0¹ zu 96 Abonnementspreis: pro onat 50 Pis.— Auswärts durch die Poß 65 Pig Man abonnirt in Mannheim bei der Expeditio i allen Zweig⸗Expeditionen und Trä— Auend 45 de alte Poſt⸗Anſtalten des deutſchen und Feiertage. Herausgeber br. jur. Hermann Paas in Mannheim. 7 Nummer umfaßt mit der Gratigbei⸗ lahe des General⸗Anzeiger und der Schach⸗Zeitung 16 Seiten. Mbounements⸗Einlabung. Für den Monat Juni werden Abonnementsbeſtellungen auf die Badiſche Polko⸗Jeitung (Mannheimer Polksblatt) angenommen und erhalten alle neu ein⸗ tretende Abonnenten die„Badiſche Volks⸗ zeitung“ täglich gratis bis 1. Juni. Abonnement spreis mit der Gra⸗ tis⸗Beilage des General⸗Anzeiger pro Monat nur50Pfg. Die„Badiſche Volkszeitung“ erſcheint täglich, 8 bis 16 Seiten groß und hat unter allen in Mannheim erſcheinenden Zeilungen die größte Abonnentenzahl. Durch die große Verbreitung bewährt ſich die Badiſche Volkszeitung mit Gene⸗ ral⸗Anzeiger als vorzigliches Juſertioue⸗Organ. Verlag der Badiſchen Volks⸗Zeilung und des General⸗Anzeiger. 7 Die Ueberſchähnng der Staatsgewalt. Schluß.) Dieſe Weltanſchauung, die, wenn auch verfehlt, doch groß ſein und in erhabenen Seelen wohnen kann, erklärt vollkommen die ganze Geſchichte der letzten Jahrzehnte. Fürſt Bismarck hatte mit einer weſentlich perſönlichen Politik auf auswärtigem Ge⸗ biete die glänzendſten Erfolge erzielt. Immer mehr befeſtigte ſich in ihm der Glaube, daß ein Reich nur perſönlich geleitet werden könne. Er fand Widerſtand von der kirchlichen Seite. Sofort erfolgte das geſammte Aufgebot der Staatsgewalt; die Bureaukratie wurde mobiliſirt; die Geſetz⸗ Unſere heutige Feuilleton. Eirkusliebe. Lieutenant Bruno war in der ganzen Stadt als der flotteſte Reiter und loſeſte Ca⸗ valier bekannt. Er hatte eine beſondere Vor⸗ liebe für die Dreſſur der Pferde und liehte es, in deſſen Cirkus bei den Proben zu ſein. Ein ſolcher, der gerade anweſend war, zählte u ſeinen Blüthen die ſchöne Julietta, die huſte, ſicherſte Reiterin, die je die Offiziere der Garniſon entzückt. Was Wunder, daß Lieutenant Bruno die Liebe zur Sache auf die Perſon übertrug. Er hoffte, daß die ſchöne Reiterin dem doppelten Tuch ihr Herz ohne weiteres ergebe, aber hierin täuſchte er ſich. Monatelang blieb ſie kalt gegenüber den Liebesbetheuerungen des jungen Mars, deſſen Liebe ſelbſtverſtändlich dadurch noch mehr enthrannte.— Eines Morgens übte Julietta gerade eine neue Pisce ein: Die ungariſche Poſt mit 6 Pferden. Bruno kam wie gewöhnlich, er plauderte, lachte; Julietta, dexen ganzer Sinn auf das Gelingen des äußerſt ſchwierigen Werkes ge⸗ richtet war, befahl ihm zu ſchweigen. „Weßhalb, ſchöne Amazone?“ „Sie ſtören mich.“ „Pah, es ſcheint Sie anzuſtrengen. Ich ſah einſt dasſelbe weit beſſer. In raſendem Galopp ſauſte jenes Mädchen umher, ohne zu wanken. Sie zittern ja. Oh, Sie fürchten ſich wie es ſcheint?“ „Ich kenne keine Furcht!“ rief ihm Ju⸗ lietta zu. Dann trieb ſie die Thiere zu raſendem Laufe an, daß es nur ſo und ſauſte. Vergebens rieſen die Anweſenden ihr zu langſamer, laugſamer““ rts bei allen eiches und den Briefträgern. Die Badiſche Volkszeitung erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ Mannheimer Voläsblatt und Organ für Jedermann. —————— gebung gehorchte ebenſo wie die Polizei und Gensdarmerie; der Staat, das iſt ſein Leiter, nahm den perſönlichen Kampf gegen— man meinte den Papſt— auf. Aber man vergaß, daß man neben dem Papſt noch die Idee der Kirche zu bekäm⸗ pfen hatte. Und man vergaß, daß der Stagt neben dem Kampfe gegen die Curie noch andere Aufgaben zu löſen hatte. Das Genie iſt ſanguiniſch; aber der Kampf mit Rom erfordert ein phlegmatiſches Tem⸗ perament— und die Unluſt des Wartens, der Aerger über getäuſchte Hoffnungen, die perſönliche Stimme des Leiters des Staates bereitet ihm— nein, nun heißt es wieder dem Staate, eine Reihe empfind⸗ licher Niederlagen. Es iſt ein leoniniſcher Vertrag; der Ruhm wird immer dem Staatsmanne zu Theil, der Nachtheil wird immer dem Staate aufgebürdet. Dieſelbe Erfahrung auf ſocialpolitiſchem Gebiete! Eigentlich ſind Despotismus und Socialismus Zwillingsbrüder, und daher iſt es naturgemäß, daß Herr von Bismarck und Laſſale ſich zu verbrüdern ſuchten. Aber dem Socialismus geht es mit dem Despotismus, wie es mit letzterem dem Parlamentarismus geht. Er ſoll ſich in den Dienſt des Staates, auf deutſch des herrſchenden Miniſters ſtellen. Andern⸗ falls wird mit dem Socialismus verfahren wie mit dem Clericalismus. Wieder er⸗ ſcheinen Geſetzgebung, Polizei, Gensdarmen auf der Bildfläche; wieder wird verboten, ausgewieſen, beſtraft und wieder erfährt die Staatsregterung— nein, es heißt wieder der Staat, eine vollkommene Nieder⸗ lage. Und daſſelbe Spiel wiederholt ſich auf ethiſchem Gebiete, mit dem Kampfe gegen Vagabundenthum und Unchriſtlichkeit, mit dem Kampfe gegen den Alkoholismus, mit der Verſchärfung der Strafgeſetze. Und derſelbe Vorgang auf wirthſchaftlichem Felde mit den Schutzzöllen und den Mo⸗ nopolprojekten und den Exportprämien und der Gewerbefeſſelung— überall der Irr⸗ wahn, als müſſe der Staat— will ſagen, der leitende Staatsmann— perſönlich ein⸗ greifen, als ſei das Volk zu unſelbſtſtän⸗ dig, zu unmündig, um für ſich ſelbſt zu entſcheiden. Und endlich derſelbe Wahn auch bei den Wahlen; daher die amtliche Beeinfluſſung, nicht als ob man eigentlich „Nun, zittre ich, Herr Bruno? Hot, ho, luflig, immer ſchneller.“ Staunen ergriff ihren Verehrer; wie herr⸗ lich ſie war in ihrer klaſſiſchen, marmorkalten Schönheit, Da, eine kleine Bewegung. Das letzte Pferd ſcheute ein wenig, ſie wankte, ein halb unterdrückter Schrei——— Schnell ſprang man hinzu, Bruno wiſchte ihr das Blut von den Schläfen und hob ſie lebend auf. Vorſichtig legte er ihren Kopf auf ſeine Kniee. Dann klagte er ſich in wil⸗ den Wuthausbrüche an;„ich habe ſie ge⸗ tödtet,“ rief er ein über das andere Mal, Man brachte eine Bahre und legte die Ver⸗ wundete darauf.* Bruno ſaß bei Julietta an ihrem Schmer⸗ enslager. Die aufopfernde Liebe, welche er ber Verunglückten bewieſen, hatte das Herz des Mädchens tief erregt. Sie ſah, daß die Neigung eine wahre, echte Liebe und der Schmerz öffnete ihre Lippen, im Fieber hatte ſie ihm erzählt, wie ſie ihn ſtets geliebt, und daß nur die Angſt, er könnte ſie einſt ver⸗ laſſen, ſie ſo ſtandhaft erſcheinen ließ. Die Wiedergeneſende beſtätigte ihm erröthend die wixren Fieberworte, geſtand, daß ſie ihn liebe. Es kamen Tage des berauſchenden, ſüßen Glückes, aber auch die Wogen der ſtürmiſchen Liebesluſt legten ſich und in Bruno's Herz ſchlich das Geſühl einer Sebage Ueberſätti⸗ gung. Sie fühlte inſtinktiv, daß ſie ihm nicht mehr das war, was ſie ihm einſt gegolten, und ein Zug ſinniger Trauer lagerte 5 üher ihr ganzes Weſen, beſonders da ihr Geliebter immer ſeltener kam, und wenn er kam, ſtets wortkarg ihr gegenüber ſaß Eines Tages theilte ſie ihm mit, daß ſie an ihr baldiges Wiederauftreten danke. machte den ſchmachen Verſuch, ihr hiervon eeeeeeeee ——————— dem Volke ſeine Freiheit verkümmern wollte, nein, man iſt ſich bewußt, allein des rech⸗ ten Weges zu wandeln, und man will das Volk bewegen, aus freiem Antrieb den⸗ ſelben Weg zu wählen. Dieſe politiſche Welt⸗ anſchauung eines ausgezeichneten Staats⸗ mannes iſt in gewiſſem Sinne tragiſch. Denn ſie kann niemals zum Guten führen, auch wenn ſie aus dem Guten hervorge⸗ gangen. Sie endet immer mit dem Zu⸗ ſammenſturz, mit der Enttäuſchung oder mit dem verzweifelnden Grabesworte des großen Friedrich:„Ich bin es müde, über Selaven zu herrſchen!“ Denn es iſt unmöglich, heute noch die Reiche despotiſch zu regieren. Der Ein⸗ zelne, und wäre er von übermenſchlicher Arbeitskraft, kann kein großes Staatsweſen mehr überſehen, alſo auch nicht lenken. Wäre er allwiſſend und allmächtig, ſo wäre der Despot möglich; aber er iſt nur ein Menſch mit beſchränkten Kräften; er iſt niemals auch nur ſeiner Organe ſicher, Der Despotismus mußte zu Grunde gehen, weil es nicht nur gute, ſondern auch ſchlechte Despoten gab und alle Fehler einer Perſon tauſendfach auf ein perſönlich regiertes Volk zurückwirken. Allein er hätte auch zu Grunde gehen müſſen, wenn es nur gute Despoten gegeben hätte. Denn der Despotismus iſt unverträglich mit einem gebildeten, mündigen, des Rechts der Selbſtbeſtimmung bewußten Volke. Mehr und mehr tritt dann an die Stelle des Begriffes„Staat“ der Begriff„Volk“ — das Volk, die einzige Unterlage des Staates bildet ſelbſt den Staat; die Re⸗ gierung iſt nur die Mandatarin des Vol⸗ kes. Wenn erſt dieſe Anſchauung durch⸗ gedrungen, dann leuchtet auch die Vergeb⸗ lichkeit aller Kampfesmittel des Despotis⸗ mus, des Polizeiſtaates ein. Der Staat iſt nicht allmächtig, er kann nicht die reli⸗ giöſen, nicht die ſozialen, nicht die wirth⸗ ſchaftlichen, nicht die wiſſenſchaftlichen Be⸗ dingungen ändern, er iſt nichts ohne, nichts gegen das Volk: Geſetzgebung und Ver⸗ waltung ſind ohnmächtig, wenn ſie nicht den Nero des Volkes treffen. Das Volk regiert ſich ſelbſt durch ſeine Vertretung. Das iſt der moderne Gegenſatz zum Des⸗ potismus. Und daß er zur Anerkennung gelangen muß, wer vermöchte es zu be⸗ abzurathen, da ihre Nerven noch zu ſchwach ſeien. Julietta blieb auf ihrem Entſchluß jtehen. Schon in vier Tagen wolle ſie wie⸗ der vor das 1 hintreten; der Ehrgeiz und eine unbeſtimmte Empfindung des Trotzes hatte ſich ihrer bemächtigt. .* * Wirklich fand die Sonne des vierten Tages Julietta in der Manege; eben führte man die ſechs Pferde herein 5 Probe, als einer ihrer Genoſſen auf die Künſtlerin zuging. „Warum biſt Du ſo ernſt, die Krankheit ſteckt Dir noch in den Gliedern.„Ruh' Dich noch aus, warte bis morgen.“ „Nein, nein, ich will's!—— Ob er wohl kräͤnk ſein mag?“ ſprach ſie halblaut, wie zu ſich ſelbſt. „Wer? Julietta, Du biſt noch krank!“ „Ihn, Bruno, meine ich.“ Dein Bruno, ſo ſo; er war wohl lange nicht bei Dir?“—— „Seit vier Tagen ſah ich ihn nicht, „Julietta, biſt Du ſtark, kanuſt Du das Aergſte hören?“ 5 Ack Gottes Willen, er iſt todt!“ „Ja, für Dich. Geſtern verlobte er ſich mit einem reichen Mädchen.“ „Das that er!? Nun„Glück auf!“ Reich mir die Hand, hilf mir auf's Pferd.“ „Da wankſt! Ich that Dir weh, ich hätte es Dir verſchweigen ſollen.“ „Hurrah! Macht Platz! Voran meine Thiere, ihr ſeid mir allein treu!“ Der Hoch⸗ zeitszug naht, Platz Platz dal Hier ſteht die Braut, der Bräutigam 99 davon— zu einer Andern, ſo ſei dem Tod ich nun ver⸗ mählt! Voran ſchneller ſchneller!“ Mit ſtarren Augen blickte Julietta vor ſich bin. die langen Haare flatterten im Winde⸗ andels-Ze ——— Inlertionspreis: Die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum 20 Pfg. Reklamen 80 Pfg Anzeigen werden von allen Annoncen⸗Expebitionen, von unſeren Ugenturen und Trägerinnen, ſowie im Verlag entgegengenommen Bei größeren Aufträgen Rabatt. Rotationsdruck der br. B. Baas'ſchen Suchdruckerri, E neben der katholiſchen Spitalkirche in Mannheim, Telephonanſchluß Nr. 216, ng itung. Sonntag, 16. Mai 1886. zweifeln? Fürſt Bismarck iſt der letzte Vertreter des Despotismus, und der Des⸗ potismus kann zufrieden ſein, einen ſo bedeutenden Schlußſtein gefunden zu haben. Politiſche Ueberſicht. Mannheim, 15. Mai. Eine neue Puttkamer'ſche Ueberraſchung wird aus Berlin gemeldet: Schon während der Berathung über die Verlängerung des Sozialiſtengeſetzes im Reichtage eireulirten Gerüchte, daß die Regierung, ſo bald die Verlängerung ausgeſprochen ſei, das Ge⸗ ſetz ſchärfer als bisher handhaben werbe. Die zahlreichen Verbote und Auflöſungen von Verſammlungen und der Erlaß Putt⸗ kamer's, betreffend die Striks, haben dies beſtätigt und eine neue Beſtätigung liegt in der ſoeben publizirten, vom geſammten Miniſterium unterzeichneten Bekaunt⸗ machung, nach welcher auf Grund des 8 28 des Sozialiſtengeſetzes, in der Stadt Berlin, den Stadtkreiſen Potsdam und Charlottenburg, ſowie den Kreiſen Teltow, Niederbarnim und Oſthavelland Verſamm⸗ lungen, in welchen öffentliche Angelegen⸗ heiten eroͤrtert oder berathen werden ſollen, der vorgängigen ſchriftlichen Genehmigung der Ortspolizeibehörde bedürfen. Die Ge⸗ nehmigung iſt von dem Unternehmer mindeſtens 48 Stunden vor dem Beginn der Verſammlung nachzuſuchen. Auf Verſammlungen zum Zwecke einer ausge⸗ ſchriebenen Wahl zum Reichstage oder zur Landesvertretung erſtreckt ſich dieſe Be⸗ ſchränkung nicht. Die Anordnung tritt am dritten Tage nach ihrer Verkündigung in Kraft und gilt bis zum 30, September d,. Es wird verſichert, daß noch weitere Ma regeln auf demſelben Gebiete beabſichtigt ſeien. Aus dem Inhalte des Erlaſſes läßt ſich unſchwer die Folgerung ziehen, daß man ſich in Regierungskreiſen mehr und mehr mit dem Gedanken vertraut macht, das Sozialiſtengeſetz laſſe ſich zu einer dauern⸗ den Inſtitution im deutſchen Verfaſſungs⸗ leben geſtalten. Wäre dies nicht der Fall, ſo müßte an maßgebender Stelle doch die Erwägung vorherrſchen, daß derartige Verfü⸗ gungen den Gegnern des Sozialiſtengeſetzes nur eine willkommene Handhabe bieten, um gegen dasſelbe Stimmung zu machen, So jagte ſie umher, bis die ſahaumoebrcklen, ſchnaubenden Thiere zitternd ſtillehielten. Bravo!“ ſchallte es von allen Seiten. Her Direktor trat auf ſie zu und brachte ihr ein Glas Champagner, zum Zeichen ſeiner nerkennung. Sie ſtürzte den labenden Trauk hinab und ſchleuderte das Glas weit von ſich * „Der Abend kam heran, eine wogende Menge füllte den Cireus, alle freuten ſich, die viel⸗ gefeierte Reiterin wiederzuſehen, deren Unſall vom Publikum allgemein betrauert worden war. Endlich nahte der Augenblick, die Muſtt blies eine Fanfare, weit öffnete ſich das Thor, im wildeſten Galopp jagten die ſechs Pferde herein, auf den zwei hinterſten ſtand Zulietta. Bouquets fielen nieder, die Pferde zer⸗ ſtampften ſie im unaufhaltſamen Laufe. In der vorderſten Reihe ſaß Bruno, die Hand ſeiner Braut krampfhaft feſthaltend. Bleich ſtarrte er auf das wilde Jagen— Ihr Bli traf den ſeinen,— ſie drückte die Hand au das wild klopfende Herz,— ihr ſchwindelte⸗ Ein entſetzlicher Schrei der Anweſenden.— Julietta lag EFeite von den Hufen der Pferde in der Reithahn. Das aufſpritzende Blut traf den ohnmächtigen Lieutenant Bruno⸗ den einige 6 75 Fr eunde in's Freie trugen. Das Publikum entfernte ſich von der Un⸗ glücksſtäfte, das Mädchen hetrauernd, welches. wie man ſagte„ſeinen Kräften 2—2 traute.“ Rundſchau über Theater und Kunſt, Wenn wir gewöhnlich an dieſer Stelle aus⸗ wärtige Bühnen beſprechen, ſo geſchieht dies hauptſächlich um unſere Leſer auf dem Lau⸗ fenden zu halten, dann aber auch um einen Veraleich mit unſerm bieſigen Theater auſtellen 2. Seite⸗ Badiſche Volks⸗Zeitung. 16. Mai. wenn die Volksvertretung wieder einmal um Verlängerung dieſes Geſetzes ange⸗ gangen wird. Nach den in dieſer Be⸗ ziehung gemachten Wahrnehmungen ſcheint indeſſen die Reichsregierung nicht Luſt zu haben, ſich durch etwaige, im Schooß der Zukunft verborgene„Möglichkeiten“ den guten Humor rauben zu laſſen. In An⸗ betracht des beinahe ſprichwörtlich gewor⸗ denen Glückes, das ſie bis jetzt mit dem Sozialiſtengeſetz gehabt, hat ſie dies auch gar nicht nöthig. Iſt vor der Entſcheid⸗ ung die Stimmung des Reichstages einer weiteren Prolongation des Ausnahmege⸗ ſetzes noch ſo ungünſtig: die Erfahrung hat gelehrt, daß es nichts weiter als ein frommer Wunſch iſt, daraus auf eine Ablehnung desſelben zu ſchließen. Wenn die„Par⸗ teitaktik“ nicht hilft, dann paſſirt bei den jetzigen aufgeregten Zeiten ſicher irgend⸗ wo irgendwas, das ſich zu Gunſten einer Verlängerung mit Erfolg verwerthen läßt. Auf dieſe Weiſe kommt das deutſche Volk immer wieder zu dem vielbeſprochenen Oktobergeſetz, gegen deſſen Unzuträglich⸗ keiten es in ſeiner großen Mehrheit— es iſt dies leider eine Thatſache— durch die Macht der Gewohnheit ſchon ziemlich abgeſtumpft iſt.— Wie man Geſetzespara⸗ graphen interpretiren kann, das hat vor kurzem der Herr Bezirksamtmann von Freiburg im Breisgau bewieſen, welcher eine Anzahl dortiger ſtreikender Glaſerge⸗ ſellen auf Grund des§ 361, Ziffer 3 und 7 des Reichsſtrafgeſetzbuches wegen „Arbeitsſcheu und Landſtreicherei“ zu ent⸗ ſprechenden Strafen verurtheilt hat. Die angezogenen Ziffern beſagen: Mit Haft wird beſtraft, wer als Landſtreicher um⸗ herzieht, und: wer, wenn er aus öffent⸗ lichen Armenmitteln eine Unterſtützung empfängt, ſich aus Arbeitsſcheu weigert, die ihm von der Behörde angewieſene, ſeinen Kräften angemeſſene Arbeit zu ver⸗ richten. Da die Beſtraften als ortsan⸗ ſäſſige Leute weder Landſtreicher ſein kön⸗ nen, noch eine öffentliche Unterſtützung ha⸗ ben, ſo kann ſich Jeder ſelbſt ein Lied zur Beſchreibung dieſes eigenthümlichen Vor⸗ ganges machen. Orient. Daß der Verdacht, das„hei⸗ lige Rußland“ ſei in Sachen der Strei⸗ tigkeiten auf der Balkanhalbinſel nicht ganz ſauber unter dem Bruſttuche, wie man gemeinhin zu ſagen pflegt, nicht ſo weit von der Hand zu weiſen iſt, wurde ſchon des Oeftern hervorgehoben. Sehr geför⸗ dert wird nun aber ein derartiger Ver⸗ dacht, wenn er auch in den Spalten eines Blattes zum Ausdruck gelangt, deſſen pub⸗ liziſtiſche Bedeutung und ſein halboffi⸗ zöſer Character hier doppelt ins Ge⸗ wicht fallen. Wir meinen die„Kölniſche Zeitung“. Dem rheiniſchen Weltblatte ſchreibt man nämlich aus London: „Mit banger Beſorgniß verfolgt man hier die Winkelzüge der ruſſiſchen Diplomatie, deren Leitung nach engliſcher Anſicht nicht von der folgerichtigen Haltung eines Mi⸗ niſters des Aeußern, ſondern von der Stimmung des ſelbſtherrlichen(d. h. ruſ⸗ ſiſchen) Kaiſers abhängt. Die Engländer behaupten, daß dieſe Leitung vollſtändig unberechenbar geworden ſei. Kein einziger kuſſiſcher Diplomat ſei im Stande, den Küchenzettel ſeines Verhaltens auch nur für einen Tag im Voraus zu beſtimmen, ebenſowenig wie der Vorſteher der ruſ⸗ zu können. Wir hatten ſeither noch keinen Grund uns mit dem chäſcigen. Kunſttempel ein⸗ gehend zu beſchäftigen. Umſomehr freut es Uns, gleich das erſte Mal loben zu können, offengeſtanden iſt es uns und den Leitern des Kunſtinſtituts wohl auch angenehmer als das Gegentheil. Das Repertoire der nächſten Zeit zeigt ein dem ſeitherigen vollſtändig entgegen⸗ eſetztes Aeußere. Es ſtehen uns auf dem Gebiete der Oper zwei bewährte Novitäten in Ausſicht, das Schauſpiel bringt uns deren 10 ar drei, während eine hier lang vernach⸗ äſſigte Muſe wieder in ihre Rechte tritt: Terpſichore mit dem Ballet„Wiener Walzer“ Auch dieſer neueſten Erwerbung des Comite's eht ein guter Ruf voraus. Das Auftreten der Sem Krämer⸗Widl wird von allen Sei⸗ ten mit 5 begrüßt, doch zeigt uns das⸗ elbe auch, daß wir einer tüchtigen Prima⸗ onna dringend benöthigen. In Frl. von Marſich hofft das Comite eine ſolche zu finden. So viel wir über dieſe junge Dame hörten, ſoll dieſelbe im Beſitze einer ſehr gu⸗ ten Stimme ſein und zu den erſten Sängerin⸗ nen des Wiener Conſervatoriums gezählt haben.— Einen Tadel haben wir indeſſen doch, ohne einen ſolchen kann es ja nie ab⸗ gehen. Die Aufführung der Poſſe„Pech⸗ meier“ ſcheint erſt für die ungünſtige heißere Saiſon geplant, was wohl den Beſuch beein⸗ trächtigen dürfte. Das Comité thäte wohl beſſer dargn, dieſelbe bälder zu arrangiren, da das Publikum auf ſolche Poſſen immer geſpannt iſt und eine zu weit ausgedehute Spannung eine zur Folge hat. Ueber die Komikerfrage ſcheint inſoweit entſchie⸗ den, daß wir einen Pichler ſchwerlich wieder⸗ bekommen werden, immerhin wäre aber das Engagement des Herrn Groſſer eher zu be⸗ fürworten, als das des Herru Meiſter ſelig, —— ſiſchen Kanzlei, Herr v. Giers ſelbſt. Die Früchte der in Skierniewice feſtgeſtellten Oreikaiſerpolitik im Orient erſcheinen dem engliſchen Beobachter nur in der Vermeidung von Störungen des europäiſchen Friedens; Niemand aber würde es hier einfallen, ſich über deren zukünftige Bethätigung entweder an Deutſchland oder Oeſterreich zu wenden, weil dort die Entſchlüſſe des ruſſiſchen Selbſtherrſchers ebenſo unbekannt ſind, wie im hieſigen Auswärtigen Amte. England iſt daher geneigt, die unerwartete Hartköpfigkeit der Griechen einer geheimen Parteinahme Alexanders III. zuzuſchrei⸗ ben.“ Wir fürchten, daß die ruſſiſche „Freundſchaft“ der europäiſchen Diplo⸗ matie noch manche harte Nuß wird zu knacken geben! Deutſches Reich. Berlin, 14. Mai. Die Kammer der Reichsräthe lehnte heute den Soden'ſchen Geſetzentwurf auf Errichtung einer ſtaatlich geleiteten Mobiliar⸗Verſicherung unter An⸗ nahme einer motivirten Tagesordnung, welche die lautgewordenen Beſchwerden durch die Zugeſtändniſſe der Geſellſchaften für behoben erklärt, mit allen gegen 5 Stimmen ab. Ausland. Bern, 14. Mai. Die internationale Konferenz für techniſche Einheit des Eiſen⸗ bahnweſens unterzeichnet morgen den Kon⸗ ventionsentwurf und das Protokoll. Nach⸗ her findet auf Einladung des Bundesraths ein Banket in Luzern und am Sonntag die Abreiſe über die Arlbergbahn nach Innsbruck ſtatt. Die„Polit. Corr.“ meldet aus Kon⸗ ſtantinopel: Die Pforte motivirt in einer Cirkularnote vom 10. ds. Mts. die Fort⸗ ſetzung der Truppenſendungen nach der griechiſchen Grenze mit den Gefahren, die von der Landgrenze drohen und die Durch⸗ führung eines bloc territorial nothwen⸗ dig erſcheinen laſſen. Die Mächte drückten in der Antwort die Hoffnung aus, die Türkei werde ſich ſelbſt eventuellen Provo⸗ kationen gegenüber nicht von ihrer bishe⸗ rigen maßvollen Haltung entfernen. Petersburg. Die„Nowoſti“ wollen aus ſicherer Quelle erfahren haben, daß der Ausbruch eines Krieges zwiſchen Rußland und China(2) unvermeidlich ſei. Die in der letzten Zeit an der ruſſiſch⸗chineſiſchen Grenze vorgekommenen Grenzſtreitigkeiten ſowie die von China an Rußland geſtell⸗ ten Forderungen ſeien derart, daß dieſelben nur mit der Kriegserklärung ſeitens Ruß⸗ lands beantwortet werden können. Die chineſiſche Regierung habe bereits in der Mandſchurei 15,000 vorzüglich von deut⸗ ſchen Inſtruktoren disziplinirte Truppen konzentrirt. Man hat es hier wohl wieder mit einer kaum flüggen Ente zu thun und darf nicht vergeſſen, daß„Krieg und Kriegsge⸗ ſchrei“ heute zur Tagesordnung gehört! Neueſte Nachrichten. Berlin, 15. Mai. Die Mittheilung der „Magdeburger Zeitung“, daß die Militär⸗ verwaltung eine Verſtärkung der Garniſo⸗ nen in Elſaß⸗Lothringen beabſichtige, ſcheint ſich zu beſtätigen. Es iſt ſogar nicht un⸗ wahrſcheinlich, daß dem Reichstage aus die⸗ ſem Anlaß noch ein Nachtragsetat zugeht. Madrid. Ein heftiger Wirbelwind Direktor Hofmann ein Penſionsfond begrün⸗ det; die erſte diesbezügliche Benefizvorſtel⸗ lungen brachte nebſt einigen Geſchenken 3000 Mark als Grundſtock ein. Ein recht hübſcher Anfang. Paris will nun Ernſt machen mit den Wagner⸗Aufführungen, zum mindeſten hat es den Anſchein, denn der Direktor der großen Oper Gailhard iſt nach Dresden gereiſt, um die vielbegehrte Frl. Malten zu engagiren.— ſchon längſt zu den franzöſiſchen Lieblingskomponiſten. Am 12. dſs. fand im Trocaderoſaale die Aufführung der„heiligen Eliſabeth“ in Anweſenheit des Componiſten ſtatt Frau Schröder⸗Hanfſtängel ſang die Eliſabeth u. res den Landgraf Ludwig. Die Leitung lag in den Händen Vianeſi's. Die Auffüh⸗ rung hatte unter der ſchlechten Akuſtik zu leiden, trotzdem wurden Liszt große Ovationen zu Theil.— Das neulich erwähnte Concert zu Gunſten einer„Klinik Paſteur“ hat unter großem Andrang des Publikums ſtattgefunden; man ſpricht von einem Reinertrag von ca. 30,000 Mark.— Endlich hat„Scheffel“ in Paris ſeinen Nerrolog erhalten und zwar in der„Temps.“ Abgeſehen von einigen Fehlern (wie„Ekkehard in Verſen“) iſt dieſelhe eine ſachgemäß richtige. Es iſt eben wieder ein Beweis: Wenn eine Verbrüderung der ſämmt⸗ lichen Nationen ſtattfinden kann, ſo geſchieht es nur durch das Talent; denn das wahre Talent, wie: Shakespeaxe, Calderon, Ra⸗ eine, Molisre, Goethe, Schiller fand von jeher Anerkennung bei der ganzen menſchlichen Geſellſchaft; die Grundſätze des wahren Ta⸗ lentes werden beſtimmend wirken auf jede Nation und dadurch werden die Schranken fallen, die Gefühle aller in einem Punkte zu⸗ ſammentreſien, in der Wahrheit. K. B. K. In Köln wurde auf Anrathen des Herrn richtete hier und in der nächſten Umgebung große Verwüſtungen an. Zahlreiche Häuſer ſind zerſtört. Der obere Theil des Thurmes der Kirche San Jeronimo iſt eingeſtürzt. Die Zahl der bei der Kataſtrophe getödteten Perſonen beträgt 50, die der Verwundeten wird auf 400 geſchätzt. Tauſende von Bäumen ſind entwurzelt. Vom Tage. * Die ordentliche Generalverſamm⸗ lung der Ortskrankenkaſſe der Hand⸗ lungsgehilſen, welche auf Grund des 8 50 der Statuten zum Zwecke der Vorlage des Rechenenſchaftsberichtes nebſt Vermögensauf⸗ ſtellung für die Zeit vom 1. Dez. 1884 bis 31. Dezember 1885 einberufen worden war, fand geſtern Abend präcis S Uhr im Saale des Badner Hofes ſtatt. Zu derſelben hatten ſich Kaſſen⸗ mitglieder und Arbeitgeber zahlreich genug eingefunden, um die prompte, geſchäftsmäßige Erledigung der Tagesordnung zu ermöglichen. Die von den Herren Reviſoren über den Stand der Bücher und der Kaſſe vorgenom⸗ menen Prüfung wird verleſen und anknüpfend daran der derzeitige Stand der Kaſſe erörtert. Wir können auf den demnächſt zur Veröffentlich⸗ ung gelangenden Rechnungsbeſchluß verweiſen und wollen uns darauf beſchränken, mitzu⸗ theilen, daß der Vermögensſtand am 31. De⸗ zember 1885 ſich auf 11,066 Mk. 61 Pfg. be⸗ ziffert und daß bereits im erſten Viertel des lau⸗ ſenden Jahres weitere 3000 Mk bei der Spar⸗ kaſſe deponirt wurden, ſo daß dieſe Kaſſe heute bereits über ein Vermögen von 14,000 Mk. disponirt; unſere Ortskraukenkaſſe der Hand⸗ lungsgehilfen dürfte demnach wogl die reichſte ſein, die dermalen im deutſchen Reiche beſteht. Vor Kurzem wurde im Reichstage betont, daß es Kaſſen gebe, welche bereits einen Reſerve⸗ fond von 5000 Mk. angeſammelt hätten, den betreffenden Rednern iſt jedenfalls der ganz hervorragend günſtige Stand dieſer Kaſſe nicht bekannt geweſen, welche einen dreimal ſo hohen Reſervefond beſitzt dieſen großen Einnahmen und Kapitalien ſtehen ſehr beſcheidene Ausgaben für die Verwaltung ſelbſt gegenüber: die Ge⸗ halte für Kaſſier, Gehilfen und Diener ſtellen ſich auf den äußerſt beſcheidenen Betrag von 1750 Mk. 24 Pf. Ein ſo glänzen⸗ es Ergebniß der Abrechnung ſtellt den Her⸗ ren, welche ſich der Mühe der Verwaltung derſelben zu unterziehen haben, dem Kaſſen⸗ vorſtande und dem Kaſſier, welche mit außer⸗ ordentlicher Pünktlichkeit und großer Sach⸗ kenntniß ihres Amtes walten, das rühmlichſte Zeugniß aus. Das Vermögen ſelbſt iſt in 4 pEt, bad. Eiſenbahn⸗Obligationen bei der badiſchen Bank deponirt, ſowert dasſelbe nicht vorläufig bei der ſtädtiſchen Sparkaſſe hinter⸗ legt iſt. Trotz dieſes mehr als günſtigen Er⸗ gebniſſes dürfen die Mitglieder ⸗Beiträge nicht ermäßigt werden, weil es nach dem Geſetz erforderlich iſt, daß der Reſerve⸗ fond die doppelte Höhe der Summe der Mit⸗ gliederbeiträge für ein Jahr erreicht haben muß, bevor reduzirt werden kann; da dieſe jährlich M. 12,000 betragen, müßte zu dem Behufe einer etwaigen der Bei⸗ träge der Reſervefonds auf M 24.000 ange⸗ wachſen ſein, was vorausſichtlich im Laufe des 3. Geſchäſtsjahres der Fall ſein dürfte, wenn keine unvorhergeſehenen Ereigniſſe ein⸗ treten. Selbſtverſtändlich wurde dem Vor⸗ ſtand nach dieſem glänzenden Berichte De⸗ charge ertheilt. Wir ſelbſt aber veglück⸗ wünſchen die 100 zu ihren bisherigen Er⸗ folgen, die, wie geſagt, unerreicht und verein⸗ zelk daſtehen dürften. Am nächſten kommt derſelben in ihren finanziellen Erfolgen dahier die Ortskrankenkaſſe der Transportgewerbe, deren Leitung zu unſerer großen Freude Herr Direkor Keller wieder übernommen hat. Revertoire des Großb. Hof⸗ und National⸗Theaters in Mannheim vom 15. bis 24. Mai 1886. Sonntag, 16. d⸗ (B)„Der Freiſchütz“(Agathe: Frl. v. Marſich a. Gaſt). Montag, 17. d. G) Zum 1. Male: „Die eingebildete Kranke“ und„Die Schul⸗ reiterin.“ Mittwoch, 19. d.(4) Neueinſtudirt: „Maurer und Schloſſer“. Samſtag, 22. d. (B) Zum 1. Male:„Der Hüttenbeſitzer“. Sonntag, 23. d.(Ab. ſusp. 4) Zur Feier von Wagners Geburtstag:„Die Götterdämme⸗ Gr. bad. Hof⸗ und National⸗Tbeater in Mannbeim. Freitag den 14. Mai 1886. Der Poſtillon von Loujumeau. Komiſche Oper in drei Abtheilungen. Muſik von Adolph Adam. .B. Die komiſche Oper der Franzoſen iſt immer noch als manches andere, was ſonſt auf der Welt ſich für komiſch ausgiebt und auf mich immer nur den einen Eindruck der Bekümmerniß macht, daß luſtig ſein wol⸗ len und nicht können entſchieden tragiſcher Natur iſt. Siehe die moderne Poſſe und deren muſikaliſches Geiſteskind, die Operette! Eine glücklich erfundene Handlung paart ſich in dieſer Adam'ſchen Oper ſo ſelbſtverſtänd⸗ lich mit einer graziöſen, friſchen Muſik, der nur das Beharren in dem Tanzrythums vor⸗ zuwerfen wäre, daß innigſtes Wohlgefallen der ſtete Begleiter bei jedesmaligem zwei⸗ ſtündigem Gang durch ſolch' heitere Gefilde ſein muß. Geſtern konnte man ſich nach Herzensluſt an dem Silberklang des Gum⸗ ſchen Tenors erfreuen, man konnte ſich auch mit der reinlichen Art, mit der Frl. Prohaska, trotz einiger Guttural⸗Momente im Dialog, die verlaſſene Poſtilionsbraut ausſtattete, be⸗ kurz und gut, man mußte zufrieden ein. In gewiſſenhafteſter Berichterſtatter⸗ flichterfüllung ſei no um im erſten Akt nach dem geblaſenen und geſungenen Lied einen Rieſenapplaus hatte, daß er im dritten Akte ein Lied von Zumpe als Einlage ſang, en Vaterſchaft ich mich ſchämen würde, daß Frau Gum als Kammer⸗ mädchen ſehr hübſch ausſah, weil ſie eben ſehr hübſch angezogen und friſirt war. bemerkt, daß Herr rung“(Brünnhilde: Frau Krämer⸗Widl a Gaſt). Montag, 24. d.(4)„Der Vetter“ und „Papa hat's erlaubt.“(Siegel und Budike: Herr Groſſer a. Gaſtt) * Die Menagerie Scholz gibt morgen Sonntag und Montag noch einige ervor ſtellungen bei ermäßigten Eintritt iſen. Es dürfte dieſe Nachricht gewiß von unſrer Ju⸗ gend freudig begrüßt werden, da man ia ſel⸗ ten eine ſo reiche Sammlung ſchöner Thiere hier zu ſehen bekommt. Wir wünſchen deß⸗ halb, daß die Gelegenheit, der Beſichligung der Menagerie auch von den Schulen in eorpore in Begleitung der Lehrer recht fleißig ergriffen werden möge. — Beſitzwechſel. Das der ſüddeutſchen Immobilien Geſellſchaft in Mainz gehörende Terrain an der Zufahrtsſtraße„zur Käfer⸗ falle“ L 15 Nr. 10/12 iſt um einen bis jetzt Unbekannten Preis in den Beſitz eines hieſigen Rentiers übergangen. Demnach würde doch endlich die Käferfalle fallen. Bosheit. Mehrere Häuſerbeſitzer ließen die Trottoirs ihrer Häuſer beim Marklplatz mit Cement belegen; kaum war die Fertig⸗ ſtellung beendet, als eines ſchönen Morgens die hergerichteten Trottoirs voller Löcher waren. Den betr. Hauseigenthümern iſt dadurch ein bedeutender Schaden erwachſen, da dieſelben gezwungen ſind, ihre Trottoirs noch einmal ganz friſch herrichten zu laſſen. * Die Volksſchule trat geſtern ein neues Schuljahr an. An Oſtern wurden 705 Schüler und Schülerinen entlaſſen und 1233 traten geſtern neu ein, ſo daß ſich die Schülerzahl um 528 vermehrt hat. Die Geſammtzahl der hieſigen Volksſchüler beträgt nunmehr 7729. * Inſpection. Die hier liegenden 2 Bataillone des 2. badiſchen Grenadier⸗Regi⸗ mentes werden nächſten Montag den 17. d. M. durch den Brigadegeneral v. Röder in⸗ ſpicirt werden; auch wird der Commandirende General v. Obernitz dieſer Inſpeetion an⸗ wohnen. & Bärtliche Eheleute. In der Frühe des heutigen Tages ſagte ſich ein Ehepaar in der Unterſtadt gegenſeitig ſo unſchmeichel⸗ hafte Worte, daß ein nach hunderten zählen⸗ der Menſchenauflauf entſtand. Der Mann hatte nämlich den Reſt von Weißzeug zu ſich genommen, um denſelben zu verſetzen, was die Frau mit aller Gewalt verhindern wollte; dieſelbe wagte ſich jedoch nicht allzunahe an ihren Gebieter heran, weil ſie, wie ſie ſelhſt erwähnte, die Wucht der ſchwieligen Hände ihres Eheherrn ſchon allzu oft zu fühlen gehabt hatte. „Durchgegangene Pferde Heute früh gingen zwei Pferde, welche ohne Aufſicht ge⸗ laſſen waren, durch und rannten im vollen Galopp die Straße zwiſchen 6 und H 7 der Ringſtraße zu. Zum Glück waren keine Kin⸗ der unterwegs. Zwei beherzten Mäunern gelang es, die raſenden Thiere aufzuhalten, welche ſie ſodann ihrem Beſitzer zuführten, * Feudenbeim, 15. Mai. Nächſten Sonntag, den 16. d.., Nachmittags halh 3 Uhr findet im Gaſthaus„Zum Sternen hier eine Generalverſammlung des Bauern⸗ vereins ſtatt; auf der Tagesordnung ſtehen nur ſpeziell landwirthſchaftliche Fragen, wo⸗ rüber Herr Daniel Waſſer, Schriftführer des Bauernvereins, referiren wird. Ludwigshafen, 15, Mai. Im An⸗ ſchluß an meine Mittheilung(im Bes hle⸗ General⸗Anzeiger), die Verurtheilung des Re⸗ dakteurs der„Speyerer Zeitung“ betreffend, dürfte auch die Nachricht von Intereſſe ſein, daß Hern Ernſt Kleinpaul, der Redakteur des„Pfälz. Kux.“, in welchem der qualiſizirte Artikei zuerſt geſtanden, vom hieſigen Schöffen⸗ gericht zu einer Geldſtrafe von 10 Mk. und 2 den Koſten verurtheilt worden iſt. Herr Aleinpaul wird Berufung einlegen, ein Schritt, dem ſich ohne Zweifel auch Herr Friedemann von der„Speyerer Zeitung“ anſchließt, Ludwigsbafen. Die auf nächſten Sonn⸗ tag in den Saalbau in Neuſtadt einberufen geweſene nationalliberale Verſammlung, in welcher der Reichstagsabgeordnete Herr Dr. Bürklin über die Thätigkeit des Reichstags referiren wollte, iſt eingetretener Hinderniſſe wegen verſchoben worden.(Im erſten Schreck, und weil derartige Verbote gegenwärtig in der Pfalz an der Tagesordnung ſind, glaub⸗ ten wir, die Neuſtadter Verſammlung wäre am Ende gar—— polizeilich beanſtandet worden. Schrecklicher Gedanke, deſſen Wider⸗ ſinn uns übrigens bald einleuchtete und alle bangen Zweifel beſeitigte.) Privat⸗Teſegram O Kroſſen(Regierungsbezirk Frank⸗ furt a. Oder), 15. Mai. Geſtern ſind durch eine furchbare Windhoſe große Ver⸗ heerungen angerichtet worden; Häuſer ſind eingeſtürzt; faſt ſämmtliche Dächer und Scheiben ſind beſchädigt. Der Kirch⸗ thurm ſtürzte zuſammen. Militär und Feuerwehr räumen die Trümmer hinweg. Mehrere Perſonen wurden getödtet, ver⸗ ſchiedene ſchwer verletzt. Auf der Oder verſanken zwei Schiffe, wobei fünf Per⸗ ſonen umkamen. Briefkaſten. P. S. Ludwigsbafen. Sie müſſen ſich von Ihrer Heimathsgemeinde ein Zeugniß darüber ausſtellen laſſen, daß Sie vermögens⸗ los ſind, worauf Sie beim zuſtändigen Amts⸗ gericht die Zulaſſung zum Armenrecht bean⸗ tragen. Sie können Erſatz der Heilungs⸗ und Verpflegungskoſten und Entſchädigung für etwa bleibenden Nachtheil beantragen und einklagen, nicht aber Schmerzensgeld. Sollte ſich aber ergeben, daß das Kind den Hund geneckt hat, ſo könnten Sie überhaupt mit Ihrer Klage abgewieſen werden; ſuchen Sie ſich möglichſt auf privatem Weg zu einigen. T. M. H. K. 820 W. J. Richtig ge rathen. ——