mel⸗ mals Hzen⸗ l 0 Vol Amtsblatt der Bürgermeiſterei Viernheim Erſcheinungswei ſe: Täglich, ausgenommen an Sonntagen und B ebracht monatlich 1.60 Ri. einſchließlich ausschließlich Beſtellgeld. Einzelnummer 10 Rpfg. ezugspreis: Ins Haus durch die Poſt monatlich 2 Nummer 144 eiertagen. otenlohn Millwoch S ſernheimer Szeilun 0 Verkündigungsblatt der NS D AN. Viernheim den 24. Juni 1936 Anzeigenpreis: Grundpreis für 1 am Höhe und 22 mm Breite 3 Ryfg. im Textteil für I mm Höhe und 67 mm Breite 15 Rpfg. Zur Zeit iſt ad Nr. 6 gültig. Geſchäftsſtelle Viernheim, Bismarckstraße 13. Fernſpr. 153. SK. Ludwigshafen 15101 12. Jahrgang Glaube an die kolleklive Sicherhei Außenpolifiſche Erklärung Leon Blums- ganklionen nur noch ſymboliſche Geſte ohne Wirklichkeit Völlerbund, ein wirkſames Inſtrument kollekliver Aicherheil-Das deulſch- franz. Verhältnis Dertrauensvolum angenommen Paris, 23. Juni. In der Erklärung, die Miniſterpräſident Blum im Senat im Namen der Regierung und Außenminiſter Delbos in der Kammer verleſen hat, heißt es: Auf internationalem Gebiet wie auf allen anderen wird die Politik der Regierung eine freimütige ſein. Die friedliche Betätigung. Wir würden dem uns vom Lande erteilten Auftrag zuwiderhandeln, wenn wir nicht zu⸗ erſt ſeinen Friedenswillen betonen würden. Wir wollen den Frieden für alle Völker, den Frieden mit allen Völkern. Unſer Friedenswille iſt zu aufrichtig, um nicht ein tätiger Friedenswille zu ſein. Deshalb wol⸗ jen wir mit allem Nachdruck unſere Völker⸗ bundstreue betonen. Die Prüfungen, die der Völkerbund durchmacht, entfremden uns dem Völkerbund nicht, ſondern ſtärken unſere Entſchloſſenheit, ihn zu einer wirkſameren Or⸗ ganiſation der kollektiven Sicherheit auszu⸗ bauen, die zwei Bedingungen erfordert: die Achtung des Geſetzes und der inter⸗ nationalen Verträge und die Wiederher⸗ ſtellung eines durch zu viele Erſchütterun⸗ gen, Enttäuſchungen und Befürchtungen wankend gewordenen Vertrauens. Die Sanktionen. In dieſem Geiſt hat die Regierung das Pro⸗ blem der Sanktionen gegen Italien geprüft. Niemand erwartet von uns wohl, daß wir nach der Niederlage Abeſſiniens die Beſiegten ver⸗ leugnen und dieſe Gefühle in Abrede ſtellen, aber beim gegenwärtigen Stand der Dinge wäre die Aufrechterhaltung der Sanktionen nur noch eine ſymboliſche Geſte ohne wirkliche Wirkſamkeit. Unter dieſen Umſtänden haben wir am Freitag unſere An⸗ ſichten bekanntgegeben und ſind ſicher, dabei im Einvernehmen mit den befreundeten Völkern zu ſein. Die kollektive Sicherheit. Der Frieden kann nur durch die Ver ſt ä r⸗ kung der Sicherheit der Nationen gefeſtigt werden. Um einen Angriff zu unter⸗ drücken, muß man möglichſt bald das Höchſt⸗ maß der Mittel einſetzen, über die die inter⸗ nationale Gemeinſchaft verfügen kann. Aber es wäre für den Augenblick ein Trug⸗ ſchluß, auf dieſen vollkommenen Beiſtand von Völkern zu zählen, die nicht unmittelbar von dem Streit betroffen ſind. Alſo muß die kollektive Sicherheit zwei Seiten umfaſſen, zunächſt muß eine Grup⸗ pe von Mächten bereit ſein, alle ihre Kräfte gegen den Angreifer einzuſetzen. Dafür muß die geſamte Kollektivität des Völkerbundes zwangsläufig die wirt⸗ ſchaftlichen und finanziellen Sühnemaß⸗ nahmen anwenden. Die Art, wie in Genf der Grundſatz der in den Satzungen enthaltenen Einſtimmigkeit ausgelegt wird, lähmt das Spiel des Artikels 11. Solange man Artikel 11 in dieſer Weiſe auslegt, wird der Völkerbundsrat nicht in der Lage ſein, die Vorbereitung eines Streites zu verhüten, und der Angreifer wird vollkom⸗ men Zeit haben, um ſeine Stunde zu wählen. Die franzöſiſche Regierung wird vorſchla⸗ gen, dieſer paradoxen Lage ein Ende zubereiten. Die Gründe, die den Abſchluß eines Paktes zwiſchen allen Donau⸗ ſtaaten empfehlen, haben heute mehr ihren Wert als jemals. Ein ſolcher Pakt wird allen Mächten Mitteleuropas offenſtehen, wir ſelbſt lind daran durch die Bande der Zuneigung in⸗ tereſſiert, die uns mit der vereinen. Ebenſo notwendig iſt es, alle Mittelmeer⸗ ſtaaten von Spanien bis zur Balkan⸗ Entente in einem Abkommen zuſammen⸗ zufaſſen, das ihnen die Bürgſchaft gibt, daß ſich keine Vorherrſchaft einſtellen kann in einem Meer, deſſen Ufer durch eine ge⸗ meinſame Ziviliſation verbunden ſind. Für Weſteuropa wünſchen wir ein Ab⸗ kommen, das der am 7. März eröffneten Kriſe ein Ende bereitet. Wir ſind überzeugt, daß Italien dieſen Aufgaben ſeine notwendige Mitarbeit leiht. Wir ſind glücklich, daß dieſe Bemühungen ſich in herzlicher Weiſe mit den unftigen und mit denen aller intereſſierten Mächte decken. Bei unſerer Anſtrengung zur Wiederherſtel⸗ lung der kollektiven Sicherheit zweifeln wir nicht an der vorbehal'tloſen Unter⸗ ſtützung der großen britiſchen De⸗ mokratie, die durch ſo viele gemeinſame Erinnerungen und Anſtrengungen mit der franzöſiſchen Demokratie verbunden iſt. Wir legen umſo größeren Wert darauf, als die enge und vertrauensvolle Zuſammenarbeit unſerer beiden Länder die weſentliche Bürg⸗ ſchaft des Friedens in Europa iſt. Frankreich rechnet über Großbritannien hinaus auf die Kleinen Entente herzlichen Gefühle der amerikaniſchen Demokratie, der natürlichen Freundin der freien Völker. Frankreich iſt des machtvollen Beiſtandes ſeines Freundes, der Sowjet⸗ union, gewiß, mit der Frankreich ein Pakt des Beiſtandes, der allen offen ſteht, verbin⸗ det, ein Pakt, den uns unſere gemeinſame Sorge um den Frieden vorgeſchrieben hat. Die franzöſiſch⸗ polniſche Freund⸗ ſchaft wird eine neue Weihe in einer herz⸗ lichen unmittelbaren Suche nach beſſeren For⸗ men der Zuſammenarbeit zwiſchen zwei ſoli⸗ dariſchen Völkern finden. Mit Belgien, Rumänien, der Tſchechoſlowakei u. Jugoſlawien fühlt ſich Frankreich ſo⸗ wohl durch Verträge wie durch eine enge In⸗ timität des Gedankens und des Herzens ver⸗ eint Ihre Sicherheit bildet ein Element un⸗ ſerer eigenen Sicherheit, wie auch unſere eigene Sicherheit reſtlos zum Beſtand ihrer Sicherheit gehört. Wir rechnen auch für die zu erfüllende große Aufgabe auf die Bal⸗ kan⸗Entente, auf die ſpaniſche De⸗ mokratie, auf alle Völker, die von Portu⸗ gal bis zu den ſkandinaviſchen Staaten über Holland ſo viele Unterpfänder der Treue zum Völkerbund gegeben haben. (Fortſetzung auf Seite 2) Jowjel-Jahnen im Hafen von Marſeille 40 ichiffe von Slreikenden beſehl 88 Paris, 23. Juni. In Marſeille hat ſich der Streik der Seeleute in den ſpäten Abendſtunden des Montag weiter ausge⸗ dehnt und umfaßt unter Einſchluß der Schlepper⸗ und Fiſcherbootsmatroſen bereits 5000 eingeſchriebene Streikende. Die Zahl der franzöſiſchen Schiffe. die von den Streikenden beſetzt find, beträgt bereits 40. Es haben am Montag den Marſeiller Hafen überhaupt nur noch vier Schiffe verlaſſen können, da nach und nach alle Schlepper vom Streik er⸗ faßt worden ſind. Das Syndikat der Handelsmarine von Mar⸗ ſeille hat an die Regierung eine Entſchließung abgeſandt. in der auf dieſe Zwiſchenfälle im Marſeiller Hafen und beſonders auf die Be⸗ ſetzung der Schiffe durch die Streikenden un⸗ ter Hiſſung der roten Fahne hingewieſen wird. In der Entſchließung heißt es u. a.: Dieſe Zwiſchenfälle ſind um ſo ſchwerer wiegend als ſie ſich an Vord von Handels⸗ ſchiffen ereignen, die wertvolle Helfer un⸗ ſerer ganzen Handelsmarine ſind.“ Zum Schluß verlangt das Syndikat der Han⸗ delsmarine. daß die Regierung die notwen⸗ digen Anordnungen treffen und die Verant⸗ wortung übernebmen möge. Wie der„Matin“ hierzu weiter meldet, hät⸗ ten vielfach Offiziere der beſtreikten und be⸗ ſetzten Schiffe verſucht, ſich dem Hiſſen der ro⸗ ten Fahne an dem Hauptmaſt ihrer Schiffe zu widerſetzen, aber ſie hätten ſich dem geſchloſſenen Widerſtand der Mannſchaft gegen⸗ über geſehen. die ſogar zu Gewalttätigkeiten bereit geweſen ſei. Auch in dem nordfranzö⸗ ſiſchen Hafen Rouen, wo über 800 Matro⸗ ſen die Arbeit niedergelegt haben. liegen nun 30 Schiffe an den Kais feſt und ſind von den Streikenden beſetzt worden . Jahlreiche ſudelendeulſche Bläller beſchlagnahmk 88 Prag, 23. Juni. Zahlreiche ſudeten⸗ deutſche Blätter, darunter auch die Tageszei⸗ tung der Sudetendeutſchen Partei und auch eine Sonder⸗ Ausgabe des Wochen⸗ blattes der Partei„Die Rundſchau“ wurden heute früh wegen der Wiedergabe einiger Stellen der Schlußrede Konrad Henleins auf der Haupttagung der Sudetendeutſchen Partei in Eger vom Staatsanwalt be⸗ ſchlagnahmt Die Sudetendeutſche Partei hat im Prager Abgeordnetenhaus eine An⸗ frage an die Regierung eingebracht, ob ſie dieſe Maßnahme billige. denn die Forderung nach Selbſtverwaltung ſei eine Selbſtverſtändlich⸗ keit und wie von Konrad Henlein ausgeſpro⸗ chen wurde, ſei es die Meinung des geſamten Sudetendeutſchtums. Berdreifachter Gewinn bei den gkodawerken 88 Prag, 23. Juni. Die Verwaltungs⸗ ratsſitzung der Skodawerke in Pilſen geneh⸗ migte die diesjährige Bilanz. des bekannten tſchechiſchen Rüſtungsunternehmens, die mit einem Reingewinn von 39 610 000 Tſchechenkronen gegen 11210 000 Tſche⸗ chenkrkonen im vorigen Jahre ſchließt. Der mehr als verdreifachte Gewinn ermöglicht eine Dividendenerhöhung auf insgeſamt 55 Kronen gegen 29 Kronen im Vorjahr. Die Beleg⸗ ſchaft des Unternehmens konnte um über 5000 Köpfe erhöht werden. In dem Bericht wird beſonders hervorge⸗ hoben, daß dem Unternehmen auch aus dem Auslande Beſtellungen in größerem Maße zugekommen ſeien. Jrankreichs Programm für Genf In dieſer Woche tritt der Völker⸗ bundsrat in Genf zuſammen und Haupt- punkt der zu verhandelnden Tagesordnung wird die Frage der Aufhebung der Sanktionen gegen Italien ſein. Das engliſche Kabinett iſt ſich über ſeine Stellung⸗ nahme bereits ſchlüſſig geworden. Im fran⸗ zöſiſchen Kabinett hat der neue Außenminiſter Delbos dieſer Tage vom Miniſterrat die Billigung der von ihm für die in Genf einzu⸗ nehmende Haltung unterbreiteten Vorſchläge erhalten. Frankreich wird ſich dem engliſchen Vorgehen anſchließen, aber Herr Delbos fand es für angebracht, zu bemerken, daß die franzöſiſche Regierung mit der aus Zweckmäßigkeitsgründen und angeſichts der vorliegenden Tatſachen erfolgenden Auf⸗ hebung der Sanktionen die Rechtsfrage in kei⸗ ner Weiſe entſchieden ſehen wolle. Wenn der Völkerbund die Aufhebung beſchließe, werde Frankreich, genftreu, wie es nun einmal iſt, ſich dem fügen. Das erinnert ein bißchen an die be⸗ kannte Manier des Vogels Strauß. der ſeinen Kopf in den Sand ſteckt, wenn eine Gefahr heraufzieht. In der grundſätzlichen Frage des Weiter⸗ beſtehens des Sanktionsartikels im Völkerbundsſtatut überhaupt weicht Herr Delbos und mit ihm das franzöſiſche Kabinett allerdings erheblich von der engliſchen Mei⸗ nung ab. Man ſpricht zwar auch in London noch viel von dem Syſtem der kollektiven Si⸗ cherheit, aber man plant dort offenbar im Herbſt einen Vorſtoß, um es im Sinne regio⸗ naler Beſchränkungen umzubauen. Das würde bedeuten. daß der Artikel 16 des Völkerbunds⸗ ſtatutes verſchwinden muß. Dagegen ſträubt ſich das franzöſiſche Kabinett. das in einer ſolchen Aenderung eine allgemeine Schwächung des kollektiven Sicherheitsſyſtems erblickt. Folgte man der engliſchen Anregung.— ſo ſagt Paris— dann würden diejenigen recht haben, die erklären, der Völkerbund ſei überhaupt tot. Ganz im Gegenſatz da z u wünſcht Paris eine Stärkung der Völ⸗ kerbundsorganiſation Dazu gehört nicht nur, daß Artikel 16 erhalten bleibt, auch Artikel 11 ſoll wirkſamer gemacht werden. Die⸗ ſer Artikel handelt von den Maßnahmen, mit denen einem Kriege oder einer Kriegsdrohung kegegnet werden ſoll. Die Faſſung iſt ziemlich vage und allgemein. Frankreich wünſcht offen⸗ bar eine präziſere Formulierung und wird außerdem verlangen, daß die von dem drohen⸗ den kriegeriſchen Konflikt betroffenen Staaten nicht mitſtimmen ſollen, wenn es ſich um die Beſchlußfaſſung über irgendwelche Einzelheiten und Schritte handelt. Dabei wird ausdrücklich auf die Anfänge der Behandlung des abeſſiniſch⸗ italieniſchen Konflikts in Genf Bezug ge⸗ nommen, in denen Italien die Einſtimmigkeit der Beſchlußfaſſung noch verhindern konnte. Den Sanktionsartikel 16 aber möchte Frank⸗ reich gewiſſermaßen als zwingende Norm über die von ihm angeſtrebten Regionalpakte ſetzen, die ſo über ihre örtlich begrenzte Wirk⸗ ſamkeit hinaus zu einer Angelegenheit des ganzen Völkerbundes werden ſollen. All dieſe Dinge werden früheſtens im Herbſt aktuell werden. denn eher wird ſich England auf die Diskuſſion der Völkerbundsreform nicht einlaſſen. Aber im franzöſiſchen Miniſterrat ſind Stimmen laut geworden, die verlangt ha⸗ ben, daß dieſe grundſätzlichen Fragen ſchon jetzt in der Diskuſſion über die Aufhebung der Sanktionen gegen Italien zur Sprache gebracht werden.„damit die öffentliche Meinung der Welt ſich nicht etwa ſchon mehr oder weniger um die engliſchen Anſichten kriſtalliſiert.“ Man wird alſo damit rechnen müſſen, daß der fran⸗ zöſiſche Vertreter ſchon jetzt eine Rede über die Völterbundsreform im franzöſi⸗ ſchen Sinne halten wird. —— Mittwoch, den 24. Juni 1936 Mißtrauensankrag vor dem Unkerhaus Major Allee wirft der Regierung Mangel an Enlſchloſſenheit vor ⸗ Lie habe die Sache der inlernalionalen Moral geſchädigl London, 23. Juni. Das Anterhaus hat am Dienstag die Ausſprache fortgeſetzt, die am Donnerstag durch Edens Rede eingeleitet wurde. Die Stimmung bei Beginn war weſent⸗ lich ruhiger. der Angriff der Oppoſilion Die Ausſprache wurde damit eröffnet, das der Führer der Oppoſition, Attlee den Antrag einbrachte, der Regierung das Mißtrauen auszuſprechen, die durch Man⸗ gel an Entſchloſſenheit in der Außenpolitik das Anſehen des Landes gemindert, den Völkerbund geſchwächt und den Frieden gefährdet habe. Für die Politik der Regierung gäbe es keine Erklä⸗ rung. Der Angriff der Arbeiterpartei richte ſich gegen die ganze Regierung. Er halte es nicht für fair, daß der Außenminiſter allein an⸗ gegriffen werde. Er habe ſeine Pflicht getan und niemand könne annehmen, daß er dabei ſehr glücklich ſei. Eden habe großes Anſehen ge⸗ noſſen. Das habe er nunmehr verſpielt. (Beifall der Oppoſition und Rufe der Konſer⸗ vativen: Nein!“) Die Regierung habe von Anfang an einen Mangel an Entſchloſſenheit bewieſen, die Sanktionen anzuwenden. Sie habe ſich ſtändig von der Hoffnung leiten laſſen, zu einer Ver⸗ ſtändigung mit Italien zu kommen. Der Pre⸗ mierminiſter behaupte, man habe nur die Wahl gehabt zwiſchen der Preisgabe der Sanktionen und dem Krieg. Sei denn mit dem Krieg ge⸗ droht worden? Die Regierung habe immer nur daran gedacht, daß ſie Bündniſſe ſchließen wolle und daß ſie Muſſolini für dieſe Bündniſſe brauche. Die Regierungsvpolitik laufe auf Bündniſſe ſolcher Art hinaus, wie ſie 1914 den Krieg herbeigeführt hätten. Die Regierung habe ſich geweigert, ein Riſiko für den Frieden einzugehen und habe damit das Land in eine gefährliche Lage gbracht. Die ſtra⸗ tegiſche Lage des Landes ſei nicht die von 1914. Sein eigentliches Herz ſei heute auf dem Luft⸗ weg vom Kontinent her zu erreichen. Die Be⸗ ſitzungen des Britiſchen Reiches im Fernen Oſten hingen vom guten Willen Japans ab, der Weg nach Indien vom guten Wil⸗ len Italiens. Wolle man die Rüſtungen ſo lange vermehren, bis man ſtark genug ſei. um dieſen möglichen Gegnern gewachſen zu ſein? Auf dieſem Weg werde es nur Ruin und Krieg geben. Baldwin ſei nicht der Mann, dem man Vertrauen ſchenken könne.(Beifall der Oppoſition, ſtürmiſche Kundgebungen der Regierungspartei.) Hierauf erhob ſich der Innenminiſter Iir John Simon, um Attlee zu antworten. Daß der Völkerbund einen ſchweren Rückſchlag erlitten habe, ſei be⸗ dauerlicherweiſe richtig. Es ſei nicht gelungen, die territoriale Unverſehrtheit und volitiſche Unabhängigkeit eines Völkerbundsmitglieds aufrechtzuerhalten. Die Frage ſei aber, ob die⸗ ſer Fehlſchlag die Schuld der britiſchen Regie⸗ rung ſei. Man werde den Gefühlen einer großen Anzahl von Abgeordneten der Parteien nicht gerecht, wenn man nicht feſtſtelle, daß dieſes Ereignis die Sache der internationalen Mo⸗ ral geſchädigt habe.(Beifall der Oppoſi⸗ tion.) Das ſei der Grund, warum alle Parteien ein ſo tiefes Bedauern empfänden. Dieſes Be⸗ dauern werde von der Regierung auf das auf⸗ richtigſte geteilt. Die Oppoſition habe kein Recht, der Regie⸗ rung vorzuwerfen, daß der Völkerbund nicht weiter gegangen ſei. Dieſen Vorwurf habe Eden bereits völlig widerlegt. Die Völkerbundsaktion ſei prompt erfolgt, und das ſei dem britiſchen Außenminiſter zu verdanken geweſen. Die Re⸗ gierung habe rechtlich gar nicht die Vollmach⸗ ten, die Ausfuhr von Oel zu verbieten. Eden habe eine Oelſperre beantragt. Es ſei daher unfair, der Nichtanwendung der Oelſperre der britiſchen Regierung als ein Verbrechen anzurechnen. Man müſſe die Sanktionen einſtellen, da der italieniſch⸗ abeſſiniſche Krieg zu Ende ſei. Das ſei auch die Meinung des amerikaniſchen Präſidenten Rooſevelt, der das Waffenausfuhrverbot aufge⸗ hoben habe. Die Oppoſition frage, ob die Regierung einen Angriff Italiens auf England fürchke Darum drehe es ſich nicht. Der Punk, um den es ſich drehe, ſei, daß die Lage nur durch eine militäriſche Aktion des Völkerbunds und ſeiner Mitglieder gewandelt werden könne. Man müſſe die Lage ſo hinnehmen, wie ſie ſei. Man könne ſie nur ändern, wenn man die Mitglieder des Völkerbundes zu militäriſchem Vorgehen be; reilfinden würde. Talſache ſei, daß kein einziges Milglied des Völker · bunds bereit ſei, Gewalt anzuwenden. Die Oppoſition habe lächerliche Dinge eſagl. Man habe gefragt: Habt ihr Ang Fürchlet ihr, daß die briliſche Flokte geſchlagen wird? Er, Simon, zweifle nicht daran, daß die britiſche Flotte zeigen würde, was ſie könne. Aber angeſichls der gegenwärkigen Lage in Europa und der ſchweren Gefahren. von denen England näher der Heimak umgeben ſei, ſei er nicht bereit, auch nur ein einziges Schiff zu opfern, ſelbſt wenn es ſich um eine erfolgreiche Seeſchlachk für die Sache Abeſſiniens handele.(Negierungsbeifall.) Dann werde gefragk, warum man die Sank⸗ lionen nichk forlſetze, ob ſie Schaden bräch⸗ ken? Er erinnerte, daß dem Handel Eng- lands 7 Willionen Pfund Sterling Verluſte enkſtanden ſeien. Solange kriftiger Grund beſtanden habe, die Sanklionen forkzuſeßzen, habe man dieſe Verluſte tragen müſſen. Er ſei aber nichk der Anſichk, daß man die Sanktionen forkſetzen dürfe, weil die Ver⸗ luſte„nur“ 7 Willionen Pfund Sterling be- kragen hätten. Es ſei mukiger, die Sank⸗ tionen aufzuheben, als ſie forkzuſetzen. Deshalb verwandle England ſeine Polikik der Verpflichtung auf den Völkerbund noch lange nichk in ihr Gegenkeil. Man diene dem Völkerbund beſſer, indem man den Wirklichkeiten ins Geſichk ſehe und prüfe, wie der Völkerbund geſtützt werden könne, um ſolche Schläge und Enktäuſchungen in Zukunft zu vermeiden. Welchen anderen Kurs wolle die Arbeiteroppoſition vorſchla⸗ gen?(Beifall der Regie rungsmehrheit und Zurufe:„Kriegl“) Die Arbeiteroppoſition habe, ſo ſtellte Simon feſt, kürzlich gegen den Ergänzungshaushalt für die Unkerhalkung der Streitkräfte im Wikkelmeer und ebenſo gegen die Ausgaben für dieſe Streilkräfte überhaupt geſtimmt.(Minukenlanger und ſtürmiſcher Beifall der Regierungsmehrheil). Er verlange daher, daß der Wißkrauens- ankrag abgelehnk werde. Der Konſervative Emrys Eyans griff die Sanktionsfreunde lebhaft an. Das Land habe ein Recht zu wiſſen, ob die Arbeiterpartei bereit ſei, bis zum Kriege zu gehen, um die Unab⸗ hängigkeit Abeſſiniens wieder herzuſtellen. Die unmittelbaren Intereſſen Englands lägen längs der Grenzen Belgiens, Hollands und Frank⸗ reichs. Die deutſche Aufrüſtung habe eine Poli⸗ tik der Wiederaufrüſtung Englands notwendig gemacht. Der Abgeordnete ſchloß ſeine Ausfüh⸗ rungen, indem er Deutſchland alle möglichen dunklen Abſichten unterſchob. die Abſtimmung Mit 384 gegen 170 Stimmen abgelehnt. London, 23. Juni. Die Abſtimmung im Unterhaus ergab die Ablehnung des Mißtrauensantrages der Arbeiterpar⸗ tei mit 384 gegen 170 Stimmen. Jranlreichs Beziehungen zu deulſchland (Fortſetzung von Seite 1) Die Regierungserklärung beſchäftigte ſich dann eingehend mit den Beziehungen Frank⸗ reichs zu Deutſchland. Die Parteien, die heute in der Volksfront vereinigt ſind, ſo heißt es an dieſer Stelle, haben immer für eine deutſch⸗ franzöſiſche Verſtändi⸗ gung gekämpft. Jaures hat ſeine leiden⸗ ſchaftliche Handlung für den Frieden mit ſei⸗ nem Leben bezahlt. Bri and hat Verleum⸗ dung und Beleidigung gekannt, weil auch er wollte, daß der Rhein Deutſchland und Frank⸗ reich verbinde, anſtatt ſie zu trennen. Wir halben die vonHerriot verhandelten Londoner Abkom⸗ men begrüßt, weil ſie Locarno möglich mach⸗ ten. Wir bedauern nicht die Handlungen, die wir ſeit 15 Jahren durchgeführt haben. Wir ſind entſchloſſen, ſie in der Sicherheit und Ehre der beiden Länder fortzuſetzen. Bei mehreren Gelegenheiten hat der Reichs⸗ kanzler ſeinen Willen zur Verſtändigung mit Frankreich bekundet. Wir haben nicht die Ab⸗ ſicht, an ſeinem Wort als ehemaliger Front- kämpfer, der vier Jahre lang in den Schützen⸗ gräben das Elend gekannt hat, zu zweifeln. Aber ſo aufrichtig unſer Wille zur Verſtändi⸗ gung auch ſei, wie können wir die Lehren und Erfahrungen und die Tatſachen vergeſſen. Die deutſche Aufrüſtung entwickelt ſich in einem täglich ſteigenden Rhythmus. Am 16. 3. 1935 hat Deutſchland die Militärklauſeln des Verſailler Vertrages unter Bedingungen zurückgewieſen, die gewiſ⸗ ſe, von ihm angegebene Irrtümer nicht recht⸗ ſertigen. Am 7. März 1836 hat es den freiwil⸗ lig unterzeichneten Locarno-Pakt verletzt und zurückgewieſen, von dem der Reichskanz⸗ ler bei mehreren Gelegenheiten erklärt hatte, daß er die hauptſächlichſte Garantie für den europäiſchen Frieden darſtelle. Seit dieſem Zeitpunkt iſt die Lage ernſt ge⸗ blieben. Am 19. März unterbreiteten die Locarno⸗Mächte Deutſchland einen Plan, der greifbare Vorſchläge für die Schaffung eines neuen Sicher heitsabkommens ent⸗ hält. Am 24. März unterbreitete Deutſchland Gegenvorſchläge, die jedes Syſtem von Abkommen zurückweiſen, das auf dem gegen⸗ ſeitigen Beiſtand in den Beziehungen Deutſch⸗ lands zu ſeinen Nachbarn mit Ausnahme der Locarno-⸗Mächte beruht. Am 10. April beauf⸗ tragten die Locarno-Mächte in dem Wunſche, alle Verſöhnungsmöglichkeiten auszunützen, die engliſche Regierung, gewiſſe Punkte der deutſchen Denkſchrift aufzuklären. Dies iſt Gegenſtand eines engliſchen Fragebo⸗ gems, der am 6. Mai in Berlin überreicht wurde. Auf dieſen Fragebogen hat das Reich noch nicht geantwortet. Wird es dies morgen tun? Frankreich wird auf alle Fälle die deutſchen Vorſchläge in dem aufrichtigen Wunſch prü⸗ fen, darin eine Abkommensgrundlage zu fin⸗ den. Dieſes Abkommen kann aber nur ver⸗ wirklicht werden, wenn es dem Grundſatz des unteilbaren Friedens ent⸗ ſpricht und keine Drohungen gegen irgend⸗ jemanden enthält. Die Abrüſtung Mit der Entwicklung der deutſch⸗franzöſi⸗ ſchen Beziehungen, heißt es dann weiter, iſt der Erfolg der Anſtrengungen im internatio⸗ nalen Abrüſtungswerk eng verbunden. Das franzöſiſche Volk weiß, daß der Rü⸗ ſtungswettlauf zwangsläufig zum Krieg führt. Es würde gern durch eine kollektive Anſtren⸗ gung dieſen Wettlauf anhalten und eine durch die Gemeinſchaft der Völker kontrollierte Ab⸗ rüſtung möglich machen. Die Regierung wird zunächſt die vor⸗ herige Veröffentlichung und die Kontrolle der Kriegswaffenherſtellung durch eine internationale, ſtändige und in Genf ſit⸗ zende Kommiſſion beantragen. Die Regierung wird ferner die zweite Le⸗ ſung des von einer Mehrheit der Staaten im April 1935 bereits verabſchiedeten Entwurfs vorſchlagen. Die Regierung wird ſich mit voll⸗ kommener Loyalität jeder Maßnahme anſchlie⸗ ßen, die einſtimmig ergriffen werden ſollte, um die Rüſtungen zu kontrollieren, zu beſchrän⸗ ken und herabzuſetzen, und die Regierung wird alle zweckmäßigen Gelegenheiten nützen, um dann die Initiative zu ergreifen. Die Frage eines Luftpaktes. Trotz aller Anſtrengungen ſind die Verhand⸗ lungn über einen Luftpakt nicht fortgeſchrit⸗ ten, da die deutſche Regierung ihre Antwort bisher aufgeſchoben hat. In ihrer letzten Denkſchrift hat ſie grundſätzlich ſich nochmals einem Abſchluß des Paktes geneigt gezeigt, jedoch nicht geſagt, ob ihrer Anſicht nach dieſer Pakt notwendigerweiſe durch ein Beſchrän⸗ kungsabkommen ergänzt werden ſollte. Von der engliſchen Regierung iſt in dieſer Ange⸗ legenheit eine Frage geſtellt worden. Auf die Antwort wird gewartet. Um den Rüſtungswettlauf anzuhalten, der in der Luft immer ſchneller wird, bleibt ein Abkommen über die Beſchränkung der Luftſtreitkräfte außerordentlich wünſchenswert. Frankreich iſt für ſeinen Teil bereit dazu, ob es ſich nun allein um die Luftſtreitkräfte der Weſtmächte oder um die geſamten europäiſchen Luftſtreitkräfte handeln ſollte. Wirkſchaftsfragen. Um eine Bilanz der allgemeinen Wirk- ſchaftslage, der Bedürfniſſe der Völker und der Maßnahmen, die ergriffen werden könn ⸗ ken, um den Auskauſch zu beleben, aufzuſtel⸗ len, wird die franzöſiſche Regierung die Einberufung des Studienaus⸗ ſchuſſes für die europäiſche Union beankragen, die Briand geſchaffen hakte. Dieſer Ausſchuß umfaßt alle euro- päiſchen Staaken, ob ſie Milglieder des Völ⸗- kerbunds ſind oder nichk. Deulſchland wird alſo daran keilnehmen und ſeine Anregungen geben können, ebenſo wie die Somgetunion zu Beginn daran keilnahm, die damals noch nicht Milglied des Völkerbunds war. Inkernationale Juſammenarbeil Alle Männer, die heute auf der Regie rungsbank ſitzen, ſo ſchließt die Erklärung, ſind einig in der Auffaſſung, daß der Zu ſtand des bewaffneten Frie⸗ dens, aus dem Kataſtrophen enkſtehen, vorübergehend ſein muß und daßz alle Anſtrengungen darauf gerichtet ſein müſſen, um ſeine Dauer abzukürzen, und daß die Sicherheit der Völker nur durch kollekliwe Zeilen zur Zeil Das Kind Die amerikaniſchen Kindes⸗ iſt uns heilig. entführer ſind zu einer wah⸗ ren Landplage geworden. Jahrelang hat die Bevölkerung unter ihrem Terror geſtanden, bis ſich endlich die Regie⸗ rung zu durchgreifenden Maßnahmen ent⸗ ſchloß. Nichts kennzeichnet den Unterſchied der Auffaſſung von„Freiheit“ und„Schutz der Allgemeinheit“ beſſer als der Gang der Ge⸗ ſetzesmaſchinerie in USA. und in Deutſch⸗ land. Dort mußte mehr als ein halbes Dut⸗ zend Jahre vergehen, bis der Staat zugriff. Bei uns iſt das Verbrechen der Kindesent⸗ führung gottſeidank unbekannt. Erſt vor we⸗ nigen Tagen hat ſich in Bonn der Verſuch eines derartigen Verbrechens gezeigt. Mit langen Erwägungen und Ueberlegungen gibt ſich die Reichsregierung nicht ab. Deutſchland ſoll ein ſauberes Land ſein. Deshalb hat der neue Staat von Anfang an ſich bewußt mit den ſchärfſten Strafandrohungen nicht nur gegen das Berufsverbrechertum gewandt, ſondern auch jeden Verbrecher bekämpft, wo immer er auch erſchien. Für Gangſtermethoden iſt in Deutſchland kein Platz. Man konnte es des⸗ halb nicht darauf ankommen laſſen, ob ſich der Vorfall von Bonn vielleicht noch irgendwo einmal wiederholt. Die uralte philoſophiſche Weisheit, daß man den Anfängen Widerſtand leiſten müſſe, iſt erſt recht angebracht in der Staatspolitik. Wir begrüßen deshalb das neue Geſetz der Reichsregierung, das gegen den erpreſſeriſchen Kindesraub ſofort mit drakoniſchen Strafen eingegriffen chat. Bemerlenswert iſt das Strafmaß, das keine andere Strafart dennt als die Todesſtrafe. Des weiteren iſt die Heraufſetzung der Begriffsgrenze für„Kind“ auf das 18. Lebensjahr kennzeichnend für die Auffaſſung der Schutzbedürftigkeit der Jugend im heutigen Staat. Bei aller Freiheit, die der heutigen Generation gelaſſen wird, darf dieſe Freiheit nicht in Schutzloſigkeit ausarten. Das neue Geſetz bewegt ſich durchaus auf der Linie, die die vorbereitende Strafrechtskom⸗ miſſion zum Schutz der Jugend in einer Reihe von Beſtimmungen beſchritten hat. Die Be⸗ ſtimmungen über Frauenhandel und Kinder⸗ handel haben außerordentliche Verſchärfungen erhalten. Im beſonderen ſind zum Schutz der Jugend zahlreiche Vorſchriften neu gefaßt und in den Strafzumeſſungen verſchärft worden. Man konnte nicht zuwarten, bis das neue Strafgeſetzbuch eine Sühne für den erpreſſe⸗ riſchen Kindes raub erhielt. Deshalb hat man die Materie herausgenommen und ißr ſofort Geſetzeskraft verliehen. Man wird annehmen dürfen, daß dadurch derartige Schandtaten und üble Prozeſſe, wie wir ſie zu Dutzenden in den letzten Jahren in Amerika erlebten, für Deutſchland von vornherein unmöglich gemacht worden ſind. Einrichtungen der inkernaklonalen Gemein- ſchaft geſichert werden kann. Die Völker werden ſich mik aller unenk⸗ behrlichen Vorſicht auf den Zuſtand des ab⸗ gerüſteken Friedens einſtellen müſſen, wo das uniwerſelle Gewiſſen gegen jeden Angreifer alle makeriellen und moraliſchen Kräfte der friedferkigen und vorhergehend mebhodiſch organiſierken Völker aufgerichkek wird. Un⸗ ſere Täligkeik wird von dem Glauben in die Zukunft der kollektiven Sicherheit beſeelt ſein. Dem Aufbau dieſer Zukunft werden wir unſere ganze Arbeit widmen. Wir werden nichk die Unvorſichligkeit be⸗ gehen, bereits jetzt den Stand unſerer Ver⸗ keidigungskräfte unſeren Hoffnungen anzu- gleichen. Solange ein inkernakiona⸗ ler Mechanismus nicht den Beweis ſeiner Wirkſamkeik erbracht hat, iſt es die Pflicht Frankreichs ſich ſelbſt gegenüber, ſo⸗ wie gegenüber ſeinen Freunden, in der Lage zu bleiben, alle Angreifer zu enkmukigen. Aber wir rufen zur inkernationalen Zuſam- menarbeit alle Völker und alle Regierungen auf, die dem Frieden ergeben ſind, die glau⸗ ben, daß der Friede auf der Achtung der frei übernommenen Verpflichkungen beruhen muß. die anſtelle der Umwandlung der Welk durch die Gewalt die Entwicklung unker Führung einer inkernationalen Gerechlig⸗ keit und Moral wilnſchen, alle dieſenigen, die enſſchloſſen ſind, wie Frankreich ſollda⸗ riſch alle Laſten und Verpflichtungen der kollektwen Sicherheit zu übernehmen, weil ſie wie Frankreich darin die beſte Garantie der nakionalen Sicherheit ſehen. . Nach Verleſen der Regierungserklärung und nachdem noch verſchiedene Redner zu dem außenpolitiſchen Programm der Regierung ge⸗ ſprochen hatten, wurde die Sitzung um 19.50 Uhr unterbrochen und eine Nachtſitzung auf 20 Uhr anberaumt. In dieſer Sitzung erwiderte Außenminiſter Delbos den Debatterednern. Die Sitzung endete nach Mitternacht mit einem Vertrauensvotum für die franzöſiſche Regierung Paris, 24. Juni. Mit 382 gegen 198 Stimmen ſprach die Kammer um 1.15 Uhr der Regierung ihr Vertrauen aus. i ind“ o für die r Jugend heit, die ud darf ausarten. 8 guf der dach zlom⸗ er Reihe Die de⸗ d Kinder⸗ bürfungen Schuß der eſaßt und das neue t ment bes ab- „ o das Angreifer fe ber ehobiſch b. Un- in oe theik Maf widmen. eit de · tet det en alt kong Beweis les dee bet, bo- het Lehe 1 Jen ſerungen die ger 90 Miltwoch, den 24. Juni 1936 Mit Leidenſchaft und Berantworkung Gedanken zum Jelllager der jungen Kunſt— Gemeinsames Ringen um Kullurerneuerung Das Kultur- und Rundfunkamt der Reichs⸗ jugendführung führt alljährlich, während die geſamte Hitlerjugend in die großen Zeltſtädte des Sommers aufbricht, auch ein kulturpoli⸗ tiſches Arbeitslager durch. das junge Künſt⸗ ler. Wiſſenſchaftler und Kulturvermittelnde zu gemeinſamer Arbeit erfaßt. Das diesjäh⸗ rige Lager findet vom 1. bis 16. Juli in Heidelberg ſtatt. Welchen inneren Wert dieſe kulturpolitiſchen Arbeitslager beſitzen und welche Erziehungs⸗ arbeit am künſtleriſchen Nachwuchs durch ſte geleiſtet wird, beſtätigen die im folgenden wiedergegebenen Stimmen junger Kunſt⸗ ſchaffender, die bereits einmal an den Arbeits⸗ lagern des Kultur⸗ und Rundfunkamtes teil⸗ nehmen konnten. Die beiden erſten Kamera⸗ den Gerhard Schumann und Luis Trenker hatten bereits an der vorberei⸗ tenden Tagung. die im April ds. Is. in Hei⸗ delberg ſtattfand. teilgenommen. Das Erleb⸗ nis dieſer Tagung ſpricht aus ihren Worten, die ſie uns anläßlich des„Zeltlagers der jungen Kunſt“ zur Verfügung ſtellten Gerhard Schumann, der Träger des diesjährigen nationalen Buch⸗ preiſes: Dem kommenden Lager des Rundfunk⸗ und Kulturamtes der J. im Juli 1936 ſehen alle fungen kulturpolitiſchen Aktiviſten mit freu⸗ diger Erwartrung entgegen. Sollen ſich doch dort die führenden Männer der deutſchen Kultur⸗ politik und die jungen ſchöpferiſchen Kräfte aus allen Gliederungen der Bewegung zu gemein⸗ ſamer fruchtbarer Arbeit treffen. Schon die vorbereitende Tagung in Heidelberg im April. an der ich für kurze Zeit teilnehmen konnte. hat gezeigt. daß bei einem ſolchen ſoldatiſchen, arbeitsfrohen Zuſammenſein, beſonders die Gemeinſamkeit des kulturellen Wollens der Gliederungen des Nattonalſozialismus über⸗ zeugend zum Ausdruck kommt. Möge das kom⸗ mende Lager ein weiterer Schritt zur kame⸗ radſchaftlichen Zuſammenfaſſung nationalſo⸗ zialiſtiſchen Kulturſchaffens und nationalſosia⸗ liſtiſcher Kulturpolitik ſein. Luis Trenker, der bekannte Schriftſteller und Filmkünſtler: made Heidelberger Tage als Vorbereitung auf das Lager waren ein Bekenntnis. eine Beſtätigung des Geiſtes, der uns alle aus Nord und Süd und Oſt und Weſt verbindet Mie werde ich die leuchtenden Augen, kraft⸗ ſtrotzenden Köpfe und mutigen Schultern ver⸗ geſſen, die alle in treuer Kameradſchaft bei⸗ ſamnien waren! Die Stunden im Rathaus zu Heidelberg öffneten unſere Herzen und weite⸗ ten unſeren Blick für heute und morgen! Künſtleriſches Schaffen kann nur im heißen Pulsſchlag des ehrlichen Suchens und Wollens geformt werden wie das zu ſchmiedende Eiſen im Feuer des Ofens! Wolf Juſtin Hartmann, der bekannte Münchener Schriftſteller: Eine neue Jugend, ein neuer Glaube, eine neue Kraft: das war wohl der unmittelbarſte und auch der beglückendſte Eindruck, den ich bei jener erſten Begegnung mit der Mannſchaft des Nundfunk⸗ und Kulturamtes der RI im Lager Landeck gewann. Dieſer Eindruck aber erhielt ſeine bis heute nachhaltende Wir⸗ kung durch den Geiſt der Kameradſchaft, alſo durch jenes ſoldatiſches Element einer unbe⸗ dingten und ſelbſtverſtändlichen Anſtändigkeit. das immer wieder und überall bei jeder Ge⸗ legenheit von Menſch zu Menſch nach einer gegenſeitigen Hilfe, nach Achtung und Ver⸗ trauen drängte. Eine Gemeinſchaft ohne Phra⸗ ſen, ohne Dünkel und ohne Heuchelei hatte ſich gefunden. Kein Falſchmünzer wurde geduldet, kein Schwätzer und kein Wicht im Wichtig⸗ tuen. Mit heißem Herzen, aber mit der Uner⸗ bittlichkeit des Sachlichen. Nüchternen und Natwendigen ſtrebte jeder einzelne danach. ſein Teil dazu beizutragen, eine jener Stra⸗ ßen zu bauen, auf der man ſicheren Fußes in ſeine Zukunft marſchiert. So brach man auf; die erſte Naſt auf dieſer Straße war Warnicken im Sommer 1935. Es wurde zugleich eine Rechenſchaft über die Mannſchaft und ihre Leiſtung, ein Merkmal und ein Mahnmal wie es nötig iſt, ſoll ein großer Glaube eine große Haltung erzeugen, ſoll eine Kraft lebendig bleiben und wachſen um ihrer Weite und Spannung willen, ſoll ka⸗ meradſchaftliche Bereitſchaft eine Jugend be⸗ ſeelen, die das Vermächtnis jener anderen Ju⸗ gend zu treuen Händen halten muß, die ich vier Jahre lang ſterben ſah.— Und damit will ich ſchließen, daß es für einen Soldaten der Front von ehedem eine Zuverſicht bedeutet, dieſe neue Jugend zu ken⸗ nen, die ihrem Führer eine unerſchütterliche Gefolgſchaft. dem Reich verſchworen, dem Volke zugehörig und zu Dienſten iſt. und jene verantwortungsbewußte Ehrfurcht mitbringt,. ohne die jeder Verſuch, Bezirke der Kultur auch nur betreten zu wollen, ſinnlos und aus ⸗ ſichtslos wäre. Karl Richard Ganzer, der junge Hiſtoriker: Ohne das Erlebnis des Lagers iſt heute auch der Wiſſenſchaftler nicht mehr denkbar. Konnte er ſich früher damit begnügen, in ſei⸗ ner Stube hinter den Büchern zu hacken, ſo weiß er heute, daß ihm dieſes an ſich notwen⸗ dige Tun nur die Mittel liefern darf, um hin⸗ einzuwirken in die Gemeinſchaft. Das Lager iſt der Ort, an dem die Gemeinſchaft am an⸗ geſpannteſten bei ihrem Werk ſteht. Mir baben die Lager Landeck und Warnik⸗ ken etwas ſehr Weſentliches gezeigt: daß. trotz aller Unkenrufe der Zweifler, unſere großen deutſchen Probleme mit aller Leidenſchaft und in aller Freiheit erörtert werden können, ſo⸗ fern nur bei den Diskuſſionen Veranwortung für das Volk lebendig iſt. Das entſcheidende Landecker Erlebnis war, daß die Ausſprachen offen, ohne Phraſe und ohne tötende Verſuche der Schematiſterung vor ſich gingen. Das La⸗ ger Warnicken hat als Ergebnis die Notwen⸗ digkeit erkennen laſſen, neben der ausgerichte⸗ ten Gefolgſchaft dem ſelbſtändig ſchaffenden Menſchen den nötigen Raum für das eigene Werk und die eigene Verantwortung zu be⸗ laſſen; denn ohne dies wäre geiſtige Arbeit, ſei es die des Künſtlers oder die des Wiſſen⸗ ſchaftlers, nicht möglich. Es iſt eine deutſche Schickſalsfrage, daß ſich die volitiſchen und die geiſtigen Mächte des deutſchen Volkes in einem gemeinſamen Dienſte finden, der nicht nur Epiſode bleibt. ſondern die kommenden Jahrhunderte überdauert. Auch dem Heidelberger Lager wird dieſe Notwen⸗ digkeit das Geſetz aufdrücken. Ans iſt es auf ⸗ getragen, uns um die Formen zu bemühen, in denen ſich Staat und Geiſt zu einer bleiben ⸗ den Syntheſe binden können. Gerhard Maaß,. Kapellmeiſter am Reichsſender Hamburg, der die Muſik zu Brockmeiers Spiel„Ewiges Volk“, das im Rahmen des„Zeltlagers der jungen Kunſt“ am Dienstag, den 14. Juli ds. Is. auf der Heidelberger Feierſtätte, dem Heiligen Berg, aufgeführt wird, ſchrieb: Das Lager Landeck war für mich ein grund⸗ legendes Erlebnis. Es hat mir den Ausweg gewieſen aus der Beſchränkung, in der meine ſchöpferiſche Arbeit bis dahin befangen war. es hat mir die Aufgaben gezeigt. deren Lö⸗ ſung Vorbedingung iſt für den Aufbau einer neuen, jungen Kultur, und es iſt ſchließlich letzter und entſcheidender Anſtoß geweſen für eine wirklich poſitive Einſtellung zum neuen Staat und zum Nationalſozialismus über⸗ haupt. Das Lager Warnicken war mit wertvoll als Probe aufs Exempel; es beſtätigte mir die Richtigkeit der in Landeck gewonnenen Er⸗ kenntniſſe und brachte mir die große Freude, die Früchte dieſer Erkenntniſſe als brauchbare Aufbauſtoffe anerkannt zu ſehen. Die oben angeführten Stimmen dieſer jungen Kunſtſchaffenden beweiſen, daß es durch die kulturpolitiſchen Zeltlager der Reichsju⸗ gendführung möglich wurde, eine Kame⸗ ee auch im Geiſtigen zu ſchaf⸗ en. Izeanregalla Amerika ⸗Deulſchland Bannführer Roedenbeck, der Marine⸗Sach⸗ bearbeiter der Reichsjugendführung, gibt im folgenden einen kurzen Bericht über die Vor⸗ bereitungen und die Ausſchreibung zur Ozean⸗Regatta Amerika Deutſchland. Die Ausſchreibungen zur Ozean⸗Regatta Amerika⸗Deutſchland von den Bermudas⸗ Inſeln nach Elbe⸗I⸗Feuerſchiff bei Cuxhaven, einer Strecke von 3400 Seemeilen= 6200 km. ſind ergangen. Auf deutſcher Seite zeichnet der Norddeutſche Regattaverein, auf amerika⸗ niſcher Seite der Cruiſing⸗Club of America verantwortlich. Kapitän Schlimbach, dem das größte Verdienſt an dem Zuſtandekommen dieſer heu⸗ te in der Seglerſchaft der Welt beſprochenen Wettfahrt zukommt, wird die deutſche Jacht „Hamburg“, einen ganz neuen Hamburger Bau, ſelbſt führen. Die Amerikaner rechnen mit einer Meldeziffer von 50 Jachten. Fünf Nationen werden unter dieſen Jachten ver⸗ treten ſein. Die ſtärkſten Felder ſtellen die bei⸗ den ausſchreibenden Länder Deutſchland und Amerika. Im ganzen ſind acht deutſche Jag⸗ den gemeldet. Die Länge der zugelaſſenen Jachten liegt zwiſchen 13,40 m und 24,40 m. Die kleinſte iſt die deutſche Jacht„Suſewind“, die von Kapitän Gatz geführt wird. Das Sammeln von Erfahrungen über den zweckmäßigſten Bau von ſeetüchtigen Jachten über den Ozean wird ein Reſultat dieſer in⸗ tereſſanten Fahrt ſein. Die Jachten müſſen eine ſtarke Takelage, vollkommene ſeetüchtige Konſtruktionen und kräftige Bauweiſe, ver⸗ ſchließbare Kajüten und eine waſſerdichte Plicht auſweiſen. Die Ausbildung der See⸗ mannſchaft und die Vervollkommnung der navigatoriſchen Kunſt der Amateurſegler iſt anzuſtreben. Die Jachten ſegeln in einer Klaſſe nach Zeitvergütung, wie ſie nach den Tabellen der North American Pacht Racing Union für die endgültige Einſchätzung ausgerechnet wird. Die Mannſchaft einer Jacht darf nicht weniger als fünf Köpfe zählen. Die Vorbereitungen für dieſes außerordent⸗ lich ſpannende Ozeanrennen zwiſchen den Bermudas und Cuxhaven ſind in vollem Gange. Die gemeldeten Jachten werden nach Amerika gebracht, wo ſie in dieſen Tagen in Boſton eintreffen. Hier in Boſton werden ſie auf die Erfüllung der vorgeſchriebenen ſegel⸗ ſportlichen Bedingungen geprüft. Danach fah⸗ ren die Jachten unter Segel 500 Seemeilen nach den Bermudas⸗Inſeln. Der Start bei den Bermudasinſeln für die große Ozean⸗Re⸗ gatta findet am 1. Juli ſtatt. Das Ziel iſt Cuxhaven beim Feuerſchiff Elbe 1. Auf der Hamburger Jacht„Hamburg“ und der kleinſten Jacht„Suſewind“ be⸗ finden ſich Marine⸗ Hitlerjungen; mit vieler Mühe iſt es dieſen beiden Jungen ge⸗ lungen, einen Platz für dieſe große Wettfahrt über den Ozean zu erringen und dadurch per⸗ ſönlich an dieſem Kampf tatkräftig teilzuneh⸗ men. Der Marine⸗Hitlerjunge Franz Kraſe⸗ mann von der Marine⸗Hitlerjſugend Hamburg des Gebietes Nordmark wird auf der klein⸗ ſten Jacht„Suſewind“ eingeſchifft ſein. Man kann geſpannt ſein, wie dieſe kleine Jacht und ihre Beſatzung den Kampf mit dem Ozean beſtehen wird und wie ſie ſich den an⸗ deren größeren Jachten gegenüber, namentlich den Amerikanern, die ihre erfahrenſten Hoch⸗ ſeeſegler und ihr beſtes Material auf den Platz gebracht haben, bewähren wird. Neuer Iranziskaner-Prozeß Die Bruder Hermann⸗Joſef, Irenäus und Baſilins vor Gericht. Koblenz, 23. Juni. Am Dienstag wurde in dem großen Sittlichkeitsprozeß der 276 Brüder der Franziskanerbruderſchaft gegen den Hauptangeklagten, den 23 Jahre alten Wil⸗ helm Altegör alias Bruder Hermann⸗Joſef und als Mitangeklagte gegen die Brüder Jr e⸗ näns(Anton Spengler) und Baſi⸗ lius(Richard Korczikowſki) verhan⸗ delt. Bruder Hermann⸗Joſef wird beſchuldigt, in den verſchiedenen Ordensniederlaſſungen durch neun ſelbſtändige, teilweiſe in ſich fort⸗ geſetzte Handlungen mehrere Jahre hindurch mit den Brüdern Friedrich Neuſer(Bruder Raymund), Anton Spengler(Irenäus), Hans Broß(Alexander), Friedrich Kors⸗ meier Gruder Agricola), Egon Fil⸗ lings(Leontius), Sebaſtian Mertes (Bruder Caſher) und Richard Korczi⸗ kowſki(Bruder Baſilius) unzüchtige Hand⸗ lungen getrieben zu haben. Eine Nachtrags⸗ anklage legt ihm außerdem unzüchtigen Verkehr mit dem Bruder Otto Münz(Bruder Delec⸗ tus) zur Laſt. Dem Angeklagten Richard Korczikowſki wird ein Fall von Unzucht mit dem Hauptangeklagten Altegör(Bruder Her⸗ mann⸗Joſef) zur Laſt gelegt. Dem Mitange⸗ klagten Ant. Spengler(Bruder Irenäus) wird Unzucht mit dem Bruder Hermann⸗Joſef in Bad Kreuznach im Jahre 1933 zur Laſt gelegt. Die Vernehmung des Hauptangeklagten Alte⸗ gör ergibt, daß er in den Ordensniederlaſſun⸗ gen der Franziskaner in Waldbreitbach, Kreuz⸗ nach, Linz, Ebernach und Waldniel tätig gewe⸗ ſen iſt. Sowohl aus der Vernehmung des An⸗ geklagten Bruders Hermann⸗Joſef wie auch aus der Vernehmung der Zeugen ergibt ſich, daß die in Frage kommenden Brüder mit dem Angeklagten in nicht wiederzugebender Weiſe geſchlechtlich verkehrt haben. Bruder Werner, der dem Angeklagten Altegör dieſe Perverſitä⸗ ten beigebracht hat und der mit ihm einmal, bevor ſie zur Chriſtmette gingen, widernatür⸗ e befindet ſich zur Zeit im Aus⸗ and. Im großen und ganzen iſt der Hauptange⸗ klagte Altegör geſtändig. Der Angeklagte Bruder Baſilius gibt ſehr märchenhafte Erklä⸗ rungen ab, nach denen er die unzüchtige Hand⸗ lung mit Bruder Hermann⸗Joſef halb im Schlaf ausgeführt haben will, ſo daß er nicht wußte, was er tat. Die Erzählung klingt in allen ihren Einzelheiten derart unglaublich, daß der Vorſitzende den Angeklagten ernſthaft zur Wahrhaftigkeit ermahnen muß. Auch der Angeklagte Spengler(Bruder Ire⸗ näus) will von der Abſicht einer unzüchtigen Handlung nichts wiſſen und lediglich eine medi⸗ ziniſche Unterſuchung vorgenommen haben. Der Staatsanwalt führte in ſeinem Plä⸗ doyher u. a. aus, daß man bei Beginn der 5. Verhandlungswoche in dieſem Prozeß wieder einmal Gelegenheit habe, das Netz der Quer⸗ verbindungen innerhalb des Franziskaner⸗Bru⸗ derordens feſtzuſtellen. Man müſſe ſich ange⸗ ſichts der dauernd wiederkehrenden widerlichen Schilderungen vor einer Abſtumpfung vor die⸗ ſen Dingen hüten. Bei der Beurteilung müß⸗ ten vielmehr nicht nur die einzelnen Straf⸗ taten, die jeweils zur Debatte ſtünden, und nicht nur die Perſon der Angeklagten, ſondern vor allem der Geſamtkomplex be⸗ rückfichtigt werden. Leute. die in der Oeffentlichkeit als halbe Heilige angeſehen worden ſeien, wenn ſie in Kloſterkleidung ge⸗ meſſenen Schrittes durch die Straßen gingen, hätten dieſe Sachen getrieben, und zwar, wie die Verhandlung ergab, ſehr oft an den höch⸗ ſten kirchlichen Feiertagen. Im einzelnen be⸗ antragte er gegen den Angeklagten Altegör eine Gefängnisſtrafe von 3 Jahren 6 Monaten unter Anrechnung der Unterſuchungshaft von 4 Monaten, gegen den Angeklagten Richard Korczikowſki 7 Monate Gefängnis und gegen Spengler 8 Monate Gefängnis, in den beiden letzten Fällen unter Anrechnung der vollen Unterſuchungshaft. Der Verteidiger hob die Jugendlichkeit des Hauptangeklagten hervor und daß dieſer als Kind ins Kloſter gekommen und dort verführt worden ſei. Er ſei ſchließlich nach drei Jah⸗ ren dem Gift in den Klöſtern erlegen. Der Vorſitzende verkündete folgendes Urteil: Das Verfahren gegen den Angeklagten Speng⸗ ler wird auf Grund der Amneſtie vom 7. Aug. 1934 eingeſtellt, Korczikowſki wird freigeſpro⸗ chen, der Angeklagte Altegör wird wegen fort⸗ geſetzter widernatürlicher Unzucht zu einer Ge⸗ fängnisſtrafe von 1 Jahr und 8 Monaten un⸗ ter Anrechnung der Unterſuchungshaft von 6 Monaten verurteilt. Anerkennung für eine nalionale Tal nach 17 Jahren Berlin, 23. Juni. Am heutigen 23. Juni ſind es genau 17 Jahre her, daß Soldaten und Studenten, die nach den Beſtimmungen des Verſailler Vertrags an Frankreich abzuliefern⸗ den eroberten Fahnen aus dem Krieg 1870—71 und den Freiheitskriegen aus dem Zeughaus holten und unter dem Geſang des Deutſch⸗ landlieds vor dem Denkmal Friedrichs des Großen verbrannten. Der Hauptbeteiligte der Aktion, Walther von Simons, ließ damals durch den heu⸗ tigen SA⸗Brigadearzt Dr Kurt v. Stuck⸗ rad, Berlin, am Samstag. den 21. Juni, eine Reihe von ſtudentiſchen Verbindungen benach⸗ richtigen, daß ſie ſich am Montagfrüh in klei⸗ nen Gruppen unauffällig auf der Straße Unter den Linden und auf dem Platz vor dem Zeug⸗ haus verteilen möchten. Am Montag früh ging Leutnant v. Simons mit einer Reihe von Ka⸗ meraden in das Zeughaus und ließ ſich die Er⸗ laubnis zur Beſichtigung der erbeuteten Fah⸗ nen geben. In dem Augenblick, als der Auf⸗ bewahrungsort der Fahnen feſtgeſtellt war, be⸗ mächtigte er ſich der Fahnen und ließ ſie aus dem Zeughaus ſchaffen. Das Perſonal verſuchte zunächſt die Polizei zu alarmieren, doch waren inzwiſchen die Telephonleitungen zerſchnitten worden. Im Laufſchritt wurden die Fahnen zum Denkmal Friedrichs des Großen gebracht. Die Studenten bildeten Spalier und verhinderten das Einſchreiten der Polizei. Die Fahnen wurden mit Benzin übergoſſen Leutnant von Simons hielt eine kurze Anſprache. dann ſchloſſen Soldaten und Studenten einen feſten Kreis, und unter den Klängen des Deutſchland⸗ lieds wurden die Fahnen den Flammen über⸗ geben. Aus Anlaß des Jahrestags dieſer Tat empfing am 23. Juni mittags Reichsminiſter Dr. Goebbels jene Männer. die damals an der Beſchlagnahme der Fahnen im Zeughaus und an ihrer Verbrennung beteiligt waren. unter Führung des Herrn Walther v. Simons in ſeinem Miniſterium. An dem Empfang nah⸗ men weiter teil: SA⸗Brigadeführer und Poli⸗ zeimajor Grolman, SA⸗Sturmführer Dr. Hubert Hoffmann, Herr Hermann Fritz. Zivilfahrer Wilhelm Tietz. Fahrbereitſchaft Polizei Berlin ⸗Oſt., Herr Hans Reetz. Hauptwachtmeiſter Hans Karliſch, SA⸗ Brigadearzt Dr. Kurt v. Stuckrad. Reichsminiſter Dr. Goebbels wies in einer kurzen Anſprache darauf hin, daß die Tat vom 23. Juni 1919 in einer Zeit des Niedergangs mit einem Schlag der Welt wieder bewieſen hatte, daß es noch Männer in Deutſchland gab. Das ganze deutſche Volk habe damals aufge⸗ horcht. In jene Tage fiel auch die Verſenkung der deutſchen Flotte in der Bucht von Scapa Flow. Beide Taten ſeien geſchichtliches Wetterleuchten geweſen und hätten vie⸗ len, die ſchon zweifelten, den Glauben an Deutſchland zurückgegeben. Sie hatten erkannt. daß noch eine Fülle heroiſcher Kraft im deut⸗ ſchen Volk ſteckte. Die Männer vom 23. Juni 1919 hätten von der damalgen Republik kei⸗ nen Dank geerntet Sie ſeien ſich von vorn⸗ herein bewußt geweſen, daß ſie ſich nur auf ſich ſelbſt und ihr nationals Gewiſſen verlaſſen konnten. Dafür danke das deutſche Volk ihnen heute in ſeiner neuen Verfaſſung. Herr Walther v. Simons, auf deſſen Kopf von der damaligen Regierung der Republik ein hoher Preis ausgeſetzt und deſſen Auslieferung an Frankreich bereits beſchloſſen worden war, mußte ſeinerzeit Deutſchland verlaſſen und ins Ausland fliehen. Erſt nach der Wiederbefreiung und Wiedererſtarkung des deutſchen Volks konnte er deutſchen Boden wieder betreten. Belgien für Aufhebung der Fanklionen Brüſſel, 23. Juni. Das Kabinett hal Monkagabend eine Sitzung abgehallen. Es wurde beſchloſſen, in Geuf der Aufhe⸗ bung der Sanktionen zuguſtim⸗ men 2 B———————. — — eee ———— Mitwoch, den 24. Juni 1936 Eden beim Negus London, 23. Juni. Der engliſche Außen⸗ miniſter Eden ſuchte am Dienstagvormittag den Negus in der abeſſiniſchen Geſandtſchaft in London auf. Er hatte dort mit dem Kaiſer eine Unterredung, die enva eine Stunde dauerte. Wie zu dem Beſuch bekannt wird, hat der Negus die Gelegenheit benutzt, um Eden da⸗ von zu unterrichten, welche Haltung die abeſſiniſche Regierung in Genf einzunehmen gedenke. Er ſoll darauf hingewieſen haben, daß Abeſſinien ſich weiter⸗ hin als ein unabhängiges Volk anſehe und daß der organiſierte Widerſtand noch nicht aufgehört habe; ſchließlich werde er um weiteren Beiſtand bitten. Die britiſche Auffaſſung ſteht bekanntlich im Widerſpruch zu diefer Anſicht des Negus. Jur Böllerbundsreform Eine Erklärung über die angeblichen Pläne Madariagas zur Neform des Völkerbundes Madrid, 23. Junl. Der ſpanſſche Au⸗ zenminiſter Barcla befaßte ſich am Monkag in einer Note mit den Kommentaren, die in den letzten Tagen in der ſpaniſchen und aus- ländiſchen Preſſe über angebliche Vor ⸗ ſchläge zur Reform des Völker- bundes erſchlenen waren. Es wurde be⸗ haupket, daß dieſe Vorſchläge der ſpaniſche Verkreker in Genf, Madariaga, gemacht habe. Varcla ſtellte feſt, daß ein ſolches Do⸗ kument weder amklich noch halbamt⸗ lich vorhanden ſei. Es handele ſich lediglich um ein„unperſönliches Protokoll“ über eine Veſprechung, die im Mai zwiſchen mehreren neuralen Völkerbundsverkretern ſtattgefun⸗ den habe. Die Konferenz habe über Wege zur Feſtigung der kollekkiwen Sicherheit be⸗ rafen. Madariaga ſei damals mit der ſchriftlichen Zuſammenfaſſung der von den Teilnehmern geäußerken Anſichten beauf- tragk worden. Es verlautek, daß der Außenminiſter dieſe Noke nach einer Ausſprache im heutigen Miniſterrat und auf Drängen Wadariagas veröffenklicht habe. Madariaga ſoll die Re- gierung darauf aufmerkſam gemacht haben, daß ihm vorausſichklich der Vorſiß für den nächſten Völkerbundsrak angeboken werde, daß er ihn aber nicht übernehmen könne, falls von ſpaniſcher Seite nichk eine Aufkelä⸗ rung erfolge, die ſeine Kompromiktierung durch die Preſſe verhindere. Juverſichlliche Vorle de la Rocques Paris, 23. Juni. Der Feuerkreuzlerführer Oberſt de la Roc que hat einem Vertre⸗ ter des„Echo de Paris“ zur Auflöſung ſeines Verbandes einige Erkläuungen abgegeben. Nur die Frauengruppen und die angeſchloſſe⸗ nen Hilfsverbände ſeien, ſo meinte Oberſt de la Rocque, durch die Regierungsverordnung betroffen worden. Vor Monaten bereits ſei von ihm„die franzöſiſche ſoziale Partei“ ge⸗ gründet worden und faſt zur gleichen Zeit hätte eine Anzahl von anderen nationalen Bünden ihre Satzungen ebenfalls geändert, um auf dieſe Weiſe einer Auflöſung zu ent⸗ gehen. Von drei ſeiner Organiſationen beſtän⸗ den für den Augenblick jedenfalls zwei weiter. Die Regierung werde ſich vielleicht genötigt ſehen, neue Verordnungen auszuge⸗ ben. Immerhin habe ſie bereits bewieſen, daß ſie nicht fähig ſei, auf den erſten Wurf hin einen Text auszuarbeiten, der ihren Abſichten und Zielen entſpräche. Zur innerpolitiſchen Lage meinte Oberſt de la Rocque, die Feuerkreuzler ſeien ſo ſtark ge⸗ worden, daß ſie nichts zu befürchten hätten. Ohne Armut und Verfolgung ſei noch keine Bewegung zur Macht gekommen oder groß geworden. Die Zeit der Armut liege bereits hinter der Bewegung. Die Zeit der Verfolgung habe begonnen. Sie ſei der letzte Abſchnitt vor dem Siege, und er danke Blum und Salengro für ihre Arbeit. Diskonkermäßigung in Frankreich Paris, 23. Juni. Die Bank von Frank⸗ reich hat den Diskontſatz von 6 auf 5 v. H. ermäßigt. Gleichzeitig wurde der Satz für Vorſchüſſe auf Wertpapiere von 8 auf 6 v. H. und für Vorſchüſſe auf 30 Tage von 6 auf 5 v. H. cerabgeſetzt. Nach dem in den letzten Monaten als Abwehrmaßnahme gegen die Spekulationen erfolgten Anziehen der Dis⸗ kontſchraube(am 28. März um 17 v. H. und am 6. Mai um ein weiteres Prozent) iſt die⸗ ſer heutige Beſchluß der erſte Wiederabbau des Diskontſatzes. Streikende am Millwoch? Brüſſel, 23. Juni. Der Landesaus- ſchuß der Gewerkſchafktskommiſſton(ſoziali⸗ ſtiſch) hat, abgeſehen von ſechs Skimmenkhal- kungen, die Wiederaufnahme der Arbeik für Mittwoch, den 24. ds. Mks., beſchloſſen, da nach ſeiner Anſicht die Skreikziele für die überwiegende Mehrheit der Arbeiker erreicht ſeien. Gleichzeitig ſicherk der Landesausſchuß den Arbeikern, die noch auf Widerſtand der Arbeitgeber, namenklich in der Lohnfrage, ſtoßen, ſeine uneingeſchränkte Unkerſtützung zu. Die Ausſprache in der Kammer Abgeordneler Monkiguy über die Moskauer Einflüſſe? Paris, 23. Junl. Als erſter Redner er- griff nach Verleſung der außenpolitiſchen Er- klärung der Abgeordnete Mon tügny von der radikalen und demokratiſchen Linken das Work. Er bedauerle, daß Frankreich ſeit Monaten keine Außenpolltik mehr habe und daß man ſich fragen müſſe, ob die kollektive Sicherheil noch als Grundlage der Politik in Frage komme. Wenn man die kollektiwe Sicherheit auf nur drei Mächten— England, Ruß- land und Frankreich aufbauen wollte, ſo würde das ſehr einem Bündnis nach der alten Form ähneln. England wolle von einem Syſtem vollkommener kollektiver Sicherheit nichts wiſſen. Mithin käme nur in Frage Sowfetrußland, die Tſchechoſlowakei und Frankreich. Vom ſowjekruſſiſchen Heer habe Abgeord- neker Archimbaud behauptet, es ſei nur eine beſchränkle Abwehrſtreitkraft.(Sier ruft Abgeordneler Archimbaud dazwiſchen:„Das war vor einem Jahr. Ich habe meine An- ſicht geänderk!“) Alſo blieb nur noch das kſchechoſlowakiſche Heer und die ruſſiſche Luftwaffe. Könnte das franzöſiſche Heer, falls es zwiſchen Deulſchland und Italien zu einem Abkommen käme, nach zwei Fronten bin Widerſtand leiſten?(Ein rechtsſtehender Abgeordneter ruft dazwiſchen:„Die Volks- front iſt gleichbedeutend mit Krieg.“ Wenn ein deukſch⸗italieniſches Abkommen geſchloſſen wäre, müßke man zu einer Verſtändigung mit Deutſchland und mik Italien kommen. Man dürfe nicht die Politik des Blocks der Demokratien ge⸗ gen den Block der Diktaturen betreiben. Er, Abgeordneter Monkigny, wiſſe nicht, ob es Möglichkelten zu nützlichen Verhandlungen mit Deulſchland gegeben habe. Aber zumin⸗ deſtens hätte man einen enlſprechenden Ver⸗ ſuch machen müſſen. Als von der Rechten des Hauſes der Ruf ertönt:„Nach Moskau!“ und Abgeordneter Monkigny ſein Bedauern ausſpricht, daß fremdländiſche Einflüſſe auf der franzöſiſchen Außenpolitik laſten, erhebt Außenminister Delbos Einſpruch und erklärk, er könne dieſe Anſchuldigungen nicht durch⸗ gehen laſſen, ohne dagegen mit größter Energie Einſpruch zu erheben. Er mülſſe auf dieſe gegen die Regierung und ihre Mehr⸗ heit gerichtelen Unkerſtellungen anlworken, weil ſie die Gefahr mit ſich brächten, im Auslande als Bewelsgründe gegen Frank- reich zu dienen. Die politiſche Leidenſchaft dürfe nicht dazu führen, ſolche Anſchuldlgun⸗ gen auszuſprechen, denn ſie könnken dem Lande Schaden zufügen. Abgeordneter Monkigny verſuchk zu ank⸗ worken, aber ſeine Stimme verlierk ſich zu⸗ nächſt unter den Pfulrufen der Linken. Schließlich kann er, zu den Nadlkalſozialiſten gewandt, ausrufen:„Ihr ſprecht ja im Na- men der Radikalſozlaliſtiſchen Partei, aber hinter Euch ſtehen die Zweike und die Orikte Inkernationale. Eiſenbahnunglück Groß- Heringen Iweiler Tag— Vor der Forlſ etzung der Jeugenvernehmung *— Groß⸗ Heringen, 33. Juni. Am Dienstag wurde von dem Verteidiger des Angeklagten Bande beantragt, deſſen Vor⸗ geſetzte, den Vorſtand des Reichsbahnmaſchi⸗ nenamtes Berlin, Reichsbahnrat Witte und den Reichsbahn⸗Amtmann Teichert als Zeu⸗ gen dafür zu laden, daß Bande ſtets als ver⸗ trauenswürdiger Lokomotivführer auch noch nach dem Unfall von Groß⸗Heringen gegolten habe. Dem Antrag des Verteidigers wurde vom Gericht ſtattgegeben. Von beſonderem Intereſſe war die Verneh⸗ mung des Fahrdienſtleiters Kaden, der am Unglückstage auf dem Bahnhof Groß⸗Herin⸗ gen Dienſt tat. Er legte eingehend ſeine Maß⸗ nahmen zur Bewältigung des ſtarken Ver⸗ kehrs dar. Danach hatte der Perſonenzug 825 (der Unglücks zug) 4 bis eine Minute Zeit zur Ausfahrt auch bei Ueberfahren der Halte⸗ ſignale durch D 44. Beide Signale für D 44 hätten auf Halt geſtanden. Unmittelbar vor dem Unglück habe ihm der Stellwerkswärter zugerufen:„D 44 überfährt die Signale. D 44 hält nicht.“ Es wurde dann eine Reihe weiterer Bahn⸗ beamten vernommen, die alle beſtätigen, daß die Signale richtig geſtanden haben. Im weiteren Verlauf der Zeugenverneh- mung im Groß-Heringer Prozeß erklärte der Hilfsweichenwärter Böhm, der Angeklagte Dechank habe ihm nach dem Unfall zugeru⸗ fen:„Geh' weg, Kamerad, ich habe das Sig⸗ nal überfahren.“ Sodann wurden mehrere Beamte aus Weißenfels über die Zurverfügungſtellung der Vorſpannmaſchine für D 44 und über das ihr beigegebene Bedlenungsperſonal ver- nommen. Es wurde dabei feſtgeſtellt, daß der Angeklagte Bande Vorſpann verlangt habe, weil er nur noch wenig Waſſer halte und eine Pumpe ſchadhaft war. Der Vorſtand des Maſchinenamkes Weißenfels, Reichs- bahnrak Nocol, ſtellk bei einer Verſuchs⸗ fahrk am 4. Januar mit einem mik dem D 44 enkſprechend zuſammengeſtellken Zug feſt, daß ſich infolge ungünſtiger Witterung und Niederſchlägen an den Scheiben der Loko⸗ motive Trübungen ergaben, aber nicht der- art, daß es unmöglich geweſen wäre, dle Signale beobachten zu können. Reichsbahnoberinſpeklor Paul Richker⸗ Weißenfels gibt an, daß ihm Dechant als äußerſt ſpmpakbiſcher Fahrer bekannt ſei. Er zeigte viel Intereſſe für den Dienſt, ſei eifrig impulſiv und kalkräftig. Reichsbahnrak Kirſchſtein, der Leiter der Bremsverſuchsabteilung in Berlin- Grunewald, gab als Sachverſtändiger ſein Gutachten dahin ab, daß der Bremsweg für den D 44 von ihm und ſeinen Mitarbeitern nach genauen Berechnungen auf 484 Melker berechnet worden ſei. Reichsbahnoberrat Wahrendorf⸗Mainz ſchloß ſich dem Guf⸗ achten Kirſchſtein an. Bei 95 Stundenkilo⸗ metern wurde von ihm ein Bremsweg von 480 bis 500 Meter berechnek. Er erklärke, der Angeklagke habe bei einer Geſchwindig⸗ keit von 95 Stundenkilometer unker An- nahme ungünſtiger Umſtände 171 Melker zu ſpät gebremſt, alſo etwa erſt 109 Melker vor dem Haupfſignal. Ein Anhalt dafür, daß die Bremſen nichk in Ordnung waren, liege nicht vor. Der Angeklagte Dechant erklärt dem- gegenüber abermals in ſehr enlſchiedener Weiſe, daß er ſofort die Bremſen gezogen habe. Der Sachverſtändige, Lokomotivführer i. R. Krüpe⸗Berlin, der Leiter der Rechtsberatungs⸗ ſtelle der Fachſchaft Lokomotivführer glaubt. daß der D 44 eine größere Geſchwindigkeit als 95 Stkm. gehabt habe. Ex kommt zu dem Er⸗ gebnis, daß die diesbezüglichen Angaben De⸗ chants richtig ſeien, daß er 22 Sek. vor dem Zuſammenſtoß bei einer Geſchwindigkeit von 100 Stkm. gebremſt habe. 0 Die Verhandlung wird am Mittwochfrüh im Landgericht Naumburg fortgeführt. heinrich-Jeier in Quedlinburg Ehrung des erſten deutſchen Volkskönigs durch die NSDAP. zum 1000. Todestag König Heinrich J. Berl in, 23. Juni. Am 2. Juli ſind es 1000 Jahre her, daß König Heinrich I., der Schöpfer des erſten deutſchen Volksreiches und erſte wahrhaft deutſche König, ſeine Augen für immer ſchloß. Aus Anlaß dieſes Gedenktages findet am 1. und 2. Juli in Quedlinburg, der alten Pfalz Heinrich des Voglers, eine große Gedenkfeier ſtatt, die von den Schutzſtaf⸗ feln der NSDAP. veranſtaltet wird. Zu der Feier iſt der Quedlinburger Dom mit der Heinrichs⸗Krypta, in der Hein⸗ rich J. mit ſeiner Gemahlin Mathilde beſtat⸗ tet wurde, würdig hergerichtet und beſonders umgeſtaltet worden. Ebenſo wurde die zweite Gedenkſtätte, die aus der Zeit Hein⸗ richs I. erhalten geblieben iſt, die alte Wig⸗ bert⸗Kapelle auf dem Königshof bei Quedlin⸗ burg, die zum Teil ſchon ſeit langem als Scheune benutzt wurde, vor dem drohenden Zerfall bewahrt und neu hergerichtet. Die Feier beginnt am 1. Juli 21.30 Uhr mit der Stellung der Ehrenwachen an der Hein⸗ richs⸗Krypta des Domes und an der alten Kapelle des Königshofes. Am 2. Juli wird in Gegenwart des Reichs⸗ führers SS und Chefs der deutſchen Polizei Heinrich Himmler und zahlreicher führen⸗ der Perſönlichleiten in Staat und Partei um 12 Uhr mittags im Dom und an der Hein⸗ richs⸗Krypta eine feierliche Gedenkſtunde ſtatt⸗ finden, bei der die Deſſauer Staatskapelle mitwirkt. Gleichzeitig werden 500 Fahnen der Hitler⸗Jugend geweiht. Um 15.30 Uhr finden auf dem Platz am Moorberg unter Beteiligung von SS, SA und Wehrmacht große Reiterfſeſtſpiele ſtatt. Der Tag wird um 21.30 Uhr mit einem Großen Zapfenſtreich der SS⸗Verfügungstruppe auf dem Markt in Quedlinburg geſchloſſen. Die Stadt Quedlinburg ſteht ſchon jetzt im Zeichen der großen Feier. Schon ſeit einiger Zeit arbeitet im Rathaus ein Organiſatlions⸗ ſtab, dem die geſamten Vorbereitungen für die Feier obliegen. In der Stadt iſt man über⸗ all dabei, Straßen und Häuſer für den gro⸗ ßen Tag der Stadt Heinrichs des Voglers wür⸗ dig herzurichten. Ein Quartieramt iſt geſchaf⸗ fen, das alle Uebernachtungsgelegenheiten er⸗ faßt hat, um den zahlreichen Gäſten Unterkunft ſicherzuſtellen. die Jeilungsenle vom beſtohlenen Polizei-Kongreß Berlin, 23. Juni. Die Belgrader„Prawda“ ſetzte Anfang des Monats eine Falſchmeldung in Umlauf, nach der die Teilnehmer des In⸗ ternationalen Polizei⸗Kongreſſes in Belgrad auf einer Reiſe durch Jugoſlawien in Sera⸗ jewo die Opfer eines boshaften Scherzes gewor⸗ den und von einem eigens zu dieſem Zweck ge⸗ dungenen Taſchendieb beſtohlen worden ſeien. Dieſe in der Junihitze ausgebrütete Zeitungs⸗ ente machte leider die Runde durch die ganze europäiſche Preſſe und gelangte auch in einige deutſche Zeitungen. Die jugoflawiſche Polizei ſowie die internationale kommunalpolizeiliche Kommiſſion legen begreiflicherweiſe Wert auf eine Klarſtellung. Es handle ſich bei dieſer Meldung von Anfang bis Ende um eine freie Erfindung. mit der ein jugoflawi⸗ ſcher Zeitungs reporter die Leichtgläubigkeit ſei⸗ ner Zeitgenoſſen auf die Probe ſtellen wollte. Italieniſche Ehrung für den Reichsjugend⸗ führer. Ro m, 23. Juni. Auf Vorſchlag des Chefs der italieniſchen Regierung, Muſſolini, hat der König von Italien den Jugendführer des Deutſchen Reiches, Baldur von Schirach, zum Komtur des Ordens der italieniſchen Krone ernannt. Lechniſches Komitee beräl den kürkiſchen Abkommens enlwurf DNB. Montreux, 23. Juni. Die Meer⸗ engenkonferenz hat in ihrer Sitzung am Dienstag nachmittag die fünf erſten Arti⸗ kel des türkiſchen Abkommensent⸗ wurfs, die ſich auf den Verkehr der Han⸗ delsſchiffe in den Meerengen beziehen, erör⸗ tert. Zu Artikel 3 wies Lord Stanhope darauf die Opfer des Straßenverkehrs 131 Tote, 4522 Verletzte in der letzten Woche. DNB. Berlin, 23. Juni. Es ſchien, als ob die Bekanntgabe der Unfallziffern eine Beſſerung herbeigeführt hatte. Die Wochen⸗ ziffern an Toten waren ſeit Beginn der Be⸗ kanntgabe: 147, 134, 110, 88. Diesmal iſt die Todesziffer wieder um 43 emporgeſchnellt. Haben die Zahlen ihren Schrecken bereits verloren? Kraftfahrer, hupt nach Möglichkeit garnicht, ſondern fahrt vorſichtiger! Radfahrer bleibt ſcharf rechts und fahrt in belebter Straße grundſätzlich zu einem, Fußgänger überquert die Straße ſchnell und auf dem kürzeſten Wege und ihr, Geſpannführer, auch gegen euch kom⸗ men jetzt viel Klagen. hin, daß die darin enthaltene Erwähnung der Völkerbundsverpflichtungen der Türkei in anderen Artikeln des Entwurfes wiederkehre. Es wäre daher zweckmäßig, alle Beſtimmun⸗ gen dieſer Art in einem einzigen Artikel zu⸗ ſammenzufaſſen. Der türkiſche Außenminiſter erklärte ſich hiermit einverſtanden. Der an verſchiedenen Stellen des Entwurfes vorkom⸗ mende Begriff der Neutralität erfordere nach Meinung der Konferenz gleichfalls eine grund⸗ ſätzliche Klärung. Dieſe und andere Fragen werden dem techniſchen Komitee, in dem alle an der Konferenz teilnehmenden Länder ver⸗ treten ſind, überwieſen. Das Komitee wurde ermächtigt, Unterausſchüſſe für Militär⸗, Ma⸗ rine⸗ Luftfahrt⸗ und Rechtsfragen einzuſetzen. Die Konferenz beſchloß, abwechſelnd als Plenum und als techniſches Komitee zu bera⸗ ten. Die nächſte Vollſitzung findet Mittwoch vormittag ſtatt. Amerikas Slaalshaushall 88 Waſhington, 23. Juni. Präſident Roosevelt bat am Montag einen Nach⸗ traasbaushalt in Höhe von 2370 000 000 Dollar unterzeichnet. Von dieſer Summe ſollen u. a. 1 425 000 000 für öffentliche Bauarbeiten ausgegeben werden. Damit iſt für 2 800 000 Perſonen, die mit Notſtandsarbeiten beſchäf⸗ tiat ſind. die Weiterarbeit geſichert Der Präſident unterzeichnete gleichzeitig eine Flutkontroll⸗Vorlage. die eine Ausgabe von 320 Millionen Dollar zur Verhütung von Ueberſchwemmungen durch Staubeckenbau und ähnliche Arbeiten in über 40 Bundesſtaaten vorſieht. Sr e Abet ge⸗ en hien, denz, die unge N einige e pulizei poltzeilt Wert au el dieger Neige ugoſlawi ſileit pe en wollte. jugenh. de Ceß hat ber ker des auh zun en groge den II e Neer⸗ g an u Arti⸗ nent er Han⸗ u, erör⸗ e darauf 5 Woche. u, als 1 eine Vohen⸗ der Be⸗ iſt die nellt. bereits richt, t bleibt Straße hetguert n Vege ich lom⸗ — ung det in erlehte. immun⸗ fel zu⸗ niniſtet Der an borkon⸗ e nach grund⸗ Fragen m alle et bel⸗ wutde „ Ma⸗ uſeten. 10 als K beta⸗ ittwoch 2 * Mu 5. Fortſetzun⸗ „Bibamus!“ unterbricht Weyland die Stille, die ihm nun doch zu lange dauert. Er nimmt einen guten Schluck aus dem Glaſe. Goethe hebt den Kopf. Sieht Weyland an und ſcheint Ihn gar nicht zu erkennen. Dann erhebt er ſich vom Stuhl und wandert wieder zum Fenſter zurück— ein paarmal Als er wieder für einige Augenblicke zum Fenſter hinaus blickt, kann es ſich Weyland doch nicht verkneifen, ſchnell in das noch aufgeſchlagene Notizbuch zu blicken. Einige Verszeilen ſtehen da.: „Sah ein Knab' ein Röslein ſtehn, Röslein auf der Heiden, War ſo jung und morgenſchön, fer ſchnell, es nah zu ſehn, 9˙s mit vielen Freuden. Nöslein, Röslein, Röslein rot, Réslein auf der Heiden.“ Weiter nichts. Eben dreht ſich Goethe wieder um. „Laß das!“ ſagt er faſt heftig und nimmt das Büchlein an ſich, um es in die Rocktaſche zu ſtecken. „Ei ja— das Riekchen“, macht Weyland verſtändnis⸗ voll.„Merk ſchon, wie der Haſe läuft.“ Goethe ſieht ihn ernſt an. „Ja, ſie iſt ein herrliches Geſchöpf“, bricht es plötzlich aus ihm hervor, und ſeine Augen leuchten auf.„Weyland— ich glaube, ich ſpüre zum erſtenmal, wie erſchütternd herrlich es iſt, jemanden lieben zu können! Mir iſt, als wäre dies erſt der tiefere Sinn meines ganzen Aufenhaltes hier am Rhein geweſen, nach Seſenheim zu kommen— und— und — Friederike zu ſehen! Herrgott! Und geſtern habe ich ſie noch nicht gekannt; aber ich muß es wohl gefühlt haben, ſeit langem ſchon, was mir hier widerfahren wird.“ Er breitet die Arme weit auseinander mit einer leiden⸗ ſchaftlichen Gebärde. „Ja“, ſagt Weyland ſtill,„ſie iſt ein ſchönes, liebens⸗ wertes Kind. Sie verdient es, recht glücklich zu werden— Johann Wolfgang.“ „Wie wäre ich froh, ſie glücklich machen zu dürfen“, murmelte Goethe und blickt wieder zum Fenſter hinaus über das ſchlafende Dorf.— Viertes Kapitel. Weyland ſchnarcht noch, als Goethe am nächſten Morgen längſt aus den Federn iſt. Und auch im Pfarrhof iſt es noch ruhig, nicht einmal die Hühner ſind munter, ſo früh iſt es. Aber Goethe hat nicht mehr ſchlafen können. Es drängt ihn hinaus in den erſten Morgen. So wandert er denn durchs Dorf. Wundervoll iſt dieſe frühe Stille. Nur hier und da raſſelt und klappert in einem Bauernhof ein Eimer, ein Hund bellt, ein paar Mägde huſchen zum Brunnen— das erſte Erwachen des Dorfes. Goethe läßt die letzten Hecken und Gärten hinter ſich und biegt in die Wieſen ein. In einiger Entfernung hat er ein Wäldchen bemerkt, das einen Hügel krönt. Das wäre juſt ſo eine Stelle für ihn zu einem beſchaulichen Morgen⸗ traum. Es gibt eine hübſche überraſchung für ihn. Denn als er das Wäldchen betritt, ſieht er mitten drin einen freien, runden abgeholzten Platz— ein richtiges, gepflegtes Rondell — mit ſauberen Holzbänken im Kreis herum. Und von jeder hat man einen köſtlichen Ausblick in die Ferne. Dort liegt das Dorf mit ſeinem ſpitzen Kirchturm, dort iſt das Städtchen Druſenheim, linker Hand winken die waldigen Rheininſeln herüber, gegenüber blauen die voge⸗ ſiſchen Berge, und dann ragt ganz hinten in der Weite, in der klaren, ungetrübten Morgenluft deutlich zu erkennen, die prächtige Silhouette des Straßburger Münſters. Wahrhaftig, dieſe Ausſichtshöhe hier iſt mit Bedacht ſo geſchickt angelegt. Goethe will ſich auf eine der Bänke niederlaſſen— da ſtutzt er. Ein frohes Lächeln erhellt ſein Geſicht. Hinter der Bank iſt an dem Stamm eines mächtigen Baumes ein kleines hölzernes Schild angebracht, und darauf ſteht:„Friede, rikens Ruh“. Hat der Pfarrer dieſen Platz anlegen laſſen? Und viel ⸗ leicht gar auf Friederikens Anregung? Faſt hat es den Anſchein. Ein frohes Gefühl beſeligt ihn, daß er von ſe“bn dieſen Lieblingsplatz Friederikens entdeckt hat. „Riekchen“, flüſtert er leiſe. Und ſo im Schauen und Träumen rinnt die Zeit dahin. Plötzlich fährt er erſchrocken zuſammen. Ein leiſer Ruf hinter ihm. Ein leichtes Kleiderraſcheln. Als er ſich umdreht. ſteht— Friederike da. Die Sonne iſt ſchon weit über di⸗ Felder gekommen— Lerchen jubeln im Himmelsblau. „Demoiſelle Riekchen!“ entfährt es ihm. Ihre Blicke greifen ineinander. Groß und blank ſtrahlen in ihre Augen an. Leile laat ies ßeſtunden dall ain Mn αι d. Ein verklungenes Llebesidyll von Paul Hain „Sie haben dieſe Stelle von ſelbſt gefunden?“ Mit kurzen, leichten Schritten kommt ſie näher. „Und ſitzen wohl gar ſchon lange hier?“ Mit frohem Blick umfaßt er ihre zierliche Geſtalt. Ich weiß gar nicht, wie lange ich hier ſchon ſitze, Demoiſelle Riekchen. Mit dem erſten Sonnenſtrahl war ich wach, es hielt mich nicht im Hauſe.“ Sie ſetzt ſich neben ihm auf die Bank. „Dies hat Vater hier vor zwei Jahren anlegen laſſen. Meir gefiel die Stelle ſo gut—“ „So hab' ich's geahnt, Friederike.“ Er hält noch immer ihre Hand, die ſie ihm zur Be⸗ grüßung gereicht hat. Stumm ſchauen ſie beide in die Weite. „Hier ſitz' ich oft des Morgens“, ſagt ſie,„und auch am Abend. Es iſt ſchön, hier allein zu ſitzen.“ „Auch zu zweien, Friederike?“ ſagt Goethe. Und plötz⸗ lich nimmt er ihre Hand an die Lippen. Einen Augenblick lang iſt es, als wolle ſie ihm ihre Rechte erſchrocken ent⸗ ziehen, dann aber ruht ſie ganz ſtill an ſeinem Mund, und nur ein feines Zittern iſt in den Fingern, das Goethe er griffen ſpürt. Langſam läßt er die ſchmale Hand ſinken und gibt ſie frei Einen Herzſchlag lang drängt es ihn, das ganze jung. Geſchöpf an ſich zu ziehen, ihr zuzuflüſtern, was ihn ſei geſtern, als er ſie zum erſtenmal ſah, bedrängt— und wie ſchon ein ſonderbares Orakel ihm vor Wochen dieſe Be⸗ gegnung prophezeit habe. Aber er atmet nur tief und froh und blickt ſie an, und lieſt in ihren Augen, daß wohl auch ſie die gleiche Unruhe des Herzens um dieſe noch immer frühe Stunde hierher⸗ getrieben hat. Und iſt dieſe Ahnung nicht ſchon beglückend genug“ Und dieſes Sitzen zu zweien hier? Dieſes ſtumm⸗ Ineinanderblicken? Es gibt da keine Worte. Kirchenglocken läuten durch den Morgen. Kleine weiße Federwolken ſegeln über die Himmelsbläue, und es iſt, als ſitze auf jeder von ihnen in dem flaumigen Weiß ein kleiner pausbäckiger Engel und blaſe mit dicken Kinderfingern eine Schalmei. f Es wird aber wohl nur der laue Morgenwind ſein, der im Geſträuch und in den hohen Bäumen des Wäldchens und über die Wieſen und Felder ſein frühes Lied harft. „Hier möchte ich immer bleiben“, flüſtert Goethe. Seine Hand ſucht wieder die ſchmalen, ſcheuen Finger Friederikens, die ſie im Schoß hält. Und nun liegen ſie ganz ſtill und ohne banges Zittern in ſeinem feſten Griff. Zwei Menſchen ſitzen unterm goldnen Licht der Morgen⸗ ſonne, ganz eingeſponnen in den Segen der weiten Gottes ⸗ welt und den Traum dieſer Stunde, der wie eine ſelige Verheißung in ihren Herzen blüht. Was bedarf es da der Worte? Zwei Menſchen fühlen, daß das aroße und emiae Schick · fal der Liebe ſie berührt hat. Am Nachmittag dieſes Tages geht es im Pfarrhof ver⸗ gnüglich zu. Es ſind neue Gäſte gekommen— wie ſo oft hier in dieſem gaſtlichen Hauſe. Der Kantor mit ſeiner Frau und ſeiner Tochter und einem Sohn, ein Schulmeiſter aus einem Nachbardorf mit ſeiner Familie, ein penſionier⸗ ter Rittmeiſter, deſſen Gut eine Reitſtunde entfernt liegt, mit ſeinem ſchneid'gen Leutnantsſohn, der einige Kameraden mitgebracht hat, luſtige junge Offiziere, und aus Straßburg iſt mit der Diligence eine dauernd ſtrumpfſtrickende Tante mit der Nichte, die furchtbar elegant ausſieht, eingetroffen. Sie will noch ein paar ſchöne Herbſttage hier verbringen, bevor das Wetter umſchlägt und winterlich atmet. Das gibt ja nun einen frohen Tumult im Hauſe. In dem Durcheinander achtet kaum jemand ſonderlich auf Goethe und Friederike, und das iſt gut ſo, denn wenn ſie auch kühl⸗ freundlich zueinander tun, ſo können ſie ihre Blicke doch nicht an die Zügel nehmen, und im engeren Familienkreiſe hätte wohl doch das Dorle oder die Frau Pfarrerin etwas von dieſem heimlichen, ſtummen Sehnen der beiden gemerkt. Es wird viel muſiziert, viel fröhliches Lachen flattert durch Haus und Garten, die gute Tante aus Straßburg ſtrickt, wo ſie ſteht und geht, und hat dabei ihre flinken Augen überall. Als es gegen den Abend geht, wird draußen auf den Wieſen hinter dem Pfarrhaus noch Hund und Katze geſpielt. Selbſt die„ältere“ Jugend bis zum Rittmeiſter hinauf macht noch mit. Das iſt nun ein Spiel, bei dem es nicht nur viel Lachen und viel Aufregung gibt, ſondern auch manche verſteckte Zärtlichkeiten und Verliebtheiten. Und vor allem muß man ſchnelle Beine haben. Da ſtellen ſich nämlich die Damen und Herren paarweiſe hintereinander auf. Einer, den das Los beſtimmt, ſetzt ſich als„Hund“ an die Spitze der Kolonne, klatſcht in die Hände und ruft laut: „Eins, zwei, drei— Das liebe Katzen paar vorbei!“ Tägliche Unterhaltungsbeilage der„Viernheimer Volkszeitung teln Urheber · Rechtsschutz: Drei Quellen- Verlag, Königsbrück Bez. Dresden) Dann muß das letzte Paar getrennt an den andern nach vorn vorbeilaufen und verſuchen, ſich wieder zu ver⸗ einigen. Man darf dabei auch ordentlich miauen und mautzen, was die Herren Leutnants vortrefflich heraus⸗ haben. Der„Hund“ aber jagt hinterher und»erſucht, einen der beiden zu greifen, bevor er wieder mit ſeinem Partner zufammen iſt. Faßt er wirklich einen, ſo bildet er mit dem andern ein neues Paar, das ſich an den Anfang der Spiel⸗ gruppe ſtellt, während der Gefaßte nun den„Hund“ macht und wieder das letzte Paar mit ſeinem Vers hervorlockt. Andernfalls hat er ſein Glück als„Hund“ von neuem zu probieren und darf für den mißglückten Fang noch ein Pfand hinterlegen. Kein Wunder, wenn es Goethe ſo einrichtet, daß er im Laufe des Spiels der Partner von Friederike wird. Immer wieder hat er ſie beim Laufen bewundert, wie flink ſie die Füße zu ſetzen vermag, und wie ſelbſt beim ſchnellen Lauf die Anmut ihrer flatternden, zierlichen Erſcheinung nichts an Reiz verliert. Nun endlich ſtehen ſie nebeneinander. Mit vom Spiel geröteten Wangen und glänzenden Augen ſieht ſie zu ihm auf, als er kaum merklich ihre Hand berührt. Dieſe kleine Berührung muß das zärtliche Wort erſetzen, das ihm auf den Lippen brennt. Und ſo empfindet ſie ſelber es auch. Hat ſie ſich im tiefſten nicht ſelbſt danach geſehnt, endlich ſo dicht neben ihm zu ſtehen, mit ihm zuſammen in ſchnellem Lauf ihr frohes Herz dahinzutragen und nachher beſeligt von ihm eingefangen zu werden?“ Wie ein Wunder iſt ihr dieſer ganze Tag, ſeit ſie am Morgen mit ihm auf„ihrer“ Bank geſeſſen hat. Und ſchon geſtern, als ſie ihn, den Fremden, zum erſtenmal ſah— wie war das ſeltſam! Vor ihnen ſteht die Nichte aus Straßburg, die ſich wie eine Franzöſin, ſehr betont ſtädtiſch, trägt, mit einem der Herren Leutnant, der Süßholz raſpelt, daß die Späne nur ſo fliegen! Aber die Nichte hat ſcharfe Ohren— zumal ihr auch oer Studtioſus Goethe recht ſympathiſch zu ſein ſcheint—, da muß man aufpaſſen. Unentwegt luſtig geht das Spiel weiter. Es ſehlt nicht an beſonders heiteren Zwiſchenfällen. Eine der Damen ver⸗ liert ihren Stöckelſchuh und wird noch rechtzeitig von dem „Hund“ aufgefangen, ſonſt wäre auch der andere hin. Aus dem zierlichen Schuh iſt ein hackenloſes Wrack geworden. Einem der jungen Kavaliere gerät der Stockdegen zwiſchen die Beine, daß er„freiſchwimmend“ in einen Graben ſegelt. Er hat noch Glück, da ihm ſeine Dame tollkühn in den Graben folgt und ihn noch vor dem beutegierigen„Hunde“ erreicht. Dem Rittmeiſter verrutſcht die gepuderte Zopf⸗ perücke und gibt erbarmungslos die ſo treulich gehütete Glatze preis. Da er ſie in der Haſt verkehrt aufſetzt, verſtärkt ſich das Gelächter noch angeſichts des ihm vor der Naſe baumelnden Zopfes. Na, auch das geht vorüber. Und nun ſind Goethe und Friederike an der Reihe. Eben kommt das letzte Paar zurück. Ziemlich abgehetzt. Der„Hund“— es iſt gerade Weyland— hat es weit gejagt gehabt, faſt bis zu dem kleinen Gehölz mit„Friederikens Ruh“ hin, das hinten an die Wieſen anſchließt. Er ſelber iſt etwas ausgepumpt. Alſo nochmal klatſchen und den ſchönen Vers ſchreien: „Eins, zwei, drei“ Da huſchen die beiden„Katzen“ ſchon an ihm vorbei, kaum daß er die letzte Zeile ausgeſprochen hat. Potz Blitz— das iſt doch Johann Wolfgang und das Riekchen“? Na ja, da wird er wohl auch wieder umſonſt laufen können. Im übrigen— die beiden dürfte er ſowieſo nicht auseinander⸗ reißen, das fühlt er ſchon. 5 8 Oſten her zieht bereits die Dämmerung über das and. Ja, es ſieht wunderhübſch aus, wie Friederike ſo zierlich und flink dahineilt. Und Goethe mit ſeinen langen Beinen rennt, als gälte es, das Glück auf der rollenden Kugel ein⸗ zuholen. Weyland lacht in ſich hinein. Immer laſſen! Aber er ſorgt doch dafür, daß die beiden ſich tüchtig auslaufen müſſen und den andern ein bißchen aus dem Geſicht kommen. Er hat ſo das Gefühl, daß er ihnen damit einen Liebesdienſt tut. Nun tut er noch ein übriges und— ſtolpert lang hin. Denn er hat bemerkt, daß Goethe dichtes Geſtrüpp linker Hand„anſteuert“, und Friederike muß, um ebenfalls dorthin zu gelangen, einen weiteren Bogen machen. Er will dabei beileibe nicht ſtören. Alſo fällt er und hat die Genugtuung, daß das Riekchen richtig auch zu jener Hecke hinlenkt. Als Weyland wieder auf den Beinen iſt, hat er die beiden doch richtig„aus den Augen verloren“ und läuft nach einer andern Richtung hin. Tiefer ſinken ſchon die Abendſchatten— und hinter die Hecke kann man von weitem beſtimmt nicht ſehen. „Riekchen!“ ſtammelt Goethe und fängt die Atemloſe in den Armen auf. Liebes Riekchen!“ Forlletzung folgt. — D —— ͤ— — !:!!!.. r 5 — 0.* N—— eee.—— —— 5 ——— Miltwoch, den 24. Juni 1936 Apolheker auf Vorgeſchichlsforſchung Was aßen die alten Germanen?— 20 000 Jahre alte Grasähren— Neue For⸗ ſchungsergebniſſe über die Lebensweiſe unſerer Vorfahren Nachdem es unlängſt dem Univerſi⸗ tätsprofeſſor Geheimrat Dr. Albrecht Penck in Berlin gelungen iſt, durch ſeine Unterſuchungen vorgeſchichtlicher Steinwerkzeuge die deutſche„Speiſe⸗ karte“ der Vorgeſchichte zu beſtimmen, tritt nunmehr der Apotheker W. von Stockar mit aufſehenerregenden, neuen Forſchungsergebniſſen über die Lebensweiſe der alten Germanen vor die Oeffentlichkeit. Mit Mikroſtop und Reagenzglas auf den Spuren der Ahnen Es muß nicht immer die zünftige Wiſſen⸗ ſchaft ſein, die den letzten Rätſeln der Menſch⸗ heitsgeſchichte nachzuſpüren berufen iſt. So hat erſt im vergangenen Sommer ein einfacher Elektrotechniker mit den aufſehenerregenden Funden von Ahrensberg bei Hamburg die ganze Vorgeſchichtsforſchung gewiſſermaßen auf den Kopf geſtellt. Wenn nun ein Apotheker dies dem wackeren Handwerker erfolgreich nach⸗ zumachen vermochte, ſo hat dies ſeinen guten Grund. Seit einigen Jahren bedient ſich näm⸗ lich die Vorgeſchichtsforſchung in ſtändig zu⸗ nehmendem Maße der Hilfe der Naturwiſſen⸗ ſchaften, die auf mikroſkopiſchem und chemi⸗ ſchem Wege das zu ergründen verſuchen, was die gewöhnlichen Altertums funde, Skelettreſte, Waffen, Schmuckgegenſtände und Werkzeuge, verſchweigen. Erſtmals wurde dieſes Verfah⸗ ren bei den von Profeſſor Reinerths in Süd⸗ weſtdeutſchland durchgeführten Moorgrabungen in größerem Umfange angewandt. Es hat ſich ſeitdem immer wieder bewährt, weshalb heute der Chemiker gewiſſermaßen die rechte Han! des Vorgeſchichtsforſchers darſtellt. Zeitbeſtimmung durch Blütenſtaub „Eine der wichtigſten neueren Methoden die⸗ ſes Forſchungszweiges“, erzählt Apotheker von Stockart,„iſt die Pollenanalyſe. Es iſt uns mit ihrer Hilfe möglich, durch mikroſkopiſche Unterſuchung der hauptſächlich in Mooren, doch auch anderen Böden vorkommenden Blüten⸗ ſtaubkörner die Art des jeweiligen Klimas und des Waldbeſtandes in vorgeſchichtlicher Zeit genau zu beſtimmen. Darüber hinaus geſtat⸗ ten die ſogenannten Pollendiagramme ſogar in vielen Fällen die auf andere Weiſe gewöhnlich unmögliche Zeitbeſtimmung von Einzelfunden Auch Moorleichen und Topfſcherben, an denen noch Speiſereſte haften, wiſſen ſehr anſchaulich zu erzählen, wenn man ihnen mit Mikroſkor und Reagenzglas zu Leibe rückt. Sie laſſen die ganze Umwelt der alten Germanen neu er⸗ ſtehen und überzeugen uns von der hohen Kul⸗ tur, die dieſes„Barbarenvolk“ ſchon vor vie⸗ len Jahrtauſenden hatte. Ja, man ſieht daran ſogar, daß die vielgeprieſenen alten Römer ihre kulturellen Errungenſchaften vielfach erſt durch unſere Vorfahren kennengelernt haben.“ Naturbeobachtung ſtatt Vitaminlehre. „Man buk in vorgeſchichtlicher Zeit“, fährt Stockart fort,„in Germanien ein gutes ſchwe⸗ res Brot, bei deſſen Zuſammenſtellung unſere moderne Ernährungslehre vom Vitamin⸗ und Kaloriengehalt ebenſo gut hätte Pate ſtehen können, wie es in Wirklichkeit die Naturbeob⸗ Auferſtehung der Godiva Sie iſt nun bald ein Jahrtauſend alt, die Geſchichte von der ſchönen Lady Godiva, die im elften Jahrhundert die Stadt Coventry vor der Brandſchatzung rettete, indem ſie — nur von ihren prächtigen langen Haaren bekleidet— durch die Straßen ritt, einem ab⸗ Er Gebot des Herzogs von Mercia damit Folge leiſtend. Das Beiſpiel der Eng⸗ länderin hat jüngſt eine Nachahmung gefunden, die allerdings unfreiwilliger Art war. Da hatte ſich nämlich am Strande der Waag, hinter der tſchechiſchen Stadt Roſenberg, mancherlei holde Weiblichkeit gelagert und die Glieder den wohltuenden Sonnenſtrahlen aus- geſetzt. Dann war um die Mittagszeit ein wackerer Kanonier auf einem Militärpferde des Weges gekommen. Der Krieger zeigte ſich als vollendeter Kavalier, als ihn eine der Badenden bat, ſie doch auch einmal reiten zu laſſen. Aber kaum war das Mädchen auf⸗ geſtiegen, als der Gaul ſcheute und in zu⸗ nehmender Geſchwindigkeit in die Stadt rate Dem Luftzug war das dünne Badekoſtüm nicht gewachſen, und es zerflatterte in tauſend Fetzen. Lady Godiva hatte eine Nachfolgerin efunden. Nur hatte unſere Zeitgenoſſin nicht ſo ſchönes langes Haar. Und die Entrüſtung war denn auch auf verſchiedenen Seiten ent⸗ ſprechend groß. Aber die Polizei oder gar die Feuerwehr brauchte nicht in Tätigkeit zu treten. Denn der Gaul wußte, wohin er ge⸗ hörte. Er trug die Reiterin treu und brav in den Hof der Artilleriekaſerne, wo die Jünger der Heiligen Barbara gerade vollzählig ver⸗ ſammelt waren, um ſich die Eßnäpfe füllen zu laſſen. Dieſe erfreuliche Beſchäftigung er⸗ hr eine geringe Verſpätung, die den Appeti⸗ nur noch erhöhte. Eine flowakiſche Zeitun hat allerdings Veranlaſſung genommen, fü eine dauerhaftere Beſchaffenheit der Bal anzüge einzutreten. achtung der germaniſchen Frauen tat. In einer Höhle bei Lourdes wurden in Knochen eingeſchnitzte Grasähren gefunden, deren Alter auf nicht weniger als 20000 Jahre geſchätzt wird. Man erkennt hieraus, daß Grasähren wahrſcheinlich ſchon in der Eiszeit als Nah⸗ rungspflanzen betrachtet wurden. Und aus der Zeit der magen um das Jahr 4000 vor Chriſtus an der Oſtſeeküſte ſind uns gar Ab⸗ drücke von Weizen und ſechszeiliger Gerſte auf Tongefäßen erhalten geblieben. In der jünge⸗ ren Steinzeit waren bereits nicht weniger als 14 Getreidearten bekannt. Man verſtand hier⸗ aus ſchon Brot in verſchiedenen Formen zu be⸗ reiten, wobei jedoch die Spelzen ſtets mitgebacken wurden. Mitunter wurden auch Eichelmilch, Leinſamen oder Isländiſches Moos dem Mehl beigemiſcht, um in Notzeiten den zu beſſerer Haltbarkeit angeröſteten Ge⸗ treidevorrat zu ſtrecken. Hirſebrei mit Pflaumenmus Ebenſo kannten die alten Germanen, wie aus Gerätefunden hervorgeht, ſchon ſehr früh die Verarbeitungsmöglichkeiten der Milch zu Butter und Käſe. Eine beſondere Delikateſſe müſſen die Hühner geweſen ſein, die man in einer Lehmumhüllung im eigenen Saft am of⸗ fenen Feuer briet. An Gemüſearten kannte man bereits Mohrrüben, Bärenlauch, Erbſen, Pferde⸗ und Saubohnen, ja ſogar den Spar⸗ gel, den die alten Römer wohl zu ſchätzen wußten und gerne aus Germanien bezogen. Ebenſo kultivierte man Aepfel, Birnen und Pflaumen, wozu als wahrſcheinlich einzige Nutzpflanze, die man von den Römern bezog. ſpäter noch die Kirſche kam. Dieſe aber haben ſich dafür Roggen und Hafer nebſt anderen Nahrungsmitteln aus dem Norden geholt. Na⸗ türlich gab es auch verſchiedene wildwach⸗ ſende Beerenſorten im alten Germanien, Brom⸗ beeren und Himbeeren, ja ſelbſt Hirſebrei mit Pflaumenmus wußten unſere Vorfahren ſchon in vorgeſchichtlicher Zeit zu ſchätzen. Dazu trank man Weizenbier oder Met. In einem Grab aus der Bronzezeit in Egtved in Nordſchles⸗ wig fand man ſogar in einem Eimer aus Bir- kenrinde den Bodenſatz eines mit Bienenhonig geſüßt geweſenen Getränkes aus Heidelbeeren Sumpfbeeren, Gerbenmyrte und Weizen. Die alten Germanen als Chemiker „Kümmel und Senf“, ergänzt der Vor⸗ geſchichtsforſcher ſeine Ausführungen,„dien⸗ ten, ebenſo wie Seidelbaſt an Stelle des heu- tigen Pfeffers, als Gewürze. Reſte von zahl⸗ reichen Heilpflanzen wie Eibiſch, Huflattich Nachtſchatten, Eiſen⸗ und Bilſenkraut, ſowie Tollkirſche, die, ſoweit nötig, geſchickt ent⸗ giftet wurden, nötigen uns zu Hochachtung vor den chemiſchen Kenntniſſen und Fähigkei⸗ ten der alten Germanen. Dieſe erreichten ih⸗ ren Höhepunkt in der Erfindung der— Seife, die die Römer erſt durch unſere Vorfahren ken⸗ nenlernen ſollten. Man gewann die Seife als Nebenprodukte bei der Wollwäſcherei durch die Anwendung von Pottaſche, wodurch das Woll⸗ fett in Lanolin und Seife aufgeteilt wurde. Beim Erkalten des Waſſers trennten ſich die beiden Stoffe und konnten hierdurch leicht ſi⸗ chergeſtellt werden. Schon den alten Geſchichts⸗ ſchreibern Plinius und Strabo war dieſe Tat⸗ ſache vertraut, wenn auch erſterer die„Wun⸗ derſalbe“ der alten Germanen irrtümlich für ein Mittel zur Aufhellung der Haare hielt. Schließlich kannten die alten Germanen auch noch eine Art von Tabakerſatz in Geſtalt berauſchender Hanfkörner, die ſie aus kleinen Pfeifen zu rauchen pflegten.“ Jerien auf der Jille Ein Fahrtenbrief von Trude Sand Die ſieben Kinder vom Schiffer Maaß freuten ſich auf unſere Ferienfahrt nicht weniger als meine Schweſter und ich. Paul, Kurt und Herbert kamen uns an dem verab⸗ redeten Morgen auf dem Familienfahrrad ent⸗ beſpngerader, das heißt, einer fuhr, und die eiden anderen rannten nebenher Mutter Maaß treffen wir in der ſo⸗ enannten„Bude“, dem Häuschen am Heck des Schi es. Es beherbergt die ganze Familie. Leuchtend rote Geranien ſtehen an den Fen⸗ ſtern, blitzſaubere weiße Gardinchen ſind auf⸗ gehängt. Die kleine„Villa“ auf dem Laſtkahn iſt wirklich gemütlich hergerichtet. Die kleinſten Geſchwiſter liegen noch zu Bett. Jetzt, wo Beſuch gekommen iſt, können ſie es kaum mehr erwarten, in ihre Hoſen zu ſpringen, um mit dabei zu ſein. Unterdeſſen macht Vater Maaß den Kahn klar zur Ab⸗ ahrt, und ſein älteſter Sohn, der Franz, hilft ihm dabei. Der etwa zwanzig Meter hohe Maſtbaum, der über Nacht quer gelegt worden iſt, wird aufgerichtet, und unter vielerlei „Hoi!“ und„Hoho!“ und„Hopp!“ wird das mächtige Segel gehißt.„Für ſo ein bißchen Wind?“ fragen wir und ſtecken fachmänniſch unſern Zeigefinger in die Luft, um die Wind⸗ ſtärke zu prüfen.„Ja, wartet nur“, ſagt der Kapitän,„wenn wir erſt mal draußen ſind, dann rollt er ſchon anders an!“ Franz zieht die Laufplanke ein, dann ruft er:„Steuer klar, Vadder!“ Die Ankerkette raſſelt. Es geht los. Niemand ſteht am Ufer, niemand winkt, auch keine Muſikkapelle 1 10 „Muß i denn zum Städtele hinaus..“ Wenn ein Laſtkahn auf Fahrt geht, dann iſt das eben nichts Beſonderes Ueberall und nirgends haben die Laſt⸗ ſchiffer ihre Heimat. Heute legen ſie hier an und morgen dort. Nur in den ärgſten Winter⸗ monaten erwartet in der Stadt ein Stübchen die Wikinger der Kanäle; aber ſobald die Ge⸗ — eisfrei ſind, iſt die Winterwartezeit vorbei. An den Ufern, zwiſchen denen wir lang⸗ ſam dahingleiten, ſitzen backbords und ſteuer⸗ bords Angler, die ihre Köder ausgelegt haben. Auf ihren ſelbſtgezimmerten one en den Strohhut tief ins Geſicht gezogen. Das Eimerchen, das ſie neben ſich ſtehen haben und in dem ſie die Beute als Nachteſſen mit nach Hauſe zu nehmen hoffen, wird und wird nicht voll. Die kauernden Geſtalten wenden uns mißvergnügt ihr Geſicht zu, und plötzlich wer⸗ den ſie lebendig. Sie beſchwören uns mit wilden Gebärden, daß wir ihnen um des Him⸗ mels willen die Fiſche nicht verſcheuchen ſollen. Wir ſind ganz mucksmäuschenſtill. Lautlos faſt gleitet unſer Kahn vorüber. Ein etwas über⸗ ängſtlicher Angler ruft händeringend:„Vor⸗ ſicht! Nicht rammen!“ Da lacht die vierzehn⸗ jährige Adelheid, die gerade das Steuer führt, laut los. Sie iſt ſchon mit anderen Hinder⸗ niſſen fertig geworden, und auch dieſes wird glücklich umſchifft. Adelheid am Steuer wirft ihre Zöpfe keck in den Nacken Nun fühlen wir uns auf der Zille ſchon faſt zuhaus und wollen uns in unſerer neuen e ein bißchen umſchauen. Am Bug des chiffes gibt es ein kleines Kabäuschen, das „Butze“ genannt wird. In dieſem„butzigen Heim wohnen die älteren ns. Die Spiel⸗ ſachen, die ſie ſich an langweiligen Regentagen r rr 9 ee erben un ue er- k, eg —— 1 — 4 3 — 3 5 b nt rͤ ˙¹ꝛ... Verwegene Hochſeeſchoner mit Segeltakelage, Modelle von Hafenanlagen, und auch das Modell ihrer eigenen Zille iſt dabei. Unſer Kahn hat keine Ladung in ſeinem Bauch. Er geht Ziegelſteine holen. Wir balan⸗ cieren auf den Schiffsplanken herum, und während wir in die dunkle leere Höhlung der Zille hinunterſchauen. müſſen wir uns zu⸗ . um nicht ſchwindlig zu wer⸗ en. Der Käp'tn zeigt uns höchſt perſönlich jedes Winkelchen ſeines ſtolzen Schiffes. Dabei — er mit Fachausdrücken nur ſo um ſich, auch er iſt ein Seebär. Und wenn wir auch nur die Hälfte von dem verſtehen, was er uns erzählt, ſo ſind wir nachher doch geſcheiter als uvor. Wir wiſſen wenigſtens, was ein Bund⸗ ſtaken iſt, ein Walzblock, ein Maulaffe, ein Gierbrett, eine Windbremſe, und wir wiſſen ferner wieviel Fläche neun Blatt Segel haben, und wieviel Meter Drahtſeil auf der Winde⸗ trommel aufgerollt ſind. Der Käp'tn freut ſich über unſere Gelehrigkeit, und wir merken ihm all, bag ex ſeine ſonſt u. t allzu hohe.. nung von den Landratten uns zuliebe über⸗ prüft. „Kaffee!“ hallt es plötzlich über das Deck. Mutter Maaß hat ihren Kopf aus der Bude herausgeſtreckt und lädt uns laut und herzlich ein. Mit einem Klimmzug ſchwingen wir uns auf eine Schiffsplanke hinauf, es fällt uns nicht Naß leicht, für die Schifferkinder iſt es eine leinigkeit. Uebung macht den Meiſter! Was das Kaffeetrinken anbetrifft, ſo ſtehen wir Landratten unſern Gaſtgebern jedoch in nichts nach. Noch nie hat uns ein Kaffee ſo gut ge⸗ ſchmeckt wie hier. Das mag wohl an der See⸗ briſe liegen Bis jetzt haben wir eine flotte Fahrt ge⸗ habt. Der Kahn wurde wie von allein dahin⸗ gezogen, doch nun wird es leider anders. Der Wind läßt plötzlich nach. Er ſchralt noch eine Zeitlang mit wechſelnder Laune, mal von Oſt, mal von Weſt, dann hört er ganz auf. Na, eine ſchöne Beſcherung iſt das! Vater Maan holt mit ſeinen Sohnen, den Schiffsjungen, die Segel herunter, dann zieht er ſeine Jacke aus, die Jungen machen es ihm nach, Vater Maaß ſpuckt in die Hände, die Jungen tun es eben⸗ falls, und dann holt ſich jeder einen von den langen ſchweren Staken. Mühſam, ſehr müh⸗ ſam wird nun der Kahn vorwärtsgeſtakt. Die Strömung drängt uns manchmal nah an die Ufer heran, unſere Mannſchaft aber läßt nicht locker. Vater Maaß und ſeine Söhne ſind den Elementen gewachſen. Als die Sonne ſich anſchickt, ſchlafen zu gehen, läutet die Schiffsglocke Feierabend, und wir gehen vor Anker. Weil wir zu Beſuch ſind, gibt es an dieſem Abend Reibekuchen. Mit mächtigem Appetit wird zugelangt. Mutter Maaß iſt mit uns zufrieden. Dann ſitzen wir alle noch gemütlich um die Petroleumlampe herum. Der Käp'tn thront wie ein Patriarch in unſerer Mitte und erzählt von früheren Zeiten. Von der Zeit, da er ſich von erſpartem Geld die Zille Berta ekauft hat, die damals jünger und wider⸗ andsfähiger geweſen iſt. Da hat es gefähr⸗ che Sturmfahrten in der Oſtſee gegeben, und er Berta hat das gar nichts ausgemacht. zeute, nach mehr als zehn Jahren, könnte ſie das nicht mehr wagen. Da langt es gerade noch dazu, friedlich die Havel abwärts und aufwärts zu zieben. mal mit einer Ladung n Bekanntmachungen der A S. D. A. B. Kreis Heppenheim NSDAP., Gau Heſſen⸗Nafſau. 28 am Main, Gutieutſteaße 8—14. dolf Hitler⸗Haus. Fernſprecher: 30 381, Poftſchecktonto: 53 003 Schriftverkehr: Benutzt im eigenen Intereſſe für jede Abteilung geſonderte Bogen Sprechſtunden: Vormittags: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 10—12 Ahe. Nachmittags: 5 Dienstag, Mittwoch und Freitag, von 17—18 Ahe. Sonſt nur in Eilfällen, nach vorheriger Anmeldung. Kreisgeſchäftsſtelle Heppenheim an der Bergftraße Kaiſerſtraße 2, Fernſprecher 315 Sprechſtunden des Kreisleiters: Mittwochs von 15—18 Uhr. NSEB., Kreis Heppenheim. Betr.: Fuß⸗Schlagball und Gtenzball der Anterſtufe A Es ſpielen: am Donnerstag, 25. Juni 1936 2.30 Uhr Volksſchule Rimbach— Birkenau 2.30 Uhr Fürth— Mörlenbach Realſch. Rimbach— Waldmichelbach“) am Montag, 29. Juni 1936 3.00 Uhr Birkenau— Realſch. Rimba 2.45 Uhr Mörlenbach— Volksſch. Rimbach Waldmichelbach— Fürth“) am Freitag, 3. Juli 1936 2.30 Uhr Fürth— Realſch. Rimbach 3.00 Uhr Birkenau— Mörlenbach Waldmichelbach— Volksſch. Rimbe) ) Hier vereinbaren die Gegner Platz und Uhrzeit Ruppert, Kretsleiter dus der H. d. Jungmädelgruppe Heppenheim 11/249. Alle IM. treten heut, Mittwoch 19.45 Uhr pünktlich in Kluft auf dend n Graben aus Anlaß des Sonnwendfeuers a an. Anſchließend werden die Siegernadeln erteilt. Ich erwarte reſtloſe Beteiligung. Heil Hitler! Die Führerin der JM.⸗Gruppe 11/249 m. d. F. b. Erika Wahl. 8 AS Bd DA. Achtung, Mitglieder der Deutſchen Arbeitsfront! Die Dienſtſtunden der Kreiswaltung und der Ver⸗ waltungsſtelle ſind ab 1. Juni wie folgt feſt⸗ gelegt: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 8—1 und 3—7 Ahr g Mittwoch und Samstag von 3—1 Uhr Vie Sprechſtunde des Nechtsberaters in Heppen⸗ heim, iſt von Mittwochs auf Dienstags nach⸗ mittaas von 3—4! veclegt. 9 — 75 4. NS=Gemeinſchaft„Kraft durch Freude“ Kreiswaltung Bensheim⸗Heppenheim Betr.: Omnibusfahrt nach dem Wiſpertal. Für die am 11. Juni 1936 ausgefallene Omni⸗ busfahrt nach dem Wiſpertal, findet jetzt am 28. Jun 1936 eine Fahrt ſtatt. Die Fahrt geht über Bad⸗Kreuznach, Bingen, Lorſch(Rhein), Bad⸗ Schwalbach, Wiesbaden, Darmſtadt, über die Auto⸗ bahn nach Lorſch Heppenheim und Bensheim zu⸗ rück. Die Koſten betragen ohne Verpflegung 4.40 RM. Anmeldungen bis ſpäteſtens Donnerstag, den 25. Juni 1936, bei unſerer Dienſtſtelle in Bens⸗ heim, Hochſtr. 2 und dem Kreiswander ert in Bensheim(Kreisamt, Eingang 3) Y. 5 5 e 7] y Geſtein, mal mit Obſt, Holz oder Kohle, wie es ſich gerade trifft. Das iſt Berta, unſere Berta. Und ſo alt ſie auch iſt, immer noch gewährt ſie einer großen Familie Brot und Unterkunft. Kein nder, daß ſie von ihren Bewohnern ſtets nur„Bertchen“ genannt wird, liebevoll und zärtlich, und daß ſie den Eltern Maaß und ihren ſieben Kindern mehr als eine alte, breſthafte Zille iſt, ein lebendiges Weſen nämlich mit einem eigenen Leben und einem eigenen Geſchick. 1 e E. — 4 Bene fg 1 igel e 1 9 bci alter 80 dent ats deln 20 N Bekanntmachungen Ortsgruppe ber A. S. D. A. P. Viernheim Dienſtſtunden: Jeden Montag und Donnertag 20½½— 21½ Uhr Dienſtſtelle: Adolf Hitlerſtr. 10, Fernſprecher: 45 Lokale Nachrichten Viernheim, den 24. Juni 1936 Denkſpruch. Leiden machen den Menſchen ſtark, oder ſie zerbrechen ihn, eines oder das andere, je nach ſeinem Fond, den er in ſich trägt. Hilty. Lulichutz it Geietz Vor einem Jahre— am 286. Juni 1935— wurde die allgemeine Luft chutz⸗ pflicht für Männer und Frauen geſetzlich feſt⸗ gelegt. Neben die Arbeitsdienſt⸗ und Wehr⸗ 5 tritt gleichberechtigt die Pflicht aller ollsgenoſſen, im Rahmen des Liuftſchutzes ihre Kräfte der Volksgemeinſchaft zur Ver⸗ fügung zu ſtellen. Deutſchland iſt mit dem Luftſchutzgeſetz, das durch die Entwicklung des Flugzeuges zu einer gefährlichen Angriffs- waffe nötig wurde, anderen Ländern erſt ge⸗ Nach Polen und Italien, Frankreich, die ſchechoſlowakei und die Schweiz haben be⸗ reits vorher ähnliche geſetzliche Beſtimmungen geſchaffen. Jeder Menſch muß ſich daran ge⸗ wöhnen, daß der Luftkrieg der Zukunft ein ganzes Volk härter und ſchärfer berührt als eine früher ausſchließlich zu Land und zur See geführte Auseinanderſetzung. Darum hat Generaloberſt Göring mit Recht aufmerk- am gemacht, daß der Kämpfer für den Luft⸗ chutz in der Heimat an einer ebenſo ehren⸗ und verantwortungsvollen Stelle ſteht, wie der kämpfende Soldat an der Front. Die Bedeutung des Luftſchutzgeſetzes iſt im vergangenen Jahre Hunderttauſenden in den Ausbildungslehrgängen des Reichsluft⸗ ſchutzbundes klargeworden. Wer heute noch abſeits ſteht, und ſich über die Arbeit des Bundes ſkeptiſch oder gar ablehnend äußert, ollte möglichſt bald einen praktiſchen Kur⸗ fue Er würde raſch verſtehen, warum tagaus, tagein in Städten und Dör⸗ ler die Volksgenoſſen ihre karge Freizeit ür den Luftſchutz opfern und wie notwendig die Vorbereitung aller Abwehrmaßnahmen ſchon im Frieden trotz der Wiederherſtellung unſerer Wehrmacht iſt. Das Geſetz ſtellt Mann und Frau gleich. Dies iſt wichtig. Die Erfahrungen des Welt⸗ krieges und die Notwendigkeit der Luftabwehr zwingen heute zu reſtloſem Einſatz auch der Frau. Ohne ſie iſt keine Ausſicht auf Er⸗ folg gegeben. Gewiß wird es in vielen Fällen nötig ſein, um Verſtändnis zu werben— ge⸗ wiß wird es mancher Volksgenoſſin ſchwer werden, ſich an die Pflichten zu gewöhnen, die die Volksgemeinſchaft von ihr fordert. Dennoch zweifeln wir nicht, daß die deutſche Frau eingedenk der Notwendigkeit zu voll⸗ wertigem Einſatz im Selbſtſchutz der Zivil⸗ bevölkerung die Erwartungen im ganzen Umfang erfüllen wird. RB. * Gewitter und Regen. Nachdem es auch geſtern den ganzen Tag über recht ſchwül geweſen war, trotzdem die Sonne meiſt ver⸗ deckt geweſen iſt, zog ſich am frühen Abend der Himmel mit dunklen Gewitterwolken zu. Hier donnerte es einige Male, aber das Ge⸗ witter kam an der Bergſtraße bei Heidelberg zur Entladung. Dort ſtürzten gewaltige Re⸗ gengüſſe mit Hagelſchlag nieder und entſtand 2 Schaden auf den Feldern. Der hier bis zum Spätabend niedergehende Regen war nicht nur für Tabak⸗ und Rübenkulturen ſowie für Kartoffeln von großem Vorteil, ſondern er brachte auch einige Abkühlung, die nach den unerträglich ſchwülen Tagen erleichtert aufatmen läßt. Todesfall. Nach langem Leiden ſtarb Frau Magdalena Wunder geb. Eff⸗ ler, Steinſtraße 19, im Alter von 58 diser Die Mitglieder der Nationalſozialiſtiſchen Kriegsopferverſorgung werden der verſtorbenen Kameradenfrau bei der Beerdigung, die mor⸗ en Nachmittag 6 Uhr ſtattfindet, die letzte Ehre erweiſen. Die Liſten der ſäumigen Steuer⸗ zahler liegen beim Finanzamt ſowie bei der Bürgermeiſterei auf.(Siehe Bekanntma⸗ chung). Ein Verkäufer wird zum Verkauf von Reichslotterieloſen für Arbeitsbeſchaf⸗ fung geſucht. Anmeldungen hierzu in der Buchhandlung Hofmann an der Drehſcheibe. Die Losbriefe für 50 Pfg. können dortſelbſt gezogen werden. 8 Der err Geichäftsmann!“ Der kleinſte deutſche Junge, ſogar viele, die noch nicht in die Schule gehen, wiſſen, wenn die Fahnen des deutſchen Volkes bei Aufmärſchen 1 vorbei ziehen, ſolchen der Gruß mit erhobener Hand entboten wird. Die Kleinen wiſſen das, aber dieſer„Herr Ge⸗ ſchäftsmann“ aus der Lorſcherſtraße, der im neuen Deutſchland ſchon zu etwas gekommen iſt, der weiß das noch nicht— der legt ſich im Waldſchlößchen am Sonntag Abend breit ans Fenſter, ſieht wie die Fahnen von der Son⸗ nenwendfeier zurückgetragen werden und bleibt weiter am Fenſter iegen, ohne 12 zu rühren. Er muß dann 3 mal an 7 licht des Grußes ermahnt werden und mit grin⸗ endem Geſicht hebt er— immer noch auf dem Faser liegend— die Hand ſo gerade noch, als wollte er damit ſagen: ich mache das nur ſo, ich gehöre ja nicht dazu! Von einem Volksgenoſſen kann bei die⸗ ſem Geſchäftemacher nicht geredet werden, es genügt durch ſein gezeigtes Verhalten die ein⸗ deutige Feſtſtellung: wir wiſſen wenigſtens, wen wir vor uns haben! Es wird immer wieder bejjer! Das war der Ausdruck eines bekannten Arztes, der einen Schwerkranken geſund ge⸗ macht hatte und dann ihm lache er ſolle nun Sport treiben. Ja, ſagte dieſer, Herr Dok⸗ tor, ich hab' im ganzen Leben nicht geſprun⸗ gen, nicht gelaufen, gar keinen Sport getrie⸗ ben, den denen Tag ſchwer gearbeitet, in der Fabrik, abends im Feld. Lieber Mann, ſagte der Arzt, das war eben Ihr größter Fehler, denn jeder Menſch muß Spork treiben, denn ſehen Sie ſich mal Sporttreibende an, die neben Ihnen am Schraubſtock ſtehen, die 75 ſich immer wohler und geſunder. Das ließ ſich der Kranke durch den Kopf gehen— und als er geſund war, ging er mal abends zu einer Sportſtunde hin. Da ſah er ſeine Ka⸗ meraden, die tagsüber mit ihm in der Sonnen⸗ hitze am Bau ſtehen— ja, waren die nicht müde? Nein— und er fing an Sport zu treiben, mit Gymnaſtik ging's an— und als er zum Arzt ſpäter kam, um ſich bei ihm für ſeinen gutgemeinten Rat zu bedanken, da feel dieſer ſofort zu ihm, es wird immer beſ⸗ er! Und es war tatſächlich ſo; mit leichtem Schritt ging er zur Arbeit— und er konnte es nicht abwarten, bis wieder die nächſte Sportſtunde kam. Das 5 auch hier ſo ſein, gerade bei der Arbeiter⸗ und Bauernſchaft, die alle meinen: wenn wir den ganzen Tag eat haben, das war Sport genug. Und dabei heißt's ſtets von dem ſportfreudigen Viern⸗ heim Das haben wir am Sonntag geſehen und deshalb rufen wir Allen zu: kommt zur KdF.⸗Sportſtunde und ſtählt Euren Kör⸗ per, haltet Euch geſund durch Sport! Auch Ihr Frauen und Mädchen, ja, Ihr braucht Sommerjonnenwende 1936 in Viernheim Wenn am Sonntagabend auf den Höhen der Berge, in den Wäldern und auf den Sportplätzen die Sonnenwendfeuer aufloder⸗ ten, dann konnte das deutſche Jugendfeſt keinen beſſeren Abſchluß finden als mit jenem Treuegelöbnis, das aus der Nacht aufſtieg— das Gelöbnis der deutſchen Jugend: zu ar⸗ beiten und zu ſchaffen für das Land, deſſen Schickſal bald auf den Schultern diefer Ju⸗ gend liegen wird. Tauſende Flammen ver⸗ einigten ſich in dieſer Nacht zu einer einzigen und aus Millionen Herzen klang zuſammen der eine Schwur: Sich einzuſetzen fur Deutſch⸗ land, denn Nationalſozialismus iſt Kampf um die Idee einer wahrhaft ſozialiſtiſchen Volks⸗ gemeinſchaft. Hitlerjugend, Jungvolk und BDM., wohl nahezu 1000 Jungen und Mädel, zu⸗ ſammen mit Partei und den Formationen der Bewegung und Verbände, marſchierten bei Einbruch der Dunkelheit nach dem Sport⸗ feld am Lorſcherweg. Im großen Viereck war alles angetreten, im weiten Rund ſtand die Bevölkerung, als mit dem Hiſſen der HJ. Flagge die Feierſtunde begann. Nach„Ein junges Volk ſteht auf...!“ ſprach ein SS. Führer zu den Volksgenoſſen.„Schon vor Jahrhunderten“, ſo begann er,„traten unſere Vorfahren zur heiligen Feierſtunde in der Sonnenwendnacht zuſammen. Leben und Vergehen, Aufſtieg und Untergang, ewiges Stirb und Werde— in dieſen Gedanken fanden ſie ſich am Feuer. Sie ſahen ſich nicht als einzelne, ſondern als Glieder einer ewigen Kette, als Träger eines Erbes, das ſie weiter⸗ zureichen hatten und für das ſie ſich verant⸗ wortlich fühlten vor der Zukunft. Jahrhun⸗ derte vergingen und mit ihnen verſank uraltes Gedankengut. Heute brennen wieder die Feuer der Son⸗ nenwende von den Bergen und Höhen, in der Ebene und an der See. Ein junges Volk, das ſich auf die Kräfte ſeines Blutes und ſeiner uralten Erde beſonnen hat, findet ſich hier zuſammen. Wir ehren das läuternde er, wie unſere Urväter ſelbſt, denn es iſt uns auch heute noch Sinnbild der Reinigung und Läu⸗ terung. Unſere Sonnenwendfeuer mögen zu Scheiterhaufen werden, in denen wir alles Unehrenhafte und Unwürdige verbrennen. Herausreißen wollen wir aus unſeren Herzen jenes Wörtchen„Ich“, den Egoismus, und uns zuſammenreißen, daß wir einmal ganze Kerle werden, wahre Nationalſozialiſten. Und wenn nachher der brennende Holzſtoß zu einem Haufen Aſche geworden iſt, dann geht mit uns unauslöſchlich der Schwur dieſer Nacht. Das Sonnenwendfeuer ſei uns zum Schmiede⸗ feuer geworden, das alle en von uns geſondert, und nur das geläuterte Erz, die unverrückbaren Ziele unſerer Bewegung und unſeren fanatiſchen Willen hat beſtehen laſ⸗ en 74 Fackeln leuchten auf, der Holzſtoß wird angezündet. Ein paar Sekunden ſpäter ſteht der ganze Holzſtoß in hellen Flammen. Rieſige Flammen lodern auf, begleitet von Funken⸗ regen, blutrot. glüht die Lohe. „Flamme empor“, ſingt nun die Hitler⸗ Jugeſld, dann nimmt Gefolg chaftsführer Metzger die Verteilung der Slegernadeln und der Ehrenurkunde des Führers für die beſte Kameradſchaft der Gefolgſchaft vor. Er beglückwünſchte die Sieger mit Handſchlag. Ein Lied klingt auf, die Fahnen ſenken ſich zum ſtillen Gedenken der Toten des Weltkrieges und der Bewegung. Und hinein in die dunkle Nacht Bog die Jugend das Lied der Hitlerjugend:„Vorwärts, Vorwärts Zum Aſchenhaufen iſt das Feuer niederge⸗ brannt. Heiße Glut erleuchtet noch den abend⸗ lichen Himmel. Die Jugend rückt im Gleich⸗ ſchritt ab, damit einen deutlichen Beweis ab⸗ ebend für die eiſerne Disziplin und ihren ſtarten Willen, ſchon in der Jugend— menzuſtehen in— Treue zu—— Führer und ihrem großen Vaterland. Das ganze Deutſche Volk ſammelte ſich in dieſer Feier⸗ ſtunde der Sonnenwendfeuer um die deutſche Jugend in dem einzig großen und herrlichen Bekenntnis zur Volksgemeinſchaft. Am Samstag kämpften Jungens und Mädels von Jungvolk und Jungmädel auf dem Sportfeld am Lorſcher Weg um ſport⸗ liche Ehren und man kann ſagen, es wurden durchweg ſehr gute Leiſtungen erzielt, denn es liegt bei den Jungmädels der Durchschnitt bei etwa 175 Punkten, während das Jung⸗ volk durchſchnittlich 165 Punkte erreichte. Die Mädels ſind alſo ſportlich tüchtiger als die Buben! Mannſchaftsſieger bei den Jungmädels wurde Schaft 1(8. Schuljahr) mit einer durchſchnittlichen Punktzahl von 214,7— Führerin: Beate Krug—. Schaft 1 erhielt damit die Ehrenurkunde des Führers. Die Ergebniſſe des Jungvolks lagen bis zur Stunde noch nicht vor. Sieger der Hitler⸗Jugend wurden: Kameradſchaft 1(Kaf. Adler, Hans) Durchſchnittspunkt: 177,1 1. Trapp, Karl 231 Punkte 2. Brechtel, Erwin 204 3. Weidner, Arthur 208 4. Lamberth, Karl 194 5 Wieland, Hans 217 7 8 9 77 4 7. 4. 7. „Schmitt, Erich 220 „Reinhard, Karl 215— 0 2* 34147 Schneider, Kar 199 1 10. Hofmann, Friedrich 181 0 11. Kugler, Joſef e 18. 8 enburger, Willi 189* 0 13. Hofmann, 182 0 14. Hanf,— 200„ 15. Mandel, Karl 203* 16. Otterbeck, Werne 188 5 17. Kempf, Ernſt 200„ 18. Adler, Hans i 19. Bauer, Hans 186 175 45 20. Mandel, Geor 185 Sieger der Verufsſchule: 1. Baureis, Joſef 194 Punkte 2. Georgi, Franz 218„ Aeſchsluftjchutzbund Alle diejenigen BD M.⸗ Mädels, die von der BDM. ⸗Führerin dazu beſtimmt wur⸗ den, an einem Luftſchutzlehrkurs teilzuneh⸗ men, wollen ſich am Donnerstag, den 25. Juni 1936, abends 8.30 Uhr, pünktlich in der Luftſchutzſchule einfinden. Lammer, Gemeindegruppenführer. EC auch eine ſportliche Betätigung, denn der Sport iſt für Alle dal Der Führer will es, daß jeder Deutſche Sport treibt— und dafür ſchuf er beſonders„Kraft durch Freude!“ Alſo kann es nur eines geben: je⸗ den Donnerstag Abend um 8 Uhr zur d Gymnaſtikſtunde in den„Freiſchütz!“— da kann ein jeder auch noch nach dem Kartoffel⸗ hacken mitmachen! 5 Baumarkt. Zur Baumarktbelebung und zur weiteren fortſchreitenden und ver⸗ ſtärkten Arbeitsbeſchaffung für das Bau⸗ handwerk iſt die Bauſparkaſſe Deutſche Bau⸗ und Siedlungsgemeinſchaft(DBS.) in Darm⸗ ſtadt wieder mit einer Darlehensvergebung in Höhe von 1124000 RM. zur Erſtellung und Entſchuldung von 115 Eigenheimen heraus⸗ gekommen. Die Geſamtſumme der Darlehens⸗ vergebungen dieſer Bauſparkaſſe ſteigt damit auf über 70 Millionen RM. zur Erſtellung von annähernd 6 300 Eigenheimen. Es gibt keine ſchönere Freude und Er⸗ holung— an jedem Ort— nur durch den Kraft durch Freude ⸗Sport! Donnerstag abend im Freiſchütz! 3. Lammer, Heinrich 233 Punkte 4. Helbig, Jakob 100 5. Götz, Johann 199„ 6. Winkenbach, Heinr. 209„ 7. Martin, Hans 182 5 8. Weiß, Karl 184. 9. Wunder, Emil 18. naß, 10. Kühlwein, Erich 1 11. Baus, Karl 184„ Sieger beim BDM. wurden: Ruth Schmitt, Lieſel Braun, Ida Bauer, Lili Kempf, Katharina Schneider, Anna Schneider, Loni Lamberth, Greta Bauer, Tina Bauer, Minchen Gotha, — Eppel, Roſa Georgi, Emma eorgi, Eliſabeth Schorſch, Cäcilia Kempf, Elfriede Babylon, Martha Brak⸗ han, Hilde Schmitt, Berta Adler, Maria Adler, Maria Lammer, Maria Brechtel, Anna Adler, Lena Friedel, Maria Baus, Eliſabeth Hofmann, Sabina Brechtel, Anni Bauer, Maria Müller, Luiſe Keß⸗ ler, Anna Dewald, Gieſela Hook. Mannſchaftsſieger wurde beim BDM. Schaft 8 mit einer durchſchnittlichen Punkt⸗ zahl von 208,5. Schaft 8— Führerin: Hilde Schmitt— erhielt damit die Ehrenurkunde des Führers. Einzelſieger bei den Jungmädels wurden: Adler, Gretel 186 Punkte Bauer, Eliſabeth 192 Beckenbach, Hilde 20⁵5 Brandmüller, Joſefa 216 7. . . Frank, Greta 202* Gärtner, Käta 200 10 1 Johanna 2 ang, Hilde 233 17 Spieler, Maria 213 0 Hanf, Cäcilia 232„, Helfrich, Erna 9„ Roos, Giſela 1 Rohrbacher, Hilde 206 15 Bender, Lore 10„ Bauer, Elſa 180 5 Friedel, Erna 9 Faltermann, Elſa 189 0 Falric Johanna, 191* lee, Rita 163 Michelhans, Eliſabeeh, 199„ Mandel, Herta 198„ Haas, Anni 197 0 fenning, Kath.„ neider, Meta 1 üßler, Eliſabeth 220„ Rhein, Joſefa 202 4 Adler, Annel. 194 1 Falkenſtein, Liſa 208„ Ringhof, Irmg. 200„ en, Hilde 210„ ammer, Margareta 218 5 Bauer, Maria 198 55 Herſchel, Lena 224 1 Benz, Erika 192 5 Weidner, Hilda 214 11 Lang, Joſefa, 189 5 Buſalt, Emilie 193 1 Bugert, Eliſabeth 215„„ Lammer, Maria 193 55 Kiß, Dina 236 7 Dewald, Erna 195 E ————— N Tagung ber Zimmerer des Kreijes Heppenheim Die Kreisinnung der Zimmerer des Kreiſes Heppenheim(Obermeiſter Tre iber, Birkenau), hatte auf den letzten Samstag⸗ nachmittag eine wichtige Tagung mit Vor⸗ trägen uſw. in das Hotel„Starkenburger Hof“ in Heppenheim einberufen, die ſehr gut beſucht war und infolge des reichlichen Arbeitspenſums drei Stunden dauerte. Ober⸗ meiſter Treiber, Birkenau, konnte beſon⸗ ders den derzeit die Geſchäfte des Kreishand⸗ werksmeiſters führenden Obermeiſter Keil, Heppenheim, ſowie den Bezirksinnungsmei⸗ ſter Hartmann, Darmſtadt, willkommen heißen. Stellv. Kreishandwerksmeiſter Keil nahm in einem ausführlichen Referat Stel⸗ lung zu den großen Fragen des deutſchen Handwerks und des nationalſozialiſtiſchen Wirtſchaftsprogramms im allgemeinen, wobei er auf den großen Aufſchwung hinweiſen konnte, den die deutſche Mirtſchaſt auf allen Gebieten genommen hat. Ueber die Behand⸗ lung der Hölzer, namentlich im Hinblick auf die Imprägnierung und die Bekämpfung der Holzſchädlinge, hielt hierauf Zimmermeiſter Haury, Darmſtadt, einen höchſt lehrreichen Vortrag. Ein auch volkswirtſchaftlich allge⸗ mein intereſſierendes Gebiet behandelte als⸗ dann in einem Lichtbildervortrag, Bezirks⸗ innungsmeiſter Hartmann: die Möglich⸗ keiten des Ausbaues von holzkonſtruktiven Arbeiten im Fachwerkbau, der wieder mehr zu Ehren kommt, im bee und vor allem im Siedlungsbauweſen. Man konnte namentlich aus den vom Redner erläuterten Bauprojekten erſehen, daß die Verwendung der Holzkonſtruktion im Siedlungsweſen wach⸗ ſende Zukunft hat. In den Lichtbildern, die von großer Klarheit waren, wurde die Tech⸗ nik der Anwendung der Holzkonſtruktion ein⸗ gehend dargetan. Anſchließend fand noch eine Ausſprache über Arbeitsbeſchaffungen in einer benachbarten Großſtadt ſtatt, zu der der ſtellv. Kreishandwerksmeiſter die erforderlichen Auf⸗ ſchlüſſe geben und über die in der Angelegen⸗ eit geführten Verhandlungen Bericht er⸗ — konnte. Sommerichnitt blühender Aoſen Ein blühender Strauß Roſen iſt der ſchönſte Zimmerſchmuck. Mancher Roſenlieb⸗ haber hütet aber ſorgſam ſeine Pflanzen vor dem Schnitt mit der Begründung, daß durch dieſe Maßnahme den Noſenſtöcken Schaden geſchehen könnte. Wer aber mit ſeinen Pflan⸗ zen lebt, wird beobachtet haben, daß gerade das richtige Zurückſchneiden oft einen reichen Herbſtblütenflor hervorgezaubert hat. Abge⸗ blühte Roſen ſetzen ſehr leicht Samen an, die der Pflanze viel Nahrung entziehen. Schon aus dieſem Grunde muß man die abgeblühte Roſe zurückſchneiden, auch bietet eine abfal⸗ lende Blüte keinen erfreulichen Anblick. Dar⸗ aus ergibt ſich, daß wir die Blume, ehe ſie verblüht iſt, abſchneiden können. Nun kommt es aber darauf an, daß man richtig ſchneidet. Amlliche Bekanntmachung en Betr.: Steuerſprechtag. Zu bemerken iſt noch, daß man nur in den erſten Sommermonaten lang zurückſchneidet, um einen Herbſtflor zu erhalten, während man im Spätſommer die abgeblühten Roſen⸗ ſtiele kurz unter der Blüte abkneift. Bis auf ein kräftiges Auge, das im Blattwinkel ſitzt, können die Roſen zurückgeſchnitten werden. Da nun die ganze Saftzufuhr dieſem oder dem darunter ſitzenden Auge zukommt, wird bei günſtiger Witterung ein baldiges Durchtreiben und eine neue Knoſpenbildung erfolgen. Will man einen ſchönen zweiten Blütenflor haben, dann muß man die Pflan⸗ zen auch richtig pflegen. Vor allem ſind die ärgſten Feinde, nämlich Roſt, Meltau und Läuſe, ſchon im Anfangsſtadium zu be⸗ kämpfen. Eine Düngung mit einem Miſch⸗ dünger nach der erſten Blütenpracht fördert den Durchtrieb. Vor einſeitiger Stickſtoff⸗ düngung iſt aber dringend zu warnen, da dann im Herbſt das Holz nicht ausreift und die Pflanze leicht erfriert. Schließlich iſt bei Trockenheit zu wäſſern. Trotz all dieſer Vor⸗ kehrungen will manche Roſe im Herbſte doch nicht mehr recht blühen. Zum Troſte ſoll aber hier geſagt werden, daß es auch bei den Roſen früh⸗ und ſpätblühende gibt, letztere blühen bis zum Eintritt des Froſtes. Aus Stabt und Land Mannheim (Tod durch Ertrinken). Am 18. 6., abends iſt beim Baden im Rhein beim Groß⸗ kraftwerk ein 18jähriger Arbeiter aus Nek⸗ karau ertrunken. Die Leiche wurde am 22. 6., vormittags, bei der Stefanienpromenade geländet. Am 21. 6., abends 5 Uhr, ertrank ebenfalls beim Großkraftwerk in Rheinau ein 13jähriger Schüler aus Rheinau. Die Leiche konnte bis jetzt noch nicht geborgen wer⸗ den. Am 19. 6., nachmittags, ertrank im Neckarkanal bei deſſen Einmündung in den Neckar ein junger Mann beim Baden. Die Leiche wurde am 22. 6., nachmittags, bei der Unfallſtelle geländet. Am 21. 6., vormittags, egen 11 Uhr, ertrank im Neckar bei der eee Fähre beim Baden ein 8 Jahre alter Schüler aus Feudenheim. Die Leiche konnte noch nicht geländet werden. Heidelberg.(Unwetter). Am Diens⸗ tag nach 16 Uhr ging über Heidelberg und Umgebung ein ſchweres Gewitter mit wolken⸗ bruchartigem Regen nieder. Strichweiſe trat auch ſchwerer Hagelſchlag auf. An vielen Stellen wurde das Getreide glatt auf den Boden gedrückt und in der Stadt und in den Vororten ſonſtiger erheblicher Schaden an⸗ gerichtet; im Vorort Handſchuhsheim war dies beſonders ſchlimm. Die Nebenbahn konnte dort zeitweiſe vor 228 auf der Straße nicht fahren und die Feuerwehr mußte in Dutzen⸗ den von Fällen helfend eingreifen, weil Waſ⸗ ſer und Schlamm von den überſchwemmten Straßen in die Keller gedrückt wurden. Neckarſulm.(Pferdeknecht vergiftet ſich und acht Pferde). Auf dem Willenbacher Hof bei Oedheim verendeten 8 Pferde an Rat⸗ tengift. Da auch der Pferdeknecht des Hofes an Vergiftungserſcheinungen erkrankte, iſt anzunehmen, daß der Knecht in einem Anfall von Geiſtesgeſtörtheit ſich und die Pferde vergiftet hat. Karlsruhe.(Schmerzliches Geden⸗ ken.— Karlsruhe gedachte der Opfer des Fliegerangriffs vom 22. Juni 1916). Ba⸗ dens Landeshauptſtadt beging am Sonntag einen Tag trauriger Erinnerungen. Am 22. Juni jährte ſich zum 20. Male, daß die Stadt von franzöſiſchen Fliegern heimgeſucht und unter ihrer friedlichen Bevölkerung, die zu Tauſenden in den Rieſenzelten der Tierſchau Hagenbecks weilte, ein entſetzliches Blutbad angerichtet wurde. 120 Tote und 169 Ver⸗ letzte waren zu beklagen.— In ernſtem Ge⸗ denken an dieſen Tag hatte der Reichs luft⸗ ſchutzbund, Landesgruppe Baden⸗ Rheinpfalz, zu einer Gedenkſtunde im Badiſchen Staats⸗ theater am Sonntag vormittag eingeladen. Zahlreiche Mitglieder des Reichsluftſchutz⸗ bundes und Vertreter der Behörden und Par⸗ teidienſtſtellen ſowie auch viele Angehörige der damaligen Opfer des Fliegerangriffs wa⸗ ren ihr gefolgt. Die Bühne des Staatstheaters war der Feier entſprechend ausgeſtattet wor⸗ den. Oberbürgermeiſter Jäger⸗ Karlsruhe rief den Anweſenden noch einmal den hoch⸗ ſommerlichen Fronleichnamstag des Jahres 1916, der am Nachmittag zu einem Schreckenstag wurde, ins Gedächtnis, nannte die Zahlen der Opfer und ſchilderte den herz⸗ zerreißenden Schmerz, der über hunderte Fa⸗ milien der Stadt hereingebrochen war. Uns allen, ſo ſagte er, wird dieſer Schreckenstag nicht mehr aus dem Gedächtnis auszulöſchen ſein. Aber wir ſind überzeugt und gewiß, daß unſer ſtarkes Reich in der Zukunft Aehn⸗ liches zu verhüten in der Lage ſein wird. Was bringt ber Aunbjunk? Morgen Donnerstag: Reichsſender Stuttgart: 5.45 Choral, Zeit, Wetter, Bauernfunk; 5.55 Gymnaſtik; 6.20 Wiederholung der Abendnachrichten; 6.30 Frühkonzert; 7.00 Nachrichten; 8.05 Wetter; 8.10 Gymnaſtik; 8.30 Konzert; 9.30 Achtung, hier werden Flecken vertilgt! 10.00 Volksliedſingen; 11.30 Für dich, Bauer! 12.00 Konzert; 13.00 Zeit, Wetter, Preſſe; 14.00 Allerlei von zwei bis drei; 15.30„Guſtav Freytags Frauenge⸗ ſtalten“; 16.00 Bunte Muſik; 17.40 Aus⸗ landsdeutſchtum wird lebendige Wirklichkeit; 18.00 Bunte Stunde(Schallplatten); 19.15 „D' Madam und d' Magd, ein elſäßiſches Luſtſpiel; 19.45 Erzeugungsſchlacht; 20.00 Nachrichten; 20.10 Spielbälle der Fröhlich⸗ keit; 22.00 Zeit, Preſſe, Wetter, Sport; 22.30 Lieder; 22.45 Tanzmuſik; 00.00 Ro⸗ mantiſche Nachtmuſik. Jüngeres tagsüber geſucht Ohne Gewähr Dr. Ley kommt nach Mannheim Maſſenkundgebung auf dem Meßplatz Auf ſeiner diesjährigen Deutſchland⸗ fahrt wird der Reichsleiter der Deutſchen Arbeitsfront, Pg. Dr. Robert Ley, am 25. Juni auch nach Mannheim kommen. Aus dieſem Anlaß veranſtaltet die Deutſche Ar⸗ beitsfront, Kreiswaltung Mannheim, am 25. Juni, 18 Uhr, auf dem Meßplatz in Mann⸗ heim eine Maſſenkundgebung aller Schaffen⸗ feel. Der Eintritt zu dieſer Kundgebung iſt rei. YH/ 250 Kitler⸗Jungen trafen ein! Am Sonntag iſt in Heubach die erſte Be⸗ legſchaft, etwa 250 Jungen des neu errichteten HJ.Lagers eingetroffen. Darunter befinden ſich etwa 50 Marine⸗Hitlerjungen aus Of⸗ fenbach in ihrer ſchmucken Uniform. Die Ein⸗ richtung des Lagers wurde in den letzten Wochen unter Leitung von Unterbannführer Knapp durchgeführt. Die zweckmäßige und hübſche Ausgeſtaltung verdient volle Aner⸗ kennung und wir können uns denken, daß ſich die Jungen während ihres achttägigen Lehr⸗ ganges hier wohl fühlen werden. Die HJ. hatte für Sonntag abend die Partei und ihre Gliederungen zur Sonnenwendfeier einge⸗ laden. Ein ſtattlicher Zug marſchierte unter Vorantritt der Lagerteilnehmer nach dem Feierplatz. Hier erlebte man eine ſchlichte, aber eindrucksvolle Feierſtunde.— Unter den Lagerteilnehmern ſind auch Viernheimer Jun⸗ en, die am Sonntag mit dem Fahrrad die Fahrt ins Zeltlager unternahmen. Sportnachrichten Aannſchaftsjechten im Säbel Heute Mittwoch abend, 8.30 Uhr, im Ratskellerſaal Mannſchaftskampf gegen TV. 1846 Mannheim. Es ficht hier u. a. der mehrfache Bad. Meiſter im Säbelfechten, P. Höfler.— Viernheim tritt an mit: J. Hanf, J. Knapp, J. Müller, Jung.— W. 1846 dürfte Sieger werden. Aarkiberichte Weinheimer Obſtgroßmarkt vom 23. Juni Kirſchen a) 20— 29, Kirſchen b) 12 bis 19, Kirſchen c) 6—12; Erdbeeren 16—24; Stachelbeeren 14—21; Erbſen 6—9; Him⸗ beeren 28—33; Heidelbeeren 33—35; Jo⸗ hannisbeeren 18—19. Anfuhr: 1000 Ztr. Nachfrage gut, in Erdbeeren ſchleppend.— Nächſte Verſteigerung: heute 14 Uhr. Hauptſchriftleiter und verantwortlich für den politiſchen Teil Ludwig Kramarczyk, Worms, für den übrigen Teil Friedrich Martin, Viernheim. Verlag: Ver⸗ einigte Zeitungsverlagsgeſellſchaft m. b. H., Worms. Geſchäftsſtelle: Friedrich Martin, Viernheim. Druck: Wormſer Verlags⸗ und Druckereigeſellſchaft m. b. H., Worms. DA. V. 1936 über 1800. Zur Zeit iſt An⸗ zeigenpreisliſte Nr. 6 gütlig. Gewinnauszug 3. Klaſſe 47. Preußiſch⸗Süddeutſche(273. Preuß.) Klaſſen⸗Lotterie Nachdruck verboten Jodes- 1 Anzeige Gott, dem Allmächtigen, hat es in ſeinem uner⸗ forſchlichen Ratſchluß gefallen, unſere liebe Mutter, Groß⸗ mutter, Schwiegermutter und Tante Frau Magdalena Wunder geb. Effler nach langem mit großer Geduld ertragenem Leiden, öfters geſtärkt mit den Troſtmitteln unſerer hl. Kirche, im Alter von 58 Jahren, zu ſich in die Ewigkeit abzurufen. Wir bitten um ein ſtilles Gebet für unſere liebe Verſtorbene. Viernheim, den 23. Juni 1936 Die trauernden Hinterbliebenen Die Beerdigung findet am Donnerstag, nachm. 6 Uhr, vom Trauerhauſe, Steinſtr. 19, aus ſtatt. a Der nächſte Steuerſprechtag des Finanz⸗ l amtes findet am Donnerstag, den 2. Juli Geschäfts 5 1936, hier auf dem Rathauſe ſtatt. Diejenigen ren Steuerpflichtigen, die an dieſem Tage vor⸗ ſprechen wollen, müſſen ſich bis ſpäteſtens Egge Montag, den 29. Juni 1936, mittags 12 5 Uhr, bei uns— Zimmer 21— anmelden und nde 9285 genau angeben, in welcher Sache die Be⸗. 85 ſprechung mit dem Finanzamt gewünſcht wird. eee eee ee Später Anmeldende können an dem Sprech⸗ tag nicht berückſichtigt werden. Aetker Viernheim, den 20. Juni 1936 Auf jede gezogene Nummer ſind zwei gleich hohe Gewinne gefallen, und 19 einer auf die Loſe let Nummer in den beiden Abteilungen 1 und II Eine eiſerne 2. Ziehungstag 18. Juni 1936 In der heutigen Vormittagsziehung wurden Gewinne über 2.. gezogen 2 Gewinne zu 10000 M. 397440 2 Gewinne zu 5000 M. 64618 2 Gewinne zu 2000 M. 111188 0 8 Gewinne zu 1000 M. 109478 121648 143350 314984 18 Sewinne zu 800 M. 13621 38560 49211 55182 69091 125748 149278 2979892 347420* 48 4 Gewinne zu 800 M. 10883 16192 48018 48624 408886 8888 74091 78297 04543 127808 128148 188789 178148 184888 180425 256201 262886 280888 288012 315828 332828 384898 388881 172 Gewinne zu 400 N. 3746 8733 8888 8830 14880 17888 fe 21067 21222 21633 31498 32874 32848 40797 80873 84587 75867 77788 78145 78840 87780 91048 92087 92786 93097 98247 101815 106876 109888 114096 124974 129373 134809 148974 182888 158802 188188 188380 180888 188837 173088 174833 178788 178889 188810 188368 190318 181798 184884 188814 198338 214441 217214 224968 231103 234394 238860 281788 282175 288847 268482 287808 273681 279815 288114 288284 301887 392785 304848 313787 328800 328888 327781 328481 331824 338788 388841 348001 350509 355 700 am Lamperthei⸗ merweg je 50 Ar Betr.: Erhebung einer Getränkeſteuer in der zu verkaufen Gemeinde Viernheim Von wem, ſagt die Ich erinnere hiermit die Wirte an Ab⸗ Geſchäftsſt. ds. Bl. gabe der Getränkeſteuer⸗Erklärung für Mo⸗ Täglich friſche g 4 5 nat Mai 1936 2 Erbsen 369888 360292 370862 382028 888783 Viernheim, den 22. Juni 1936 Pfd. 12.3, ferner In der heutigen Nachmittagsziehung wurden Gewinne über 240 M. Der Bürgermeiſter: Bechtel alle Sorten Erjolg gezogen Obst ll. diemuse 2 Gewinne zu 100000 M. 258309 Oejjentliche alte und neue durch Hationalsozlalisusche 1 Lc N 28585 8. 280575 Spellekarloftein Hriegsonfer versorgung 2 Fewinne zu 3000 K. 187491 1 151482 239818 270984 292797 8 88 10 Gewinne zu 2000 M. 12 Gewinne zu 1000 M. 135 27233 75756 238383 353301 864488 12 Gewinne zu 800 M. 43449 59950 60699 318134 348323 3485 18 58 Gewinne J. 500 M. 1154 6437 42588 47369 57009 89287 126025 139067 141376 144173 181436 154984 158517 189899 238904 240455 255346 277406 282619 295137 322801 330602 342508 880714 863118 386885 378909 850492 182 Gewinne 85 400 N. 1281 11799 17764 20420 21142 24300 27801 27922 7 39215 45283 45724 55716 58855 64673 65885 89246 74839 74913 88807 88131 89598 94529 101814. 117892 118441 131318 139978 140037 145550 148038 148484 149212 152368 159270 158825 158588 167783 173088 178886 181867 183501 191415 198492 198927 200148 201778 204428 207040 207102 2178383 222846 228077 228166 232516 232615 235018 239775 253427 285583 255844 256423 283916 273602 273992 274127 279382 292447 295894 312928 317687 322878 323624 324961 335666 341169 342989 343479 382689 385070 358720 360790 38143 361626 362655 367117 868228 371107 Bekanntmachung denn Hupenlr injerieren! Betr.: Liſte der ſäumigen Steuerzahler Die Liſte der ſäumigen Steuerzahler liegt aus in der Zeit vom 20. Juni 81 20. Juli 0 180 Appen 1936 bei der Geſchäftsſtelle des Finanzamts, 1 hei i i M t Falz⸗ ſowie bei den in Frage kommenden Bürger⸗ W 4 0 eg Falz meiſtereien. Näheres in der Geſchäftsſt ds. Bl. FFF Unſere Kameradin fru Magdalena Wunder iſt in die Ewigkeit abberufen worden. Der Ver⸗ ſtorbenen werden wir ſtets ein ehrendes An⸗ denken bewahren. Kameraden und Kameradenfrauen beteili⸗ gen ſich vollzählig an der Beerdigung morgen Nachmittag 6 Uhr. Zuſammenkunft 5.45 Uhr am„Darmſtädter Hof“(Lantz). Der Obmann: Seelinger. Heppenheim, den 22. Juni 1936 Die Finanzämter: Fürth und Heppenheim Zaucksaclien achtung Haustrauen! Die bekannte Delladernrolntgung dbacner aus Herrusheim kommt erſt in 3 bis 4 Ulernneimervolrszöllung Wochen hierher. ——— 78348 385255 394346 398019 in einfacher bis feinster Ausführung bei dillig- ster Berechnung lieferi Vereins⸗ Anzeiger die Buchdruckerei der Turnverein von 1893 e. V. Abtlg. Handball. Heute Mittwoch abend 6.30 Uhr T. Training für ſämtliche Mannſchaften. Die Leitung.] Deshal Zeitungsanzeigen haben Erfolg, weil der Leſer den Anzeigenteil ebenſo aufmerkſam lieſt wie den redaktionellen Teil. Er kauft und abonniert die Zeitung vielfach auch wegen der Anzeigen. ü lduigsanzeigen were- w, „ n ee