* ee eeee eeeeeee 92⁴⁸ Eriu⸗ 9313 0— Aboennrmenspreis: ro Monat 50 Pfg.— Auswärts durch die Poß 65 Pfg Man abonnirt in Rannheim bei der Expedition E 6, 2, ſowie be allen Zweig⸗Expeditionen und Trägerinnen.— Auswürts bei allen Poſt⸗Anſtalten des beutſchen Reiches und den Briefträgern. Die Badiſche Volkszeitung erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. Herausgeber Dr. jur. Dermann Paas in Mannheim. ————————— 8 94 — 9 Mannheimer Volksblatt un 4 —.— Organ für Jedermann. Rede des Neichskagsabge⸗ ordneten Liebknecht in Mannheim. (14. April 1886.) III. Derartige Verſuche ſind überall da ge⸗ macht worden, wo eine Patei des armen Mannes einer Partei des Reichen gegen⸗ überſteht; denn dies wiſſen die Herren Fabrikanten ꝛc.: der Mann wagt nicht gegen dich zu ſtimmen, und wenn er es thut, ſo wird es ihm ſein Brod koſten. (Sehr richtig.) Wenn das als Recht proklamirt würde, dann wären die Arbeiter in die Lage ver⸗ ſetzt, gar nicht oder für ihre Gegner zu ſtimmen. Da wäre es aber dann beſſer, wenn man gleich das ganze Wahlrecht beſeitigen würde. Ich für meinen Theil ſage, wenn derartige Wahlbeeinfluſſungen ſanctionirt werden durch Einführung des öffentlichen Wahlrechts, dann hat dieſes für uns keinen Sinn mehr.(Sehr richtig.) Es iſt aber auch noch ein zweiter Ver⸗ ſuch, das beſtehende Reichstagswahlrecht zu ändern, gemacht worden. Man will nämlich den Cenſus des Alters, der in Deutſch⸗ land ohnehin ein zu hoher iſt, noch erhöhen, nämlich vom 25. auf das 30. Lebensjahr; ja, Einige wollen die Erhöhung ſogar bis zum Schwabenalter ausdehnen.(Heiter⸗ keit.) Meiner Anſicht nach iſt das 25. Lebensjahr ſchon ein zu hoher Termin. Da wo die Mündigkeit eintritt, da wo der Mann für würdig gehalten wird, Soldat zu werden und füͤr die Verthei⸗ digung ſeines Vaterlandes Gut und Blut herzugeben, da ſollte er auch das Recht haben, für die Geſchicke des Vaterlandes ſeine Stimme mit in die Wagſchale zu werfen. Wenn man aber bei uns noch weiter gehen ſollte, wenn man wirklich das allgemeine Wahlrecht in ſeiner jetzigen Geſtalt ändern ſollte, wenn das Wahl⸗ recht aufhören ſollte, ein geheimes zu ſein, dann würde daſſelbe für uns überhaupt nicht mehr beſtehen und wir würden von demſelben keinen Gebrauch mehr machen können. Es iſt nun eine Wahrſcheinlichkeit, wenigſtens jetzt und für die nächſte Seſ⸗ Kleine Mittheilungen. — Vom Schloß Albrechtsberg, das Keleentearne vom Prinzen und der Prinzeſſin llbert vou Sachſen⸗Altenburg bewohnt wird, ſchreibt man, daß ſeit einigen Tagen dafelbſt große Aufregung herrſcht, in Folge eines äu⸗ zerſt verwegenen Einbruchs, den Diebe an der Begräbnißſtätte der Gräfin Hohenau. Gemahlin des verſtorbenen 0 Albrecht, verſucht haben. Am Sonntag Morgen fand man die Thüren des Mauſoleums erbrochen, und als man ſich dem Sarge näherte, bot ſich dem Auge ein Bild rohen Frevels. Der den Zinnſarg, in welchem die Leiche liegt, umſchließende Holzſark war am Fußende ge⸗ öffnet und emporgehoben und wohl deshalb nicht ganz entfernt worden, weil die Diebe ſich in ihrer Erwartung gleich auf die mit etwaigen Koſtbarteiten geſchmückte Leiche zu ſtoßen, getäuſcht ſahen. Bei einer Umſchau unter den Gegenſtänden im Grabgewölbe ver⸗ mißte man zwei große reichvergoldete Bronze⸗ leuchter und ein kleines Crucifix aus Elfen⸗ bein, um das, noch von Lebzeiten der Gräfin her ein Band aus blauer Seide geknüpft war. Die ganze örtliche Gensdarmerie iſt in Be⸗ wegung geſetzt, um die Diebe ansfindig zu machen. Der Park iſt außerdem ſtreug be⸗ wacht. — Auch ein Andenken. Unter den Ver⸗ brechern, welche kürzlich ins Zuchthaus von Miſſouri in Jefferſon City abgeführt wurden, befindet ſich Wm. Lacey, ein junger Neger, welcher vor einigen Monaten in St. Louis einen Einbruch verübte. Lacey hatte zehn Finger, als er wegen dieſes Verbrechens ver⸗ ſion, nicht vorhanden, daß derartige Pläne haftet wurde, und beſitzt Pes nur noch neun, des zehnten Fingers hat Gefängniſſe cey ſich ſelbſt im beraubt aus Liebe zu einem weib⸗] Nr. 603 zum Siege kommen werden; aber ich glaube, daß ſehr bald mit Vorſchlägen an den Reichstag herangetreten wird, daß er ein beſchränktes Wahlgeſetz bewillige. Daß ein ſolcher Plan beſteht, iſt gewiß. Man will dem Volk ſein wichtigſtes, ja einziges Recht wieber wegnehmen. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß wir jedem derartigen Verſuche entſchieden entgegentreten und unſere volle Schuldigkeit im Reichstage thun werden.(Beifall.) Ich wende mich nun zu den letzten Reichstagsdebatten. Wir, die ſozialdemo⸗ kratiſche Partei, kamen, wie Ihnen bekannt iſt, mit einer Arbeiterſchutzgeſetzgebung vor den Reichstag. Hiebei haben wir die Erfahrung gemacht, daß unſere Gegner ganz merkwürdige Leute ſind. Wir Sozialdemokraten können thun, was wir wollen, unſere Gegner ſind vollſtändig blind dagegen; ſie ſehen uns nicht; ſie blicken nicht nur durch gefärbte, ſondern auch durch gebogene Gläſer. So haben unſere Gegner im Reichstage behauptet: Ja, das Sozialiſtengeſetz hat doch ſeine Vortheile gehabt; es hat erzieheriſch ge⸗ wirkt. Die Sozialdemokraten ſind ja ganz zahm geworden; ſie kommen mit einem Arbeiterſchutzgeſetz, während ſie früher nur blutrünſtige Reden gehalten haben; jetzt iſt doch eine Wendung zum Beſſeren eingetreten, deßhalb muß man das Sozialiſtengeſetz auch weiter noch als gutes Zuchtmittel beibehalten. Es iſt noch nie ein gröberer Verſtoß gegen die Wahrheit begangen worden, als mit dieſer Behauptung. Wer unſeren Parteibeſtrebungen von ihren Anfängen an gefolgt iſt, der weiß, daß wir ſchon im Jahre 1867 eine Gewerbeordnung vor⸗ legten und daß von uns die verſchiedenſten Anträge eingebracht wurden. Auf den Antrag der Abgeordneten Bebel und Lasker wurden damals die Arbeitsbücher abge⸗ ſchafft. Wir beantragten die Entfernung der Fabrikinſpektoren, gerade wie in der letzten Seſſion. Vor und unter dem Sozialiſtengeſetz brachten wir ein Arbeiter⸗ ſchutzgeſetz ein, welches auf denſelben Grundſätzen baſirte wie das in der letzten Seſſion von uns vorgelegte. Wir haben unſern Gegnern 100 Mal in's Geſicht geworfen, lichen Weſen. Sadie Hays, die Mörderin des Poliziſten Jenks, war ſeine Angebetete lange Zeit, ehe ſie das St. Luiſengefängniß ſchmückte. Als Lacey wegen ſeiner Mißachtung des Mein und Dein eingeſperrt wurde, kam er ſeiner Geliebten zwar nahe, aber nicht ſo nahe, als ſeine Sehnſucht nach ihr es verlangte. Er ſann auf Mittel, um ihr ein Beichen ſeiner unvergänglichen Liebe zukommen zu laſſen, und da er nichts hatte, was ſich als Geſchenk für ſeine Sadie eignete, verfiel er auf den Gedanken, ihr den kleinen Finger ſeiner linken Hand, deſſen er in der Zutunft nicht zu be⸗ dürſen glaubte, zu ſchenken. Er unterband ſich denſelben mit einem ſtarken Binpfaden, verferligte ſich ein Meſſer aus einer Corſet⸗ ſtange und amputirte den zum Opfer auser⸗ korenen Finger in kunſtgerechter Weiſe. Dann wickelte er den Finger in Papier, ſchrieb Sa⸗ dies Adreſſe, d. h. die Nummer der Zelle, die ſie bewohnt, auf und ühergab das Packet einem Mitgefangenen, der ſich größere Freiheit als er ſelbſt erfreute, zur gefälligen Beſorgung. Das Packet gelangte auch richtig in Sadie's Hände, ſtatt aber ſich über Lacey's Liebes⸗ zeichen zu freuen, brach die dunkelhäutige Schöne beim Oeffnen des Packetes in ein entſetzliches Geſchrei aus, ſo daß die Schließer herbeieilten und fiel ſchlieslich in Ohnmacht. So wurde Lacey's Liebesgeheimniß der pro⸗ fanen Welt preisgegeben. Der treue Lacey reiſte mit dem Bewußtſein nach Jefferſon Ei ab, daß es nicht viel Liebhaber gibt, die ſi einen Finger abſchneiden würden, um ihrer Angebet⸗ten ein Andenken zu hinterlaſſen. — Würzburg, 16. April, Geſtern Nacht kurz nach 11 Uhr entgleiſte in Folge— Weichenſtellung der von Aſchaffenburg kom⸗ mende W e Dis ſchine„Geiſenberg“ daß es eine Lüge —— ſei, wenn f erſt an, mit poſitiven Vorſchlägen vor den Reichstag zu treten; aber das hilft Alles Nichts; im Moment ſtehen die Herren be⸗ ſchoͤmt da, um auch alsbald dieſelbe Lüge zu wiederholen.— Wir haben nun im Reichstage eine dop⸗ pelte Taktik zu befolgen; einmal haben wir unſere Prinzipien klar zur Geltung zu bringen, vom Reichstag aus klärend auf das deutſche Volk zu wirken; wir haben aber auch ſodann mit praktiſchen Vor⸗ ſchlägen vorzugehen. So hatten wir auch in der vorletzten Seſſion des Reichstags das Arbeiterſchutzgeſetz eingebracht; dasſelbe wurde aber nach einer kurzen Debatte auch richtig begraben. Man bemerkte uns, wir Sozialdemokraten ſeien zu ſpät aufgeſtan⸗ den. Nein, wir ſind im Gegentheil ſtets ſehr frühe aufgeſtanden; wir haben das Geſetz dem Reichstage vorgelegt, allein unſere Gegner faßten auf Antrag der Ab⸗ geordneten Buhl und Hertling eine Reſo⸗ lution, daß die Regierung von der Sache Kenntniß nehmen möge. Nun, derlei Re⸗ ſolutionen ſchüttle ich in einer einzigen Minute 20 aus dem Aermel heraus; das iſt nur eitel Luft, Wind, und diejenigen, welche dies thun, wollen eben Wind ma⸗ chen(Heiterkeit); aber da einen Vorſchlag machen, wo wir noch gar keine Geſetzge⸗ bung haben, iſt etwas ſehr Schwieriges. Wir haben uns um Material nach Ame⸗ rika, nach der Schweiz, nach Frankreich, nach allen civiliſtrten Staaten gewendet, was Monate in Anſpruch genommen hat. Und zur Bewältigung dieſer großen Arbeit konnten wir nur unſere täglichen Freiſtunden benützen, da wir ja, vielleicht mit 2 oder 3 Ausnahmen, nicht mit irbi⸗ ſchen Glücksgütern geſegnet ſind, vielmehr ein Jeder von uns ſeinem bürgerlichen Gewerbe nachgehen muß, um das tägliche Brod zu verdienen.— Vergleichen wir nun aber das, was unſere Partei ausgearbeitet hat, mit dem, was die Regierung zu Stande gebracht. Dem Fürſten Bismarck ſteht zu jeder Zeit ein Dutzend Geheimräthe, und einem jeden dieſer Geheimräthe wiederum ein Dutzend Schreiber zu Gebote, wenn es gilt, ein neues Geſetz zu entwerfen und dem Reichs⸗ tage vorzulegen. So hat die Regierung 3 Wagen wurden defekt, Perſonen wurden nicht beſchädigt. Das Geleiſe iſt frei. In dem Geleiſe ſtanden noch 4 Güterwagen, welche ebenfalls entgleiſten, jedoch nur wenig beſchädigt wurden. Wechſelwärter Kaufmann, der das Unglück verſchuldet haben ſoll, meldete ſich krank. Sehr zu verwundern iſt, daß bei den mangelhaften Bahnhofverhältniſſen und der notoriſchen Uebexanſtrengung des Dienſt⸗ perſonals nicht noch“ mehr Unglücke paſſtren. — Das Brautgeſcheuk des Kaiſers von China. Ein ſeltenes Geſchenk wird der jugendliche Kaiſer von China, Kuang⸗Su, deſſen Verlobung bevorſteht, ſeiner zukünf⸗ tigen Braut machen. Im vergangenen Herbſte ließ nämlich der Vizekönig der Provinz Petſchili, Li⸗Hong Tzang, um den Kaiſer für die Idee der Eiſenbahnen zu gewinnen, einen vollſtändigen Bahnzug en miniature, mit einer durch ein Uhrwerk in Betrieb geſetzten Loco⸗ motive(jeder Waggon fünf Schuh lang) und dem dazu nöthigen Schienenſtrang, hundert Fuß lang, aus San Francisco kommen und im Kaiſerlichen Garten zu Peking aufſtellen. Die Kaiſerin⸗Regentin und der junge Kaiſer waren nicht wenig erſtaunt, als ſich dieſer Eiſenbahnzug in Bewegung ſetzte. Er hat denn auch 92 75 Bahnzug von ſeinem Vize⸗ könig als Geſchenk angenommen und beſtimmte, daß derſelbe, damit ſeine zukünftige Braut ſich dadurch unterhalten könne, intakt ge⸗ halten werde. — Fünf Perſonen von einer wüthen⸗ den Katze gebiſſen. Wiener Blätter be⸗ richten: In Lundenburg hat ſich vor einigen Tagen ein ſchrecklicher Unglücksfall ereignet. Fünf arme Kinder ſind von einer wüthenden Katze gebiſſen worden, bei welcher die Toll⸗ wulh amtlich und ärztlich konſtatirt iſt. Die Katze war durch einen Biß von einem tollen ie behaupteten, wir fingen jetzt Hunde wüthend geworden. Anlertionspreis: Die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum 20 Pfg. Reklamen 90 Pſg Anzeigen werden von allen Annoncen⸗Expebikionen, von unſeren Agenturen und Trägerinnen, ſowie im Verlag entgegengenommen Bei größeren Aufträgen Rabatt, Rotationsdvuck der br. B. Daas) ſchen Buchdruckerri, E6,2 neben der latholiſchen Spitalkirche in Mannhoim, Telephonanſchluß Nr. 218, d Handels⸗Zeitung. Dienſtag, 20. April 1886, ————— im Jahre 1883 einen Geſetzentwurf üben die Unfallverſicherung vor den Reichstag gebracht, der aber ſo unvollkommen war, daß er alsbald vom Reichstag dazu ver⸗ urtheilt wurde, in den Papierkorb zu wandern. Im Jahre 1884 wurde mit Huͤlfe der vielen Geheimräthe abermals ein Geſetzentwurf ausgearbeitet, welcher aber ebenſo unvollſtändig und praktiſch undurchführbar war und deshalb abermals im Papierkorb des Reichstags verſchwand. Und erſt als die Regierung zum dritten Male einen Geſetentwurf ausarbetten ließ, iſt etwas herausgekommen, was aber ſo unpraktiſch iſt, daß es gar keine Arme und Beine hat, daß es nicht gehen und ſtehen kann. Und nun, nachdem wir ein Geſetz entworfen hatten, an dem wir über 2 Monate gearbeitet, iſt es doch recht kindiſch, zu behaupten, wir hätten Nichts gethan.— Ich komme nunmehr auf das Wor „Sozialreform!“ Was verſteht man untei „Sozialreform!“ Sie iſt der Inbegriff aller derjenigen Fragen, welche auf geſetzgebe⸗ riſchem Wege gelöſt werden ſollen, alſo aller derjenigen Fragen, welche das Wachſen des Nationalreichthums einerſeits und die unter dem niederen Volke herrſchende Maſſenarmuth andrerſeits, ferner das Verhältniß zwiſchen Arbeitgeber und Ar⸗ beitnehmer, zwiſchen Klein⸗ und Groß⸗ Induſtrie, den Niedergang des kleinen Handwerks, kurz die Vernichtung des kleinen Mannes durch den Großkapitaliſten berühren. Um nun dieſe Uebelſtände gründlich zu beſeitigen, iſt es durchaus nothwendig, daß man die Krankheit an ihrer Wurzel faßt. Das, was die deutſche Regierung unter Sozialreform verſteht, hat mit den Ur⸗ ſachen jener Fragen abſolut Nichts zu thun; denn damit wird blos ein Theil des Armenweſens berührt; das, womit die Regierung helfen will, iſt einfach nichts Weiteres, als eine Neuregelung des Ar⸗ menweſens. Jeder, der bei der Arbeit verunglückt, Jeder, der in Folge von Krankheit, Altersſchwäche nicht mehr im Stande iſt zu arbeiten, mußte unterſtützt werden. Jedenfalls iſt durch dieſe fämmt⸗ lichen Arbeitergeſetze nicht ein einziger Menſch unterſtützt worden, der nicht ſchon Für 3 armen Kinder wäre keine Hoffnung auf Hülfe, wenn man es nicht möglich machen könnte, dieſelhen zu Paſteur nach Paris zu ſchicen. Die Gräfin Vetter in Göding hat ſich der Auf⸗ gabe unterzogen, eine Sammlung einzuleiten, um den Fonds zu ſchaffen, welcher es ermög⸗ lichen ſoll, den von der ſchrecklichen Krankheit bedrohten Kleinen bei Paſteur Hülje und Rettung zu verſchaffen. — Privilegirte Selbſthilſe. In dem Zunftbrief der Schuhmacher von Landgraf Ludwig J. von Heſſen(1456) heißt es:„Wer den gemeldeten Schuewardten ihre Schue dieb⸗ lich enttrüge, dem möchten ſie die Schue wie⸗ der nehmen, inwendig ihren Bänken und möch⸗ ten ihn ſchlagen mit Rauffen und Schuen unter den Bänken, daß er kaum geneſen mag.“ — In dem Bäckerzunſtbriefe von Zierenherg (im niederheſſiſchen Kreiſe Wolfhagen) ſteht: „Entwendete auch Einer aus Vermeſſenheit ſeinem Bäcker ſein Brot diebiſcher Weiſe, demſelben mögen ſie es wieder nehmen, und dem Diebe eine gute Haarfuſche raufen oder Backenſtreiche zum Trinkgeld geben.“ — Kindliche Freude.„Etſch, etſch, Karl, wir haben einen Brief von unſerem Bruder aus Kamerun gekriegt, der iſt was eworden, das biſt Du nicht! Etſch!“— Larlchens Vater:„Nun, was iſt er denn geworden?“— Fritzchen:„Aufgefreſſen iſt er worden,“ — Aus der Schule, Lehrer: Nun, Ja⸗ kobele, 090 mir, wie treunt man Häring. akobele) buchſtabirt: Här⸗ing. Lehrer: Falſch; wer weiß es beſſer?(Der kleine Hans) erhebt ſich und ruft: ich, Herr Lehrer; man nimmt den Häring mit beiden Händen am Schwanze, dreht ihn ein paar Mal im Kreiſe herum und ziebt ihn in der Mitte auseinanden, 1 ———— ren Meiſter zu einer Sitzung genannter Com⸗ — ——————— . Söfke⸗ Badiſche Volks⸗Zeitung. 80. Tprkt. nach dem bisherigen Geſetz unterſtützt werden mußte.(Beifall.) Die ſoziale Frage wurzelt eben gerade in den wirthſchaftlichen Verhältniſſen, wie ſte heute bei uns beſtehen.— In dem Urzuſtande der Geſellſchaft, wenn ich ſo ſagen darf, waren die Menſchen alle gleich; ihre Finger waren die einzigen Werkzeuge; da konnte es keine wirthſchaftlich Unter⸗ drückten, keine wirthſchaftliche Ausbeutung des Einen durch den Andern geben; Jeder hatte ſeine Arbeitswerkzeuge bei ſich. Eine Ausbeutung der Arbeit iſt blos dann möglich, wenn ſehr complicirte Werk⸗ zeuge, Maſchinen, vorhanden ſind, welche nur einzelne Bevorzugte, nicht aber die Maſſe des Volks beſitzt. Serjenige, welcher ſie beſitzt, wird zum Herrſcher; der, welcher ſie nicht beſitzt, zum Arbeiter. Daher kommt jener Zuſtand, welchen Marx in ſeinem unwiderlegt ge⸗ bliebenen herrlichen Werke„das Kapital“ als„die Erzeugniß des Mehrwerths der Arbeit“ bezeichnet, d. h. der eine Theil der vom Arbeiter gelieferten Arbeit bleibt un⸗ bezahlt und wird eben zum„Kapital“; nach dem ehernen Lohngefetz kann der Ar⸗ beiter über einen gewiſſen Lohnſatz nicht hinauskommen.— Soziales und Arbeiterbewegung. * Die Lohnkommiſſion der Maurer, Maunheims und Umgegend entfaltet gegenwärtig eine rege Thätigkeit, um die auf den verſandten Eircularen geſtellten Forder⸗ ungen durchzuſetzen. Dieſelbe beſchloß in ih⸗ rer letzten Sitzung auf alle Fälle den Weg des Friedens einzuſchlagen und gibt ſich der Hoffnung hin, durch eine Einladung der Her⸗ miſſion ein Einverſtändniß zu erzielen. Schmerzlich wäxe es für die Intereſſen des Baugewerbes, ſollte auf dieſem Weg eine Schlichtung dieſer Angelegenheiten wieder nicht herbeigeführt werden können; es dürften dann die Herren Meiſter die Verantwortlich⸗ keit der daraus entſtehenden ſchlimmen Fol⸗ gen zu tragen haben, die nur durch einen ge⸗ wiſſen Stolz von Seiten der Meiſter hervor⸗ gerufen wird. Zu dieſer entſcheidenden Sitz⸗ ung ſollen die Herren Meiſter eine ſchrift⸗ il. Arbeitermangel. Kreiſen erfährt man, daß ſhwer hält, die nöthigen im Baugewerke zu echalten, da zug von Arbeitern, namentlich Maurern, ern und Zimmerleuten in dieſem Jahre ein abnorm geringer iſt. Die Maurer ., welche früher im Som⸗ eten, haben ſich dieſes Mal wendet und auch Köln hat Theil der ſonſt hier thätigen nweggenommen. uuſtadt. 17. April. Nachdem am ontag in einer hieſigen Möbel⸗ ſanzig Schreiner wegen Verweigerung der zehnſtündigen Arbeitszeit die Arbeit nie⸗ dergelegt, ſind heute ſämmtliche Schriftſetzer einer Buchdruckerei ihrem Beiſpiele gefolgt. Die Polizei hat umfaſſende Maßregeln ge⸗ troffen, um die weiteren Schritte der Strei⸗ kenden zu überwachen. Politiſche Ueberſicht. Deutſches Reich. München, 17. April. In der Ange⸗ legenheit der kgl. Kabinetskaſſe ſteht eine Regelung bevor. Der König hat durch den Miniſterialrath Schneider Herrn v. Lutz bedeuten laſſen, daß er eine Regelung 3 Theater, Kunſt u. Wiſſenſchaft. Er. bad. Hof⸗ und National⸗Tbeater in Maunheim. Freitag den 16. April 1886: Benvennto Cellini. Oper in drei Akten von de Wailly. WB. Wenn öfteres Hören eines muſikaliſchen Kunſtwerks niemals etwas ſchaden kann, ſo wird gerade an dieſem beſonderen Werke ſich die Wirkung eines abermaligen Genießens nur in der wohlthätigſten, aufklärenden Form äußern. Nicht allein den Hörenden war die⸗ — Mal der fremde Stoff ein mehr vertrau⸗ eworden, auch den Interpreten der Ber⸗ liozſchen Oper auf der Bühne und im Or⸗ cheſter war eine offenkundigere Intimität mit der oft ſeltſamen Geſtaltung anzumerken. J möchte um Alles in der Welt verhüten, da man in die Welt hinauspoſaunt, die Oper ei hier gefallen, weil das Publikum mit erlioz zu wenig bekannt gemacht worden ſei. ch glaube, daß dem nicht ſo iſt, daß unſer blikum, wenn es auch gerade nicht auf rlioz geaicht iſt, doch immerhin genügend Henntniß ſeiner eigen gearteten Genialität be⸗ ſitzt, um die ſo gar nicht übermäßig undurch⸗ Dringlich geſtaltete Opernſchöpfung verſtehen zu können, Allerdings bleibt ad majorem gloriam dieſes Berlioz, zur Anbahnung eines bewuß⸗ teren Erkennens dieſes Genius noch vieles zu kthun übrig, vor allem faſſe man ſich einmal den Muth, zu den großen Chorwerken zu ſchreiten. Bielleicht ſchafft die große Abſicht auch die großen dazu gehörigen Mittel. Wer mir in der Erkenntniß des Rieſenſchrittes, den die muſikaliſche Kunſt in der Trias Berlioz⸗ Liszt⸗Wagner gemacht, zu der noch die ernſte Erſcheinung Johannes Brahms tritt, der dem klaſſiſchen Boden der Wiener Symphoniker ſeinen Dankestribut zu Theil werden läßt, wer mir in der begeiſterten Schätzung dieſes beiſtimmt, der wird es auch illigen, wenn ich lis e, daß die führenden Elemente des muſikali Lebens alles da⸗ wünſche unter dem Vorbehalt, daß er über jede Einzelhandlung perſönlich ent⸗ ſcheide. Es iſt das als die auf die ge⸗ meinſame Vorſtellung der Agnaten und des Miniſteriums erfolgte Antwort anzu⸗ ſehen. Die Regelung erfolgt unter Ein⸗ verſtändniß der Agnaten auf rein private Weiſe. Eine Fortſetzung der Bauten wird nicht ſtattfinden, der König ſcheint den⸗ ſelben ziemlich apathiſch gegenüberzuſtehen. Berlin, 16. April. Wie die Köln. .“ vernimmt, hat das Auswärtige Amt den Antrag des Herrn Paul Reichard, die von ihm in Oſtafrika angeblich er⸗ worbenen Gebiete unter deutſchen Schutz zu ſtellen, zurückgewieſen, weil der Antrag „offenbar weit über die Grenzen der bis⸗ herigen Kolonialpolitik hinausgeht.“— Wir haben vor einiger Zeit eine Mit⸗ theilung gebracht, daß elf Hauptleute des 35. Regiments wegen eines gemeinſchaft⸗ lich eingereichten Abſchiedsgeſuchs— unter der Begründung ſtandeswidriger Behand⸗ lung durch den Regiments⸗Kommandeur im Dienſt— zu verſchieden bemeſſener mehrwöchentlicher Feſtungsſtrafe verurtheilt worden ſeien. Wir fügen derſelben nun⸗ mehr hinzu, daß von den verurtheilten Offizieren zur Zeit fünf ihre Feſtungs⸗ ſtrafe abbüßen, während der andere Theil aus dienſtlichen Rückſichten erſt ſpäter die Strafe antreten wird, und daß der Kom⸗ mandeur, Oberſt von Weinzierl, ein Ba⸗ denſer, welcher ſeit Juli 1883 das Regi⸗ ment kommandirt, nunmehr ſein Abſchieds⸗ geſuch eingerichtet hat. Es iſt als un⸗ zweifelhaft anzunehmen, daß dies Ab⸗ ſchiedsgeſuch im direkten Zuſammenhange mit den obenerwähnten Vorgängen ſteht. In dem Diätenprozeß gegen den Reichs⸗ tagsabgeordneten Heine kann gegen das am 11. März er. ergangene Urtheil des Oberlandesgerichts Naumburg das Rechts⸗ mittel der Reviſion nicht eingelegt werden, da in der Klage Seitens des Fiskus das Objekt nur auf 400 M. angegeben iſt, reviſionsfähige Klagen in Civilprozeſſen aber bekanntlich ein Objekt von 1500 M. vorausſetzen. Das in Rede ſtehende Ur⸗ theil iſt bereits rechtskräftig geworden. Abgeſehen von den Koſten iſt daſſelbe aber zunächſt nicht vollſtreckbar, weil es die Erſtattungspflicht nur im Prinzip ohne Angabe einer Summe feſtſtellt. Hamburg, 16. April. Der„Hambur⸗ ger Börſenhalle“ zufolge iſt die Sägemühle des Fürſten Bismark in Friedrichsruh in verfloſſener Nacht niedergebrannt. Halle a. d.., 17. April. Biſchof Kopp hat auf ſeiner Durchreiſe in Merſe⸗ burg einen Freund beſucht, welcher der „Halle'ſchen Zeitung“ mittheilt, Kopp habe die Stelle des Erzbiſchofs in Freiburg abgelehnt. Harzburg, 15. April. Der„Saale⸗Ztg.“ wird von hier unter dem Zeichen des— Krebſes geſchrieben: In den letzten Tagen haben ſich hier mehrere unſerer ange⸗ ſehenſten Mitbürger zu einem Komite ver⸗ einigt, welches dem Plane dienen will, mit der bekanntlich in unſerer Nachbar⸗ ſchaft errichteten ſog. Kanoſſa⸗Säule eine den Umſtänden entſprechende Veränderung ran ſetzen, durch konſequentes Feſthalten dieſes Höhepunktes, durch ſyſtematiſche Erziehung ihres Publikums zu jenen vollkommenen Er⸗ ſcheinungen ſich als würdige Söhne eben dieſer großen Zeit zu bezeugen. Wir ſtehen im muſikaliſchen Leben durch die Heldenthaten oben genannten drei Revolutionäre auf 0 eminent geſteigerten Gipfelpunkt, wie ihn die Dichtkunſt durch jene Weimgrer Dichter⸗ fürſten erklommen; jetzt iſt es keine Zeit, ſich mit Kleinigkeiten abzugeben, man wage das Große, das Bedeutende. Wagner iſt nun endlich durchgebracht, jetzt müſſen Berlioz und Liszt ſo lange vorgeführt werden, bis man auch an ſie glauben muß. „Die ſymphoniſchen Dichtungen beider Meiſter im Vereine mit deren Chorwerke geben für lange Zeit hinaus Stoff für die, die Ernſt⸗ haftes reproduziren wollen und für die, denen es bei dem Genuß um etwas mehr als Ohren⸗ kitzel zu thun iſt. Ich komme wieder nach dieſer Predigt auf den Cellini zurück, deſſen halber Erfolg hier einzig und allein, wie auch überall auf Koſten der unqualifizirbaren textlichen Unterlage zu ſetzen iſt, denn die compoſitoriſche Art Berlioz's zeigt ſich hier gar nicht ſo ungewöhnlich bahnbrechend, wie in ſeinen ſymphoniſchen Werken. Die alte Opernform in ihrer ganzen unſinnigen Weit⸗ ſchweiſigkeit, in der Ablöſung von Arie, mehr⸗ ſtimmigen Geſangsſtücken und dergleichen mehr war dieſem Feuerkopf ſeltſamer Weiſe gerade recht, er verſchmäht ſogar nicht einmal durch Fiorituren nicht gerade 0 Art der Coloraturprinzeſſin ſeiner und unſerer Zeit ein Kußhändchen zuzuwerfen. Nur in einem zeigt er faſt ausnahmslos den großen Meiſter und das iſt ſeine virtuoſe, geiſt⸗ ſprühende Behandlung des Orcheſters. Bei dieſer dritten Aufführung des Cellini an unſerer Bühne war denn auch die Wiedergabe dieſer orcheſtralen Fineſſen für jeden muſikaliſchen Gourmand von ausgeſuchteſtem Genuſſe. blieb wenig oder gar nichts von inſtrumen⸗ talen Einzelzügen in der Partitur verborgen und ſei dem in persona des vorzunehmen. Es laſtet auf der öffent⸗ lichen Meinung unſerer Stadt wie ein ſchwerer Druck, daß das Denkmal, welches u Ehren eines großen Wortes und einer efreienden politiſchen That errichtet wurde, zun auch ferner daſtehen ſoll, gleichſam us ein Spottzeichen über eine ſtolze Ver⸗ zangenheit, und man iſt hier allgemein entſchieden dafür, daß die Säule entweder Hlankweg beſeitigt oder doch ſo umge⸗ zandelt werde, daß ſie als Wahrzeichen von dem nunmehr eingetretenen wirklichen Standeder kirchenpolitiſchen DingeinPreußen gelten darf. Zu Beſchlüſſen iſt das betr. Komite noch nicht gekommen, doch machte ſich in einigen Vorbeſprechungen vorwie⸗ gend der Gedanke geltend, daß aus der Säule ein mit entſprechender Inſchrift ver⸗ ſehener Leichenſtein für die todte Mai⸗ geſetzgebung zu machen ſei. Sobald das Comite ſich für einen beſtimmten Plan ausgeſprochen hat, wird es ſich behufs Ausführung desſelben mit unſeren ſtädti⸗ ſchen Behörden in Verbindung ſetzen. Ausland. Wien, 17. April. Die Stadt Stryj (Galizien) ſteht in Flammen. Ganze Stadttheile und der Bahnhof ſind abge⸗ brannt. Hunderte von Familien ſind brod⸗ und obdachlos. Da auch das Telegraphenamt abgebrannt iſt, wird ein Feldtelegraph errichlet. Der Schaden iſt enorm.— Infolge des Auftretens der Cholera in Brindiſi werden die Prove⸗ nienzen aus ſämmtlichen italieniſchen Häfen am adriatiſchen Meer einer ſiebentägigen Obſervationsquarantäne unterworfen. Brindiſi, 17. April. Geſtern 15 Cholera⸗ fälle, davon 6 Todesfälle. London, 17. April. In Betreff der geſtern von Gladſtone im Unterhauſe ein⸗ gebrachten iriſchen Landankaufsbill ſagt die„Times“, dieſelbe ſei, abgeſehen von den durch Chamberlain ſo entſchieden gel⸗ tend gemachten Einwendungen finanzieller Natur, der Kritik ausgeſetzt, weil die iri⸗ ſchen Pächter ſich gegen die Zahlung der in Ausſicht genommenen Preiſe erklärt haben.„Daily News“ hofft, Gladſtone und Chamberlain würden ſich gegenſeitig Zugeſtändniſſe machen, um die Bills durch⸗ zubringen. Der radikale„Daily Chroniele“ erklärt, daß die Bill in ihrer gegenwärti⸗ gen Form nicht durchgehen, aber in eine annehmbare Form gebracht werden könne. Telegramm. * Madrid, 19. April. Der Biſchof, auf welchen bei Gelegenheit der geſtrigen Palmen⸗Weihe der ſeines Amtes entſetzte Prieſter Galeotte einen Revolverſchuß ab⸗ gefeuert hat, iſt zwar nicht getödtet, aber doch tödtlich verwundet und erhielt die Sterbeſacramente. Vom Tage. + Nen entdeckter Teuor. Als wir vor einigen Wochen in unſerem Blatte die Notiz brachten, daß Herr Ferdinand Minner, Sohn des f Weinwirths, Herrn Minner dahier, im Beſitze einer prächtigen Tenorſtimme ſei und die Abſicht habe, Herrn Kapellmeiſter Paur aus muſikaliſchem Herzen der lebhafteſte Dank dargebracht. Der Vertreter des Cellini, Herr Gum, befand ſich diesmal in einer glücklicheren Stimmverfaſſ⸗ ung, ſo konnte man ihm die wirkungsvolle Geſtaltung des florentiniſchen Goldſchmieds nachrühmen. Sonntag den 18. April 1886: Der Trompeter von Säkkingen. Oper in drei Aufzügen nebſt einem Vorſpiel. WB. Ein übervolles, feſtlich geſtimmtes zu allerlei Demonſtrationen aufgelegtes Haus ließ ſich geſtern wieder von dieſer, von mir ſchon des öfteren in Acht und Bann erklär⸗ ten Oper entzücken. Ich will annehmen, daß ge⸗ tern Mancher auch an den nun heimgegangenen ictor v. Scheffel gedacht, deſſen Trom⸗ peter allerdings durch Neßler's herrliche Weiſen bühnengerecht ge⸗ worden,— wie ein Biograph des verſtor⸗ benen Dichters in einer hieſigen Zeitung be⸗ merkte. Da hört denn doch alle Gemüthlich⸗ keit auf, erſtens brauchte der Trompeter Scheffel's nicht bühnengerecht zu werden, denn die Beſten ſeiner Zeit kannten ihn ſchon als Buch, zweitens iſt er als Dichtung durch die⸗ ſes Opernbuch nur verballhorniſirt, vielleicht aber auch populariſirt worden, drittens ſinde ich die Weiſen Neßler's nicht herrlich, nicht einmal von jener edlen Volksthümlichkeit durchzogen, wie wir ſie bei Lortzing und Kreutzer vorfinden, ſondern banal und philiſtrös ſentimental, Wenn man dieſe bedenkliche Gloriſizirung dieſer Lieder⸗ tafelmuſik zu Augen bekommt, da möchte man doch gleich den draſtiſchen Vers eitiren, mit dem Oscar Blumenthal das Verhältniß zwi⸗ ſchen Scheffel und Neßler perſiflirt. Er lautet ungefähr ſolgendermaßen; Das iſt im Leben häßlich eingerichtet, daß bei den Roſen gleich die Dornen ſtehen und das, was Victor Scheffel hat gedichtet, nun Victor Neßler ſingen läßt und krähen. Verſöhnen kann mich mit dieſem Werk immer nur die gergdezu einzige Wieder⸗ gake des Werner, mit der ſich Herr Knaup —— der Bühne zu widmen, da lachte man und am lauteſten lachte man auf dem Burean des hieſigen Hof⸗ und Nationaltheaters. Nun ſind wir in der erfreulichen Lage, jener Notiz noch die Mittheilung hinzuzügen, daß Herr Minner im Laufe der vorigen Woche vor dem Herrn Hofkapellmeiſter Mottl in Karls⸗ ruhe Probe geſungen hat und ſofort unter den glänzendſten Bedingungen an das Großh. Hoftheater in Karlsruhe engagirt worden iſt. Herr Minner erhält nicht nur ſofort eine entſprechende, ſteigende Gage, ſondern es ſind auch die Koſten der weiteren Ausbildung vom Hoftheater in Karlsruhe übernommen worden, Wir wünſchen dem jungen Manne Glück. + Sanitätswidrig. In der Frühe des heutigen Tages wurde eine Katze in der Rheinthorkaſerne von einem Hunde todtge⸗ biſſen, daſelbſt wußte man mit dem Cadaver weiter nichts zu thun, als denſelben einfach auf die Straße zu werfen, was allgemein Aergerniß erregte. E Unſitte. Wer in der Frühe des heu⸗ tigen Tages unſerm Reichspoſtgebäude einen Beſuch abſtattete, wird gefunden haben, daß der Vorplatz über und über mit Orangen⸗ ſchaalen und ſonſtigen Speiſereſten bedeckt wax. Ein etwas korpulenter Herr rutſchte in Folge deſſen aus und verletzte ſich nicht un⸗ erheblich. Schnelles Fahren. Wir hatten geſtern Nachmittag Gelegenheit zu bemerken, wie eine Familie, welche auf der Käferthaler Straße promenirte, nur mit Mühe von einer ſchrecklichen Kataſtrophe bewahrt wurde. Ein auswärtiges Fuhrwerk, deſſen Lenker mehr als angeheitert war, raſte im ſchnellſten Ga⸗ lopp die Straße entlang. Nicht zufrieden, hieb der Unmenſch mit ſolcher Heftigkeit auf das arme Thier ein, daß daſſelbe mit dem Wagen einen Satz auf den Neckardamm machte. Die daſelbſt promenirende Familie wäre beinahe überfahren worden, wenn nicht ein des Weges kommender Arbeiter das raſende Pferd noch rechtzeitig zurückgeriſſen hätte. Leider war kein Schutzmann in der Nähe, um dieſen Vorgang zu protokolliren, denn mit Recht ſollte ein ſolcher Fuhrmann nicht nur wegen Gefährdung, ſondern auch wegen Thierquälerei beſtraft werden. —+ Flucht. Letzten Samſtag wurden zwei Frauenzimmer, welche im hieſigen Amtsge⸗ fängniſſe inhaftirt ſind, zum Verhör vorge⸗ führt. Als dasſelbe beendet war, begleitete der die Aufſicht führende Amtsdiener die bei⸗ den Damen nach dem Amtsgefängniß zurück. Dieſen Augenblick benützte eine dieſer beiden Inhaftirten und machte einen Fluchtverſuch, Doch ſollte ſich die Flüchtige der goldenen Freiheit nicht Zeit erfreuen; zwei Män⸗ ner hielten die Flüchtige bei der Sternwarte feſt und verbrachten ſie nach dem Gefängniſſe zurück. „+ Gelohnte Ehrlichkeit.) Einem hie⸗ ſigen Zimmermeiſter paſſierte Ende letzter Woche das Malheur, daß er in einer Wirth⸗ ſchaft ſeinen Geldbeutel verlor, in welchem circa 88 Mk. enthalten waren. Am anderen Morgen fand ein Arbeiter, welcher in der rühe dieſe Wirthſchaft beſuchte, das verlorene biekt und übergab dasſelbe ſofort dem Wir⸗ the. Alsbald meldete ſich der Eigenthümer des verlorenen Gutes; ſein Geld wurde ihm eingehändigt und als Finderlohn übergab er dem ehrlichen Finder— 50 Pfennige. —. Die Leiche des beim Abbruche eines Hauſes verunglückten Arbeiters von Schwe⸗ tzingen wurde Samſtag Nachts nach Schwe⸗ tzingen verbracht um dort beerdigt zu werden. = Weinheim, 19. April. Am Samſtag kam die Frau eines Arbeiters mit 3 Knaben nieder und befindet ſich die ganze Geſellſchaft den Umſtänden entſprechend wohl.— In einem Hauſe in der Müll brach geſtern in einem Kleiderſchrank Feuer aus, das jedoch ohne Schaden anzurichten, bald wieder ge⸗ dämpft wurde, aller Herzen erſingt; es waren geſtern nach dem Schluß des dritten Aktes die ergreifendſten Gemüthstöne zu hören, die ſich in das frene⸗ tiſche Beifallgejauchze miſchten. Herr Knapp erhielt in Form einer Trompete ein etwas ſeltſames Geſchenk, ich bin über die ſympoliſche Bedeutung dieſes Geſchenks mir nicht ganz klar geworden, ebenſowenig wie ich die Kranzde⸗ monſtration, die ſich auf das Maifeſt ent⸗ lud, aang und voll zu 95 0 ver⸗ mag. ͤ ging allerdings das Gerücht, unſer Hoftheater ſei wieder einmal dem Ver⸗ derben nahe, eine ſeiner kräftigſten Stützen ſolle ihm verluſtig gehen; aber nicht ſie, die ſcheidende, ſondern unſere verdiente Ballet⸗ meiſterin, Frau Gutenthal, ſah ſich plötzlich von Flora umgeben. Ich nehme an, daß Mißverſtändniſſe mannigfacher Art ihre Löſ⸗ ung darin gefunden haben, daß die beiden Damen hinter der Scene die wohl beiden Beute redlich getheilt haben, ohne ſich lang den Kopf zu zerbrechen, welche von ihnen wohl das geringere Anrecht auf dieſe auffallenden Ehrenbezeugungen beſäße. Nicht immer, aber in den meiſten Fällen klangen die hohen Töne, die Frl. Sorger ge⸗ ſtern nahm, hell und friſch, auch die muſika⸗ liſche Ausarbeitung läßt die Fortſchritte wieder⸗ um erkennen, die Frl. Sorger auf dem Ge⸗ biete des empfindungsvollen lyriſchen Ge⸗ ſanges thatſächlich macht. So ganz gefangen⸗ nehmend wie dieſes Liebespaar Werner und Marie ſchon durch deren äußere Erſcheinung ſich als Augenweide darſtellt, dürfte man das nicht auch als etwas ſehr Werthvolles an⸗ ſehen! Man iſt leider Gottes gezwungen, ſo manches minder wohlthuendes ſehen 8 müſſen, daß man für eine ſolch' lebendige ollkommenheit dem Schöpfer danken müßte. Repertoire des Großh. Hof⸗ und National ⸗Theaters in Mannheim Dienſtag, 20. ds.(4) Neu einſtudirt:„Die Neuvermählten“ und„Gegenüber“. Mittwoch, 21. ds.(B)„Fidelio“.