3 e ine us⸗ Abonnementspreis: r Konat 50 Ufg.— Auswärts durch die Paſt 65 fs Man abonnirt in Kannheim bei ver Expedition E 6, 2, ſowie b⸗ allen Zweig⸗Expeditionen und— Auswärts bei allen eiches und den Briefträgern. Die Badiſche Volkszeitung erſcheint täglich zit Ausnahme der Sonn⸗ Poſt⸗Anſtalten des deutſchen und Feiertage. 8 umfaßt mit der Gratisbei⸗ ſage des General⸗Anzeiger 10 Seiten. Politiſche Ueberſicht. * Mannheim, 4. Juni. Deutſchland. Schneller als wir ge⸗ dacht, hat die Freiburger Erzbiſchofsfrage ihre Erledigung gefunden. Wie uns ein Mitlwoch Nachmittag unmittelbar nach der Drucklegung unſeres Blattes zugegangenes und an demſelben Tage noch in einem Extrablatte veröffentlichtes Telegramm mittheilt, iſt Biſchof Roos von Lim⸗ burg gewählt worden. Der neuernannte Kirchenfürſt war vor ſeiner Berufung auf den Limburger Biſchofsſtuhl Dom⸗ pfärrer. Da die Kirchenhäupter vor 1886 nicht mehr diejenigen von 1876 ſind, da ſie während dieſer Zeit viel gelernt und— viel vergeſſen haben, ſo iſt zu hoffen, daß Herr Roos es verſteht, ſich auf ganz gu⸗ ten Fuß mit der Regierung zu ſtellen. Die nunmehr vollzogene Wahl beweiſt, auf welch' ſchwachen Grundlagen all' die auf dieſelbe bezüglichen Muthmaßungen beruh⸗ ten, welche die ganze Zeit her ſich geltend machten und Anſpruch auf Beachtung er⸗ hoben. Die Kandidatur Roos gehörte zu denjenigen, von denen eigentlich am we⸗ nigſten die Rede war. Um ſo größeres Aufſehen wird jetzt die vollendete Thatſache erregen. Auch unſerem, ſonſt gut unterrichteten Frei⸗ burger Correſpondenten iſt inſofern ein Irrthum unterlaufen, als er die Wahl des Dr. Kopp als wahrſcheinlich bezeich⸗ nete. Eine derartige unrichtige Schluß⸗ folgerung iſt aber nach Lage der Sache begreiflich.— Die„Poſt“ war kürzlich ſo ungeſchickt, daran zu erinnern, daß das neue Kirchengeſetz im Abgeordnetenhauſe an demſelben Tage angenommen worden, an welchem vor fünfzehn Jahren der glor⸗ reiche Frankfurter Frieden abgeſchloſſen ward. Ein klerikales Blatt geſtattet ſich jetzt eine andere geſchichtliche Reminiscenz. Die„Köln. Volkszig.“ macht darauf auf⸗ merkſam, daß die Veröffentlichung des letz⸗ ten kirchenpolitiſchen Geſetzes, welches am 21. Mai die königliche Sanktion erhielt, auf einen merkwürdigen Gedächtnißtag fällt: auf denſelben 25. Mai, an welchem, 801 Jahre vorher, Papſt Gregor VII., Feuilleton. — Aus Weitenſels wi berichtet: In der Nacht, die auf Königs Geburtstag folgte, wurde der hieſigen Polizei verrathen, daß von ſozialdemokratiſcher Seite„Vorbereitungen Win Hochverrath“ getroffen würden. Bei ind und Wetter legten ſich einige Polizei⸗ beamte vor der Stadt auf die Lauer ünd er⸗ wiſchten auch ein paar junge Burſchen, die, auf einer Leiter ſtehend, im Begriff waren, eine rothe Papierfahne mit der Jnſchrift; „Hoch die Anarchie, Nieder die Despotie!“ zu befeſtigen. Ihre Perhaftung hatte die Feſt⸗ nahme noch zweier zur Folge, und alle vier„Verſchwörer“ haben bis jetzt im Naumburger Gefängniſſe geſeſſen. Nachdem aber nunmehr der Reichsanwalt erklärt hat, auf den Thatbeſtand eine Hochverraths⸗Anklage nicht begründen zu köunen, iſt am Montag die Freilaſſung der Uebelthäter erfolgt, die nun nur den Unfugsparagraphen noch zu fürchten haben, — Ruſſiſch⸗militäriſcher Eiſenbahn⸗ bau. Rußland baut in ſeinen mittelaſiati⸗ ſchen Gebieten eine Eiſenbahn vom kaspiſchen Meere bis zur indiſchen Grenze. Dem Be⸗ richte einer ruſſiſchen Militärzeitung über den Bau dieſer transkaſpiſchen Eiſenbahn entueh⸗ men als ungemein intereſſant: Im April v. J. war die Verlängerung der ahn über Merw hinaus befohlen, und zu⸗ gleich die Bildung eines zweiten Eiſenbahn⸗ Jataillons angeordnet worden. Die Bilduag dieſes zweiten Bataillons erfolgte mit über⸗ raſchender Schnelligkeit. Das erſte Eiſen⸗ hahnbatalllon befand ſich auf der 217 Werſt langen Strecke vom Michaelow'ſchen Meer⸗ duſen bis Kifil⸗Arwat. Am 30. Mai hatte dus neue Eiſenbahu⸗Bataillon in der Stärke Herausgeber Oe. lus. Bermann Baas in Mannheim. ſere heutige Nummer Volksbk⸗ kund Handels⸗Zeitung. ———— Organ für Jedermann. ———————————————— „der große Kämpfer für die Befreiung der Kirche von ſtaatlicher Gewalt“, in der Verbannung zu Salerno die Augen ſchloß. „Vergleichende Betrachtungen über den „Prieſter von Kanoſſa“ und den„Kanoſſa⸗ gang des Reichskanzlers“ an dieſe Erinne⸗ rung anzuknüpfen, überlaſſen wir denjeni⸗ gen Leuten, welche ſich über das Geſetz vom 25. Mai noch nicht tröſten können“, bemerkt dazu hämiſch das ultramontane Blatt. Die kleine Gloſſe iſt bezeichnend für die wahren Geſinnungen der klerikalen Kreiſe. Von der ſchönen Regel, daß man dem geſchlagenen Feinde goldne Brücken bauen ſoll, ſcheint man in dieſen Kreiſen nichts wiſſen zu wollen. Erſieht man hieraus, daß die klerikale Preſſe durchaus nicht prüde iſt, ſo müſſen wir doch aner⸗ kennen, daß ſie wenigſtens mit einer ge⸗ wiſſen Offenheit zu Werke geht, was ſich von einem Theile der proteſtantiſchen Preſſe, namentlich der Muckerpreſſe, nicht immer ſagen läßt. Frankreich. Die Begründung der Aus⸗ weiſung der franzöſiſchen Prinzen, wie ſie von dem Juſtizminiſter der Deputirten⸗ kammer verleſen worden iſt, und die Ge⸗ ſetzesvorlage ſelbſt haben folgenden Wort⸗ laut:„Im Gegenſatz zu monarchiſchen Regierungen hat die Republik ſich ver⸗ pflichtet geglaubt, die gegen die geſtürzten Dynaſtien gegebenen Verbannungsgeſetze aufzuheben. Indem ſie den Mitgliedern der Familien, die in Frankreich geherrſcht haben, geſtattete, auf ihrem Gebiete zu wohnen und ſich einzurichten, und indem ſie ihnen bieſelben Rechte wie allen anderen Bürgern einräumte, durfte die Regierung darauf rechnen, daß ſie dieſer Politik der Mäßigung und des Vertrauens durch Achtung vor der beſtehenden Staatsein⸗ richtung entſprechen würden. In dieſer Erwartung hat ſie ſich getäuſcht. Die Erben der alten Dynaſtien haben keines⸗ wegs ihren Anſprüchen entſagt. Weit enifernt, dieſelben zu verheimlichen, ſuchen ſie offen alle Gelegenheiten auf, um die Einrichtungen, die das Land ſich freiwillig gegeben hat, zu ſtürzen. Noch vor einigen Monaten hat die Regierung ſich geweigert, gegen ſie die Maßregeln zu ergreifen, welche ein großer Theil der öffentlichen Meinung verlangte. Dieſe Haltung ſcheint nut die Wirkung gehabt zu haben, ſie zu neuen Herausforderungen zu ermuthigen. Der Beweis iſt demnach vollſtändig und wir erachten, daß der Augeublick gekommen iſt, einer Sachlage ein Ende zu machen, die nicht fortdauern könnte, ohne dem An⸗ ſehen der Verfaſſung und dem Wohle des Landes ſchweren Schaden zuzufügen. In Folge deſſen haben wir die Ehre, Ihnen folgenden Geſetzentwurf vorzulegen: Art. 1. Die Regitrung iſt bevollmächtigt, das Gebiet der Republik jedem Mitgliede der Familien, die in Frankreich regiert haben, zu verbieten. Das Verbot wird durch einen im Miniſterrath beſchloſſenen Erlaß des Miniſters des Innern ausgeſprochen. Art, 2. Wer in Zuwiderhandlung gegen die Ausweiſungsverfügung in Frankreich, in Algerien oder in den Kolonieen be⸗ troffen wird, verfällt einer Gefängnißſtrafe von zwei bis fünf Jahren. Nach Been⸗ digung der Strafhaft wird derſelbe an die Grenze zurückgeführt.“ Aſien. Ein kurioſes Gerücht, das aller⸗ dings mit der nöthigen Vorſicht aufzuneh⸗ men iſt, kommt aus Teheran, der Haupt⸗ ſtadt Perſien's. Wie es heißt, überbrachte Nusred Paſcha dem Schah einen Brief des Sultans, worin ein Schutzbuͤndniß aller Mohamedaner gegen die chriſtliche Welt befürwortet wird. Der Schah lehnte das unter Hinweis auf die Freundſchaft Perſien's mit Rußland jedoch ab. In den Tiſchreden bei den Diners der perſiſchen Miniſter vertrat Nusred Paſcha die Idee eines Bünbniſſes zwiſchen der Türkei, Perſten und Rußland, die in England ihren gemeinſamen Feind hätten. Deutſches Reich. Berlin. Eine angenehme Kriegführung iſt es jedenfalls nicht, wenn die Soldaten mit der Ausſicht in den Kampf ziehen, nicht nur todt oder zum Krüppel geſchoſ⸗ ſen, ſondern obenein noch gefreſſen zu werden! Dieſe Möglichkeit aber iſt im Colonialkriege nicht ausgeſchloſſen. Das Wegſchaffen der Verwundeten des„Alba⸗ troß“, deſſen Beſatzung, wie wir kürzlich berichteten, vor einiger Zeit einen harten Strauß mit den Wilden zu beſtehen hatte, konnte nach einer Mittheilung der„Mün⸗ chener Allgemeinen Zeitung“, da die Ge⸗ vor dem Moskauer Oberkommandirenden. Die Maunſchaften waren in der für Traus⸗ kaſpien üblichen Weiſe eingekleidet und das Bataillon bot bereits das Bild eines feſt verſchmolzenen Gauzemt. Am 21. Juni laugte daſſelbe in Kiſil Arwat au und begann ſofort mit der Arbeit. Offiziere und Mannſchaften wurden in einer wohl in der ganzen Welt einzig daſtehenden Kaſerne Untergebracht, nämlich in einem auf den Shienen hefind⸗ lichen Eiſenbahnzug, der ſich jeden Tag um ſo weit vorwäris bewegte, als gearbeitet worden wac. Der Zug beſteht aus 27 zwei⸗ ſtöckigen Waggons, die ganz wie Kaſernen⸗ zimmer eingerichtet ſind. Während des Win⸗ ters waren die Wände mit Fils ausgeſchlagen: es waren Oefen, Doppelſeuſter, Belten u. ſ. W. vorhanden. Jede Kompagnie hatte einen Wägen, der die Küche, das Zeughaus, Werk⸗ ſtätte ꝛc. enthielt; andere dienten als Laza⸗ reth, als Kanzlei und als Telegrapheuſtation. Dieſe fahrende Kaſerne bewegt ſich täglich etwa 4½ Werſt vorwärts. Jetzt iſt der Eiſenbahndamm in der vollkommenſten Weiſe bereis auf 364 Werſt von Kiſil Arwat herge⸗ ſtellt und mit Schwellen belegt; augenblick⸗ lich wird ſchon über Merw hinaus gearbeitet; vom Kaſpiſchen Meere iſt man ſchon 591 Werſt entfernt. Zugleich mit Aufſchüttung des Dammes erfolgt die Anlage einer regel⸗ rechten Telegraphenlinie.(ca. 7 Werſt ſind gleich deutſchen Meilen.) — Ein originelles Teſtament Vor einigen Wochen verſtarb in Petersburg, wie die dortige„Petersb. Liſt.“ berichtet, ein wohlhabender Junggeſelle, W. P. U, und vermachte ſeinem einzigen Neffen ſeine Häuſer in Petersburg und Moskau, ſowie ſeine, in der Reichsbauk devonirten Werthpapiere. von über 1000 Kopfen bereits eine Parade —— Laufe einer beſtimmten Zeit nur die 1006 beziehen, wie er auch nicht berechtigt iſt, vor Ablauf einer beſtimmten Zeit die Immobilien zu verkaufen. Ferner enthält das Teſtament ſolgende Beſtiminungen: Der Erbe muß ſich mik ſeinem Ehrenwort verpflichten, 1) nie mehr Tabak, ſeien es nun Cigarren oder Ci⸗ garetten oder Pfeifentabak, zu rauchen; 2) nie in ſeinem Leben Karten zu ſpielen und y im Verlaufe von 6 Monaten nach Beſtä⸗ tigung des Teſtaments zu heirathen, damit er nicht auch ein Hageſtolz werde. Zu Teſta⸗ meutsbollſtreckern ſind drei Freunde des Teſtators beſtellt, welche das Recht haben, falls der Erbe die erwähnten Bdingungen nicht erfüllt, ihm den ganzen Nachlaß zu nehmen und ihn zu gleichen Theilen unter ihre Kinder zu vertheilen. Zur Erfüllung der beiden erſten Pünkte hat ſich der Erbe hereits verpflichtet; vermuthlich thut er das⸗ ſelbe auch mit dem dritten Punkt. Hat er während einer feſtgeſetzten Zeit ſein Wort gehalten, iſt er verheirathet, rauczt und ſpielt nicht Karten, ſo liefern die drei Teſtaments⸗ vollſtrecker, die ihn dieſerhalb ſteis im Auge zu behalten und zu controliren haben, ihm den ganzen Nachlaß zur unumſchränkten Dis⸗ poſition aus. Der arme Erbe raucht und ſpielt aber mit Leidenſchaft und es wird alt viel Ueberwindung koſten, ſein Wort zu alten. — Salongeſpräch.„Wo bleiben's denn um's Himmelswillen ſo lang, Herr Graf?, „Pardon, gnädige Frau— war im Theater.“ —„So?— was haben's denn heut' ge⸗ ſpielt?“— Die luſtigen Weiher von Wind⸗ „O, die ſind nett!“—„Er hat „ Die einſpaltige Petitzeile oder deren Ra Anzeigen werden von allen Annone Agenturen und Trägerinnen, ſowie im 2 Rotationsdruck der Ur. H. Haas ſchen; neben der katholiſchen Spitalkirche in Antſertionspreis: ſteklamen 30 Pfg 1, von unſeren ngenommen Bei größeren Aufträgen Ra idruckerei, 80,3 n ieeeeeeee ——.—. Samſtag, 5. Juni 1866. angenen für die Bewohner des Bismarck⸗ Archipels“ zugleich„gute Biſſen“ bedeu⸗ ten, nicht ohne den fortgeſetzten Wider⸗ ſtand der Eingeborenen geſchehen. Unter dem Schutze weiterer Mannſchaften des „Albatroß“ gelang es aber glücklicherweiſe, alle Verwundeten in Sicherheit zu bringen, wofür dieſe um ſo dankbarer waren, als ihnen ſonſt ein grauſames Ende gewiß war * Wie ſehr mit dem Wiederaufkom⸗ men der Innungen der alte zünftleriſche Geiſt wieder aufſchießt, zeigen folgende Mittheilungen aus Hannover: Vor eini⸗ gen Wochen antwortete die hieſige Bau⸗ gewerken⸗Innung auf das Geſuch der Geſellen und Arbeiter, die willkürlich durch Entziehung der Vesperpaufe auf 10½ Stunden verlaͤngerte Arbeitszeit wieder auf 10 Stunden herabzuſetzen, kurzweg mit der Erklärung, die Innung habe mit der Lohnkommiſſion der Arbeiter nichts zu ſchaffen. Jedem Meiſter ſei es überlaſſen, ſich mit ſeinen Leuten zu eini⸗ gen. Als hierauf einige Meiſter die Vesperpauſe gewährten und ſo dem ſeit einem Jahre mehrfach wiederholten Ge⸗ ſuch der Geſellen endlich entſprachen, for⸗ derte der Innungsvorſtand dieſe Meiſter unter Androhung von zweihundert Mark Strafe auf, die Bewilligung rückgängtg zu machen. Er wurde nun darauf auf⸗ merkſam gemacht, daß dieſe Androhung gegen die Gewerbeordnung verſtößt; auch fand das ganze Verfahren der Innungs⸗ meiſter durch die Preſſe eine begründete Verurtheilung, und da ſie gegen dieſelbe nichts einwenden können, ſahen ſie ſich jetzt genöͤthigt, die erſt ſchroff zurückgewie⸗ ſenen Geſellen um eine Wiederanknüpfung der Verhandlungen mit dem Innungsvor⸗ ſtande zu erſuchen. Die Geſellen haben ſich auch dazu bereit erklärt, und ſo iſt die Lohnbewegung unter den Maurern hier in ein neues Stadium getreten. Hof⸗ fentlich führen die Verhandlungen zu einer Einigung.— Auch in Göttingen haben bie Meiſter eine Arbeitsordnung erlaſſen, die mit der Gewerbeordnung im Wiber⸗ ſpruch ſtehen und die den Geſellen ge⸗ währleiſteten Rechte mehrfach verletzen ſoll. In Folge dieſer Arbeitsordnung hat ſich auch in Göttingen ein Baugewerkefach⸗ Theater, Runſe u. Wiſſenſchaft⸗ Von den legteren ſoll der Erbe jedoch im ſor.“— hübſchen Sachen, der Wind⸗ or!“ verein gebildet. Auf ſolche Weiſe arbeiten Rundſchan über Theater und Kunſt. Zu dem Gaſtſpiel des Herru Sturn machen wir hiermit unſern Leſern noch einige Mittheilungen. Das Eugagement deſſelben auf drei Jahre kam deſinitiv zu Stande und können wir uns freuen, daß der Künſtler hier noch bis Herbſt nächſten Jahxes kontrakt⸗ lich gebunden iſt. In ſeiner driten Gaſtrolle erhielt Herr Stury drei Lorbeerkränze, als wohlverdiente Würdigung: daß das hieſige Publikum bei dem Wiederauftreten ſ kalt blieb, muß man theils auf den hlötlichen ungeſchickten Auftritt dez Frieder thells, auf Eigenſchaft der Mannheimer 445 1 1 5— Leider paſſirte Herrn Sturh als Karl Moor ein kleiner Unfall: Beim Losdrücken eines Revolvers verſagte der Schuß und endlud ſich plößzlich, als der Dar⸗ ſteller an der Mündung der Waſſe mani⸗ pulirte. Hierdurch zog ſich derſelbe eine glücklicherweiſe leichte Brandverletzung zu; jedoch konnte das Stück ungehindert zu Ende geſpielt werden.— In Müuchen fand vor einigen Tagen die Erbffnung des Piglhein⸗ ſchen Panorama's ſtatt. Daſſeſbe ſtellt die Kreuzigung Chriſti dar und zeigt ſomit den berühmten Maler der Hariſer Amazonen⸗ und Cocottenbilder von einer neuen Seite⸗ Die Ausführung ſoll eine hiſtoriſch eble ſein und wohnten der Eröffnung verſchie⸗ dene hohe und höchſte Perſoulen bei Einer der höchſten Künſtlerariſtotraten Grauzviſh wird nächſten Monat anläßlich eines Wohl⸗ thätigkeitsconcertes in Mainz eintreffen. Selbſt⸗ verſtändlich beſteht das Programm nur aus Compoſitionen des Altmeiſterg. Vorausſicht⸗ lich ſoll mit dem Concerte bis nach den Bay⸗ reutber Parſifalhoxesllungen gewartet werden, die„bekannte“ 2. Selte: die Meiſter den Sozialdemokraten in die Hände. Ausland. rüſſel. Man ſchreibt der„Wiener Aug. Ztg.“ von hier:„Seit einiger Zeit vergeht in Belgien kein Tag, ohne daß ein neuer Scandal die Fäulniß unſerer ſittlichen Zuſtände aller Welt offenbaren würde. Nach der unſauberen Affaire des Vicomte Edgar Dupleix de Cadignan, welcher ſich rühmt, von den Bourbonen abzuſtammen, kam jene ſeines Freundes Van der Smiſſen, welcher am 81. Mai vor den Brabanter Geſchworenen erſchienen kſt. Sodann war die chronique scanda⸗ leuse in der Lage, uns die Erbſchleicherei des Advocaten Degand und des Friedens⸗ vichters Delannoy als den„neueſten Seandal“ zu präſentiren. Heute ſpricht man im Brüſſel viel von dem plötzlichen Berſchwinden des Schöffen des öffentlichen Unterrichtes, von dem Niemand weiß, Pohin er ging. Seine Freunde behaupten, das cherchez la femme ſei auch hier der Schlüſſel des ſcheinbar unlöslichen Räthſels. Allein was bedeuten alle dieſe Geſchichten im Vergleiche zu dem Scandal, welcher ſich gegenwaͤrtig in der tugendſamen Stadt Gent abſpielt? Dort hat man es gar nicht mehr mit einem einzigen Scandalzuthun, ſondern mit einer ganzen Serie, welche immer weniger erbauliche Details zu Tage fördert. Vor einigen Wochen kam die Genter Polizei einer Spiel⸗ hölle auf die Spur, welche von eini⸗ gen jungen Leuten gegründet, ſehr bald auch unterſchiedliche Bürger der alten fland⸗ riſchen Hauptſtadt, darunter Gemeinde⸗ räthe, Induſtrielle, Kaufleute, Bankiers, anzog. Die Geſellſchaft gab ſich den Na⸗ men„Les cra vattes noires“, welche an den Verſchwörer⸗Chor in„Angot“ erin⸗ nert. In dieſer Spielhölle, welche die „Creme“ der Genter Geſellſchaft verei⸗ nigte, wurden allabendlich horrende Summen gewonnen und verloren. Nach dem Spiele begab ſich die Geſellſchaft in die anſtoßen⸗ den Gemächer, wo ein Harem von Damen in möglichſt luftigen Coſtümen die Spieler erwartete. Die Orgien gingen eine Weile ruhig fort, bis einige junge Lebemänner ihre Geldbeutel erſchöpft hatten. Da ver⸗ ſtelen ſte auf die geniale Idee, alle Fami⸗ lienväter, welche Mitglieder der„Cravattes noires“ waren und den Scandal fürchten müſſen, zu ſchröpfen und organiſtrten nun ein Syſtem von Erpreſſungen. Schließ⸗ lich ſah ſich ein Opfer, welches dem Ruin nahe war, gendthigt, die gericht⸗ lich Anzeige zu machen, und ſo kam die ganze Sache in die Oeffentlichkeit. Die Erpreſſer wurden verhaftet und mehr als ſechszig angeſehene Bürger ſind in den unerhörten Scandal verwickelt. Drei derſelben haben einen Selb ſtmord begangen. Alle Verſuche, die Affaire zu vertuſchen, ſind geſcheitert, da die Angelegenheit bereits in der Preſſe beſprochen wird. Die cle⸗ ricale Preſſe behauptet, die Betheiligten ſeien lauter Liberale. Wer von Beiden Recht hat, iſt ſchwer zu entſcheiden. Wahr⸗ ſcheinlich war die Geſellſchaft auch in po⸗ Ktiſcher Beziehung einigermaßen„gemiſcht“. Man ſieht der kommenden Gerichtsver⸗ handlung in dieſer Affaire mit mehr Furcht als Spannung entgegen.“ Brüſſel, 2. Juni. Nach der glänzen⸗ den Vertheibigung Van der Smiſſen's Eine hrung des Parſifal fand neulich in— ſtat, indeſſen nur als Orato⸗ zium Die Theater daſelbſt ſind bereits„in ———— m Ganzen haben in der letzten Saiſon auf den 3 Theatern(Stadt, Thalia, Altonger) 842 Vorſtellungen ſtattgefun⸗ den.— Nachdem nach einander italieniſche, ——— ruſſiſche Künſtler in Berlin Ihre ten und Fertigkeiten erprobt haben, kommt nun die Reihe an Old Eng⸗ land. reſp. Japan. Am Mittwoch ward zum erſten Male„Mikado“, Canerd Operette aus der Feder eines Engländers gegeben. war ein großer, jedoch vollkom⸗ men gerechtfertigter. Des Weiteren mel⸗ det man aus Berlin, daß der rühm⸗ lichſt bekannte Satyriker und Witzbold ritz Mauthner ein Luſtſpiel in 4 eten, betitelt„Tartüffe im Frack“ vol⸗ lendet hat.— In Paris bildet immer noch Wagner den Erisapfel; der pariſer Apoſtel Lamoureux, der immer Schritt für Schritt guf ſeiner Bahn fortſchreitet, bringt dieſen Winter im Edentheater Bruchſtücke aus der Walküre“, dem„Tannhäuſer“,— Fofarder, und„Triſtan und Sſolde“ ur ufführung.— Auch die Türkei beginnt ſich Serepet freld wih Peilhcln, n0 na land, rei beſchenkt vom Gultan, der ihm auch den Os⸗ manié-Orden verliehen.— Wir wollen unſere Ueberſicht nicht ſchließen ohne eines igen alftſeillr u erwähnen. Der be⸗ Schriftſteller Karl Frenzel feierte an 1. Juni ſein 25jähriges Jubiläum als Redacteur der Nationalzeitung. Von allen Seiten gingen dem Jubilar Glückwünſche ———— denene 5— nals beſonders e eien. Die Kollegen der Redactian brachten Screib⸗ Badiſche Volks⸗Zeitung. 5. Junt. durch Lejeune erfolg un ½7 Uhr der Spruch der Geſchworenen, und zwar wurde die erſte Frage: ob ein freiwillig be⸗ gangener Mord vorliege, bejaht, die zweite, ob dieſer Mord mit vorheriger Ueberlegung begangen, verneint. Der Gerichtshof ver⸗ urtheilte darauf Van der Smiſſen unter An⸗ nahme mildernder Umſtände zu 15 Jahren Zwangsarbeit. Der Angeklagte erſchien bei der Verkündigung des Urtheils völlig vernichtet und brach ſchluchzend zuſammen. Des Urtheils harrte eine große Menſchen⸗ menge vor dem Gerichtsgebäude.— Die Arbeiterpartei beſchloß geſtern, am 13. Juni einen Kongreß in Brüſſel abzuhalten. Der Brüſſeler Gemeinderath wird erſt nächſte Woche über das Verbot einer Manife⸗ ſtation ſeitens des Bürgermeiſters Buls entſcheiden. Paris, 2. Juni. Die Ausweiſungskom⸗ miſſion beſchloß mit 6 gegen 5 Stimmen die Ausweiſung aller Prätendenten. Die Majorität begab ſich hierauf zu Freyeinet, um eine Einigung mit der Regierung zu ſu⸗ chen. Freyeinet lehnte jede bindende Er⸗ klärung ab und verſprach, im morgigen Miniſterrath den Antrag Burdeau⸗Brouſſe berathen zu laſſen, wonach die Ausweiſun⸗ gen obligatoriſch, Ausnahmen aber zuläſſig ſind für Prinzen, die nach dem Erſtgeburts⸗ recht nicht thronfähig ſind. Aus Athen wird gemeldet: Aus dem Verhalten der türkiſchen Regierung in den letzten Tagen geht hervor, daß die Pforte die Herſtellung enger freundſchaftlicher Beziehungen mit Griechenland anſtrebt. Catania, 2. Juni. Der Aetna⸗Ausbruch iſt neuerdings zum Stillſtand gekommen Der Lavaſtrom iſt 25 Meter breit, 3 hoch und rückt vor, wenn auch langſam. Meh⸗ rere Vorſtadtvillen Nicoloſis ſind zerſtört. Die Stadt iſt von den Bewohnern voll⸗ ſtändig verlaſſen und militäriſch beſetzt. Neueſte Nachrichten. Rom, 2. Juni. Vom 1. bis 2. Mit⸗ tags erkrankten reſp. ſtarben an Cholera in Venedig 29/19, in Bari 5/1, in Brin⸗ diſt 1/0 und in Oria 5/4 Perſonen. Newyork, 2. Inni. Johann Moſt wurde heute zu zwölf Monaten Kerker und 500 Dollars Geldſtrafe verurtheilt. Der Rich⸗ ter ſprach ſein Bedauern darüber aus, daß es keine höhere geſetzmäßige Strafe gehe; er halte Moſt für den größten Schurken, den er je geſehen habe. Die Anarchiſten Braunſchweig und Schenk wurden zu je neun Monaten Kerker, Braunſchweig au⸗ ßerdem noch zu 250 Dollars Geldſtrafe verurtheilt. Waſhington, 2. Juni. Die Hochzeit des Präſidenten Cleveland mit Fräulein Frances Folſom hat heute Abend 7 Uhr ſtattgefunden. Dr. Johannes Chriſtian Roos, Biſchof von Freiburg i. B. Schneller als man es vielfach hoffen zu dürfen glaubte, hat die durch den Tod des hochwürdigen Erzbiſchofs Orbin verwaiſte Dibzeſe Freiburg wieder einen Oberhixten Nachdem das Domkapitel eine Liſte uſammengeſtellt, wurde dieſelbe zufolge der orſchrift Leo Kul, dem Großherzog vorge⸗ legt, um etwaige Abänderungen d. h. Striche vornehmen zu können. Am Mittwoch ward denn, nach Erfüllung der üblichen Formali⸗ täten, der Name des Erwählten von der Kanzel im Dom herab dem verſammelten Volke verkündet. Die Wahl war auf Dr. Roos, vormals Biſchof von Amburg, geſallen und wollen wir einige Daten aus ſeinem Leben hier folgen laſſen. Geboren am 28. April 1828 zu Camp am Rhein, bezog er nach Abſolvirung ſeiner Gymnaſialſtudien die Univerſität München, von wo er aus Geſund⸗ heitsrückſichten nach Bonn überſiedelte. Am 22. Auguſt 1853 erhielt er die Prieſterweihe; ſeine nächſten drei Lebensjahre verbrachte er theils in Sachſenhauſen, theils in Ranſel und Oberlahnſtein. Alsdann übernahm er am 1. Juni 1856 die Stelle des Pfarrver⸗ walters in Hochheim. Nach vierjährigem Wirken daſelbſt ward er durch ſeinen Biſchof abberufen, um bei demſelben als Sekretär zu fungiren. Durch ſeinen klaren Verſtand Und ſein ſcharfes Urtheil errang er das Ver⸗ trauen ſeines Vorgeſetzten, bei dem er in⸗ deſſen nur 2 Jahre blieb. Im Jahre 1862 ward Dr. Roos in den Dienſt der biſchöflichen Centralbehörde als Domvicar und Ordina⸗ riatsſekretär eingeſetzt, den er ebenfalls nach zwei Jahren verließ, da ihn Biſchof Blum mit dem 1. Mai 1864 zum Profeſſor der Moral und Paſtoral und Subregens am Prie⸗ ſterſeminar ernannte. Bis zum Jahr 1869 blieb er am Seminar, deſſen Regens er 1867 geworden, zu welchem Zeitpunkte er zum Domherrn und Stadtpfarrer von Limburg erwählt wurde. Bald darnach verlieh ihm die Kgl. Regierung das Amt eines Schul⸗ inſpektors, welchem er einen freudigen Eifer entgegenbrachte. Er errang ſich in allen geiſtlichen und weltlichen, hohen und niederen Kreiſen Achtung und Anerkennung, die auch anläßlich des 25jährigen Prieſter⸗ jubiläums 1878, in erhabendſter Weſſe zum Aus⸗ druck kam. Am 19. Februar 1885, alſo vor fünf viertel Jahren empfing Dr. Roos den erledigten Biſchofſtuhl von Limburg, den er nun mit dem Erzbisthum Freiburg ver⸗ tauſcht. Vom Tage. O Mannheim, 4. Juni. Bei der am 24. Mai zu Köln ſtattgefundenen Verſamm⸗ lung der Weſtdeutſchen Binnenſchifffahrts⸗ Berufs⸗Genoſſenſchaft der Sektion III wurde Köln zum Sitz der Sektion und die Fachzeit⸗ ſchrift„DasRheinſchiff“ alsoffizielles Organ beſtimmt. Ebenſo beſchloß die Sektion 6, Sitz Ruhrort, die allgemeinen Mittheilungen für die Genoſſenſchaft in der Fachzeitſchrift„Das Rheinſchiff“ bekannt zu machen. Sektion 3 umfaßt die Rheinprovinz(ohne den Reg.⸗ Bez. Düſſeldorf und ohne den Kreis Wetz⸗ lar des Reg.⸗Bez. Koblenz), ſowie Birkenfeld, Sektion IV umfaßt den Reg.⸗Bz. Münſter, die Kreiſe Borken, Koesfeld und Recklingshauſen, ſowie die.⸗Bz. Arnsberg und Düſſeldorf. Es iſt ſomit dieſe Fachzeitſchrift an allen Strömen, Flüſſen und Kanälen von ganz Weſtdeutſchland verbreitet, gewiß ein glän⸗ zender Erfolg für die kurze Zeit des Be⸗ ſtehens dieſes Organes. Der Reuban der Mannheimer Berſicherungs⸗Geſellſchaft an den Planken, deſſen monumentale Architektur, trotz ihrer klaſſiſchen Schönheit, bisher nur wenige Fach⸗ leute hefriedigte, findet jetßt auch den Beifall des Buds uns. Man iſt nämlich gegen⸗ wärtig beſchaſtigt, die Wandflächen mit der aus Jiglien ſtammenden Decorationsweiſe, Sgraffitos genannt, zu ſchmücken. Da⸗ durch hat die Façade ungemein gewonnen und ſind die Entwürfe zu dieſem Wandſchmuck künſtleriſch werthvoll. Dieſe Art von Wand⸗ malexei, ehemals, im 15. und 16. Jahrhundert in Oberitalien vielfach zur Anwendung ge⸗ hracht, findet in neuerer Zeit wieder größere Beliebtheit. Sie hat, wenn das Material richtig gewählt iſt, vor dem Fresco den Vor⸗ zug größerer Wetterbeſtändigkeit und deshalb längerer Dauerhaftigkeit voraus. Es dürfte die Leſer intereſſiren, zu erfahren, wie dieſe Malerei hergeſtellt wird. Auf eine Lage Mörtel, welche verſchieden, in dieſem ſpeziellen Fall, ſchwarz gefärbt ſein kann, wird Kalk⸗ milch und in dieſe obere Schicht, ſo lange ſie feucht iſt, die Zeichnung mit löffelförmigen Werkzeugen eingegraben, ſo daß dieſelbe farbig, hier alſo ſchwarz, auf zeug, die Setzer eine goldene Feder, die Be⸗ amten der Expedition ein Album Berlin's nebſt einem Gedicht von Trojan dar. Möge es dem Jubilar vergönnt ſein, ſein goldenes Jubelfeſt ebenfalls zu begehen. H. R. H. Der Tingel⸗Tangel im Hoftheater. Dr. H. Wenn es nicht auf dem Theaterzettel u leſen wäre, würde es wohl Keiner glauben, aß der„Protzenbauer“ ein Volksſtück iſt. In den Vordergrund ſich„a bisl Zitherſpiel, a paar Schnadahüpfle und a Schuhplattler“ und weit hinten im Hinter⸗ pielt ſich dann auch ein bischen Hand⸗ ung ab und wenn Herr Bauer, der ehrſame Pfarrer nicht in ſeiner hochdeutſchen Berg⸗ predigt ſetwas vom„Jaga“⸗Friehl erzählen würde, ſo wüßte man auch nicht, daß die 8 Bberbüce welche die Dekoration zeigt, in Oberbayern gelegen iſt. Gerade ſo iſt e⸗ auch mit dem„Wiener Walzer“. Zum Glück ſteht es auf dem Theaterzettel, ſonſt könnte man's füglich auch ſür die Neckarauer Kirch⸗ weih halten und der„Bettelſtudent“,„Gas⸗ parone“,„Don Cäſar“ und wie dieſe edle Herren ſonſt heißen mögen, nehmen ſich aus wie die reinen Ariſtokraten gegenüber dem Wiener Walzer“. Als zart empfundene Ein⸗ 9—— den luſtigen zuſammengeſtohlenen Walzerklängen diente in höchſt—— Weiſe der klaſſiſche„Dorfbarbier“, der an unſerer Hofbühne mit einer Maſſe der feinſten Nü⸗ ancen ausgeſtattet wird. Für empfindſame, ſenſitive Naturen ein Hochgenuß! Wie elegant Adam, der Barbiergeſelle, den Schinken zu verſchlingen weiß und wie natür⸗ lich ſich Peter, der Schneider, auf den Rücken zu 5 und mit den gegen Himmel geſtreck⸗ ten Beinen ſeiner Bewunderung den gebüh⸗ cenden Ausdruck zu verleihen weiß, das dürfte unübertroſen daſteben/ ———————— Vielleicht iſt dieſer Schinken das erfriſchendſte an der ganzen alten Poſſe geweſen, welche übrigens einigen Mitgliedern des Chores vollauf die Gelegenheit bot, ihre für entſprechende Rollen im Schauſpiel kund zu thun. Die gute Laune des Publikums erreichte naturgemäß ihren Höhepunkt, als Adam, der Barbiergeſelle, die Einförmigkeit dieſes unglaublichen Unſinns mit dem Vor⸗ trage etlicher ſogenannten guten Witze unter⸗ brach, und die ſieben Bauern zugleich über das ſeit bald hundert Jahren ſtereotyp ge⸗ wordene lange Handtuch zu barbieren anfing. So etwas erfriſcht und erquickt das Gemüth und eine Steigerung unſeres Wohlbehagens wäre gar nicht mehr möglich, wenn nicht Wiener Walzerklänge, die ſo ſeltenen Töne in den heiligen Hallen unſeres Kunſttempels plötzlich gleich electriſchen Funken die Fuß⸗ ſpitzen durchzucken würden. „Wiener Walzer“ iſt eine Ballet⸗Pantomime, die auf große Verhältniſſe berechnet iſt. Wer heute eine ſolche zuſammenſtoppelt, der geht davon aus, daß eine pompöſe Ausſtattung alle dieienigen Schwächen der Handlung ver⸗ decke, an denen iedes Ballet zu leiden hat. Wir haben darum mit beſonders hochgeſpann⸗ ten Erwartungen unſeren Muſentempel nicht betreten und waren feſt entſchloſſen, mit jener Engelsgeduld, welche die charakteriſtiſche Ei⸗ genthümlichkeit eines jeden Kunſtreferenten im Allgemeinen, im Beſonderen aber eines Mannheimer Kritikers ſein ſoll, alles über uns ergehen zu laſſen. Wenn die äußerſt dürftige vantomimiſche Handlung, welche an unſerer Bühne geſtern bis auf den Nullpunkt herabgedrückt worden iſt und die man ſelbſt mit dem ſchärſſten Operngucker nicht zu ent⸗ decken Dermochte, den„Wener Wilzer“ nicht einen Darchfall bereitet hat, der von Rechts⸗ llem Srund erſcheint— Juch die innere ecoration des Gebäudes ſoll, wie wir hören, eine vornehme werden. Reiche Decken⸗ und Wandmalereien, ächte ſchöne Täfelungen und Möbel nach einheitlichen ſtilvollen Entwürfen werden das Innere ſchmücken. So ſoll im zweiten Stockwerke ein großer Sitzungsſaal in reichſter Holzarbeit vorgeſehen ſein. Es dürfte demnach mit dieſem Neubau, unſere an ſtilgerechten Bauwerken nicht überreiche Stadt eine neue Zierde erhalten. Schließend bemerken wir noch, daß die Cartons zu den Sgraffiten von einem Züricher Maler her⸗ rühren und die innere Ausſtattung der Möbel⸗ fabrik E. Seeger und den Decorationsmalern Sattler und Gutbrod hier übertragen wurde. Der Arbeiter⸗Fortbild.⸗Verein Maunheim feiert an den beiden Pfingſt⸗ tagen d. J. ſein 25jähriges Stiftungsfeſt. Das vorläufige Programm enthält auf Sonn⸗ tag Nachmittag: Concert im„Badner Hof', —7 Uhr; Feſtrede, Uebergabe eines Kran⸗ zes ꝛc., Abends 8 Uhr im Lokal Uaterhal⸗ tung(Bankett). Montag früh eine Waſſer⸗ fahrt von 2 Stunden; 10 Uhr, Frühſchoppen⸗ Concert im Lokal, K 3. 14; 2 Uhr, Feſtzug in den„Badner Hof“, hierauf Concert und Abends Ball daſelbſt. Bei dieſem Feſte wer⸗ den ſehr viele auswärtige Arbeiterbildungs⸗ vereine vertreten ſein und ſteht auch Seitens hieſiger Freunde eine lebhafte Betheiligung zu erwarten, um ſo mehr, als das Arrange⸗ ment in beſten Händen iſt und nichts ver⸗ ſäumt werden dürfte, den Gäſten den Auf⸗ enthalt ſo angenehm wie möglich zu machen. * Zur Fuſbeetion des hier garniſo⸗ nirenden Dragoner⸗Regiments, welche heute hier indet, ſind eingetroffen: neue Diviſions⸗Commandeur, General v. Keßler, der Brigade Commandeur, Oberſt von der Planitz, nebſt Adjutan⸗ ten, ſowie auch Oberſt von dem Kneſe⸗ beck von der 29. badiſchen Diviſion, welch' letzterer der Inſpection gleichfalls auwohnt + Bahyeriſche Brauerei⸗Geſellſchaf vorm. H. Schwartz. Die Actien dieſer Ge⸗ ſellſchaft ſollen, wie uns mitgetheilt wird, in nächſter Zeit durch die Deutſche Union⸗Bank hier zur öffentlichen Subſeription aufgelegt werden. Bezüglich des Preiſes ſoll noch keine definitive Feſtſtellung getroffen ſein. * Duell. Allen Vermuthungen nach hor geſtern früh im Collekturwald, an den Kugel⸗ fängen ein Piſtolendueil ſtattgeſunden. Aus⸗ flügler, die den Zug 4 Uhr 40 Min. früh nach dem Waldhof benützten und dann eine Fuß⸗ tour durch den Walb machten, ſahen bei den Kugelſängen einige Infanterieoffiziere und eine Civilperſon ſtehen, die in einer am Waldfaum haltenden Equipage dorthin gefahsen ſein mögen u. von denen ſie annehmen mußten, daß ſie zu einem Duell Vorbereitungen trafen, reſp. Jemanden erwarteten. Später hörten ſie auch einige Schüſſe fallen. Bewohner des Waldhofes und der Neckarvorſtadt ſahen eine Stunde ſpäter einige Offiziere in einer Equi⸗ page zurückfahren, von denen einer die Hand verbunden hatte. Näheres hierüber konuten wir bis jetzt allerdings nicht * Unfreiwilliges Bad. Letzten Mitt⸗ woch nahmen eirea 12 Frauen, welche auf der Pritſche der Bleiche in der Nähe des Milchgütchens mit Waſchen beſchäftigt waren, ein unfreiwilliges Bad. Die Pritſche, welche mit Wäſche allzuſchwer belaſtek war, fank, ſo daß die Frauen ſämmtliche bis über die Beuſt im Waſſer ſich befanden; glücklicherweiſe war raſch Hilfe bei der Hand und ohne jeden Unfall wurde die Retlung bewerkſtelligt. IDurchgegangenes Pferd. Am Mitt⸗ woch Mittag ging das Pferd vor dem Bens⸗ heimer'ſchen Seikungswagen in der Unterſtadt durch und wurde der Kutſcher zwiſchen K 2 und K 3 während der eiwa 12⸗ jährige Knabe eines Bedienſteten jener Zei⸗ tung, der aus Liebhaberei eine Fahrt mit⸗ machte, wohl ſich feſthalten, aber das Pferd nicht anhalten konnte. Anfangs im Galopp, dann im ſcharfen Trapp lief das Pferd nach der Ringſtraße und dieſelbe entlang bis zum Bahnhof, wo es eingefangen wurde. Der Knabe kam mit dem Schrecken davon, und war es ein Glück für ihn, daß er ſich krampfhaft feſthielt, während der Kutſcher leichte Verletzungen erlitt. Fortſetzung auf der dritten Seite. wegen glänzender hätte ausfallen Msſlatt als der nicht vorhandene Glanz der Ausſtattung, ſo verdankt dieſes unſer Theater dem uner⸗ mübdlichen Fleiße unſerer rührigen Ballet⸗ meiſterin, die den Geſchmackunſeres Publikums in den 16 Jahren ihres Hierſeins kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hat und mit der kleinen Schgar unſeres Balletperſonals treff⸗ liches zu leiſten verſtanden hat. Die von ihr arrangirten Tänze(ganz beſonders geſchmackvoll wurden die Polongiſe, die Mazurquadrille, die Walzer und der Czarbas getanzt) ſind nach mei⸗ nem Dafürhalten die einzigen Momente gewe⸗ ſen, welche das äſthetiſche Gefühl und den guten Geſchmack gerettet haben, während die Grup⸗ pirung der Staffage zwiſchen den beiden Ex⸗ tremen einer großen Armſeligkeit und eines geräuſchvollen Getümmels herumſchwankte und außer dem guten Willen auch den guten Ge⸗ ie vermiſſen ließ. Das zahlreich er⸗ ſchienene Publikum hat dieſes auch richtig erkannt und Frau Guthenthal mit dem Ballet⸗ perſonale, dem wir an dieſer Stelle unſer Com⸗ pliment zu machen nicht verſäumen wollen, in oſtentativer Weiſe und mit vollſtem Rechte ausgezeichnet. Die Wenigſten haben gewiß eine Ahnung davon gehabt, daß Frau Guten⸗ thal, die geſtern Abend in ſo anerkennens⸗ werther Weiſe ihr Szepter Cwang, wie ein ächter Soldat das Feld der Ehre behauptete, und daß, 00 ſie uns im äußeren Schmucke der Freude entzückte, tiefe Trauer in ihr Herz eingezogen war, da ſie diejenige, die ihr am nächſten ſtand, daheim auf der Todtenbahre liegen wußte. Wie heißt's doch in„Mein Leopold“ 7 Denn es lacht oft der Mund Und iſt heiter das Geſicht Wenn das Herz dabei wund Wenn das Hers dabei bricht“ ——