— —K —————— Donnerstag, 14. Oktober Wittag⸗Ausgabe Preis 10 Pfennig 1926— Nr. 475 Neue Mannheimer Seitung Bezugspreiſe: In Mannheim u. Umgebung frei ins Haus oder durch die Poſt monatl..⸗M. 2,50 ohne Beſtellgeld. Bei eptl. Aenderung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe Nach⸗ ——. vorbehalten. Poſtſcheckkonto 17590 Karlsruhe. aupt⸗Geſchäftsſtelle E6, 2. Haupt⸗Nebenſtelle; R1,-6, Baſſermannhaus). Geſchäfts⸗N enſtellen: Waldhofſtr. ö, Schwetzingerſtraße 24 u. Meerfeldſtrahe 11. Telegramm⸗ Adreſſe: Generalanzeiger Mannheim. Erſcheint wöchentl. 12mal. Fernſprecher 24944, 24945, 24951, 24952 u. 24958 Mannheimer Heneral Anzeiger Anzeigenpreiſe nach Tarif, bei Vorauszah je einſp. Kolonelzeile füe Augex. Aeigen 0,40 I Wenan —4R.⸗M. Kollektiv⸗Anzeigen werden Anzeigen⸗Vorſchriften für beſtimmte Tage, Stellen u. Aus⸗ gaben wird keine Verantwortung übernommen. 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Frankenempfänger empfangen, deren Wortführer— Vertreter der freien und chriſtlichen Gewerkſchaften— die Beſchwerden und Wünſche der Arbeiter nachdrücklichſt vortrugen. Auch hier zeigte ſich der Reichs⸗ miniſter wohl unterrichtet. Er konnte die erfreuliche Mittei⸗ Iung machen, daß alle Gerüchte von einer bevorſtehenden Einſtellung der im Gang befindlichen Unterſtützungs⸗ aktion für die ſogenannten Frankenempfänger unrichtig ſeien. 3 Infolge der etwas länger dauernden Ausſprachen mit den beiden vorgenannten Abordnungen konnte die allgemeine Ausſprache erſt gegen 5 Uhr nachmittags beginnen. Hier nahm zuerſt der ſtellvertretende Reichsratsbevollmächtigte, Miniſterialrat Sperr, das Wort, um namens der bayeriſchen Staatsregierung den Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete zu begrüßen und der Pfalz die Grüße des Miniſterpräſidenten zu überbringen. Regierungspräſident Dr. Matheus, der die Verhandlungen leitete, begrüßte namens der pfälziſchen Re⸗ gierung und der pfälziſchen Bevölkerung den Reichsminiſter und den Vertreter der bayeriſchen Staatsregierung. Als erſter Redner ſchilderte Oberbürgermeiſter Röſinger⸗ Zweibrücken zugleich im Namen der übrigen pfälziſchen unmittelbaren Städte die Laſten der Beſatzung in wirtſchaft⸗ licher und kultureller Hinſicht. Bezeichnenderweiſe mußte er unter Zuſtimmung der übrigen. Bürgermeiſter feſtſtellen, daß die Einquartierungslaſten ſeit Locarno ſich nicht verringert hätten, daß vielmehr die Zahl der Beſatzungs⸗ truppen mit der Freigabe der Kölner Zone geſtiegen ſei. Er bat den Reichsminiſter, dafür zu ſorgen, daß Genf und Thoiry endlich auch in die Tat umgeſetzt würden. Ueber⸗ gehend auf die wirtſchaftlichen Auswirkungen des Verſailler Vertrages wies er auf die ungeheure Arbeitsloſigkeit im be⸗ ſetzten Gebiete hin und forderte, daß Reich und Länder mehr als bisher Mittel für Notſtandsarbeiten und für Wohlfahrts⸗ zwecke zur Verfügung ſtellten. Die Vertreter der Organiſationen von Handel, Gewerbe und Induſtrie wieſen auf die heute noch fühlbaren Auswir⸗ kungen der Zeit des paſſiven Widerſtands(Schäden in den Betrieben ſelbſt, Verluſt der Kundſchaft rechts des Rheins uſw.) hin und forderten vor allem Beſchaffung von Arbeits⸗ gelegenheit, die z. B. auch dadurch erreicht werden könnte, daß Reichs⸗ und Länderaufträge mehr als bisher in die Pfalz kämen. Uebereinſtimmend baten ſie um entgegenkommende Behandlung aller noch ſchwebenden Entſchädigungsforde⸗ rungen. Der erſte Vorſitzende der Kreisbauernkammer bat den Reichsminiſter, für die endliche Freigabe der zahlreichen Exerzier⸗, Flug⸗ und Bombenabwurfplätze, die zum Teil über⸗ haupt nicht benützt würden, beſorgt zu ſein. Geheimrat Oberbürgermeiſter Strobel dankte namens des Kreistages und der geſamten pfälziſchen Bevölkerung dem Reichsminiſter für das durch ſeinen Beſuch bewieſene Intereſſe und faßte die bisher vorgetragenen Forderungen zuſammen. Seine Ausführungen klangen wie die der anderen Redner in dem Wunſche der möglichſt baldigen Befreiung von jeg⸗ licher Beſatzung aus. Hierauf ergriff der Reichsminiſter der ſich von vornherein vorbehalten hatte, erſt am Schluſſe der Ausſprache zu reden, das Wort zu einer groß angelegten Rede. Es gebe wohl kein Land, das im Wechſel der Jahr⸗ hunderte ſo viel gelitten wie die Pfalz, keine Stadt in deutſchen Landen, die eine ſo harte Vergangenheit habe wie Speyer und wohl kaum eine Stadt, die unter den Folgen des verlorenen Krieges ſo zu leiden habe wie Germersheim. Der Reichsminiſter verſprach alle die vorgebrachten Wünſche ge⸗ naueſtens und wohlwollend zu prüfen und, ſoweit ſie andere Reſſorts beträfen, ſie dieſen unter Befürwortung zuzuleiten. Er betonte aber ausdrücklich, daß er nichts verſprechen wolle, was er nicht halten könne. Nachdem er eine Reihe von An⸗ trägen und Wünſchen im Einzelnen behandelt hatte, begab er ſich auf das Gebiet der hohen Politik. Hierbei berührte es ganz beſonders ſympathiſch, daß er als Vertreter der Reichsregierung nachdrücklichſt die gebotene Rückſichtnahme auf die beſondere Eigenart der Einzelländer forderte und ſich zu dem Satze bekannte: Gebe dem Reich, was des Reiches iſt, aber auch den Ländern, was der Länder iſt. Die äußere Po⸗ litik müſſe eine Politik der Verſtändigung ſein. Sie dürfe aber nicht auf Koſten unſerer Ehre und unſerer heiligſten Ge⸗ fühle gehen. Wozu Locarno, Genf und Thoiry, wenn heute die Beſatzung nicht nur nicht verringert, ſondern ſogar ſtärker ſei als vordem? Solange nicht der letzten Beſatzungsſoldat verſchwunden ſei, ſolange ſei eine ehrliche Verſtändigung zwi⸗ ſchen den Völkern nicht möglich. Hoffentlich ſei die Zeit nicht mehr fern, wo unter dem Geläute der Glocken des Speyerer Domes und unter dem Jubel der Bevölkerung auch in der Pfalz wieder Friede einkehre. Der Reichsminiſter ſchloß ſeine bedeutenden Ausführungen mit dem Dichterwort: Wir hahens getragen ſieben Jahr und tragens länger nicht mehr! Dr. Bell in Ludwigshafen Vor ſeiner Abreiſe aus der Pfalz ſtattete der Miniſter ür die beſetzten Gebiete, Dr. Bell, von Speyer kommend, am tittwoch dem Reichstagsabgeordͤneten Hofmann einen N ab, wobei Abgeordneter Hofmann Gelegenheit nahm, dem Miniſter die Nöte und Sorgen des beſetzten Gebietes und beſonders der Pfalz vorzutragen. Im Verlagsgebäude der „Neuen Pfälziſchen Landeszeitung“ begrüßte der Miniſter eine Anzahl von Parteifreunden und berichtete über die Ein⸗ drücke ſeiner Reiſe in die beſetzten Gebiete. Er betonte, daß gerade die Pfalz ſchwer unter der Beſatzung zu leiden hat, und daß die Aufrechterhaltung der Beſatzung mit dem Geiſt von Genf, Locarno und Thoiry nicht vereinbar ſei. Sein Beſuch habe in erſter Linie dem Kernſtück des beſetzten Ge⸗ bietes, der Pfalz gegolten. Er erinnerte an die Leiden des paſſiven Widerſtandes und der Separatiſtenzeit, die durch die Treue der Pfälzer glücklich überwunden worden ſeien. Leider könne er heute noch nicht ſagen, wann die Beſetzung ein Ende haben werde, aber er betonte ausdrücklich, daß Verſtändigung und Wahrung nationaler Belange keine Gegenſätze ſeien. Wenn die Verſtändigung verwirklicht werden ſolle, könne er ſich nicht denken, daß die Pfalz nicht in abſehbarer Zeit frei ſein ſolle.— Der Miniſter trat dann in Begleitung von Miniſterialrat Dr. Vogels, dem Präſidenten der Reichsver⸗ mögensverwaltung, Collatz und Regierungsrat Dr. Cördes die Weiterreiſe nach Wiesbaden an, nachdem er ver⸗ e hatte, der Pfalz ſo bald wie möglich wieder einen eſuch abzuſtatten. „Eine Enttäuſchung“ Unter der Ueberſchrift„Eine Enttäuſchung“ nimmt die„Pfälziſche Rundſchau“ zur Pfalzreiſe des Reichs⸗ miniſters für die beſetzten Gebiete Stellung und ſagt dabei u..: Der Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete hat es vorgezogen, ſeinen erſten Beſuch in der Pfalz unter Aus⸗ ſchluß der Oeffentlichkeit zu bewerkſtelligen. Wir müſſen ganz offen ſagen: Man hat in weiten Kreiſen der Pfalz ſich die Pfalz⸗Reiſe des Mannes, der berufen iſt, die Intereſſen des beſetzten Gebietes im Reichskabinett vornehmlich zu vertre⸗ ten, ganz anders vorgeſtellt, weil man in ihr eben nicht einen Höflichkeitsbeſuch repräſentativen Anſtrichs, ſondern eine politiſche Informationsreiſe ſah. Hier liegen die Dinge doch ſo, daß Dr. Bell als Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete in die Pfalz kommt nicht nur, um ſich ſelber an Ort und Stelle zu informieren, ſondern auch, um jenen in per⸗ ſönlichem Vertrauen wurzelnden Kotakt zwiſchen Bevölke⸗ rung und Verwaltung herzuſtellen, den der Grenzland⸗ charakter der beiderſeitigen Arbeit nun einmal bedingt. Der Miniſter hat ſeinem Beſuche damit ſelbſt die Auswirkungs⸗ möglichkeit genommen, indem er Bevölkerung und Preſſe ausſchaltete, und ſchließlich beſteht ja doch die pfälziſche Be⸗ völkerung nicht nur aus den von den Organiſationen zur Führung ihrer ſpeziellen Geſchicke berufenen 40 oder 50 Her⸗ ren, ſondern aus jenen 800000 Seelen, die in den acht Jahren der Beſetzung auch mit in der deulſchen Abwehrfront ſtanden und ein taktiſches und moraliſches Anrecht darauf haben, wenigſtens aus der Preſſe zu erfahren, was der Reichsminiſter ihnen und ihrer pfälziſchen Heimat zu ſagen hat. Seit dem paſſiven Widerſtand hat die Nfalz keinen Reichsminiſter mehr in ihren Städten begrüßen dürfen. Die Beſatzung hat es nicht gewollt. Jetzt, wo endlich wieder einmal ein Sachwalter des beſetzten Gebietes ſeinen Fuß in unſere Pfalz ſetzt, kann ihn die pfälziſche Bevölkerung abermals nicht begrüßen: Er zeigt ſich eben nicht. Die„Pfälzer Zeitung“ in Speyer bemerkt: Der Pfalzbeſuch des Reichsminiſters für die beſetzten Gebiete Dr. Bell liegt hinter uns. Mit einer Unzahl von Wünſchen, Bitten, Klagen und Forderungen beladen, wird der Miniſter nach Berlin zurückkehren. Niemand wird ſich der Hoffnung Pas Por daß nun mit einem Schlag alle Not beſeitigt und as Morgenrot der Freiheit heraufleuchten wird. Aber wir haben doch das Vertrauen, daß wir bei der Reichsregierung in Dr. Bell einen Fürſprecher haben, der nun aus eigener An⸗ ſchauung, aus dem Munde des Pfälzer Volkes ſelbſt all das erfahren hat, was uns politiſch und wirtſchaftlich bedrückt und was uns ſonſt noch auf der Seele brennt. Der amtliche Be⸗ richt ſchließt in ſeiner knappen Faſſung wenigſtens dieſe Hoff⸗ 8 nicht aus. 8 wäre ſie uns zur Gewißheit ge⸗ worden, wenn auch die Preſſe, nicht nur als Standes⸗ organiſation, wie es geſchehen iſt, ſondern als Sprach⸗ rohr der 8 und als gewiß nicht unwichtiger Fak⸗ tor im Kampf um die deutſche Zukunft am Rhein, Gelegenheit gehabt hätte, die Anſchauungen des für die beſetzten Gebiete verantwortlichen Miniſters kennen zu lernen. Der Miniſter in Wiesbaden Nach ſeiner Ankunft in Wiesbaden hatte Reichsjuſtiz⸗ miniſter und Miniſter für die beſetzten Gebiete Dr. Bell eine Beſprechung mit Vertretern der Behörden, der Berufs⸗ ſtände und der politiſchen Parteien, bei denen dem Miniſter über die ſchwierige wirtſchaftliche Lage der Bevölkerung Wiesbadens berichtet wurde. Dr. Bell verſprach, dafür Sorge zu tragen, daß von der Reichsregierung im Rahmen des Möglichen alles zur Beſeitigung der Notlage getan werde. Darauf richtete der Miniſter einen Appell an die Induſtrie des beſetzten Gebietes, bei der Bekämpfung der Arbeitsloſig⸗ keit im beſetzten Gebiet die amtlichen Stellen zu unterſtützen. Von Wiesbaden reiſt der Miniſter nach Kreuznach. * Loucheurs Berliner Reiſe. Wie„Petit Journal“, das Sprachrohr Loucheurs meldet, wird ſich Loucheur erſt gegen nde November nach Berlin begeben. Der Zweck der Reiſe iſt bekanntlich eine Beſprechung Loucheurs mit Vertretern der Berliner Handelskammer. zentrumspartikularismus in Baden Das Wort vom Provinzialiſierungsfimmel“ ſteht in Dr. Schofers neuem Buch„Mit der alten Fahne in die neue Zeit“ und iſt gewiſſermaßen zum Stichwort geworden für eine Kampagne in der badiſchen Zentrumspreſſe, die weniger wegen ihrer Grundſätzlichkeit, als vielmehr wegen ihrer Be gleiterſcheinungen einige Worte werdient. Wir haben ſchon vor Wochen darauf verwieſen, daß das Zentrum trotz ſeiner Verdienſte um Weimar, das den Einheitsſtaat propagierte, aber nicht erreichte,— freilich auch nicht erreichen konnte— alſo trotz dieſer Bindungen neuerdings mehr als zuvor gegen⸗ über den Vereinheitlichungspoſaunen die partikulariſtiſche Flöte ertönen läßt. Am ſtärkſten in Bayern, wo die Idee des Föderalismus zur Trennung der Bayeriſchen Volkspartei vom Zentrum geführt hat, am ſchwächſten in Württemberg, während in Baden die mittlere Tonart beliebt iſt. Wer das Zentrum kennt, weiß, daß die Betonung der Forderung„Ba⸗ den den Badenern“ vor irgendwelchen Wahlen mit einer Regelmäßigkeit wiederkehrt, daß die Abſicht ohne weiteres er⸗ kennbar iſt. Zwar ſtehen diesmal nur die Gemeindewah⸗ len vor der Tür, bei denen es auf die Antitheſe Baden⸗Reich nicht ſo ſehr ankommt, aber für alle Fälle legt die badiſche Zentrumsleitung die beliebte und bewährte Platte auf“ das Parteigrammophon, weil ſie weiß, daß deren Anziehungskraft unverwüſtlich iſt. So iſt dieſer Tage unter der Ueberſchrift „Wir warnen“ von„parteioffiziöſer Seite“ ein Artikel durch die Zentrumspreſſe gegangen, der die immer noch vor⸗ handene Abneigung gegen Berlin benutzt, um allerhand parti⸗ kulariſtiſche Feuerchen anzuzzünden. Wie man übrigens zu⸗ geben muß, in recht geſchickter Weiſe. Der Ton iſt nicht ganz ſo robuſt, wie der des ſeeligen Waldmichels oder des gegen⸗ wärtigen Dr. Föhr, aber auch nicht ſo akademiſch und vor⸗ nehm, wie es beiſpielsweiſe Dr. Zehnters Art war. Zunächſt wird mit dem Steuerzettel operiert, von dem nicht ganz unzutreffend geſagt wird, daß er ſeinen Weg totſicher bis ins letzte Haus auf dem Schwarzwald findet. Da⸗ für würden ſchon die Reichsfinanzämter im Lande ſorgen. In dieſem Argument liegt freilich eine kleine Spekulation auf die Vergeßlichkeit, denn die⸗Reichsfinanzgeſetzgebung und vor allem auch die Organiſation der Finanzämter ſtammen von Erzberger und im weiteren Verfolg von Dr. Wirth, der längere Zeit ſogar Leiter des Landesfinanzamtes in Baden Seweden iſt, ſodaß alſo von Rechtswegen ſich die Unbeliebtheit ex Finanzämter gegen ihre geiſtigen Väter, zwei hervor⸗ ragende Zentrumsführer, richten müßte. Das iſt aber ſchon ſo lange her, daß man es gewißlich auch in Zentrumskreiſen vergeſſen hat, weswegen wir uns dieſe kleine Auffriſchung des Gedächtniſſes erlauben. Dann werden die Geſchäfts⸗ leute mobil gemacht und vor allem die Landbevölkerung, die an die Gebäudeſonderſteuer, an das Branntweingeſetz und die Intereſſen der Kleinbrenner exinnert werden. Was wäre aus ihnen geworden, wenn die badiſche Regierung und der Landtag nicht geweſen wäre, fragt die„Warnung“. Da in beiden das Zentrum ausſchlaggebend iſt, iſt dieſe Selhſt⸗ empfehlung durchſichtig genug. 94 Jetzt kommt die Parole: Baden den Badenernt Den Satz kann man falſch auslegen, ſagt die parteioffizibſe Auslaſſung und bringt dann die richtige Interpretation:„Wir lehnen den falſchen Sinn ab! Allein man kann den Satz auch ganz wegputzen und davor haben wir wirklich ehr⸗ lich Angſt. Als unſer alter Großherzog das Militär ab⸗ gegeben hatte, da ſind vor allem den badiſchen Offizieren die Augen aufgegangen. Ein Teil wurde heimgeſchickt und der andere Teil ins Preußiſche verſetzt und zwar mit Vor⸗ liebe in die Gegend der Oder und der Weichſel. Eine helle Begeiſterung ſoll darob die Leute und ihre Familien erfaßt haben! Man kann ſichs denken. Dafür kamen„Schnei⸗ dige“ aus dem Norden in die badiſchen Garniſonen. Auch darüber ſoll eine helle Begeiſterung in die Rekruten und Re⸗ ſerviſten gefahren ſein! Selbſt der Großherzog ſoll es er⸗ fahren haben, daß auch die Militärkonvention hinterher zwei Seiten hatte und mit Vorliebe die Kehrſeite zeigte. Man hat darüber ſchon allerlei gehört und geleſen. Unſere Eiſen⸗ bahnen ſollen die Naſe auch ſchon voll haben von ihrer „Reichsunmittelbarkeit“. Jedenfalls gibt es Leute, die behaupten, auch dieſe Errungenſchaft habe ihre„andere Seite“. Wenn wir erſt eine Reichsprovinz wären, ſo würde dieſe„andere Seite“ ſich alsbald in vielem zeigen und helfen würde man kaum mehr können. Alles Klagen und Jammern würde da nichts nützen!“— Daß hier die alte badiſche Militärkonvention wieder aufs Tapet gebracht wird, 5 nicht unintereſſant. Obwohl ſie doch unwiderbringlich der Vergangenheit angehört, iſt ſie doch für die Zentrumsagitation ein zu brauchbares Mittel, als daß man es nicht verwenden ſollte, wenn es gilt, gegen das „ſchneidige Preußiſche“ ſcharf zu machen. Nun iſt es gewiß richtig, daß die Militärkonvention keine ideale Löſung für Baden dargeſtellt hat. Aber was ſoll heute noch das Herum⸗ wühlen in alten Wunden? Oder zielt der Schuß mehr au die Verreichlichung der Eiſenbahnen, zu deren— lichen Unbeliebtheit in Baden die alte Militärkonvention eine geſchichtliche Parallele darſtellen ſoll? Hat aber nicht einſt Dr. Wirth als badiſcher Finanzminiſter den Verkauf der badiſchen Bahnen an das Reich als einen großen Borteil für Baden dargeſtellt, weil dadurch, und zwar nur auf dieſe Weiſe, im zweiten und dritten Jahr nach der Revolution ein ſchul⸗ denfreier Haushalt in Baden ermöglicht wurde? Kein ein⸗ ſichtiger Politiker wird blind dagegen ſein, daß die Vereinheit⸗ lichung im Finanz⸗, Eiſenbahn⸗ und auch Poſtweſen, das in der Zentrumsdarſtellung garnicht erwähnt wird, Schatten⸗ ſeiten aufzuweiſen hat, aber im Ganzen geſehen iſt doch die neue Regelung ein bedeutſamer Fortſchritt gegen die frühere Vielheit der Verwaltung. Und was wirklich untragbar iſt, läßt ſich durch vernünftige Reorganiſation regeln. Ohne die„Volksſeele“ geht es nun einmal beim Zentrum nicht. Pikant dabei iſt aber, daß ſogar der [Republik der Spiegel vorgehalten wird. Wörtlich heißt es: „Man nehme dieſe Seite der Sache nicht leicht und über⸗ ſehe ja nicht, daß es auch eine Volksſeele gibt. Die Republik, die etwa hier bockt, wird's bereuen. Sie beſorgt die Geſchäfte ihrer Totengräber! Es gehört ſchon viel Weltfremdͤheit dazu, um über derlei Volksfragen hinüber zu ſtolpern. So müſſen es die Republikaner machen, wenn ſie davor gewarnt! Seite. Nr. 475 die Leute im Süden mit Gewalt ins andere Lager hinüber⸗ jagen wollen. Gerade im Süben iſt die Heimat echter Demo⸗ kratie. Man ſollte meinen, gerade auf dieſes Volk müßte ſich die Republik ſtützen und ſich hüten, es zu verägern und vor den Kopf zu ſtoßen. Wir wollen es offen ſagen: Der Alemanne am Oberrhein will nichts wiſſen von den Berliner Ideologien und Hirngeſpinſten einer vom Spreewaſſer getauften Hinterherdemokratie und zuſammenſpintiſierten Buchrepublik.“ Selbſt der politiſche Gegner des Zeutrums wird zweifel⸗ los ſeine aufrichtige Freude an dieſer treffenden Charakteri⸗ ſierung der beiden anderen Weimarer Parteien haben. Aber was ſagt das Reichsbanner dazu? Wie verein⸗ bart ſich eine, wie doch zugegeben werden muß, ſo ſcharfe und abfällige Kritik der mit dem Zentrum im Reichsbanner vereinigten Kameraden der anderen Weimarer Parteien mit dem vielgerühmten Reichsbannergeiſt, der nach den Worten des Abg. Hoffmann im badiſchen Landtag ſogar mit„chriſt⸗ lichem Geiſt“ durchtränkt iſt? Was ſagt man vollends bei den Gewaltigen des Reichsbanners, wenn man die Zweifel lieſt, die die Zentrumsverlautbarung„in die Eroberungen in der Welt mit der mit Spreeſand beſtreuten großdeutſchen Fahne ſetzt?“ Iſt das nicht Frevel an der ſchwarz⸗rot⸗goldenen Fahne, wie ſie doch gerade von Dr. Wirth immer wieder mit Begeiſterung geſchwungen wird? Aber die Zentrumswar⸗ nung iſt gerecht, auch die Demokratie bekommt ihren Backen⸗ ſtreich:„Es gibt keine größere Dummheit, die die Demo⸗ kratie je machen könnte, wie die vom Provinzfimmell Das Gute, das ſie da im Auge hat, kann auf anderen Wegen erreicht werden! Auf dem ebenſo oberflächlichen wie un⸗ volkstümlichen Weg geht's nun eben nicht. Wird er dennoch verſucht, gut, dann mögen ſolcherlei Demokraten ihre Naſe anrennen. Sie werden's ſchon ſpüren. Wir haben ſie Man darf's glauben, der, welcher dieſe Warnung ſchreibt, kennt's Volk und Volksſtimmung! Er ſteht treu zur Verfaſſung von Weimar; aber er weigert ſich, — gänge angefüllt. die Volksſtimmung als Nebenſache zu behandeln, weil demo⸗ kratiſche Ideologen es nun einmal ſo belieben!“ Es hieße die Schlagkraft aller dieſer Worte abſchwächen, wollte man ſie noch kommentieren. Dr. Wirths„republi⸗ kaniſche Union“ wird wohl noch gute Weile haben, ſolange ſolche Differenzen mit der zweitgrößten Reichsbannerpartei beſtehen. Andererſeits braucht man derartige ſtarke Worte auch nicht allzu tragiſch zu nehmen, denn man weiß, warum ſie überhaupt und warum vor allem gerade jetzt ausge⸗ ſprochen werden. Immerhin zeigen ſie aber doch das eine, daß wir von dem unitariſchen Staat: noch ſehr weit entfernt ſind, ſolange ſolche Strömungen nicht nur im Verborgenen, ſondern in aller Oeffentlichkeit fließen. Es ſcheint, daß auch im Zentrum die unitariſchen Gedanken nur von einzelnen Führern vertreten werden, dagegen die Provinz, in der ſich die Kerntruppen des Zentrums befinden, namentlich in Süd⸗ deutſchland, vorläufig noch nicht von den alten Anſchauungen ablaſſen kann. Sie wird zwar die endgültige und not⸗ wendige Neugeſtaltung der deutſchen Landkarte nicht für alle Zeiten aufhalten können, aber zweifellos behindern und ver⸗ 5 Mit dieſer Tatſache müſſen ſich daher die übrigen arteien abfinden und ihre Taktik darnach einſtellen. In⸗ ſofern birgt die Zentrumswarnung aber doch das Gute in ſich, daß ſie wenigſtens für die nächſte Zeit und im beſonderen für die Verhältniſſe in Baden Klärung geſchaffen hat. * Aus dem Preußenparlament Berlin, 14. Okt.(Von unſ. Berliner Büro.) Die Pauſe die geſchäftsordnungsmäßig zwiſchen der zweiten nud dritten Leſung des Hohenzollernvergleichs eintreten muß, wurde vom Landtag zunächſt dazu benutzt, um das oberſchleſiſche Trennungsgeſetz, um das von den Parteien ſeit Mona⸗ ten gekämpft wird, zu verabſchieden. Dabei verurſachten die Kommuniſten einen Zwiſchenfall, der an die vorgeſtrigen Vorgänge anknüpfte. Bei der Abſtimmung über einen volks⸗ parteilichen Abänderungsantrag zu dem wichtigen Para⸗ graphen, der die Vereinigung der beiden Verſicherungsan⸗ ſtalten von Ober⸗ und Niederſchleſien beſtimmt, ſtellte nämlich der Präſident zuerſt den Geſetzestert zur Abſtimmung unter Hintanſetzung der Abänderungsanträge. Daraufhin hielten ſich die Deutſchnationalen und die Volkspartei der Abſtim⸗ mung fern. Der ganze Teil der Sitzung war mit der weiteren Beſprechung der agdeburger Juſtizvor⸗ Ein kommuniſtiſcher Antrag, die Miß⸗ trauensanträge gegen das Staatsminiſterium bereits geſtern ur Abſtimmung zu ſtellen, wurde abgelehnt. Die Entſchei⸗ Sung wird erſt am Freitag fallen. Für die dritte Leſung des Hohenzollern Kompromiſſes am Freitag ſind umfangreiche Maßnahmen vorgeſehen, um am Dienstag ereigneten, Priſidenten eingreifen zu können. eine Wiederholung kommuniſtiſcher Terrorakte, wie ſie ſich zu verhindern. Es ſoll dafür ge⸗ ſorgt werden, daß ſofort zu Beginn der Tagung die nötige Polizei im Hauſe anweſend iſt, um auf Anweiſung des Etwaige en der Kommuniſten würden alſo im Keime erſtickt werden. Außerdem ſoll eine ſtrenge Kontrolle ſtattfinden, da ſich auch freiem Himmel, veranſtalten neue geſchloſſene eſtern wieder gezeigt hat, daß Mitglieder des roten rontkämpferbundes in die Räume des preußiſchen andtags eingelaſſen wurden und dort ſich in allerhand rovokationen ergangen haben. Statt der vom Polizeipräſt⸗ enten verbotenen Demonſtrationen unter ie Kommuniſten heute ollernvergleich. em Führer der kommuniſtiſchen Landtags⸗ fraktion, der wegen des Verbots bei dem Polizeipräſidenten wurde eine abſchlägige Antwort zuteil. und beim preußiſchen Innenminiſter Vorſtellungen erhob, Man erklärte ihm, es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn nach der parla⸗ mentariſchen Erledigung des Geſetzes am Freitag demon ſtriert würde. Die Vorgänge in der Radauſitzung am Dienstag haben übrigens noch ein tragikomiſches Nachſpiel gehabt. Der kommuniſtiſche Landtagsabgeorͤͤnete Schulz aus Dittersbach in Schleſien wurde nämlich geſtern na — Ver⸗ laſſen des Lanbtags von zwei jungen Leuten, die auf ihn ge⸗ wartet hatten, mit Reitpeitſchenhieben traktiert. Es ſtellte ſich heraus, daß die Täter die beiden Söhne des ſo⸗ taldemokratiſchen Abgeordneten Oſterroth waren, deſſen 7— Schulz in übelſter Weiſe beleidigt hatte. Der Ver⸗ prügelte mußte die Rettungsſtelle in Anſpruch nehmen. Die Frage der Regierungsumbilbung EBerlin, 14. Okt.(Von unſerem Berliner Büro.) Heute nachmittag werden, wie angekündigt, Vertreter der preußi⸗ ſchen Regierungsparteien des Landtags unter dem Vorſitz des Miniſterpräſidenten die Lage beſprechen, die durch das, wie der„Vorwärts“ ſich ſpöttiſch ausdrückt,„dringende Angebot“ der Volkspartei entſtanden iſt. Die ſozialdemokratiſche Fraktion tritt heute vormittag zuſammen, um ſich mit der Frage der Regierungsumbildung zu be⸗ faſſen. Allgemein beſteht der Eindruck, als ob die ſozialdemo⸗ kratiſchen Beſtrebungen, die Angelegenheit bis anfangs No⸗ vember zu verſchieben, um ſie beim Zuſammentritt des Reichstags mit der Frage der Parteipolitik im Reiche ver⸗ quicken zu können, ſich durchſetzen werde. S Neue Mannheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) roteſtverſammlungen gegen den Hohen⸗ Situng des Reichskabinetts (Berlin, 14. Okt.(Von unſerem Berliner Büro.) Das Reichskabinett hielt geſtern eine mehrſtündige Beratung ab, die aber lediglich laufenden Angelegenheiten galt. Mit dem Fall Dorpmüller wird ſich das Kabinett in einer beſonderen Sitzung, vorausſichtlich noch in dieſer Woche, beſchäftigen. Der Reichsfinanzminiſter Dr. Reinhold trifft am 17. Oktober wie⸗ der in Berlin ein. Entgegen anders lautenden Darſtellungen iſt feſtzuſtellen, daß das Reichskabinett in der Frage des An⸗ kaufs des Kaiſerhofs von ſich aus noch keinerlei Beſchluß faßte, ſondern lediglich ſ. Zt. die Mitteilung des Finanzminiſters, daß er das Hotel anzukaufen gedenke, entgegengenommen hat. Seeckts Abſchiedsgruß an das Heer Die letzte Ausgabe des Heeresverordnungsblattes ent⸗ hält nachſtehenden Tagesbefehl des Generals von Seeckt: An das Reichsheer! Der Armee, die mit mir gworden und ge⸗ wachſen, ſage ich heute herzlich Lebewohl. Aus der alten Armee hervorgegangen, mit ihr in ſchönen Friedens⸗, in ehrenvollen Kriegsjahren feſt verwachſen, habe ich nichts beſ⸗ ſeres tun können, als zu ſtreben, ihre Tugenden der jungen Armee zu übermitteln. Ob mir das gelungen iſt, das ſollt Ihr, meine Kameraden, beweiſen. Haltet die deutſche Sol⸗ datenehre hoch, die in der Pflichterfüllung liegt! Jéder an ſeiner Stelle, ſtündlich, täglich im Leben und im Tode. Ueber Gräber vorwärts! gez. v. Seeckt. Das Arbeitsſchutzgeſetz Berlin, 14. Okt.(Von unſerem Berliner Büro.) Nach eingehender Beratung mit den Spitzenverbänden der Arbeit⸗ geber und Arbeitnehmer, ſowie den Länderregierungen iſt jetzt der Entwurf des Arbeitsſchutzgeſetzes fertiggeſtellt wor⸗ den. Das Reichsarbeitsminiſterium iſt z. Zt. mit der Ausar⸗ beitung der ausführlichen Begründung dieſes neuen Geſetzes beſchäftigt, das wahrſcheinlich bereits Ende Oktober dem Reichs⸗ kabinett vorgelegt werden wird. Der Entwurf geht dann zur Stellungnahme an den Reichswirtſchaftsrat und mit deſſen Ab⸗ änderungsvorſchlägen an den Reichsrat, ſo daß er kaum vor dem Frühjahr 1927 zur Beratung kommen dürfte. Tagung des Deutſchen Gewerkſchaſtsbundes Unter dem Vorſitz des früheren Miniſterpräſidenten Dr. Stegerwald fand in Nürnberg eine öffentliche Sitzung der Ausſchußtagung des Deutſchen Gewerkſchaftsbundes ſtatt. Als Gäſte waren u. a. Reichsarbeitsminiſter Dr. Brauns und Miniſterialrat Keſſel als Vertreter des Reichswirtſchafts⸗ miniſteriums anweſend. Zunächſt ſprach Dr. Jahn über Abſatzkriſe und Produktionsſteigerung als Weltproblem. Ihm folgte der Geſchäftsführer des Ge⸗ werkſchaftsbundes, Baldruſch, Mitglied des Reichswirt⸗ ſchaftsrates, der über die Aufgabe des Staates in der Wirt⸗ ſchaftskriſe ſprach. Der Generalſekretär des Geſamtverbandes der chriſtlichen Gewerkſchaften Otte⸗Berlin referierte über das Thema Gewerkſchaftliche Selbſthilfe, Lohnpolitik, Ein⸗ kommenverwendung und beſchäftigte ſich namentlich mit dem Lohnproblem. Im Anſchluß an die vorgeſehenen Referate ergriff dann auch Reichsarbeitsminiſter Dr. Brauns das Wort.h Er führte u. a. aus, in letzter Zeit ſeien mit dem Ablauf wichtiger Tarifverträge die Fragen der Lohngeſtaltung wieder mehr in den Vordergrund getreten. In letzter Zeit habe ſich die Lage der einzelnen Wirtſchaftszweige zueinander vielfach verſchoben. Der Miniſter beſchäſtigte ſich dann mit dem Arbeitsloſenproblem und ſagte, die große Ar⸗ beitsloſenziffer könne nicht in allen Wirtſchaftszweigen einen ungünſtigen Einfluß auf die wirtſchaftliche Lage der Unter⸗ nehmungen rechtfertigen. Trotz der großen Zahl der Er⸗ werbsloſen arbeiteten einzelne Induſtrien unter verhältnis⸗ mäßig günſtigen Bedingungen. Von der Arbeiterſchaft werde mit Recht verlangt, daß die Rationaliſierung der Betriebe und die ſteigende Konzentration der Unternehmungen in allen Fällen, wo durch Verbilligung der Preiſe eine Hebung des Abſatzes erreicht werden könne, nicht nur der Wirtſchaft, ſon⸗ dern auch der Arbeiterſchaft Vorteile bringen. Man müſſe ſagen, daß eine allgemeine ſchematiſche Regelung des Pro⸗ blems der Lohngeſtaltung heute weniger denn je angehracht ſei. Man werde in den Induſtriezweigen, die unter gün⸗ ſtigen Bedingungen arbeiten, das Verlangen der Arbeiter⸗ ſchaft auf Beteiligung am Gewinn für berechtigt halten müſ⸗ ſen und andererſeits ſich auch damit einverſtanden erklären, daß die Folgen des ſchlechten Geſchäftsganges in gewiſſen Grenzen von der Arbeiterſchaft mitgetragen werden. Freilich habe der ta9 durch die Verbindlichkeitserklärung von Schiedsſprüchen die Möglichkeit, regulierend einzugreifen, doch müſſe dieſe Verbindlichkeitserklärung eine Ausnahme blei⸗ ben. Der Vorwurf der ſtaatlichen Bevormundung der Par⸗ teien oder gar der eines Mißbrauchs der Verbindlichkeits⸗ erklärung, der hier und da erhoben werde, ſei unbegründet. Von einer ſtaatlichen Bevormundung der Parteien bei der Regelung der Arbeitsbedingungen könne wohl nicht geſprochen werden. Der Miniſter ſchloß mit den Worten: Wir werden auf dieſem Gebiete weitere Erfahrungen ſammeln, um zur 0 Zeit die rechte Löſung in Geſetz und Verwaltung zu finden. Ein Deutſchen⸗Prozeß in Kattowitz Vor der erweiterten Strafkammer des Landgerichtes Kattowitz begann am Mittwoch der Prozeß gegen 11 Mit⸗ glieder des Deutſchen Volksbundes. Den Angeklagten wird zur Laſt gelegt, zugunſten Deutſchlands wirtſchaftliche und politiſche Spionage getrieben zu haben. Zu der Verhand⸗ lung ſind 48 Zeugen geladen. Von der politiſchen Polizei ſind drei Offiziere, vom Generalſtab ein Major und ein Haupt⸗ mann als Sachverſtändige entſandt worden. Nach der Er⸗ öffnung der Verhandlungen erfolgte die Vernehmung der Augeklagten. Die Anklage ſtützt ſich zum größten Teil auf Photographien von Dokumenten, die im deutſchen Ge⸗ neralkonſulat gefunden wurden. Sämtliche Angeklagten bekannten ſich zu den in der An⸗ klage erhobenen Vorwürfen, erklärten jedoch, daß ſie nicht gewußt und nicht beabſichtigt hätten, irgendwie die Intereſſen des polniſchen Staates zu ſchädigen. Hauptſächlich handelt es ſich um Auskünfte, die die Angeklagten dem deutſchen Ge⸗ neralkonſulat in Kattowitz auf Anfrage erteilt hatten. Bei der Zeugenvernehmung ſtellte ſich heraus, auf welche Weiſe die Statsanwaltſchaft zur Erhebung der Anklage gegen die Volksbundmitglieder kam. achrichtenoffiziere der Katto⸗ witzer Garniſon ſagten aus, daß ſie zwei weibliche An⸗ geſtellte des deutſchen Generalkonſulats in Kattowitz für ſich gewonnen hätten. Dieſe hatten Aktenſtücke, ſowie ver⸗ ſchiedenes andere Material des deutſchen Generalkonſulats ihnen in die Hände geſpielt, das dann photographiert, bezw. vervielfältigt worden ſei. Bei der Vernehmung der beiden in Frage kommenden Angeſtellten kam es zu ſehr lebhaften Auftritten zwiſchen ihnen und der Verteidigung. Die Aus⸗ ſagen der Zeuginnen widerſprachen ſich in verſchiedenen Punkten ſehr ſtark ſo daß die Verteidigung die Zeugin Knebel abzulehnen beantragte. Dieſem Antrag wurde ſtatt⸗ gegeben. Die Zeugin gab zu, ſie habe das Material an die Nachrichtenoffiziere gelieſert. Sie habe ſich dazu aber nur aus ideellen Gründen verſtanden. 3 gehörigen Zeche Donnerstag, den 14. Oktober 1926) ObPeatſce Voltspartei Mitgliederverſammlung mußte auf Freitag, 15. Oktober,.45 Uhr abends in den oberen Saal des Arkadenhofes(Friedrichsplatz) verlegt wer⸗ den. Tagesordnung: 1. Bericht über den Parteitag in Köln 2. Gemein dewahlen. Vor der Mitgliederverſammlung findet pünktlich um .30 Uhr eine Ausſchußſitzung ſtatt. . Der Vorſtand. RERR—————————————— Abſchluß der Münchener Femeverhandlungen Im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme des Ausſchuſ⸗ ſes wurde noch der frühere Waffenreferent der Einwohner⸗ wehr für den Gau Iſarwinkel Hans Caßlette vernom⸗ men. Dieſer Zeuge hat bei früheren Vernehmungen ausge⸗ ſagt, daß in den Einwohnerwehrkreiſen davon geſprochen wurde, daß der Abgeordnete Gareis an den franzöſiſchen Entwaffnungskommiſſar Fſaac eine ganze Liſte von Waffen⸗ lagern abgeliefert habe und daß, als die Nachricht von der Ermordung des Gareis bekannt wurde, aus dieſem Grunde heraus in den Kreiſen der Einwohnerwehr Genugtuung dar⸗ über herrſchte. Die vielen Zwiſchenfragen an den Zeugen drehten ſich immer wieder um dieſe Angelegenheit. Der Zeuge hielt ſeine damalige Ausſage aufrecht, daß ein Waffenverrat durch den Abgeordͤneten Gareis erfolgt ſein ſollte. Damit wurde die geſamte Beweisaufnahme geſchloſſen. Es folgte eine geheime Sitzung des Ausſchuſſes. Nach Abſchluß der geheimen Beratung wurde die Oeffentlichkeit wieder hergeſtellt. Vorſitzender Dr. Schetter ging zunächſt auf einen Antrag der Völkiſchen Arbeitsgemeinſchaft über die Koſten des Femeausſchuſſes ein und nahm auf die darin ent⸗ haltene Mitteilung Bezug, daß die Koſten auf mehrere hun⸗ derttauſend Mark ſich beliefen. Er erklärte hierzu, daß die geſamten Koſten der Tagung in München durch Vernehmung von Zeugen bis zum Dienstag noch nicht 600 Mark betragen und daß die Koſten, die früher entſtanden ſind, zwar dieſen Be⸗ trag überſteigen, vor allem durch die Drucklegung der Aus⸗ ſchußberichte, aber es ſei nicht daran zu denken, daß die Koſten der geſamten Tätigkeit des Femeausſchuſſes auch nur an⸗ nähernd an die Summe heranreichen, die in dieſem Antrage genannt iſt. Wie der Vorſitzende hierauf mitteilte, hat der Ausſchuß folgende zwei Entſchließungen gefaßt: 1. Im Anſchluß an die Erklärung des Berichterſtatters Dr. Levi iſt der Ausſchuß ſchon jetzt in der Lage, feſtzuſtellen, daß die gegen den Juſtizminiſter und den ehemaligen Landgerichtsrat Gürtner exhobenen Vorwürfe der Grund⸗ lage entbehren. Es iſt insbeſondere ſür widerlegt zu erach⸗ ten, daß der jetzige Juſtizminiſter und damalige Landgerichts⸗ rat irgendwie im Falle Hartung oder im Falle Gareis in die ſchwebende Unterſuchung eingegriffen oder ſeinen Einfluß gel⸗ tend gemacht hat, um den Fortgang des Verfahrens zu emmen. 2. Der Ausſchuß iſt nach Abſchluß der Verhandlungen in München noch nicht in der Lage, zu den Strafſachen in den Fällen Sandmayr, Dobner, Hartung und Gareis ſchon jetzt in eine grundſätzliche Erörterung der weſentlichſten Fragen ſeines Aufgabenkreiſes einzutreten, weil die Prüfung des um⸗ fangreichen Materials ohne genaues Studium der ſtenogra⸗ phiſchen Berichte nicht möglich iſt und die Beweiserhebung im Ganzen noch nicht abgeſchloſſen iſt. Der Vorſitzende ſtellte noch feſt, daß, obſchon die Arbei⸗ ten des Ausſchuſſes ſich nicht vollkommen ungeſtört und rei⸗ bungslos vollzogen hätten, es doch möglich geweſen ſei, die Aufgaben beſſer und ſchleuniger zu Ende zu führen als in der Reichshauptſtadt. Damit waren die öffentlichen Verhandlun⸗ gen des Femeausſchuſſes in München beendet. Letzte Meldungen Das Stauwehr bei Heidelberg kr. Heidelberg, 14. Okt.(Eigener Bericht.) Der Stadt⸗ rat hat im Anſchluß an die Verhandlungen mit dem Reichs⸗ verkehrsminiſter Krohne über die Geſtaltung des Stauwehrs oberhalb von Heidelberg in der geſtrigen Sitzung, wie wir hören, mit einer Simme Mehrheit den Beſchluß gefaßt, üür den Bau des Eiſernen Steges nach dem Entwurf von brof. Dr. Bonnartz einzutreten. Der Stadtrat hat ſich mit dieſem Beſchluß der Stuttgarter Meinung ange⸗ ſchloſſen. In der Grube verſchüttet — Dortmund, 13. Okt.—1 der zum Klöckner⸗Konzern Zech Biktor TI1 und 10 wurden durch herabfallen⸗ des Geſtein vier Bergarbeiter verſchüttet. Die Bergungsar⸗ beiten geſtalteten ſich außerordentlich ſchwierig. Es gelang, drei der Verſchütteten ſchwer verletzt zu bergen. Der vierte Bergmann konnte noch nicht geborgen werden. Schweres Eiſenbahnunglück — Breslau, 13. Okt. Kurz nach Mitternacht ſtießen in⸗ folge falſcher Weichenſtellung bei der Station Scharley⸗Piekar (Polniſch⸗Oberſchleſien) ein Perſonenzug und ein Güterzug zu⸗ ſammen. Ein Packwagen und mehrere Güterwagen wurden auf die Böſchung geſchoben. Bisher wurden zwei Tote und acht Schwerverletzte geborgen. Die Schwerver⸗ letzten ſind derart verſtümmelt, daß ſich die Zahl der Toten noch erhöhen dürfte. Der ſchuldige Weichenſteller iſt feſtge⸗ nommen worden. Der Zuſammenſtoß iſt nur auf die Unachtſamkeit des Signalwärters zurückzuführen, der dem Perſonen⸗ zug die Einfahrt nach dem Bahnhof Scharley freigab, obwohl ſich ein Güterzug mit zwei Lokomotiven auf dem gleichen Geleiſe befand. urch den heftigen Anprall wurden die drei Lokomotiven vollſtändig ineinander geſchoben. Ein Per⸗ ſonen⸗ und ein Packwagen gerieten in Brand und verbrannten reſtlos. Von den hierbei ſchwerverletzten Perſonen ſind be⸗ reits zwei verſchieden. Der Verkehr wird durch Umleitung über Beuthen fortgeführt. Die Aufräumungsarbeiten ſind in vollem Gange. Synthetiſches Petroleum — Paris, 14. Okt. Laut„Matin“ iſt es dem ſtaatlichen Amt für flüſſigen Brennſtoff gelungen, das Problem des ſyn⸗ thetiſchen Petroleums zu löſen. Eine Fabrik zur Herſtellung des ſynthetiſchen Petroleums im Großen wird im nächſten Monat in Leus eröffnet werden. 3 * Landtagsſchluß in Sachſen. Nach Aufarbeitung einer außerordentlich umfangreichen Tagesordnung wurde am Mittwoch die Seſſion des ſächſiſchen Landtages geſchloſſen. Die 8 für den kommenden Landtag finden am 31. Okt, —— 8 Donnerstag, den 14. Oktober 1926 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) 3. Seite. Nr. 475 Berlin im Zeichen der Polizeiausſtellung Von Dr. Zeiler, Beigeordneter der Stadt Mannheim Wer die Großſtadt Berlin kennt, wird über den Titel dieſes Aufſatzes vielleicht lächeln. Er wird ſich ſagen, dafür iſt doch Berlin zu groß, als daß eine Ausſtellung über ein ſo begrenztes Gebiet, wie die Polizet, für die doch auch nur ein kleiner Kreis Intereſſe hat, im Stadtbild überhaupt in Er⸗ ſcheinung treten könnte. Dem iſt aber nicht ſo. Durch eine außergewöhnlich geſchickte Reklame, in engſtem Zuſammen⸗ wirken mit der Preſſe, hat die Ausſtellungsleitung es tatſäch⸗ lich fertiggebracht, ihre Ausſtellung in den Mittelpunkt des Intereſſes zu rücken. Auf dem Potsdamer Platz, an der Kranzler Ecke, Unter den Linden und an ſonſtigen Stellen mit großem Verkehr grüßen Guirlandenmaſten mit Schildern die auf die Polizeiausſtellung hinweiſen. Die Straßen⸗ bahnen tragen an den Leitungsbügeln weiße Fähnchen mit Hinweiſen auf die Ausſtellung. Der Polizeipräſident hat ſo⸗ gar die Polizeiſtunde während der Ausſtellung unter ge⸗ wiſſen Kautelen verlängert. Man hat es verſtanden, von der Ausſtellung ſtändig reden zu machen. Man hat aber auch alles getan, um den Beſuch zu erleichtern und angenehm zu machen. Neben den ſchon beſtehenden überreichen Verkehrs⸗ mitteln zum Ausſtellungsgelände hat man eine beſondere Kraftomnibuslinie vom Zoo aus eingerichtet. An den Ein⸗ trittskarten befinden ſich Gutſcheine mit 6 Ermäßigung für eine Revue. Man hat es auch verſtanden, das an ſich trockene Polizeigebiet ſo intereſſant wie nur möglich für den Nicht⸗ fachmann zu geſtalten. Daß man darin ſogar entſchieden zu weit gegangen iſt, wird ſpäter noch zu beſprechen ſein. Zunächſt hat man die Induſtrie in weitgehendſtem Maße herangezogen. Um die Maſchine, die den Stoff für die Polizeiuniſormen webt und ſtändig in Tätigkeit iſt, drängen ſich viele Neugierige. Auch in den großen modernen Pferde⸗ ſtall, in dem eine Reihe lebender Pferde ſtehen und gepflegt werden, drängt ſich mit Vorliebe das Publikum, iſt ein der⸗ artiger Stall doch in der Zeit des Autos etwas für Viele noch nicht Geſehenes. Daß die Polizethunde eine große Anziehungskraft ausüben, iſt ja ſelbſtverſtändlich. Die ein⸗ zelnen Ausſtellungsgegenſtände ſind ja in den Spalten dieſer Zeitung ſchon beſprochen. Es ſoll darum nur einiges, das in Mannheim ſpesiell intereſſiert, hervorgehoben werden. In der hiſtoriſchen Abteilung fallen uns die Ausſtel⸗ lungsſtücke aus der Sammlung des Mannheimer Altertumsvereins angenehm auf. In Halle 2, in der die Verkehrspolizei nutergebracht iſt, intereſſieren vor allem die Pläne und Modelle über Verkehrsregelung in anderen Städten. Da prägt ſich demBeſchauer, wenn er mit Mannheim vergleicht, ſofort ein, daß eben tatſächlich keine größere Stadt im Aufbau ihrer Altſtadt für den modernen Verkehr ſo un⸗ geeignet iſt, wie Mannheim und daß ſchon deshalb eine ſchematiſche Uebertragung deſſen, was anderwärts praktiſch iſt, für uns längſt noch nicht in Frage kommt. Sehr hübſch und nachahmenswert iſt das Modell für Schulzwecke über Verkehrsgebote, das unſere Nachbarſtadt Ludwigs⸗ hafen ausgeſtellt hat. Außerordentlich überſichtlich iſt die plaſtiſche Darſtellung der Verkehrsdichte bei den Straßen⸗ bahnen in Berlin mit ihrer Gegenüberſtellung von tatſäch⸗ lichem Verkehr und zur Verfügung ſtehenden Plätzen. Auch Sachen, die einem nicht einleuchten, ſieht man. So ſtellt eine norddeutſche Polizeidirektion drei Stadtpläne aus, auf denen ſie die frühere, jetzige und geplante Regelung des Durchgangsverkehrs zeigt. Früher alles mitten durch die Stadt, jetzt Umleitung längs der Peripherie. Als er⸗ ſtrebenswertes Ziel wird gezeigt, wie der ganze Durchgangs⸗ verkehr in weitem Bogen um die Stadt geleitet wird. Iſt das nun wirklich der Sinn der Verkehrsregelung, den Durch⸗ gangsverkehr aus der Stadt wegzulegen, oder ſollte die Rege⸗ ung nicht eher darauf bedacht ſein, den Verkehr durch die Stadt, aber in geſchickter Weiſe zu leiten? Man gibt für Reklamezwecke Tauſende aus, um zahlungskräftige Gäſte in die Stadt zu bringen und dann verſchafft man dem Zahlungs⸗ d kräftigſten, dem Automobiliſten, die günſtigſte Möglichkeit, um die Stadt herum zu kommen. Wird es dieſer Polizei⸗ direktion einmal nicht ſo gehen, wie uns mit dem Bahnhof in Friedrichsfeld? Eigenartig iſt auch das Fahrrad mit zwei Handlöſchern, das eine hayeriſche Stadt ausſtellt. Wird Feuer gemeldet, ſo fährt zunächſt ein⸗Poliziſt auf die⸗ ſem Rad nach der Brandſtelle und verſucht mit ſeinen zwei Handlöſchern zu löſchen, entſcheidet dann, ob Klein⸗ oder Großfeuer anzunehmen iſt und alarmiert hiernach die Feuer⸗ wehr. Dieſes Verfahren erſcheint etwas veraltet. Es wäre ſeblt viel Intereſſantes zu berichten, wofür aber der Raum ehlt. Eines muß aber noch erwähnt werden und das iſt die im Zeichen der Polizeiausſtellung dem Verkehr übergebene Lichtſignalanlage zur Regelung des Straßen⸗ verkehrs auf der Leipziger⸗ und Friedrichſtraße. trachten wir die Verkehrsregelung auf der Friedrichſtraße zwiſchen Leipzigerſtraße und Linden, ſo iſt die Lage folgende: Liederabend Ludwig Wüllner Ein Liederabend des Großmeiſters der deutſchen Vor⸗ tragskunſt iſt nicht die Angelegenheit eines Sängers, kein ſchöner Geſang, doch dafür viel mehr: Geſtaltung des Worts im Liede, geiſtige Durchdringung bis ins Letzte. Die Beſinnung und Beſeelung des Worts war Wüllners Weg und Werk von Anfang an; nur ſo iſt ſein Studiengang zu verſtehen, der ihn zunächſt durch die philologiſche und geiſtesgeſchichtliche Ergründung unſerer Sprache führte. Dann wurde Wüllner Sänger, ausgebildet im Konſervato⸗ rium Kölns, allwo er ſchließlich einen Char leitete. Dann kam die wichtigſte Station für den jetzt bald Siebgigjährigen: Meiningen, wohin er als Schauſpieler ging. Doch bald ſpreugte er den Rahmen der Bühne, um ihn auf dem Podium ſelbſt aufzubauen. Zunächſt betrat er dieſe Welt ſeines Ruhms als Sänger, als Vermittler Brahms'ſcher Lieder vor allem. Daß er zugleich ein hervorragender Geiger war, hat die Welt inzwiſchen ſo gut wie vergeſſen. Der Rezitator blieb die überragende Seite ſeines We⸗ ſens, die ſinnerfüllte, beſeelte Wiedergabe des Werks. Sie beherrſcht in gleich tiefer, vergeiſtigter Art ſeine Belebung des Liedes. Wenn Wüllner zu ſingen beginnt, ſo bedeutet das zunächſt einen Kampf wider das Spröde ſeiner Stimme, die keinen abſoluten Klang beſitzt, der keine Elaſtizität im Ineinandergreifen der Regiſter den Geſang zur Müheloſig⸗ keit erhebt. Doch dieſer Kampf wird zu einem vollkommenen Sieg des Geiſtes über die Materie. Wie ſich dieſer Sieg immer mehr durchringt, wie der ſeeliſche Adel dieſes Künſtlers im⸗ mer mehr im einzelnen Vortrag 8 ausprägt, bringt zu⸗ gleich den an ſich kaum vorhandenen Zauber des Klanges in dieſe Lieder. So ſteigt dieſe Geſtaltung auf zu wahrer, innerer Schönheit. Die Kraft des Geiſtes ſetzt ſich bei Wüllner um in die Wucht des Ausdrucks. Dieſen formt er jeweils zu indivi⸗ dueller Geſtalt, je nach dem, was er vorträgt. Wie in Schu⸗ bert Schiller und Goethe lebendig wurden, erkennt man erſt hier, wenn die Gruppe aus dem Tartarus in dieſem Geſang aufgeht, oder der Graus des Erlkönigs zum Leben erwacht. Schuberts Wanderer, mit dem ſich Wüllner in ſeiner Art „einſang“, wurde zum Bekenntnis. Brahms' wuchtiges Lied„Kein Haus, keine Heimat“ wird zu gewaltigem Trotz, wie die ganze Erſcheinung Wüllners ein Trotzdem darſtellt. Doch nicht nur dieſe Töne vermag er anzuſchlagen, wenngleich ſie die Macht ſeines Vortrags am Be⸗ſ In der Längsrichtung verbindet die Friedrichſtraße die Lin⸗ den⸗ und die Leipzigerſtraße, auf die ſie rechtwinklig ſtößt und wird ſelbſt zwiſchen dieſen Straßen in verhältnismäßig kurzen Zwiſchenräumen von 6 Querſtraßen rechtwinklig ge⸗ kreuzt. Es bietet ſich alſo ein Bild, wie hier etwa vom Ein⸗ gang der engen Heidelbergerſtraße bis zum Eingang der engen Rheinſtraße. An den Straßenſchnittpunkten hängen an Drähten große Lamen mit gelbem, rotem und grünem Licht nach allen 4 Seiten. Dieſe Lampen werden automatiſch gleichzeitig in beſtimmten Zwiſchenräumen ein⸗ und ausge⸗ ſchaltet. Erſcheint in der Längsrichtung Linden⸗Leipziger⸗ ſtraße rotes Licht, ſo hat der ganze Fahrzeugverkehr in der Friedrichſtraße zu ſtocken, während jener in den Querſtraßen in Gang bleibt. Die automatiſche Regelung ſcheint ſich an ſich nicht ſchlecht zu bewähren. In der Praxis ergibt ſich aber der Friedrich⸗ häufig das Bild, daß, wenn der Verkehr in ſtraße geſperrt iſt, 20 bis 30 Autos auf der Friedrichſtraße zu beiden Seiten einer Querſtraße halten und auf den Quer⸗ ſtraßen bewegt ſich auch nicht ein Fahrzeug! Die neue Ver⸗ kehrsregelung wirkt ſich deshalb häufig lediglich als Ver⸗ kehrsverzögerung aus. Man hat den Fehler gemacht, eine Regelung, die für den Rieſenverkehr in Newyork am Platze ſein mag, ſchematiſch da anzuwenden, wo eben dieſer Verkehr fehlt. Lernen wir hieraus und prüfen wir hier jeweils ge⸗ nau, ob für eine Verkehrsregelung, die ſich anderswo glän⸗ zend bewährt hat, bei uns auch der Verkehr vorhanden iſt. Alles in allem iſt aber die Berliner Polizeiausſtellung ein großer Erfolg der mit verhältnismäßig geringen Mitteln er⸗ reicht iſt. Etwas Unerfreuliches darf aber auch nicht verſchwiegen werden. Es iſt ſchon erwähnt, daß man verſtanden hat, die Ausſtellung auch für das große Publikum ſtalten. In dieſem Beſtreben iſt man bei der Ausgeſtaltung der kriminaliſtiſchen Abteilung entſchieden zu weit gegangen. Darſtellungen, wie das Modell des Zimmers des Maſſenmörders Großmann, ſind eine grobe Geſchmackloſig⸗ keit, die man unbedingt hätte vermeiden müſſen. Sie ver⸗ wiſchen den guten Geſamteinbruck nicht. In einem Artikel wie dieſem, der zeigen ſoll, was man von der Ausſtellung lernen kann, dürfen aber natürlich auch Fehler nicht uner⸗ wähnt bleiben. 5 Stäotiſche Nachrichten Evangeliſche Kirchengemeinoewahlen Die Wahlvorſchlsoe erhalten folgende Sitze: a) Kirchen⸗ gemeinde⸗Ausſchuß(Poſ. Vergg.) leinſchließlich der zur Landeskirche zählenden Gemeinſchaften) 34, Volkskirchen⸗ bund 68 Soz.) 26, Lib. ereg⸗ 23 und die mit ihr gehende Volkskirchliche Vergg.(bürgerl. lib.⸗ſoz. Gruppe) 7 und die Landeskirchl. Vergg.(Führer Dr. Klein) 10. Der Kirchen⸗ gemeinde⸗Ausſchuß, der dem Bürgerausſchuß entſpricht, wird wieder einige Frauen als Mitglieder haben. b) Kirchen⸗ gemeinderat. Poſ. Vergg. 7, Volkskirche(ev. Soz.) 5, Vib. Vergg. 5, Volkskirchl. 1 und Landeskirchl. Vergg. 2. Der kirchl. Gemeinderat, der dem Stadtrat entſpricht, hatte ſeither 2 Frauen(1 Lib. Vergg., 1 Landeskirchl. Vergg.). Wie man hört, zieht die liberale Frau wieder ein. Ferner wird die Landeskirchl. Vergg. wieder eine Frau ldie jetzige tritt wegen ihres Alters zurück) und der Volkskirchenbund eben⸗ falls eine Frau nominieren. Da einige männliche Mitglieder ſchon von vornherein eine Wiederaufſtellung teilweiſe ſchon mit Bezug auf ihr Alter abgelehnt haben, ſo wird faſt die Hälfte des Kirchengemeinderats ſes treten auch 5 Sozialiſten neu ein) ein anderes Geſicht erhalten. Die Vertretungen in en Sprengelausſchüſſen und in dem Sprengel⸗ rat der jeweiligen Kirchen(Anhörungskörperſchaften, Für⸗ ſorge⸗ und Seelſorgehilfe, Hausſammlungen, Almoſenpfleger u..) wurden gemäß den jeweils abgegebenen Stimmen ver⸗ hältnismäßig verteilt. In den Vororten. in denen ſelbſtändige Kirchengemeinden ſind, wurden die gleichen Vereinharungen getroffen. * * Semeſterbeginn an der Handels⸗Hochſchule Maunheim. Das Winter⸗Semeſter beginnt am 2. November. Im Vorleſungsplan ſind wiederum mehrere Vorleſungen grund⸗ legender Art aus den verſchiedenſten Wiſſensgebieten enthal⸗ ten, deren Stunden ſo gelegt ſind, daß auch die bereits im praktiſchen Leben Stehenden ſie beſuchen können. Zu dieſen Vorleſungen werden alle Perſonen, die über 17 Fahre alt ind, ohne Nachweis einer beſtimmten Vorbildung zugelaſ⸗ ſen. Der Vorleſungsplan enthält eine Reihe neuer Vor⸗ leſungen.(Weiteres Anzeige.) beſten erkennen laſſen, wie das Lied des Steinklopfers von Richard Strauß zum packendſten Exlebnis wird,— auch zarterem Gefühl weiß dieſe überreiche Künſtlerſeele wunder⸗ ſamen Ausdruck zu verleihen.„Wie biſt Du, meine Königin“ von Brahms wächſt in dieſer Verinnerlichung empor zur Höhe reinſter Menſchlichkeit, wie das Koſen der„Aufträge“ von Schumann innigſte Belebung erlangt. Hugo Wolf erſteht in der ganzen Tiefe ſeines Weſens, das über die Worte von Goethes„Rattenfänger“ geradezu dämoniſch hinausſchritt. Dieſen Dämon gab Wüllner. Wie verwandelt dann wieder in den Straußliedern, von ſtärkſter Wirkung im letzten Lied„Cäcilie“. Dann kam die gewaltige Zuſammenfaſſung aller Seiten des Ausdruckkünſtlers Wüllner: in Löwes ganz groß geſtal⸗ tetem„Archibald Douglas“. Der Rezitator ſchuf die Gewalt des Geſchehens, der Sänger jedoch gab nicht den Klang allein, ſondern das Herz, verbunden mit der überzeugenden Ge⸗ bärde, der von innen belebten, unendlich ausdruckreichen Mimik, die dieſen durchgeiſtigten, klaſſiſchen Kopf zu einem Spiegel tauſendfältigen Erlebens macht. Viele wird der Adel dieſes Werks und damit die Größe des Balladenſängers Löwe zum erſten Mal in dieſer Weite aufgegangen ſein. Das Mannheimer Publikum, dieſe ſonderbare Miſchung von Begeiſterungsfähigkeit und Gleichmut, hatte wieder ein⸗ mal gezeigt, daß es Dinge, die ihm neu ſind— und ſelbſt ein Wüllner kann ihm nen ſein, wenn er ungewohnterweiſe als Sänger kommt—, zunächſt in absentia feiert, Daß das deutſche Publikum dem Menſchen und Meiſter Wüllner gegen⸗ über Berpflichtungen hat, gehört in Mannheim offenbar zu den Dingen, die vergangen ſind. Dafür dankte Wüllner dem begeiſterten Beifall des Häuf⸗ leins der Aufrechten mit Zugabe auf Zugabe.„O danket nicht für dieſe Lieder“ war ſein Gruß. Doppelt miſſen wir ſie ihm danken, denn er hat von neuem an die Macht des Geiſtes glauben laſſen. Dr. K. Fedor Doſtojewskis Leibensweg Bekanntlich kam vor einiger Zeit aus Moskau die er⸗ ſchütternde Trauerbotſchaft, daß Fedor Doſtojewski, der einzige Sohn des weltberühmten ruſſiſchen Dichters, in ſeiner eigenen Heimat buchſtäblich verhungert war. Die Tragik die⸗ ſes Todes liegt vor allem in der Tatſache, daß, obwohl zahl⸗ reiche Zeitungen in der ganzen Welt noch Wochen vor ſeinem Ableben ihre warnenden Stimmen erhoben hatten, um der Not eines geplagten alten Mannes zu ſteuern, die Hilfsaktion der ruſſiſchen Regierung erſt zwei Tage nach— dem Ver⸗ intereſſant zu ge⸗ * Ernannt wurde Verwaltungsaſſiſtent Anton Bausback beim Bezirksamt Mannheim zum Verwaltungsſekretär. *Der Nachmittags⸗Schnellzug nach Frankfurt(Mannheim ab.21) führt ſeit 3. Oktober einen direkten Wagen 3. Klaſſe nach Frankfurt und einen Wagen.—3. Klaſſe Saarbrücken—Mannheim— Frankfurt, wodurch das Umſteigen der Durchgangsreiſenden Mannheim—Frankfurt vermieden wird. Es hat lange gedauert, bis der unhaltbare Zuſtand des Umſteigens in Friedrichsfeld und des Paſſierens der Unter⸗ führung, um an einen anderen Bahnſteig zu gelangen, beſei⸗ tigt worden iſt. * Eine Naturſeltenheit, ein Zweig mit ausgereiften Gartenerdbeeren, wurde uns von Gärtner K. H. Thomas überreicht. Die Ananas wurden in den Spelzen⸗ gärten geerntet. * Ein Viehtransportwagen in Brand geraten. Ein mit Schlachtvieh beladener Laſtkraftwagen des Viehhändlers Köh⸗ ler von Sandhauſen, der vom Mannheimer Viehmarkt zu⸗ rückkehrte, geriet auf der Straße zwiſchen Bruchhauſen und Sandhauſen in Bran d. Jufolge der Exploſionsgefahr wurde die Sandhauſener Feuerwehr zu Hilfe gerufen, die mit der großen Spritze eintraf und den Brand in kurzer Zeit löſchte. Der vordere Teil des Wagens mit dem Motor iſt vernichtet. Menſchen und Tiere kamen nicht zu Schaden. Veranſtaltungen &Theaternachricht. Heute abend findet die erſte Auffüh⸗ rung von„Romeo und Zulia“ in der Neuinſzenierung ſtatt. In der Sonntad⸗Aufführung der neueinſtudierten Oper „Martha“ ſind die Hauptpartien mit Roſa Lind(Lady), Erna Schlüter(Naney), Wilhelm Fenten(Plumkett), Ladislas Vafda (Lyonel) und Hugo Votſin(Triſtan) beſetzt. G Mannheimer Künſtlertheater Apollo. Gaſtſpiel Wil⸗ helm Hartſtein. Der Schwank„Fridolin“ mit Wilhelm Hart⸗ ſtein in der Hauptrolle und das große Varietéprogramm geht heute und morgen zum letzten Male in Szene. Samstag, 16. ds. gelangt zum erſten Mal für Mannheim„Heinrich amüſtert ſich“, galantes Abenteuer mit Wilhelm Hartſtein in der Titelrolle und darauf auf vielfachen Wunſch der unver⸗ wüſtliche Soldatenſchwank„Der Stolz der dritten Kompagnie“ zur Aufführung. Vorher der große neue Varietéteil. G 1. Konzert des Konzertvereins Mannheim E. V. Heute, Donnerstag, den 14. Oktober 1926 findet in der Harmonie D 2. 6, das erſte Konzert der vier Kammermuſikabende des Konzertvereins Mannheim E. B. ſtatt. Das Amar⸗Quar⸗ tett, das hier in Mannheim einen großen Freundeskreis ſich erwerben konnte, eröffnet den Reigen. Es wird Werke von Reger, Hindemith und Verdi zum Vortrag bringen. Einzel⸗ karten in den bekannten Vorverkaufsſtellen. 9 Geſellſchaft für neue Muſik. Die Geſellſchaft eröffnet die Reihe ihrer diesjährigen 5 Konzerte am Freitag, den 15. Oktober 1926 mit einem dem Vierteltonſyſtem ge⸗ widmeten Abend. Alois Häba aus Prag, der theoretiſche and praktiſche Vorkämpfer dieſes Syſtems, wird perſönlich über ſeine Theorie ſprechen, während der Prager Pianiſt Erwin Schulhoff Werke für Vierteltonklavier Häba und deſſen Schülern vortragen wird. Schulhoff ſteht heute mit dem Bor⸗ trag dieſes Jahr konkurrenzlos da, hatte im Vorja re in Ber⸗ lin durchſchlagenden Erfolg. Die Veranſtaltung dürfte auch hier in Mannheim lebhaftes Intereſſe erwecken, da damit auch hier zum erſten Male Gelegenheit gegeben iſt, Kompo⸗ ſitionen für Vierteltonſyſtem zu hören und gleichzeitig dem erſt 1924 konſtruierten Förſter'ſchen Viertelflügel kennen zu lernen. Das Konzert iſt auch Nichtmitgliedern zugänglich. Näheres ſiehe Inſerat. Einzelkarten an der Abendkaſſe. 8 Philharmoniſcher Verein. Der Philharmoniſche Verein beginnt ſeinen Konzertwinter am 26. Oktober mit einem großen Orcheſterkonzert. Es iſt dem Vorſtand geglückt, für dieſen Abend Felix von Weingartner wieder als Dirigenten mit dem Nationaltheaterorcheſter zu verpflichten. Als klaſſiſcher Beethoveninterpret längſt unumſtritten, bringt Weingartner des Meiſters 8. Symphonie zum Vortrag. Werke von Wagner, Berlioz und Liſzt bilden die weitere Vortragsfolge. Die Abnahme der Abonnements durch die Mitgliedex war bisher ſehr ſtark. * Zwei Ausflugsfahrten mit dem Omnibus. Die neu⸗ gegründete Mannheimer Omnibus⸗Verkehrs⸗ Geſellſchaft m. b. H. hat mit ihrem neuen offenen Aus⸗ ſichtswagen bereits einige in die nähere Um⸗ gebung, u. a. mit der Ortsgruppe Mannheim der Badiſchen Heimat, veranſtaltet, die anſcheinend beim Publikum großen Beifall gefunden haben. Für den bevorſtehenden Samstag und Sonntag ſind zwet weitere Fahrten, Samstag nachmittag nach FreinsheimDürtheim und Sonntag nachmittag nach Bensheim-—Lindenfels, vorbereitet.(Siehe Anzeige.) „„Der Sonntag⸗Abend im Nibelungenſaal bringt in Fortführung der populären Sonntagsveranſtaltungen ein ein⸗ maliges Gaſtſpiel der beliebten und ob ihrer be hoch⸗ ſtehenden Leiſtungen mit Recht ſehr angeſehenen Kapelle badiſcher Polizeimuſiker unter Leitung von Obermuſik⸗ meiſter Heiſig, des letzten Muſikdirigenten des früheren Mannheimer Grenadierregiments. ſcheiden Doſtojewskis erfolgte. Schon Jahrelang hatte der Sohn des Dichters ein rechtes Jammerleben geführt. Immer und immer wieder hatte des Schickſals rauhe Fauſt hartherzig in das Daſein eines Geſcheiterten ihn hinausge⸗ ſchleudert aus den Bahnen ſowjetbürgerlicher Wohlanſtändig⸗ keit und geregelter Tätigkeit. Nach der bolſchewiſtiſchen Revolution geriet der ſtellungs⸗ loſe Fedor Doſtojewski raſch in völlige Armut und Bedräng⸗ nis. Willenlos in kriegeriſche Vorgänge hineinverwickelt, hing ſein Leben im Jahre 1918 ſchon einmal an einem ſeidenen Faden. Damals hatte er ſich aufgemacht, um auf der Krim ſeine ſchwerkranke Mutter zu beſuchen. Unterwegs wurde er von einer zügelloſen Schar Rotgardiſten, die juſt den„Weißen“ ein verluſtreiches Treffen gelieſert hatten, angehalten. Sie hielten den einſamen Wanderer für einen Spion der Gegen⸗ revolutionäre. Machten nicht viel Federleſens mit ihm und ſchickten ſich an, ihn zu erſchießen. Erſt als einer der Führer den Namen Doſtojewski hörte, verſchaffte dieſer ihm die Frei⸗ heit. An eine Weiterreiſe konnte der ausgeplünderte und moraliſch niedergedrückte Menſch unter dieſen Umſtänden nicht mehr denken und kehrte deshalb in die Dürftigkeit ſeines armſeligen Daſeins Moskau zurück und verbrachte dort die letzten acht Jahre, die für ihn eine endlos zermürbende Kette von Sorgen und Entbehrungen darſtellten, bis ihn der Tod davon erlbſte. Als am 9. Februar 1881 Doſtotewski, der Vater, ſtarb, trauerte ganz Rußland an der Bahre eines der hedeutendſten Dichter der Welt. Endloſe Prozeſſionen gläubiger Ruſſen wallten damals durch die Straße Petersburgs, um„Väterchen Fiodor Michajlowitſch“ die letzten Ehren zu erweiſen. Sein einziger Sohn aber verkam in Not und Elend. Literatur * Handbuch des guten Tones und der feinen Sitte von K. v. Franken. 59. verbeſſerte Auflage.(Max Heſſes Verlag, Berlin W15). Das Buch iſt geſchmackvoll gebunden und zußerſt billig, Nichts von blutleeren, ſteiſen Förmlichkeiten, überall eht Verfeinerung der äußeren Formen mit innerer Verede⸗ ung, ſtets 39 it mit Herzlichkeit Hand in Hand. Kein faſen kein Stand, keine Lebenslage iſt unberückſichtigt ge⸗ aſſen. * Haus Müller⸗Schlöſſer: Spaß an der Freub'. J. Krick, Verlag, Leipzig, Das Buch enthält eine Anzahl rheiniſcher Schnurren und Schwänke, die die Grillen und Sorgen ver⸗ ſcheuchen. Die Sachen ſind nicht gerade übel, doch iſt es mit⸗ unter ein ſchlechtes Kölſch. 9 Hereitung des Krieges bezeichnete er es, daß Bundesgenoſſen in den Krieg geht— und hier zeigt ſich ſchmückt! als ſolche zu erkennen! 8 8 G* Weittäs⸗nusdabe) — 4Oktober 1 6 in Iwfſten Von Pfarrer D. Köbel⸗Niklashauſen Es war in der Märzoffenſive 1918. Unſere Sanitäts⸗ kompagnie, der ich als Diviſionsfeldgeiſtlicher zugeteilt war, Iag inmitten eines Waldes. Von vorn kamen fortgeſetzt Verwundete und Tote. Dicht gegenüber dem Verbandsplatz, über dem ausgefahrenen Waldweg drüben, wurde ein größerer Platz als Waldfriedhof angelegt Die erſten Toten waren der kühlen Walderde übergeben, als noch abends mehrere Wagen mit Toten zurückkamen. Stumm wurden ſie in ihre Zeltbahnen auf den Boden gelegt. Gräber werden ausgehoben, Kreuze in aller Eile geſchnitzt.„Da liegen ſie“ ſo ſagte einer der mitgekommenen Begleiter. Nichts weiter, aber dieſe kurzen Worte mit einem ſo unſagbar traurigen Ausdruck im Geſicht und Stimme, mit der ſtummen Hand⸗ bewegung, daß es uns allen durchs Herz ſchnitt. Mir iſt dies Wort unvergeßlich geblieben! In den wenigen Tagen un⸗ ſeres Aufenthaltes dort ſahen wir den Friedhof wachſen, zuerſt waren es 2, 3, 5, dann ſchon 10, 20, 50 Gräber, zuletzt waren es hunderte, alle mit ſchlichtem Kreuz und Blumen ge⸗ So wie dieſer Friedhof wuchſen noch viele hun⸗ derte in Oſt und Weſt, viele hab ich geſchaut, alle von treuer Siebe ſinnig und einzigartig angelegt und gepflegt. Wer hätte damals gedacht, daß dieſelben Friedhöfe wenige Jahre nach dem Krieg vielfach ſo jämmerlich verwahrloſt ſein würden? Daß nachher weder fremde Völker trotz vertrag⸗ licher Verpflichtung noch das eigene Volk in dankbarer Liebe dieſe heiligen Stätten pflegen würde? Noch ſcheint dieſe Tat⸗ —— dem größten Teil des Volkes unbekannt zu ſein— enn ſonſt möchte man verzweifeln am deutſchen Volk, das nach ſo kurzer Zeit die Rieſenſchar ſeiner tapferen gefallenen Helden vergeſſen kann! ——— So wars für uns im tiefſten Sinn eine traurige Fahrt, als wir Ende d. J. zu den Gräbern unſerer Brüder keiſten, die einſt in der„Hölle von Ppern“ ihr junges Leben geopfert haben. Wieviel Blut der Helden hat gerade dieſe fruchtbare Landſchaft getrunken! Etwa 300 engliſche und wohl ebenſoviele deutſche Friedhöfe liegen allein im nahen Umkreis um das heiß umſtrittene Ppern, bald bei den Dörfern, meiſt aber weit zerſtreut an Straßen und Feldwegen, rings von Viehweiden und fruchtbaren Kornfeldern umgeben, oft kaum Erinnerungen, nie vergeſſen, aber lange ſchlummernd, wachten in uns auf. Wie weckte der Name Langemark das Gedächtnis an die Scharen hell⸗ begeiſterter Studenten, die mit dem Deutſchlandlied auf den Lippen dem ſicheren Tod entgegenzogen! So waren auch unſere Brüder hinausgezogen auf dieſe ſo blutgetränkten Schlachtfelder, beide in ſicherer Todesahnung und doch keinen Augenblick ins Wanken gekommen, dem heißgeliebten Vater⸗ lande mit der ganzen Kraft, ſeis auch mit der Hingabe des jungen Lebens ſelbſt, zu dienen. Wie ſchnell hatte Gott ihrem Tatendrang ein Ziel geſetzt: nach wenigen Wochen ſchon deckte den einen das kühle Grab! Auf einſamem Feld im winterlichen Flandern fand er ſeine erſte Ruheſtätte. Das Tännlein aus heimatlichen Wäldern, von treuen Mutter⸗ händen fürs erſte Kriegsweihnachten hinausgeſandt, mußte nun ſein Grab ſchmücken. Im Laufe des Krieges dann um⸗ gebettet, ruht er nun auf dem kleinen, ſtillen Friedhof Potte⸗ ghemsgoed bei Paſchendaele. Schon im vorigen Jahr hatten die Eltern bei ihrem Be⸗ ſuch ein feſtes, neues Kreuz ſetzen laſſen und die teure Ruhe⸗ ſtätte mit Blumen bepflanzt. So trafen wir es in gutem Zuſtand, das Kreuz geſchmückt mit dem weithin leuchtenden, am Volkstrauertag niedergelegten weißen Kranz, den der Volksbund für Kriegsgräberfürſorge auf Antrag der An⸗ gehörigen beſorgt hat und den wir da und dort auf den Friedhöfen antrafen. Der Friedhof mit etwa—300 Grä⸗ bern liegt einſam in den Kornfeldern, auf drei Seiten von Haſelnußhecken lieblich umgeben, ſo recht zu ſtiller Einkehr eſchaffen. Kein Laut ſtört die Einſamkeit der Mittags⸗ unden, in denen wir das Grab herrichteten, mit Roſen be⸗⸗ pflanzten, photographierten— nur ein freundliches Land⸗ mädchen von hohem Wuchs, braungebranntem Geſicht, eine kleine blondlockige„Genoveva“ an der Hand, ſchaute ſtill eine Weile den zwei einſamen Friedhofsbeſuchern zu, fragte teil⸗ nehmend nach dem Toten, reichte uns dann auch kühlenden Trunk in ihrem Elternhaus. Sie war erſtaunt, daß wir die weite Reiſe gemacht! Ringsum raunten die Kornfelder in wogender Aehrenpracht ſchon den köſtlichen Traum goldener Ernte— dieſelben Felder, auf denen vor einem Jahrzehnt eine andere, ach ſo blutige Ernte gehalten worden war:„Es iſt ein Schnitter, der heißt Tod.“„Bleib Du im ew'gen Leben, mein guter Kamerad!“ So klang's durch den Sinn, als wir Abſchied nahmen. Schwer legte es ſich aufs Gemüt, daß dieſes 10 ſchön gelegene Plätzlein von der Heimat ſo ganz vergeſſen chien. Wohl ſtanden noch faſt alle Kreuzlein, freilich zum großen Teil ohne lesbare Inſchriften, aber kein Blümlein blühte den Toten. In Reihen von etwa 20 Gräbern ſchlum⸗ mern die Helden nebeneinander, kein Hügel bezeichnet das Grab, alles iſt eingeebnet, nur von Unkraut freigehalten, eine kahle, öde Fläche, Sommer und Winter dasſelbe troſtloſe Bild, nur die einſt geyflanzten Buſchreihen der Umzäunung Fena Von Dr. K. Pieper⸗Charlottenburg uoeber die Urſachen der beiſpielloſen Kataſtrophe, welche das preüßiſche Heer am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auer⸗ ſtädt traf und das Königreich vorübergehend auf das Niveau eines kleinen Vaſallenſtaates herabdrückte, findet ſich unter den nachgelaſſenen Schriften von Gentz' eine ebenſo meiſter⸗ hafte wie wenig bekannte zeitgenöſſiſche Darſtellung. Dieſe Arbeit, die zweifellos zu den beſten politiſchen Schriften von Gentz' gehört, iſt betitelt„Beitrag zur geheimen Geſchichte des Anfangs des Kriegs von 1806“; ſie verdient heute wieder das allgemeine Intereſſe, da ſie mit vorbildlicher Klarheit den Unterſchied der damaligen und der heutigen Demütigung Preußens bezw. Deutſchlands erkennen läßt. Friedrich von Gentz wurde von den Leitern des. preu⸗ ßiſchen Staates in das Hauptquartier berufen— er kam dort am 3. Oktober an—, um ein von dem Kabinettsſekretär Lombard verfaßtes Manifeſt zu revidieren und ins Deutſche zu übertragen, ſowie um einen Artikel über das Verhältnis des ſächſiſchen und heſſiſchen Hoſes zu Preußen zu verfaſſen. Der Hauptzweck ſeiner Berufung war jedoch offenbar, ihm das Verhalten Preußens gegen Napoleon klar zu legen, ihn und ſeine Feder für die preußiſche Sache zu gewinnen und damit in einem für Preußen günſtigen Sinne auf die hinter Gentz ſtehenden Kreiſe Oeſterreichs und Englands einzu⸗ wirken. Gentz ſelbſt faßte ſeine Miſſion ſo auf, daß er mög⸗ lichſte viele authentiſche Nachrichten über die Wandlungen in den politiſchen Anſichten der preußiſchen Staatsleitung zu ſammeln ſuchte. In eingehenden Geſprächen mit dem preußiſchen Mi⸗ niſter des Auswärtigen, dem berüchtigten Grafen Haugwitz, legte Gentz ſeine Anſichten über die Mängel der Stellung Preußens 1806 dar. Als weſentlichſten Fehler in der Vor⸗ Pieußen ohne allerdings eine, wenn auch nicht vollſtändige, ſo doch weit⸗ ehende fatale Aehnlichkeit mit der Lage Deutſchlands 1914. Kreußen war bereits im Kriege mit England und Schweden und konnte weder auf die Unterſtützung Rußlands noch Oeſterreichs rechnen. Der Friede von Baſel, der Allianz⸗ vertrag Preußens mit Napoleon in Paris, die Annahme Krlegergrübern und mitten durch den Friedhof laufend machen den Eindruck etwas verſöhnlicher. Die Eingangsſeite am Feldweg iſt mit verroſtetem Stacheldraht umzäunt, das Eingangstor ein halb zerſtörtes Lattenpförtlein, das man nur gebückt durch⸗ ſchreiten kann.— Immerhin, ein ſo troſtloſes Bild, wie wir es Tags zuvor auf dem einſt ſo herrlich angelegten Waldfriedhof Köl⸗ beug bei Gheluvelt an der großen Straße Ppern—Menin geſchaut, hatte dieſer Friedhof bei Paſchendaele nichts ge⸗ boten! Was wir dort auf dem Koelberg ſahen— möchte es uns erſpart werden, es zu ſchildern! Der Eindruck, der uns von dieſem Anblick von der erſten Minute bis zur letzten, da unſer Blick über ihn ging, wurde, war und blieb der eines brennend heißen, tief ſich ins Herz und Gedächtnis bohrenden Schmerzes einer entſetzlichen, ſo ganz und gar aller Ver⸗ klärung entbehrenden, furchtbaren Wirklichkeit! Wie hatten wir kaum das Verlangen meiſtern können, das Grab des ge⸗ liebten Bruders meiner Frau zu ſuchen, der kaum neunzehn⸗ jährig beim heldenhaften Sturm auf die vielumkämpfte Höhe 60 vor Ppern im Inui 1916 als Leutnant an der Spitze ſeiner Kompagnie mit vielen Offizieren und Soldaten ſeines ſchwähiſchen Regiments gefallen war! Daß der einſt ſo un⸗ vergleichlich ſchön angelegte und wohlgepflegte Waldfriedhof mit ſeinen etwa tauſend auf ihm zu letzten Ruhe gebetteten deutſchen Kriegern 1918 im Granatfeuer verwüſtet worden war, ebenſo, daß er ſich ſeit Jahren in traurigem Zuſtande befinde, wußten wir— daß er aber ein ſolches Bild des Grauens, der troſtlos nüchternen Wüſtenei bieten würde, uns auch in der kühnſten Phantaſie nicht aus⸗ geda Nach kurzer Fahrt mit der Kleinbahn bis Gheluvelt waren wir in der heißen Mittagsſonne auf der harten Straße Ppern zu gewandert, ſchon meinend, der Friedhof ſei über⸗ haupt nimmer vorhanden, als plötzlich links das Auge an einem hohen Holzkreuz hängen blieb.„Das iſt er,“ durch⸗ zuckte es uns. Schnell waren wir dort, durchkriechen raſch den davor befindlichen, nur durch einen Feldweg getrennten, Iſtätte von etwa dre ihundert, meiſt Offizteren des Landwehr⸗ Infanterie⸗Regiments 132, wie ein noch erhaltener hoher Gedenkſtein mit vielen Namen bewies, und ſtanden dann vor dem Kölbergfriedhof. Friedhof? Einſt wohl— aber jetzt Den Eingang zu dem ſich weithin dehnenden, von Stachel⸗ draht umzäunten Totenacker bildet ein armſeliges Latten⸗ türlein, einzig gekennzeichnet durch eine halb umgefallene kleine Tafel mit der— engliſchen(1) Inſchrift: Koelberg foreſt. German military cemetery(Wald Kölberg, deutſcher Dornen! Wir treten ein: vor uns liegt ein rieſiges, grell von der Sonne beſchienenes, ödes Ackerfeld, ohne Weg und Steg, da⸗ zwiſchen vereinzelte Heckenroſenbüſche und hohe Stauden. Kann das ein Friedohf ſein? Kein Kreuz. Keines— von einſt 10001! Gräber? Endlich, bei genauerem Zuſehen, ent⸗ deckten wir eine Anzahl kahler Grabhügel, bei ganz ein⸗ gehendem Nachforſchen ſogar bei einzelnen einen noch im Boden ſteckenden, ganz geringen, abgefaulten Reſt eines einſtigen Kreuzes, ſo auch bei dem Grab unſeres Toten! Sogar auf einen Friedhofwärter ſtießen wir, der weit oben mit Entfernung des Unkrautes beſchäftigt war. Ein Glück für uns, daß wir einen genauen Plan des Geſamtfriedhofes mit der Lage aller einzelnen Gräber bei uns hatten mit Angabe der Maße. Ein weiteres Glück— wir prieſen es als eine gütige Fügung Gottes— daß gerade in der Um⸗ gebung, wo das Grab des teuren Toten liegen mußte, meh⸗ cere Hügel— natürlich ohne Kreuze— erhalten waren! So war es uns durch Abmeſſen innerhalb kurzer Zeit fieber⸗ haften Meſſens und Abzählens der Grabhügel gelungen, das geſuchte Grab ganz genau feſtzuſtellen. Erſchöpft, weniger von dieſer Art des Suchens, als dem traurigen Zwang, ſo erſt das Grab wie ein Neuland entdecken zu müſſen, hielten wir inne. Der inzwiſchen herbeigekommene Wärter, als Flame weder des Franzöſiſchen noch des Deutſchen kundig, hatte nach vielen Verſtändigungsverſuchen mit Hilfe der Zeichenſprache begriffen, daß wir ein Kreuz ſetzen und Blu⸗ men pflanzen wollten und wies uns an ein Mädchen der ganz naheliegenden Häuſer, das im Krieg nach Südfrankreich gebracht, fließend franzöſiſch ſprach und ſofort ſehr freundlich und dienſtbereit alles Nötige vermittelte. Als wir andern Tages wiederkehrten, ſtand bereits Kreuz und Grabeinfaſſung. Der raſch herbeigerufene Maler des Dorfes, der nach ſeinen Ausſagen im Krieg viele deutſche faſt ebenſo verwahrloſten Friedhof„Nachtigall“, die Ruhe⸗ Kriegerkreuze gemalt, gab dem neuen weißen Kreuz eine ————————————————————————————————————— Die Rettungsmannschaft der Sanitätskolonne vom Roten Kreuz Mannheim-Neckarau Die Rettungsmannſchaft wurde 1923 von dem Kolonnen⸗ arzt Dr. Sauer gegründet, der von dem Gedanken ausging, daß es auch in Baden nötig ſei, bei der ungeheueren Ausdeh⸗ nung der Strandbäder, den Unglücksfällen, die durch Er⸗ trinken herbeigeführt werden, durch Gründung von ſolchen Abteilungen wirkſam entgegenzutreten. Die Ausbildung der Mannſchaften wird im Herſchelbad unter Leitung von Schwimmeiſtern vorgenommen. Dieſer Sport erfordert wie jeder andere eine durchgehende Ausbildung und ſtellt an den auswärtigen Politik Preußens geweſen, durch die es ſich auf das ſchwerſte mit England und Oeſterreich veruneinigt hatte, und die Verſuche, im Sommer und Herbſt 1806 das Einver⸗ ſtändnis mit Oeſterreich wenigſtens wiederherzuſtellen, waren zu ſpät unternommen worden, um den diplomatiſchen Unter⸗ bau des Krieges zu verbeſſern.— Eine weſentliche Rolle ſpielt in Gentz' Ausführungen ferner die Kritik der führenden Perſönlichkeiten Preußens, beſonders der Diplomaten. Gentz kommt hier zu vernichten⸗ den Reſultaten— und auch hier laſſen ſich die verhängnis⸗ vollſten Aehnlichkeiten zu der höchſt unzulänglichen deutſchen Vorkriegsdiplomatie ahnen. Es waren hauptſächlich drei Perſonen, welche in der preußiſchen Diplomatie jener Zeit eine ebenſo einflußreiche als verhängnisvolle Rolle ſpielten: Graf Haugwitz, der Miniſter des Auswärtigen, Marcheſe Luccheſini, preußiſcher Botſchafter in Paris ſeit 1802 und der Kabinettsrat Lombard. Alle hatten die unheilvolle Politik immerwährenden Nachgebens und wohlwollender Neutralität gegenüber Frankreich vertreten. Mit ungewöhnlicher pſycho⸗ logiſcher Meiſterſchaft werden dieſe drei Hauptgeſtalten um⸗ riſſen: am ungünſtigſten kommt Haugwitz weg, deſſen beiſpiel⸗ loſe Unfähigkeit Gentz einmal zu der biſſigen Bemerkung ver⸗ anlaßt, der Graf wiſſe kaum, wo er den Oſten auf einer Land⸗ karte zu ſuchen habe. Im ganzen wird Haugwitz als ein Mann geſchildert„mit höchſt beſchränkten Geiſteskräften., deſſen zahlloſe beklagenswerte Fehler weniger ihren Urſprung in böſen Willen, als vielmehr in dem Umſtande fanden, daß er fortwährend unfähig war, etwas Beſſeres zu tun.“ Luccheſinis Hauptſchuld beſtand nach Gentz nicht in man⸗ gelhaften Anlagen, ſondern in ſeiner ſklaviſchen Abhängigkeit von ſeiner Frau, welche um alles in der Welt Paris nicht verlaſſen mochte und ihren Mann zwang, ſeine Botſchafter⸗ berichte wieder beſſeres Wiſſen ſo abzufaſſen, daß ein Bruch Preußens mit Frankreich immer wieder hintangehalten wurde. Lombard endlich, ein ſchwerkranker Mann, erſcheint Haugwitz gegenüber immerhin als eine weitblickende Perſön⸗ lichkeit, die das kommende Unheil vorausſieht.— Auch die militäriſchen Führer Preußens erſcheinen in einem wenig günſtigen Licht. Wirkliche militäriſche Einſicht findet Gentz nur bei den füngeren Offizieren und bei einigen einflußloſen Mitgliedern der Generalität, z, B. bei dem Ge⸗ neral— ſpäter Feldmarſchall— Graf Kalckreuth. Als Haupt⸗ fehler bezeichnete es Gentz, daß Graf Haugwitz und der Hannovers aus Napoleons Hand waren Grundfehler der Höchſtkommandierende, Herzog Karl von Braunſchweig, von Einzelnen große Anforderungen an Körper— und Geiſtes⸗ gegenwart. Um als Rettungsſchwimmer zugelaſſen zu werden, muß G der Einzelne einer Ausbildung und Prüfung nach den Grundſätzen der Deutſchen Lebensrettungsgeſellſchaft un⸗ terziehen. In Mannheim ſelbſt ſei an die Mittelſchulen die Bitte gerichtet, ſich dem Roten Kreuz anzuſchließen und durch 150 in die Lebensrettungsabteilung dieſes ideale Werk zu fördern. der Notwendigkeit der Offenſive überzeugt waren, während der gegebene Augenblick für eine ſolche längſt vorüber war. Auch rügte Kalckreuth insbeſondere, daß ſich im Heere ein ge⸗ heimer Verfall der Diſziplin ausgebreitet habe.— Dem un⸗ günſtigen Urteil, welches Kalckreuth über den Herzog von Braunſchweig fällte(„mittelmäßig, unentſchloſſen, treulos, ſcheinheilig, eitel, eiferſüchtig“) ſchließt ſich Gentz, dem der Herzog eine längere Audienz gewährte, vollkommen an:„In ſeiner Haltung, ſeinen Blicken, Bewegungen und Sprache lag etwas durchaus Unbefriedigendes, Machtloſes, Unheilver⸗ kündendes... Als die Rede auf eigentliche Kriegsgegen⸗ ſtände kam, ſprach er hierüber wie ein Mann, der keine ge⸗ naue Kenntnis von der Sache beſitzt und der nur nach dem Privilegium ſtrebt, ſeine Anſicht über das Benehmen anderer kund zu tun“ Ganz zurück tritt in Gentz' Darſtellung der König, wäh⸗ rend helles Licht auf die Königin Luiſe fällt, deren Klugheit und Feingefühl in gleicher Weiſe gelobt werden. Gentz be⸗ wunderte ebenſo die Genauigkeit ihrer Kenntniſſe aller politi⸗ ſchen Vorgänge wie er ſich durch ihr Mitgefühl für das Schick⸗ ſal des Hauſes Habsburg wohltuend berührt fühlte:„Würde, Beſcheidenheit und Klugheit“ ſind die Worte, in denen er ſein Urteil über die Königin zuſammenfaßt.— Mit der Unzulänglichkeit der militäriſchen Führung— die mit der militäriſchen Führung des Weltkrieges auf deut⸗ ſcher Seite keinesfalls verglichen werden kann— hing es wohl zuſammen, daß man im preußiſchen Hauptquartier erſtens keinen klaren Plan hatte, ſondern zwiſchen Offenſiv⸗ und Defenſivabſichten ſchwächlich hin und her ſchwankte, und daß man ſich zweitens über die Vormarſchabſichten der Franzoſen falſchen Annahmen hingab. Man nahm allgemein an, daß ſie über Plauen und Zwickau nach Dresden vorrücken wollten, und niemand hielt es für wahrſcheinlch, daß ſie zwiſchen Saale und Elſter hindurch nach Naumburg ziehen und ſo den(inken Flügel des preußiſchen Heeres umgehen würden, wie es tat⸗ ſächlich geſchah. Aus ſolchen Unzulänglichkeiten in der diplomatiſchen Vor⸗ ſich dann das furchtbare Unheil, das Preußen niederwarf und das Gentz in Dresden, wohin er ſich vom Hauptquartier un⸗ mittelbar vor der Schlacht begeben hatte, erfuhr. Er ſchließt ſeine hervorxagende Darſtellung dieſes für Preußen ſo unver⸗ gleichlichen Geſchichtsabſchnittes mit dem Bemerken, daß ihm in beſem Willen, als vielmehr in dem Umſtande fanden, daß ewig zugeſchlagen ſchienen. Soldatenfriedhof). Ringsum ein wüſtes Gewirr abgehauener bereitung und militäriſchen Führung des Krieges entwickelte — Donnerskag, den 14. Oktober 1926 Reue Mannzeimer Zeitung(Mittag⸗Ansgabe) 5. Seite. Nr. 475 ſchlichte Inſchrift. Wir pflanzten Roſen, die einzigen Blu⸗ men, die der grellen Sonnenhitze noch ſtandhielten, und blie⸗ ben dann den ganzen Nachmittag da, machten auch eine Reihe von Aufnahmen. Zuletzt begingen wir noch einmal den ganzen Friedhof gründlich, ſtellten etwa doch noch—300 Hügel feſt, fanden auch irgendwo am Boden liegend eine einzige erhaltene Grabplatte mit der gut lesbaren Inſchrift eines elſäſſiſchen— Zufall oder Abſicht?— Soldaten. Wir fuchten auch den Nachtigallfriedhof, auf dem wenig⸗ ſtens noch ca. 20 kleine Grabſteine mit lesbaren Namen an Einzelgräbern von Offizieren und ein neu errichtetes Holz⸗ kreuz mit dem weißen Kranz des Volksbundes zu finden waren, vergeblich— da wir keinen Plan des Friedhofs hatten— nach zwei Gräbern von Bekannten ab. Dankbar gegen Gott, das geſuchte Grab, gefunden zu haben, und doch voll innerſter Erſchütterung verließen wir dies Stück Erde, das doch uns ſo heilig iſt und ſoviel reiche zerſtörte Lebenshoffnungen in ſich birgt. Wie mit eiſernem Griffel eingegraben, bleibt dies Bild unauslöſchlich in un⸗ ſerer Seele! So, deutſches Volk, ſieht die Ruheſtätte derer aus, die oft nach Jahren tapfer getragener unſagbarer Ent⸗ behrungen und unzähliger Kämpfe ihr Herzblut für dich ließen! Wir ſchämten uns aufrichtig für unſer Volk und ſein Anſehen im Ausland, daß ſeine„Heldenfriedhöfe“ in ſolch beklagenswertem, einer Nation durchaus unwürdigen Zu⸗ ſtand ſich noch acht Jahre nach dem Krieg befinden! Wie er⸗ bärmlich nehmen ſich dieſe„Armenfriedhöfe“, wie jemand treffend die früheren„Ehrenfriedhöfe“ nannte, aus in einem Land, das faſt alle Spuren des fürchterlichen Krieges, wie wir ſelbſt an dem auch von uns aufgeſuchten berühmten, wie kaum eine andere Kampfſtätte bei Ppern, heißumſtrittenen Kem⸗ melberge wahrnehmen konnten, ausgetilgt, überall blühende Fluren, überall völlig neu aufgebaute Dörfer mit herrlichen Kirchen geſchaffen hatte! Erſt recht aber ſchämen müſſen wir uns für unſer Volk, wenn wir die oft dicht neben den deutſchen liegenden engli⸗ ſchen Friedhöfe ſahen! Als wir am Abend eines glühend⸗ heißen Tages durch eine langgeſtreckte, ganz mit„eeubauten umrahmte Straße Mperns dem alten Liller Tor mit ſeinen Wällen und Wallgraben zuſchritten, winkte neben den auf dem Wall aufgeſtellten Geſchützen ein wundervoller engli⸗ ſcher Friedhof zum ſtillen Beſuch. Weithin leuchtend ein rieſiges Steinkreuz mit nach unten geſenkten ehernen Schwert in der Mitte, ſtatt der Wege kurzgeſchorene grüne Raſen, auf denen der Fuß lautlos wie auf einem Samtteppich dahinſchreitet, entlang an den edelgehauen ovalen Grab⸗ ſteinen mit Wappen des Regiments, Namen des Gefallenen und oft einem Bibelwort, Stein an Stein, alle gleich, ob für einen General oder einen ſchlichten Soldaten. Selbſt die Gräber der unbekannten Soldaten bezeichnete ein Stein mit der ſinnigen Inſchrift:„Unbekannter Soldat, Gott kennt ihn“, die einzelnen Gräber in fortlaufender Reihe alle etwas in den Boden eingelaſſen, alle mit herrlchen Roſen, Nelken in allen Farben und Blattpflanzen geſchmückt! Hier ſpürte man, waltet innige Liebe, treues Gedenken der gefallenen Helden, eine Liebe, die nicht fremde Wärter, ſondern überall eigene Landsleute mit der Friedhofspflege betraut. So wie dieſer ſind alle engliſchen Friedhöfe, alle mit ſtarker Stein⸗ mauer umwehrt. Wahrhaft herrliche, königliche, heilige Stätten dankbarer Totenehrung! Sage keiner, es fehle uns heute am Geldl Auch das ge⸗ waltige England iſt lange nicht mehr ſo reich, hat faſt eben⸗ ſoviele Arbeitsloſe als wir! Wir müſſen jetzt jährlich etwa 1200 Millionen für Erwersloſenfürſorge ausgeben— mit —10 Millionen könnte man bei dem jetzt ſo niedrigen Stand der ausländiſchen Währung hunderte von Friedhöfen, aber⸗ tauſende von Einzelgräbern in einen würdigen Zuſtand ver⸗ ſetzen! Gäbe jeder Deutſche nur ein Scherflein dem rührigen Volksbund für Kriegsgräberfürſorge, würden alle Ange⸗ hörigen, Gefallener, alle Gemeinden und nationalen Vereine deſſen Mitglieder— wahrlich es brauchten nimmer Jahre zu vergehen, bis dieſe Schmach deutſchen Namens beſeitigt wäre! Wir brauchen nicht zu fürchten, daß wir vonſeiten der einheimiſchen Bevölkerung irgend welche Schwierigkeiten begegnen würden. Wo unſere früheren Feinde Ernſt und Pietät gegen Tote ſpüren, da haben ſie nur Achtung und viel⸗ fach weiteſtes Entgegenkommen und größtes Verſtändnis. Wir haben auf unſerer ganzen Reiſe von keiner Seite auch nur ein einziges unfreundliches Wort zu hören bekommen oder unfreundliche Behandlung erfahren, ſelbſt in Ppern nicht, wo doch der Haß angeſichts der furchtbaren Zerſtörung begreiflicherweiſe beſonders groß war. Gewiß: wir durften bei Poelkapelle auch etwas ſchöner hergerichtete deutſche Friedhöfe, ja ſogar einen kleinen, wie man uns ſagte, auf Koſten deutſcher Angehöriger, von Belgiern reizend mit Zypreſſen und Anlagen verſehenen kleinen Friedhof an der Straße nach Weſtrooſebeke ſchauen, den wir photographierten — aber es ſind heute noch leider die Ausnahmen! Darum, deutſches Volk, hilf dem Volksbund für Kriegsgräberfür ſorge, der ein ſo gewaltiges Ar⸗ beitsfeld in Oſt und Weſt bei ungezählten Friedhöfen hat, dieſe Stätten erhalten oder wiederherrichten, damit ſeine ſchon jetzt vielfach reichgeſegnete und mit Erfolg gekrönte Arbeit gedeihe und unſern Helden für alle Zeiten eine wür⸗ dige, wenn auch ſchlichte Ruheſtätte bereitet werde. Damit wird nicht nur dem Wachſen deutſchen Anſehens im Ausland gedient, ſondern auch der ſittliche Aufſtieg im eigenen Volk in wirkungsvoller Weiſe gefördert. Aus dem Lande Das hundertjährige Jubiläum der Freiburger Sparkaſſe *Freiburg, 12. Okt. Zur Feier des hundertjährigen Be⸗ ſtehens der Freiburger ſtädtiſchen Sparkaſſe fand am Samstag vormittag im Kornhausſaal ein Feſtakt ſtatt, bei dem der Vorſitzende des Verwaltungsrates, Oberbürgermeiſter Dr. Bender, einen Ueberblick über die Entwicklung des Inſti⸗ tutes gab. Als der eigentliche Gründer ſei der Weltprieſter Heinrich Sautier zu bezeichnen, der im Jahre 1803 anregte, zjeden kleinen Sparpfennig der hieſigen Dienſtboten beider Geſchlechter in Verwahrung zu nehmen und landesgewöhnlich zu verzinſen.“ Dieſer Sparpfennig bildete den Grundſtock der im Jahre 1826 gegründeten öffentlichen Sparkaſſe. Im Jahre 1914 betrug das Einlagekapital 46 Millionen Mark. Im Auguſt 1926 beliefen ſich die Spareinlagen auf 6,5 Millionen Mark. Oberregierungsrat Pfiſterer⸗ Karlsruhe überbrachte die Grüße des badiſchen Staatsminiſteriums, Geheimrat Mül⸗ ler die des Reichsbankpräſidenten Schacht und Bürgermei⸗ ſter Ritter⸗Mannheim die des Landesverbandes der Spar⸗ kaſſen Badens. WHeidelsheim bei Bruchſal, 12. Okt. Der Landwirt Marx Metzger wurde in ſeiner Scheune erhängt aufgefunden. * Raſtatt, 12. Oktbr Der Verwaltungsrat der hieſigen Städtiſchen Sparkaſſe hat in ſeiner letzten Sitzung be⸗ ſchloſſen, ähnlich wie in Hockenheim ſämtlichen über 60 Jahre alten bedürftigen Einlegern und Kriegsbeſchädigten unter den für Gewährung von Vorzugsrenten auf Kriegs⸗ anleihebeſitz beſtimmten Vorausſetzungen bis zu 200 Mark im Einzelfall die Aufwertungsbeträge auf An⸗ trag ſchon jetzt auszuzahlen. * Boxberg, 12. Okt. Dieſer Tage wurde ein älterer hie⸗ ſiger Handwerksmeiſter in der Dunkelheit von zwei Lehrjun⸗ gen, die zu zweit ein Rad benutzten, und überdies ohne Licht fuhren, überfahren und zu Boden geworfen, wobei er ſich eine Rippenquetſchung zuzog Schadenfener in Germersheim * Germersheim, 13. Okt. Heute früh brannte der der Reichsverwaltung gehörige Schuppen 210 hinter dem Kirchhof, der während des Kriegs als Reſervelazarett verwandt wurde, vollſtändig nieder. Der Gebäudeſchaden be⸗ läuft ſich auf ungefähr 8000 Mark. In dem Schuppen waren verſchiedene landwirtſchaftliche Geräte untergebracht, die im Nu ein Raub der Flammen waren. Leider waren die Land⸗ wirte nicht durch Verſicherung gedeckt. Es iſt zum mindeſten fahrläſſige Brandſtiftung anzunehmen. da man ſah, wie mehrere Handwerksburſchen. die die Nacht über in dem Heu kampierten, in höchſter Eile ihre Schlafſtätte verließen. Wie wir erfahren, wurden inzwiſchen Verhaftungen vorge⸗ nommen. Neues aus aller Welt Betrugsaffäre am Toto WParis, 12. Okt.(Von unſerem Pariſer Vertreter.) Am letzten Sonntag gelang es der Polizei während des Pferde⸗ rennens in Longchamps eine große Betrugsaffäre am Totali⸗ ſator aufzudecken. Schon ſeit längerer Zeit hatte man den Eindruck, daß unter den Angeſtellten des Totaliſators Un⸗ regelmäßigteiten vorkämen. Ein beſonderer Ueberwachungs⸗ dienſt wurde organiſiert, der ſchließlich zur Ueberführung von 6 Schuldigen führte. Einem Polizeikommiſſär fiel am Sonntag eine große Aufregung auf, die ſich der Angeſtellten eines Büros bemächtigte, ſobald ein gewiſſes Pferd das Ziel paſſiert hatte. Er bemerkte, wie ſie heimlich ein ganzes Paket Tickets mit der Nummer des Pferdes verſteckten. Die An⸗ geſtellten wurden ſofort verhaftet und geſtanden nach einem kurzen Verhör die Unterſchlagungen ein. Es handelt ſich um Perſonen, die ſich bisher überall allgemeiner Achtung erfreu⸗ ten. Der eine der Verhafteten verſieht einen hohen Poſten beim Lebensmittelhandel, ein anderer iſt ſogar Ritter der Ehrenlegion. Die Unterſuchung iſt im Gange. Man iſt be⸗ müht, die Höhe der veruntreuten Gelder feſtzuſtellen. Eiſenbahnunglück bei Paris — Paris, 12. Okt. Ein ſchweres Eiſenbahnunglück hat ſich heute in der Nähe des Pariſer Bahnhofs der Lyon⸗Mittelmeer⸗ Bahn zugetragen. Bei der Einfahrt des von Mailand kom⸗ menden Expreß zerbrach wenige hundert Meter vor dem Bahnhof die Vorderachſe der Lokomotive und dieſe ſtürzte nach der Seite eines auf dem Nebengleiſe einfahrenden Vorort⸗ zuges aus den Schienen. Unter den Trümmern zog man einen Toten und 25 zum Teil ſchwer Verletzte hervor. Der Unfall wird darauf zurückgeführt, daß der Expreßzug, der beim Paſſieren der in den letzten Tagen durch ſchwere Unwet⸗ ter ſtark mitgenommenen Simplon⸗Strecke eine bedeutende Verſpätung erlitten hatte, dieſe durch erhöhte Fahrgeſchwindig⸗ keit wieder eingebracht hatte. Infolge des übermäßigen Tem⸗ pos hatte ſich nämlich die Achſe der Lokomotive heißgelaufen, ohne daß dies von dem Führer bemerkt worden wäre. DSSSSSZZZ——————————————————————— Waſſerſtandsbeobachtungen im Monat Oktober nöein-Pegel J 7,[.J5, J14.&ĩ. i4 Recar-Pegelſ 7.[5. 12 18,i14, Larrkrnfe 0,580,540,57— 0,s80,58[Mannbeim 620 96..9101, 9. 11.1 Kebl...J6(.75/1.741. 74(1,76/1.76/Sagſtfels.520,.470,420,520·61( Raxan...358,8343343,290.31,8,28.,700,410.840.0 Mannheim.981.921,931,811.931.92 Caub.26..241,19,1.141. 18.10 Köln....810•790.780.700.710.79 — 0 0 6 N K0 Das Vaſchen mit SuMA iſt ſo einfach: Loſen bin ick abends nicht mehr mũde und verdroſſen his Früher lagelanges Mühen am Vaſchbrett zum Schaden der Geſundheit ſowie der Wäſche; im ganzen Hauſe ein Durcicinander vom Morgen zum Abend Wie anders doch heute mit SumNa, Schon NMittags iſt die Vaſcharbeit beendet und dic Prächiige Vãſohce hangt an der Leine, während Hausmütterchen das NMittageſſen richiet und ſich freul, den Nackmittag für ſich und dic Hinder gewonnen zu kaben. Se in warmem Vaſſer SUMA zu einer kräſtig ſchdumenden Lauge auf. Hochen Sic darin 15 Ninuten. Leichtes Durchwaſchen und mehrfadics Sülen bilden den Schluſſ. Vollſachken und Far- biges werden herrlich, wenn- ohinc zu kochen- in UMa gewaſchen. SMA ͤ ſchont dic Väſoic wic kein anderes Waſchmittel. Es enthält alles, was zur vollkom- —— ——— 0 1 menen Väſchereinigung nötig iſt aber keinerlei hleichende Chemikalien oder ſchädliche Beſtand- Preis 50 Pyg. feile. — S Beb,, dic rieιe Art Seiſe Ger“Sunlicht“. Marumheirm l. — enee,— 2 2 Verlangen Sie kosfenlose Zusendung unseres SoMA-Weschbuches. 0. Seite. Nr. 478 Neue Nanuheimer Seitung(Mittag⸗Ausgabe) 890 Donnerstag, den 14. Oktober 1928 Weitere Beſſerung der pfälziſchen Wirtſchaftslage Die allgemeine Wirtſchaftslage der Pſalz weiſt vermehrte Anzeichen einer leichten Beſſerung auf. Auch der Auftrags⸗ eingang hat etwas zugenommen. Die Auftragsbeſtände ſind jedoch für einen gleichmäßigen Beſchäftigungsgrad immer noch ungenügend, ſo daß Betriebseinſchränkungen noch bei E6 allen Induſtriezweigen anzutreffen ſind. Die Kohlen⸗ verſorgung, die bisher gut war, droht jetzt durch den engliſchen Bergarbeiterſtreik und geringere Zufuhr infolge des niedrigen Waſſerſtandes und der verſtärkten Ausfuhr⸗ ſperre für Saarkohlen ſchlechter zu werden. Die Geſamt⸗ zahl der Erwerbsloſen geht langſam aber ſtetig zurück. Sie hat ſich auf 35 414 vermindert. Die Zahl der Hauptunterſtützungsempfänger verringerte ſich von 32 199 auf 28 569, die der Zuſchlagsempfänger von 37 276 auf 35 432, ſo daß jetzt noch insgeſamt 64001 Perſonen der öffentlichen „Erwerbsloſenfürſorge in der Pfalz zur Laſt fallen. Während die Hartſteinin duſtrie eine kleine Belebung zu ver⸗ zeichnen hat, und während die Schwierigkeiten bei den 8 Diamantſchleifereien teilweiſe behoben ſind, hat der Geſchäftsgang der Ziegelinduſtrie keine Beſſerung erfahren. Auch bei der Steingutfabrikation ſind die Abſatzverhältniſſe noch recht ſchwierig, da die Aufträge nur ſchleppend eingehen. Die Beſſerung bei den Eiſen⸗ gießereien und Maſchinenfabriken hat zwar an⸗ gehalten, aber keine nennenswerten Fortſchritte gemacht. Bei der Pumpen⸗ und Armaturenfabrikation und in der Nähmaſchinenin duſtrie macht ſich eine Belebung bemerkbar. Bei der Papierin duſtrie zeigt ſich ver⸗ mehrter Abſatz, die Lage der Holzin duſtrie iſt jedoch nach wie vor ungünſtig. Verſchiedene Sägewerke mußten wzen Mangel an Aufträgen und Geld weitere Betriebs⸗ einſchränkungen vornehmen, zumal auch der Abſatz nach wie vor ſtockt. Die leichte Beſſerung in der Tabak⸗ un d —** hält an. Die Lage der Schuh⸗ induſtrie hat ſich noch mehr gebeſſert; nur den meiſten Schuhfabriken im Bezirk Zweibrücken iſt es wegen Geld⸗ mangel nicht möglich, die Fabrikation aufzunehmen. In der Textilinduſtrie iſt die Beſchäftigungsmöglichkeit beſſer geworden. Die Lage der chemiſchen Induſtrie iſt all⸗ gemein befriedigend. Beim Kleingewerbe und beim Hand⸗ werk macht ſich eine geringe Belebung bemerkbar. Die Binnenſchiffahrtskredite vor dem Abſchluß Die Kreditaktion für das Binnenſchiffahrtsgewerbe ſteht, wie gemeldet wird, nunmehr unmittelbar vor dem Abſchluß, nachdem eine grundſätzliche Einigung, ſchon vor kurzem er⸗ zielt worden iſt. In der demnächſt in Breslau ſtattfindenden Sitzung des Oderwaſſerſtraßenbeirates wird das endgültige Abkommen, das mit der Regierung getroffen worden iſt, vor⸗ gelegt, genehmigt und alsbald kurz darauf unterseichnet werden. Eine weſentliche Beſtimmung des Vertrages, der gegenüber dem ſeinerzeit vorgelegten Entwurf noch Aende⸗ rungen verſchiedener Art vorſieht, liegt darin, daß nicht mehr als drei Schiffe einem einzigen Eigner beliehen werden ſollen. Vor allem werden bei der Beleihung wertſteigernde Umbauten von Schiffen berückſichtigt werden, dagegen wird gauf den Bau neuer Kähne, durch die der Schiffsraum pvergrößert wird, weniger Wert gelegt werden. Die „Schiffshypothekenbanken, denen die Vergebung der Darlehen Hobliegt, werden dieſe nur an reichsdeutſche Schiffseigentümer geben. Der Zinsfuß bürfte höchſtens 6 v. H. betragen, wozu noch eine Abſchlußproviſion bis 4 v. H. tritt. Früheſtens vom 1. April 1927 ab wird das Reich bereit ſein, Schiffs⸗ Hpfandbrieſe zum Parikurſe zu kaufen. Die Pfandbriefe ſind mit Zinsſcheinen auf 10 Jahre und mit Erneuerungsſcheinen. ausgeſtattet und werden börſenmäßig geſtückelt werden. Die Schiffshypothekenbanken haben für eine gleichmäßige Berück⸗ ſichtigung der verſchiedenen Gruppen des Binnenſchiffahrts⸗ gewerbes, beſonders für angemeſſene Verſorgung der Parti⸗ kularſchiffer mit Krediten, Sorge zu tragen. eim letzter Zeit ————— Beim Reichsverkehrsminiſterium gehen in 5 lreiche Anträge auf Berückſichtigung bei der Kredithilſe für die Binnenſchiffahrt ein. Es wird darauf 6 hingewieſen, daß ſölche Anträge unmittelbar an die drei Hdeutſchen Schiffshypothekenbanken, nämlich: die Deutſche „Schiffspfandbriefbank, Berlin, Dorotheenſtr. 19, die Deutſche 0 Schiffs⸗Kreditbank, Duisburg, Düſſeldorferſtr. 16 und die Dieutſche Schiffsbeleihungsbank, Hamburg, Neß 9, zu richten ſind. Verhandlungen des Miniſteriums mit einzelnen Schiffs⸗ eignern kommen nicht in Betracht. —— 5 zlt Erhöhte Dividende bei der Commerz⸗ und Privat⸗ Bank. In der AR.⸗Sitzung des Inſtitutes wurde berichtet, daß der Geſchäftsgang in allen Teilen ein erfreuliches Fort⸗ ſchreiten aufweiſt, ſo daß vorausſichtlich für das laufende GJ. auf ein erhöhtes Erträgnis für die Aktio⸗ Ferner wurde mitgeteilt, näre gerechnet werden kann. daß Direktor Pilſter auf ſeinen Wunſch nach 28 jähriger, verdienſtvoller Tätigkeit als Vorſtandsmitglied am 31. Dez. aus dem Vorſtand ausſcheiden werde. Sein bewährter Rat und ſeine reichen Erfahrungen werden der C. u. P. durch ſeinen Eintritt in den AR. erhalten bleiben. 9:: Wieder Betriebsaufnahme bei der Schnellpreſſenfabrik 0 Ac. in Heidelberg. Die dem Kahn⸗Konzern ange⸗ bhörende Schnellpreſſenfabrik, die ſeit längerer Zeit mit ſtark eeingeſchränktem Betrieb gearbeitet hatte, nahm geſtern den Betrieb wieder voll auf. Sie wird mit etwa 300 „Arbeitern verſuchen, vorläufig ohne Kurzarbeit durchzu⸗ kommen, während in den letzten Wochen nur noch 60 bis 70 Mann beſchäftigt waren. Der Auftragseingang hat ſich in letzter Zeit wieder etwas gebeſſert. 26: Neckarſulmer Fahrzengwerke AG. in Neckarſulm. „Die Werke beabſichtigen, den Groß⸗Serienban der Wagen, in denen gerade in letzter Zeit die NSu.⸗Werke große Erfolge gehabt haben, weiter auszubauen und nach Möglichkeit das Heilbronner Werk, das im Rohbau fertig iſt, baldigſt in Betrieb zu nehmen. ei⸗ Die Zuſammenſchlußpläne in der Uhreninduſtrie. Zu 63 den Zuſammenſchlußbeſtrebungen in der Uhreninduſtrie wird bekannt, daß es ſich neben der Firma Gebr. Junghaus Ac. 69 in Schramberg noch um die Firmen Hamburg⸗Amerikaniſche Uhrenfabriken AG., in Schramberg, Kienzle Uhrenfabriken Ac. in Schwenningen, Friedrich Mauthe, G. m. b.., in „Schwenningen, Müller⸗Schlenker AG. in Schwenningen han⸗ delt. Außer dieſen Schwarzwälder Firmen, bei denen etwa 79 v. H. der deutſchen Uhrenproduktion liegen, kommt für den geplanten Zuſammenſchluß aus der ſchleſiſchen Uhreninduſtrie noch die Fa. Vereinigte Freiburger Uhrenfabriken AGG., inkl. vorm. Guſtav Becker in Freiburg i. Schl., in Betracht. 21 6 v. H. Dividende beim Eiſen⸗ und Stahlwerk Hoeſch Köln⸗Neneſſener Bergwerksverein? Heute findet die AR.⸗ 4 Sitzung dieſer durch Jntereſſengemeinſchaft verbundenen Unternehmen ſtatt, in der die Abſchlüſſe für 1925/26 vor⸗ gelegt werden. Aus gut unterrichteten Kreiſen verlautet, daß die Verwaltungen der beiden Geſellſchaften die Vertei⸗ 4 lung einer Dividende von Hbringen werden. höchſtens 6 9 v. H. i Vorſchlag W. Neue Mannheimer Seitung⸗ Handelsblatt ꝛ0: Wiederaufnahme der Dividendenzahlung bei der Mannesmann⸗Röhrenwerke AG. in Düſſeldorf. Die Ver⸗ waltung wird für das GJ. 1925/6 die Ausſchüttung einer Dividende in Höhe von 6(0) v. H. beantragen. ꝛ: Verluſtabſchluß der Stahl⸗ und Eiſenwerke Krone AG. Der Abſchluß für 1925 weiſt nach 28 812/ Abſchreibungen einen Verluſt von 227 620 auf, um den ſich der Verluſt⸗ vortrag auf 312 455/ erhöht. In der Vermögensaufſtellung werden die Vorräte mit 60 000(89 379)/ und die Außen⸗ ſtände mit 128 714(44081) aufgeführt, dagegen betragen die Bankſchulden 269 227(46 071)/ und die ſonſtigen Schul⸗ den 101.882(32 514) 4. Das AK. von 470 000% dürfte zum größten Teil als verloren angeſehen werden. Hauptaktio⸗ närin iſt die Rheiniſche Haudels⸗Gm..H. in Düſſeldorf. Die Grundſtücke, die mit 149 000/ aufgeführt ſind und die Be⸗ teiligungen ſollen bekanntlich verkauft werden. ꝛ: R. Wolf AG., Magdeburg⸗Buckau. Die Gerüchte, die 3 der Kursſteigerung der letzten Tage beigetragen haben, ſind nach Magdeburger Meldungen unzutreffend. Die Lage der R. Wolf AG. ſei keineswegs ungünſtiger als die der übrigen deutſchen Maſchineninduſtrie. Allerdings habe ſich die Arbeitsteilung mit der Heinrich Lanz AG. bewährt; auch durch weitere Rationaliſierung und Reorganiſationsmaßnah⸗ men hoffe man günſtiger zu arbeiten. 41 Thür. Elektrizitäts⸗ und Gaswerke, AG. in Apolda. Der AR. ſetzte die zu verteilende Dividende auf 7(6) v. H. feſt. : Nenerliche Kapitalzuſammenlegung bei der Fahrzeug⸗ fabrik Ansbach AG.(Faunwerke). Eine auf 25. Okt. ein⸗ berufene ao. HV. ſoll nunmehr über eine weitere Kapital⸗ zuſammenlegung auf ungefähr die Hälfte beſchließen. Be⸗ kanntlich beträgt das AK. nach der am 15. Sept. beſchloſſenen Zuſammenlegung 752 500 /. Ferner ſteht auf der TO. noch Bericht und Beſchlußfaſſung über den mit den Gläubigern abgeſchloſſenen Vergleich und Neuwahl des AR. § Aus dem Proſpekt der Hapag. In dem Proſpekt über die Einführung der 21 Mill./ neuer Aktien an der Ham⸗ burger Börſe heißt es, daß mit der Zahlung eines mäßigen Gewinnanteils für 1926 gerechnet werden könne, wenn das Geſchäft weiter einen normalen Verlauf nehme. Bisher ſeien die Ergebniſſe günſtiger als im Vorjahre, und zwar in der Hauptſache infolge lebhaften Paſſagiergeſchäfts, während die Frachtraten nach wie vor in keinem richtigen Verhältnis zu den Betriebskoſten ſtänden. Im Abſchluß auf 30. Juni 1926 ſteht die Flotte einſchließlich Anzahlungen auf Neubauten mit 103,91 Mill. zu Buch gegenüber 91,95 Mill./ am 31. Dez. 1925. Die Erhöhung erklärt ſich in erſter Linie aus den Anzahlungen auf die Neubauten. Außerdem ſind 6,65 Mill./ für Schiffskäufe aufgewendet worden. Durch die New Yorker Anleihe erhöhen ſich die Obligationsſchulden um 27,3 Mill.. Von den Vorkriegsſchuldverſchreibungen ſind 33 Mill./ zurückerworben worden. Gläubiger zeigen eine Abnahme von 17,20(20,03) Mill.%, und zwar in der Hauptſache durch Rückzahlung der New Vorker Bankkredite. Der Schiffspark umfaßt einſchl. der demnächſt fertig werdenden zwei Neubauten insgeſamt 529 610 Br. R. T. Aus der Trausaktion mit Harriman iſt auf den drei übernom⸗ menen Dampfern ein hypothekariſch ſichergeſtelltes Reſtkauf⸗ geld von 4 Mill. Dollar, zahlbar in 10 Jahresraten, ein⸗ getragen. 18: Verluſtabſchluß der Bautzner Tuchfabrik AG. in Bautzen. Das abgelaufene GJ. der Geſellſchaft ſchließt mit einem Verluſt von 420 349/ ab, der ſich um die Abſchrei⸗ bungen in Höhe von 56 568/ erhöht. Zur teilweiſen Deckung dieſes Verluſtes und des Verluſtvortrages aus dem ver⸗ gangenen Jahre in Höhe von 36 703/ ſoll der Reſervefonds in Höhe von 175 200/ herangezogen werden, während der Reſt vorgetragen werden ſoll. s1 6 b. H. Dividende der Neu⸗Guinea⸗Compagnie. Aus dem ausgewieſenen Reingewinn von 44213/ ſoll nach dem Vorſchlag des Verwaltungsrats zur Ausſchüttung einer Dividende von 6 v. H. auf das dividendenberechtigte AK. von 440 000%/ 26 400% verwandt werden, während der Reſt beträgt 590 000&, von denen jedoch 180 000/ zur Vermei⸗ dung teurer Bankkredite erſt aufgrund eines HB.⸗Beſchluſſes vom Juni dieſes Jahres ausgegeben wurden und noch nicht an der Dividende teilnehmen können. :: Schneider⸗Creuzot erwirbt die Premier Petroſeum in Polen. Die bekannte franzöſiſche Firma Schneider⸗Creuzot hat laut„Telegraaf“ die Majorität der Premier Petroleum⸗ Geſellſchaft erworben, wodurch ſie die Kontrolle über den Premier⸗Konzern erhält. Die Petroleum⸗Produktion des Premier⸗Konzereus beträgt etwa 1500 Waggons im Monat. )(,Kapitalerhöhungen in der franzöſiſchen Automobil⸗ induſtrie. Die HV. der Automobiles et Cycles Peugeot er⸗ mächtigte den Verwaltungsrat zur Ausgabe lauf ein oder mehrere Male zu beliebigen Zeitpunkten und Abſchnitten) von Bons oder Obligationen bis zum Nominalbetrag von 60 Mill. Fr.— Die ao. HV. der Société Nouvelle pour Antomobile(Amilcar) beſchloß eine Kapitalerhöhung von 11 bis 20 Mill. Fr. durch die Ausgabe von Aktien& und B im Verhältnis 1 Aktie& zu 9 Aktien B. Die Modalitäten der Operation wurden der Verwaltung anvertraut. 2J: Kapitalzuſammenſegung bei Armſtrong, Whitworth n. Co. In der City erhält ſich das Gerücht, daß die Firma Armſtrong Whitworth u. Co. die Abſicht hat, in großem Aus⸗ maße eine Kapitalzuſammenlegung vorzunehmen. Die Stä. ſtehen zur Zeit auf 5,3 Sh. Auf das Stammkapital von 5512 300 Lſt. wurden ſeit 1925 keine Dividenden mehr gezahlt. 22 Nachlaſſen der Inſolvenzen. In der Zeit vom 4. bis 9. Okt. wurden 103 neue Konkurſe eröffnet und 24 neue Geſchäftsaufſichten gegen 117 Konkurſen und 47 Geſchäftsaufſichten in der Woche vom 27. Sept. bis 2. Okt. Es zeigt ſich alſo wieder ein Nachlaſſen der Inſolvenzen, namentlich der Geſchäftsaufſichten, die bereits ſoweit zurück⸗ gegangen ſind, daß täglich nur noch 4 Fälle feſtzuſtellen ſind. Bei den Konkurſen iſt die bisher niedͤrigſte Wochenziffer noch nicht wieder erreicht worden, obwohl gegenüber der Vorwoche die arbeitstägliche Ziffer wieder von 19 auf 17 abgenommen hat. Im ganzen ſanken die Inſolvenzen von 164 in der Vorwoche auf 127 in der erſten Oktoberwoche. Auch die Zahl der aufgehobenen Geſchäftsaufſichten hat ſich weiter vermin⸗ dert, und zwar von 94 in der Vorwoche auf 79, während die Zahl der Fälle, in denen das Konkursverfahren mangels Maſſe eingeſtellt werden mußte, ſich nur wenig, von 32 auf 31 in der erſten Oktoberwoche veränderte. § Produktionsrückgang der ſchweizeriſchen Uhreninduſtrie um beinahe 25 v. H. im dritten Quartal 1926. Nach einer Mitteilung des ſchweizeriſchen Statiſchen Bureaus ſind im dritten Quartal 1926 279 724 gegen 332 800 i. V. goldene, 289 067(557 585) ſilberne und 1557(2662) Platin⸗Uhrengehäuſe abgeſtempelten goldenen, ſilbernen und Platinſchmuckſtücke betrug 230 212(234 232). ⸗o⸗ Verſchlechterung des engliſchen Außenhandels. Der engliſche Außenhandel hat ſich auch im September wieder verſchlechtert. Die Einfuhr betrug 101724 341 oder 3790 53 Pfund mehr als in der gleichen Zeit des Vorjahres. Die Ausfuhr belief ſich auf 50 689 003 oder 10 054 865 Pfund weni⸗ ger als im September 1926. Im September wurden für 7748 516 Piund ausländiſche Kohlen eingeführt, von 17813“ vorgetragen werden ſoll. das geſamte Kapital d mit dem Kontrollſtempel verſehen worden. Die Anzahl der⸗ Die Verteilung der Probuktion in der internationalen Rohſtahlgemeinſchaft Für die Feſtlegung der Beteiligungsziffern innerhalb der ſoeben abgeſchloſſenen internationalen Rohſtahlgemein⸗ ſchaft ſind bekanntlich grundſätzlich die Produkttonszahlen des erſten Vierteljahres 1926 mit gewiſſen Abweichungen zu⸗ grunde gelegt worden. Die geſamte Jahresproduktion in den beteiligten Wirtſchaftsgebieten iſt auf 27 528 000 To. feſt⸗ gelegt worden, von dieſer Geſamtſumme ſollen entfallen auf Deutſchland rund 43,2% auf das Saargebiet 8 5,8% 31,2 900 55 Frankrei E auf Belgien„ 11½%% auf Luxemburg 8 8,1%8 Dieſe Verteilung wird durch den rechten Teil des Schau⸗ bildes wiedergegeben. 2⁰ Frankreich Frankreich ELLI Verteilung der Rohstahlerzeugung 2 auf Deutschland. Frankreich, 2 Belgien und Lunemburs 8 24260000 t. n ◻ 1926 Nach den Produktionszahlen des erſten Vierteljahres 1926 würde ſich für die beteiligten Wirtſchaftsgebiete eine Jahresſumme von 24 260 000 To. ergeben, die Mindererzeu⸗ gung iſt hauptſächlich durch die gedrückte Lage der deutſchen Stahlinduſtrie bedingt. Die Verteilung auf die an der neuen Rohſtahlgemeinſchaft beteiligten Wirtſchaftsgebiete zeigt der mittlere Teil des Schaubildes. 3 Ganz anders ſah die Verteilung der Roheiſenproduktion vor dem Kriege aus. Der linke Teil des Schaubildes, der die Verhältniſſe des Jahres 1913 darſtellt, zeigt, daß das deutſche Wirtſchaftsgebiet, zu dem damals außer dem Saargebiet auch noch Elſaß⸗Lothringen gehörte, mit 67,5 v. H. an der Pro⸗ duktion der in Betracht kommenden Länder beteiligt war, während die franzöſiſche und noch mehr die luxemburgiſche Produktion bedeutend zurücktritt. Die Neuordnung der Produktionsverteilung in der neuen Rohſtahlgemeinſchaft hat, wie der Vergleich der drei Schaubildteile zeigt, die Verhältniſſe für die deutſche Stahl⸗ induſtrie ſehr ungünſtig geſtaltet. Beſonders günſtig ſchneidet Belgien ab, das auf dem Zugeſtändnis einer vergrößerten Produktionsquote bekanntlich mit erfolgreicher Hartnäckigkeit beſtanden hat. Sp. ——.—— Deviſenmarkt Weitere Befeſtigung der norwegiſchen Krone Am internationalen Deviſenmarkt, der geſtern ſehr leb⸗ haft war, ſtand weiterhin die Aufwürtsbewegung er norwegiſchen Krone im Mittelpunkt des Inter⸗ eſſes. London—Oslo konnte ſich an der Börſe auf 20,70 be⸗ feſtigen und ſchließlich nachbörslich mit 20,95. Man führt die Bewegung auf größere Deyiſenangebote in Norwegen zurück, denen gegenüber die Regierung nicht mehr am bisherigen Kronenkurs feſthalten will, da eine weitere Aufwärtsbewe⸗ gung der norwegiſchen Krone jetzt ungefährlicher iſt. Die italieniſche Währung hingegen war neuerdings ſchwächer. London—Mailand bis 123 abgeſchwächt, ob⸗ gleich weitere Meldungen aus Italien vorliegen, daß die italieniſche Staatsbank eine Stabiliſierung der Lira auf 120 gegen London beabſichtigen ſoll. An dieſen Plänen iſt vorausſichtlich nicht zu zweifeln, da ſie in der Richtung der von Muſſolini bisher bekanntgegebenen Finanz⸗ und Valutapolitik liegen. Später erholte ſich die Lira auf 120,50 And ſchließt nachbörslich mit 121,50 gegen London. London gegen Paris lag ſchwächer bis 171, nachbörslich 170,75. Aehn⸗ lich war die Bewegung London—Brüſſel, 175,50—174,50. Die Pläne einer Stabiliſierung des belgiſchen Franken, der be⸗ kanntlich eine Anleihe von 75 Mill. Dollar und ein Kredit der belgiſchen Nationalbank von 25 Mill. Doll. nach Brüſſeler Meldungen dienen ſoll, haben geſtern eine Abſchwächung nicht verhindern können. Von franzöſiſcher Seite wird erklärt, daß die franzöſiſche Regierung eine ähnliche Maßnahme wie die belgiſche zur Stabiliſierung ihrer Währung im Augenblick nicht beabſichtige. Das engliſche Pfund und der Dollar waren ſo gut wie unver. Im einzelnen notieren heute vormittag: 18 14 1. M, 1 Lond.⸗Stockh. 18,1“ Lond.-Madrid82,60 Mailand-Paris 8 140.45 13.96 14.05 .85.2 4,85,2 Maild.⸗Schwz.] 21,55 20,7“ Holland-Schw. 207.—207.— 249,65250.— 1213 E Brüſſel⸗Paris London⸗Paris169.—170.77 Lond.-Brüſſel 174.5,174. Fond.⸗Maild. 120,—12150 Kabel Holland Kabel Schweizſ617,50517,50 Lond.-Holland Kond.⸗Schweiz 15,11/ 25.31] London-Oslo. 71,15/ 20.98J Holland-Paris Paris-Schweiz 14.95 14.70 Lond.-Sopenb. 18.25 18,251 Kabel London In.⸗Mk. laſſen ſich folgende Kurſe ſeſtſtelle 20,38] 20,88 Prag. 12,44 12,4% Nadrid 12,05 11,KSslo..96,2597,90J Argentinien 9 81.15/ 81,26] Kopenhagen.111,60111,85 Japan. 202.80203.10 17.10 16,65] Stockbelm.. 112,30/112.30] New⸗Dort.. 4,20,0 4, 20,0 168,05166,101 Brüſſel.. 11.70 11,65 5 Sonden Paris Zürich Mailand Holland Schiffahrt Schiffsverkehr in den Mannheimer Häfen In der Zeit vom.—9. Okt. 1926 ſind angekommen: talwärts 1 beladener Dampfer mit 2 To., 4 leere Schlepp⸗ kähne und 28 beladene mit 4373 To., bergwärts 20 beladene Dampfer mit 2032 To,, 3 leere Schleppkähne und 119 be⸗ ladene mit 48 380 To. Abgefahren ſind: talwärts 1 leerer Dampfer und 20 beladene mit 1187 To., 53 leere Schleppkähne und 32 beladene mit 13 633 To., bergwärts 1 beladener Dampfer mit 63 To., 18 leere Schleppkähne und 15 beladene mit 3856 To.— Auf dem Neckar ſind talwärts angekommen: 6 beladene Schleppkähne mit 312 To. Frachtenmarkt in Duisburg⸗Ruhrort vom 13. Oktobe Bei weiterhin regem Geſchäft blieben die Tagesmieten für Bergtransporte und die Frachten für Talreiſen unver⸗ ändert, während er für Taltransporte etwas zurückging. Es wurden zuletzt bezahlt 25 Pfg. pro Tonne für größere beladene Kähne. (Donnerstag, den 14. Oktober 1926 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) 7. Seite. Nr. 475 Ein Prozeß wegen Gattenmords Ein Sanitätsrat unter Moroverdacht Die Zeugenvernehmungen im Prozeß Böhme §Dresden, 12. Okt. Zu Beginn des heutigen Verhand⸗ lungstages gibt der Vorſitzende eine Erklärung ab, daß an das Ohr des Gerichtes die wüſteſten Gerüchte gelangt ſind, die am Samstag zum Ausſchluß der Oeffentlichkeit geführt haben ſollen. Der Verteidiger beſtätigt, daß auch an ihn der⸗ artige Gerüchte gekommen ſind. So ſoll der Angeklagte, Sa⸗ nitätsrat Dr. Böhme, ein ganz gefährlicher Kommuniſt ſein, der alle möglichen finſteren Umſturzpläne betrieben habe. Der Vorſitzende gibt zur Beſchwichtigung der Oeffentlichkeit bekannt, daß von all dem keine Rede ſei, und daß es ſich in der nichtöffentlichen Sitzung lediglich um eine einzelne Hand⸗ lung des Angeklagten im Felde gehandelt habe. 0 Der Zeuge Kunſtmaler und Galerieinſpektor Anders 5 der vor ſechzehn Jahren im Hauſe Böhmes verkehrt hat, wird über die Verhältniſſe in deſſen zweiter Ehe befragt. Er ent⸗ wirft zunächſt in einer ſehr ausführlichen Schilderung ein ſympathiſches Bild von Böhme, der aber ſeine Frau mitunter ſehr ironiſch und abweiſend behandelt hat. Böhme habe dann einmal dem Zeugen gegenüber die Vermutung ausgeſprochen, daß ſeine Frau geiſtig nichtnormal ſei. Vor allem habe es ihn gekränkt, daß ſie hinter ſeinem Rücken ihren Vater zu einem Teſtament veranlaßt habe, durch das er völlig aus⸗ geſchloſſen worden ſei. Auf Veranlaſſung Böhmes hat der Zeuge einmal mit deſſen Ehefrau hierüber Rückſprache genom⸗ men und dabei den Eindruck gewonnen, daß die Frau unter vermutlicher Untreue ihres Mannes leide. Sämtliche Dienſtmädchen aus dem Hauſe des Sanitätsrats marſchie⸗ ren auf. Der Staatsanwalt braucht Indizien, da der Boden, auf dem die Anklage ruht, immer lockerer wird. Was aber all dieſe Erzählungen der Zeugen mit der Frage zu tun haben, ob Böhme ſeine Frau ermordet hat, bleibt unklar. Die Ver⸗ nehmung der vielen Dienſtmädchen, die im Dresdener Schwur⸗ gerichtsſaal jetzt eine ſo wichtige Rolle ſpielen, bringt nichts Wichtiges zutage. Sehr wenis freundlich ſagt über den Angeklagten die Zeu⸗ gin Pöſchel aus, die Schwägerin jenes Landrock, des Bru⸗ ders der erſchoſſenen Frau, der gegen Böhme den Prozeß auf Erbunwürdigkeit angeſtrengt und ſpäter den Fall in die Sen⸗ ſationspreſſe gebracht hat. Sie berichtet, daß die verſtorbene Frau ihr erzählt habe, Böhme behandle ſie ſchlecht. Während der Vernehmung dieſer Zeugin paſſiert ein Zwiſchenfall. Das Publikum drängt ſich abermals in die Beweisaufnahme hinein. Der Staatsanwalt erhebt ſich und erklärt, daß ihm ſoeben eine anonyme Zuſchrift zugegangen ſei, in der gegen Böhme neue Verdachtsmomente ausgeſprochen werden. Der Vorſitzende richtet an das Publikum die ſtrenge Mahnung, derartige Ver⸗ ſuche, die den Gang des Verfahrens doch nicht beeinfluſſen könnten, endlich zu unterlaſſen. Das Gericht wiſſe allein, was es zu tun habe. Es folgt die Vernehmung der Zeugin He⸗ ber, der Wirtſchafterin Dr. Böhmes. Gegen ſie liegt eine Unmenge von Angaben von Ortsbewohnern vor, daß ſie mit Dr. Böhme ein Verhältnis gehabt habe. Die Zeugin ſtellt das unter Eid in Abrede und gibt ſodann von Dr. Böhme, ſeiner zweiten und dritten Ehefrau ſowie von ſeinem ganzen Haus⸗ halt ein ſehr günſtiges Bild. Die Ausſagen der Zeugin, die in ruhigem, vornehmem Tone von denen der übrigen Zeu⸗ gen vorteilhaft abſtechen, machen den Eindruck großer Zuver⸗ läſſigkeit. Wie die Zeugin ihre knappe, klare Darſtellung er⸗ zählt und mit Tatſachen belegt, iſt die dritte Ehefrau Dr. Böh⸗ mes von ihren eigenen Angehörigen— Bruder, Schwägerin uſw.— ſehr bedrängt und immer um Geld angegangen wor⸗ den. Schluß der Beweisaufnahme In der Nachmittagsverhandlung legte der Vorſitzende dem Angeklagten die Frage vor, ob er ſich imt Hypnoſe oder mit hypnotiſchen Verſuchen beſchäftigt habe. Dr. Böhme erklärte, daß er ſich rein wiſſenſchaftlich mit dieſem Problem auseinandergeſetzt habe, ohne praktiſche Verſuche zu machen. Staatsanwalt Hartmann ſtellte dann unter allge⸗ meiner Bewegung feſt, daß Dr. Böhme in ſeiner Gefängnis⸗ zelle ſich auf Papier eine Gewehratrappe gemacht habe, mit der er„Stolperübungen“ vorgenommen habe. Dr. Böhme gibt das nach anfänglichem Ausweichen zu und meint, daß er ſolche Uebungen tatſächlich gemacht habe, um dem Ver⸗ teidiger die damalige Sitiation recht anſchaulich zu machen. — Das Gericht bemühte ſich dann, noch einen ſtarken Wider⸗ ſpruch zu klären. Die Zeugin Frau Pöniſch beſtreitet, daß nach dem Unfall eine Oeſe aus dem Jagdſtiefel Dr. Böhmes herausgeriſſen war. Der Förſter Winter dagegen erinnert ſich genau, daß der Schuh beſchädigt war. Schließlich be⸗ hauptete Dr. Böhme, er habe die herausgeriſſene Oeſe an demſelben Tage mit einer Zange wieder am Leder befeſtigt. Böhme freigeſprochen Nachdem bereits der Staatsanwalt in ſeinem Plaidoyer auf die Formulierung eines beſtimmten Strafantrags gegen den des Gattenmordes angeklagten Sanitätsrat Böhme ver⸗ zichtet hatte, verkündete geſtern nachmittag gegen 4 Uhr der Vorſitzende des Gerichtshofes, Landgerichtsdirektor Curt, nach faſt vierſtündiger Beratung unter allgemeiner Span⸗ nung folgendes Urteil: Das Verfahren wird ein⸗ geſtellt. Die Koſten fallen der Staatskaſſe zur Laſt. In ſeinem Schlußwort hatte Sanitätsrat Dr. Böhme im Anſchluß an das Plaidoyer des Staatsanwaltes erklärt, daß er ſich unſchuldig fühle und daß er das Opfer einer Kette ungünſtiger Ereigniſſe geworden ſei. In der Begründung des Urteils gegen den Sanitätsrat Dr. Böhme heißt es u..: Es iſt er⸗ wieſen, daß Frau Böhme am 22. September 1916 bei einem Jagdausflug durch einen Schuß aus der Büchſe ihres Gatten getötet wurde. Nach eingehender Beratung erſcheint es dem nicht zweifelhaft, daß viele Umſtände für eine Mord⸗ anklage geſprochen haben und noch ſprechen. Dem Ange⸗ klagten war die Tat an ſich voll zuzutrauen. Dr. Böhme be⸗ fand ſich 1916 in einer finanziellen Lage, daß ihm voll zuge⸗ traut werden kann, den Tod ſeiner Frau, deren Allein⸗ erbe er durch das Teſtament war, verurſacht zu haben. Zum mindeſten iſt ihm das Ableben ſeiner Gattin nicht uner⸗ wünſcht gekommen. Das Gericht hat alle Punkte der Erb⸗ ſchaft erwogen, aber auf der anderen Seite konnte doch der lückenloſe Indizienbeweis, der für die Verurteilung notwen⸗ dig iſt, nicht erbracht werden. Die Vorſätzlichkeit der Tötung konnte das Gericht dem Angeklagten alſo nicht nachweiſen. Allerdings iſt das Gericht der Anſicht, daß der Angeklagte ſich eine Fahrläſſigkeit gröbſter Art dadurch hat zu⸗ ſchulden kommen laſſen, daß er ſeine Frau in der Schußlinie ſeines Gewehres gehen ließ. Es liegt zweifellos fahrläſſige Tötung vor, aber eine Verurteilung war auch hier nicht möglich, da bereits Verjährung der Tat eingetreten war. Dashalb mußte das Verfahren gegen den Angeſchul⸗ digten Dr. Böhme eingeſtellt und die Koſten der Staats⸗ kaſſe auferlegt werden. Gerichtszeitung Bankier Purrmann 1 vor dem Großen Schöffengericht Mannheim Ein Prozeß von drei Tagen— Bankgeſchäfte unſauberſter Art Vor dem Großen Schöffengericht Mannheim begann am heutigen Donnerstag, vormittag 9 Uhr die mindeſtens drei Tage dauernde Verhandlung gegen den 49 Jahre alten Bankier Paul Albert Purrmann von Reppen bei Frank⸗ furt a. d. Oder und deſſen 40 Jahre alte Ehefrau Alwine, wegen Konkursvergehen, wegen Vergehen gegen ver⸗ ſchiedene Beſtimmungen des Bürgerlichen Geſetzbuches, gegen das Börſengeſetz, wegen Hehlerei, Betrug, Untreue, Unter⸗ ſchlagung, Verſtrickungsbruch. Purrmann, früher Rechtskon⸗ ſulent in Freiburg, gründete, als ihm die Ausübung dieſes Be⸗ rufes unterſagt wurde, ein kleines Bankgeſchäft in Ettlingen und kam nach Mannheim, wo er beim Wohn ungsamt Beſchäftigung fand. 1920 gründete er hier ein Bank⸗ geſchäft, ebenſo eine Filiale in Heidelberg. Das Ett⸗ linger Bankgeſchäft wurde in kleinem Umfange weitergeführt. Es handelte ſich um eine der berüchtigten Inflationsgründun⸗ gen. Purrmann will ein Betriebskapital von einer Viertel Million Papiermark gehabt haben. Sein Einkommen beſtand im weſentlichen aus Liegenſchaften⸗ und Grundſtücksgeſchäften. Mit der zunehmenden Inflation griff er zu allen möglichen Geſchäften unſauberſter Art. Ein gewaltiger Stoß von Akten und die Ladung von 38 Zeugen und zwei Sach⸗ verſtändigen laſſen ſchon den rieſigen Umfang der Ver⸗ fehlungen des Angeklagten erkennen. Seine Frau iſt nur in minderem Grade an denſelben beteiligt. Gebr. Himmelsbach A. G. contra„Holzmarkt“ Wie noch erinnerlich ſein dürfte, war die Holzgroßhand⸗ lung Gebr. Himmelsbach A. G. in Freiburg ſeinerzeit vom Verleger des„Holzmarkt“, Fernbach, wegen der ſogen. Coupes Supplémentaires⸗Verträge heftig angegriffen worden. Vom„Holzmarkt“ war auch zuerſt die Forderung eines Boy⸗ kotts gegen die Firma erhoben worden. In der gegen Fern⸗ bach von der Firma Himmelsbach angeſtrengten Zivilklage auf Unterlaſſung, Widerruf und Schadenserſatz hat nunmehr das Landgericht 1 in Berlin das Urteil gefällt, nach dem der Schadenerſatz dem Grunde nach zuerkannt wird. Außer⸗ dem wurde Fernbach verurteilt, zu widerrufen, daß die kla⸗ gende Firma bei Abſchluß und Ausführung der Verträge über die Coupes ſupplémentaires vaterlandsfeindlich und aus Pro⸗ fitgier gehandelt, daß ſie heimlich ohne irgendwelchen Zwang und unter Verletzung deutſcher Intereſſen mit dem Landes⸗ feind paktiert habe, daß ſie den deutſchen Wald aus Eigennutz verwüſtet, Waldſchlächterei betrieben und den Abſchluß der Verträge der Regierung verheimlicht habe. Außerdem wurde Fernbach unterſagt, dieſe Behauptung weiter aufzuſtellen. Das Urteil iſt in ſechzehn deutſchen Zeitungen auf Koſten des Beklagten zu veröffentlichen. Die Firma Himmelsbach führt den gleichen Prozeß gegen den Herausgeber des Holzhandels⸗ blattes München, Geh. Rat Endres beim Landgericht Frei⸗ burg, in dem Ende dieſes Monats Verhandlungstermin an⸗ ſteht. Ferner läuft noch eine weitere Klage der 8 gegen Fernbach auf Schadenerſatz in Höhe von 600 000 RM. Herausgeber, Drucker und Verleger: Druckerei Dr. Haas, Neue Mannheimer Zeitung G. m. b.., Mannheim, E 6, 2 Direktion: Ferdinand Heyme. 1 Chefredakteur: Kurt Fiſcher.— Verantwortliche Redakteure: Für Politik: Hans Alfred Meißner.— Feuilleton: Dr. S. Kayſer. Kommunalpolitik und Lokales: Richard Schönfelder.— Sport und Neues aus aller Welt: Willy Müller.— Handelsteil: Kurt Ehmer. Gericht und alles Uebrige: Franz Kircher.— Anzeigen: Dr. W. E. Stötzner. Amtliche Bekanntmachungen Handelsregister. Lälltus-kuusdäule Maurein Anna Stern an ihrem 67. Geburtstage, versehen Lutherstr. 5a Uhr statt. 2 Todes-Anzeige. Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, unsere liebe, Großmutter und Schwester, Frau ihrem schweren, mit Geduld ertragenem Leiden zu erlösen. Adam Stern Frau Barb. Etzel Wwe. nebst Kindern Familie Adam Dennhard„ Worms, Konstanz, Mannheim, 12. Okt. 1926 Die Beerdigung findet Freitag, den 15. Oktober, nachmittags gute Mutter, Wwe. geb. Dennhard mit den hl. Sterbesakramenten von In tiefem Schmerz: Julius Dennhard„ 299 Tieferschüttert 80⁵0 Statt jeder besonderen Anzeige. 8 machen wir Freunden und Bekannten die traurige Mitteilung, daß meine liebe Gattin, unsere treubesorgte Mutter, Schwiegermutter, Schwester, Großmutter und Tante Frau Elise Lehmann ccn. ges heute morgen im Alter von 68 Jahren, nach langem, mit großer Geduld ertragenem Leiden, sanft entschlafen ist.— Sie starb für uns zu früh! Im Namen der trauernden Hinterbliebenen: „Christian Lehmann. Mannheim-Feudenheim, Mannheim, Regensburg, den 13. Okt. 26. Die Beerdigung findet Freitag, den 15. Oktober, 2 Uhr, von der hiesigen Leichenhalle des nachmittags Hauptfriedhofes aus statt. re Vermnählung bechren sich Mzuzeigen*264 Otto Wohlfarfh Hilde Wohlfarth geb. Hönerbach Mannheim Kirchenstr. 5 1026. Kirchenstr. 5 14. Oklober —ĩ——ͤ— Auntl. Veröfkentächungen der Staat Mannneim Morgen früh auf der Freibank Kuhfleisch Anfang⸗Nummer 1400. 38 Das auf Martini d. Js. pachtfrei werdende kirchenärariſche Grundſtück Lagb. Nr. 7777 der Gemarkung Mannheim⸗Käfertal mit 1751 Ar 98 Quadratmeter Acker auf die Bittern 41. Gewann wird 7900 Samstag, den 16. Oktober d. Is. vormittags 9 Uhr im Gaſthaus„zum Pflug“ in Käfertal in 48 Loſen auf weitere 9 Jahre öffentlich verpachtet. Nähere Auskunft durch Güter⸗ aufſeher Wiſſenbach in Käfertal. Evang. Kollektur Mannheim. Anerkannt raschen und Sicheren Erfolg erztelen Sie durch Auf- gabe lhrer Anzeigen in der Houen Mannheimer Teitung. In das Handelsregiſter wurde eingetragen: Am 12. Oktober 1926: a) zu folgenden Firmen: 152/159 1. Fritz⸗Schuh⸗Vertriebs⸗Aktiengeſellſchaft in Liquidation, Mannheim. Die Firma iſt erloſchen. 2.„Motogen“ Petroleum⸗Geſellſchaft mit beſchränkter Haftung Zweigniederlaſſung Mannheim, Mannheim. Die Prokura des Saul Goldberg iſt erloſchen. 3. Meichszner& Co. mit beſchränkter Haf⸗ tung, Mannheim. Der Geſellſchaftsvertrag iſt durch Geſellſchafterbeſchluß vom 5. Ok⸗ tober 1926 durch einen Zuſatz zu§ 77(Beſtel⸗ lung von Prokuriſten) und§ 8a(Aufſichts⸗ rat) abgeändert. Am 13. Oktober 1926: 4. Remigius Schmid& Co., Mannheim. Die Firma iſt erloſchen. 5. Rupp& Co., Mannheim⸗Sandhofen. Die Firma iſt erloſchen, 6. Kaiſer& Co., Bankgeſchäft, Mannheim. Die Prokura des Friedrich Eheſcheid und des Georg Hofmann iſt erloſchen. Die Geſell⸗ ſchaft iſt aufgeleöſt und das Geſchäft mit Ak⸗ tiven und Paſſiven und ſamt der Firma auf den Geſellſchafter Bankbeamten Emanuel Kaiſer in Mannheim als alleiniger Inhaber übergegangen, der es unter der bisherigen Firma weiterführt. 7. Gebr. Röchling Bank, Mannheim. Die Prokura des Ernſt Kniebes iſt erloſchen. 8. Ludwig Leiner, Mannheim. Kaufmann Manfred Springer in Schwetzingen iſt in das Geſchäft als perſönlich haftender Geſellſchaf⸗ ter eingetreten. Die offene Handelsgeſell⸗ ſchaft hat am 20. September 1926 begonnen. b) folgende Firma: 9. Wilhelm Maas, Mannheim. Inhaber iſt Wilhelm Maas, Kaufmann, Mannheim. 10. Paul Seitz, Mannheim. Inhaber iſt Michael Paul Seitz, Kaufmann, Mannheim. Mannheim, den 13. Oktober 1926. Amtsgericht F. G. 4. annheimer Futtersdiutz e. v. 1. Rat und Auskunft an ſchwangere Frauen und iunge Mütter. die ſich in wirtſchaft⸗ licher und ſeeliſcher Not befinden.(Reichs⸗ wochenhilfe, Unterkunft vor. zur und nach der Entbindung Vaterſchaftsanerkennunas⸗ fragen uſw.) S197 Pflegeſtellen und Adoptionsweſen(Vermitt⸗ luna von auten nachgeprüften Pflegeſtellen und Zuweiſuna von Pflegekindern). Tägliche Sprechſtunden von—5 Uhr nachm. R 5, 1(Alt. Krankenh. III, Zimmer 122a). 8. Ehe. und Sernalberatungsſtelle unter Auf⸗ ſicht d. Geſellſchaft der Aerzte. Sprechſt. jed. Freitag, v. 746—½7 Uhr, R 5, 1, Zimmer 2. 2. UOnterricht Maihemalik-Unterricht jeglicher Art, ſowie Unterricht in ſämtlichen Naturwiſſenſchaften, Vorbereitung auf Abi⸗ tur, Oberſekunda⸗Reiſe und verſchied. andere Haupt⸗ u. Ergänzungsprüfungen durch aka⸗ dem. gebild. Mathematiker u. 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Nr. 47 Aational-Theater Mannheim.] GSERe, FapOILO Donnerstag, den 14. Oktober 1926 Telefon 32867 Vorstellung Nr. 40, Miete D, Nr. 7 Im Zeichen eines Neu einstudiert: Romeo und Julia Trauerspiel in 5 Akten von William Shakespeare, 8 8 Unwiderrufiieh rbertas men, datet wo, Br. Gara Krus. peispieliosenEriolges: h 16. Oktober, täglict 8 Urr nur noch heutel Büũhnenbilder von Heinz Grete Millionen Anfang.30 Uhr. Ende 10.30 Uhr. 4— Personen: 2W Ose Escalus, Fürst von Verona Wilhelm Kolmar El Or haben das Bühnenwerk Grat Paris, Verwandter des 3 2 Fürsten Wültv Birgel 0 IN W01 on 0 — Häupter Josel Renkert 9 apulet, Häuser Georg Köhler 5 Zweiter Capulet, Vetter des— gesehen und sich daran erfreut. 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