Waßen 2 7 1005 9 100 (Biernheimer Tageblatt— Viernheimer Nachrichten) Erſcheint täglich mit Ausnahme der 215 Ee Feiertage.— Bezugspreis monatl. gen: zweimal jährlich den Sommer- und Winter- Fahrplan und den Wandkalender.— Annahme von Bezugs⸗Beſtellungen in der Geſchäftsſtelle u. bei den Boten Weitverbreitete Tageszeſtung— nacdrichten⸗ und Anzeigenblatt Fernſprecher 117.— Drahtanſchrift: Anzeiger, Viernheim— Poſtſcheck 21577 Frankfurt a. M., Einzel⸗Verkauf der Zeitung von der Geſchäftsſtelle 5 Pfg., Samstags 10 Pfg. 1,40 Mk. frei Wochenende“, ins Haus gebracht.— wöchentlich das„Illuſtrierte Viernheimer Anzeiger (Siernheimer Bürger-Ztg.— Viernh. Volksblatt) mittags 9 Uhr, größere Geſchäftsſtelle u. von an beſtimmt —— Anzeigenpreiſe: Die 12geſpaltene Millimeter⸗Zeile 3 Pfennig, Textſpalte 12 Pfennig bei Wiederholung abgeſtuits Nachlaß.— Annahmeſchluß für Anzeigen aller Art vor⸗ einen Tag vorher.— Annahme von Anzeigen in unſerer ſamtlichen Anzeigen⸗Mittlern Deutſchlands u. des Auslandes Ankündigungen in dieser Zeitung finden weiteste Verbreitung Plaßpwünſche bei Anzeigen werden nach Möglichkert berückſichtigt.— Für die Aumahme Tagen kann jedoch eine Gewähr nicht übernommen werden Geſchäftsſtelle: Adolf Hitlerſtr. 36 Nr. 300 Freitag, den 27. Dezember 1935 52. Jahrgang Munung frauen chmal 8 bmann in fab fal Jahr der Wehrwende Das deutſche Heer 1935 Von Oberſtleutnant a. D. Ben ac Das Jahr 1935 wird in der Geſchichte der Wehrmacht für alle Zeiten als das Jahr der Wehrwende fortleben. Es macht einen Strich unter eine unglückſelige Vergangen⸗ heit und öffnet den Blick in eine hoffnungs⸗ reiche Zukunft. Der Erlaß des Führers vom 16. März hat dem deutſchen Volke mit der allgemeinen Wehrpflicht das Urrecht jedes freien Mannes wiedergegeben, den Lebens⸗ raum ſeines Volkes mit der Waffe in der Hand zu ſchützen. Das Wehrgeſetz vom 21. Mai gab dem Wehrgedanken Form und Geſtalt. veran⸗ kerte die neue Wehrmacht feſt im Gefüge des nationalſozialiſtiſchen Staates. Wehr⸗ dienſt iſt wieder Ehrendienſt am Volke ge⸗ worden, zu dem jeder wehrtüchtige deutſche Mann verpflichtet iſt. Im Kriege haben über die Wehrpflicht hinaus alle deutſchen Män⸗ ner und Frauen ihre Dienſte zur Verfügung zu ſtellen Die allumfaſſende Kraft eines Zukunftkrieges, die Staatsführung und Wirtſchaft, alle Elemente der Erde. des Waſſers, der Luft gleichmäßig in ihren Bann legt, erfordert eine ſtraffe Zuſammen⸗ faſſung der zivilen und militäriſchen Be⸗ fehlsgewalten in einer Hand. Der Führer und Reichskanzler iſt daher zugleich Ober⸗ ſter Befehlshaber der Wehrmacht. Unter ihm übt der Reichskriegsminiſter als Ober- befeh'shaber der Wehrmacht die Befehlsge⸗ walt über die drei Wehrmachtsteile: Das Heer, die Kriegsmarine und die Luftwaffe aus. Altes entſtand wieder neu: der Reichs⸗ wehrminiſter wurde wieder Reichskriegs⸗ miniſter, die Befehlshaber in den Wehrkrei⸗ ſen wieder Kommandierende Generäle. Der Aufbau des Heeres konnte nur Schritt für Schritt vor ſich gehen. Die Pan⸗ zertruppe ift erſt in dieſem Jahre aleichbe⸗ rechtigt unter die anderen Waffengattungen getreten. Ihre Bedeutung iſt dadurch unter⸗ ſtrichen worden, daß der„Inſpekteur der Kraftfahrtruppen“ in„Kommandierender General der Panzertruppen“ umbenannt worden iſt. Die endgültige Gliederung der Panzertruppen ſteht noch nicht feſt. Zu den Panzertruppen zählt man: Kraftradſchützen⸗, Schützen⸗,(Infanterie auf geländegängigen Kraftwagen) Panzer⸗(Kampfwagen⸗)ver⸗ bände. Aufklärungs- und Panzerabwehrab⸗ teilungen. Am 12. Oktober wurden diejenigen Wehr⸗ pflichtigen aus dem Heere entlaſſen. die ſich in den vorhergehenden Jahren zu einer kur- zen freiwilligen Dienſtzeit verpflichtet hatten. Für ſie rückte zum erſten Mal ein geſchloſſe⸗ ner Jahrgang(1914) Dienſtpflichtiger in die Kaſernen ein. Der Tag ihrer Vereidigung war auch der Tag der Hiſſung der neuen Reichskriegsflagge. An den Feiern und Veranſtaltungen des Staates und der Partei nahm die Wehr⸗ macht im weiteſten Umfange teil. Unver⸗ geßlich pe jedem Zuſchauer ihre Vor⸗— führung auf dem Reichsparteitag in Nürn⸗ berg und beim Erntedankfeſt auf dem Bücke⸗ berg. Den Tag, an dem vor 125 Jahren die Kriegsakademie durch Scharnhorſt gegrün⸗ det wurde, beging die Wehrmacht feierlich in dem neuen Heim der Kriegsakademie zu Berlin in der Kruppſtraße. Räumlich mit der Kriegsakademie wird fortan die Wehr⸗ machtsakademie vereinigt ſein. In die Wehrmachtsakademie wird alljährlich eine kleine Anzahl Offiziere aller drei Wehr⸗ machtsteile einberufen, um in enger Zu— ſammenarbeit die Führungsgrundſätze für Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe einheit⸗ lich zu geſtalten. Der Aufbau der Wehrmacht hat naturge— mäß für das Heer viel Arbeit, angeſpann⸗ teſte Tätigkeit auf den Schreibſtuben und den Kaſernenhöfen gebracht. Dennoch kam die taktiſche Ausbildung der Trupps nicht zu kurz. Sämtliche Einheiten der Infanterie, Kavallerie, Artillerie und Kraftfahrkampf⸗ truppe ſuchten im Laufe des Frühjahrs und Sommers für längere Zeit die Truppen⸗ übungsplätze auf. Sämtliche Truppen hat⸗ ten Gelegenheit im Spätſommer und Herbſt zum mindeſten im Rahmen eines verſtärk⸗ ten Infanterie-Regiments in der Nähe ihrer Standorte zu üben. Beim 6. und 9. Armee⸗ korps erweiterten ſich dieſe Uebungen zu Manövern je einer krieasmäßia gealie⸗ Eine kurze Atempauſe Vor weittragenden Eutſcheidungen im Mittelmeerlonflikt London, 27. Dezember. Die Feiertage haben in der Erörterung der im Fluß befindlichen Entſcheidungen in der weſteuropäiſchen Politik eine Pauſe eintreten laſſen. Was den Meinungsaus⸗ tauſch in der Frage gegenſeitigen Beiſtandes im italieniſch⸗abeſſiniſchen Streit anlangt, ſo hat man möglicherweiſe vor Mitte Janu⸗ ar, alſo dem Zeitpunkt der Völkerbundsrats⸗ tagung keine neue Wendung zu erwarten. Nach Informationen der„Morning Poſt“ iſt man angeblich allgemein geneigt, den Dingen ihren Lauf zu laſſen. Die in Kraft befindlichen Maßnahmen hätten eine gute Wirkung, und es werde keineswegs für ſicher gehalten, daß ihre Verſchärfung durch⸗ führbar oder erwünſcht ſei. Die Wichtigkeit der Oelſperre ſei, wie man jetzt glaube, ſehr übertrieben worden, da es bei der gegenwär⸗ tigen Lag. nahezu unmöglich wäre, ſie wirk⸗ ſam zu machen. Der wirkliche Druck auf Ilalien beſtehe darin, ihm ſeine Auslandsdevi⸗ ſen zu entziehen, ohne die es außer⸗ ſtande ſei, auch die ihm nicht verſagten Roh⸗ ſtoffe wie Oel, Kohle und Eiſen zu kaufen. Andererſeits werde darauf hingewieſen, daß die Auferlegung einer Oelſperre zweifellos die Gefahr vergrößern würde, der bereits die an den Sühnemaßnahmen beteiligten Länder ausgeſetzt ſeien, daß nämlich Italien militäriſche Vergeltungsmaßnahmen anwen⸗ den würde. Die wenig freundliche Aufnahme, die Edens Ernennung zum Außenmini⸗ ſter in Italien gefunden hat, veranlaßt die Zeitung„Daily Telegraph“ zu einer Erwide⸗ rung, in der es u. a. heißt: Wenn Muſſo⸗ lini glaube, daß von dem neuen Außen⸗ miniſter Schlimmeres zu erwarlen ſei, ſo würde er beſſer getan haben, das Pa⸗ riſer Abkommen ſchnell als Grundlage einer Vereinbarung anzunehmen, anſtatt ſich wie in Pontinia in heftigen Redensarten üver die Greiſenhaftigkeit Europas und die Heuchelei des Völkerbundes zu ergehen. Dieſe höchſt unpolitiſche Rede habe ihm in Frankreich großen Schaden zugefügt. Sie habe viele Franzoſen beleidigt, die ihr Beſtes getan hätten, um die Italien durch die Sühnepolitik zugefügten Schäden zu mil⸗ dern. Gegenwärtig werde es beſtimmt keine weitere Verſöhnungsbemübung geben. Die Antwort der Ballanentente London, 26. Dez. Reuter meldet aus An⸗ gora, daß in den letzten Tagen zwiſchen der britiſchen und der türkiſchen Regierung Noten ausgetauſcht wurden, die ſich auf die Bedingungen bezogen, unter denen die Tür⸗ kei im Falle eines Streites im Mittelmeer zur Zuſammenarbeit vereit ſein würden. Halbamtlich verlautet, daß die türkiſche Re⸗ gierung ebenſo wie die anderen Mitglieder der Balkanentente günſtig geantwortet habe. 0 Italieniſche Einfuhrverbole Mailand, 27. Dez. Die italieniſche Regie⸗ rung hat die Ausfuhr von Wolle, Wollab⸗ fällen, Kaſtanienholz und Tannin zum Ger⸗ ben verboten. Zugleich werden einſchneiden⸗ de Abänderungen des Zolltarifes vorgenon⸗ men, beſonders für Wein, Baumwollgarne, Stickereien, Waſſerzähler, Metallarten, Zul⸗ ker und Honig. Amerika beſtellt 103 Bomber Waſhington, 27. Dez. Das Kriegsamt hat zwei Bauaufträge für insgeſamt 103 Flu zeuge vergeben. Bei der Douglas Air Craft Co. wurden 90 zweimotorige Bombenflug⸗ zeuge zum Preiſe von 6,498 Millionen und bei der Boeing Co. 13 viermotorige Bom⸗ e zu 2,5 Millionen Dollar be⸗ tellt. Die Welt wird aufhorchen Direlte Aebertragung der Diympiſchen Spiele durch einen Fernseher Berlin, 27. Dez. Im Rahmen einer techniſchen Feierſtunde fand im Fernſehlaboratorium des Reichs⸗ poſtzentralamtes die Wiederinbetriebnahme des Fernſehſenders Berlin⸗Witz⸗ leben ſtatt. Wie bekannt, waren ſeinerzeit bei dem Brande der Berliner Funkausſtel⸗ lung auch die Fernſehanlagen in Witzleben zum großen Teil vernichtet worden. Im Rahmen der Eröffnungsfeier erklärte Ober⸗ poſtrat Diplomingenieur Flanze, deutſche Schaffenskraft habe in denkbar kürzeſter Zeit einen Schaden wettgemacht, der nicht nur die Pioniere des Fernſehens betraf, ſondern auch einen Verluſt für das Volksganze dar⸗ ſtellte. Er übergab die neuen Anlagen im Namen des Reichspoſtminiſters dem Reichs⸗ miniſterium für Volksaufklärung und Pro⸗ paganda für den Betrieb durch die Reichs⸗ rundfunkgeſellſchaft. Hierauf übernahm Miniſterialrat Demann im Auftrage von Dr. Goebbels den neuen Jernſehſender„Paul Nipkow“ Berlin für den Programmbetrieb durch die Reichsrundfunkgeſellſchaft. Er betonte, daß es das Beſtreben des Reichspoſtminiſters ſei, an dem großen Ziele fördernd und hel⸗ fend mitzuwirken, damit alle deutſchen Volksgenoſſen an dem Erfolge deutſcher Gei⸗ ſtes⸗ und Schaffenskraft teilnehmen könnten. Am 15. Januar 1936 werde die Reichsrund⸗ funkgeſellſchaft die Darbietungen auf dem Gebiete des Fernſehens wieder eröffnen. Der ſtellvertretende Reichsſendeleiter Boeſe, der im Namen des Reichsſendelei⸗ ters und der Reichsrundfunkgeſellſchaft für VCCCCFCCFFCCCCCCCcccccccccccccc derten Diviſion auf und in der näheren Um⸗ gebung der Truppenübungsplätze Münſter und Grafenwöhr. An anderen größeren Sonderübungen ſind zu erwähnen: Je eine Aufklärungsübung in Oſtpreußen und beim Kraftfahrkommando Berlin, eine Sperr⸗ und Aufklärungsübung motoriſierter Ver⸗ bände beim Wehrkreis 7. eine Führer⸗ und Nachrichtenrahmenübung in Schleſien, ein Lehr⸗ und Verſuchsſchießen auf dem Trup⸗ penübungsplatz Jüterbog. Der Umarbeitung alter und der Heraus⸗ gabe neuer Vorſchriften wird ſeit Kriegs⸗ ende große Aufmerkſamkeit gewidmet. Alle Kriegserfahrungen, alle Erfahrungen des Auslandes, ſoweit ſie zugänglich ſind, wer⸗ den nach genauer Nachprüfung am Schreib⸗ tiſch und bei der Truppe in ihnen verarbei⸗ tet. In dieſem Jahre ſind an Ausbildungs⸗ vorſchriften: die Ausbildungsvorſchrift für die Infanterie(Einzelausbildung und Gruppe), der Pionierdienſt aller Waffen, die Fahrvorſchrift(Fahren vom Bock) und an Verwaltungsvorſchriften: die Urlaubs⸗ ordnung, die Anzugsordnung und die Wehr⸗ machtverwaltungsvorſchrift erſchienen. Die Beziehungen zu fremden Heeren wurden ſorglich gepflegt. 52 fremdländiſche Offiziere waren für längere oder kürzere Zeit zum Heere kommandiert. Außerdem wohnten mehr als 30 fremde Offiziere an einzelnen Tagen dem Dienſt bei oder beſichtiaten Hee⸗ reseinrichtungen. Den Geſandtſchaften in Budapeſt, Belgrad und Heiſingfors wurden Militärattaches neu zugeteilt. Der Militär⸗ attache in Finnland iſt zugleich für Schwe⸗ den, Norwegen, Dänemark, Eſtland und Lettland, der für Ungarn auch für Bulga⸗ rien bevollmächtigt. Für das Jahr 1936 rüſtet ſich das Heer, zahlreiche Gäſte zur Olympiade zu emp⸗ fangen. Es hat ihnen auf dem Truppen⸗ übungsplatz Döberitz ein eigenes Dorf er⸗ richtet und einen erfahrenen Offigier als Kommandanten eingeſetzt. ich im Kampf gegen Hunger und Kälte ſteht die Wehr⸗ macht bekanntlich mit an erſter Stelle. Das Jahr 1935 klingt für die Mehrzahl der jungen Soldaten fröhlich aus. Zum er⸗ ſten mal winkte zu Weihnachten oder Neu⸗ jahr Urlaub. Voll Stolz werden ſie im feld⸗ grauen Rock durch die Straßen des Heimat⸗ ſtädtchens, des Heimatdorfes ſchreiten, voll Stolz werden ſie vor Vater und Mutter tre⸗ ten. Sie werden nichts dagegen haben, wenn man ſie ein wenig verwöhnt und be⸗ wundert. Dann aber werden ſie mit friſchen Kräften in ihre Standorte zurückkehren und mit verdoppeltem Eifer ihren Dienſt tun. Sie wiſſen: 1936 wird hohe Anforderungen an ſie ſtellen, als das Jahr, in dem zum erſten Mal ein ganzer Jahrgang junger Deutſcher in noch nicht 12 Monaten au voll⸗ wertigen Soldaten merden ſol. die Ermöglichung des Programmbetriebes dankte, wies in ſeinen Ausführungen u. a. auf die zukünftige Programmgeſtaltung hin und hob hervor, daß alle Kräfte, die am Ausbau des Fernſehens mitarbeiteten, das Programm derartig geſtalten würden, daß i m kommenden Olympiajahr 193 6 alle Völker aufhorchen werden. Wie es im Rundfunkprogramm einen Zeitfunk, ein Echo des Tages oder der Woche gebe, ſo werde mittels des heule be- kriebsfertig zur Verfügung geſiellten Ton⸗ und Bildſenders ein Bildberichidienſt einge⸗ richtet werden, für den das Olympiqjahr ein nahes Jil weiſe: die direkte Ueberlragung der Kampfſpiele vom Reichsſporlfeld in den Auguſttagen des kommenden Jahres. Die Förderung der Siedlung Die Reichsmittel, die ſeit dem Umbruch des Jahres 1933 für die Kleinſiedlung zur Verfügung geſtellt worden ſind. erreichen eine beträchtliche Höhe. Während in den Jahren 1931 und 1932 insgeſamt 83 Millio⸗ nen RM e für dieſe Zwecke bereitgeſtellt wur⸗ den, hat das Reich allein im Jahre der Machtergreifung insgeſamt 112,25 Millionen RM ein- geſetzt. Die Zahl der Kleinſiedlungen, die auf dieſe Weiſe ſeit dem Umbruch des Jahres 1933 neu geſchaffen oder in Angriff genommen werden konnten, beträgt etwa 50 000. Die neu bereitgeſtellten Mittel für dieſen wichtigen Zweck ermöglichen, vor⸗ ausgeſetzt, daß die erforderlichen zuſätzlichen Mittel auf dem privaten Kapitalmarkt be⸗ ſchafft werden können, für das Jahr 1935 bis 1936 ein kleines Siedlungsprogramm, das zahlenmäßig mehr Siedlerſtellen um⸗ faßt als in den vier vorangegangenen Sied⸗ lungsabſchnitten errichtet worden ſind. Dieſe Feſtſtellungen, die Reichsarbeitsminiſter Seldte über ſeine„Sozialpolitik im Dritten Reich“ trifft, werden noch ergänzt durch die erfreulichen Ergebniſſe der Förderung des Eigenheimbaues, die gleichfalls der Verbindung der Bevölke⸗ rung mit dem Boden dient. Die Zahl der beförderten Eigenheime beträgt insgeſamt rund 30 000. Ueberwachung der Reichsmittel für Bauern- ſiedlungen. Berlin, 27. Dez. Zur Klarſtellung von Zweifelsfragen teilt der Reichs⸗ und preu⸗ ßiſche Miniſter für Ernährung und Land⸗ wirtſchaft mit, daß nach dem klaren Wort⸗ laut der Richtlinien für die landwirtſchaft⸗ liche Siedlung die Deutſche Siedlungsbank berechtigt iſt, die ordnungsmäßige und zweckentſprechende Verwendung der Sied⸗ lungskredite nachzuprüfen. Es beſtehe für die Deutſche Siedlungsbank die verantwort⸗ liche Pflicht, die ſachgemäße Verwendung der vom Reich für die Neubildung deutſchen Bauerntums bereitgeſtellten Mittel in je⸗ dem Fall zu überwachen. 9 S In kurzen Worten Bei Groß⸗Heringen in Thüringen fuhr am Heiligen Abend ein Schnellzug in einen Per⸗ ſonenzug. 33 Perſonen wurden getötet, 17 ſchwer und viele leicht verletzt. Der Lokomo⸗ tioführer des D⸗Zuges hatte zwei Halte⸗ ſignale nicht beachtet. Der Führer feierte im Hotel Wagner in München mit 1200 der älteſten Kämpfer die traditionelle Weihnachtsfeier. Miniſterpräſident Göring und ſeine Gat⸗ tin beſcherten am Nachmittag vor dem Hei⸗ ligen Abend 500 Berliner Kinder. Der Berliner Gauleiter, Reichsminiſter Dr. Goebbels ließ als Weihnachtsgeſchenk der SA⸗Gruppe Berlin⸗Brandenburg ein Oelgemälde Horſt Weſſels überreichen. Eden übernahm die Amtsgeſchäfte im eng⸗ iſchen Auswärtigen Amt, nachdem er am Tage vorher vom König vereidigt worden war. Es wird beſtätigt, daß die Türkei, Grie⸗ and und Jugoflawien auf die engliſche mfrage betr. die Hilfeleiſtung im Mittel⸗ meer befriedigend geantwortet haben. Die Antwort Spaniens ſteht noch aus. Die franzöſiſche Kammer trat am Don⸗ nerstagnachmittag in die zweite Leſung der Geſetzesvorlage über die Kampfbünde ein. Der frühere ſtellvertretende Außenminiſter und jetzige ſtellvertretende Verkehrsminiſter der Nankingregierung, Tangyuſen, wurde am Donnerstagnachmittag in ſeiner Woh⸗ nung in der franzöſiſchen Niederlaſſung von nghai ermordet. In der Nähe von Hſütſchau in der Pro⸗ vinz Setſchuan(China) ſtieß ein Schnell⸗ zug mit einem Güterzug zuſammen. Drei Perſonen wurden getötet, ſieben ſchwer ver⸗ letzt Der Schuldverdacht richtet ſich gegen den Führer des Schnellzuges, der zuſammen mit dem Heizer geflohen iſt. Schweres Eiſenbahnung lic D-Iug in Thüringen in Perſonenzug ge⸗ fahren.— 33 Tote, 17 Schwerverletzte, viele Leichtverletzte. Erfurt, 27. Dezember. In det Nähe des Bahnhofs Groß- Heringen in Thüringen ereignete ſich am Weihnachts- abend ein ſchweres Eiſenbahnunglück. 33 Perſonen wurden getötet, zehn Perſonen ſchwer verletzt, ſieben erlitten mittelſchwere Jerletzungen. Der d 44 Berlin— Baſel ſtieß bei der Einfahrt in den Bahnhof Groß- He ringen auf den ausfahrenden Perſonenzug 325 Erfurt Leipzig. Der Lokomotivführer Kurt Dechant, der ſchwerverleizt im Naum⸗ burger Krankenhaus liegt, hat zugegeben, daß die Halteſignale einwandfrei auf Halt zeigten. Die Bergungsarbeiten, zu denen Mi⸗ Rtär. SA und Arbeitsdienſt eingeſetzt wur⸗ den, ſind ſchnell und vorbildlich durchgeführt worden. Die Reichsbahndirektion Erfurt teilt dazu mit: Perſonenzug 825 wird planmäßig in Sroß⸗Heringen von dem FD 111 überholt und muß bei der Ausfahrt das Gleis der Gegenrichtung Halle—Erfurt kreuzen. D 44 überfuhr das auf Halt ſtehende Vor⸗ und Einfahrtſignal des Bahnhofs Groß⸗Nerin⸗ gen und damit dem durch dieſe Signalſtel⸗ lung einwandfrei geſicherten ausfahrenden Perſonenzug 825 in die Flanke. Durch die Abhängigkeit der Stellwerksanla⸗ gen iſt feſtgeſtellt, daß bei der Ausfahrt die⸗ ſes Zuges das Einfahrtsſignal nicht auf Fahrt gezogen werden kann. Bei der unmit⸗ telbar nach dem Unfall vorgenommenen Prü⸗ fung des Stellwerks iſt feſtgeſtellt, daß die Anlagen ordnungsgemäß arbei⸗ teten. Bei dem Juſammenſtoß wurden ſieben Perſonenwagen des Perſonenzuges zer⸗ trümmert. Einer fiel dabei in die Saale. Die Perletzten wurden von der Univerſi⸗ tätsklinik Jena, den Krankenhäuſern Apolda und Naumburg dufgenommen. Durch den Krach des Zuſammenſtoßes eilten ſofort Sa— nitätsabteilungen, Polizei und Einwohner des Ortes Unter⸗Neuſulz herbei. Kurz dar⸗ auf erſchienen die vom Bahnhof-Groß⸗He⸗ ringen angeforderten Sanitätsabteilungen und Aerzte. Bald darauf traf Reichsſtatt⸗ halter Sauckel ein. Von der Reichsbahn wur⸗ den Hilfszüge von Weimar, Erfurt. Weißen⸗ fels und Halle an die Unfallſtelle geleitet und die Beſeitigung der ſieben beſchädigten Wagen und der zwei beſchädigten Lokomo⸗ tiven des D 44 und des Perſonenzuges 825 ſowie die Bergung der Toten und Verwun⸗ deten in den Perſonenwagen durchgeführt. Der Generaldirektor der Reichsbahn, Dr. Dorpmüller, traf noch in derſelben Nacht um 3 Uhr mit mehreren Herren an der Unfallſtelle ein. Er beſuchte am 25. De⸗ zember früh die Schwerverletzten in den Krankenhäuſern. Dr. Dorpmüller hat den Präſidenten der Reichsbahndirektion Er⸗ furt beauftragt, alle Sofortmaßnah⸗ men zu ergreifen, die in der Lage ſind, die Not der Verletzten und die Sorge der Hin⸗ terbliebenen der Toten wirtſchaftlich und ſee⸗ liſch zu lindern. Weitere Einzelheiten Das Unglück nahm vor allem deshalb ſo ſchwere Formen an, weil der Juſammen⸗ ſtoß ſeine höchſte Wucht gerade auf der Sdalebrücke erreichte. So fkürzte ein Wagen des perſonenzugs in den Fluß, der an dieſer Stelle etwa drei Meter tief iſt. Die dort geborgenen Toten werden, ſoweit ſie nicht durch den Sturz getötet wurden, zum größten Teil ertrunken ſein. Mehrere Wagen des Perſonenzuges wur— den ineinandergeſchoben. Die Oberteile der Wagen löſten ſich von den Fahrgeſtellen, die zu einer mit Holzteilen vermengten un- förmigen Maſſee von eiſernen Schie⸗ nen, Stangen und Rohren zuſammenge⸗ drückt wurden. Ein Wagenoberteil wurde in die Höhe gehoben und legte ſich quer auf die Vorſpannmaſchine des D⸗Zu⸗ ges. Ein Güterwagen blieb umgekippt und zur Hälfte über dem Waſſer ſchwebend auf der Brücke hängen. In verzweifelter Lage Ein Mann, der in dem Perſonenzug ſaß, wurde bei dem Zuſammenprall durch das Wagendach hindurchgeſchleudert und fiel auf das Geländer der Brücke. Dort hielt er ſich erwa 20 Minuten feſt. Man konnte durch das Eiſengewirr nicht an ihn herankommen, ſodaß er ſich ſchließlich in die Saale her · unkerfallen ließ. Der Sturz blieb für ihn wunderbarerweiſe ohne Folgen, ſodaß er ſchwimmend das Ufer erreichen konnte. Er beteiligte ſich dann noch an den Rettungsarbeiten, vor allem, um ſeine Frau zu ſuchen, die aber leider zu den Toten zählte. Schuld des Lolomotivführers Zur Schuldfrage wurden ſelbſtverſtändlich bereits eingehende Ermittlungen angeſtellt. Es herrſchte am Dienstagabend ein überaus ſtarker Feiertagsverkehr. Der D⸗Zug 44 ver⸗ kehrte in drei Teilen. Der erſte Teil war be⸗ reits fahrplanmäßig durch. Der zweite Teil, der das Unglück verurſachte, kam mit 20 Minuten Verſpätung. Anſcheinend hat der Lokomotivführer dieſe Verſpätung einholen wollen und hal es da⸗ durch an Aufmerkſamkeit fehlen laſſen. Er hat, woe die bisherigen Ermittlungen erge⸗ ben haben, das Halkeſignal ſowie das 1000 Meter davorſtehende Vorſignal nicht beach- let, die beide einw⸗ anf“ ſtanden. Dieſer Tatbeſtand Lokomo- kivführer Kurt Dechant, der ſchuver verletzt im Naumburger Krankenhaus liegt, zugege⸗ ben. Die Bergungsarbeiten Die Bergungsarbeiten ſetzten bereits kurz nach dem Unglück ein. Der Kataſtrophen⸗ wagen des Reichsarbeitsdienſtes Weimar, der auf Anordnung des Reichs⸗ ſtatthalters herbeigerufen worden war, traf bereits gegen 20.30 Uhr an der Unglücks⸗ ſtelle ein, und auch die vier Hilfs züge der Reichsbahn waren ſchnell zur Stelle Im Lichte von Scheinwerfern arbeiteten alle Be⸗ teiligten fieberhaft, um die Trümmer weg⸗ räumen und die Verunglückten bergen zu können. SA und Arbeitsdienſt konnten um 3 Uhr früh zurückgezogen werden. da die eingeſetzten techniſch geſchulten Bergungs- kräfte voll ausreichten. Die Pioniere aus Rieſa, die mit Ponton-Geräten am Mittwoch gegen 14 Uhr eintrafen. hatten bereits bis 17 Uhr 6 Tote geborgen und ſetz⸗ ten ihre Arbeiten in der Nacht zum Donners⸗ tag ſowie am Donnerstag fort. Auch Mann⸗ ſchaften des Artillerieregiments Nr. 14 aus Naumburg leiſteten wertvolle Hilfe. Die Toten ſind im Leichenſchauhaus Groß⸗ Heringen würdig aufgebahrt. Im Laufe des Mittwoch erſchienen Reichsſtatthalter Sauckel und Miniſterpräſident Marſchler er⸗ neut in Groß⸗Heringen. Der zuſtändige Gau⸗ amtsleiter der NSW ſtellte ſofort 10 000 Mark für die Linderung der erſten Not zur Verfügung. Velleid des Führers Der Führer, dem noch am Heiligen Abend von dem ſchweren Eiſenbahnunglück bei Groß⸗ heringen Mitteilung gemacht worden war, hat ſofort an Reichsſtatthalter Sauckel in Wei⸗ mar folgendes Telegramm gerichtet. „Tieferſchüttert durch die Nachricht von dem ſchweren Eiſenbahnunglück bei Großheringen am Weihnachtsabend bitte ich Sie, den Hin⸗ terbliebenen der Todesopfer meine herzlichſte Anteilnahme und den Verletzten meine Wün⸗ ſche für ihre Geneſung zu übermitteln. Adolf Hitler.“ Der Führer ließ ſich ferner über den weite⸗ ren Gang der Rettungsarbeiten laufend Be⸗ richt erſtatten. Weihnachtsſriede in Deutſchland Die Anſprache des Skellvertreters des Jüh⸗ rers an die Volksgenoſſen im Inland und im Ausland. Es iſt zum ſchönen Brauch im neuen Deutſchland geworden, daß in diefer feierli⸗ chen Stunde des Jahres eine deutſche Stimme durch den Aether ſchwingt— über alle Länder und Meere und Völker hin⸗ weg— und alle Deutſchen auf der Welt eint in gemeinſamem Gedenken. Wir in der Heimat, in der jetzt über⸗ all die Herzen der geweihten Nacht bren⸗ nen und die Glocken auren, die deutsche Meiſter gegoſſen, wir daheim, die wir einen beſchirmten Frieden genießen, wir geden⸗ ken unſerer Landsleute fern der Heimat. Ueber die Grenzen hin geht mein Wort. Es ſoll jedem Deutſchen auf der Welt ſagen: die Heimat denkt dein! Zugleich aber weiß ich, daß Ihr, meine Landsleute in der Ferne, in Gedanken bei uns ſeid und der Heimat ſagen wollt: Wir haben teil an der deutſchen Weihnacht. So erleben wir gemeinſam den Heiligen Abend. Aus dieſer Einheit der Herzen formt ſich jene Kraft. die Deutſchlands Führer ſo reich und mächtig macht, das ſchwere Amt der Führung unſeres Volkes auf ſich zu nehmen. „Wenn abermals Weihnacht iſt in Deutſch⸗ land“ ſo ſagte ich heute vor einem Jahr, „können wir wiederum ſtolz, glücklich und dankbar ſein, ihn— Adolf Hitler— zum Führer zu haben. Ihm werden wir danken, daß die Kinder eines friedlichen Deutſch⸗ lands auch dann in Frieden ſingen werden von einer ſtillen, heiligen Nacht.“ Jeder Deutſche weiß es, daß diefe Hoff⸗ nung ſich erfüllte, daß ſie Wahrheit und Gewißheit wurde. Ich ahnte damals nicht, daß dieſe Weih⸗ nacht wieder Krieg in der Welt ſein werd. Ich ahnte aber auch nicht. mit wel⸗ der, Gelaſſenheit es Deutſch⸗ land bis dahin vergönnt ſein würde. inmit⸗ ten der kriegeriſchen Umwelt ſeinen friedli⸗ chen Aufbau fortzuſetzen. Denn ich konnte nicht ahnen, daß ein gütiges Schickſal es dem Führer ſobald ermöglichen würde, die Wehrfreiheit Deutſchlands zu verkün⸗ den und mit gewohnter Energie die Aufrü⸗ ſtung bis zu der hohen Vollendung voran⸗ . bis zu der ſie tatſächlich gediehen iſt. In ſolch geſichertem Frieden wie dieſes Jahr hal Deutſchland lange nicht das Feſt des Friedens begangen. Und nie hat es die⸗ ſes Feſt zugleich in ſolch innerer Harmonie, in ſolchem Frieden der Deulſchen unkerein⸗ ander begangen. Meine Gedanken ſchweifen zurück zu mancher Weihnacht vergangener Zeiten. Sie ſchweifen zurück zu den frohen Weihnachts⸗ abenden meiner Jugend in Alexandrien. Mei⸗ ne Gedanken gehen aber auch zurück zu den wehmütigſten und zugleich eindrucksvollſten Heiligen Abenden meines Lebens, die zugleich für Millionen anderer wohl ebenſo eindrucks⸗ voll waren— meiſt ebenſo wehmütig. Es wa⸗ ren die Weihnachtsabende an der Front des Großen Krieges. Bis dann 1918 die traurigſte Weihnacht Deutſch⸗ lands kam, die Weihnacht eines zuſam⸗ mengebrochenen Volkes, in innerer Auflöſung begriffen, gepeinigt durch die Schreckensnach⸗ richten aus Berlin und manch anderem Orte des Reiches, wo Volksgenoſſen gegen Volks- genoſſen ſtanden, die in Arbeiter, Soldaten, Bürger und Bauern zerfallen ſich blutige Kämpfe lieferten. Manch eine Weihnacht folgte noch. Bis eine gütige Fügung mich hinführte zu dem einen Mann, der, damals noch faſt allein, es unternahm, dem Schickſal die Stirne zu bieten. Mit der neuen Hoffnung wurden auch die Weihnachtsabende wieder froh. Aeußer⸗ lich waren dieſe Weihnachtsfeiern mit dem Führer mehr als beſcheiden, doch innerlich waren ſie reich. Hier war im Kleinen bereits die künf⸗ tige Volksgemeinſchaft verwirklicht. Oft wie⸗ derholten ſich dieſe Weihnachtsfeiern noch, bis endlich dieſe Weihnachtsfeiern der Bewe⸗ 9517 zu Weihnachtsfeiern des ganzen olkes wurden. So feiern wir auch in dieſem Jahte eine Weihnacht des neuen Reiches. Die Weihnacht einer Nation, die wieder ſelbſtbewußt und frei zwiſchen den anderen Nationen ſteht. Eine Weihnacht des Glaubens an die Zukunft, eine Weihnacht ohne Klaſſenge⸗ genſätze, eine Weihnacht der bewieſenen Opfer⸗ bereitſchaft und der Hilfe von Volksgenoſſen zu Volksgenoſſen. Denn haben auch Millionen wieder Arbeit und Brot gefunden, ſo iſt das Leben für viele noch immer kärglich, und daneben ſind Alte und Gebrechliche. Die Volksgemeinſchaft hat dieſes Jahr wieder ge⸗ ſorgt, daß niemand, der ihr angehört, hun⸗ gert oder 0 5 und daß auch in ärmliches Heim ein Lichtſtrahl dringt. Ich weiß, daß die Weihnacht bei den Aus⸗ landsdeutſchen vom gleichen Geiſte ge⸗ tragen iſt. „Sie werden folz ſein“ Aus dem Gefühl der Verbundenheit heraus kamen im vergangenen Jahre Tauſende und Abertauſende Auslandsdeutſcher in die Hei⸗ mat, vor allem auch, um teilzunehmen an den großen Feſttagen in Nürnberg. Es werden auch im nächſten Jahre wieder viele von draußen kommen, um teilzunehmen an den Olympiſchen Spielen. Und ich weiß im vorherein, daß ſie wieder ſtolz ſein werden auf die Leiſtungen der Heimat; auf das gewaltige Reichsſportfeld in Berlin, das ſeinesgleichen in der Melt nicht hat. Sie wer⸗ den auf den neuen Autobahnen des Führers fahren, die wiederum einzig daſtehen in der Welt. Sie werden ſich freuen an der Vorbildlichkeit der hundertjährigen Reichs- bahn, die die ſchnellſten Lokomoti⸗ ven der Welt ihr eigen nennt. Sie werden die neuen Flughäfen beſtaunen, mit der Unzahl modernſter dreimotoriger Verkehrs⸗ flugzeuge. Sie werden feſtſtellen, daß das Volt als Ganzes moraliſch und körper⸗ lich ſich geändert hat. Anſere ausländiſchen Gäſte werden in freu⸗ Nom Stolz den Marſchtritt von Ko- lonnen junger wlanner horen, die in der Wehrmacht ſich das ſoldatiſche Können aneig⸗ nen, mit dem ſie helfen, Deutſchland den Frieden zu ſichern. Sie werden den vor⸗ bildlichen Arbeitsdienſt in ſeinem Wirken ſehen. Ich grüße die Deutſchen überall in der weiten Welt. Ich grüße die Be ſatzun⸗ gen unſerer Schiffe auf den Meeren und ge⸗ denke der vielen, welche im vergangenen Jahre im Seemannsberuf ihr Leben ließen. Ich weiß, daß überall, wo der Chriſtbaum der deutſchen Weihnacht brennt— für uns bleibt er der Chriſtbaum, wenn auch Fremde ihn als heidniſch bezeichnen,— daß überall, wo Deutſche: im deutſcheſten aller Feſte vereint ſind, nicht nur der Heimat, ſon⸗ dern dankbaren Herzens des Mannes ge⸗ dacht wird, der für die Welt zum Inbegriff der Heimat wurde. Er wird uns weiter führen durch die An⸗ bilden der Welt, er wird ſorgen, daß auch wei⸗ ter der Friede erhalten bleibt für unſer deut⸗ ſches Volk, auf daß die Geſamtheit wie die Einzelnen in ungeſtörter Arbeit weiter aufſtei⸗ gen können, ſich und den Nachkommen eine beſ⸗ ſere Zukunft erringend. Gottes Segen war mir unſerem Volk und mit ſeinem Führer. Wir Deutſche wollen uns bemühen, auch im kommenden Jahre würdig ſeines Segens zu ſein. Weihnachten des Führers Bei ſeinen älteſten Münchener Kämpfern München, 27. Dezember. Es war eine große Familie, die ſich im Hotel Wagner zu weihnachtlicher Feier ver⸗ einigte: 1200 Männer im Braunhemd, die älteſten Kämpfer der SA und SS, ſämtliche Träger des Goldenen Ehrenzeichens, ſehr viele auch des Blutordens. Und der ſie zu Gaſt geladen und ihnen den Weihnachts- tiſch bereitet hatte, war kein anderer als der Führer ſelbſt. Wie in all den vergange⸗ nen Jahren wollte er auch heuer einige Stunden vor dem Heliigen Abend kamerad⸗ ſchaftlich im Kreiſe ſeiner alten Mitſtreiter verweilen. Der große Saal war ganz in friſches Tan⸗ nengrün gehüllt, die langen Tiſchreihen wa⸗ ren liebevoll mit Blumen und roten Kerzen geziert und jeder Gaſt fand an ſeinem Platz die feſtlich verpackten Gaben, die ihm der Führer gewidmet hatte. Der Dank an Adolf Hitler, daß er ſo ſei⸗ ner Getreuen gedacht, daß er vor allem ge⸗ kommen war, ſie perſönlich zu beſchenken, fand ſeinen Ausdruck ſchon in den Stürmen der Begeiſterung, mit denen gegen 13 Uhr der Führer von den 1200 empfangen wurde. Adolf Wagner ſprach im Namen aller, wenn er aus vollem Herzen dankte und dem Füh⸗ rer ganz beſonders aus dem Traditionsgau die koſtbarſte Weihnachtsgabe darbot: die Liebe, die Treue und das unendliche Ver⸗ trauen des ganzen deutſchen Volkes. Als dann der Führer ſelbſt das Wort ergriff, wollten die Kundgebungen der Jreude und der Juſtimmung kaum ein Ende nehmen. Adolf Hitler gab ſeinen allen Mit⸗ kämpfern einen Einblick in die bedeutendſten Geſchehniſſe des abgelaufenen Jahres und die großen Aufgaben, die die Zukunft an die geſamte Nation und namentlich an die alten Parfeigenoſſen ſtellen werde. Er fand gute und herzliche Worte für die Männer, die mit ihm die ſchwerſte national⸗ ſozialiſtiſche Kampfgeſchichte verkörpern. Worte der Kameradſchaf“*( Führer nach mehreren Stunden des Beiſammenſeins Abſchied nahm, ließ er den Teilnehmern mit der Erinnerung an dieſes Weihnachten das ſchönſte Geſchenk zurück, er aber nahm, wie es Gauleiter Wagner ſagte, mit, was ihm längſt gehört: das geſunde und ſtarke Herz ſeiner Münchener Haudegen. Sabotageakt aufgeklärt Geſtörte Abertragung einer Führerrede 1933 Stuttgart, 27. Dezember. Dem württembergiſchen Politiſchen Lan⸗ despolizeiamt gelang es in den letzten Ta⸗ gen, einen kommuniſtiichen Sabotageakt auf⸗ zuklaren der ſeinerzeit großes Aufſehen er⸗ regt hat. Als der Führer am 15. Februar 1933 zum erſten Male nach ſeiner Er⸗ nennung zum Reichskanzler in Stuttgart in der Stadthalle ſprach, wurde die Rundfunk⸗ übertragung dieſer Rede unterbrochen. Die Unterſuchung ergab, daß das lebertra⸗ gungskabel in der Werder⸗Straße mit einem Holzbeil durchſchlagen worden war. Als Täter wurden nunmehr ermittelt: der 35jährige Alfred Däuble, der 35jährige Her⸗ mann Medinger, der 32jährige Wilhelm Bräuninger, der 30jährige Eduard Wein⸗ zierl: Urheber des Sabotageaktes iſt der 23. jährige Kurt Hager, während der 35jährige Ingenieur Rudolf Futterknecht als techni⸗ ſcher Berater mitwirte. Die Beſchuldigten ſehen ihrer gerechten Beſtrafung entgegen. Ein Toter, ſechs Verletzte beim Nangieren. Regensburg, 27. Dez. Im Hauptbahnhof Regensburg fuhr beim Anhängen einiger Eil⸗ gut⸗ und Perſonenwagen an den Perſonen⸗ zug Regensburg—Paſſau die Rangierabteilung ziemlich heftig auf den Perſonenzug auf. Durch den Aufprall wurde der 69 Jahre alte Stu⸗ dienprofeſſor Friedrich Rieger aus Straubing, der eben in den Perſonenzug einſteigen wollte, vom Trittbrett heruntergeſchleudert und ſo unglücklich zwiſchen die Gleisanlage und die Bahnſteigmauer geworfen, daß er einen ſchwe⸗ ren Schädelbruch davontrug, dem er erlegen iſt. Sechs Reiſende erlitten leichtere Verletzun⸗ qen. inige rab eitet Tan⸗ wa⸗ den lat der ſei⸗ u ge⸗ len, men Uhr rde. enn ih. 1 Jie er · bott et ide Mil- ſten und die len die nal erk, ter ins mit ds wie hm erz 01 . 15. el lat 14 Nachdruck verboten. Was hat er denn nur?, dachte Doktor Wenczliczek er⸗ ſtaunt. Er ſah, wie Mackenroth niederkniete und haſtig die großen Zweige beiſeite ſchob. Plötzlich trat auch Wenczliczek aufgeregt näher. Was war denn das? Die Stute war doch ein großes Tier geweſen. Man mußte doch jetzt ſchon irgend etwas von ihr ſehen: die Beine, den Kopf, den Rücken? Eckehard arbeitete fieberhaft, um die Zweige beiſeite zu ſchieben. Nun lag der Platz ziemlich frei. Nichts war zu ſehen. Unter den Zweigen war nichts als der Erd— boden. Er trug Spuren, wie wenn ein ſchwerer Gegen⸗ ſtand fortgeſchafft worden wäre. „Mahlzeit!“ ſagte Doktor Wenczliezek.„Und dazu haben Sie mich hierhergerufen, damit ich mir dieſe leere Stelle anſehe?“ Eckehard ſtand auf. Tonlos ſagte er: „Alſo doch!“ Wenczliezek ſah ihn fragend an: „Wie meinen Sie?“ Schneidend kam es aus Eckehards Mund: „Alſo doch ein Verbrechen! Ich habe bis jetzt nicht reden wollen, Herr Doktor! Und auch jetzt bitte ich Sie, als ärztliches Geheimnis zu betrachten, was ich Ihnen erzähle. Man hat unter dem Stroh der krepierten Stute eine Tüte gefunden. Ich habe ſie bei mir aufbewahrt. Ich habe einen Verdacht, daß man das Tier mit einem be⸗ ſtimmten Gift umgebracht hat. Dann hat irgend jemand von meiner Abſicht, das Tier heute noch durch Sie obdu⸗ zieren zu laſſen, Kenntnis bekommen und hat es beiſeite geſchafft. Derjenige aber, der das getan hat, iſt auch der Täter. Wollen Sie mir einmal in meine Wohnung folgen. Ich habe dort die Tüte und auch den Reſt des darin befindlichen Pulvers aufbewahrt.“ „Aber das iſt doch— aber das iſt doch...“, meinte Wenczliczek ganz aufgeregt.„Das wäre ja eine himmel⸗ ſchreiende Schweinerei.“ Zweiundzwanzigſtes Kapitel. Schweigend gingen die beiden Männer Eckehards Woh⸗ nung zu. Der Hof lag menſchenleer und ſtill. Nichts regte ſich in den weiten Wirtſchaftsräumen. Eckehards Zimmer lagen zu ebener Erde in dem großen Inſpektorhaus. Die Fenſter waren geöffnet. Eckehard knipſte die Lampe an und bat den Arzt, Platz zu nehmen. Dann holte er aus ſeinem Schreibtiſch die Reſte der Tüte und die Reſte des weißlichen Pulvers. „Wollen Sie das zuerſt einmal anſehen, Herr Doktor. Ich möchte Ihr Urteil hören, ehe ich eine Vermutung äußere.“ Doktor Wenezliczek zog eine Lupe aus der Taſche und beſah aufmerkſam die winzigen weißen Kriſtalle. Dann führte er das Papier mit ihnen zur Naſe, roch daran. „Kleeſalz!“ ſagte er lakoniſch. „Alſo hat man das Tier mit Hilfe von Kleeſalz um⸗ gebracht!“ Der Tierarzt ſah geradezu entſetzt aus. „Aber ſo etwas iſt doch unmöglich! Eine ſolch große Schurkerei gegenüber einem unſchuldigen Tier! Und doch, jetzt, wo Sie mir dieſen Verdacht nahebringen, Herr von Mackenroth, wird mir verſchiedenes klar. Der geſtrige Be⸗ fund war doch ſehr undurchſichtig; ich konnte die ver⸗ ſchiedenen Symptome bei dem Gaul nicht recht in Zu⸗ ſammenhang miteinander bringen. Nun wird mir der ganze Zuſtand des Tieres nachträglich klar. So eine ver⸗ dammenswerte Schurkerei! Wer kann das nur getan haben?“ „Derſelbe, der das Tier nun fortgeſchafft hat, ehe Sie. den Tatbeſtand nachweislich feſtſtellen konnten, verehrter Herr Doktor!“ war Eckehards bittere Antwort.„Und ich werde nicht ruhen, bis ich die Halunken erwiſcht habe, die bier unſer beſtes Viehmaterial zuſchanden machen. Noch morgen früh werde ich das einzige Beweisobjekt, die Tüte mit dem Reſt Gift, der Kreispolizei überbringen. Hoffent⸗ lich kommen wir der Entdeckung bald nahe.“ Kopfſchüttelnd entfernte ſich der Tierarzt mit Ecke⸗ hard. Bald darauf fuhr das Auto wieder in die Nacht hinaus. Doktor Wenczliezek mußte ja von Eckehard nach Hauſe gebracht werden. Sorgenvoll ſah Eckehard beim Vorbeifahren am Herrenhaus zu dem ſchwachen, ver⸗ hängten Licht, das aus einem der Fenſter ſchimmerte. Es war das Krankenzimmer Barbaras. Wie ſehnſüchtig wünſchte er, noch etwas zu erfahren über Barbaras Be— finden! Ob ſie wohl ſchon aus der tiefen Ohnmacht er⸗ wacht war? Hätte er doch Magdalena ſprechen können! Aber deren Fenſter waren dunlel. Sie ſchlief wohl ſchon. Und noch jemanden aus dem Schlaf klingeln, das wagte er nicht. Wie hätte das auch ausgeſehen, wenn er mitten in der Nacht ſich nach Barbaras Ergehen erkundigt hätte!? Doktor Wenczliczek ſaß neben ihm im Wagen. Er war ob der geheimnisvollen Ereigniſſe ſehr aufgeregt. Aber zu ſeinem Leidweſen ſchwieg Eckehard undurchdringlich. Das Geſchwätz Wenczliczeks war unerträglich. Sein Herz war ſo ſchwer von Sorge und auch von Empörung. Er fühlte ſich jetzt doppelt verantwortlich für Barbara von Wer konnte wiſſen, was für An⸗ Stechows Beſitztum. ſchläge noch geplant waren? Wenn man nur erſt heraus hatte, wer der Schurke war, der hier ſyſtematiſch an dem Ruin des Gutes arbeitete. Denn das war Eckehard klar geworden— dies war nur ein Anfang. Wenn man dem Burſchen nicht bald das Handwerk legte, würde die Sabo— tage weitergehen. Dunkle Kräfte waren hier am Werk. Warum und wozu?, er wußte es noch nicht. Doktor Wenczliczek gab es auf, ſich mit dem ſchweig⸗ ſamen jungen Inpektor zu unterhalten. So fuhren ſie ſtumm durch die Nacht. Ab und zu heulte die Hupe des Wagens warnend auf, wenn ſie einen Weg kreuzten. Die Scheinwerfer leuchteten die Strecke ab, aber alles war voll⸗ kommen ſtill. Doktor Wenczliczek hatte ſich zum Troſt eine geliebte Pfeife angeſteckt und paffte große Rauchwolken vor ſich hin. Schließlich verſank er in einen tiefen Schlaf und er⸗ wachte erſt, als Eckehard vor dem Doktorhaus hielt. Es war inzwiſchen ſchon zwei Uhr geworden. „Wollen Sie nicht für den Reſt der Nacht zu mir her⸗ aufkommen, Herr von Mackenroth?“ fragte der Doktor. „Sie können doch ſchließlich nicht egal weg hier hin und her karriolen. Ich nehme an, Sie wollen morgen mit dem früheſten beim Polizeiamt Anzeige erſtatten.“ Einen Augenblick war Eckehard verſucht, das freund⸗ liche Angebot Wenczliezeks anzunehmen. Er war wirklich nach all dieſen Aufregungen ſchwer ermüdet. Und jetzt in der Nacht konnte man doch nichts beginnen. Aber er hatte keine Ruhe. Konnte man wiſſen, was ſich inzwiſchen auf Schloß Schedlowitz alles ereignen würde? Außerdem— wenn er in der Nähe von Barbara war, würde er viel⸗ leicht etwas ruhiger werden. So trieb ihn die Angſt um ſie doch wieder zurück. „Vielen Dank, Herr Doktor. Aber ich muß morgen früh ja beim Arbeitsbeginn da ſein.“ „Fleißig ſeid ihr jungen Leute— fleißig!“ Wenczliczek ſchüttelte mit dem Kopfe.„Glauben Sie mir, Herr von Mackenroth, damit macht man ſich in der Welt unbeliebt, weil man die Faulen dadurch immer an ihre Faulheit erinnert. Na, dann alles Gute!“ Eckehard jagte mit dem Wagen wieder zurück. Im Zimmer Barbaras brannte immer noch das Nachtlicht. Wie mochte es ihr gehen? Er vertraute auf die geſunde Kraft ihrer Natur. Sie würde ſich gegen die Todesgefahr doch durchſetzen müſſen. Leiſe, um die Kranke nicht zu ſtören, fuhr er mit dem Wagen an Schloß Schedlowitz vorbei und in den Hof. Die Garage hatte er offen gelaſſen. Bald war das Auto ein⸗ geſtellt. Nun ſpürte er erſt, wie furchtbar müde er war. Die Glieder waren ihm wie Blei. Sein Kopf war voll⸗ kommen leer. Es war zuviel geweſen in dieſen Tagen. Und nun hatte er nur noch wenige Stunden Schlaf bis zum Morgen. Um einhalb ſechs Uhr wollte er wieder auf den Beinen ſein. Er machte in ſeinem Zimmer Licht und begann ſich auszuziehen. Pedantiſch, wie er in Dingen der Ordnung war, räumte er trotz der Müdigkeit noch die Schriftſtücke und Akten zuſammen, die auf ſeinem Schreibtiſch lagen. Wie er ſie in die Schreibtiſchſchublade ſtecken wollte, ſtutzte er. Der Schlüſſel ſchloß doch nicht ordentlich? Was war denn mit dem Schloß? Das ging ja heute ſo ſchwer auf? Er ſteckte den Schlüſſel wieder hinein. Er mußte mit Gewalt rütteln und drehen. Endlich gab es nach. Er öffnete. Ein unterdrückter Laut des Zorns kam von ſeinen Lippen. Es mußte jemand an dem Schreib— tiſch hantiert haben. Die verräteriſche Tüte mit der Auf⸗ ſchrift„Kleeſalz“ war fort. Ebenſo das kleine Papier mit dem Reſt der giftigen Kriſtalle. Eckehard überlegte fieberhaft. Was war zu tun? Im Augenblick nichts. Er mußte den Morgen abwarten, dann würde er Mitteilung bei der Polizei machen. Aber er mußte auch Oberinſpektor Rockeſch benachrichtigen von dem, was hier geſchehen war. Es widerſtand ihm plötz⸗ lich. Vielleicht konnte er dieſe Benachrichtigung hinaus⸗ ſchieben und ſie der Polizei überlaſſen. Er konnte ſich nicht helfen. Er hatte das Gefühl, daß unter Umſtänden hier irgend jemand den Ermittlungen der Polizei entgegen⸗ arbeiten könnte. Er legie ſich hin, mußte jetzt ſchlafen. Zwei Nächte waren bereits um die Ohren geſchlagen. Auf die Dauer war das auch für ihn zu biel. Und er mußte für die nächſten Tage friſch ſein. Man konnte nicht wiſſen, was alles noch kommen würde. Kaum hatte er ſich hingelegt, als die ſolange zurück⸗ gedrängte Müdigkeit ihn gleich ſchwer überfiel. Er ſank in einen tiefen Schlaf. Alles verging— die angſtvolle Sorge um die geliebte Frau, das Grübeln über die ge— heimnisvollen Ereigniſſe hier auf Schloß Schedlowitz, das Bewußtſein der Außenwelt. Das Licht in ſeinem Zimmer war längſt verloſchen, als ſich am Fenſter vorbei eine ge— bückte Geſtalt ſchlich. Sie ſpähte aufmerkſam durch die vor— gelegten Fenſterläden. In dem grünen Holz waren kleine Herzen ausgeſchnitten. „Alles dunkel!“ flüſterte drinnen eine Stimme. ſchläft.“ „Was hat's hien inzwiſchen gegeben?“ fragte eine in „Er andere Männerſtimme. Dann entfernten ſich die veden Geſtalten lautlos. * 4* Im Schloß ſaß die Schweſter Mechthildis in ihren weißen Ordensgewande wachend im Seſſel neben den Krankenbett. Ihr blaſſes Geſicht war matt vom Licht der verhängten Lampe beſchienen. Durch ihre dlaſſen Hände glitten unaufhörlich die Holzperlen des Roſenkranzes Jetzt richtete ſie ſich auf, ſchaute aufmerkſam auf das Krankenbett. Barbara hatte ſich geregt. Ein leiſes Stöhnen. Aber nun war es kein unartikulierter Laut mehr, Es war, als ob ſich Worte formen wollten. „Gnädige Frau“, fragte ſauft die Schweſter,„gören Sie mich?“ Die Kranke verſuchte die Augen zu öffnen. Aber es ſchien ihr noch nicht zu gelingen. Doch flüſterte ſie ſchwach, aber deutlich:„Durſt!“ 5 Schweſter Mechthildis atmete auf. Das war ſeit dem Unglücksfall das erfte Zeichen von Bewußtſein bei ihrer Patientin. Schnell nahm ſie eine Schnabeltaſſe mit Milch vom Tiſch, die dort in einem Schälchen mit Eis geſtanden hatte. Sie hielt Barbara die Taſſe an den Mund, ihren Kopf behutſam dabei ſtützend. Ein Freudenſchein glitt über das Antlitz der Schweſter. Denn Barbara trank einige Schlucke, um dann ſofort wieder in ihren Dämmerſchlaf zu verfallen. 5 Schweſter Mechthildis prüfte den Puls. Gottlob, er war kräftiger. Dann ſchob ſie der Kranken, die ſchon wieder zu ſchlafen ſchien, vorſichtig ein Thermometer unter die Achſelhöhle. Nach zehn Minuten nahm ſie es heraus Wirklich, das Fieber war gefallen. Die Kriſis ſchien glück⸗ lich auszugehen. Schweſter Mechthildis notierte die Zahl der Pulsſchläge und die Temperatur auf ihrem bereit⸗ gelegten Bogen. Dann ſetzte ſie ſich wieder wachend in den Stuhl neben die Kranke. Ein heißes Gebet ſandte ſie zum Himmel empor, daß er Barbara von Stechow erhalten möge. War doch Barbara wegen ihrer Mildtätigkeit und ihrer Fürſorge für die Armen bei allen hier unendlich beliebt. l Der Morgen dämmerte ſchon. Behutſam ſchloß die Schweſter die Vorhänge vor dem geöffneten Fenſter, damit kein Lichtſtrahl die Schläferin weckte. Traußen auf dem Gutshof begann ſchon das Leben. Man hörte die Hähne krähen. Nun wurden ein paar Scheunentore ge⸗ öffnet. Ein leiſes Rollen von Wagen klang herüber. Bald darauf klopfte es behutſam an die Schlafzimmertür. Draußen ſtand Magdalena. Ihr blaſſes, übernächtiges Geſicht zeigte: ſie hatte nicht viel Schlaf gefunden. „Wie geht es, Schweſter Mechthildis?“ Angſt und Sorge lagen in ihrer Stimme. Schweſter Mechthildis lächelte beſchwichtigend. „Ich dente beſſer! Das Fieber iſt in der Nacht ge⸗ fallen. Der Puls iſt ruhig. Frau von Stechow hat bereits einmal zu trinken verlangt. Wenn Sie ſelbſt ſehen wollen, Fräulein Gerwig?“ Behutſam ſchlich Magdalena auf den Zehenſpitzen näher. Barbaras Geſicht war ſehr bleich und wirkte mit den weißen Verbänden fremdartig. Dennoch war der Leidenszug gewichen. Die Züge ſahen entſpannter aus. Magdalena preßte die Hände zuſammen. a „Ach, wenn wir hoffen dürften, Schweſter Mechthildis!“ Schweſter Mechthildis legte tröſtend ihren Arm um die Schultern des jungen Mädchens: V „Wir wollen beten. Der himmliſche Vater wird unſere Bitte erhören.“ Dreiundzwanzigſtes Kapitel. Leiſe, wie ſie gekommen, ſchlich Magdalena hinaus. Es ließ ihr keine Ruhe. Sie wollte ſehen, ob Eckehard von Mackenroth ſchon auf wäre. Sie wollte ihm die be⸗ glückende Nachricht, daß es der geliebten Freundin beſſer ginge, ſelbſt bringen. Wie ſie herunterkam, hantierte in der Halle der alte Franz ſowie eines der jungen Stuben mädchen. Er hatte ein vergrämtes Geſicht und ſah ihr bange entgegen. „Ich glaube, Franz, wir können ruhiger ſein. Schweſter Mechthildis hat mir ganz gute Auskunft gegeben. Ich war einen Augenblick im Krankenzimmer. Frau von Stechow ſieht heute bedeutend beſſer aus.“ Ein Seufzer der Erleichterung löſte ſich von den Lippen des alten Dieners. „Gott ſei Dank, gnädiges Fräulein! Da will ich gleich der Mamſell und den anderen Beſcheid ſagen. Es hat ja heute keiner von uns ein Auge zugetan. Ich glaube, ſo viel gebetet, wie heute nacht, haben wir ſchon lange nicht.“ Magdalena reichte Franz impulſiv die Hand. „Wenn ſo viel Gebete für Frau von Stechow ge— ſprochen werden— wenn ſo viel Treue für ſie bereit iſt, dann wird der Himmel ſchon ein Einſehen haben. Ich werde dem Profeſſor in Prag gleich telephoniſch Beſcheid geben, ſowie das Poſtamt offen iſt. Jetzt laufe ich nur ſchnell einmal hinüber in den Wirtſchaftshof. Herr von Mackenroth hat ſo dringend gebeten, daß wir ihm gleich eine Nachricht zukommen laſſen ſollen. Wenn irgend etwas iſt, Franz, dann laſſen Sie mich rufen.“ Magdalena eilte durch die Halle über die Terraſſe in den Garten. Er lag unberührt und ſtrahlend in der ſommerlichen Morgenſonne. Die Vögel jubilierten, die Blumen dufteten, Falter und Bienen flogen ſommer⸗ ſelig durch die warme Sommerluft. Die prangende Schönheit der Natur tat Magdalena heute beinah weh. War es wirklich erſt zwei Tage her, daß ſie mit der Freundin hier geſeſſen, daß Barbaras teures Geſicht ihr nahe geweſen? Erſt zwei Tage ſeit jener rätſelhaften Veränderung mit Barbara? Wie jchämte ſie ſich jetzt, daß ſie in ihrem Gram über Barbaras Unfreundlichkeit der Freundin einen Augenblick gezürr! hatte! Eigentlich ſollte nie ein Menſch einem anderen, den er liebte, gram ſein. Wie ſchnell konnte das Schickſal irgendeine Kataſtrophe eintreten laſſen! Dann ſtand man hilflos da und hätte jeden liebloſen Gedanken ungeſchehen zachen mögen.(Fortſetzung gt.) * 4 Ur 3 Nachdruck verboten. „Ein Märchen..., flüſterte auch Lucia. „Aber ein lebendiges!“ antwortete er in einer Auf⸗ walung heißer Zuneigung. „Wird es dir hier gefallen, kleine Lucia?“ „Ueberall wird es mir gefallen, Dieter, wenn ich nur weiß, daß du mich liebſt— daß du in meiner Nähe biſt!“ Leiſe war die Alte hinausgegangen. Sie klapperte in der Küche mit dem Geſchirr. Da legte Dieter noch einmal den Arm um das Mädchen und zog den Menſchen, der für ihn das höchſte irdiſche Glück bedeutete, feſt an ſich heran. „Nur mutig mußt du ſein, kleine Lucia! Hörſt du?! In wenigen Tagen werde ich das Herz meines Vaters erweicht haben. Wenn er in dein ſchönes, gutes Auge blickt, dann muß er mich verſtehen! Willſt du warten?“ „Ja, ja.. flüſterte ſie heiß, und er ſchloß den ſchönen Mädchenmund mit einer Flut leidenſchaftlicher Küſſe. * 0* Als der nächſte Tag kam, hing der Nebel grau und ſchwer in dichten Schwaden auf den Wieſen. Von den herbſtlichen Blättern tropfte es, und fröſtelnd ging das Geſinde des Gregorhofes ans Tagewerk. „Der Alte hat heute einen Blick wie zehn ſaure Heringe!“ ſagte der dicke Anton. Doch Peter blieb ſtill und verzog ſein Geſicht nicht einmal zu einem Grinſen. „Weißt du ſchon“, fing Anton wieder an,„daß heute mittag der Waldhofbauer kommt. Die feine Wilka ſoll es auf unſeren jungen Herrn abgeſehen haben! Weißt du ſchon... 2“ „Ich weiß von nichts“, brummte Peter. „Du wußteſt doch geſtern abend alles!“ ſpottete die fette Stimme Antons. „Laß mich in Ruhe!“ erhitzte ſich Peter, und in ſeiner Erregung ſpuckte er ſeinen Morgenpriem auf den weißen Hemdlatz des dicken Anton. Dem ſtieg das Blut in den Kopf, und mit einem Aufſchrei des Zornes wollte er ſich auf den Miſſetäter ſtürzen. Da hörten beide die Stimme des Alten in der Küche. Und noch ehe es zur Schlacht kam, waren beide Kriegsparteien wie vom Erdboden ver⸗ ſchwunden. Um ſo lebhafter aber ging es in der Milchkammer zu. Die Jungmagd hatte das Wort. „Ich weiß es ganz genau! Der Waldhofbauer will nur ſeine Wilka, dieſes ſtolze Geſchöpf, an den Mann bringen! Das ſollte der aufgeblaſenen Eans ſo paſſen— unſeren jungen Herrn...“ „Hab dich nicht ſo— du biſt ſelbſt verliebt in den jungen Herrn!“ bemerkte giftig eine fette Magd, die gleich⸗ zeitig ihren Finger in den Rahm bohrte. Die Jungmagd ignorierte dieſen Angriff und über⸗ hörte ihn gefliſſentlich. „Ueberhaupt, der Herr Dieter! Habt ihr es nicht ge⸗ hört, was geſtern der Peter erzählte“, fing die dicke Magd wieder an.„Wird ſchon etwas dran ſein! Der junge Herr iſt einer von den Stillen— und ſtille Waſſer gründen tief!“ lachte ſie herzhaft. Ein vernichtender Blick der Jungmagd traf die Schwätzerin. Da ertönte die Stimme der alten Grete: „Macht— das Haus muß blitzen wie am Oſter⸗ ſonntag! Gegen Mittag kommt der Beſuch...“ f 1* 5 Punkt zwölf Uhr riß Anton das Hoftor auf, und der Wagen des Waldhofbauern fuhr vor die breite Tennen⸗ tür. Der alte Gregor lehnte ſich an den Türpfoſten. Er ſah aus, als habe er die ganze Nacht nicht geſchlafen. Der trotzige, entſchiedene Zug aber lag immer noch um ſeinen Mund. Heute würde es ſich entſcheiden, ob Dieter ſeinen Willen erfüllen würde, oder ob er den Mut zum Un⸗ gehorſam zeigte. Schwerfällig ging er dem gerade haltenden Wagen entgegen. Der Waldhofbauer ſtieg ächzend vom Bock und drückte Gregor ächzend die Hand. 5 Leichtfüßig ſprang dann ein weibliches Weſen aus den ſchwellenden Polſtern des Gefährts. „Das iſt ſie... Als Ihr ſie zum letzten Male ſaht, war ſie noch nicht ſo ſchön!“ ſagte der Waldhofbauer mit Stolz in der Stimme.„Heute iſt meine Wilka eine große Dame!“ Der Eifer des Vaters war gerechtfertigt. Das war wirklich eine ſchöne Frau, die jetzt vor dem alten Gregor ſtand. Rank gewachſen, wie eine Tanne, mit einem wippenden, wiegenden Gang. Man konnte es kaum glauben, daß dieſe Frau die Tochter des ſtockſteifen Waldhofbauern war. Das Geſicht des Weibes glänzte ſtolz und ſchön. Aber ein unſympathiſcher, harter Zug lag um Augen und Mund. Das war der Ausdruct einer Tigerkatze, die mit ſcheinbarem Gleichmut auf ein Opfer wartet. Die grauen Augen verrieten keine Wärme. Sie muſterten jetzt mit zwei, drei Blicken kalt und berechnend den Gregorshof, den ſie ſeit drei Jahren nicht mehr geſehen. i Sie war in der Stadt geweſen, hatte hier die Manieren und Anſichten einer Dame von Welt ſich angeeignet. Sie batte den alten Waldhofbauer viel Geld gekoſtet. Der aber beberrechteschotz: fünf Türme Ver DAN ON HH gnahb MVV CA. 5 0 2 05* 8 4, lag, Halle(Saale) hatte immer bezahlt, da er mit Affenliebe an ſeinem ſchönen Kinde hing. Wilka wußte, warum ſie heute auf den Gregorshof fuhren. Sie hatte den Jungen vom Gregorshof auch ſeit drei Jahren nicht mehr geſehen. Aber der Dieter war es auch weniger, der ſie verleitete, nach hier zu kommen. Die ſchöne Frau pfiff leiſe durch ihre blendenden Zähne. Das war noch ein wirklicher Herrenſitz. Wenn ſie daran dachte, wie verſchuldet der väterliche Hof war! Gott ſei Dank ahnte man im Dorfe nichts davon! Der Geldverleiher wohnte in Hamburg und erhielt pünktlich ſeine Zinſen. Dafür ſorgte der Waldhofbauer. Wilka mußte für ihre Paſſionen neue Gelder haben. Einen ſchönen neuen Sechszylinder wünſchte ſie ſich ſchon ſeit langer Zeit. Der alte Waldhofbauer rang ſeine Hände. Woher das Geld nehmen? Wilka hatte nur verächtlich mit ihren Mundwinkeln geſpielt. Dann hatte der Vater vorſichtig auf eine eheliche Verbindung mit Dieter hin⸗ gedeutet. Wider Erwarten hakte Wilka darauf ein. Und am Erntedankfeſt hatte ſich der Alte das Wort vom Gregorbauer geholt. Nun war die ſchöne Frau hier. Mit wenigen Blicken hatte ſie es erkannt: Hier ſteckte noch Geld, hier konnte man noch die blanken Talerſtücke mit beiden Händen zum Fenſter hinauswerfen. Dieſer Dieter, der Goldfiſch, mußte geangelt werden. Dann konnte noch alles wieder gut werden. Mein Gott, man war doch jung, man wollte doch leben! Nur gut, daß der alte Gregor nichts von dem Ge⸗ dankengang Wilkas ahnte. Er hätte in heiligem Zorn dieſe Brut vom Hofe gejagt. Gregor erfreute ſich nur an dem ſchönen Mädchen, das mit einem verlockenden Lächeln vor ihm ſtand. Gleichzeitig überſchlug er aber auch das Geſchäftliche dieſer Heirat. Sein Hof und der Hof des Waldhofbauern! Das wäre ein wahrer Ritterſitz. Nichts ahnte der Alte von dem verſchuldeten Hof des Waldhofbauern, nichts von der häßlichen Denkungsweiſe des ſchönen Mädchens. Gregors Augen gingen hin und her. Wo ſteckte denn ſein Junge? Hatte er ihm nicht geſagt, daß er zum Empfang auf dem Hofe ſein möge? Eine Unmutsfalte ſchob ſich zwiſchen die Augenbrauen des Alten. Wilka bemerkte es. Sie mußte alles tun, um Gregor in guter Laune zu erhalten. „Euer Hof iſt wirklich ein Königreich!“ fing ſie mit lockender Stimme an, und gleichzeitig griff ſie die Blicke des Bauern mit ihren Augen auf. „Dieſes wundervolle Vieh!“ Die gepflegte Hand des verwöhnten Mädchens zeigte auf die Rinder, die an beiden Seiten der Tenne in friſchgekalkten, durchlüfteten Ställen ſtanden und mit Behaglichkeit ihren Trank ſchlürften. Das Geſicht des alten Gregor glänzte. Donnerwetter. das war ein Weib! Die Willa hatte ſich herausgemacht! Die hatte einen Blick für das, was eines Bauern Herz und Freude iſt. Die Unmutsfalte hatte ſich längft geglättet. Wilka ſah, wie ihre wenigen Worte auf Gregor wirkten. Der alte, dumme Bauer merkte nichts von dem wahren Grund ihres Intereſſes. Und das war gut ſo! Dieter ſchien ſich nichts aus der Ankunft zu machen. Auch gut! Dann mußte man zuerſt das Herz des Alten ge— winnen. Sie würde ihre Karten ſchon richtig ausſpielen! Der Gregorhof mußte ihr zufallen! Den Jungen, den lebensfremden Dieter, würde ſie doch noch einwickeln können! Nichts in ihren Mienen verriet das Hinterhältige ihrer eigennützigen Gedanken. Bald ſaß man am ſchweren Tiſch der Bauernſtube. Aus ſchönen, irdenen Schüſſeln kam der Duft gut zu⸗ bereiteter Speiſen. Wilka griff herzhaft zu, was dem alten Gregor gefiel. Der Waldhofbauer kniff ſeine Aeuglein zuſammen. Hier war noch ein fetter Tiſch. Auch er gab ſich mit ganzer Luſt dem geſegneten Mahle hin und be⸗ glückwünſchte ſich im ſtillen zu ſeiner ureigenen Idee: ſeine Wilka und des Gregors Dieter! Wo nur der Junge blieb...! Ein ſchaumiger Sahne⸗ pudding wurde gerade als Nachtiſch aufgetragen, und Dieter war immer noch nicht gekommen. Der alte Gregor ſchüttelte ſeine breiten Schultern und erklärte wohl zwanzigmal, daß er das nicht verſtände. Sein Dieter ſei immer pünktlich. Er ſei heute morgen ausgeritten, um den Arbeitern bei der Anlage einer Runkelmiete Anweiſungen zu geben. Vielleicht ſei etwas Beſonderes, Unvorhergeſehenes eingetreten. Der Waldhofbauer winkte gelaſſen ab und meinte, man würde ſich ja jetzt häufiger treffen. Mit ſcheelem Blick ſchaute Gregor zur Wilka hinüber. Als er aber ſah, daß auch ſie ſich mit dem Fernbleiben Dieters ohne Groll abfand, wurde er ruhiger. Man trank noch einen Schoppen Wein und ging dann durch Stall und Scheune. Der Eindruck Gregors verſtärkte ſich: Wilka war ein Staatsweib! Schön, gebildet und doch eine ganze Bäuerin! Gerade die Richtige war's für Dieter, den Erben des Gregorhofes. Als dann nach wenigen Stunden der Wagen des Waldhofbauern wieder durch das große Hoftor rollte, bere n Vater ſeine Wahl nicht. Aber ein Tropfen Wermut fiel in ſeine Freude. Warum war Dieter nicht erſchienen? An die Tatſache, daß irgend etwas Beſonderes eingetreten ſein mußte, glaubte der Alte ſelbſt nicht. Da kroch plötzlich ein Gedanke in Gregor hoch: Sollte der Peter vielleicht doch recht haben? Hatte irgendeine andere Frau das Herz ſeines Jungen erobert? Und wer mochte das Weib ſein? Ein unterdrückter, harter Fluch ſchob ſich durch die Zahnreihe des Alten! Wer wagte es, ſeine klugen Be— rechnungen zu durchkreuzen? Er würde die Augen offen haben! Und wehe, wenn er ſehen würde, daß ſein Junge Der Alte warf ſeinen Kopf in den Nacken. Willbens⸗ kraft und Entſchloſſenheit ſtanden auf den Mienen. Er war der Herr! Gregor vergaß, daß das Herz in den letzten und tiefſten Dingen des Lebens der Herr bleibt— jenes Herz, das die Kraft und Gewalt der Liebe beſitzt. In der Stille des kleinen Hauſes am alten Ziegelei⸗ platz aber feierten zwei junge Menſchen das Märchen ihres erſten Glückes. Dieter, deſſen Stolz ſeine von den Freunden in der Stadt immer ſo hoch geprieſene Sachlichkeit geweſen war, ging wie berauſcht durch den Tag. Immer ſtand ein Bild vor ſeiner Seele, immer leuchteten die Buchſtaben eines geliebten Namens vor ſeinen Augen: Lucia! Kräuterlieſe war die gute Fee der beiden Liebenden. „Ich glaube, dies alles iſt doch nur ein ſchöner Spuk und Zauber!“ ſagte Dieter gerade zu derſelben Zeit, als Wilka und der Waldhofbauer den Gregorhof beſuchten. Kräuterlieſe nickte: „Das Leben iſt oft nur Spuk und Zauber!“ Ein ſeltſamer Klang lag in der Stimme der Alten. Und plötzlich wurde es Dieter klar, daß das Leben der Kräuterlieſe vor langer Zeit auch einmal am Glück vorbeigerauſcht ſein mußte, aber es war wohl alles ver⸗ weht wie Spuk und Zauber. Leiſe und vorſichtig ſagte er in die Stille des Zimmers hinein: „Kräuterlieſe, Ihr habt noch nie aus Eurem Leben erzählt. Noch nie habt Ihr, mir geſagt, woher Ihr ge— kommen ſeid, bevor Ihr hier eine Zuflucht gefunden habt!“ Faſt müde und mit leeren Augen winkte die Kräuter⸗ lieſe ab. „Vielleicht ſpäter einmal— dann werde ich alles ſagen!“ Dieter ſchwieg. Er hatte die Hand feiner Lucia in ſeiner warmen, kräftigen Bauernhand liegen. „Warum ſollen wir an das Vergangene denken!“ ſagte das ſchöne Mädchen.„Dieter, wenn du mich fragen würdeſt, woher ich komme, auch ich müßte meinen Kopf neigen— ich könnte es nicht ſagen!“ „Du Kleines, Dummes...“, antwortete Dieter erregt, „weshalb ſoll ich dich fragen? Ich weiß nur, daß du da biſt, daß du immer bei mir bleiben willſt!“ „Denken wir an die Zukunft!“ Das Feuer einer lebendigen Zuverſicht ſprang in die Augen des jungen Bauern. „Ja, Liebſte... Die Zukunft! Wie ſchön das klingt! Da ſehe ich meine liebe kleine Lucia— wie ſie waltet in Küche und Haus! Da geht alles am Schnürchen! Da arbeiten wir und ſchaffen, und das Korn wird wachſen, wie noch nie zuvor auf dem Gregorhof! Und am Sonntag fahren wir im Staat zur Kirche, und alle werden ſchauen und die Schönheit meiner kleinen Bäuerin bewundern. Und die Abende! Dann ſingen draußen in den Bäumen die Vögel, und ich ſehe meine Lucia über eine kleine Wiege gebeugt— darin ſtrampelt ein kleiner Frechdachs, ein richtiger Gregor, aber mit deinen ſchönen Augen— mit deinem Kraushaar...“ „Biſt du ſtill!“ Mit komiſchem Ernſt fiel Lucia in das Wort Dieters. Sie drückte ihre kleine weiße Hand gegen Dieters Mund und hinderte ihn, weiterzuſprechen. Glück und Jubel aber ſtanden in ihren Augen, wäh⸗ rend Dieter die Hand des Mädchens an ſeine heißen Lippen drückte. Kräuterkieſe hatte einen Berg duftender Herbſtkräuter auf dem Tiſch ausgebreitet. Sie zupfte und werkte, als ob ſie die wunderlichen Blümlein zu einem Zaubertrunk zuſammentrage. Nach einer Weile fragte Lucia:„Du glaubſt alſo feſt und ſicher an unſere Zukunft, Dieter?“ Vorwurfsvoll war des jungen Bauern Blick:„Nichts in der Welt kann mir den Glauben an dieſe Zukunft zer⸗ ſtöͤren!“ „Und der Vater?“ forſchte Lucia. harten, unbeugſamen Willen!“ „Ich bin ſein Sohn!“ „Aber die Wilka...?“ Angſt flatterte aus dieſer Frage. Da ſprang er auf, und ſtatt aller Antwort nahm er das Mädchen in ſeine Arme, ſo daß es ſein ſtarkes Herz laut und vernehmlich pochen hörte. „Glaubſt du nun an mich?“ . „Er hat einen iertes Kapitel. Der dicke Anton fegte die Tenne. Er kniff ſeine Augen zu einem Spalt zuſammen, was er immer tat, wenn ihm irgend etwas nicht behagte. Da war er nun ſchon dreißig Jahre auf dem Hof und hatte geſchuftet wie ein Pferd. Und er hatte geſehen, wie alles vorwärts ging, wie der Gregorhof groß wurde Mein Gott, der Bauer, der alte Gregor, war kein be⸗ 83 quemer Herr! Aber der packte ſelbſt mit an und war ein gerechter Kerl! Auch der junge Herr, der Dieter, war ein richtiger Bauer. Der dicke Anton konnte wirklich nicht klagen, aber— aber die Sache mit der Wilka vom Wald- hof... Das gefiel ihm nicht! Fortſetzung folgt. Ap eröffnet e chan 1 ö Gul freud 1 11 ſonde J dle durch dd 1 b. lich! vol! Doch den Unter mi Maat verlo ſprec 150 wiede. Mot oe fein! der aß Ofen *. 5 heel nile Enn guße wollte bbs nahm beſond bringe 2.2 bad nie ;vllch wurd dcbend ſaule n der J buch keen kehner ſerer n Bericht Wurde I bbrir üffret N Nl zu Herz Singer Werbun Würde Johan dem N Sonnet Urne die ef. dannen er J E66 3 1 1 0 0 1 * * * * Amicitia gegen S. C. Käfertal. Viernheim, 27. Dez. Sinnſpruch. Hin und wieder beſchleicht uns eine Art Schlummer, der, wenn er gleich den Leib ge⸗ fangenhält, der Seele die Empfindung für die Außenwelt nicht benimmt und dem Geiſte zum freien Umherſchweifen Raum gibt. Dickens. Weihnachten 1935 Das erwartete ſchöne Weihnachtswetter iſt ausgeblieben. Am Beſcherungstag ſetzte ſchon ein leichter Regen ein, der aus dem friſchen Weiß des Schnees bald ein ſchmutziges Grau machte. Aus war es mit den Winter⸗ freuden, die da heißen, Schlittſchuhlaufen oder gar Skifahren, letzteres allerdings nicht hier, ſondern in den Bergen. Der Wettergott hat allen diesbezüglichen Plänen ſchnöde ein Strich durch die Rechnung gemacht.— Das Chriſt⸗ kindchen, welche beſonders von den Kindern ſchmerzlich erwartet wurden, es kam, kam end⸗ lich und brachte all die bunten Herrlichkeiten von denen die Kinder ſchon lange träumten. Doch auch die großen Kinder ließen ſich von den Gaben der Liebe gerne überraſchen. Unterm Lichterbaum wurden auch zahlreiche Familienfeſte gefeiert. Nehmen doch viele Paare dieſes Feſt zum Anlaſſe um ſich zu verloben, ſich gegenſeitig die Heirat zu ver⸗ ſprechen. Ihnen alle unſere beſten Wünſche. — Die Chriſtmette am Weihnachtsmorgen war wieder mächtig beſucht. Die geräumige Zwölf Apoſtelkirche konnte die Gläubigen faſt nicht faſſen, die bei dieſer hehren Feier anweeſnd ſein wollten.— Infolge des Tauwetters und der damit verbundenen ſchmutzigen Straßen ſaß man am liebſten daheim am warmen Ofen und freute ſich im Kreiſe der Familie der Feierſtunden.— Die N. S.⸗Kriegsopfer hielten am Abend im„Freiſchütz“ ihren Fa⸗ milienabend ab, der alle Beſucher wieder voll- auf befriedigt. Auch im„Karpfen“ beim Sängerbund⸗Flora war alles überfüllt. Die große Mitgliederzahl mit ihren Angehörigen wollten alle bei den bekannt ſchönen Abende ihres Vereins dabei ſein. Auch dieſe Feier nahm wieder einen glanzvollen Verlauf. Be⸗ beſonderen Bericht über dieſe Veranſtaltung bringen wir in vorliegender Ausgabe.— Am 2. Weihnachtstag ſpielte auf dem Waldſport⸗ platz die erſatzgeſchwächte Ligamannſchaft der g Das Spiel welches vor etwa 300 Zuſchauer ausgetragen wurde, endete 3:2 für Viernheim.— Am abend hielten die 50⸗Jährigen im Karpfen⸗ aale ihre Jubelfeier ab. Vormittags wurde in der Zwölf Apoſtelkirche die kirchliche Feier durchgeführt. Die weltliche Feier nahm einen ſelten ſchönen Verlauf und bereitet allen Teil⸗ nehmern unvergeßlich ſchöne Stunden. In un⸗ ſerer morgigen Ausgabe folgt ein beſonderer Bericht hierüber.— In verſchiedenen Lokalen wurde das Tanzbein geſchwungen. In den übrigen Gaſtſtätten war der Betrieb gemäßigt. * Weihnachtsfeier d. Sänger⸗ bund⸗Flora Viernheim Die am erſten Weihnachtsfeiertag im „Karpſen“ abgehaltene Veranſtaltung des obigen Vereins hatte einen bombigen Erfolg. Das Orcheſter Schwarz-Weiß, ſowie die Spiel⸗ ſchar, waren in beſter Verfaſſung. Beiderſeitig gebotenes war auf hoher Stufe. Mit einem flotten Marſch wurde die Veranſtaltung er⸗ öffnet. Eine mit markigen Worten gehaltene Anſprache des 1. Vorſitzenden Herrn Müller eröffnete den offiziellen Teil. Ein ſinnvoller Prolog, der den Anweſenden, wie wir hoffen, zu Herzen gegangen iſt, und der für den Verein Sängerbund⸗Flora wohl ſeine Wirkung als Werbung ſeinen Erfolg nicht verfehlen wird, wurde von Frl. Luiſe Alter, gedichtet von Johann Alter, ergreifend vorgetragen. Mit dem Männerchor„Die Weihnachtsglocken“ von Sonnet, unter der vorzüglichen Leitung des Chormeiſters Herrn Guſtin Lambert, wurde die geſangliche Leiſtung des Vereins durch donnernden Applaus als nur erſtklaſſig aner⸗ kannt Die S⸗aktige Volksoperette„Es war in Heidelberg“ mit Revue⸗Einlage hatte einen durchſchlagenden Erfolg. Sämtliche Rollen konnten nur als gut bezeichnet werden. Die Damenrollen unter der Befetzung von Frau Johanna Knapp als Tochter einer Heidel⸗ berger Zimmervermieterin gab geſanglich wie ſpieleriſch ihr Beſtes. Binchen Oehl⸗ ſchläger, als Mutter obiger oTchter, ſpielte ihre Rolle naturgetreu. Fräulein Käthe Buſalt, als Ariſtokratin und Frau des Fabrikbeſitzers Walldorf, war für dieſe Rolle wie geboren. Irmgard Lauterbach, eine reiche Erbin in Beſetzung von Fräulein Lenchen Brechtel war in beſter Hand. Annel Weidner als Stieftochter des Fabrikbeſitzers Lokale Nachrichten Walldorf ſpielte ihre Rolle als Braut des Hans Telltow anerkennend. Herr Georg Kühlwein, eine komiſche Nummer als Schwalbe, ſowie Herr Georg Knapp, als Fabrikbeſitzer, waren in ihren geſanglichen ſo⸗ wie theatraliſchen Leiſtungen hervorragend. Herr Fritz Alter und Herr Hans Falter⸗ mann, als Studenten in Heidelberg, erledig⸗ ten ihr Geſang⸗ und Liebesleben ergreifend. Die fröhliche Studentenſchar gab dem luſtigen Studentenleben einen wahrheitsgetreuen An⸗ trieb. Die Revue⸗-Einlage, die von Fräulein Ria Pfützer, Gretel Winkenbach, Kät⸗ chen Kühlwein und Gertrud Alter aus⸗ geführt wurden, mußten durch den ſtürmiſchen Applaus wiederholt werden. Es war dies auch wirklich eine Glanzleiſtung. Im ganzen ge⸗ ſagt war es eine hervorragende Leiſtung die der Sängerbund⸗Flora ſeinen Mitgliedern und Angehörigen bot. Wir hoffen, daß die nochmalige Auf⸗ führung, die am Silveſterabend für„Kraft durch Freude“ eine Wiederholung erlebt, ein volles Haus beſchieden iſt; denn eine ſolche Darbietung iſt wert, ein zweites Mal geſehen zu werden. Allen denen, welchen es vergönnt war, dieſem Abend beizuwohnen, werden ſicher⸗ lich den Beſuch empfehlen und evtl. ſelbſt die zweite Aufführung miterleben wollen. Ein anſchließender Silveſtertanz wird die Beſucher dieſes Abends in fröhlichem Sängerkreiſe in das neue Jahr hineinführen. Jeder iſt zu dieſem Abend herzlich willkommen. * Parkplätze für Fahrräder. Der Deutſche Gemeindetag hat in einem Rund⸗ ſchreiben ſeine Mitglieder aufgefordert, in ver⸗ mehrtem Umfange für Unterſtellmöglichkeiten von Fahrrädern zu ſorgen. Es iſt damit einer Bitte des Deutſchen Radfahrerverbandes nachgekommen, der an den Mangel an Park⸗ plätzen und Fahrradunterſtänden an Straßen⸗ kreuzungen und Plätzen, öffentlichen Gebäuden uſw. hingewieſen hat. Die geringen geldlichen Aufwendungen würden durch eine merkliche Eutlaſtung des Straßenverkehrs vom Rad⸗ fahrerverkehr wieder ausgeglichen. Gleichzeitig werde auch dem Fahrraddiebſtahl dadurch weit⸗ gehend vorgebeugt. »Das Ergebnis der Viehzählung in Bürſtadt. Bei der letzten Statiſtik über die Viehhaltung der Gemeinde Bürſtadt wurde folgendes Ergebnis ermittelt: Zur Zeit be⸗ finden ſich in Bürſtadt 1780 Stück Rindvieh, 190 Pferde, 1863 Schweine, 952 Ziegen, 7011 Hühner, 249 Gänſe, 81 Enten, 7 Trut⸗ und Perlhüner und 15 Bienenſtöcke. * Kind verbrannt. Ihr Mütter und alle leſt dieſen ſchrecklichen Vorgang und ſeid vorſichtig. Aus Kochem wird gemeldet: Einem tragiſchen Unglück fiel im benachbarten Sehl ein 1½jähriger Knabe zum Opfer. Das Bettchen des kleinen Jungen ſtand in der Nähe eines Ofens, über dem die Mutter Wäſche⸗ ſtücke zum Trocknen aufgehängt hatte. Dieſe Wäſcheſtücke fingen plötzlich Feuer, fielen auf das Bettchen und ſetzten auch dieſes in Flammen. Erſt durch den ſtark entwickelten Rauch wurde man auf das Feuer aufmerkſam. Ehe noch rechtzeitige Hilfe zur Stelle war, war das Kind in ſeinem Bettchen im Schlafe von den Flammen erfaßt worden und verbrannt. * Aus dem Vereinsleben Eine bedeutſame Vorſtandsſitzung der Ge⸗ ſangvereine„Sängertreue“ und„Harmonie“ fand geſtern vormittag im Gaſthaus„Zur Harmonie“ ſtatt. Dabei wurde eine Entſchei⸗ dung gefällt, die einen Markſtein in der Ge⸗ ſchichte der beiden Vereine bildet. Es wurde nichts weniger als die Verſchmelzung der beiden Geſangvereine beſchloſſen. Mit einer, die bei⸗ derſeitigen Sangesbrüder ehrenden Einigkeit wurde dieſe Zuſammenlegung durchgeführt. Die Gründe für die Vereinigung ſind ſehr naheliegend. Da es einem kleinen Verein heute ſchwer fällt ſeine Exiſtenz aufrecht zu erhalten, führte die Leitung des Geſangvereins Harmo⸗ nie dieſe Eingliederung in die Sängertreue herbei. Wenn man einen kurzen Blick auf den Werdegang der beiden Vereine wirft, wird es einem verſtändlich, warum ſich die Sänger der Harmonie gerade für die Sängertreue, dieſem jungen aufſtrebenden Verein entſchieden. Die alten Sänger, welche die Harmonie vor 30 Jahren gründeten, ſind in dieſem Menſchen⸗ alter verſchiedene Wege gegangen. Nachdem nun diejenigen Sänger, welche im Geſang⸗ verein Harmonie(ſpäter Volkschor) ihrer Sangesluſt genügten, ſchon ſeit etlichen Jahren in der Sängertreue wirken, hat ſich nun auch der andere Teil der alten Harmonie zu der⸗ ſelben gefunden, um nun gemeinſam einen Vereinsſtamm zu bilden, der wohl ſeines⸗ gleichen ſucht. Im Laufe dieſer vielen Jahre kamen neue und junge Kräfte hinzu, ſodaß bei der zielbewußten Leitung des nunmehrigen Geſangvereins„Sängertreue-Harmonie“ ein noch ſchnellerer Aufſtieg zu erwarten iſt. Es muß anerkannt werden, daß die Mitglieder des Geſangvereins Harmonie ihren Verein bis⸗ her unter großen Opfern aufrecht erhielten und iſt daher von denjenigen Sängern, welche in letzter Zeit nicht mehr ſo eifrig ihre Sing⸗ ſtunde beſuchten, zu erwarten, daß ſie ſich reſtlos zurückfinden zu ihrem alten, traditions⸗ reichen Verein. Sie können kein mächtigeres Bekenntnis zum herrlichen deutſchen Männer⸗ geſang und zur Treue zum Verein ablegen. Das iſt Sängertreue! Und wenn in den nächſten Tagen die Leitung des Vereins ge— meinſam mit dem einheimiſchen erprobten Chor⸗ meiſter Herrn Georg Hook und dem Ehren- vorſitzenden Herrn Gregor Gärtner alle ehemaligen und jetzigen Sänger zur Mitwir⸗ kung rufen, dann wird ſich keiner dieſem Ruf entziehen, ſondern ſich freudig am nächſten Samstag zur erſten gemeinſamen Singſtunde im Lokal einfinden.— Am 12. Januar wird dann der neu erſtarkte Verein zum 1. Male mit einer Aufführung an die Oeffentlichkeit treten und es wird zweifellos die viele Mühe und Arbeit mit einem vollen Erfolg belohnt werden. * Der Holzfäller Axt und Säge, deine Waffen, Deine Werkſtatt iſt der Wald, Immer mußt du draußen ſchaffen, Ob es warm iſt oder kalt. Mord und Totſchlag ſind dein Tagwerk. Biſt am Sonntag in der Herberg, In der Kirche und beim Wirt, Friedſam, fromm und frohgemut, Ein Menſch, der gläubig iſt und irrt Und niemand was zuleide tut. Die du draußen ſtreckſt zu Boden Und in Maſſen machſt zu Toten, Sind von deinem Herrn beſtimmt, Der die Sühne auf ſich nimmt. Sieht man dich im Walde wirken Zwiſchen Buchen, Eichen, Birken, Zwiſchen Tannen, Föhren, Lärchen, Glaubt zu ſchauen man ein Mlirchen. Aber in der Wirklichkeit Iſt dein Handwerk allezeit Hartes, karges Los der Armen, Dienſt am Volk ohn jed' Erbarmen. Wenn du ziehſt zur Arbeit aus, Weißt du nicht, ob du dein Haus Abends wirſt noch wiederſehn, Wie's im Walde dir wird geh'n. Denn auch Bäume leben gern, Sind Geſchöpfe unſres Herrn; Mancher hat ſich ſchon gerächt Und erſchlug den Förſtersknecht. Alſo, Fäller, habe acht!— Wenn's bei deiner Arbeit kracht, Bring dich ſchnell in Sicherheit, Sonſt biſt ſelbſt dem Tod geweiht. J. Pfiſterer. Die D. A. F. Ortsgruppe Viernheim teilt mit: Ab 1. Januar 1936 befindet ſich unſere Dienſtſtelle in der Adolf Hitlerſtraße(Gaſt⸗ haus zum Löwen, Eingang vom Hof)j. Sprechſtunden: Dienstags von 4—7 Uhr(nur für Unterſtützungsanträge u. Auszahlungen). Freitags von 7—9 Uhr. Während der Feiertage und infolge des Umzugs iſt unſere bisherige Dienſtſtelle (Lorſcherſtraße 4) geſchloſſen und nur noch am 31. Dezember 1935 zwecks Annahme von Unterſtützungsanträgen und Auszahlung ge— öffnet. Ab 7. Januar 1936 ſind unſere Sprech⸗ ſtunden wieder regelmäßig Dienstags und Freitags. Verantwortlicher Schriftleiter: Johann Mar⸗ tin, Viernheim; verantwortlicher Anzeigenlei⸗ ter: Johann Martin, Viernheim; Druck und Verlag: Johann Martin, Viernheim, Adolf Hitlerſtraße 36; D. A. XI. 1935 950. Zur Zeit iſt die Preisliſte Nr. 4 gültig. Bekanntmachung Betr.: Enthebung von Neujahrsgratulationen. Auch in dieſem Jahr werden wieder Karten zur Enthebung von Neujahrsgratula⸗ tionen gegen Entrichtung von wenigſtens 2.— RM. ausgegeben. Die Namen derjenigen Per⸗ ſonen, die von dieſer Einrichtung Gebrauch machen, werden in den hieſigen Zeitungen am 31. ds. Mts. veröffentlicht. Ich bitte um rege Beteiligung, da der Erlös der Winterhilfe zu⸗ geführt wird. Schluß der Einreichung Montag, vor⸗ mittags 10 Uhr. Viernheim, den 23. Dezember 1935 Bürgermeiſterei Viernheim Bechtel Mit Kraft durch Freude ins Nene Jahr Um den hieſigen Volksgenoſſen einen an⸗ genehmen Uebergang vom alten zum neuen Jahr zu gewährleiſten, veranſtaltet die N. S. G. „Kraft durch Freude“, Ortsgruppe Viernheim, am Silveſterabend um 8 Uhr im Karpfenſaal einen Theaterabend mit anſchließendem Tanz. Zur Aufführung gelangt die bereits am erſten Weihnachtsfeiertag durch den Sängerbund⸗ Flora mit großer Begeiſterung aufgenommenen Operette„Es war in Heidelberg“. Hierzu laden wir alle Partei- und Volksgenoſſen aufs herzlichſte ein. Beginn der Veranſtaltung pünktlich abends 8,30 Uhr. Durch die be⸗ kannt billigen Preiſe wird es ſelbſt dem ärm⸗ ſten Volksgenoſſen möglich ſein, die Veranſtal⸗ tung zu beſuchen. Karten im Vorverkauf an der Abendkaſſe 30 Pfg. 40 Pfg. Die Karten des Vorverkaufs werden den Volks⸗ genoſſen in ihrer Wohnung durch Amtswalter der D. A. F. zum Kauf angeboten. Sport an Weihnachten Fußball Gauſpiele. in Hanau: Nordheſſen— Südweſt 32 in Hannover: Niederſachſen— Bran⸗ denburg 41(1:1) Süddeutſchland Freundſchaftsſpiele. SV Waldhof— 1. FC Nürnberg 0:0 FV Daxlanden— Phönix Karlsruhe 3:6 VfB Stuttgart— Hamborn 07 3.2 Poſt Merkur Frankf.— Eintr. Frankf. 1:3 FV Saarbrücken— Saar Saarbrücken 311 BiB Ingolſt.⸗Ringſee—Schw.⸗Weiß Eſſ. 2.4 Phönix Ludwigshafen— Hamborn 07 072 FK Pirmaſens— Karlsruher FV 3:6 f Neuſtadt— Wormatia Worms 3.11 1 F Pforzheim— Union Böckingen 35 SV Reut ingen— Germania Brötzing. 5:1 SpVg. Fürth— Hamburger SV 112 Jahn Regensb.— Schwarz⸗Weiß Eſſen 1:3 Spiele im Reich Gau Nordheſſen: SV Kaſſel— Kurheſſen Narbura 213 Phönix Ludwigshafen— Hamborn 07 0:1 Hamborn 07 ſtellte ſich am zweiten Feſt⸗ tag dem Südweſtmeiſter Phönix Ludwigs⸗ hafen und kam hier zu einem ſchönen Sieg. Die Rheinländer waren in der erſten Hälfte durchweg tonangebend. Die Ueberle⸗ genheit der Gäſte hielt bis kurz nach dem Wechſel an, dann machten ſich Ermüdungs⸗ erſcheinungen bemerkbar, und Ludwigsha⸗ fen kam ſtark auf Das Spiel und die Lei⸗ ſtungen beider Mannſchaften wurden durch einen ſchechten Platz ſtark beeinträchtiat. N Vereins- Anzeiger Turnverein von 1893 e. V. Heute Abend ½9 Uhr Turnſtunde. Möchte die aktiven Turner, beſonders die 1. Riege, bitten, zu erſcheinen, wegen dem Mann⸗ ſchaftskampf. Der Vorſitzende. Sangertreue⸗Harmonie gegr. 1905 Samstag abend punkt 8 Uhr erſte gemein- ſame Singſtunde. Alle Sänger, auch die⸗ jenigen, welche nicht mehr aktiv waren, wer⸗ den um ihr Erſcheinen gebeten. Mit neuer Kraft ans Werk! Der Vorſtand. Cali AMarlten 1 bre Nernablung geben beſannt Malibdus Aucltele Gſisabel 2 22 ele geb. Jlofmann Nernbeim, den 28. Dezember 1935 0 1714 1 1 1 1 11 7 * 155 1 1 K Sr Weltpolitiſche Nüilſchan 1935 Die Heimlehr der Zaar— Proklamation der Wehrfreiheit— Die Kriſe des Völler⸗ bundes— Ausbruch and Zuspitzung des Mittelmeerkonfliktes— Der Ferne Osten Das abgelaufene Jahr ſtand im Zeichen weltpolitiſcher Ereigniſſe, die zum il als Ausgangspunkte bedeutungsvoller neuer Entwicklungslinien bezeichnet werden müſ⸗ ſen. Am Beginn des Jahres ſtand mit der großen Volksabſtimmung im Saargebiet am 13. Januar das Bekenntnis der Saar zu Deutſchland. Maßloſe Hetze und ſtärkſter Druck vermoch⸗ ten nicht die Treue des deutſchen Saarvol⸗ kes zu erſchüttern. 91 v. H. der Wähler be⸗ kannten ſich zu Deutſchland. Als dann am 1. März die lang erſehnte Rückgliederung er⸗ folgte, durchbrauſte unbeſchreiblicher Jubel das Land. Damit war nach dem Friedens⸗ bekenntnis des Führers die einzige noch offene Grenzfrage mit Frankreich bereinigt und von deutſcher Seite der Weg zu einer ehrlichen, auf gegenſeitiger Achtung beru— henden Verſtändigung freigemacht. Eine Woche vorher fand in Rom eine Be⸗ gegnung ſtatt, deren Auswirkungen nicht als eine Zerſtreuung drohender Gewitter⸗ wolken, ſondern als eine folgenſchwere Er⸗ ſchütterung der Beziehungen der Mächte be⸗ zeichnet werden muß. Die ZJuſammenkunft zwiſchen Muſſolini und Laval bedeutete in vieler Hinſicht eine Wende. Mit dem zwiſchen den beiden Staatsmängern ab⸗ geſchloſſenen Konſultativpakt und dem Kolo— nialabkommen ſchwenkte Italien in das antireviſioniſtiſche Sicherheitsſyſtem Frank— reichs ein. Es verzichtete auf ſeine viele Jahre hindurch leidenſchaftlich verfochtenen Anſprüche in Nordafrika und erhielt zum Ausgleich weitgehende Zugeſtändniſſe bei der Verfolgung ſeiner Pläne in Abeſſinien. Laval lenkte damit Italiens Ausdehnungs⸗ drang in eine Richtung, in der es umſomehr die Kraftlinien Englands kreuzen mußte, als auch die Vermutung einer ita⸗ lieniſch⸗franzöſiſchen Flottenverſtändigung im Mittelmeer nicht von der Hand zu weiſen war. Rom brachte aber auch Vereinbarun⸗ gen über Mitteleuropa zum Schutz der„Un⸗ abhängigkeit“ Oeſterreichs. Die beiderſeiti⸗ gen Verbündeten im Donauraum ſollten zu dieſem Zweck einen Pakt unter dem Patro— nat Frankreichs und Italiens abſchließen. Am 16. März erließ die Reichsregierung die hiſtoriſche Wehrproklamation„An das Deutſche Volk“ und führte die allgemeine Wehrpflicht wie⸗ der ein. Nach dem einſeitigen Bruch des Abrüſtungsverſprechens im Verſailler Ver⸗ trag und im Völkerbundspakt durch die Sie⸗ germächte, nach dem endgültigen Scheitern der Bemühungen, zu einer gegenſeitigen, ge⸗ rechten Verſtändigung in der Rüſtungsfrage zu gelangen, ſah ſich Deutſchland gezwungen, den unwürdigen bedrohlichen Zuſtand der Wehrloſigkeit in einer immer ſtärker auf⸗ rüſtenden Welt zu beenden. Es nahm ſich ſein gutes Recht, das andere ihm verweigern wollten, und ſtellte ſeine Wehrhoheit wieder her, nicht zum kriegeriſchen Angriff, ſondern ausſchließlich zur Verteidigung und damit zur Erhaltung des Friedens. Am 14. April traten England, Frankreich und Italien zur Konferenz von Streſa zuſammen. Dieſer Konferenz lag der Ver⸗ ſuch Frankreichs zugrunde, mit Hilfe des Völkerbundes und ſeiner Militärbündniſſe ein Syſtem aufzurichten, das nach der Wehr⸗ proklamation Deutſchland jeden weiteren ſelbſtändigen Schritt unmöglich machen ſollte. Italien war vor allem beſtrebt, ſeine Stellung im Donauraum weiter zu ſichern. England gab ſeine ausgleichende Taktik auf und trat dem franzöſiſchen Standpunkt bei. Es folgten die Entſchließung des Rates, mit, der ſich der Völkerbund erneut als Werk— zeug der Machtpolitik erwies, und die be⸗ denkliche Auslegung des Locarno-Vertrages durch Außenminiſter Simon. Der franzöſiſch-ſowjetruſſiſche Beiſtandspakt (3. Mai) war das Ergebnis einer langen po itiſchen Entwicklung, die mit der Ruß⸗ landreiſe Herriots im Herbſt 1933 begonnen hatte und mit der Frankreich das Ziel ver⸗ ſolgte, ſeinem Syſtem der übergreifenden Bündniſſe den Schlußſtein einzufügen. For⸗ mell lehnte ſich dieſer Vertrag zwar an den Völkerbundspakt an, in Wirklichkeit ſollte er aber die Entſcheidung des Völkerbundsrates bei der Beſtimmung des Angreifers vorweg— nehmen. Damit wurde, wie ein Wort des Führers zum Ausdruck brachte,„ein Ele— ment der Rechtsunſicherheit“ in den Ver⸗ trag von Locarno hineingetragen. Der franzöſiſch-ſowjetruſſiſche Beiſtandspak! wurde durch den tſchechoſlowakiſch⸗ſowjetruſ⸗ ſiſchen Pakt vom 16. Mai ergänzt, der die Sowjetunion militäriſch zum Nachbarn Deutſchlands machte. Am 12. Mai ſtarb Marſchall Pilſudſki, der Gründer des neuen polniſchen Staates. Der Verluſt, den ſein Volk durch das Able⸗ ben dieſes großen Mannes erlitt. wurde auch in Deutſchland, dem der Marſchall Verſtänd⸗ nis entgegengebracht hatte, mitempfunden. Seine Bedeutung lag nicht zuletzt in ſeiner klaren Erkenntnis der wahren Friedens ⸗ elemente Europas und in der Seldſtändig⸗ keit, mit der er ſich bemühte, dieſe Erkennt⸗ nis in die Tat umzuſetzen. Der 21. Mai brachte die große Reichs lagsrede des Führers und Reichskanzlers. die in dreizehn Punkten eine grund⸗ ſätzliche Erklärung über die Einſtellung Deutſchlands zu den großen Fragen der Außenpolitik darſtellte. Sie wandte ſich ge⸗ gen die Diskriminierung des Reichs durch den Völkerbund und trat für wahre Gerech⸗ tigkeit im Völkerleben ein. Sie anerkannte die Gültigkeit aller freiwillig eingegangenen Verpflichtungen, ſolange auch die Gegenſeite zu ihrem Wort ſteht. Der Führer und Reichskanzler betonte die Bereitſchaft zur friedlichen Zuſammenarbeit mit allen Völkern und regte die Ergreifung international wirkender Maßnahmen gegen die hetzeriſche Vergiftung der öffentlichen Meinung und gegen die Einmiſchung in die inneren Verhältniſſe der Staaten von außen an. Er ſtimmte dem Abſchluß von Nichtan⸗ griffspakten zu, bei denen er jedoch den zwei⸗ ſeitigen Abkommen den Vorzug gab. Schließlich wandte er ſich gegen das uferloſe Wettrüſten und machte klare Vorſchläge zu ſeiner Begrenzung. Die Rede war ein Auf⸗ ruf an die Welt für Verſtändiaung und einen gerechten Frieden. Sie wirkte unge⸗ mein entſpannend auf die an Zündſtoffen reiche internationale Lage. Die Fruchtbarkeit dieſer vier Wochen ſpäter in dem deutſch-engliſchen Flottenabkommen vom 18. Juni zum Ausdruck, das auf deut⸗ ſcher Seite durch den bevollmächtigten Bot⸗ ſchafter v. Ribbentrop abgeſchloſſen wurde. Dieſer Vertrag ſtellte den erſten poſitiven Beitrag zur tatſächlichen Rüſtunasbeſchrän⸗ kung dar. Mit Recht konnte der erſte Lord der Admiralität im engliſchen Unterhaus ſagen, das Flottenabkommen ſei„ein we⸗ ſentlicher Beitrag zum Weltfrieden“. Durch dieſes Flottenabkommen wurden folgende drei wichtige N geklärt: Erſtens ſchuf das Abkommen Deutſch'and eine zu ſeiner Verteidigung notwendige Flotte von 35 v. H. der engliſchen Flottenſtärke. Zweitens wurde damit der Verſailler Vertrag in ſei⸗ nen Rüſtungsbeſtimmungen ein für allemal für ungültig erklärt. Und drittens— dieſer Punkt iſt wohl der bedeutſamſte— wurde jede Flottenrivalität zwiſchen Deutſchland und England ausgeſchaltet. In Moskau begann am 25. Juni der 7. Weltkongreß der Kommuniſtiſchen Interna⸗ tionale. Die kommuniſtiſche Propaganda er⸗ hielt durch dieſe Tagung des „Generalſtabs der Weltrevolution“, die unter der Leitung des aus dem Reichs⸗ tagsbrandſtifterprozeß bekannt gewordenen Dimitroff ſtand, einen neuen Auftrieb. Der Kominternkongreß enthüllte die bisher von Litwinow in Genf krampfhaft verſuchte Ver⸗ ſchleierung der Zuſammenhänge zwiſchen der offiziellen Politik des Kreml und der weltrevolutionären Zielſetzung des Kommu⸗ nismus. Immer mehr hatte ſich inzwiſchen die Lage in Oſtafrika zugeſpitzt. Am 3. Oktober erfolgte der Einmarſch der italieniſchen Truppen in Abefſfinien. Damit war ein Konflikt ausgebrochen, der, begründet in dem Ausdehnunasbeſtreben Italiens und ausgehend von den franzöſiſch⸗ italieniſchen Vereinbarungen, die ganze Wet erſchütterte. Er bedeutete zunächſt das Ende der Einheitsfront von Streſa und den Bruch der traditionellen engliſch⸗franzöſi⸗ ſchen Freundſchaft. Der Völkerbundsrat wurde gegen den„Friedensbrecher“ in Be⸗ wegung geſetzt und diente damit aleichzeitig als Waffe zur Verteidigung der lebenswich⸗ tigen Intereſſen des britiſchen Weltreichs. Die Sanktionsmaſchine begann zu arbeiten, um Italien mürbe zu machen. Gleichlau⸗ fend mit den Sanktionen verſtärkte ſich der Druck Englands auf Frankreich, deſſen volle Unterſtützung im Mittelmeer für England bei einem weiteren Anziehen der Sank⸗ tionsſchraube von größter Bedeutung ſein mußte. Das politiſche Syſtem Lavals, das der Geiſt der kollektiven Sicherheit auf dem Kontinent beherrſcht, wurde durch dieſe Ent— wicklung immer mehr gefährdet. Laval wollte nicht die italienſiche und noch weni⸗ ger die engliſche Freundſchaft opfern und mußte daher bemüht ſein, vermittelnd einen Ausgleich herbeizuführen. In England war durch die Uebernahme der Miniſterprä— ſidentſchaft durch Baldwin und geſtützt auf die erfolgreichen Unterhauswahlen der Wille zu einer ſelbſtändigen Weltpolitik gefeſtigt worden. Die plötzliche Wendung durch den Pariſer Vermittlungsplan ergab eine neue Lage. die vor allem in England zum Sturz das Außenminiſters Hoare führte. Sein Nachfolger wurde Eden, der bis dahin das eigens für ihn geſchaffene Amt eines Völ⸗ kerbundsminiſters innehatte. Die Unruhe in Europa brachte Japan die Verwirklichung ſeiner nationalen Ziele Gedanken kam im Fernen Oſten, die eine völlige Durch⸗ dringung der an Wirtſchaftsreſerven reichen nordchineſiſchen Provinzen vorſehen, immer näher. Japan ſtrebt, wie aus zahlreichen Erklärungen hervorgeht, die unbeſtrittene Vormachtſtellung im Oſten und die Aufhebung des im Neunmächtevertrag feſtgelegten Grundſatzes der offenen Tür in China an. Nach langwierigen Verhandlungen wurde am 9. Dezember die Flottenkonferenz in London eröffnet. Sie ſteht im Schatten der Spannungen im Mittelmeer und im Fernen Oſten. Japan beſteht auf der Floktengleichheit mit England und den Vereinigten Staaten und iſt entſchloſſen, die weitere Aufrechter⸗ haltung der im Waſhingtoner Vertrag feſt⸗ gelegten Verhältniszahlen abzulehnen. Aus begreiflichen Gründen tritt es für die Ab⸗ ſchaffung der großen Schlachtſchiffe und Flugzeugträger ein. Amerika kämpft für die Ueber egenheit ſeiner Seemacht. Es iſt zur Abrüſtung bereit, wenn dabei das bis⸗ herige Stärkeverhältnis gewahrt bleibt. Nö⸗ tigenfalls iſt es aber auch entſchloſſen, ſich den Vorſprung vor der jſapaniſchen Flotte durch geſteigerte Rüſtung zu ſichern. Die Gegen- ſätze waren ſo tiefgehend, daß die Konferenz ohne Ergebnis vertagt werden mußte. Beim Jahreswechſel gilt unſer Gedenken auch dem deulſchen Volkstum im Ausland, i mit dem uns, unbeſchadet ſeiner ſelbſtver— ſtändlichen Staatstreue, unlösbare Bande volksdeutſcher Gemeinſchaft verbinden. Es erfüllt uns mit Freude und Stolz, daß das Jahr 1935 die Einigung des Sude⸗ tendeutſchtums und den deutſchen Sieg bei den Memelwahlen ge⸗ bracht hat. Die Toten des Jahres 5. März: der bayeriſche Staatsminiſter Hans Schemm, Gauleiter und Führer des NS⸗Lehrerbundes 6. März: Geheimrat Dr. Duisberg, Vor⸗ ſitzender des Aufſichts⸗ und des Ver⸗ waltungsrates von JG-Farben 12 Mai: Marſchall Pilſudſki, polniſcher Kriegsminiſter und Staatsmann 5. Juni: Generaloberſt von Linſingen in Hannover, bekannter Heerführer des Weltkrieges 6. Juli: Bezirksbürgermeiſter Lach⸗Verlin 13. Juli: die Frau des öſterreichiſchen Bun⸗ deskanzlers Schuſchnigg tödlich verun⸗ glückt 29. Auguſt: Die Königin Aſtrid von Vel⸗ gien verunglückt tödlich mit dem Auto am Vierwaldſtätter See 20. Oktober: Arthur Henderſon. engliſcher Politiker, Vorſitzender der Abrüſtungs⸗ konferenz 23. Oktober: Reichsſtatthalter und Gaulei⸗ ter Loeper in Deſſau 29. Oktober: Präſident der Reichstheater⸗ kammer Otto Laubinger 6. November: Profeſſor Dr. Stengel, Greifswald 6. November: Dr. Albert Grünwedel, Pro⸗ feſſor im Muſeum für Völkerkunde 8. November: Eliſabeth Foerſter⸗Nietzſche in Weimar 20. November: Jellicoe Aus der Anfallchronitk 6. Februar: bei Weſermünde Fiſchdamp⸗ fer geſunken, 14 Tote 13. Juni: Exploſionsunglück bei Reinsdorf. 60 Tote 15. Juli: Schlagwetter⸗Exploſion bei Dort⸗ mund, 10 Tote 22. Juli: Motorboot bei Allenſtein geken⸗ tert, 19 Tote 20. Auguſt: Schachteinſturz der Nord⸗Süd⸗ bahn in Berlin, 19 Tote. Seemannstod Deutſcher Seeſchlepper in Afrika geſunken. Hamburg, 27. Dezember. Nach Mitteilung der Deutſchen Afrikalinie iſt der Seeſchlepper„Daresſalam“ auf der Fahrt von Beira nach Chinde(Portugieſiſch⸗ Oſtafrika) im Südoſtſturm untergegangen. Der Erſte Offizier Chriſtianſſen hat dabei den Seemannstod gefunden. Die übrigen Mitglie⸗ der der Beſatzung konnten durch den engliſchen Dampfer„Incomati“ gerettet werden. Edmund Der engliſche Großadmira! Müllergeſelle ins Getriebe geraten. fempen, 27. Dez. Ein furchtbarer Un⸗ glücksfall trug ſich in der Nettemühle in Vinkrath zu. Ein 19jähriger Müllergeſelle geriet, als er ſich allein in der Mühle be⸗ fand, in das Getriebe des Mahlwerks. Der Unglückliche konnte ſich nicht mehr befreien und wurde in dem Mahlwerk ſo 1 zugerichtet, daß der Tod kurz darauf eintrat. Oberpräfident Koch Die Dienſtgeſchäfte wieder übernommen. Berlin, 24. Dezember. Nach einer amtlichen Mitteilung der Preſſeſtelle des preußiſchen Staatsminiſteri⸗ ums, die von Miniſterpräſident Göring un⸗ terzeichnet iſt, hat Oberpräſident Koch ſeine Dienſtgeſchäfte wieder übernommen. Er hat⸗ te in ein ſchwebendes Diſziplinarverfahren gegen einen Beamten vorzeitig eingegriffen und war während der deswegen gegen ihn geführten Unterſuchung beurlaubt. Alle an⸗ deren Gerüchte über die Beurlaubung des Oberpräſidenten Koch ſind unzutreffend und unwahr. Er genießt nach wie vor das Ver⸗ trauen des Führers und Reichskanzlers und ſeiner vorgeſetzten Behörde. Wie ferner vom Deutſchen Nachrichten⸗ büro berichtet wird, hat der Stellvertreter des Führers an Gauleiter Koch ein Tele- gramm gerichtet, in dem es heißt, daß die parallel zur ſtaatlichen geführte parteiamt⸗ liche Unterſuchung lediglich feſtſtellte, daß Koch einem ſchwebenden Verfahren vorge⸗ griffen habe, alle anderen Vorwürfe jedoch zu unrecht erhoben worden ſeien und der Gauleiter und Oberpräſident ſein ſo erfolg⸗ reiches Wirken für Oſtpreußen wieder voll aufnehmen könne. Leſterreichs Weihnachtsamneſtie Wien. 27. Dez. Die vom öſterreichiſchen Bundespräſidenten erlaſſene Weihnachts⸗ amneſtie iſt beſonders für Teilnehmer an der marxiſtiſchen Revolte vom Februar 1934 ſehr weitgehend, da nur noch 16 deswegen verurteilte Perſonen, und zwar nur ſolche, die unmittelbar an Bluttaten mitgewirkt haben, weiter in Haft bleiben. Unter den Amneſtierten befinden ſich auch die General- ſtabschefs des republikaniſchen Schutzbundes, Major Eifler und Hauptmann Löw. die ſei⸗ nerzeit zu 15 und 18 Jahren ſchweren Ker⸗ kers verurteilt worden waren. Die noch ſchwebenden Unterſuchungsverfahren gegen 19 ehemalige Mitglieder des ſozialdemskra⸗ tiſchen Parteivorſtands, die in Oeſterreich ge⸗ blieben ſind, wurden eingeſtellt. Unter ihnen befinden ſich Seitz und Renner Von den gerichtlich abgeurteilten 911 Teilneh- mern an den Juli⸗Ereigniſſen ſind bisher 424 aus der Haft entlaſſen worden. Der Weihnachtsamneſtie wurden 16 Ver⸗ urteilte teilhaftig. Hinzu kommt noch der gnadenweiſe Aufſchub von angetretenen Verwaltungsſtrafen. Wirtſchafts vertrag zwiſchen Frankreich und der belgiſch⸗luxemburgiſchen Zollunion. Paris, 27. Dez. Zwiſchen Frankreich und der belgiſch⸗luxemburgiſchen Zollunion it ein Abkommen unterzeichnet worden wo⸗ durch ſich die drei Länder auch für das kom⸗ mende Jahr eine Reihe auf Gegenleitigkeit beruhender Sondervergünſtigungen eivräv⸗ men und gleichzeitig das Landwirtſchaftsab⸗ kommen vom 9. November 1934 verlüngern. durch das Frankreich die zugelaſſenen land⸗ wirtſchaftlichen Erzeugniſſe weſentlich er⸗ weitert hat. Der Scheidungsrichter von Neno Reno iſt bekanntlich das„Scheidungs⸗ paradies“ der Vereinigten Staaten. Wer ſeinen Ehepartner loswerden will, fährt nach Reno und behauptet, ſeeliſch mißhandel worden zu ſein. Der Reſt iſt dann nur noch eine Formalität, falls die finanziellen Aus⸗ einanderſetzungen nicht noch längere Ver⸗ handlungen notwendig machen. Der An⸗ drang der Scheidungsluſtigen war ſo ſtark, daß man vor einiger Zeit— ähnlich wie dei Heiraten in Schottland— eine dreiwöchige Aufenthaltsfriſt als Vorausſetzung für die Scheidung verlangt hat. Die Scheidungsrichter von Reno haben entſprechend viel zu tun. Am meiſten be⸗ ſchäftigt iſt aber wohl Mr. Thomas Mor⸗ gan, der dieſer Tage das Jubiläum ſeiner 30 000. Scheidung feiern konnte. Er hat für dieſen Rekord 24 Jahre gebraucht, ſo daß im Durchſchnitt auf ein Jahr immerhin nur 1200 Scheidungen entfallen. Der Durchſchnitt täuſcht hier aber, denn es iſt ja noch nicht gar ſo lange her, daß Reno das Scheidungs⸗ „Paradies“ wurde. Der größte 30 000 Scheidungen dürfte alſo wohl auf die letzten zehn Jahre entfallen. Nach Wildweſt⸗Vorbild Baſel, 27. Dezember. Ein lebhaft an Gangſterüberfälle erin⸗ nerndes Vorkommnis trug ſich abends kurz vor 19 Uhr in dem Büro einer Kohlenhand⸗ lung auf dem Dreiſpitz zu. Ein maskierter Mann drang mit einer Schußwaffe in der Hand in den Büroraum ein und forderte den letzten dort befindlichen Büroangeſtellten auf, den Kaſſenſchrank zu öffnen. Im Hinblick auf die drohende Schußwaffe wurde der Schrank auch geöffnet und der Räuber entwendete den geſamten Inhalt. ungefähr 1800 Franken, worauf er den Bü⸗ roangeſtellten auf einem Stuhl feſtband und ihm mit einem Tuche den Mund verband. Der Räuber konnte darauf unerkannt enk⸗ kommen. Nach etwa einer Stunde gelang es dem Gefeſſelten ſich zu befreien, worauf er die Polizei alarmierte. Recht Teil der ſtärkt baue fa ſprt gahte reſort neue lung Veit Mini lichun ander ab. 0 licht die( ordnu Reich mode! danker gehöt leiten ſchen Part. len e die g Bee Staat Farbe kes zu damit Deutſc forder berger des hat, h alſozi wichtig gedehr Hen mägt, daß a berant Cinſtel tend wie an teligt Kundg wieder in Nit lenders des d. Ernted wie di Dazu t Zeige Bauern under ſerdahn ſſt noc In weiter. Lehr Auer U Adee Ach ihn der Hältniz weſchez dung