Forderung nach ſofortiger Gleichheit, die in den Beſitz aller defen— ſiven Waffeneinheiten in noch zu vereinba⸗ render Menge Ausdruck finden ſoll. Dieſe deutſche Forderung werde noch immer von Frankreich abgelehnt. Englische Vorſchläge in Paris und Berlin? Der diplomatiſche Korreſpondent des„Ob⸗ ſerver“ meldet, daß nach der Ueberreichung der deutſchen Antwortnoten an London und Paris der Zeitpunkt für eine engliſche Stel— lungnahme zum deutſch⸗franzöſiſchen Mei⸗ nungsaustauſch gekommen ſei. Der Haupt⸗ Punkt der engliſchen Vorſchläge werde in ei⸗ fer Anregung zu ſofortigen Verhandlungen über die Feſtſetzung einer oberen Grenze für die Heeres⸗, Marine⸗ und Luftſtreitkräfte und zwar in erſter Linie in Deutſchland, Frankreich, Italien und England beſtehen. Die engliſchen Vorſchläge würden ſich ferner auf die drei hauptſächlichſten deutſch⸗franzö⸗ ſiſchen Streitpunkte erſtrecken, nämlich die Ablehnung der ſogenannten Probezeit für Deutſchland, die nach Englands Meinung nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, die deutſche Forderung einer 100 prozentigen anſtatt einer 50 prozentigen ſofortigen Her⸗ abſetzung der franzöſiſchen Luftſtreitkräfte Regierung en Zeitpunkt des Zuſammentritts des Bü⸗ und die franzöſiſche Forderung nach„einer fortſchreitenden„Sicherheitsmaſchinerie ein⸗ ſchließlich der Bildung einer internationalen Luftpolizei als Bedingung einer gleichlau— fenden Rüſtungsherabſetzung. 0 Japans„Drang nach dem Weſten“ Mmuſſolini über die Aufgaben Europas. Der Korreſpondent der„Morning Poſt“ in ö Rom weiß zu melden, nach italieniſcher Auf⸗ faſſung ſollte nicht zugelaſſen werden, daß die deutsch franzöfſchen Verhandlungen ſich in die Länge ziehen. Es follte vielmehr eine Zuſammenkunft der vier Weſtmächte abgehalten werden. um die europäiſche Lage„von einem hö⸗ heren Geſichtspunkk“ aus zu prüfen. Muſſolini glaube, daß eine Rüſtungspauſe und eine Regelung europäiſcher Streitigkei⸗ ten notwendig ſeien, um Europa in den Stand zu ſetzen, in Einigkeit den von außen her drohenden wirtſchaftlichen und politiſchen Gefahren gegenüber zu treten. Die unmittel⸗ bare Gefahr für ein uneiniges Europa ſei ſeiner Meinung nach„Japans Drang nach dem Weſten 1 notwendig hielt. Da der Weg der unmittel⸗ baren Einſchaltung in dieſe Entwicklung nicht begangen werden ſollte, iſt man. wenigſtens verſuchsweiſe, auf der ſchon etwas ausge⸗ fahrenen Bahn der„Paktpolitik“ vorgegan⸗ gen, ohne voranzukommen. N Zurzeit iſt es ſtiller um dieſe öſtlichen Verſuche. Die klare Folge dieſer Verſuche iſt aber die, daß der Gedanke derVerſtändigung, den der Reichskanzler von vornherein als den Kernpunkt ſeiner Außenpolitik gekenn⸗ zeichnet hat, mit der eiſernen Konſequenz verfolgt werden muß, deren der Kanzler fähig iſt. Dies iſt notwendig, um politiſche Abenteurer, deren es in Europa noch eme ganze Menge gibt, an ihrem friedensſtören⸗ den Werk zu hindern. In furzen Worten: Nach der amtlichen Verlautbarung hat der Pariſer Miniſterrat einen Bericht des Mini⸗ ſterpräſidenten und des Außenminiſters über die deutſche Antwort angehört. Sie iſt dem Miniſter für Landesverteidigung zugewieſen worden. Im nächſten Miniſterrat wird die deutſche Antwort erneut behandelt werden. In einem Leitaufſatz der„Times“ wird ge— ſagt, daß ſich die britiſche Regierung in den nächſten Tagen werde entſcheiden müſſen, ob ſie poſitiv in die Beſprechungen zwiſchen Deutſchland und Frankreich eingreifen wolle. Auf den Schnellzug Wien—Agram wurde ein Bombenanſchlag verübt. Unter dem di— rekten Wagen Berlin—Suſchak explodierte eine Höllenmaſchine. Drei Reifende wurden getötet, ein vierter ſchwer verletzt. Die beiden Basler Bankräuber, die zwei Polizeibeamte erſchoſſen und zwei ſchwer ver— letzt haben, haben im Margaretenpark bei Baſel Selbſtmord verübt, nachdem ſie von Polizeibeamten eingekreiſt waren. Nach den jetzt einlaufenden erſten Nach— richten über die Erdbebenſchäden in Nepal, fol die 80 000 Einwohner zählende Haupt— ſtadt von Nepal, Katmanda, zum großen Teil dem Erdboden gleichgemacht worden ſein. Man rechnet mit außerordentlich gro— ßen Menſchenverluſten. In Paris iſt ein neuer Korruptionsſkandal aufgedeckt worden. Der Direktor der Beam— tenbank, ſoll unzählige kleinen Sparer um insgeſamt 200 Millionen Francs ge— ſchädigt haben. Kanzler empfängt 3 A⸗Jührer Der Abſchluß der Tagung in Friedrichsroda. Berlin, 23. Januar. Die SA⸗Führertagung in Friedrichsroda fand in Berlin ihren Abſchluß. Bei einem Imbiß ſprach der Kanzler nach einem Be— grüßungswort des Stabschefs zu den SA— Führern. Einleitend umriß er die innenpo— litiſche, wirtſchafts- und außenpolitiſche Lage Deutſchlands und zeigte die großen national— politiſchen Aufgaben. Dabei ſtellte der Führer u. a. als Ziel- punkfe dieſer Jukunftsarbeit heraus: die grundlegende wellanſchauliche Umerziehung des deulſchen Menſchen, die Verankerung des Prinzips der Aukorität im ganzen deukſchen Volk, ſowie den immer ſtärkeren Ausbau der Stellung der Partei zum abſoluten Reprä⸗ ſen kanten und Garanten der neuen polikiſchen Ordnung in Deutſchland. „Der Führer betonte im Laufe ſeiner Aus— führungen auch, daß Fragen der äußeren Staatsform heute belanglos ſeien gegenüber der entſcheidenden Aufgabe der weltanſchau⸗ lichen Fundamentierung des neuen Staates. In Zuſammenhang damit behandelte er dann eingehend das erzieheriſche Wirken der SA⸗Führer, die Sachwalter und Bürgen des koſtbaren Gutes der Nation ſeien. In ſeinem Schlußwort gab der Stabschef nochmals das Treuegelöbnis zum Führer in guten und ſchlechten Tagen. Dollfuß warnt erneut „Mit unſerer Geduld iſt es zu Ende“. Wien, 23. Januar. Auf einer Kundgebung der vaterländiſchen Front ſprach Bundeskanzler Dollfuß zur Menge vor dem Kanzleramt. Der Bundes— kanzler erklärte, die Regierung habe eine Geduld bewieſen, die ihresgleichen ſuche. Sie habe gehofft, es werde Vernunft einkehren. Je geduldiger ſie aber warte, umſo mehr würde ihre Geduld von gewiſſer Seite als Schwäche ausgelegt. Er wolle hier nicht Klage darüber führen, was für Zuſammen— hänge über die Grenze wieſen. Darüber werde er ſich an anderer Stelle und in an— derer Form auseinanderſetzen. Die heutige Kundgebung verkünde war— nend:„Bis hierher und nicht weiter!“ Nach Wochen und Monaten geduldigen Abwar⸗ tens wolle die Regiereung nunmehr mit aller Strenge gegen jene vorgehen, die den Frieden und die Freiheit des Landes gefähr— delen. Oeſterreich ſei kein Polize'aat. Aber hinter der Regiereung und ihrer Executive ſtehe jeder guter Bürger. Tauſende Kameraden hätten ſich bereits dem Schutzkorps zur Verfügung geſtellt. Hunderttauſende warteten noch, es tun zu dürfen. Vor aller Welt erkläre er:„Mit un— ſerer Geduld iſt es zu Ende! Als Regierung haben wir die Pflicht, die treuen Bürger zu ſchützen.“ Alle, die vielleicht noch glaubten, „der Terror“ werde ſiegen, würden ſehen, was es heiße, wenn das Volk Mann für Mann aufſtehe. Die vaterländiſche Front ſtehe über allen Parteien. Sie wolle das Land erneuern. Die Geſandten Englands und Frankreichs bei Dollfuß. Die Geſandten Englands und Frankreichs haben dem Bundeskanzler einen Beſuch ab— geſtattet. In unterrichteten Kreiſen nimmt man an, daß Bundeskanzler Dollfuß die Ver— treter der beiden Großmächte über die wei⸗ Oienstagnachmittag zu emer außerordenr⸗ lichen Sitzung einberufen worden. Alexander ſtellt ſich Paris, 23. Januar. Der Direktor der Beamtenbank, Georges Alexander, hat ſich den Gerichten geſtellt. Der Unterſuchungsrichter hat gegen ihn Anklage wegen Betrügerei, Vertrauensmißbrauch und Verſtoß gegen das Geſetz betreffs Grün— dung von Aktiengeſellſchaften erhoben und ihn ſofort in Haft nehmen laſſen. 5 Matuſchla iſt irrfinnig Der Aktenkäler von Biatorbagy. Budapeſt, 23. Januar. Nach dem vom Ir— renarzt Univerſitätsprofeſſor Dr. Julius Do— nath, dem vom Verteidiger des Eiſenbahn— attentäteres Matuſchka beſtellten ärztlichen Sachverſtändigen eingereichten Gutachten über den Geiſteszuſtand Matuſchkas iſt Ma— tuſchka bei Verübung ſeiner Anſchläge gei⸗ ſtesgeſtört geweſen. Nach zahlreichen Zeu— genvernehmungen ſollen ſich bei Matuſchka ſchon im Jahre 1911 ſtarke Anzeichen von Geiſtesgeſtörtheit bemerkbar gemacht haben. Der Dienſtanzug der P Eine Verfügung des Führers. Berlin, 23. Januar. Der Führer Adolf Hitler hat unter dem 20. Januar eine Verfügung über den Dienſt— anzug und die Rangabzeichen der PO-Leiter der NSDAP. erlaſſen. Der Dienſtanzug wird beſonders verlie— hen. Nur Po-Leiter, denen der Anzug verliehen wurde, ſind berechtigt, ihn zu tragen. Die Uniform beſteht aus Vreecheshoſen, aus hellbraunem Stoff; es werden dazu getragen: Schwarze Stiefel, braunes Hemd, ſchwarzer Binder, breites braunes Lederkoppel, helle Mütze mit brau— nem Schirm, hellbraune Dienſtbluſe, Kop— pel übergeſchnallt. Der Mantel iſt zweireihig in brauner Melangefarbe mit hellbraune Kragen und Aufſchlägen in derſelben Farbe wie der Dienſtanzug. Die Verfügung ent— hält weiter genaue Angaben über die Rang— abzeichen. Der Stabsleiter der oberſten Leitung der PO, Dr. Ley, hat aus Anlaß der Uniform— verfügung einen Aufruf erlaſſen, in dem er darauf hinweiſt, daß aus der beſonderen Ehre, die mit der Verleihung des Dienſtan— zuges verbunden ſei, auch beſondere Per— pflichtungen erwachſen. Dienſtrock und Landesverräterfeſtgenommen Sie bolen der Saarkommiſſion ihre Dienſte an. Frankfurt d. M., 23. Januar. Schon längere Zeit war den Polizeibehör— den aufgefallen, daß der Handlungsgehilfe Robert Schmitt aus Frankfurt a. M. einen Schriftwechſel nach dem Saargebiet unterhalten hat. Nachdem Schmitt beobach— tet worden war, wurde nunmehr zugegrif— fen. Schmitt wurde feſtgenommen und ſeine Wohnung durchſucht. Dabei fand man bei Schmitt, der bis zur Umſtellung in einer kommuniſtiſchen Druckerei beſchäftigt wor— den war, ſchwer belaſtendes Material. Neben Schreiben an die Regierungs- kommiſſion, in denen er ſeine Dienſte für beſondere mit der Abſtimmung in Ouſummenhung fieyenoe ragen anvor, wurde u. d. auch ein Schreiben an den früheren franzöſiſchen Maſor Lanrezac gefunden. ö Lanrezae ſitzt getarnt in der Bergwerksdirek— tion zu Saarbrücken. Dort bekleidet er an ſich einen Poſten, in Wirklichkeit aber be⸗ treibt er von dort aus die franzöſiſche Pro⸗ paganda. So gibt er die„Cahiers Sarrois“ heraus. Er leitete früher auch die franzöſi⸗ ſche Geſellſchaft der Saarfreunde und betä⸗ tigt ſich auch noch heute in der Aſſociation Francaiſe de la Sarre. An Lanrezac hat Schmitt unter Hinweis auf ſeine durch die Revolution herbeige⸗ führte Stellungsloſigkeit u. a. geſchrie⸗ ben, er ſtände ihm auch für andere Din⸗ ge, die ſicher ſein Inkereſſe fänden, zur Verfügung. Lanrezac hat darauf Schmitt nach Saarbrük— ken gebeten. Ob Schmitt in Saarbrücken ge— weſen iſt, konnte noch nicht feſtgeſtellt wer— den. Gegen Schmitt wird ein Verfahren wegen Landesverrats eingeleitet werden. Außerdem wurde gegen den früheren Kri— minalkommiſſar Eppinger aus Berlin, der ebenfalls unter bedenklichen Umſtänden in den Dienſt der Regierungskommiſſion treten wollte, die Schutzhaft verhängt. Veſſerung im Befinden Hindenburgs Berlin, 23. Januar. Ueber das Befinden des Reichspräſidenken von Hindenburg wird amtlich mitgekeilt, daß der Herr Reichspräſident, der auch während ſeiner Erkältung ſeine laufenden Dienſtge⸗ ſchäfte weikergeführt hat, ſich auf dem Wege der Beſſerung befindek. Neuer Finanzſlandal in Paris 200 Millionen Unterſchleife? Paris, 23. Januar. Während der Staviſky-Skandal die Gemü— ter noch in Erregung hält, wird bereits eine neue Betrugsangelegenheit ans Tageslicht gezerrt, die der Polizei und dem Gericht ſchon ſeit längerer Zeit bekannt geweſen zu ſein ſcheint. Es handelt ſich um den Direktor der Be— amtkenbank, Georg Alexander, gegen den Vorführungsbefehl erlaſſen worden iſt. Alexander iſt ſeit Montag aus ſeiner Woh— nung verſchwunden. Er betrieb vor Jahren in der Provinz einen Trödlerladen, bis er auf den Gedanken kam, in Paris eine Bank zu gründen, die den Beamten und Feſtbeſol— deten gegen geringe Zinsſätze Darlehen ge— währte. Das Gründungskapital beſtand in Zeichnungen von Beamten, die einen Teil ihres Einkommens zur Verfügung ſtellen mußten. Auf dieſe Weiſe ſoll Alexander nicht, weniger als 50 Millionen Franken zuſam— mengebracht haben, für die er auf ſeinen Namen ausgeſtellte Obligationen ausgab. Mit dem ſo beſchafften Geld beteiligte er ſich an einer Reihe von Unternehmungen und gründete eine Reihe eigener Geſellſchaften, die inzwiſchen bankrott gemacht haben. Man behauptet, daß die Summe. um die die kleinen Sparer durch Alexander geſchä⸗ kant ſind, 200 Millionen Francs be- rägt. Auch Staviſky iſt zeitweiſe unter dem Na⸗ men Alexander aufgetreten was dazu führte, daß tatſächlich die Beamtenbank des wirk— lichen mit der wurde. Die 5ozialverſicherung 1932/33 Alexander ſchon in Zuſammenhang Staviſky⸗Angelegenheit genannt Entwicklung und Ausblick Berlin, 23. Januar. Das Reichsverſicherungsamt gibt die von ihm bearbeitete„Stätiſtik der Sozialverſiche— rung 1932 mit einem Blick auf das Jahr 1933“ heraus. Das Jahr 1933 brachte auch in der Entwicklung der Sozialverſicherung durch erfolgreiche Bekämpfung der Arbeits— loſigkeit eine Wendung zum Beſſeren. In der Unfallverſicherung iſt für 1933 mit rund 310 Millionen Reichsmark Ausgaben zu rechnen. Wegen der Aufwärtsbewegung der Lohnſummen und der Verminderung der Ausgaben infolge des Rückganges der Zahl der Unfälle wird ſich die Beitragsauf— bringung erleichtern. In der Invalidenverſicherung werden mehr als 670 Millionen Reichsmark an Beiträgen eingehen. Hier brachte das zweite Halbjahr 1933 ein erfreuliches An— ſteigen. In der Angeſtelltenverſiche⸗ rung erreichten die Einnahmen 433 Millio- nen Reichsmark, die Ausgaben 276 Millio— nen Reichsmark. In der knappſchaftlichen Penſions— verſicherung ſind, obwohl ſich die Lage beſ— ſerte, noch in erheblichem Umfange Zuwen— dungen des Reiches notwendig geweſen. In der Krankenverſicherung hat der Krankenſtand im Jahre 1933 mit Aus⸗ teren Pläne der öſterreichiſchen Regierung! nahme der Monate Januar und Februar unterrichten wollte. Der Miniſterrat iſt für J ſich unter dem bereits ſebr niedrigen Stang eee ee eee de vr rel Pen e vr des Vorjahres bewegt. Eine größere An— zahl Kaſſen hat ihre Beiträge herabſetzen können. Neben dieſen vorläufigen Zahlen und Be— trachtungen für 1933 bringt der Bericht das endgültige Ergebnis der geſamten Sozial— verſicherung für 1932. Jür die Geſamtheit aller Zweige der So- Wienbee mit Ausnahme der Arbeiks⸗ oſenverſicherung, beliefen ſich die Beitrags- einnahmen im Jahre 1932 auf 2,4 Milliar- den Reichsmark: einſchließlich der Vermö- genserkrägniſſe und der ſonſtigen Einnah⸗ men ergibt ſich eine Geſamteinnahme von 2,7 Millarden Reichsmark. Die Geſamkausga⸗ ben halten die gleiche höhe, von ihnen enk⸗ fielen 2,5 Milliarden Reichsmark auf die Pflicht. und freiwilligen Leiſtungen; das ſind 93 v. 9. aller Ausgaben oder 107 v. 9. der Beitragseinnahmen. Für die Verwal- kungskoſten wurden 10 v. 5. der Beiträge verwendel. Das Vermögen ſteht Ende 1932 mit 4,6 Milliarden Reichsmark zu Buch. Bei den einzelnen Zweigen war die Entwicklung ver⸗ ſchieden. Das Vermögen der Invalidenver⸗ ſicherung nahm ab, dasjenige der Angeſtell⸗ tenverſicherung zu, ſo daß es Ende 1932 neun Zwanzigſtel des Geſamtvermögens der So⸗ zialverſicherung umfaßte. Einen Einnahmeüberſchuß hatten im Jahre 1932 nur die Kranken⸗ und Ange⸗ ſtelltenverſicherung aufzuweiſen. Geſunde Eltern und kranke Eltern! Um 1900 wurden noch jährlich zwei Millionen Kinder in Deutſchland geboren; jede dritte Frau hatte ein Kind. Heute werden knapp über 900 000 Kinder geboren; nur jede achte Frau hat ein Kind, in Berlin nur jede 17.]— Begonnen hat der Geburtenrückgang in den Kreiſen der Wohl⸗ habenden und Reichen in den Tagen höchſter wirtſchaftlicher Blüte. Er hat ſich fortgeſetzt in den Kreiſen des Mittelſtandes, des geſunden Ar⸗ beitertums und auch bei der Bauernſchaft. So können wir heute bei den erbgeſunden Ehepaaren im deutſchen Volke nur noch vom Einkindſyſtem, leider nur zu oft vom Kein⸗ kindſyſtem ſprechen. Nur allzu ſelten finden wir erbgeſunde Familien mit einer ausrei⸗ chenden oder überdurchſchnitt⸗ lichen Kinderzahl.— Dage⸗ gen haben nach ſtatiſtiſchen, wiſſenſchaftlich belegten Be⸗ rechnungen die Minderwerti⸗ 0 gen, aus deren Kreiſen ſich die Fürſorgezöglinge, die Proſtituierten, die Verbrecher und Aſozialen in der Mehrzahl rekrutieren, eine weit über⸗ durchſchnittliche Kinderzahl. Um einer Verſchlechterung des Erbgutes des ganzen Volkes, einer Belaſtung der Geſunden und Arbeitsfähigen durch dieſe kranken, unfähigen und untauglichen Elemente zu begegnen, wird das Ge⸗ ſetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchſes, das am 1. Januar 1934 in Kraft getreten iſt, dafür ſorgen, daß dieſe Minderwertigen von der Fort⸗ pflanzung ausgeſchaltet werden. Bei der großen Bedeutung des Geſetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchſes, das eine An⸗ zeigepflicht für Erbkranke vorſieht, iſt es Pflicht eines jeden verantwortungsbewußten Deulſchen, beo mit dem Geſetz, ſeiner Begründung und mit er Darlegung ſeiner Notwendigkeit vertraut zu machen. Die Möglichkeit hierzu bietet die dritte Broſchüre der bevölkerungspolitiſchen Aufklärungs— aktion, die die N. S. Volkswohlfahrt unter dem Titel„Geſunde Eltern— geſunde Kinder!“ ſo— eben herausgebracht hat. Sie iſt im Sa nmel⸗ bezug für Verbände, Vereine, Behörden, Kranken- kaſſen, Firmen und dergleichen bei ſeder Orts— gruppe der N. S. D. A. P. für 10 Pf. je Exemplar zu beziehen. Der Erlös kommt erbgeſunden Kinderreichen zugute. Im Einzelbezug kann ſeder Volksgenoſſe dieſe Broſchüre, ebenſo die beiden früher erſchienenen,„Mütter, kämpft für eure Kinder!“ und„Die kommende Generation klagt an!“, zum Preiſe von je 10 Pf. an jedem Poſt⸗ ſchalter des Deutſchen Reiches ſich beſchaffen. Deutſche Tagesſchau Sprengſtoffprozeß in Hamburg. Vor dem hanſeatiſchen Sondergericht be⸗ gann ein Prozeß, der ſich mit den Spreng⸗ ſtoffanſchlägen beſchäftigt, mit denen die Kommuniſten nach der politiſchen Neuord— nung in Deutſchland Anfang 1933 im Ge⸗ ſamtrahmen zahlreicher Einzelterroraktionen den gewaltſamen Umſturz verſuchten. Drei— ßig Kommuniſten ſind angeklagt, darunter 0 auch der Arbeiter Sander, der wegen Er— mordung des Hamburger Polizeiwachtmei— ſters Knies zum Tode verurteilt worden iſt. Die Reichsbahn im neuen Reich. Der ſtellvertretende Generaldirektor der Deutſchen Reichsbahn, Wilhelm Kleinmann, gab auf einer von der RSBo und NSBA veranſtalteten Kundgebung in Nürnberg einen Ueberblick über die von der Deutſchen Reichsbahngeſellſchaft bisher geleiſtete Ar— beit auf dem Gebiete des Aufbauprogram⸗ me. Die Reichsbahn habe ſich eingeſtellt auf die Ziele Adolf Hitlers, der nichts anderes wolle, als ein Deutſchland der Größe, der Freiheit und der Ehre. Syndikaliſten⸗Sabotage in Barcelona. Einem großangelegten Sabotageakt der Syndikaliſten, der unter anderem auf die Zerſtörung von 200 Autobuſſen in Barce⸗ lona gerichtet war, iſt die Polizei rechtzeitig auf die Spur gekommen. Die bewaffneten Banditen konnten lediglich drei Autobuſſe eee Zahlreiche Verhaftungen ſind erfolgt. Ankerſuchung der Ermordung Ducas. Die kriegsgerichtliche Unterſuchung gegen die Mörder des rumäniſchen Miniſterpräſi⸗ denten Duca wird mit aller Schärfe fortge⸗ führt. Das Kriegsgericht ſteht auf dem Standpunkt, daß es ſich nach dem bisher vor⸗ liegenden Unterſuchungsergebnis um ein re⸗ gelrechtes Komplott und nicht um die Tat einiger Un verantwortlicher gehandelt habe. Infolgedeſſen iſt die Unterſuchung auch auf die moraliſchen Urheber der Tat ausgedehnt und weitere Verhaftungen vorgenommen. Türkiſch-ſowjekruſſiſches Kreditabkommen. Vertreter der Sowfetunion in der Türkei unterzeichneten ein Abkommen, das der Türkei einen ſowjetruſſiſchen Kredit in Hö⸗ 25 von acht Millionen Golddollar für den nkauf der zu der a Induſtriali⸗ ſierung notwendigen Maſchinen eröffnet. Der Vollſtretlungsſchutz in der Landwirtſchaft. Mit dem Ende des alten Jahres lief auch die Gültigkeitsdauer der Verordnung vom 14. bruar 1933 ab, die die Landwirte vor Vollſtreckungsmaßnahmen in gewiſſem Um⸗ fange ſchützte. Nun liegen aber die Verhält- miſſe noch nicht ſo, daß die Landwirtſchaft jeden Vollſtreckungsſchutz entbehren könnte. Deshalb hat die Regierung eine neue, mit Jahresbeginn in Kraft getretene Verordnung erlaſſen, die den Schutz, den die geſamte übrige deutſche Wirtſchaft ſeit Ende Mai 1933 genießt, nun auch auf die Landwirtſchaft aus⸗ dehnt, ſoweit nicht für ſie auf Grund anderer Geſetze(Geſetz zur Regelung landwirtſchaft⸗ licher Schuldverhältniſſe, Oſthilfegeſetzgehung, Reichserbhofgeſetz) ſchon ein beſonderer Voll— ſtreckungsſchutz beſteht. Hat alſo der Vollziehungsbeamte einem Landwirt ſeinen Beſuch abgeſtattet, und im Auftrage des Gläubigers eine bewegliche Sache gepfändet(z. B. Kleidungsſtücke oder Haus⸗ rat, Einrichtungsgegenſtände, Gerätſchaften), ſo muß der Landwirt, falls ihm die Zahlung der Schuldſumme nicht möglich iſt, beim Amtsge— 0 richt einen Antrag auf 9470 der Zwangs⸗ vollſtregung ſtellen. Erfolg wird er freilich kur dann haben, wenn er ae daß ihn ein Verſchulden an ſeiner Zahlungsunfä⸗ higkeit nicht trifft, wie das bei dem Aus⸗ bruch von Viehſeuchen, durch Unwetter oder ähnliche Ereigniſſe der Fall ſein kann. Fer⸗ ner muß er darlegen, daß ihm durch den zwangsweiſen Verkauf ein unverhältnismäßi— ger Nachteil erwachſen würde; bei entbehr⸗ lichen Sachen wird ſein Antrag alſo ſicher— lich abgelehnt werden. Pfändungen, die auf Grund vertraglicher Verpflichtungen erfolgen (3. B. Lohnforderungen aus Arbeits- oder Dienſtverträgen) werden ebenfalls durchge⸗ führt, es ſei denn, daß die wurtſchaftliche Lage des Schuldners ſich erſt nach Eingehung ſeiner Verpflichtungen verſchlechtert hat. Der Gläu⸗ biger kann ſeine Meinung zu dem Antrage des Schuldners vorher äußern, wenn er glaub— haft machen kann, daß ſeine eigene wirtſchaft— liche Lage die Durchführung der Zwangsvoll— ſtreckung unbedingt erfordert, da er auß den Erlös angeweſen ſei, ſo wird die Volerel⸗ fung durchgeführt. Das Gericht kann auch dem Schuldner Zahlungsfriſten bewilligen und, die Aufhebung der Pfänduſg von der pünkl⸗ lichen Zahlung der Raten abhängig machen. „Einige Beſonderheiten gelten hei Vollſtret⸗ kungen auf Grund von Höpothelen⸗ öder Grundſchuldforderungen. Sind hier Miet- odor Pachtzinsausfälle, Arbeitsloſigkeit, wesentliche e ind i oder außergewöhnliche Verluſte durch Viehſeuchen, Unwetter od der⸗ gleichen die Urſache der e die enge ſo dürfen dem Schuldner durch die Iwangs— vollſtreckung keine Mittel entzogen werden, die er zum Unterhalt ſeiner Familie braucht, ferner zur laufenden Unterhaltung feines Grundſtücks, zu Inſtandſetzungsarbeiten. Zah⸗ lung der Grund- und Hauszinsſteuern ſowle anderer auf dem Grundſtück ruhender Laſten, die dem Anſpruch des betreibenden Gläubigers vorgehen. Umgekehrt erſtreckt ſich der Voll⸗ ſtreckungsſchutz aber nicht auf Forderungen, die für notwendige Inſtandſetzungsarbeitement— gen öffentlich⸗rechtlicher Forderungen zuläſſig. Für eine Uebergangszeit iſt die gleiche Ver⸗ günſtigung aber auch für alle privatrechtlichen Geldforderungen beliebiger Gläubiger einge⸗ räumt worden. Jedoch muß der Gläubiger bei Forderungen, die 150 Mark überſteigen, dem Kreisbauernführer mindeſtens einen Mo⸗ nat vorher die Abſicht der Vollſtreckung mit⸗ teilen, der dann die Schuld des Bauern im Namen des Reichsnährſtandes übernehmen kann. Bäuerliche Hausmarken Von Werner Lenz. Wer offenen Auges durch Deutſchlands Gaue wandert, kann in alten, erbtümlichen Bauern⸗ höfen Wahrzeichen erblicken, die ebenſo gut wie Grundbuch und Kirchenregiſter alte Boden⸗ ſtändigkeit und Seßhaftigkeit der Beſitzer be— weiſen. Ja beſſer noch, denn in Kriegsgefahr und Notzeit iſt manche alte Aufzeichnung ver— brannt; manche„Stammrolle“ wird auch erſt ſeit viel kürzerer Friſt geführt, als zahlreiche Sippen hier und dort beheimatet ſind. Manch alte Grundmauer, manch alter Torbogen, vor allem auch verſchiedenſtes Gerät für Feld, Wieſe, Küche und Keller iſt heute noch in Benutzung und gibt Kunde davon, daß es ſtets einer Familie diente. Dieſen Beweis er— bringen uralte Hausmarken. Die„Hausmarke“, das„Handzeichen“, das „Handmal“ oder die„Hofmarke“ findet ſich an Baulichkeiten ſowohl tie an„Fahlrnis“, alſo an beweglichem wie unbeweglichem Beſitze. Auch kehrt ſie im Wappen mancher Familie, das ja eden Freiem zustand, als viekborhun⸗ dertjähriges Wahrzeichen wieder. Selbſt dem Vieh iſt das Handzeichen, das„Handgemal', ins Fell gebrannt und kennzeichnet die lebende Sache ſo gut wie Pflug, Egge, Zinnſchüſſel und Weinfaß. Somit ergibt ſich eine große Vielſeitigkeit in der Benutzung ſolcher Zei— chen. Es entſtammt urſprünglich einer Zeit, in der die Schrift noch nicht kulturelles Allge— meingut war. Da bediente ſich der ſchöffen— bar freie Bauer ſeiner Hofmarke zur Unter⸗ ſchrift einer Urkunde, zur Beſitzanzeige ſeines Eigentums und wohl auch rein ſchmückend— heraldiſch als Familienzeichen. Sehr, ſehr alt muß dieſes Brauchtum ſein, denn wir kennen ſogar ein althochdeutſches Wort für dieſes Zeichen, das uns in ſeiner Geſtalt durchaus an uralte Runen erinnert. Es hieß in ger— maniſcher Frühzeit„bumgrk“. Ganz auffa lend und ein Beweis für die agrariſche Her kunft des Handzeichens iſt die Tatfach?, 7 die Hausmarke vielerorts an das Grun geknüpft iſt. Wer alſo ſchuldenhalher wegen eines Vergehens den Hof berloe, auch des Handzeichens verluſtig. In langüber⸗ erbtem Beſitz wurde aber daͤs Handmal ein Familienzeichen. Es vokerbte ſich auf den Hof⸗ erben, alſo in der Regel auf den älteſten Sohn, Brüder von ihm konnten für ſich eine abgewandelte Hausmarke, ähnlich der urväter⸗ lichen, von jener ableiten. Erwähnt ſei hier auch, daß in ſpäterer Zeit eine Hausmarke ebenſo wie an einen Grund— beſitz an ein Gewerbe geknüpft und nur mit ihm übertragbar und vererblich ſein konnte. Auch hier diente das Handzeichen dazu, dem Schreibunkundigen Gelegenheit zu geben, dem Leſeunkundigen dieſen oder jenen Beſitz als Eigentum auszuweiſen. Auch als Urheberzei— Schrift durch ein volksrechtlich geſchütztes Zei⸗ chen ſeine Herkunft darzutun. Ja über das Grab hinaus tut das alte deutſche Handzei⸗ chen ſeinen Dienſt am Verſtorbenen ſo gut, wie es dem Erben weiter dient. Manch Grab⸗ ſtein enthält außer einer Jahreszahl nur das Handmal desjenigen, der unter ihm ruht! Die volle Lebendigkeit ſeiner Wirkung beweiſt aber das Handzeichen dadurch, daß es von den Eingeweihten, alſo zumal von den Gemeinde— mitgliedern, auch heute in unſerem„papierenen Zeitalter“, oder, wie Schiller ſagt,„in un— ſerm tintenklecſenden Säculum“, noch geleſen, erkannt und verſtanden wird! Zwiſchen Dreikönigstag und Lichtmez Mit dem Dreikönigstag gehen die Zwölf⸗ ten, die Julzeit oder Winterſonnenwende, zu Ende. Im Gegenſatz zu den Zwölfnächten, wo die Sonne ſtillſteht, hat der Germane der Seidenzeit an dieſem Tage das wieder be— ginnende Vorrücken der Sonne gefeiert. Die kirchliche Sage ſetzte auf dieſen Tag teils die Taufe Jeſu, teils die Hochzeit zu Kana. In katholiſchen Gegenden wird am Dreikönigs— tag Waſſer, Salz und Kreide geweiht, alle drei als Schutzmittel gegen Bezauberung. Aus dem Salz und dem Waſſer macht man den Salzſtein, der ſehr heilſam iſt; auch genießt man davon vor einer Reiſe und gibt es den tragenden Kühen als Schutzmittel gegen Be— hexung. Mit der Kreide machk man die be— kannten C— M— B(drei Könige: Caſpar, Melchior, Balthafgar) über die Türen. Im Frantenwalde ſtellt maß vor dem Schlafen⸗ gehen einen Krug Waſſer und ein Brot auf den Tiſch, und ladet die drei Könige zu Gaſt, die unzweifelhakt auf die heidmſchen Ger⸗ 12 manengötter 2 n, Donar und Loge zurück i nigswind iſt der geſün⸗ deſte und ſegene te; ihm werden um Mit⸗ ternacht Türen und Fenſter geöffnet, damit er Glück ins Haus bringe. i Der Hartung iſt reich an ſogenannten Los— tagen, die für das künftige Wetter und für die zu erwartende Ernte beſtimmend ſind. Als ſolche gelten der 20. und 21. Januar. Man darf von jetzt an kein Holz mehr fällen. An dieſen Lostagen erprobt der Gärtner und Landmann an den Obſtbäumen durch einen Schnitt in die Baumrinde das Wiederer— wachen in der Natur. Im Dorf gehen die Jungens an die Stellen, wo die Weiden ſtehen, um feſtzuſtellen, ob man ſchon Weiden⸗ flöten anfertigen kann, wobei ſie durch aller— hand traditionelle Zauberformeln die Löſung des Baſtes zu fördern ſuchen. Is 01 War Weisen. Der Wenn auch der wirkliche Frühling noch fern iſt, ſo gilt für das Landvolk der Tag„Marſä Lichtmeß“(2. Februar) doch ſchon als Früh⸗ lingsanfang. Im Bauernhauſe hört die Ar⸗ beit bei Licht jetzt auf, und das Abendhrot wird ohne Licht eingenommen. Auch ſoll das Bieh nicht mehr bei Licht gefüttert werden. Die Zeit vom Dreikönigstag bis Lichtmeß iſt die beſte Zeit zu Hochzeitsfeiern. Man hat Arbeitspauſe, und geſchlach— tet iſt ja auch worden. Wer heiraten will und kann, ſoll dieſe Zeit wahrnehmen. Im Schwabenland wird in dieſer Zeit ein alter und eigener Brauch geübt. Wenn in dieſen Wochen keine Hochzeit oder Verlobung im Dorf zuſtande gekommen iſt, werden alle ledi⸗ gen Mädchen vor eine mit Dorngeſtrüpp um⸗ flochtene Egge geſpannt. Dem„Jungſernge⸗ Spreu, aus. Vieſe ausſaat wird von dem Jungferngeſpann eing, ggt. Männer für Die ledigen Mädchen ſollen daraus erwachſen. Die Dorfkavaliere, nämlich die ledigen Burſchen, die maskiert an der Beluſtigung teilnehmen, treiben das edle Geſpann, und unter tollſtem Peitſchenknallen und Juchheiſſa geht der Jug zurück ins Dorf.— Ein derbgermaniſcher An⸗ trieb zum Heiraten! 5 Nach dem Flugzeugunglütk Jetzt werden Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Paris, 21. Januar. Das Luftfahrtminiſterium veröffentlicht die erſten Feſtſtellungen des Ausſchuſſes, der mit der Unterſuchung der Flugzeugkataſtrophe von Corbigay beauftragt iſt. In dem Bericht wird geſagt, daß das Flugzeug entweder infolge mangelnder Sicht⸗ inöglchkeiten ſchräg gelegen habe oder außer⸗ ordentlich heftigen Böen ausgeſetzt geweſen ſein müfſe. In beiden Füllen ſeien die Trag⸗ flüchen ſo übermäßig beanſprucht worden, daß ſie wähtend des Fluges brachen. 0 Der Luftfahrtminiſter hat zur Verhütung ähnlicher Unfälle eine Reihe von Sicherheits⸗ maßnahmen angeordnet, ſo die Errichtung einer Wetterſtation mit Funkanlage, in der Gegend, wo das Unglück geſchah, Verſchärfung der Startbedingungen bei Nachtflügen, wiſſenſchaft⸗ liche Erforſchung der Böen und Luftſtrömungen und ſchließlich Erlaß neuer Konſtruktt⸗ onsvorſchriften, die der erhöhten Be⸗ laſtung moderner Verkehrsflugzeuge gerecht werden. 50 ſchwere Verbrechen? Dortmund, 21. Januar. In dem großen Mordprozeß gegen den Handlungsgehilfen Auguſt Scheer und den Gelegenheitsarbeiter Auguſt Schulte gab es am vierten Verhandlungstage eine ſenſatio⸗ nelle Ueberraſchung. Die drei Angeklagten ſind des vollendeten Mordes und ſchweren Raubes an dem Holzhändler Narowſki aus Witten⸗Annen, die Angeklagten Scheer und Schulte ferner noch des Mordes und ſchwe— ren Raubes an der Witwe Schur aus Ha⸗ gen und der Hausangeſtellten Emma Schneider aus Herford angeklagt. In der Verhandlung erklärte plötzlich der Angeklagte Schulte, es handele ſich nicht nur um drei, ſondern vielleicht um ekwa 50 Ver- brechen. Schulte zählle dann elliche bisher i ge ördfälle und eine a e auf. Es e Angaben Schultes * 1 bleibt ab zutreffen. Die Vankräuber jeſtgeſtellt Die Täter von Stuttgart und Baſel. Die von der Stuttgarter Kriminalpolizei ſofort aufgenommene Verbindung mit Baſei ind Nachforſchungen in Stuttgart ergaben, iß es ſich mit größter Wahrſcheinlichkeit am die gleichen Täter handelt, welche am 138. November 1933 in Stuttgart⸗Gablenberg den Baukbeamten Feuerſtein und am 5. Jaugar 1934 in Baſel die zwei Beamten der Weyer⸗ Banl erſchoſſen haben, nämlich um den Tech⸗ niker Kurt Sandweg, geb. am 3. Anguſt 1910 in Wupyertal⸗Langerfeld, und den Tech⸗ niker Waldemar Velte, geb. am 6. Auguſt ſtanden ſind. der ZJwangso gerung von Grundſtücken iſt ein Vollſtreckungs— ſchutz durch einſtweilige Einſtellung vorgeſehen. Auch bei der Zwangsverſtei— Bei Erbböfen iſt die Vollſtreckuna nur we⸗ Lg H N eee 22 e 2 Zerrissenes Land Roman von Lisa Honroth-Loewe Copyright by Martin Feuchtwanger. Halle(Saale) 43 Statt einer Antwort legte die alte Pikorez den Finger auf den Mund. Sie winkte dem Rechtsanwalt Lutaſchek und verſchloß unter angſtvollem Brummeln die Tür hinter ihm. Kopfſchüttelnd folgte Lulaſchek ihr durch den engen, geweißten Gang. Die alte Pikorcz' öffnete die Tür zu einem kleinen Raum.. a In dem Bett mit den buntkarierten Bezügen lag der alte Pikorez mit verbundenem Kopfe und einem fieber⸗ geröteten Geſicht. Er ſah den Eintretenden mit matten Augen an. Der Rechtsanwalt Lukaſchek, ging näher heran. „Na, Vater Pikorez, was iſt denn mit Euch? Seid Ihr krank oder ſeid Ihr gefallen?“ 5 1 Er ſah, wie auch die Hände und die Arme von Pikorcz i ickelt waren. ö en een des Rechtsanwalts Lukaſchek ging. blitzſchnelle Kombination vor ſich. Die ee Türen, die unverkennbare 0 der alten Pikorcz' und ieſer Mann, krank, verbunden. f 1 e bat a 1 Vater Pikorcz?“ Seine i war voll Schrecken. f 1 5 e alte Pikorcz verſuchte M aber er mit einem Stöhnen wieder zurück.. 0„Die Aufſtändiſchen, Pan ee 1 0 ſtändiſchen waren hier. Sie haben geſagt, ſie e noch einmal wieder und dann ſchlagen ſie mich Hast 0 „Um Gottes willen, Vater Pikorcz, warum dei 7 0 „Iſt ſich etwas herausgekommen, Pan Rechts an 0 mit dem Warczalet, wo ſich ſitzt in deutſche e Haben Aufſtändiſche etwas erfahren, daß ich 190 1 7 deutſch. Haben e ee von Stanek, h eſag en mich totſchlagen.. i ore; konnte nicht weiterſprechen. Ein chen findet es ſich. Die Fabrikmarke von heute, das Handzeichen manches Malers, Goldſchmie— des, Glasbrenners u. dgl. geht wohl ſicher auf jenen alten Brauch zurück. ſtatt durch röchelnder Huſten warf ihn qualvoll hin und her. Auf ſeine dünnen Lippen kam Blut. Die alte Pikorcz' ſchlürfte heulend und jammernd herbei und wiſchte dem Kranken den zuckenden Mund. Der Rechtsanwalt Lukaſchek ſtand mit einem finſteren Geſicht da.. 1 9 „Hören Sie, Pikorcz, ich ſahre jetzt ſofort nach Hauſe. Zum Doktor Stariſchka, der ſoll Sie gründlich unterſuchen. Laſſen Sie keinen anderen herein. Hier draußen dürfen Sie allein nicht mehr bleiben. Ich werde dafür ſorgen, daß Sie zu den Grauen Schweſtern kommen. Dort kann Ihnen nichts geſchehen.“ ö 1 Der Rechtsanwalt Lukaſchek kletterte wieder in ſeinen Wagen. Sein Geſicht trug noch den finſteren und ſorgen⸗ vollen Ausdruck, als er durch die ſtaubige Glut des Landes der Stadt zurollte. Ein paar Tage ſpäter kam Lukaſchek aus dem Kranken⸗ hauſe der Grauen Schweſtern heraus. Seit zwei Tagen war der alte Pikorez mit ſeiner Frau hier in Sicherheit. Er lag in einem kühlen, ſauberen Zimmer ſchön gebettet und von Schweſter Euſebia mit einem ſtillen, gleich— mäßigen Lächeln betreut. Der alte Pikorez ſprach nicht viel, dazu war er auch viel zu ſchwach. In dem Blick, mit dem er ab und zu den hellen ſauberen Raum und Schweſter Euſebias behagliche Geſtalt betrachtete, lag ausgeſprochene Zufriedenheit. Soviel Mühe hatte man ſich mit dem alten Pikorez noch i ben, fand er ſelbſt. fab e ene Stariſchta hatte eine grobe Freundlichkeit, die der Vater Pikorcz ganz gut verſtand. Das Verbinden tat ja manchmal weh, aber das mußte nun eben mal ſein. Und der Doktor hatte ihm ja auch verſprochen, daß er wieder auf die Beine kommen würde. 5 N „Gelobt ſei Jeſus Chriſtus“, grüßte die Schweſter Pförtnerin, als Lukaſchek das Krankenhaus verließ und in Richtung ſeiner Wohnung ging. 1 a Da ſtutzte er. Frau Fabrikbeſitzer Plüddemann, die ihm entgegenkam, ſchien ihn nicht zu ſehen. Oder wollte ſpann“ voran ſtolziert in altertümlicher Tracht . 247 7 4 Nl ein Sämann, der jüngſte Ehemann des Dor⸗ fes, und ſtreut, Famene in Wirklichkeit aber 1916 in Barmen⸗Wuypertal. Die Stuttgarter Kriminalpolizei hat ſofort umfaſſende Fahn⸗ dungsmaßnahmen eingeleitet. ſie ihn nicht ſehen? Jedenfalls wandte ſie mit einer etwas zu ſchnellen Bewegung den Kopf von ihm fort und war— ſchon vorüber. ö Der Rechtsanwalt Lukaſchek ſtand einen Augenblick, dann ſetzte er ſich ſchnell in Trab und hatte Frau Plüdde— mann an der nächſten Ecke eingeholt. a „Gnädige Frau, warum ſchneiden Sie mich?“ 15 Frau Fabritkbeſitzer Plüddemann antwortete nicht. Sie ging mit zuſammengepreßtem Munde und abweiſendem Geſicht weiter. „Gnädige Frau, ſo laſſe ich mich abweiſen. Was haben Sie gegen mich?“ 5 ö 5 „Was ich gegen Sie habe? Ebenſo viel und ſo wenig, Herr Rechtsanwalt, wie die Polen gegen uns haben.“ „Daß ich Pole bin und ſogar ein ſehr treuer Pole, gnädige Frau, das hat Sie bisher niemals gehindert, mit mir geſellſchaftlich und menſchlich gut zu ſtehen. Wollen Sie mir nicht erklären?“ d Frau Plüddemann blieb ſtehen. In ihren hellen Augen funkelte es beinahe dunkel, als ſie nun gedämpft und leidenſchaftlich ſagte: 1 5 „Erklären? Auch das noch? Laſſen Sie ſich doch von Ihren Landsleuten erklären, Herr Rechtsanwalt. Es kann keine Gemeinſchaft mehr zwiſchen uns geben, ſeitdem dieſer furchtbare Terror um ſich greift. Haben Sie nichts geleſen von den ungültigen Wahlliſten? Von der Be⸗ drohung der Deutſchfreundlichen? Von den Mißhand⸗ lungen Deutſcher? Jetzt geht es ſogar ſo weit, daß man Menſchen wie Fräulein Donatus nicht nur hier heraus⸗ treibt, ſondern ſie auch durch elende Intrigen ihrer Zu⸗ flucht in Deutſchland beraubt. Ach nein, Herr Rechts⸗ anwalt, bleiben Sie dort, wir bleiben hier. Wir haben genug, übergenug. Weiter brauche ich Ihnen ja nichts zu ſagen.“ 1 Der Rechtsanwalt Lukaſchek ſagte zunächſt gar nichts. Er ſah nur Frau Plüddemann an, und in ſeinem häß⸗ lichen, geiſtvollen Geſicht war ein Ausdruck, daß Frau Plüddemann ſo etwas wie Beſchämung und Mitleid empfand.(Fortſetzung folgt.) —̃ñ Sqpäfers Sundula! Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) 1. Fortſetzung i Nachdruck verboten Phlox dankte für die Wurſt, die er von dem fremden Herrn, den er— gerade wie der ihn— zuerſt mächtig Uuterſchätzt, als Lohn für„gute Führung“ erhielt, mit geradezu ſchmeichleriſchem Wedeln. Die Schlachterfrau aber, in deren beſcheidenem Laden der Profeſſor den Leckerbiſſen erſtanden, ſchickte ihren Buben mit auf den Weg. Und ſo ſtand Willberg gegen ſieben Uhr, in ſtockfinſterer Nacht bereits, vor der Tür des Pfarrhauſes; er klopfte an, da er den Drücker oder die Schelle im Dunkeln nicht zu finden imſtande war. N Es war nicht leiſe hinter dieſer Tür. Donnerndes Ge— polter wechſelte mit lachendem Geſchrei; dazwiſchen klang eine helle Mädchenſtimme. Endlich wurde die Tür aufgeriſſen. Ein etwa ſiebenjähriger Bube ſtand in der Haltung eines Beherrſchers aller Dinge und noch anderer dazu auf der Schwelle. Ein um mehrere Jahre jüngeres Mädchen guckte unter ſeinem Arm hervor, neugierig und doch mit einer gewiſſen Vorſicht dem Unbekannten gegenüber. „Vater iſt nicht zu Hauſe“, ſagte der Junge in einem Ton, der ohne weitere Worte als Abweiſung merken ließ: Laſſen Sie uus gefälligſt ungeſchoren! „Aber Hanfried“, tönte die Stimme einer jungen Dame aus der Tiefe des von einer Petroleumlampe nur dürftig erhellten Flurs,„ſo frag' doch erſt, was der Herr will!“ Und das Mädchen kam— ſechzehnjährig, zerzauſt, über— mütig, aber doch ſchon ziviliſiert— aus dem Halbdunkel näher. N „Darf ich fragen... 2“ eee „Könute ich den Herrn Paſtor in einer perſönlichen An— gelegenheit noch heute abend ſprechen?“ Der Profeſſor wußte nicht recht: ein Kindermädchen oder eine Ver— wandte? Er richtete ſein Weſen ſo ein, daß es für alle Fälle paßte. Der Blick ſeines Gegenübers ſtreifte das Köfferchen, das er in der Hand trug. „Ach, es kommen ſo viele. Und wir ſind mit allem, wirklich mit allem verſehen“, meinte ſie bedauernd.„Mein Bruder kehrmerſt nach längerer Zeit von ſeinem Amtsgang zurück.“ Der Profeſſor verneigte ſich weltmänniſch. „Geſtatten Sie, gnädiges Fräulein: Doktor Willberg, Profeſſor der Theologie in Göttingen.“ „Oh!“ Man hörte förmlich, wie der Backfiſch bis über die Ohren errötete.„Ja— Fritz iſt im Augenblick wieder zurück. Treten Sie bitte ein, Herr Profeſſor.“ Daun ſaß er in einem behaglichen Studierzimmer, hatte eine Taſſe Tee vor ſich und des Paſtors Zigarrenkiſte. Es roch ſo gemütlich nach Zigarrendampf in dem Raum! Und da ein Blick in die Bücherregale den Profeſſor überzeugt hatte, daß ſein grundlegendes Werk über die Gnoſis ſowie ſeine Habilitionsſchrift über die„Myſtik in den bayeriſchen Klöſtern“ nicht fehlte, fühlte er ſich faſt wie zu Hauſe und durchaus berechtigt. Es war wirklich ſein früherer Schüler. Und die Frau Paſtor war die Tochter eines beſonders gut befreundeten Auttskollegen in Halle. Sie kannte den Profeſſor von Er— zählungen ihres Vaters. Als längſt entſchieden war, daß der Herr Profeſſor die Nacht bei Paſtors bleiben und am anderen Tage erſt nach Celle und von da nach Göttingen weiterfahren ſollte, er— kundigte ſich Roſen impulſiv: „Und wie geht kes Ihrer verehrten Frau Gemahlin?“ „Meine Frau iſt geſtorben“, ſagte der Profeſſor in dem Tou eines Mannes, der ſich bankrott erklärt. Und auf das bedauernde„Oh!“ der anderen fuhr er fort zu erzählen, und ſprach ſich vor den freundlichen und teilnehmenden Augen der Paſtorin ſein ganzes Leid einmal von der Seele. All das, was er in Göttingen niemand eingeſtanden haben würde. „Sehen Sie, damals vor zwei Jahren, als Luiſe von mir ging, war unſer Jüngſter erſt drei Jahre alt, die beiden älteren fünſzehn und ſechzehn. Sie alle hatten die Mutter ſo nötig, von mir ganz zu ſchweigen. Wahrlich, Luiſe konnte keinen ſchlechteren Augenblick wählen, mich zu verlaſſen...“ Er ſagte das ſo vorwurfsvoll, daß die junge Frau Paſtor unwillkürlich einwarf:„Aber Ihre Gemahlin konnte doch nichts dafür!“ „Meine Frau?— Ach nein, es iſt ihr ſchwer genug geworden, uns alle zu verlaſſen. Wie ſollte ich ihr einen Vorwurf daraus machen? Nur ganz ſachlich betrachtet: Es war der ſchlimmſte Zeitpunkt, an dem uns dies Schickſal treffen koͤunte. Eine Blutvergiftung, ganz unverſehens, ein Splitter, eine Nadel— wie ſowas denn geſchieht... Sehen Sie, und nun ich mit meiner, nennen Sie es meinet— wegen Zerſtreutheit, mit meinem Vertieftſein in wiſſen— ſchaſtliche Arbeiten, was ja ſchließlich mein Lebenszweck iſt, nicht wahr? Und die Kinder, der Haushalt: verwaiſt, ver⸗ waiſt! Man ſagt das Wort ſo hin. Aber ich weiß nun, was es alles in ſich ſchließt. Hausdame nach Hausdame; die eine kaun mit den Kindern nicht umgehen, die andere verſteht nichts vom Haushalt. Mit den Dienſtboten wußte noch keine fertig zu werden. Alle halbe Jahr wechſeln ſie. Mein Kleiner ſagt ſchon immer: Wann kommt denn wieder eine neue Tante? Die erſten Tage ſind ſie alle immer nett. Mit ſolch einem Mißtrauen, mit dieſem Vorbehalt in dem Herzchen wächſt mein Kind auf, wird nervös, launiſch, eigenwillig. Denn wo bleibt die ſtändige, ruhige Gewohn⸗ beit, die einem Kinde ſeines Alters lebensnotwendig iſt?“ „Und Ihr Fräulein Tochter? Sie iſt immerhin acht⸗ zehn Jahre alt?“ überlegte die Paſtorin. „Sie hat aber der mütterlichen Erziehung entbehrt in dem Alter, wo ſie erſt anfing, erwachſen zu werden! Nein, für mein Hausweſen iſt ſie völlig belanglos— ſonſt ein liebes, begabtes Mädchen. Sehen Sie, ſo fahre ich morgen wieder, nach den vierzehn ruhigen Tagen bei meiner weiler— gut empfohlen, das ſind ſie alle... Die Kinder kommen übermorgen wieder, in die ewig gleiche Miſere, das heißt Ungemütlichkeit, Unregelmäßigkeit, ſchlimmſten⸗ falls Unfrieden, Unordnung. Ich habe keine Hoffnung mehr, eine vernünftige Perſon zu finden, eine, die reſolut iſt, arbeiten mag, ehrlich, pünktlich iſt; aber auch noch nebenbei— aber es iſt faſt die Hauptſache— ein bißchen Herz hat. Bildung? Ach, du liebe Zeit, ich habe genug von Bildung. Eine, die nicht mit der Hoffnung kommt, Frau Profeſſor Willberg zu werden, wäre mir lieber als die allerfeinſte Dame. Sie würde nicht enttäuſcht und ver⸗ ärgert alsbald abreiſen und ihr Heil anderswo ſuchen.“ „Schäfers Gundula“, ſagte mit einem Male aus dem Hintergrunde des Zimmers ein ſchüchtern-keckes Stimm⸗ chen. Erna, die luſtige Tante der Paſtorskinder, die die kleinen Rangen ins Bett gebracht hatte und unbeachtet ein— getreten war, konnte ſich dieſes Einwurfs nicht erwehren. „Erna!“ ſagte die Frau Paſtor faſt ſtrafend. Aber ihr Mann zuckte die Achſeln. f „Sie hat gar nicht ſo unrecht, Inge, wirklich nicht, Schäfers Gundula entſpricht genau dem Bilde, das der Herr Profeſſor von ſeinem Ideal entworfen hat“, ſagte er. „Man ſollte ſie ihm einmal zeigen. Jetzt freilich iſt er ver— ſehen...“ „Ich? Keineswegs! An den Dienſtboten hapert es immer. Und wenn ich noch eine tüchtige Kraft bekommen kann, nehme ich ſie ohne weiteres. Auf eine Perſon mehr oder weniger kommt es bei mir im Hauſe nicht an.“ Man erzählte ihm Näheres über Schäfers Gundula. Gundula Rougemont hieß ſie, ein vornehmer Name. Irgendwie ſtammte die Familie aus Frankreich, aber es war wohl lange her; ſie war nun, wie das Kirchenbuch erwies, ſeit mehr als hundert Jahren ortsanſäſſig. Der habt. Der Vater, ein bißchen verwachſen, war Heide— ſchäfer; Gundula— die äkteſte von acht Geſchwiſtern— ſechsundzwanzig Jahre. „Erſt?“ fragte der Profeſſor enttäuſcht. Man hatte von ihr geſprochen wie von einer Fünfzigjährigen. „Oh, Gundula iſt zeitlos, das macht nichts. Sie kann alles und finder ſich in alles. Sie kocht perfekt, ſie kann Glanzplätten, Kranke pflegen— alles. Es wäre nur auf— zuzählen, was ſie nicht kann; aber auch das mit Vorbehalt, denn eines Tages ſtellt ſich ſonſt heraus, ſie kann es doch“, charakteriſierte der Paſtor. „Oh— und woher kennen Sie dieſe ausgezeichnete Perſon?“ „Sie war eine meiner erſten Konfirmandinnen. Und als meine Frau dann im vorigen Winter einige Wochen im Celler Krankenhauſe lag, hat ſie mir den Haushalt ver— ſorgt.“ „Und?“ „Einfach tadellos!“ „Ja“, beſtätigte die Frau Paſtor,„ich habe ſie nach meiner Rückkehr noch ein paar Wochen bei mir gehabt— wohltuend, direkt wohltuend.“. „Und die Schattenſeiten?“ 15 „Nun, die finden Sie vielleicht am beſten ſelbſt; wir...“ „Sie mag zuweilen etwas tyranniſch werden können“, ergänzte die Hausfrau.„Mich hat das freilich nie geſtört.“ „Und dann— ja, ſie hat eine Art, unbedingt und un⸗ begrenzt die Wahrheit zu ſagen, die vielleicht nicht immer in die Stadt paßt, auch manchem perſönlich nicht angenehm ſein wird. Denn es iſt immer ihre Meinung, die ſie für die Wahrheit hält“, geſtand der Paſtor.„Auf mich hat es immer erfriſchend gewirkt.“ 5 5 „War ſie noch nie in der Stadt?“ „Doch, zwei Jahre in Hannover, bei einer einzelnen alten Dame. Die hat ſie bis zum Tode gepflegt. Hernach war hier am Orte ihre Hilfe immer nötig. Jetzt ſucht ſie wieder eine Stellung.“ „Man möchte an eine höhere Fügung glauben“, mur— melte der Profeſſor. Er war im Grunde genommen eine optimiſtiſche Natur und immer geneigt zu hoffen, wo nichts oder doch wenig zu hoffen war. So kam manu überein, daß Willberg ſich dieſe„Heide— blume“ einmal anſehen ſollte. Nein, es erwartete ihn nie— mand; er konnte ruhig einen ſpäteren Zug als den vorher— geſehenen benutzen.——— ö „So, Herr Profeſſor, hier iſt Gundula Rougemont.“ Mit dieſen Worten trat die junge Erna Roſen am anderen Morgen ins Zimmer, in dem der Paſtor mit ſeinem Gaſt noch am Frühſtückstiſch ſaß. Unwilltürlich erhob ſich der Profeſſor, um erſtaunt den Mund ein wenig zu öffnen, der den Guten-Morgen-Gruß nicht auszuſprechen vermochte— ſo ſehr packte ihn die Verwunderung über das, was er ſah. Er hatte ſich ein blondes, liebliches Heidemädchen mit lichten Augen und zierlicher Geſtalt vorgeſtellt— eine Elfe, eine gütige Fee. Schäfers Gundula war groß und ſtark wie ein Mann, vierſchrötig, mit gewaltigen Händen und Füßen. Ihr ſtark⸗ knochiger Körper ſchien wie aus einem Eichenklotz, nicht geſchnitzt, ſondern roh zugehauen. Das grobe graue Ge— wand von auffallender Schlichtheit und Steifheit des Schnittes ließ den Hals ein wenig frei und trug als ein⸗ zigen Schmuck dort und an den Aermeln einen ſchwarzen Streifen. Aus zwei ruhigen, geraden, waſſerhellen Augen, denen die Bedachung und Rahmung der Brauen fehlte, ſah ſie den fremden Herrn ſcharf prüfend und ſo offen an, daß es dem Profeſſor wieder zumute wurde wie als Kind, wenn er einen dummen Streich gemacht hatte und vor das for⸗ ſchende Auge des Vaters gerufen wurde. Das breite Antlitz, zu dem dieſe Augen gehörten, würde in einem Paß in allen ſeinen Teilen mit„Gewöhnlich“ bezeichnet werden müſſen. Selbſt das ſtarke, ſtraff zurück⸗ gekämmte Haar war von einer unbeſtimmbaren Farbe, da es durch Kämmen mit Waſſer und anſcheinend durch Ein⸗ Schweſter in Hamburg, in das alte Elend zurück. Eine neue Hausdame, diesmal heißt ſie Fräulein von Rott⸗ ſalben mit Fett um ſeine Eigenart gebracht worden. Doch Großvater war Klempner geweſen, hatte viele Kinder ge- mit faſt feierlicher Gebärde die Hand entgegen: „Guten Morgen, Herr Paſtor!“ ſagte ſie mit tiefer, aber angenehmer Stimme; dann begrüßte ſie den Profeſſor. Und nun folgte einige Sekunden lang allgemeines Schweigen, bis Roſen ihr einen Stuhl zurechtrückte. „Setzen Sie ſich, Gundula.“ Sie blieb auf der äußerſten Kante ſitzen, als empfände ſie es unſchicklich, in der Gegenwart zweier„hoher Herrn“ wirklich und regelrecht Platz zu nehmen. Und dann begann der Profeſſor, nicht ohne Bedenken und Herzklopfen, ſeine Verhältniſſe zu ſchildern, ſein An⸗ liegen vorzubringen. Ein leichtes Gefühl von Furcht be⸗ ſchlich ihn dieſem Weſen gegenüber. Es ſchien aus anderer Zeit zu ſtammen. Willberg konnte ſich des Gefühles nicht erwehren: Wer der verfällt, der iſt ihr rettungslos ver⸗ fallen. Hüte dich, dich zu binden, du biſt ſonſt nie mehr frei. Gundula lauſchte. Sie lauſchte mit der ganzen Inten- ſität, man möchte ſagen Inbrunſt, der Naturweſen, die nicht nur mit den Ohren, nein, mit den Augen, ſelbſt mit der Haut zu hören, wahrzunehmen ſcheinen. Sie machte ſich von allem, das konnte jeder merken, ein lebhaftes Bild. Sie ſchien mit jedem Wort, das er ſprach, ruhiger und ſicherer von dem Hausweſen des Profeſſors Beſitz zu nehmen. Sie ſtellte einige Fragen, deren ſchlichte Sach— lichkeit den Profeſſor verblüffte, um ſo mehr, als er ſie nicht zu beantworten wußte. Auch Gundula machte ihre Beobachtungen. Ein hilf— loſes Kind', hätte das Reſultat derſelben im Deutſch eines überlegenden Menſchen etwa geheißen, man muß ſich ſeiner annehmen.“ Aber Gundula dachte das Reſultat nicht, ſie empfand es nur. Ganz beſonders intereſſierten ſie die Kinder. Ein Mädchen und zwei Jungen. „Und wie heißen Ihre Kinder, Herr Profeſſor, wenn man fragen darf?“ „Meine älteſte Tochter Sieglinde, dann Sigurd und der Kleine Baldur.“ „Gott, was für Namens!“ ſagte Gundula verwundert und faltete unwillkürlich die Hände. Willberg fühlte ſich etwas unbehaglich vor dieſem Er⸗ ſtaunen, das ihm nicht frei von Kritik zu ſein ſchien. „Ja, meine Frau ſchwärmte für Wagner. Ich“— er wandte ſich mehr an den Paſtor, der die Szene mit dem ſtillen Gaudium des Genießers beobachtete—„hätte gern den Kindern Namen aus dem griechiſchen Heldentum ge— geben oder ſie nach Kirchenvätern benannt: Mein Mädel etwa Thalita oder Priskilla, und die Buben Chryſoſtomos oder Theophanes...“ „Na, da iſt es denn man gut, daß die Frau Mama ihren Willen gekriegt hat“, unterbrach Gundula,„denn die Namens wären doch faſt noch verrückter geweſen.“ „Das iſt nun Geſchmacksſache“, vermittelte der Paſtor, „Sie haben keinen Gundula.“ „Bei uns in der Heide iſt da nichts Beſonderes dran“, entſchied das Mädchen in einem Ton, der eben Ent⸗ ſcheidung bedeutete.„Ja und denn: Ich ſoll alſo Ihren Haushalt führen, Herr Profeſſor?“ ö ö „Führen iſt vielleicht zu viel geſagt, weil ich eine Haus⸗ dame engagiert habe, Fräulein Rougemont“, erklärte der nicht ohne Verlegenheit,„aber in allem nach dem Rechten ſehen, für Regelmäßigkeit, Ordnung, Pünktlichkeit, Rein⸗ lichkeit ſorgen, mit meinem Jüngſten mal ſpazierengehen, ihn baden, ins Bett legen...“ „Und was bleibt denn für die Hausdame zu tun?“ fragte Gundula mit einer Raſchheit, die verblüffte. „Oh, vielerlei. Sie werden ſehen...“ Gundulas Geſicht ſchloß ſich zu. 1 Mit der Hausdame, das gibt Fehden, dachte der Paſtor. Nun, vielleicht macht ſich das mit der Zeit alles noch. Wo Gundula hinkommt, da ſchafft ſie die Verhältniſſe. „Und wann ſoll ich antreten?“ fragte das Mädchen bereitwillig. Sie empfand: Da hat man mich nötig! Des⸗ halb kam ſie gern. „Am beſten wäre es, Sie kämen gleich mit“, ſagte Will⸗ berg wie unter einem Zwang. „Gut“, ſagte Gundula, und erhob ſich.„Wann muß ich fertig ſein?“ Am Abend dieſes Tages ſahen einige Studenten, die ſchon wieder in ihre Univerſitätsſtadt zurückgekehrt waren, ein abſonderliches Paar vom Göttinger Bahnhof kommen und durch die Theaterſtraße dem Hainholzweg zuwandern, wo das Haus Profeſſor Willbergs lag. Neben dem nicht über mittelgroßen, zierlich gebauten Herrn im elegauten Reiſeanzug ſchritt, ihn faſt um Haupteslänge überragend, in einem Mantel, der vor zwanzig Jahren modern geweſen ſein mochte, mit einem Hut, über deſſen Alter wohl nur Archäologen etwas Beſtimmtes hätten ausſagen können, ein weibliches Weſen, das in jeder Hand eine gewaltige Pappſchachtel, mit Stricken vielfach umwunden, trug. 5. 15*. Sieglinde Willberg traf ſich auf dem hannoverſchen Bahnhof mit ihrem Bruder Sigurd. Sie war ein zierliches Geſchöpf, ſchwarzhaarig und braunäugig— das Abbild der verſtorbenen Mutter. Sigurd, blond, mit blauen Augen, größer, überſchlank, ein raſſiger, bildhübſcher Burſche, ſtellte eine Kopie des Vaters dar. Die Geſchwiſter ſchüttelten ſich die Hände. „Wir haben noch ein Stündchen Zeit, ehe der Zug kommt“, beeilte ſich Sieglinde zu ſagen.„Wollen wir eine Taſſe Kaffee bei Kröppke trinken?“ J „Wenn du noch Geld haſt— ich bin pleite!“ „Flunkere nicht! Onkel Herbert in Duisburg hat dir mindeſtens hundert Mark geſchenkt.“ auch ganz gewöhnlichen Namen, U! ſchien es von einem hellen Aſchblond zu ſein. „Das ſtimmt ſchon, aber die gelten nicht mit. Mein Jaſchengeld iſt alle.“(Fortſetzung folgt) Dies eigenartig reizloſe Geſchöpf ſtreckte dem Paſtor Mondunterg. 1.59 der die feine Röte ſah, die dem Profeſſor in die Stirn ſtieg. Aus der Heimat Gedenkkage 2 3. Januar. 1840 Der Phyſiker Ernſt Abbe in Eiſenach geboren. 5 1883 Der franzöſiſche Zeichner und Maler Guſtave Dore in Paris geſtorben. Sonnenaufg. 7.56 Sonnenunterg. 16.29 Mondaufg. 10.30 Prot. und kath.: Emerentiana Handwerk und Stadtbild Hier ſoll nicht von einem Stadtbild geſpro— chen werden, das durch die Geſtaltung der Straßen und Plätze entſteht, ſondern von dem Straßenbild. Man hat verſucht, durch Geſetze auf die Ortsgeſtaltung einzuwirken, aber alle Verord- mungen ſind zum Verſagen verurteilt, ſolange nicht hinter ihnen die Geſamtheit des Willens des Volkes, der Kulturwille aller Volksgenoſ— ſen ſteht. Nach dem Stande der heutigen Ge— ſetzgebung kann die Behörde lediglich die grobe Verunſtaltung des Ortsbildes verhindern. Allein dieſer Begriff iſt ſehr umſtritten. Wie— viel ſchwerer iſt es für die Behörde— augenblicklich— zu erreichen, daß jede Rekla— memaßnahme, jeder Faſſadeputz, jede Inſtand⸗ ſetzung ſich dem Stadtbild einfügt. Das wird, nur erreicht werden durch ein für das ganze Reichsgebiet zu erlaſſendes Geſetz, das nicht mur, wie die bisherigen, rein negativ die Ver— unſtaltung bekämpft, ſondern das poſitive Vor— ſchriften für die Geſtaltung macht. Dazu muß ſich aber noch eins geſellen: Von Grund auf muß die Handwerkerſchaft durch Schulung für dieſen Zweck vorgehildet werden. Wenn der Handwerkerſtand ſein Handwerk wieder von Grund auf beherrſcht, aufgebaut auf einer Geſinnung und auf den aus der Heſinnung entſtandenen Formen, dann werden unſere Städtebilder wieder Geſtaltung bekom— men, die die Einheitlichkeit der uns als wunder⸗ voll vorſchwebenden Städtebilder unſerer Vor— fahren haben. Vehaltet die Geſellen Keine Entlaſſung nach der Lehrzeit. Der Leiter des Jugendamtes der Deut— ſchen Arbeitsfront und Referent in der Reichs- jugendführung, Oberbannführer Langer, hat gemeinſam mit dem Leiter des ſozialen Amtes, Obergebietsführer Axmann, einen Aufruf erlaſ— ſen, in dem es u. a. heißt: Das Winterhalbjahr geht ſeinem Ende ent⸗ gegen. Oſtern, das von allen freudig erwartete Feſt, erfüllt wieder einmal rund 400 000 Ju- gendliche, Lehrlinge, aus allen Berufen, ne— ben allem Hoffen mit bangen Fragen um Exi⸗ ſtenz und Zukunft.„Ausgelernt“, hinter die— ſem befreienden Wort ſahen in den vergan⸗ genen Jahren viele junge Geſellen das Wort „Entlaſſen“. Es darf nicht ſein, daß die zu Oſtern aus⸗ lernenden Lehrlinge aus ihrem Beruf auch diesmal entlaſſen werden. Es darf nicht ſein, daß ſie nach johrzlengem Hoffen und Streben nun dieſe große Enttäuſchung erleben, zu dem Heer der Untätigen ſtoßen, ihren Beruf verlernen, den Willen zur Leiſtung verlieren und letzten Endes an den Ehrbegriffen zu zwei— feln beginnen. Eine aufſteigende deutſche Wirt⸗ ſchaft kann ſich das nicht leiſten. Jeder mora⸗ liſche Verfall wirkt ſich letzten Endes ſchädigend auch auf jedes Unternehmen aus. Es bedarf daher der Opfer Aller, um dieſe Schäden zu verhindern. Schließlich darf es auch nicht ſein, daß viele deutſche Familien, die mit Geduld auf die ſo dringend benötigte oft einzige Ver⸗ dienſtmöglichkeit, das Einkommen dieſer jun⸗ gen Geſellen, gewartet haben, erneut Ent— täuſchungen erleben. a Wir richten an alle Betriebsführer und Mei⸗ ſter ſowie alle in dieſer Hinſicht einflußrei⸗ chen Inſtanzen des Staates und der Wirt⸗ ſchaft die dringende Bitte, alles zu tun und nichts unverſucht zu laſſen, um auch dem letz⸗ ten zu Oſtern auslernenden Lehrling die Wei⸗ terbeſchäftigung im Betriebe zu ermöglichen. Einfuhr von Auslandseiern. Auf Grund des Geſetzes über den Verkehr mit Eiern vom 20. 12. 1933 und der Verordnung über die Durchführung des Geſetzes über den Verkehr mit Eiern vom 21. 12. 1933 muß ab 1. Fe⸗ bruar 1934 für die Einfuhr von Auslandseiern ein Uebernahmeſchein bei der Reichsſtelle für Eier beantragt werden. Ordnungsgemäß ge— ſtellte Anträge, welche bis 11 Uhr eingegangen ſind, werden im allgemeinen am gleichen Tage erledigt. Die Reichsſtelle für Eier kann den An⸗ trag genehmigen oder ablehnen. Dem Antrag muß ein tatſächliches Feſtangebot eines auslän⸗ diſchen Exporteurs zu Grunde liegen, ſo daß Preis, Menge, Art, Herkunftsland, Lieferter⸗ min und Wirtſchaftsbezirk, in dem die Eier ab⸗ geſetzt werden ſollen, in dem Antrage genau angegeben werden können. Vereinheitlichung der deutſchen Marken⸗ butter. Der Reichskommiſſar für die Milch⸗ wirtſchaft hat im Einvernehmen mit dem Neichsnährſtand zur Vereinheitlichung ſämt⸗ licher deutſcher Markenbutter folgende Anord⸗ nung erlaſſen: Alle seitherigen Markenbutter⸗ jorten werden zu der Einheitsmarke„Deutſche Marlenbutter“ vereiniat. Das Recht der Be⸗ nutzung und Weiterverleihung des Verbands⸗ abzeichens für Markenbutter wird an die Milchwirtſchaftsverbände übertragen. Dieſe ſol⸗ len Ueberwachungsſtellen für Markenbutter ein⸗ richten. Vom 1. April ab darf Markenbutter nur noch nach den neuen Vorſchriften auf den Markt gelangen. Die Bezeichnung Mar⸗ kenbutter wird in der in den nächſten Tagen erſcheinenden Butterverordnung geſetzlich ge— ſchützt. Der Reichskommiſſar für die Milchwirt⸗ Han das deutſche ſchaft wird baldigſt die Feſtpreiſe für die; verſchiedenen Butterſorten feſtſetzen. Wettervorherſage: Meiſt heiter, leichter Froſt, vereinzelte Nie— derſchläge. Aus Heſſen und Naſſau Rhein⸗Mainiſche Braune Feühjahrsmeſſe. Frankfurt a. M., 23. Jan. Das Inſtitut für Deutſche Wirtſchaftspropaganda e. V., Landesbezirk 2, veranſtaltet vom 5. bis 13. Mai 1934 in der Feſthalle und im„Haus der Moden“ die„Rhein-Mainiſche Braune Frühjahrsmeſſe“. Die Durchführung der Meſſe liegt in Händen der Meſſe- und Ausſtellungs— geſellſchaft m. b. H. Im Rahmen des Früh⸗ jahrsfeldzuges für die Arbeitsbeſchaffung iſt dieſer Veranſtaltung eine beſondere Bedeutung für das Rhein-Main⸗Gebiet beizumeſſen. Es werden als Ausſteller Mitglieder der NS- Hago und ariſche Unternehmungen zugelaſſen. Auswirkung der Arbeitsbeſchaffungsmaßnah⸗ men der Reichsregierung im Volksſtaat Heſſen. Darmſtadt, 23. Jan. In der Zeit vom 15. Oktober bis 31. Dezember 1933 murdon mie oas Sldatspreſſeamt mitteilt, in Volksſtaar Heſſen 22 488 Anträge auf Bewilligung von Reichszuſchüſſen genehmigt. Die Summe der bewilligten Reichszuſchüſſe beläuft ſich auf rund 4 395 000 Mark. Die mit dieſen Reichszu— ſchüſſen dem Handwerk in Heſſen zugeführten Beträge erreichten die anſehnliche Höhe von über 19 909 000 Mark. Erfreulicherweiſe haben mach den Meldungen der Bewilligungsbehörden die Anträge auf Reichszuſchüſſe in den letz⸗ ten Tagen noch weiter erheblich zugenommen. Keine geheimen Abſtimmungen nach dem Volksſchulgeſetz. Darmſtadt, 23. Jan. In einem Miniſterial⸗ erlaß wird angeordnet, daß die nach Artikel 9 Ablſfatz 2 des Volksſchulgeſetzes vom 25. Oktober 1921 vorzunehmende Abſtimmung in Zukunft nicht mehr in geheimer Wahl, ſon— dern offen zu erfolgen hat. Mainz, 23. Jan. Mainſchiff⸗ fahrt wieder unterbrochen.) Nach einer Mitteilung der Schleuſe Koſtheim iſt der Landpfeiler der Floßgaſſe vom Waſſer um⸗ ſpült, ſenkte ſich um vier Meter und ſtürzte zuſammen. Mit dem Abbau des Nadelwehrs in Koſtheim wurde ſofort begonnen. Dadurch iſt die Mainſchiffahrt ſtillgelegt. Die Repa— ratur wird 10 Tage in Anſpruch nehmen. Mainz, 23. Jan.(Ein hartnäckiger Di o (Die Selbſtmörder.) Dreimal ſprang ein älte⸗ 6 rer Kaufmann aus Saarbrücken an der Ingel— heimer Au in den Rhein. Es gelang ihm nicht, zu ertrinken, da er ſchwimmen konnte. Inzwi⸗ ſchen waren Leute gekommen, die für ſeine Ueberführung ins Krankenhaus ſorgten. Der Mann wollte in den Tod gehen, weil er arbeitslos und ohne Heimat ſei. Worms, 23. Jan.(Wiederaufleben eines alten Volksbrauchs.) In Horch⸗ heim, wo am Sonntag Lätare, dem ſogenann⸗ ten Sommertag, das Stabausfeſt(ebenſo wie in Weinheim und Heidelberg) noch üblich iſt, oll die alte ſchöne Sitte des Sommerweck⸗ Haſchens in dieſem Jahr beſonders gepflegt werden. In Horchheim iſt der Sommerweck dreizackkg. Die haſchluſtige Jugend und das ſchauluſtige Alter bezifferten ſich vor dem Krieg auf viele tauſend Perſonen. Worms, 23. Jan.(mutter mit Kind [pringt in den Rhein.) Eine Frau aus Hofheim ſprang mit ihrem neunjährigen Kind an der Straßenbrücke in den Rhein. Vorüber⸗ gehende konnten beide aus den Fluten retten. Sie wurden dem Krankenhaus zugeführt. Die Gründe für den Selbſtmordverſuch ſind unbe— kannt. 5 n Keine Ausſteilung von Empfehlungs⸗ ſchreiben. In einem Erlaß an die Schulverwal⸗ tungen wird von der Miniſterialabteilung für Bildungsweſen geſagt:„Wie wir feſtgeſtellt haben, treten häufig Geſchäftsleute oder pri⸗ vate, geſchäftliche Zwecke zu erlangen. Ohne ſtellten Behörden heran, um von ihnen Emp⸗ fehlungsſchreiben oder dergleichen für rein pri⸗ vate, geſchäftliche Zwecke zu erlangen. Oohne die gemachten Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen, oder die Zuverläſſigkeit und Glaub⸗ würdigkeit des Antragſtellers feſtzuſtellen, wer⸗ den dann die erbetenen Empfehlungen oder Beſcheinigungen ausgeſtellt, nur um ſich vor der Zudringlichkeit der Geſuchſteller zu retten. Oft werden ſo unter betrügeriſchen Angaben Empfehlungsſchreiben von Behörden erlangt, mit denen dann Mißbrauch getrieben wird. Um dies in Zukunft zu verhindern, unterſagen wir hiermit ſämtlichen unterſtellten Behörden die Ausſtellung von Empfehlungsſchreiben, Be⸗ ſcheinigungen und dergleichen, die offenſicht⸗ lich dazu beſtimmt ſind, nur der geſchäftlichen Werbung zu dienen und empfehlen, etwaige Geſuchſteller an uns zu verweiſen.“ —————————— ͥͤ ͤ4ũ— alte Tagner Kohl aus Mutterſtadt in Schif— Nakionalſozialismus und Kirchen. Auf einer Kundgebung des Kampfbundes für deutſche Kultur und der NSDAP, Gau Südhannover—Braunſchweig, in Hannover betonte Alfred Roſenberg zur Frage„Natio— nalſozialismus und Kirchen“, wenn Kardi⸗ nal Faulhaber die kommuniſtiſche Bewegung mit dem Germanentum vergleiche, ſo müſſe Volk ein Appell gerichtet werden, ob es willens ſei, derartige Redens— arten zu billigen. Aus der Pfalz Die Naſenſpitze abgeſchu tien Sühne für eine Eiferſuchkskat. Frankenthal, 23. Januar. Im November 1933 hatte der 33 Jahre ferſtadt ſeiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau aufgelauert, als ſie mit dem ver— witweten Bäcker Alois Schreiner aus deſſen Haus kam. Er zog ſeine Frau abſeits ins Feld, warf ſie zu Boden und ſchnitt ihr mit einem Raſiermeſſer die Naſenſpitze und einen Teil der Oberlippe ab. Mit dem abgeſchnit⸗ tenen Stück Naſe begab er ſich zur Polizei. Die Verhandlung ergab, daß der Ange— klagte wiederholt zu verſchiedenen Perſonen geäußert hakte, daß er ſeiner Frau die Naſe abſchneiden werde. Kohl beſtritt dies, er habe ſeine Frau nur von Schreiner wegbringen wollen. Anhalts— punkte für ein Verhältnis zwiſchen Schrei— ner und der Frau des Angeklagten ergaben ſich in der Verhandlung jedoch nicht. Der Staatsanwalt beantragte drei Jahre ſechs Monate Zuchthaus. Das Gericht erkannte auf zwei Jahre drei Monate Zuchthaus. Sportnachrichten Nütkſchau auf den Sonntag Tabellenführer geſchlagen.— Neue Aeber— raſchungen. Endlich einmal wieder konnten am Sams— tag und Sonntag die Raſenſportler ihre Wett— ſpiele ohne allzu große Ausfälle durchführen, da der Wettergott mit ihren Terminſorgen of— fenbar ein Mitfühlen bekommen hatte. Dafür aber ſtrafte er die Winterſportler, die zahl— reiche Gaumeiſterſchaftstermine abſetzen muß— ten, weil der Wetterumſchwung für Schnee und Eis durchaus nicht bekömmlich war. Im— merhin konnten ſie aber ihre wichtigſten Ver— anſtaltungen unter Dach und Fach bringen. ſo daß das Programm des Wochenendes noch umfangreich genug blieb. Im Fußball gab es im ganzen Reich Meiſterſchaftsſpiele, und dabei hatte insbeſondere Süddeutſchland wieder ein paar nette Ueberraſchungen auf Lager. Die Reichshauptſtädter bezogen, ob— wohl ſie ihre Mannſchaft recht ſorgfältig aus— durch die Prager Berufsſpieler. Von den Ver— bandsſpielen der einzelnen Gaue intereſſieren: FC. Hanau 93— Kurheſſen Marburg 6:1, FSV. Frankfurt— Phönix Ludwigshafen 3:1, SV. Wiesbaden— Eintracht Frank— furt 2:0(1), Wormatia Worms— Kickers Offenbach 6:3(), FK. Pirmaſens— Boruſ— ſia Neunkirchen 6:0, VfR. Mannheim— FV. Karlsruhe 3:0, Phönix Karlsruhe— Freibur⸗ ger FC. 0:1(), SV. Feuerbach— Ulmer FV. 94 1:2(), VfB. Stuttgart— Stuttgar⸗ ter Kickers 4:0(1), VfR. Heilbronn— Union Böckingen 2:5. Dann gab es im Auslande noch einige bemerkenswerte Begegnungen. In Paris ſchlug die ungariſche Fußballändermann— ſchaft als Budapeſter Stadtelf die Pariſer Profeſſional⸗Elf mit Hiden im Tor ſehr ſicher 3:1, während in Belgien Frankreichs Länder⸗ mannſchaft zu einem knappen aber verdienten 3:2⸗Sieg über Belgiens Auswahl kam. Luxem⸗ burg, unſer erſter Gegner um die Fußball— Weltmeiſterſchaft, wurde zu Hauſe von einer belgiſchen B⸗Mannſchaft knapp mit 2:3 be⸗ zwungen. Auch im Handball waren— wenigſtens in Süddeutſchland— keine Spielausfälle zu verzeichnen. Allerdings war das Programm hier von vornherein nicht ſehr groß; in jedem Gau kamen nur zwei Spiele zur Durchführung, Südweſt ausge— nommen, wo die beiden Gruppen je zwei Spiele austrugen. Ueberall ſetzten ſich die Fa⸗ voriten durch, faſt in allen Gauen gibt es jetzt ſchon klare Meiſterſchafts-Anwärter. In Main⸗Heſſen ſchlug der SV. 98 Darmſtadt im wichtigſten Spiel TSV. Herrnsheim; in Pfalz⸗Saar behielt Pfalz Ludwigshafen über TG. Neunkirchen mit 7:1 die Oberhand. In Baden gewann SV. Waldhof 11:1 gegen TV. Hockenheim; in Württemberg⸗Oſt holte TV. Altenſtadt beim TB. Alm einen 15:7 Sieg. 1. FC. Nürnberg verlor bei der Polizei Nürn⸗ berg 7:8. Auch im Hockey fielen nur wenige Spiele aus. Es intereſſie⸗ ven beſonders SC. Frankfurt 1880— JG. Frankfurt 2:2; Damen 1:2(1); Höchſter HC. — Offenbacher RV. 74 6:0 und in Mannheim TV. 1846— C. Heidelberg 4:4(), Damen 8:0(), während VfR. Mannheim den TSC. Wiesbaden mit 3:1 bezwang. gewählt hatten, eine kräftige 0:5-Niederlage Leichtathletik. n Magdeburg ſahen zahlreiche Zuſchauer bein Hallenſportfeſt ausgezeichnete Leiſtun⸗ gen. Ueber 1500 Meter ſchlug Syring Dr. Peltzer, den Hochſprung gewann Böwing (Magdeburg) mit 1,83 Meter, den Sprinter⸗ Dreikampf holte ſich Buthe⸗Pieper vor Mitteldeutſchlands Klaſſeläufern. In Berlin gab es gutbeſuchte Langläufe, bei denen Schil⸗ gen, Klos und Kohn über 6, 12 und 18 km erfolgreich waren. Im — Boxen konzentrierte ſich das Intereſſe auf die Be⸗ zirfsmeiſterſchaften in Baden und Frankfurt, die bei erfreulich gutem Publikumsbeſuch acht— baren Sport brachten. Vom Ringen iſt die Erringung der unterbadiſch-vorderpfäl— ziſchen Meiſterſchaft durch den dieſes Jahr aufgeſtiegenen Siegfried Ludwigshafen zu be— richten. Der Winterſport hatte ein ſchönes Programm. Die Gaue Schwarzwald, Schwaben, Bayern und Allgäu führten ihre Meiſterſchaften durch, die überall wieder die bekannten Größen in Front ſahen. Gauliga⸗Tabellen: Gan 13(Südweſt). Kickers Offenbach 13 FK. Pirmaſens 14 FSV. Frankfurt 13 Wormatia Worms 13 16:10 SV. Wiesbaden 14 14:14 1. FC. Kaiſerslautern 13 18.43 Eintracht Frankfurt 13 1343 FSV. 05 Mainz 15 1317 Sfr. Saarbrücken 11:15 Phönix L'hafer 11217 Bor. Neunkirchen 10:16 AO. Worms: Gau 14(Baden). SV Waldhof VfR. Mannheim Freiburger FC. Phönix Karlsruhe Vf. Neckarar i ( 01 DO 188 17:11 16:10 — 5 100 D . 2 1 0 2 VfB. Mühlburg Germ. Brötzingen 1. FC. Pforzheim f j Karlsruher FV. 5 4.24 SC. Freiburg f 18:4. Gau 15(Württemberg) Union Böckingen 12 VfB. Stuttgart 11 38:23 Stuttgarter Kickers 11 24-22 SV. Feuerbach 12 27:20 1. SSV. Ulm 11 29:82 Ulmer FV. 94 11 28:31 FC. Birkenfeld 12 28:34 Sfr. Stuttgart 11 22:23 SC. Stuttgart 11 14:29 VfR. Heilbronn 12 17:31 Gau 12(Nordheſſen): Hanau 93 14 Boruſſia Fulda 13 Kurheſſen Kaſſel 14 SC. 03 Kaſſel 14 VfB. Friedberg 15 Heſſen Hersfeld 13 Spielverein Kaſſel 14 Sport Kaſſel 13 Kurheſſen Marburg 14 Chattia Kaſſel 14 16:17 59.22 22. 20 36:25 43:17 45:21 39:28 26:23 32:30 15:18 222831 26.42 29:49 19:45 Märkte und Vörſen Vom 22. Januar. (Ohne Gewähr.) Berliner Deviſenkurſe 1 Pfund Sterling 13,035; 1 Dollar 2,607; 100 holl. Gulden 168,63; 100 Belga 58,39; 100 Lire 22,00; 100 dän. Kronen 58,49; 100 norw. Kronen 65,83; 100 franz. Francs 16,44; 100 tſchech. Kronen 12,465; 100 Schw. Franken 81,12; 100 Peſetas 34,77; 100 ſchwed. Kronen 67,53; 100 öſterr. Schilling 47,70; Reichsbankdiskont 4, Prwatdiskont 3,875 Pro⸗ zent. Mannheimer Getreidegroßmarkt. Amtlich notierten: Weizen inl. 19,90, Feſt⸗ preis Bez. 9 19,20, Bez. 10 19,40, Bez. 11 19,70; Roggen inl. 17, Feſtpr. Bez. 8 16,10, Bez. 9 16,40, Hafer inl. 15 bis 15,25; Sommergerſte 18 bis 19; pfälziſche Gerſte 18 bis 19; Futtergerſte inl. 17,25; La Plata⸗ Mais m. S. 19,50; Erdnußkuchen 16,75 bis, 17; Soyaſchrot 15 bis 15,25; Rapskuchen 14,50; Palmkuchen 15,50 bis 15,75; Kokos⸗ kuchen 17,50; Seſamkuchen 17; Leinkuchen 17,28 bis 17,50; Biertreber getr. inl. m. S. 17/5; Malzkeime 14,50; Rohmelaſſe 8,50; Trocken⸗ ſchnitzel 10; Steffenſchnitzel 11,25; Wieſenheu loſe 6,60 bis 7; Rotkleeheu 6,80 bis 720; Luzernekleeheu 8 bis 8,20; Roggen- und Wei⸗ zenſtroh gepr. 2,20 bis 2,40, geb. 1,40 bis 1,60; Hafer⸗ und Gerſteſtroh gepr. 1,80 bis 2; geb. 1,20 bis 1,40; Weizenmehl Spezial Nun mit Aust. 29,40, Febr. 29,70, März 30, mit Inlandsweizen 27,90, Febr. 28,20, März 28,50; Roggenmehl nordd. 22,50 bis 24, ſüdd. und pfälz. 23,25 bis 24,25; Werzenkleie feine 10,75, grobe 11,25; Roggenkleie 10,50 bis 11,50; Weizenfuttermehl 12; Roggenfuttermehl 11,50 bis 12,75; Weitzennachmehl 15,50; Wei⸗ zennachmehl 4b 16,50 Rm.