8—— Autlicher Teil. Bekanntmachung. Betr.: Leſeſtoff für Kriegsgefangene. Es iſt von der Inſpektion mehrfach feſtgeſtellt worden, daß Kriegsgefangene auf Arbeitskommandos und ſogar in Unterkünften im Beſitze von Leſeſtoff ſelbſt in franzöſiſcher Sprache geweſen ſind, der von der zuſtändigen Poſtprüfungs— ſtelle nicht geprüft war. Teilweiſe war er ſogar für ſie durch die Arbeitgeber von dritter Seite und aus Leihbibliotheken beſchafft worden. Es wird darauf hingewieſen, daß nur ſolcher Leſeſtoff den Kriegsgefangenen in die Hand gegeben werden darf, der den Stempel der Poſtprüfungsſtelle ihres Lagers trägt, und daß Verſtöße hiergegen nach der Verordnung des Komman— dierenden Herrn Generals vom 26. 3. 1917, Ulb Nr. 5553/ 1702 unter Umſtänden gerichtlich verfolgt und beſtraft werden müſſen. Viernheim, den 27. Februar 1918. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Betr.: Reinigen der Kamine. Das Reinigen der Kamine dahier findet am Donners— tag, den 7. März 1918 ſtatt. N Viernheim, den 4. März 1918. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Verkehr mit Zucker. Wir bringen hiermit zur Kenntnis, daß für den Monat März 1918 auf den Kopf der Bevölkerung 1 Pfund Zuk— ker ausgegeben wird. Die Marken Nr. 3 und 4 haben Gül— tigkeit. Vom Bezug ſind diejenigen Perſonen ausgeſchloſſen, denen der Zucker wegen Nichtablieferunng von Milch geſperrt iſt. N Heppenheim, den 1. März 1918. Großherzogliches Kreisamt Heppenheim. v. Hahn. Bekanntmachung. Betr.: Butterverſorgung. Mittwoch, den 6. ds. Mts. wird in nachſtehender Reihenfolge an die Nummer 1 bis 1000 der Bezugsberech— tigten Butter ausgegeben. Es entfällt 50 gr. auf den Kopf zum Preiſe von 30 Pfg. Die Reihenfolge iſt ſtrengſtens einzuhalten. Vormittags von 8 bis 9 Uhr Nr. 1 bis 250 9 10*„ l 501„ 750 1000 Betr.: 7. 1 77 0 I 10 5 11. 75 1 10 77 12 I 9 751 I Viernheim, den 5. März 1918. „ Großh. Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Gemeindekaſſe. Wegen des Monatsſchluſſes muß der Zahltag am nächſten Donnerstag ausfallen.— Dringend notwen- dige Kaſſengeſchäfte, namentlich solche, die noch mit dem Abschluß zusammen hängen, ſind am Mittwoch von 11 bis 12 Uhr zu erledigen. Viernheim, den 4. März 1918. Jö ſt. Bekanntmachung. Betr.: Den Bezug von Saatgerſte durch den Kommunal— Verband. Der Kommunalverband Heppenheim teilte uns heute auf unſere Vorſtellung mit, daß er in der Lage iſt D Snuuatgerſte zu liefern. Der Preis kann zr. Zt. noch nicht angegeben werden. Diesbezügliche Anmeldungen werden am Mittwoch, den 6. ds. Mts. vormittags auf unſerem Meldebüro entgegengenommen. Der Flächeninhalt der zu bebauenden Grundſtücke iſt hierbei anzugeben. Viernheim, den 5. März 1918. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Betr.: Lebensmittelverſorgung; hier Bezugskarten. Wir haben die Wahrnehmung gemacht, daß ſich trotz unſerer wiederholten Bekanntmachungen hier immer noch Familien finden, die auf ihren Bezugskarteu mehr Familien— mitglieder verzeichnet haben, als in Wirklichkeit vorhanden ſind. Meiſtens iſt dies darauf zurückzuführen, daß die Aen— derungen im Familienſtand, die durch Wegzug, Einberufung, Sterbefall pp. eingetreten ſind, nicht bet uns ſogleich unter Vorlage der Bezugskarte gemeldet wurde. Die Folge davon iſt, daß dieſe Perſonen mehr Lebensmittel beziehen, als ihnen rechtlich zuſtehen. Die Säumigen fordern wir daher letztmals auf dies— bezügl. Abmeldungen bis ſpäteſtens 5. März 1918 unter Vorlage der Bezugskarte auf unſerem Lebensmittelbüro nach— zuholen. Nach dieſem Zeitpunkte werben wir ſämtliche Bezugs— karten zur Prüfung einziehen laſſen und die betreffenden ſäu— migen Haushaltungsvorſtände wegen Betrugs zur Anzeige bringen. Viernheim, den 27. Februar 1918. Großherzogliche Bürgermeiſterei Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Betr.: Milchverſorgung. Auf Grund der Bekanntmachung der Landes-Milch- und Fettſtelle vom 18. Dezember 1917 hat das Großh. Krels⸗ amt Heppenheim das Folgende angeordnet: Die Kuhhalter ſind verpflichtet, die von ihnen erzeugte Milch an die Sammelſtellen abzuliefern. Die Verfütterung von Vollmilch iſt grundſätzlich nur für die Aufzucht von Kälbern. höchſtens auf die Dauer von 4 Wochen geſtattet. An andere Tiere darf weder Voll- noch Magermilch verfüttert werden. Die Kuhhalter ſind verpflichtet die Geburt, das Ge— ſchlecht und den Abgang eines Kalbes bei Großh. Bürger— meiſterei anzumelden. Die Erfaſſung der Milch erfolgt auf dem Wege des Umlageverfahrens mit deſſen Durchführung in hieſiger Gemeinde eine Kommiſſion beauftragt wurde. Dieſelbe wird im Laufe der nächſten Woche in jedem einzelnen Kuhſtalle die Milchergiebigkeit der in demſelben untergebrachten Kühe feſtſtellen und die Pflichtmenge feſtfetzen. Zur Ermittelung der Milchergiebigktit können von der Kommiſſion Melkproben vorgenommen werden. Die Kuhhalter ſind verpflichtet, der Kommiſſion alle geſtellten Fragen auf Pflicht und Gewiſſen zu beantworten und auf Verlangen das Melken der Kühe vorzunehmen. Die Milchknappheit in unſerer Gemeinde verlangt es, daß das Umlageverfahren baldmöglichſt zur Durchführung kommt, weshalb wir alle Kuhhalter auffordern, der Kommiſſion das ohnehin ſchwierige Amt zu erleichtern. Viernheim, den 26. Februar 1918. Großherzogliche Bürgermeiſterci Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Betr.: Die Unterbringung ſtädtiſcher Schulkinder auf dem Aäulfruf! An die Bewohner der Gemeinde Viernheim Durch die Güte wohlmeinender Menſchen, vor allem Landwirten, wurden im verfloſſenen Jahre 10 000 Stadt kindern in den Sommermonaten im Großherzogtum Heſſen Landaufenthalt gewährt. Auch in dieſem Jahre fordert die Not gebieteriſch, ſtädtiſchen Kindern des Heſſenlandes Land— aufenthalt zu gewähren, um den Ernährungsſchwierigkeiten, die in der Stadt viel grötzer ſind wie auf dem Lande, beſſer begegnen und dadurch einen Ausgleich zwiſchen Stadt und Landbevölkerung ſchaffen zu können. Unſere Kinder, die unſere kommende Generation werden und Deutſchlands Zu kunft bilden ſollen, müſſen vor Unterernährung und Siech tum bewahrt bleiben. Alle diejenigen, die ein ſtädt. Kind in ihrer Familie aufzunehmen gewillt ſind, auf unſerer Kanzlei, woſelbſt die Bedingungen eingeſehen werden können, bis 15. März J. Js. melden. Land— wirte! Nehmt die kleine Pflicht auf Euch. Auch denkt des Heimatlandes für Euer Liebeswerk. Ihr erwerbt Euch dabei gleichzeitig ein großes Verdienſt wollen dies um unſer gemein ſames Vaterland, dem Ihr damit durchzuhalten helft. Euch nie vergeſſen werden, was wartet danken Mütter und Väter, die Ihr ihren Kindern getan habt! Es Junge, ſo manches Mädches, die im Vorjahre nicht geſandt werden konnten, auf Aufnahme bei Euch. 5 den Stadtkindern Sonnenschein und Wärme, Kraft für Leib und Seele, damit dem Vaterland eine kraftvolle und frohe Jugend heranwachse! Berückſichtigt dabei auch die kleineren, denen eine Erholung ſehr nottut! Zur Erleichterung der Verpflegung wurde be ſtimmt, daß, ſoweit ſich Landwirte zur Aufnahme vou Kin dern verpflichten, ihnen zu deren Ernährung die erforde lichen Mengen in gleicher Höhe zu belaſſen ſind, wie Angehörige ihrer Wirtſchaft. Unſere Gemeindeeim haben in rührender Weiſe bei allen Anläſſen, inn! galt, ihre Opferwilligkeit und ihre vaterländiſche Geſin zum Ausdruck zu bringen, dies in ſchönſter Weiſe 0 ſodaß wir uns auch bei dieſem Liebeswerk der Ueberzeus hingeben dürfen, daß unſere tüchtige Cinwohnerſchaft beſondere unſere Landwirte, dasſelbe nach Kräften förd helfen und eine überaus wichtige vaterländiſche Pflich erfüllen bereit ſind. Viernheim, den 26. Februar 1918. Großherzogliche Bürger meiſterei Viernheim. Lamberth. Bekanntmachung. Am 28. Februar 1918 iſt eine Bekanntmachung Nr.. 20. 1/2. 18. K. R. A., betreffend„Höchſtpreiſe für Eichen- und Fichtenrinde“, erlaſſen worden. Der Wortlaut der Bekanntmachung iſt in den Amts— blättern und durch Anſchlag veröffentlicht worden. Stellv. Generalkommando 18. Armeekorps. Bekanntmachung. Am 1. März 1918 iſt eine Nachtragsbekanntmachung Nr. W. M. 90/12. 17. K. R. A. Nr. W. M. 1300/2. 15. K. R. A. betreffend„Beſchlagnahme und Beſtandserhebung von Bellei— zu der Bekanntmachung vom 1. Februar 1916, dungs⸗ und Ausrüſtungsſtücken für Heer, Marine und Feld poſt“, erlaſſen worden. Der Wortlaut der Nachtragsbekanntmachung iſt in den Amtsblättern und durch Anſchlag veröffentlicht werden. Stellb. Generalkommando 18. Armeckotps. 5 ſo mancher Ein gebrauchtes, guterhaltenes Je Gb 0 Fahrra zu kaufen gesucht. Von wem, ſagt die Exped. Pfuhlfaß 500 Liter Inhalt, gibt ab Jakob Klee 1. Bürſtädterſtr. Sauerkraut Pfund 18 Pf., zu haben bei Johaun Ehrhardt, Blauehutſtraße 51. Die Herstellung Eine . W f„ 5 5 Uros 1 lege zu verkaufen Jakob Beyer. Ein faſt neuer 9428 0 Kinder wagen (Sitz- und Liege-Syſtem) iſt zu verkaufen. Von wem, ſagt die Exped. Ingendwehr. Morgen Abend 8½¼ Uhr Ne 13 im Verſammlung in der Götheſchule. Feſt⸗ ſtellung des diesjährigen Wehr— turnens, Beſtimmung für die auf Sonntag anberaumte Felddienſt-Uebung. Derjenige, wel ö Verſammlung erſcheint, der Uebung nicht beiwohnen. Der Vorſtand. Tlauerbriefen l. Totenzetteln besorgt schnell und billig die Buchdruckerei Johann Martin Butterſtößer Kartoffelſtoßer Kochlöffel Wergelhölzer ſind eingetroffen bei Jakob Beyer. er nicht zun kann Frachtbriefe zu haben in der Exp. d. Bl. und Abſatz-Geuoſſenſchaſt ieruheim. 2 9. V leesamen . 3.10, ſowie rgebãck e per Schoppen E II 12 r Hühner und ſon Geflügel Der Vorstand. „Ordnung Gemeinde. Ehefrauen geb. Bugert, Johann Lahres, und Eliſabeth füt Magdalena Friedel geb. reltern. A. für den den Helden— b Schalk 2 für Maria Eve kargaretha Heckmann Meſſe. für Jakob Brecchtel, le und Angehörige. für Katharina Benz geb. Adler, Angehörige. „G. für Edmund Bläß 3. Träger, Sohn Michael und 1 Wunderle, Eltern Ehefrau hr beſt. S.-A. für den in Amerika n Mathias Eltern und Geſchwiſter. Am Mittwoch iſt bei den Engl. Fräulein, am Donners— tag bei den Barmh. Schweſtern um 7 Uhr hl. Meſſe. alten Kirche an Werktagen: Donnerstag: ½7 Uhr geſt. S.⸗A. für 5 frau und Tochter Anna Maria. 7 5.-A. für Matthäus Winken— id Tochter Eliſabeth. A, für Gg. Schneider 2. Ehefrau Cleopha o geb. Lammer, Kinder: Johann und A. Maria geehl. Neff und Schwliegerſ. Joſef Friedel. Am nächſten Sonntag halten alle Jünglinge ihre Oſterkommunſon. Die Eltern werden gebeten, ihre Söhne hierzu anzuhalten. Zugleich gemeinſchaftliche hl. Kommunkon für die Schüler der Herren Lehrer Lipp und Valbauf. Velcht für dieſe um 2 Uhr. Am nächſten Sonntag iſt Kollekte In del Johannes für ble Wallfahrtg— kirche Marla Steinbach in Oberheſſen, Am nächſten Mittwoch iſt von 3 5 Uhr Krleg g beratung sſtunde im Pfarrhauſe, Erſcheint dreimal wöchentlich: Geſchäfts⸗ Anzeiger Dienstag, Donnerstag u. Samstag Bezugspreis: monatlich 50 Peg. einſchl. Trägerlohn Gratisbeilagen: „Illuſtriertes Sonntagsblatt“, Wand— kalender und Fahrplan. Autsllatt der Großh. Büirgerneiſterei Enthält alle amtlichen Ankündigungen der Behörden Viernheims un Inſerate finden in der Bürger-Zeitung wirkſamſte Verbreitung.— Für Wohnungsinſerate Ausnahme-Tarif. Redaktion, Druck und Verlag: Joh. Martin, Viernheim, Rathausſtraße. Unabhängiges Organ Vereins- Anzeiger * eitung Juſeratenpreis: 11 Viernheim 1 Umgebung. Die 1 ſpaltige Petit-Zeile 25 Pfg., die Reklamezeile 60 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Beilagen im Gewichte bis zu8 Gramm 9 Mk. ſurs Tauſend. Bei Klageerhebung kommt jeder Rabatt in Wegfall. Telefon 217 1 28 7 Donnerstag, den 7. N Teleſon 217 1918 Der Zuſammenbruch des ruſſiſchen Eiſenbahnweſens“ Noch im Anfang des Jahres 1917 konnte eine über— aus lebhafte Bau- und Verkehrstätigkeit auf den ruſſi— ſchen Bahnen feſtgeſtellt werden. Es ſchien, als ſollten die alten Fehler und Unterlaſſungen mit Hilfe der Kriegs gefangenen, die in Maſſen zum Bahnbau, zu Strecken⸗ ausbeſſerungen, Geleisverlegungen und Stationserweite— rungen auf allen Linien herangezogen wurden, wieder— gutgemacht werden. Deutlich trat das Beſtreben nach Herſtellung einer zureichenden Verbindung des Stillen Ozeaus mit den ruſſiſchen Meeren und dieſer unter— einander zutage. f Durch Ausbau der Linien von Uralſk über Ilezl! nach Orenburg und Ufa ſollte das Kaſpiſche Meer ebenſo wie durch den projektierten Anſchluß der Buchara-Bahn an die neue Linie Semipalatinſk—Omſk Verbindung mit dem Stillen Ozean bekommen. Die neue Linie Niſhni Nowgorod— Bjatka ſollte im Anſchluſſe an die bis Kraß— noborſk ſchiffbare Dwina eine Entlaſtung der Archan— gelſk—Wologdaer Linie bringen und einen neuen Weg für die Verbindung des Mittel-Uraliſchen Induſtriebe— zirkes mit dem Donbecken und dem Schwarzen Meere bilden. Durch beſchleunigten Ausbau der Strecke Jeka— terinburg—-Kaſan wurde eine weitere Verbindung Mos— kaus mit dem Ural angeſtrebt, desgleichen durch die Linie Ufa— Bugulma ein neuer Strang zur Wolga bei Sim— birſk gezogen. Die groſſen Walzwerke des Donezbeckens waren Tag und Nacht mit der Herſtellung von Schienen und Ober— baumaterial beſchäftigt, die Arbeiten ſchritten befriedigend weiter und verſprachen guten Erfolg des großzügigen Planes, der durch eine rege Brücken-, Kanal- und Straßenbautätigkeit ergänzt wurde. Nach Ausbruch der März-Revolution kam anfangs eine gewiſſe Stockung in die Arbeiten, die aber noch im Auguſt, wenn auch langſamer, dennoch planmäßig fortgeführt wurden. Unter dem Regime der Bolſchewiki hat jede Bautätigkeit in Rußland aufgehört. Die Zen— traldienſtſtellen ſind zu Zerrbildern herabgeſunken, die Fachleute durch bolſchewiſtiſche Dilettanten erſetzt. Die Walzwerke ſtehen ſtill, die Gruben haben die Förderung auf Bruchteile eingeſchränkt. Der Zuſchub von Baumaterial hat aufgehört. Das rollende Wagenmaterial befindet ſich in einem jammervollen Zuſtande. Rußland ſteht im Zeichen einer Transportkriſe, deren Folgen auf Jahr— zehnte hinaus zu ſpüren ſein werden und die am beſten durch den Bericht des Hauptreferenten auf dem jüngſt abgehaltenen Eiſenbahnerkongreß gekennzeichnet wird, der die Lage des ruſſiſchen Verkehrsweſens als Todeskampf bezeichnete. Auf dieſem Kongreſſe wurde die Schuld an der Ver— nichtung des ruſſiſchen Transportweſens offen der zum Ruin führenden Politik der Bolſchewiki beigemeſſen. Erwähnenswert iſt, daß am Tage der Abreiſe der Abordnung der Mittelmächte, auf dem Bahnhöfe in Pe— tersburg bloß zwei Lokomotiven verfügbar waren, deren eine infolge verſchiedener Schäden nur 15 Kilometer in der Stunde laufen konnte. Der Zugverkehr iſt bedeutend eingeſchräukt, die Ver ſpätungen überſchreiten jedes Maß. Die durchſchnittliche Fahrtdauer von Petersburg nach Dünaburg(im Frieden 11—12 Stunden) ſchwankt oft zwiſchen 60 und 80 Stun— den. Die Wagen ſind ungeheizt, zumeiſt ohne Beleuch— tung, die Bänke und Fußböden ſtarren von Schmutz und menſchlichem Unrat; bei Abgang der Züge ſpielen ſich die wüſteſten Szenen ab, täglich werden erfrorene Men— ſchen, die in den Wagen keinen Platz finden, von Tritt— brettern und ſelbſt Wagendächern herabgenommen., DPieſer, Auſſatz iſt auf Grund von Beoba htungen und Studien entſtanden, welche ein Teilnehmer an der Delegalkonsreiſe nach Petersburg dort vor kurzem an Ort und Stelle ge— macht hat. Die Schriftleitung. Lolale Nachrichten. „ Miernheim, 6. Märg. Die neueſten Beamten der Kriegswirtſchaſt hat nunmehr die Kreisbehörde in Alzey in der Perſon eines Kees Milchrevlſors und eines Kress Probemebbes erfunden, Man ſah ſich zu dieſer Maßnahme veranlaßt, da dle wiederholten Mahn ungen der Mehhrde gur Geflüllung der Milchablleferungs pflicht ſettens der Kuhhalter belſach nicht beachtet werden. Der Probemelker wirh vereſhligt und angehalten, überall und gu allen Zelten Probeſmelkeſn borgunehmen. Pon dieſer Maßmahme erhoſſt man eine gusglehlgere Heraugiehung der Mlülchmengen sil bie allgeſmeln Molksernahrung, * Viernheim, 6. März.(Dem Verdienſte ſeine Krone.) Aus Erbenheim bei Wiesbaden wird dem„Türmer“ berichtet, daß dort ein Land- und Gaſtwirt unlängſt das Ver— dienſikreuz für Kriegshilfe erhalten habe, derſelbe, der Ende Juli 1917 zur Zeit der ſchlimmſten Ernährungsnöte den Zent— ner Kartoffeln zu 100 Mark verkaufte. Der Mann erhielt das „Verdienſt“-Kreuz. Heddesheim, 5. März. Zurückſtellungs— geſuche von Unab kömmlichen. Leute, die bis— her kriegsunbrauchbar, jetzt gv. oder av. ſind, glauben, daß ſie nicht eingezogen werden. Dies iſt falſch. Ein jeder Nicht— kriegsbrauchbare wird bei Bedarf eingezogen. Unter Umſtän— den erſt lange nach der Muſterung. Wer unabkömmlich iſt, reiche beim Bezirksamt Zurückſtellungsgeſuch ein, bevor er ein— gezogen wird und erneuere die genehmigte Zurückſtellung vor Ablauf rechtzeitig. Zurückſtellungsgeſuche nach erhaltenem Ge— ſtellungsbefehl können im allgemeinen keine Berückſichtigung finden. — Eine Verfügung über die Breunholzab⸗ führ iſt vom ſtellv. komm. General des 14. Armeekorps erlaſſen worden, in welcher beſtimmt wird, daß zur Sicher ſtellung der Abfuhr von Nutz- und Brennholz Hol z— abfuhrausſchüſſe zu bilden ſind. Sie beſtehen aus dem zuſtändigen ſtaatlichen, ſtädtiſchen oder ſtandesherr— ſchaftlichen Forſtamtsvorſtand und einem von der Ge meindeverwaltung beſtimmten Vertreter. Die Inhaber von Pferde-, Ochſen- und Kuhſuhrwerken ſind verpflichtet, auf eine Aufforderung hin für jeden von dem Holzabfuhr— ausſchuß bezeichneten Auftraggeber die jeweils beſtimm— ten Mengen an Nutz- oder Brennholz abzuführen. Weiter iſt nach der neuen Verordnung jede männliche Perſon berpflichtet, auf die Aufforderung des betreffenden Holz— unfuhrausſchuſſes bei der Abſuhr von Holz aus den Wäl⸗ dern mitzuwirken. — Hunde an die Front! Bei den Kämpfen an der Weſtfront haben die Hunde durch ſtärkſtes Trommel— feuer die Meldungen aus vorderſter Linie in die rück— wärtige Stellung gebracht. Hunderten unſerer Soldaten iſt durch die Meldehunde das Leben erhalten worden. Es eignen ſich der deutſche Schäferhund, Dobermann, Airedal— Terrier und Rottweiler, auch Kreuzungen aus dieſen Raſſen, die ſchnell, geſund, mindeſtens 1 Jahr alt und bon über 50 Zentimeter Schulterhöhe ſind. Die Hunde verden im Erlebensfalle nach dem Kriege an ihre Beſitzer zurückgegeben. Sie erhalten die denkbar ſorgſamſte Pflege. Sie müſſen koſtenlos zur Verfügung geſtellt werden. Stellt Fure Hunde in den Dienſt des Vaterlandes! Anmel— mungen ſind zu richten: an die Inſpektion der Nachrichten— ruppen, Berlin W., Kurfürſtendamm 152, Abt. Melde— zünde. ö — Holzbodenſchuhe, Von zuſtändiger Seite wird ins geſchrieben: Es iſt bekannt, daß zurzeit ein großer Mangel an brauchbarem, kräftigem Schuhwerk herrſcht. Dabei fehlt es insbeſondere in den gangbarſten Größen— ummern 36 bis 45. Um der immer größer werdenden Schuhnot zu ſteuern, iſt es notwendig, daß ſich die Bevöl— kerung, insbeſondere diejenige der ländlichen Bezirke mit der Aufnahme von Holzbodenſchuhen, gegen die ſie ſich bisher geſträubt hatte, befreundet. Bei dieſen Schuhen werden unter die alten abgetragenen Lederoberſchäfte neut Ganzholzſohlen oder Vollholzſohlen angebracht. Dieſes Verfahren wird in beſonderen Kurſen am Gr. Landes— gewerbeamt in Karlsruhe gelehrt, und es empfiehlt ſich, daß möglichſt viele Schuhmachermeiſter aus allen Ge— genden des Großherzogtums Baden an dieſen Kurſen teilnehmen. Für die Herſtellung von Holzſohlen haben ſich größere Fabriken gut eingerichtet, ſodaß fortwährend größere Mengen den Schuhmachermeiſtern und Schuh— fabriken zur Verfügung geſtellt werden können. Da auch die Anfertigung von Erſatzſtoffen für das Oberleder in den mit der Herſtellung von Papierſtoffgeweben beſchäftigten Betrieben gute Fortſchritte macht, ſo dürfte in abſehbaren Zeit der Mangel an Holzbodenſchuhen behoben werden. — Das Mittagsſchläſchen. Ein Mieter in Ber— lin wurde in ſeinem gewohnten Mittagsſchläſchen regel— mäßig durch einen Muſikautomaten geſtört, der in einem anſtoßenden Gaſthaus in Bewegung geſetzt wurde. Er nahm die Hilfe der Polizei in Anſpruch, die das Spielen in der Mittagszeit verbot. Der Wirt rief richterliche Entſcheidung an und das Oberverwaltungsgericht hob als letzte Juſtanz das Verbot auf. Die Ruhezeit, auf die leder Auſpruch habe, beginne erſt abends 10 Uhr. . Die 8. Kriegsanleihe. Zur gewohnten Ze't, eil halbes Jahr nach der 7. Anleihe, rüſtet ſich die Finanzverwaltung des Reiches, eine neue Kriegsanleihe aufzulegen. Die bekannten 5 prozentigen Schuldverſchrei⸗ bungen und daneben die 4½ prozentigen auslosbaren Schatzauweiſungen, beide zum Preiſe von 98 Mk. für 100 Mk. Nennwert. werden wieder aufgelegt. Wird die 5 Kriegsanleihe in das Schuldbuch eingetragen— mu Sperre bis 15. April 1919— ſo ermäßigt ſich der Zeichnungspreis auf 97,80 Mk. Die Zeichnungsfriſt läuf bom 18. März bis 18. April. Die Einzahlungen können in 4 Raten(am 27. April 30 Prozent, am 24. Mai 20 Prozent, am 21. Juni und 18. Juli je 25 Prozent des gezeichneten Betrags) geleiſtet werden. Der Zinſenlauf beginnt am 1. Juli 1918. Ein Umtauſch der älteren Schuldverſchreibungen und. Schatzanweiſungen in Schatz⸗ anweiſungen der 8. Kriegsanleihe iſt in demſelben be— ſchränkten Maße wie früher ebenfalls wieder zugelaſſen. — 11. Staatslotterie. Die 3. Klaſſe dieſer Lotterie mit 10000 Gewinnen im Geſamtbetrag von 1953 864 Mk., worunter 2 Hauptgewinne mit je 75 000 Mk., wird am 12. und 13. März d. J. gezogen. — Ein Troſt für Raucher. Nach einer Bundes— ratsverordnung iſt die Verwendung von Erſatzſtoffen aller Art bei der Herſtellung von Zigarren verboten; Ta— bakrippen dürfen nur bei Zigarren bis zum Preiſe von 7 Pfennig das Stück beigemiſcht werden. Erſatzſtoffe wie Hopfen, Buchen, Zichorien- und Kirſchblätter ſind nur bei Rauchtabak(bei Zigaretten nicht mehr als 10 Pro— zent Hopfen) erlaubt.— Die Raucher werden aufatmen, wenn ſie die bundesrätliche Verſicherung erhalten, daß ſie zwar bei ihren Zigarren„bis zum Preiſe von 7 (ſieben) Pfennig“ etwas Tabakrippen mit in den Kauf nehmen und mitſchmauchen müſſen, daß aber alle„teu— reren“ Zigarren„garantiert rein“ ſein müſſen.— Sollte es im Bundesrat wirklich keine Rauch-Sachverſtändigen geben? — Treibriemendiebſtahl iſt Landesverrat. Das außerordentliche Kriegsgericht zu Köln, hals ein Urteil gefällt, wonach Treibriemendiebſtähle in Betrie⸗ ben, die für das Heer arbeiten, als Landes verrat anzuſehen ſind. Das Gericht verurteilte den 36jährigen Arbeiter Ernſt Siegel, der in den Farbenfabriken in Leuerkaſen einen Treibriemen geſtohlen hatte, zu 9 Jah— ren Zuchthaus. — Reiſebrotmarken. Wir machen nochmals dar— auf aufmerkſam, daß die bisher gültigen Reiſebrotmar— ken neben den neuen Marken noch bis 15. März ver— wendet werden können. Vom 16. März an ſind ſie ungültig und ein Umtauſch alter Reiſebrotmarken gegen neue findet grundſätzlich nicht mehr ſtatt. Vermiſchtes. 85 100 Mark Geldſtraſe. Die Strakammer in Schwein⸗ furt verurteilte wegen Preiswuchers und Malzſchiebungen nach Nocddeutſchland den Kaufmann Ernſt Schüler aus Schweinſurth zu 85 100 Mark Geldſtrafe oder zwei Jahren Ge— fängnis. Hamſterei der Stad; Berlin. Wie die„Vof hat die Stadt Berlin in ihrem Schlachthof und in nicht weniger als 40000 Zentner Fleiſch auf Vorrat ſtapelt, damit die Stadt, wenn die Fleiſchzufuhr einmal ſt ſollte, für zwet bis drei Wochen mit eiſch verſorgt ſei. Wieviele tauſend Plund mögen davon zugrunde gehen oder ſonſt— wie verſchwinden! „Ausland me'zenſkänke.“ Ein junger Handlungsgehilfe, ſich falſche Namen beilegte, verkaufte in berſchiede „beſte Auslandsſtärke“, das Kilo ron 32 Mark Ware fand in größeren Geſchäften reißenden Abſatz. A Ceſchäftsſeutſe mußten erfahren, daß ſie einem Schwi Opſer gefallen waren; die„Stärke“ war völlig wertl mit Gips vermiſcht. Der Betrüger wurde zu 3 fängnis verurteilt. Galtenmord. Nach einem ehelichen Zwiſte norsehefrau Irmer in Halle ihrem ſchlaſenden? Art den Schädel eingeſchlasßen und ſich dann Kindern in der Saale erträukt. Doppelmord. In der Nacht zum 2. März iſt der gatboltf Piarrer Fiſcher, ein Bruder des verſtordenen Ka in ſeinem Pfarrhaus in Karken in der Eifel mit hälterin von einem 19jährigen Dienſt vet einem Beil ermordet worden. Die Te hat die Tat eingeſtanden und erklärt. d Briefſchreiberin aus Furcht vor Strafe den Haushälterin erſchlagen habe, da der Pfarre Einwohnerſchaft beleſdigenden anonymer Vater Kenntnis zu geben. Grubenunglück. Am Donnerstag f ſich in der Schachtaunkage 1 bis 2 der 3 auf dem Flöz Hugo bel Herne in ſchlagender Wetter. Bis nachmittags 1 Ur geborgen. Der Betrieb war nur vorsbergehe Verbrannt. In dem Dorſe Neu daus de E 8 brannte beim Anzünden eines ſen it Pelreleam eint Ran mit ihren zwei Kindern Salvarſan. Die Stteitſt Ausbeutung— ein Hi 1 Mark verkauft— in J gegen Syohilis⸗ErRrantung Ae eden ſchädlich iſt, wurde diefer Tage mMn Sprache gebracht. Das Arteit de N cker, Der W Or. Regenborn tellte it, eit Eesti Nes See die Jahl der an Sor hits Ettanten en Neeeet um 8 Veeitg Leittegen. 0 * ee ge dehe A Wntde EmRnmNRunndel 7 ERKRußzlands Induſtrie. Anter der Herrſchaft der Bolſchewiki. Als die Bolſchewiki im Dezember 1917 mit der Nationaliſierung, d. h. Enteignung mancher Petersburger und Moskauer Fabriken begannen, Dinoktoren, Ingenieure und Betriebsleiter davonfagten und Arbeiterräte mit der techniſchen und kommerziellen Leitung von Fabriken be⸗ trauten, beſchloß der Zentralverband der ruſſi⸗ ſchen Induſtriellen ſchärfſte Stellungnahme gegen die Gewaltmaßregeln der Regierung. Noch ehe die Berſtaallichung in aller Form durchgeführt wurde, hatten die Arbeiter verſucht, beſtimmen⸗ den Einfluß auf die Geſchäftsgebahrung der Induſtrie zu nehmen. Sie beſchränkten ſich keineswegs auf die gütliche Regelung von Lohn⸗ fragen uſw., ſondern verlangten die Krontrolle über den Ein⸗ und Verkauf, die Korreſpondenz, die Finanzen uſw. und versuchten, ot unter Ge⸗ waltanwendung, eine Art Nebenregierung in Form der ſogenannten Arbeiterdirektorien in den Fabriken einzurichten. Die Induſtriellen beantwor⸗ ſelen dieſe Übergriffe mit der Sperrung der Werke, was aber die Arbeiter nicht hinderte, den Be⸗ trieb gewaltſam weiter ſortzuführen. Natur⸗ gemäß kam es ſehr bald zum Zuſammenbruche der derart geleiteten Unternehmungen und in weiterer Folge zur endgültigen Lahmlegung der Fabtiken, zu Arbeitsloſigkeit und häufig zur Zerträmmerung der Maſchinen durch die erregten Arbeiter. In Petersburg und Moskau gibt es über eine halbe Million Arbeitsloſe. Die Geſamt⸗ produktion der ruſſiſchen Induſtrie iſt im Ver⸗ gleiche zur Friedenszeit auf etwa 5% geſunken. Die induſtrielle Kataſtrophe wird beſchleunigt durch die Aufhebung der Akkordarbeit und die Einführung der tageweiſen Entlöhnung bei gleichzeitigem ungeheuren Hinaufſchnellen der Lohnſätze. Neben der völligen Zerrüttung der Arbeitt⸗ und Lohnverhältniſſe wirkt die Trans⸗ portkriſe, die jegliche Vorſtellung übertrifft, im Verein mit dem Mangel an Kohle und ſonſtigem Heizmaterial, der rieſigen Anzahl„kranker“ Lokomotiven und Waggons beſchleunigend auf den Zerfall der ruſſiſchen Induſtrie. Mitten in den Todeskampf der noch arbei⸗ tenden Fabriken Rußlands fiel die Verſtaat— lichung der Banken durch die bolſchewiſtiſche Regierung, die Sperrung der Guthaben, die gewaltſame Offnung der Saſes, lauter Maß⸗ begeln, die dem geſchäftlichen Leben den Reſt geben. Die Induſtriellen haben jegliches Intereſſe an der Produktion verloren, weil durch die Maßnahmen der von Tag zu Tag rückſichts⸗ loſer wütenden Regierung die Freude an Arbeit und Erwerb der Sorge vor dem nächſten Tag gewichen iſt. Das hiſtoriſche Schlagwort aus der Zeit der früheren ruſſiſchen Revolution: „Je ſchlechter, um ſo beſſer!“ iſt neuerdings in Kraft. Die für die Anknüpfung von Handels⸗ beziehungen entſcheidende Frage nach dem Be⸗ darf der ruſſiſchen Induſtrie einerſeits und ihrem Exportwert anderſeits läßt ſich zuſammenfaſſend dahin beantworten, daß es an allem mangelt, aber gegenwärtig an nichts Bedarf iſt. Es fehlt an Kohle, Zinn, Mangan, Silicium, Wolfram, Leder, Graphit, an Traͤgern, Schienen, Drähten aller Art, an Zement, Ziegeln, an Riemen, Seilen, hochwertigem Schmiermaterial, an Dichtungen, Packungen, lurz an allem Induſtriematerial. Nur Drehbänke und Bohrmaſchinen ſind infolge Ausſchallung der ruſſiſchen Kriegsinduſtrie in großer Anzahl freigeworden. Hingegen mangelt es an Hobels⸗, Fräs- und ſonſtigen Präziſionsmaſchinen, die entweder nicht vorhanden oder infolge unſach— gemäßer Behandlung unbrauchbar ſind. Qualitätsſtähle ſind nicht zu haben; an Werkzeugen, namentlich Feilen, Hämmern, Hacken usw. herrſcht größter Mangel. Der Export landwirtſchaftlicher Maſchinen höherer Ordnung, wie Dampfpflügen, Lokomobilen uſw., konnte für die Mittelmächte vorderhand nicht in Betracht kommen, weil durch die Grund— enteignung und die Aufteilung des Bodens unter die völlig ungeſchulten Bauern das An— wendungsgebiet dieſer Art landwirtſchaftlicher wärtig hauptſächlich Barrenkupfer, das in den Maſchinen außerordentlich verringert worden iſt. Hingegen kämen landwirtſchaftliche Werkzeuge, wie Pflugſcharen, Senſen, Sicheln uſw. ſehr in Frage, doch die völlig unſicheren Geldverhält⸗ niſſe Rußlands werden auch bei Nachfrage und Exportmöglichkeit die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen erſchweren. Für den Import aus Rußland käme gegen⸗ großen uraliſchen Hütlenwerken Bogoflowſti, Nadeſhdinſki und Niſhni⸗Tagilſti⸗Werken in be⸗ deutenden Mengen lagern ſoll, in Frage. Es wird in Petersburg mit 500 bis 600 Rubel per 100 Kilogramm bezahlt. Im Gouverne⸗ ment Orenburg ſollen, wie von einigen Seiten verſichert wird, noch ſehr bedeutende Mengen an Häuten und Fellen aller Art vorhanden ſein. In Süd⸗ und Oſtrußland können Pferde in unbeſchränkter Anzahl aufgebracht werden, während im Norden und Weſten unzaͤhlige Tiere dem Futtermangel zum Opfer gefallen ſind. Die turkeſtaniſche Baumwolle kann in⸗ folge der Transportkriſe nicht an die Verarbei⸗ tungsſtätten gebracht werden. Rohgummi iſt genügend vorhanden, um neben Deckung des Inlandsbedarfes noch große Mengen für den Export freizubekommen. Die drei maßgebenden Werke, die„Ruſſiſch⸗Ameri⸗ kaniſche“ in Petersburg, die Moskauer und die „Provodnik“-Gummiſabrik waren bis zum Früh⸗ jahr 1917 gut beſchäftigt.„Provodnik“ begann ſeit der Bedrohung Rigas durch die Deutſchen ſeine Maſchinen nach Moskau zu überführen und ſollte Ende dieſes Monats mit der Fabri⸗ kation beginnen. In Moskau ſind die techniſchen Betriebs verhältniſſe inſofern günſtiger, als dort noch große Beſtände an Maſut für Feuerungszwecke lagern, da die Moskauer Fabriken ſeit Jahren auf Rohölfeue⸗ rung eingerichtet ſind. Alle drei Fabriken ſind durch die herrſchenden Verhältniſſe zu bedeutenden Einſchränkungen gezwungen worden. Wo es ihnen moglich iſt, zu erzeugen, da tritt der Mangel an Baumwollgeweben für Einlagen in Erſcheinung und hindert die Produktion an Schläuchen, Schnüren, Riemen und Pneumatiks. Der Galoſchenvorrat iſt nahezu vollig erſchöpft. Man nimml in den Induſtriellenkreiſen an, daß die Arbeit der ruſſiſchen Gummiinduſtrie nur noch nach Monaten zählt. Erſatzmütel ſind in Rußland nahezu un⸗ bekannt, weil die an ſich ſchwerfällige, durch die Ententelieferungen überdies verwöhnte ruſſiſche Induſtrie nicht vor die Notwendigkeit der Um⸗ ſchaltung auf Kriegswirtſchaft und Anpaſſung an neue Verhältniſſe geſtellt wurde. Der Druck auf England. Folgen des UÜ⸗-Boot⸗Krieges. Von ſachkundiger Seite war vorausgeſagt worden, daß die engliſchen Ernährungsſchwierig— keiten im Frühjahr dieſes Jahres mit aller Schärfe einſetzen würden, weil dann die Vor⸗ räte aus der letzten Ernte verbraucht wären und England von dann ab nur auf Zufuhren von Überſee angewieſen wäre, deren Eintreffen jedoch der deutſche U⸗Boot⸗Krieg, zumal bei dem jetzt erheblich vergrößerten Sperrgebiet, verhindern würde. Dieſe Vorausſagen erfüllten ſich früher, als man annehmen konnte. Ausſagen des Kapitäns v. Müller und anderer Austauſch— gefangenen ergeben, das bereits im Dezember eine erhebliche Verſchlimmerung der Nahrungs- mittelzufuhr einſetzte, die die Engländer natür⸗ lich auch den in ihren Händen befindlichen Kriegsgefangenen nach Moglichkeit fühlbar machten. Jetzt wird aus vertrauenswürdiger Quelle in Übereinſtimmung mit gelegentlichen englischer Preſſenachrichten bekannt, daß in ganz England außerordentlicher Mangel an Fleiſch, Speck, Butter, Margarine und auch an Getreidemehl herrſcht, dem ſeit einiger Zeit bereits Kartoffel⸗ mehl zugeſetzt wird. Wie ernſt die Dinge liegen, ergeben auch die mehr als vorſichtigen Besprechungen der engliſchen Behörden, die im Grunde genommen auf das Eingeſtändnis hinaus— lauſen, daß die unbefriedigende Lage nicht ge⸗— ändert werden kann. engliſchen Ernährung wird ſerner in ſehr ernſter Weile auch durch die Arbeitseinſtellungen und durch die dauernden Arheiter mit Arbeitseinſtellungen, beſonders in ſchen En mern von Poſtens als Der kritiſche Zuſtand der Abbruch Drohungen der engliſchen und unter dem Eindruck der engliſch-amerikani⸗ N den Minendiſtrikten von Süd⸗Wales und in den Munitionsfabriten von Birmingham beſtätigt. Die Erkenntnis der hoffnungsloſen Lage, die dauernd im engliſchen Volke wächſt, hat auch die Kritik erheblich verſchärft, die an den Maßnahmen der Regierung und noch mehr an ihrer opti⸗ miſtiſchen Darſtellung der Lage— um nicht direkt„Fälſchungen“ zu ſagen— geübt wird. Beſonders aur Reederkreiſen heraus wird die ſchärſſte Kritit geübt, ſo beſonders von Houſton und Holt. Dieſe. Urteile wiegen um ſo ſchwerer, als die Männer, die ſie ausſprechen, ſehr wohl imſtande ſind, die Lage auf dem Frachtmarkte zu beurteilen. Tiefen Eindruck hat es auch in England gemacht, daß das Parlamentsmitglied Lambert erklärt hat, er könne beweiſen, daß allein im Jahre 1917 3½ mal ſo viel Schiffe verſenkt als erbaut ſeien. Auch das Eingeſtändnis des Nahrungsmittelkontrolleurs,„niemand habe er⸗ wartet, daß die Sache ſo ſchief gehen würde“, ſpricht Bände, zumal er dieſes Geſtändnis im Gegenſatz zu den Wünſchen und Weiſungen ſeiner Vorgeſetzten machte, nur um rechtzeitig die Verantwortung von ſich abzuwälzen. Dazu kommt noch eine Reihe anderer Umſtände, die die Unzufriedenheit im Lande ſchüren. In Auſtralien, wo man znnächſt für den Krieg ſo ſehr begeiſtert war, iſt man jetzt des Krieges herzlich muͤde und hat dies auch in der Ablehnung der allgemeinen Wehrpflicht klar zum Ausdruck gebracht. Nicht zu überſehen ſind ſchließlich auch die außerordentlich peſſimiſtiſchen Auslaſſungen des Herausgebers des„John Bull“ Horatio Bottom⸗ leys, der in letzter Zeit mehrſach das Geſpenſt eines allgemeinen Ausſtandes an die Wand gemalt hat. Er würde es zweifellos nicht getan haben, wenn die Lage für England nicht tatſächlich anfinge, verzweiſelt zu werden. Denn Botlomley iſt unbedingt deutſchfeindlich und iſt nur deshalb ſo ſcharf gegen Asquith und für Lloyd George eingetreten, weil er in ihm den einzigſten Verfechter einer Kriegspolitik erblickte, die die unbedingte Niederwerfung Deutſchlands ſich zum Ziele geſtellt hat. Wenn er ſich jetzt ſeit einigen Monaten gegen ihn wendet, ſo iſt das nur darauf zurückzuführen, daß er mit den Schoͤnfärbereien Lloyd Georges unzufrieden iſt und bei ſeiner Kenntnis des engliſchen National— charakters ſich eine beſſere Wirkung verſpricht, wenn man dem Volke ungeſchminkt die Wahrheit ſagt. Ob er damit Recht hat, ſei dahingeſtellt, Vielleicht kennt Lloyd George das engliſche Volk doch noch beſſer wie Horatio Bottomley und wird ſich in ſeiner Taktik,„günſtige Reden“ zu halten, nicht irre machen laſſen, bis die Dinge eines Tages ſtärker als ſelbſt ſeine Unver⸗ ſrorenheit geworden ſind und der zuſammen⸗ ſtürzende Bau ſeiner Lügen ihn und ſeine Helſershelſer unter ſich begräbt. ———.— 1 7—— . 8 J 99 Politiſche Rundſchau. Dent chlaud. neutralen und Ententeblättern wurde neuerdings behauptet, in Griechenland befürchte man unmittelbar nach dem Zuſtande⸗ kommen des Friedens mit Rumänien ein Ulti⸗ matum der Mittelmächte. Wie an unterrichteter Stelle erklärt wird, iſt an dieſen Gerüchten und Befürchtungen nichts Wahres. In Berlin beſteht ſolche Abſicht. Ver— mutlich iſt das Gerücht gefliſſentlich von der In . keine Entente verbreitet worben als ein neuer Verſuch politiſcher Brunnenvergiftung in Griechenland. *Der Vizekanzler v. Payer wird nun ab in ſemer Eigenſchaft berechtigtes Mitglied des Bundesrats für Preußen auch den ſtellvertretenden Vorſitz im Bundesrat führen.— Bei der Übernahme des Vizekanzler hat Herr v. Payer übrigens auch ſein Amt als Aufſichtsratsmitglied der„Frankfurter Zeitung“ niedergelegt.“ Frankreich. geſamte franzöſiſche Preſſe iſt * Die an⸗ geſichts des erneuten ruſſiſchen Friedens⸗ angebotes aufs äußerſte empört. Nach dem der Verhandlungen in man in iſchüchterungsverſuche hafte . als ſtimm⸗ Paris gehofft, die Bolſchewiſten n a mindeſtens für einen ſtarten Widerſtand gegen Deutſchland zu gewinnen. Die Enttäuſchung iſt jetzt um ſo großer und Herpes„Vickpire“ verſteigt ſich ſogar zu dem Ausruf:„Lieber den Jan h als ſolche Schufte!“ f ug laub. 5 *Die Verſchuldung Englands er⸗ regt in ſteigendem Maße die Beſorgnis der leitenden Finanzkreiſe,. In der Tat iſt die Lage des einſtigen„Bankiers der Welt“ nicht be⸗ neidenswert. Die Verſchuldung Englands an die Vereinigten Staaten beläuft ſich ſchon auf viele Milliarden. Nererdings hat England auch in Aigentinien und Uruguay namhafte Anleihen aufgenommen, und jetzt wird bekannt, daß das Schatzamt eine neue Anleihe von 8 Willionen Dollar(33 Millionen Mark) in Japan aufge⸗ nommen hat. Insgeſamt ſchuldet England an Japan weit über 100 Millionen. Belgien. * Durch Erlaß im Geſetz⸗ und Verordnungs⸗ blatt für Flandern hat der Generalgouverneur von Belgien genehmigt, daß der Rat von Flandern aus ſeiner Mitle elf vom Gouver⸗ neur zu beſtätigende Bevollmächtigte für die verantwortliche Leitung und Ver⸗ tretung des Rates wählt. Durch dieſe Bevoll⸗ mächtigten wird die dem Rate übertragene be⸗ ratende Mitwirkung an der Geſetzgebung in Flandern ausgeübt, die ſich übrigens, wie ſelbſt⸗ verſtändlich, nicht auf geſetzgeberiſche Maßnahmen von militäriſchem Belang erſtreckt. Norwegen „Der amerikaniſch⸗norwegiſche Wirtſchafts vertrag ſcheint nun geſichert zu ſein. Wenigſtens veröffentlichen ſämtliche norwegischen Blätter eine Waſhingtoner Meldung, wonach eine Einigung zwischen Amerika und Norwegen über eine vollftändtge wirtſchaflliche übereinkunft erreicht ſei, an der auch Groß⸗ britannten und die übrigen Verbündeten teil⸗ nähmen. Zwei norwegiſche Dampfer mit Futter- und Lebensmitteln wurden infolgedeſſen bereits freigegeben. Die norwegiſche Preſſe enthält ſich vorläufig der Besprechung, nur „Oerebladet“ betont, daß die Nachricht im ganzen Lande befriedigen werde, zumal die erreichten Bedingungen weſentlich beſſer wären, als man urſprünglich erhofft habe. Rumänien. «Der rumäniſche Vertreter wird auf der Verbandskonferenz in Verſailles am 21. Marz nicht erſcheinen. Wie franzöſiſche Blätter melden, wurden ſeine Vollmachten zurück⸗ gezogen. Die beſten Hoffnungen auf Rumäniens Widerſtands fähigkeit ſind, wie der Temps“ aus⸗ führt, geſchwunden. Die Entente ſtehe vor der niederſchlagenden Tatſache, ihre letzte militätiſche Stütze im Orient, naͤmlich die von franzöſiſchen Offizieren wiederorganiſierte rumäniſche Armee, zu verlieren. Griechenland. Der Mailänder„Secolo“ meldet aus Athen, daß das Vorgehen der Mittelmächte gegen Ru⸗ mänien ſteigende Beunruhigung in Athen hervor⸗ rufe. Die Zeitungen erörtern die moͤglichen Folgen eines feindlichen Ultimatums an Griechenland. Die Stellung Venizelos' leidet naturgemäß unter der durch Rumäniens Friedensbereitſchaft völlig veränderten poliliſchen und militäriſchen Lage Griechenlands. Mehrere Blatter der Venizelospartei fordern die Ein⸗ berufung des Parlaments, um die Verant⸗ wortung für die weiteren Beſchlüſſe der Re⸗ gierung zu übernehmen. Handel und Verkehr. Freimachen von Eilſendungen nach Land⸗ orten. Viele Eilbriefſendungen und Eilpakele an Empfänger, die im Landbeſtellbezirk einer Poſt⸗ anſtalt wohnen, werden von den Abſendern un⸗ Breſt⸗Litowſkt zurelchend freigemacht; oft werden dafür nur die Gebühren für die Eilheſtellung im Ortsbeſtellbezuk (25 Pfg. für die Brieſſendengen und 40 Pfg. fir Palete) vorausbezahlt. Zur Fernbaltung von Weiterungen wird darauf aufmerkſam gemacht, daß bei der Voraus bezahlung des Eilbeſtellgeldes ſiir Sendungen an Empfänger in Landorten ohne Poſt⸗ anſtaft für Brieſſendungen 60 Pfg., für Pakete 90 Pig. zu entrichten ſin d. We rern — Verſtrickt. Roman von A. von der Elbe. (Fortſetzung.) Da tauchte die dumme Geſchichte wieder auf, ſo war ihr albernes Getändel doch nicht unbeachtet 22 geblieben. Ob er dem ö ö Nein, nicht alles— er ſchämte ſich in Adelens Seele vor dem geſtrengen Sittenrichter, wollte auch die arme Zofe, die nicht aufgepaßt hatte, ſchonen, aber doch einiges— einiges wollte er dem Freunde anvertrauen. Er nahm ſeinen Platz wieder ein und ſuchte ſich zu ſammeln, aber es gelang ihm nicht recht, und er polterte heraus: a n „Dein Inſpeklor iſt ein Eſel, ein frecher, unverſchämter Geſell! Denke dir, Hermann, der Kerl hatle damals, vor der Damen Abreiſe, die koloſſale Unverſchämtheit, ſich bei mir um Adelens Hand zu bewerben.“ f„Das iſt allerdings ſtark. Wenn du mir das gleich geſagt hätteſt, würde ich einen be⸗ liebigen Vorwand geſucht haben, ihm zu kündigen, dann wäre er bei Adelens Heim⸗ kehr über alle Berge geweſen. Jetzt kann ich ihn, will ich keinen Auſſehen erregenden Lärm machen, nicht vor dem 1. Januar los werden.“ „Es wäre ſehr freundlich von dir, wenn du ihn beſeillgeſt. Aber dir iſt er ja wohl bequem, und du bringſt mir ein Opfer?“ „Er iſt bel der Hand und hat ſeine guten Seilen. Aber ein biß, en viel unterwegs iſt er auch. Will ſchon eine Gelegenheit finden, ihm zu Neulahr den Stuhl vor die Türe zu ſetzen.“ Vetler alles ſagte? Bernhauminer bantte Kohaft. Es erleichterte ihn, daß der Ungar die Gegend verlaſſen ſollte. Eggeruck fragte, ob des Freundes Ge⸗ mahlin einigermaßen wohl ſei, und was Suſanne mache? Der Freund gab Suſanne amüſiere ſich vortrefflich. Eggeruck bezweifelte dies; ſoweit er die häuslich Gewöhnte kannte, legte ſie wenig Wert auf die Annehmlichkeiten des dortigen Auf enthaltes. Als Bernhammer ſich erhob, um zu gehen, nahm Eggeruck ihn vertraulich beim Rocktnopf und ſagte:„Wenn deine Schweſter ſich bald erholt, könnſeſt du ihr Adele bis Neu⸗ jahr hinüberſchicken, gewiſſermaßen als Pflegerin, glaube mir, Richard, es ware am richtigſten.“ Bernhammer ſtutzte:„Vielleicht könnte ich's einrichten und mitgehen. Kaſſelmann würde in der jetzigen Jahreszeit ohne mich fertig und ich käme dann und wann nach Morſe herüber, um nach dem Rechten zu ſehen.“ „Das kannſt du halten, wie du willſt, aber Adele ſchick weg; mach' aber vorher ein paar Abſchietsbeſuche mit ihr auf den Gütern in der Umgegend.“ „Weshalb?“ „Weil man der öffentlichen Meinung Rech⸗ nung tragen muß, weil es gut iſt, den Leuten in gewiſſen Fällen die gewünſchte Anſchauung zu ſpuſſlleren und ſie das glauben zu laſſen, Beſcheid und meinte, der Gutsbeſitzer zu den Arbeitern bei der Dreſchmaſchine zurück. „Wo iſt der Verwalter?“ fragte er, ſich nach Denta umſehend. Der Hoſmeiſter entgegnete, da es ſchon ſpaͤt geweſen, alle Arbeit im guten Gange ſei und man doch in einer halben Stunde aufhöre, habe der Herr Inſpektor gemeint, er könne wohl ihm für die kurze Zeit die Aufſicht überlaſſen. Und ſo ſei Herr Denta vor etwa zehn Minuten nach Wohlden zum Kegelklub geritten. Eggeruck ſagte kein Wort, aber was ihn ſonſt verdroſſen haben würde, freute ihn heute, da gab ja der Tor ihm gleich den Grund zu der beabſichtigten Kündigung in die Hand. Am andern Morgen rief Eggeruck den Ver⸗ walter in ſein Zimmer; wohlgemut trat Denta ein.— „Ich habe Ihnen ſchon mehrfach geſagt,“ hob der Herr an,„daß Sie zu viel ohne meine Erlaubnis fortgehen. Geſtern haben Sie ſogar Ihre Arbeit im Stich gelaſſen, das paßt mir nicht, und Sie konnen ſich zum neuen Jahr nach einem andern Platz umſehen.“ Der Ungar trat erblaſſend einen Schritt zurück, dieſe Kündigung kam ihm ſehr ungelegen, wo ſollie er mitten im Winter eine neue Stelle finden? Er verſuchle ſich zu rechtfertigen, es ſei nur eine Viertelſtunde vor Feierabend ge⸗ weſen. Eggeruck hob ablehnend die Hand,„Sſe wiſſen, ich habe eine derartige Pflichtverſaumnis ſchon öſters getadelt. Es bleibt dabei.“ Verſtört verließ Denta das Zimmer. Den was man möchte.“ Nachdem Bernhammer abgeritten war, kehrte ganzen Tag ging er in ernſter Überlegung umher. Sein Vater war lange tot, ſeine Mutter lebte als Witwe mit ſeiner älteren kranken Schweſter von einer beſcheidenen Penſion in den engſten Verhältniſſen. Noch am ſelben Abend ſchrieb er an Stellen⸗ vermittler und Freunde in der Heimat. Bevor er aber Lindental verließ, wollte er ſeine Rech⸗ nung mit der Baroneß ins Reine bringen, dann würde er doch nicht mittellos daſtehen. ** * Auf Doktor Brüggens Telegramm folgle ein Brief, der voll Freude über das günſlige Befinden der Kranken des näheren auf ihren Zuſtand einging und täglich telegraphiſche Kunde über die Fortſchritte ihrer Geneſung zu⸗ agte. Das nächſte Telegramm lautete wieder be⸗ friedigend, erwähnte aber einer gewiſſen, tedes durchaus nicht beſorgniserregenden cchwäche. Dieſe Schwäche hielt an und wurde als un⸗ normal, unerwünſcht, endlich als nicht unbe⸗ denklich bezeichnet. Bernhammer und Adele erſchraken. War es moglich, konnte das, was zuerſt ſo günſtig verlaufen, doch noch eine gefährliche Mendung nehmen? Brüggen beſtätigte brieflich, wie er nicht ohne Sorge ſei, und Vater und Tochler üher⸗ legten, ob ſie nach Berlin reſſen ſollten? Allein ſie konnten der teuren Joſephine, die unter der Obhut von Berufcpflegerſnnen in der Klint des Profeſſors lag, doch nicht nahe ſein und gar nichts nützen, ſie konnten nur ſtündlich hören wie es mit ber Leidenden ſtand. Von Nah und Fern. Einſchränkung des Fremdenverkehrs im Schwarzwald. Im Intereſſe der Er⸗ nährung der einheimiſchen Bevölkerung und der Notwendigkeit, dem Schleichhandel wirk⸗ ſamer entgegenzutreken, haben die Behörden auch im badiſchen Schwarzwald eine Einſchrän⸗ kung des Fremdenverkehrs verfügt. Es werden im Bereich des Feldbergs und den angrenzenden Gebieten zu Zukunft erholungsbedürſtige Fremde mie noch auf Grund eines ärztlichen Zeuaniſſes für künzete Zeit zugelaſſen. Bei Mitztärper⸗ ſonen, die vom Felde oder von einem Lazarett aus zur Wiederherſtellung ihrer Geſundheit be⸗ urlaubt werden, genügt ein entſprechender Ver⸗ merk vom Truppen⸗ oder Lazarettarzt auf dem Urlaubsſchein. Wieder ein Raupenjahr? Wie die gl. Amts hauptmannſchaft Leipzig mitteilt, iſt die Obſternte des Jahres 1918 durch das maſſenhafte Auftreten von Raupen, insbeſondere von Goldafrerraupen gefährdet. Soweit die Amtshauptmannſchaft Leipzig in Betracht kommt, ſind daher bereits alle Grundſtücks beſitzer, ins⸗ beſondere die Nutznießer von Obſthäumen auf⸗ gefordert worden, bis zum 15. März die an ihren Obſtbäumen oder Zäunen und Hecken hängenden Raupenneſter auszuſchneiden und zu verbrennen. Die Gemeindevorſtände haben die Durchführung der Raupenvertülgung zu über⸗ wachen, insbeſondere alle Gärten noch vor Ein⸗ tritt der Belaubung nachſehen zu laſſen. Der Ringkämpfer Roch geſtorben. Jakob Koch, der berühmteſte und erfolgreichſte deutſche Ringkämpfer, iſt in ſeiner Vaterſtadt Neuß ge⸗ ſtorben. Er hat nur ein Alter von 48 Jahren erreicht. Von Beruf war Koch, der ſich ſportlich zuerft als Turner betätigt hatte, ehe er Ringer wurde, Zimmermann. Der glückliche Amtsnachfolger! Wie der„Cri de Paris“ erzählt, ſoll der frühere franzöſiſche Lebensmitteldiktator Long ſich nach dem Angriff der deutſchen Flieger auf Paris folgendermaßen geäußert haben: Hat der ein Glück, mein Amtsnachſolger! Da iſt es wahr⸗ haſtig kein Kunſtſtück, Paris zu verſorgen, wenn eine einzige Bombennacht die Zahl der hungrigen Münder um 500 000 herabſetzt.— Der Ex⸗ miniſter ſpricht von den 500 000 vorſichtigen Leuten, die ihr Heil in der ſchleunigen Flucht aus der gefährdeten Hauptſtadt ſuchten Ein Reichsmuſeum für Baukunſt in Holland. Der Plan einer Begründung eines Reichsmuſeums für Baukunſt in Holland naht ſich ſeinem Abſchluſſe. Im Auguſt 1916 wurde an den Miniſter van Binnenlandſche Zaken der Antrag geſtellt, eine Reichtanſtalt zu gründen in der Zeichnungen, Probeſtuücke und ſonftige Urkunden künſtleriſcher oder kunſtgeſchichtlicher Art, meiſtenteils ſolche aus den Niederlanden, aufbewahrt würden. Das Muſeum ſoll in Amſterdam, tunlichſt in Angliederung an das beſtehende Reichsbildermuſeum errichtet werden. Die Murillo-⸗Feier in Spanien. In Sevilla wurde die Dreihundertjahrfeier Murillos in der Parochialkirche St. Magdalena feierlich begangen. Der kirchlichen Feier wohnten der Kardinal und die Behörden, darunter die Aka⸗ demie der ſchönen Künſte, bei, die das Feſt angeregt hatte. Nach der Feier wurde ein von der Akademie geſtifteter Gedenkſtein enthüllt. Verſteigerung beirnſſiſchen Exminiſtern. Ein tragikomiſches Bild von der Verarmung der früheren ruſſiſchen Miniſter infolge der allgemeinen Enteignung und Zurückhaltung ihrer Gehälter gibt eine Zwangsverſteigerung, die bei dem Ex⸗ miniſter Peſchechonow kürzlich ſtattfand. Sein Dienſtmädchen hatte 500 Rubel rückſtändigen Lohn zu fordern, die ihr einſt ſo reicher Herr mit dem beſten Willen nicht zahlen konnte. Zwangsheirat in den Ver. Gtaaten. In Dlonnington, einer Stadt in den Ver. Staaten, wurde das Junggeſellenleben plötzlich verboten, da eine Unterſuchungskommiſſion ſeſt⸗ ſtellte, daß eine große Anzahl junger Damen und Witwen ganz allein einzelne große Häuſer bewohnt, während ſie gut in der Lage wäre, einen Mann zu ernähren. Die Kommiſſion iſt recht beſitzen, auch das Recht hätten, auf 1 Mann Anſpruch machen zu können. Kein Jung⸗ geſelle darf künſtighin ein Heiratsangebot von zarter Seite aus abſchlagen, vorausgeſetzt, daß die Frau die nötigen Mittel beſitzt, einen Haus⸗ halt beſtreiten zu können. Ein Roter⸗Kreuz⸗Dampfer geſcheitert. Nach einer Reuter⸗Meldung aus St. Johns (Neufundland) iſt der Rote⸗Kreuz⸗ Dampfer „Florizil“, auf der Fahrt von St. Johns nach New York, in der Nähe von Kap Race geſcheitert. Die 40 Fahrgäſte und 60 Mann Beſatzug ſind ſämtlich umgekommen. Erdbeben in Japan. Aus Japan wird berichtet, daß die Stadt Schangto von einem Erdbeben zerſtört wurde. Die Zahl der Opfer wird auf 2000 angegeben. eee, N Rauchfleiſch. Der Antrag dez Staatsanwalts lautete auf zwei Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverluſt und das Gericht erkannte dem Antrage entſprechend. Poſen. Das Urteil gegen den Grafen Mielzynski der am 30. März 1917 von der See in Poſen wegen Getreideſchiebungen zu ſechs Monaten Geſängnis und 426000 Mark Gelsdſtraſe verurteilt wurbe, hat nunmehr Rechtskraft erlangt. ria: eee ee Sbit Fiſchfleiſch! — Neue Unterſuchungen.— Die vielumſtrittene Frage der Verdaulichkeit des Fiſchfleiſches erörtert der große Nahrungs⸗ mittelchemtker Geh. Rat Zuntz. Die Kriegsverhältniſſe haben dazu geführt, daß das Fiſchfleiſch in den letzten Jahren in NI Dee eee Keval, 1. Die Lehmpforte. die Hauptſtadt 2. Reval von Nordoſt geſehen. von Eftland. 3. Geſamtanſicht der Stadt. Truppen be⸗ Reval, das nun von den deutſchen ſetzt iſt, iſt die Hauptſtadt der ehemaligen ruſſiſchen Provinz Eſtland. Sie iſt keine Feſtung im eigent⸗ lichen Sinne, iſt aber gegen die Seeſeite durch ſtarke Batlerien geſchützt. Die Stadt liegt maleriſch an einer tiefen Bucht des Finniſchen Meerbuſens an der baltiſchen Eiſenbahn und der Schmalſpurbahn Reval—Fellin und iſt nächſt Petersburg und eee Gerichtshalle. Ein ſonderbarer Heilkünſtler ſtand in der Perſon des früheren Handelsmannes Wilhelm Müller vor der hieſigen Strafkammer. Die Ver⸗ handlung ergab wieder einmal, wie unheimlich groß die Zahl derer iſt, die nicht alle werden.„Herr Profeſſor Müller“, ein früherer Zuchthäusler, praktizierte u. a. in Roßla am Harz bei einem leberkranken Invaliden. Der Kranke mußte ein Taſchentuch opfern. Dies befeuchtete der Doltor“ mit Waſſer, beſtrich damit die kranke Stelle und murmelte dazu ein wunderkräftiges Sprüchlein das der Kranke nachſprecheu mußte. Dann ſtrich der Schwindler 12 Mark ein und empſahl ſich mit dem Bemerken, das betreffende Taſchentuch werde nun eingegraben: mit deſſen Verweſung weiche die Krankheit. Doch der Invalide merkte bald, daß dieſe nicht weichen und wanken wollte. Ahnlich ging es in vielen Fällen. Erfurt wurden mehr als tücher gefunden. Zuchthaus. Hamburg. Wegen Einbruchsdiebſtahls ſich der mehrſach vorbeſtrafte Arbeiter vor der Strafkammer zu verantworten. er An⸗ geklagte drang in der Nacht zum 14. Dezember in das Geweſe des Hofbeſitzers Harms zu Uetersen Erfurt. 180 Patienten-Taſchen⸗ hatte Joh. Korb + der Anſicht, daß jetzt, wo die Frauen das Wahl— und ſtahl aus der Rau 800 bis 400 Pfund iuchkammer dennen Riga „Herr In ſeiner Wohnung in Das Gericht erkannte auf 5 Jahre teuerſten Fiſche, Sche llfi der bedeutendſte Seehandelsplatz Rußlands Oſtſeet. Reval wurde im Jahre 1219 Dänenkönig Waldemar II. gegründet, Eſtland durch Kauf an den Deutſchen Orden war im 14. und 15. Jahrhundert eine der be⸗ deutendſten Städte der Hanſa. 1561 fiel es an Schweden und 1710 durch Kapitulation an Rußland. von dem und 2 A 5 45 WA* 8* 55 21 25 20 12 118 E— 1* 85 422425 a— N— 25 1 breiteren Volksſchichten Eingang fand. Für Deutſchland kommen nalürlich in der Hauptſache Seefiſche in Betracht, ſee entſtammen. Von war es, einerſeits die Koſten für den Transport des Seefiſchfleiſches zu vermindern, andererſeits Transportapparate zu konſttruieren, durch die dem Verderben der in geſchlachtetem Zuſtan zum Verſand kommenden Seefiſche wird. Das letztere iſt Maße gelungen, und die Berbilligung w hauptſächlich dadurch ermöglicht, man viel⸗ ach an Stelle der Segelboote die kleinen Fiſchdampfer einführte, wodurch der von tſchen Fiſchern ausgenutzte Raum des Meeres und damit auch die Ausbeute vergrößert werden konnte. Der Gehalt Eiweiß, 19 e daß an Nährſtoffen, beſonders an iſt bei den Fischen viel höher, als der 1 Laie anzunehmen pflegt. Bekannt iſt, .* 5 daß die Lachs. Aal, zunge, auch die fettreichſten ſind. Aber auch der die Flunder, der Dorſch und der dering haben einen beachtenswerten Nährſtoff⸗ enthält 17% Eiweiß Der Schellfiſch ett, die Flunder 44% Eiweiß und 1 [UIcch, J 0,3% an der& kam 1846 mit der Oſt⸗ und Nord⸗ fur weſentlicher Bedeutung Bild kaner für nötigen würden. werden? ind vorgebeugt der Technik in hohem „ Steinbutte, See⸗ n 0,8% Fett, der Dorſch die gleichen Mengen wie der Schellfiſch, der Hering 16 0% Eiweiß und 9% Fett. Es ſteht alſo außer Frage, daß durch den Genuß von Fiſchfleiſch dem Körper erhebliche Eiweißmengen zugeführt werden. Auch bezüglich der Ausnutzung im menſchlichen Körper, die nach den Feſtfiekungen Altvaters beim Eiweiß 98% q beim Fett 91% beträgt, ommt das Fiſchfleiſch als hochwertiger Konkurrent des Schlachttierfleiſches in Betracht. „Die ſo oft ausgeſprochene Behauptung, daß Fiſche im allgemeinen ſchwer verdaulich eien, gehört nach Zuntz in bas Reich der Fabel. Natürlich muß von einzelnen Indivibuen abge— ſehen werden, ſowie es ja auch Menſchen gibt, die gewiſſe Schlachtfleiſcharten oder gewiſſe Ge⸗ müſe nicht vertragen, Fälle alſo, in denen es ſich um rein individuelle Eigentümlichleiten eines beſtimmeten Organismus handelt. Daß das Fiſchfleiſch aber im allgemeinen ſogar ſehr leicht verdaulich iſt, wird ſchon dadurch bewieſen, daß die Arzte es ſtets nach einer ſchweren Krankheit zum Genuſſe vorſchreiben. Beſchwerden werden meiſt erſt dann hervorgerufen, wenn bei ſehr felthaltigen Fiſchen, z. B. beim Aal und der Steinbutte, auch die dicke Haut in größeren Mengen genoſſen wird. Ganz allgemein kanne aber erklärt werden, daß die Schwerverdaulich⸗ l ßiſche genau ſo ein Märchen iſt als die noch häufiger behauptete allgemeine Schwer⸗ verdaulichkeit des Käſes. . Wozu noch zu bemerken wäre, daß man ſich in den heutigen Zeitläuften mit der Verdaulich⸗ keit des Fiſchfleiſches ſo oder ſo abfinden würde, wenn Fiſche im allgemeinen nicht ſo ſelten wären. — 741 7* keit der N 12 SN Fer 2 2 5 Volkswirtſchaftliches. Für gewerbliche Verbraucher vou Kohle, Koks und Briketts im März hat der Keichs⸗ kommiſſar für Kohlenverterlung, falls mindedens zehn Tonnen monatlich in lommen, eine erneute Meldung in der Zeit vom 1. bis 5. März vorgeſchrieben. Hierzu ſind die März⸗Meldekarten mit blauem Druck zu benutzen, die bei den zu⸗ Ortkohlen⸗, Kriegswirtſchafts⸗ oder Kriegs⸗ llen erhältlich ſind. Dieſe Ste auch uskunſt über die Meldepflicht in! W̃᷑ nicht rechtzeitig oder 1 N der 8 13144 von der Kohlenbeſie tyrage ikaniſche day Evening ihren Leſern, Lrpeditionsheer vo 95 000 Tonnen Tonnen als Erge nach Europa muüge bedeuten, daß für Arzneimittel erforderlt jeder einzelne in gramm oder 300 Gramm verbrauchen würde. Danach rechnen wohl die Amerikaner nicht mit einem glänzenden Geſund⸗ heitszuſtand ihrer Truppen. Aus dieſen Zahlen für den Arzneiverbrauch kann man ſich auch ein machen, wieviel Schiffsraum die? Nahrungsmittel und Woher ſie den je Tag Arzneimittel Munition wohl nehmen Die troſtloſen In der In der Treue der N Witwen 57 1 18fſchan 111 anzöſiſchen Kolonie dritter Klaf edle hörden den Tit verlieh bisher in zeichnung Sie verzeie Alter von Frauen im in die Rechte china eingreifen zu w der Vorſchlag zu hen, d Alter von 22 bis 25 Jahren n von unnöſtlichen Frauen 2e Eggern kam herüber und bezeigte viel Teilnahme, er war voll verwandtſchaftlicher Rückſicht. Endlich die gefürchtete traurige Entſcheidung, Brüggen telegraphierte:„Dieſen Morgen halb acht Uhr iſt unſere teure Kranke infolge von A e ſanft entſchlafen. Brief ſolgt. Tief erſchüttert. Brüggen.“ Nachdem Bernhammer ſtockend und mit be⸗ hender Stimme ausgeleſen, ſahen Vater und Tochter ſich bleich, wie erſtarrt an, dann brach Adele in heftiges Schluchzen aus. i Wührend ſie ſich, das Geſicht in die Hände vergraben, laut jammernd und weinend ihrem Schmerze überließ, ſtand ihr Vater am Fenſter, ſtarrte, ohne etwas zu ſehen, in den kahlen, triefenden Park hinaus und rang ſein Weh, dem er keinen Autzbruch gönnen wollte, mit aller Anſtrengung ſeines männlichen Willens in ſich nieder. Auch er hatte ſeine kluge, anmutige Schweſter ſehr gellebt und ſich undewußt von ihrem ſtarken Geiſte kiten laſſen. Ust vor ſeinem Kinde nicht ſchwach zu erſcheinen, ging er feſten Schrittes in ſein Zimmer, konnte er ſich doch hier ſeinem Schmerze in einſamer Stille freier überlaſſen. Adele aber eilte zur Mülmke; ſie brauchte ein Herz, an dem ſie ſich aus weinen konnte und in dem wahren Leid, das ſle durchbebte⸗ erſchien ihr die alte Haushälterin als die einzige mitinnhlende Seele und als hilfreiche Tröſterin. Bernhammer ſchickte einen Boten mit der Todesnachricht an Eggeruck und depeſchlerle an — verwandtſchaſtlichen Pflichten zu erfüllen und bei der Beerdigung zugegen zu ſein. Als Hermann Eggeruck die Todesnachricht Joſephinens, der von ihm einſt Heißgeliebten, ER fühlte er eine Erſchütterung durch ſeine Seele rinnen, die ihn im nächſten Augenblick ſelbſt überraſchte. Er hatte manchem ſtrengen Tadel gegen ſie Raum gegeben, hatte geglaubt zänzlich mit dem einſtmals Empfundenen ferlig 1 ſein. Was focht ihn an, daß ihm wie einem Knaben die Tränen in die Augen ſchoſſen, und daß er ſein Herz in körperlichem Weh zu fühlen meinte? Stand denn nicht ein anderes Bild längſt im Vordergrund ſeines Empfindens und erfüllte ihn mit dem Verlangen, die Teure zu gewinnen? Ein Verlangen, dem er, der Sechs⸗ unddreißigfährige, bis jetzt ſich geſcheut hatte zu folgen. Er dachte an Suſanne, die Geduldige, echt Weibliche, mit viel wärmeren Gefühlen als an ſie, der ſeine Jugend gehört hatte, und doch ſchien es ihm, als bedeute ihr Tod ihm einen herben Verluſt. Er ritt ſogleich nach Morſe hinüber, Bern⸗ hammer ſeine Teilnahme auszuſprechen und ihm mitzuteilen, daß auch er zur Beerdigung ſeiner Schweſler nach Berlin kommen werde. 13. Joſephine Turnau war neben ihrem Gatten niit all dem düſteren Pomp, den ſorgende Liebe ihr gewähren konnte, zur letzten Aube gebettet. Eggeruck kehrte ſogleich nach Lindental zu⸗ err n. w Man hatte Joſephinens Teſtament eröffnet, beſtimmte— nach Abzug vieler Legate— ihr Vermögen zu gleichen Teilen ihrem Bruder und ihrem Neffen, Doktor Werner Brüggen. Für Adele warf ſie ein Kapital von 10 000 Mark aus und verfſligte dabei:„zum freien, alleinigen Gebrauch meiner geliebten Nichte Adele“. In dem für die Lieblingsnichte nach— gelaſſenen Brief beſtätigte ſie noch einmal ihr Geſchenk und ſchrieb erklärend: ö „Da das Leben oft wunderliche, unvorher— geſehene Forderungen an uns ſteilt, meine liebe Adele, Forderungen, denen man nur mit barem Gelde gerecht werden kann, und da ſch Dich in ſolchem Falle von dem, guten Willen anderer unabhängig ſehen möchte, lege ich die oben⸗ genannte Summe als Beweis meiner Liebe und meines Wunſches, Dir ferner treue Fürſorge an— gedeihen zu laſſen, in Deine Hand; mache un⸗ bedingt jeden Dir nützlich ſcheinenden Gebrauch davon und moͤge Dein Weg dadurch geebnet werden. Wenn meine Augen ſich ſchließen, teures Kind, gibt es manchen warmen Blick der Liebe weniger für Dich auf der Welt.“ „Es folgte noch viel Herzliches, das Adele tief ergriff und ihre Tränen aufs neue fließen machte. Bernhammer brummte über dieſe Beſtim⸗ mung ſeiner Schweſter. „Bin ich denn nicht da, dir alles zu geben, was du brauchſt, kleines Deelchen? So viel Geld gehort gar nicht zwiſchen deine unvor⸗ ſichtigen Finger, ich lege die Obligationen hier in dies Schreihtiſchſach. Meinetwegen kannſt ſie Werner Brüggen, daß er balbmsglichſt mit Adele kommen werde, um mit ihm die nächſten rück. Bernhammer blieb einſtweilen mit Adele in der Schweſter Wohnung. du dir den Spaß leiſten, ſelbſt die Kupons ad⸗ * 17 Weit Hauſe Bernhan lich nahe gab da as zu u ordn beeilte ſi 1 dahin fül ebhafteſte zog Adele,! immer tief nie den Verluſt geli und zurückhaltender als Lächeln, ihr ſcheuer warmer für Werner ſehr reizvoll. Er w er an der Erwiderung ſeiner Ne zweifeln brauche, allein voll Viets ſtorbene hielt er die Zeit noch nicht mit ſeiner Bewerbung hervor Weihnachten kam heran vereinigten ſich de e Feier nicht zu denken ſei ander zum Joſephinens Grad bringen Abend verleben Nun ſta 0 1 6 51 der bien * Friedho den die drei an dem friſchen, mit der u bälle bedeckten rade der Linge ihnen immer in ihrer geiſtigen 9 von ewigem Leben erfüllt Adelens Tränen floſſen mut. U 20 FVortſetzung folg!