dieſem Wahlkamp bungen der P el Aench Landgerichisrath von Stockhorner: wunſch ſage, aber 3 da 0 Aunmittll Abonmnement: 50 Pfa. monatlich, Bringerlohn 10 Pfg. monatlich, hurch die Poft bez. inel. Poſtauf⸗ ſchlag M..90 pro Quartal. pas Prog amm des Candibaten des Pfälzer Bauernypereing. (Hr. Stenographiſcher Bericht.) Am Dienſtag, den 23. November l. Is. entwickelte Herr Landgerichtsrath Treiherr v. Stockhorner⸗Starein, welcher von den Obmännern der vereinigten Bauernvereine unſeres Wahlkreiſes um die Annahme einer Candidatur für den XI. badiſchen Reichstagswahlkreis gebeten worden war, ei Gelegenheit der Generalverſammlung des Seckenheimer Pauernvereins vor einer ſehr ſtattlichen Verſammlung von Landwirthen ſein Programm, welches wir auf Grund unſeres Stenogramms im Folgenden zur Kenntniß unſerer Leſer unſerer durchaus unabhängigen Stellung in mpfe haben wir es als unſere Aufgabe betrachtet, dem weiten Leſerkreiſe unſeres Blaties ein von der geſammten Pahlbewegung und damit zugleich das beſte Material zu er eigenen Orientirung und Richtſchnur zu bieten. deutenderen Verſammlungen aller Parteien ſind in ſteno⸗ graphiſchen, wortgetreuen Berichten vor dem geiſtigen Auge ünſerer Leſer vorübergegangen, es gereicht uns nun zur Ge⸗ gugthuung, dieſelben auf dem gleichen Wege mit den Beſtre⸗ fälzer Bauernvereine bekannt zu machen, welche in beachtenswerthes Glied in der Reihe und Kette wirth⸗ aftlicher Bewegungen in unſerem Wahlkreiſe bilden. Einer undlichen Einladung Folge leiſtend haben wir dieſer Ver⸗ ammlung in Seckenheim beigewohnt und find ſomit in der ehmen Jage, aus eigener Anſchauung auch darüber zu bringen. Riempff E ten. Pie ein halbes Jahr, daß ich das letzte Mal das Ver⸗ ewachſen iſt. 5 Sie mir das bwoßk agen dacht kommen Ich werde natürlich hiebei das Hauptgewicht guf diejenige Frage legen, welche die Bauernvereine beſchäf⸗ t, das iſt die landwirthſchaftliche J gerde aber auch diejenigen Portrages ziehen, welche der licher ſo nahe ſtehen, nämlich die Handwerker⸗ id die lte, n S 1 Vorſitzender des Vereins, Reſe Vorwürfe zurückzuweiſen. Bis zum 3. Oktober waren zwei Reichstagscandidaten aufgeſtellt, die Cand datur nationalliberalen und der ſozialdemokratiſchen Partei. aß von einem Anſchluß des Pälzer Bauerureins an die eedemokrat. Partei keine Rede ſein kann und konnte, brauche nicht erſt auszuführen. Aber auch die Stellung, welche der udidat der nationalliberalen Partei in ſeinem parlamenta⸗ Kiſchen Wirken in wirthſchaftlichen Fragen eingenommen hat, Punte uns nicht annehmbar erſcheinen, weßhalb Ferein den Beſchluß faßte, ſelbſtſtändig in die Reichstagswahl Fantreten und einen eigenen Candidaten aufzuſtellen. Die Stellung, welche die nationalliberale Partei durch Aufſtellung Erer Candidatur eingenommen hat, wird ſich im Verlaufe „Heines Vortrages ergeben, indem ich die verſchiedenen F ger betrachte und dabei die Stellung dieſer Partei in's Auge . Was nun die wichtigſste, und vor allen Dingen für die Fauernvereine wichtigſte Frage, die lan dwirthſchaftliche Frage betrifft, ſo dürfen wir jetzt ſagen, der Nothſtand der Andwirthſchaft wird allgemein anerkannt; es iſt noch nicht keuge her, daß derſelbe anerkannt wird: denn etwa vor 10 Nahren war es, als in der erſten badiſchen Kammer die ver⸗ biedenen Grundherren, v. Marſchall, Bo zerl! A. darauf hinwieſen, daß die Landwirthſchaft in befinde; damals wurde Gbler u. hem wachſenden Niedergange ſich 1 gar nicht gerne gehört und man hat es den betr. Herren hr übel genommen, daß ſie die Landwirthſchaft in Schutz Heute aber kann man ausnahmslos, mit mehr weniger Wärme in den Blättern aller Parteien die Mymen. Es iſt nun un⸗ en gehabt habe, hier in Seckenheim zu ſprechen. Es war ſehr ſchöner Abend und die Bauern— es waren ihrer bis 74 beiſammen—, die an dieſer Verſammlung Theil genommen haben, werden ſich gewiß noch daran erinnern, pie ein friſcher, froher Zug durch dieſelbe ging; bend war es, do der hieſige Bauernverein gegründet wurde. Es gereicht mir zur ganz beſonderer Freude, zu ſehen, wie ftark der Bauer⸗verein in der kurzen Zeit ſeines Beſtehens Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen zu dleſem achſen und Blahgen des Vereins meinen herzlichſten Glück⸗ nen auch meinen Dank ausſpreche dafür, ertrauen geſchenkt, mich an die Spitze Geſammtvereins zu ſtellen und mir durch Ihre Herren Otmänner dieſes Vertrauen dadurch ausgeſprochen haben, Sie mich zum Candidaten für die Reichstagserſatzwahl im Kreiſe Mannheim⸗Weinheim Schwetzingen erwählten. ute iſt es nun meine Pflicht, Ihnen meine Stellung u den Fragen klarzulegen, welche die Landwirthſchaft ar oder mittelbar berühren, als auch zu den anderen welche bei der bevorſtehenden Reichstagswahl in Be⸗ ragen in das Bereich meines gandwirthſchaft in wirthſchaft⸗ ie J Ich muß Sie nur um die Er⸗ aubniß bitten, daß ich meinen Vortrag in zwei Abſätzen a meine Stimme etwas angegriffen in Folge der vie⸗ trapazen, welche die letzten Wochen mit ſich brachten, elche aber auch einen recht günſtigen Erfolg verſprechen, da Pir allerorts gefunden haben, daß die Grundſätze, welche wir in wirthſchaftlicher Hinſicht in den Bauernvereinen vertreten, erall mehr als ich zu hoffen gewagt, bei den Landwirthen wie bei den Handwerkern großen Anklang gefunden haben. fe zurückkom⸗ nduſtrie⸗Frage. 7 Ich muß nun zunächſt auf einige Vorwür ickkon en, die man uns aus dem Umſtande gemacht hat, daß wir, Bauernyereine, ſelbſtſtändig an die Reichstagswahl heran⸗ en ſind, Vorwürfe, die höchſt ungerechtfertigt ſind. Man Punte vielfach in den letzten Wochen in den Blättern, nament⸗ ch in den Amtsverkündigern zur Genüge leſen, welche Vor⸗ ürfe dem Verein gemacht worden ſind, indem man ſagte, 1 7 Bauernverein hätte bei der Lage der Sache, Zicht elbſtſtändig bei der Reichstagswahl auftreten, ſondern iſch der nationalliberalen Partei anſchließen ſollen. Ich als verpflichtet fühlen, weßhalb der Bauern⸗ Bodmann⸗Berlichingen, Erſchzint täglich, Sonn- und Felltags ausgensmmon. I Thalſache beſtätigen hören, daß die deutſche Landwirthſchaft ſich in einer üblen Lage befindet. Wie ſtellt ſich nun der Liberalismus, und namentlich der Nationalliberalismus zu dieſer Frage und wie hat er ſich von jeher zu derſelben verhalten? Ich erinnere Sie daran, wie oft den deutſchen Landwirthen von den Nationalliberalen geſagt worden iſt:„Schreit doch nur nicht ſogleich nach Staatshilfe, nach Schutzzöllen; wartet doch, bes einige gute Ernten kommen, die gleichen Alles wieder aus.“ Ja iſt denn das eingetroffen? Haben wir in den letzten drei Jahren nicht Ernten gehabt, die nicht nur nicht ſchlecht, ſon⸗ dern in Bezug auf einzelne Früchte ſogar recht gut waren? Und hatten wir nicht vor 3 Jahren, mit Ausnahme des Weines, ſogar eine recht gute Ernte? Aber haben dieſe etwas genützt? Iſt durch ſie der Nothſtand der Landwirth⸗ ſchaft beſeitigt oder auch nur gemildert worden? Man kann dieſe Fragen, glaube ich, nicht bejahen. Die Getreidepreiſe ſind immer mehr geſunken und erſt in letzter Zeit ſind die⸗ ſelben vor weiterem Sinken bewahrt worden durch Einfüh⸗ zung der Zölle. Wie ſollte aber auch eine gute Ernte ein Radikalmittel ſein können? Nicht darauf kommt es an, wie viel ich auf meinem Speicher habe, in meinem Schopfen habe, ſondern was es gilt, was ich dafür bezahlt erhalte. Wenn es den Preis nicht gilt, den ich brauche, um beſtehen zu können, was nützt mir denn da eine gute Ernte? Man hat dann dem Bauer weiter geſagt: Ja, wenn es mit dem Körnerbau nicht geht, warum laßt ihr ihn nicht bleiben; treibt Viehzucht. Iſt es denn aber möglich, daß die deutſche Landwirthſchaft mit Leichtigkeit zur Vieb zucht übergeht? Wenn das in einer abſehbaren Zeit ge⸗ ſchehen könnte, müßte wahrlich ein Wunder geſchehen. Der Landwirth iſt nicht in der Lage wie der Handels⸗ mann, der, wenn er mit einem beſtimmten Artikel Handel treibt und dieſen verkauft hat, leicht zu einem äͤnderen Artikel übergehen kann. Das kann aber der Land⸗ wirth nicht, und namentlich kann es eine ſo große Korpo ration, wie der deutſche Landwirthſtand nicht. Ueberdies bewegen ſich gerade Diejenigen in einem Cirkel, die dem unter dem Bauernſtande herrſchenden Geldmangel abhelfen wollen und demſelben anrathen, er ſolle Vieh kaufen. Ja, dazu braucht der Bauer Geld, was er eben nicht hat. Doch noch etwas; bedenken wir, was es heißen ſoll: den Körner⸗ bau aufheben! Wo ſoll denn das Stroh, die Streue für das Vieh herkommen und was würde die Folge ſein, wenn ein großer Theil— ich will nicht ſagen, die geſammte deutſche Landwirthſchaft— zur Viehzucht überginge. Wir hätten ſofort eine groze Ueberproduktion an Vieh und Die jenigen, welche von dem Körnerbau abrathen, weil ſie keine Zölle wollen, ſind natürlich auch gegen die Viehzölle. Alſo hätten wir bei der Viehzucht die gleiche Calamität. Die Conkurrenz mit dem Ausland iſt immer mehr im Wachſen begriffen. Hunderte von Schiffen ſchwimmen Wochen lang auf dem Meere, um das Fleiſch in geſalzenem Zu⸗ ſtande und in Eis verpackt aus den überſeeiſchen Staa⸗ ten bei uns zu importiren und machen ſo der deutſchen Landwirthſchaft eine empfindliche Conkurrenz. Und dann bedenken Sie, wean wir wirklich auf dieſe Culturſtufe herab⸗ ſteigen, wenn wir, die wir zufolge unſeres Klimas und unſerer Bodenbeſchaffenheit auf die Landwirthſchaft angewieſen find, ausſchließlich Viehzucht betreiben würden, was würde die Folge eines einzigen ſchlechten Futterjahres ſein? Es würde im ganzen Deutſchen Reich oder doch in einem Theil desſelben emen empfindlichen Rückſchlag auf die Viehpreiſe zur Folge haben. Und überdies kommt noch ein wichtiger Grund hinzu, der dagegen ſpricht, nämlich der, daß wir, wenn wir das Getreide nicht mehr ſelbſt bauen oder nicht in hinreichender Weiſe mehr bauen, in ein immer größeres Abhängigkeitsverhältniß von dem Ausland gerathen. elche Folgen könnte es mit ſich bringen, wenn in den Getreidebau treibenden ausländiſchen Staaten eine Mißernte eintreten, oder wenn ein Krieg, ein europä ſcher oder ein Weltkrieg ausbrechen würde? Die Fol⸗ gen wären gar nicht abzuſehen. Es könnte ſo ſchlimm werden, daß das Ausland, welches uns in den Händen hat, die Ge⸗ treibdepreiſe dermaßen in die Hbhe ſchrauben würde, daß uns Hören und Sehen verginge. Man hat den Landwirthen aber auch noch weitere Rath⸗ ſchläge gegeben. Man hat geſagt, wenn es mit dem Körner⸗ bau und mit der Viehzucht nicht geht, verlegt man ſi) auf den Bau von Handelspflanzen, oder— wie man thatſächlich angerathen hat— auf den Bau von Arzneigewächſen, von Camillen, Fenchel, ſogar von Neſſeln. So komiſch dies auch klingt, ſolche Rathſchläge hat man dem Baue ruſtand gegeben. Das ſind, wie ich nicht in Abrede ſtellen will, Rathſchläge, recht gut gemeint, aber durchaus unpraktiſch Freilich, mit den Handelspflanzen, die wir in der Pfalz bauten, Ta⸗ bak und Hopfen, ging es Jahre lang gut. Aber wie ſteht es jetzt mit denſelben? Hat nicht ſchon vor 2 oder 3 Jahren das landw. Wochenbl. gewarnt vor neuen Hopfenpflanzungen, weil der Landwirth und namentlich der kleinere Landwirth ſich dadurch leicht in größere Schwulitäten hineinarbeiten könnte? Hat nicht dasſelbe Blatt ſchon darauf hingewieſen, daß die Conjunkturen des Handels ſehr drückend find, wie die ausländiſche Concurrenz, die Witterung und andere Zufällig⸗ keiten? Nun bleibt noch der Tabak übrig. Wie ſteht es denn mit dieſem? Ich brauche in dieſer Beziehung nicht viel 15 ſagen. Sie Alle wiſſen, wie der Preis für den Tabak Jahr für Jahr geſunken iſt und wie die Pflanze in ihrem Werthe ſo abgenommen hat, daß Hunderte von Landwirthen nicht mehr auf ihre Koſten kommen, daß ſie manchmal ſo viel für den Dung bezahlen müſſen, als ſie für ihren Tabak erhalten. Deßhalb iſt der Tabakbau ſo ſehr zurückgegangen. Da trifft aber auch noch etwas anderes zu, nämlich die Einwirkung der Unrentabilität des Körnerbaues auf die Ausbreitung des Tabakbaues; ich will hier, um den des In⸗ tereſſes des Tabakbauern mit dem Getreidebauern darzuthun, gleich bemerken, daß dort, wo der Tabakbau zugenommen, der Getreidebau abgenommen hat, und doch wird mehr Tahak ge⸗ baut als wir brauchen wenn die Preiſe wieder ſteinen ſollten — ̃— Mannheimer Handels⸗Seitung. nötbige Geld in der — 5— kiger Inſerate: der Stadt Mannheim und Umgebung. n Mannheimer Volksblatt. Einzel⸗Nummern 3 Pfg. Doppel⸗Rummern 5 Pfg. Das kommt davon her, daß in manchen Gegenden, wie in der Ukermarck, in Schleſien ꝛc. ꝛc. die Leute gefunden haben, der Körnerbau rentire ſich nicht mehr, ſie kämen auf keinen grünen Zweig; da bauten ſie Tabak, der auch geringer iſt als unſer Pfälzer Tabak, aber er iſt auf dem Markt. Sie wiſſen ja Alle, die Güte des Tabaks macht den Preis nicht aus. Der Preis für den Tabak iſt auch ein in hohem Grade ſchwankender; ſo kann Morgens der Preis 25 M. betragen, Mittags 20 M. und Abends 18 Mk.; mauchmal fällt er um dieſen oder einen noch größeren Prozentſatz ſogar in einer Stunde. So kommt es daß der Tabak, der auf dem Markte iſt, unſeren Tabal herunterdrückt. Alſo iſt der Rathſchlag, der Landwirth ſoll ſich auf den Bau von Hopfen und Tabak ver⸗ legen, auch kein durchſchlagender. Der allercharaktert⸗ ſtiſchſte Rathſchlag aber, den man dem Landwirth ertheilt hat, iſt der: Es hat ein liberaler Herr, der eine ſehr hervorragende Stellung einnimmt, in einer öffentlichen Verſammlung geſagt, nachdem er die verſchiedenen Mittel, die der Landwirthſchaft aufhelfen ſollten, als unzureichend und unzulänglich bezeichnet hatte, trotz den heutigen e gen Verhältniſſen könne der Landwirth nicht nur beſtehen, ſondern ſogar vorwärts kommen, wenn er nüchterner, fleißi⸗ ger, ſparſamer und wirthſchaftlich vorſichtiger wäre. In das Deutſche überſetzt heißt das ſo viel als: Sei nüchtern, ſpar⸗ ſam und rufe nicht ſo viel nach Staatshilſe. Welches iſt nun der Standpunkt des Pfälzer Bauern. vereins und überhaupt der Bauernvereine in Beutſchland? Sie ſagen, dem deutſchen Landwirthe zuzumuthen, mit Amerika, Rußland und Indien zu concurriren, iſt eine Hartherzigkeit, denn es heizt ihm etwas zumuthen, was er gar nicht zu leiſten vermag. Vergegenwärtigen wir uns doch, daß die darg Kraft unſerer deutſchen Landwirſchaft im Körrerbau eruht, vergegenwärtigen wir uns doch, wie verſchieden die Verhältniſſe ſind, unter denen die deutſche, die ruſſiſche und die indiſche Bevölkerung arbeitet; betrachten wir uns z B. die amerikaniſchen Verhältniſſe, die uns ſo lange Zeit ſehr nahe gingen und auch jetzt noch nahe gehen Da hat z. B. er Staat Wisconſin in Nordamerika ein fabelhaft großes Stück Land, auf dem ca. 30 Millionen Menſchen wohnen können, verkauft, um einen enorm billigen Preis, ſo daß durch⸗ ſchnittlich 40 Cent für einen Acker bezahlt wurden. Wie kön⸗ nen wir mit ſolchen Preiſen concurriren, zumal da es ja auch ſonſt bekannt iſt, daß gerade in den weſtlichen Diſtrikten vor Nordamerika der Bodenpreis ein fabelhaft niedriger iſt und man es ſich kaum vorzuſtellen vermag, wie derſelbe ſo niedrif ſtehen kann. Dies kommt daher, weil das Land ein ſolches iſt, da⸗ noch nie berührt und wo dem Boden noch Nichts entzogen wurde⸗ Dort braucht man keinen Dünger; dort iſt der Miſt ſo werthlos daß man ihn als Brennmaterial benützt. 8 gibt es keine di⸗ rekten Steuern, ſondern nur indirekte, die alſo ein Jeder zahlen kann wann er will. Wie ſoll nun die deutſche Landwirthſchaft mit ſolchen Diſtrikten konkurriren, wir, die einen ausgeſogenen Boden bebauen, der nur das ergibt, was man in denſelben hineinſenkt; wie ſollen wir mit Ams⸗ zahlen müſſen, während dort alle landwirthſchaftlichen Geſchäfte von der Saat bis zur Ernte, bis zum Binden der Garben mit Maſchinen, alſo billiger, verrichtet werden. In demſelben rika konkurriren, die wir Steuern und hohe Arbeitslöhne be⸗ Blatte, aus dem ich dieſe Thatſachen entnehme, klagt aber auch ein amerikaniſcher Senator darüber, daß Amerika nicht mehr beſtehen könne gegen die indiſche Getreidekonkurrenz und ruft nach Schutzzöllen. Wenn nun nicht einmal die amerikaniſchen Landwirthe der indiſchen Conkurrenz Stand halten können, um wie viel weniger wird es die deulſche Landwirthſcha vermögen? Um ſich einigermaßen einen Be⸗ agicſ e der enormen indiſchen Konkurrenz zu machen, genügt 48, die Thatſache anzuführen, daß der indiſche Export in den Jahren 1867—1886 von 300,000 et. auf 21 Mellionen ewt. geſtiegen iſt, ein Export, dem ſelbſt Amerika widerſtandslos gegenüberſteht. Deshalb verlangen die Bauernvereine Schu für die nationale Produktion, Schutz für die Landwirthſchaft durch Zölle, und zwar nicht blos durch die jetzt beſtehenden Zbölle, ſondern auch durch Zölle, die genügen. Es handolt ſich nicht darum, oh dies gleich geſchehen ſoll, morgen oder am erſten Januar, ſondern es handelt ſich in erſter Linie da⸗ rum, den richtigen Zeitpunkt, in der es geſchehen muß, heraus⸗ zufinden; das 1 5 aber müſſen wir unter allen Umſtänden verfechten und da ſteht eben die nationalliberale Partet ent⸗ ſchieden entgegen. Sie wiſſen Alle, daß der Candidat dieſer Partei ſich ſeiner Zeit in der erſten Kammer gegen die Schutz⸗ zölle ausgeſprochen hat. Bemerken will ich hier nur noch, daß ich recht wohl werß, daß man gegen die Schutzzölle auf Getreide manches aufuhrt. Das Wichtigſte davon iſt, man vertheure durch die Schutzzölle dem kleinen Manne das Brod. Mir ſcheiut aber dieſe Behauptung eine ſehr gewagte zu ſein, und ich muß wirklich fragen, wie man das nur öffentlich be⸗ haupten kann. Soweit meine Erfahrungen reichen, ſt gerade das Gegentheil der Fall; nicht nur der Preis des Getre des iſt bis auf die letzte Zeit geſunken, ſondern auch das Brod iſt etwas billiger geworden; es iſt alſo eine poſitive Unrich⸗ tigkeit, wenn man behauptet, das Brod wurde durch die Schutzzölle vertheuert. Wir können übrigens auchder Fra le der Brodver⸗ ruhig in das Geſicht ſehen. Es handelt ſich immer darum: braucht die Landwirthſchaft den Schutz der Produk⸗ tion oder nicht? braucht ſie ihn, ſo müſſen wir ihn haben Der Herr Reichskanzler, von dem man nicht ſagen fann, daß er ein Mann der Phraſe iſt, hat ſchon im Jahr 1881 geſagt, es ſei nöthig, daß die deutſche Landwirthſchaft beſtandsfähig ſei; wenn ſie zu Grunde gehe, gehe auch der ganze Staat zu Grunde. Das iſt ein Wort unſeres Herrn Röichskanzlers, der wohl weiß, welche Bedeutung ſeinen Worten im deutſchen Volke beigelegt wird und der es gewiß nicht geſprochen hätte, wenn er nicht von der Richtigkeit derſelben überzeugt wäre. Was hängt denn, frage ich, davon ab, ob die deutſche Land⸗ wirthſchaft blübt oder niedergeht? Alles. Was aber insbe. en ſondere die Frage der betvifft; ſe ig? Ruflig iſt lig 81 rrr=5 ollars in Gold.20—15 frage ich, was heißt denn billi tiver Begriff. Billig iſ fü · e e 5 58 General⸗Anzeiger. 5 26. November, i ii mich etwas, wenn ich das Geld nicht Bürgerſchaft bildete, iſt es jetzt aus dieſer Stellung nach und Fen an wenn damit dem Handwerkerſtand geholſen ueß Taſche habe, um zu bezahlen. Aber was hat das nach heruntergeſunken zu einem Stand, der, wie der Stand könnte. en Einfluß, wenn die Landwirthſchaft nicht mehr kann, wenn nicht blos die Steuerkraft, ſond rn auch „Kaufkraft derſelben immer weiter herunterſinkt? 4s 30 Millionen unſerer deutſchen Bevölkerung ernäſren bvon der Landwirthſchaft. Wenn nun dieſer große Pro zentſatz in ſeiner Kanfkraft gehemmt iſt, ſo äuß rt ſich dies in allen Ständen, vielleicht mit Ausnahme von einigen tauſend Manſchen. So ſpürt es vor allen Dingen der Handwerker und der Kaufmann, beſonders der kleine Kaufmann in Stadt und Land. Aber auch die Induſtrie muß es durchweg in allen Branchen büßen, wenn der Bauer kein Geld hat We viele Artifel der deutſchen Induſtrie decken den B darf der Landwirthſchaft! Wenn nun der Landwirth ſeine Erzeugniſſe Hicht mehr preiswürdig verkaufen kann, wie ſoll dann die Induſtrie im Stande ſein, ihre Arbeiter zu bezahlen? Es wäre nicht zu verwundern, wenn es ſo weit kommen würde, daß die Induſtrie ihre Fabriken ſchließen und ihre Arbeiter entlaſſen müßten, und was haben wir nachher? Was hat der Arbeiterſtand davon, wenn das Brod billiger wird, wenn er ſelbſt keinen Lohn, keinen Verdienſt hat, weil der Bauer nicht kauft. Das billige Brod iſt ihm dann nachber uner⸗ ſchwinglich theuer und es iſt ein ganz richtiges Sprüchwort: Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt“ Hat der Landwirth ſo viele Einnahmen, daß er wieder be⸗ kann, dann gibt er auch wieder Geld aus, das Geld omnt wieder unter die Leute. Ich kenne viele Kaufleute, nämentlich kleinere, aber auch Großkaufleute, die klagen, die Ge⸗ ſchäfte gingen immer ſchlechter und wenn man ſie fragt: warum? ſo heißt es: die Bauern kommen nicht mehr, ſie haben kein Geld und können nicht kaufen. Nun frage ich, wer hat denn eigentlich den Nutzen von dem ungeheuren Import. Im Jahre 1882 wurde laut Bericht der Handelskammer 9 Millionen Ztr. fremdes Ge⸗ treide eingeführt; nun ſtellen Sie ſich vor, was aufgewendet werden müßte, bis die badiſche Landwerthſchaft ſo viel Ge⸗ treide erzeugt hätte. Den Nutzen davon hat nicht unſſre Landwirthſchaft, ſondern die Spe culation. Soſſen wir um dieſer willen unſeren Bau rnſtand Noth leiden laſſen? Da bin ich mit dem Pfälzer Bauernſtand vollſtändig einv rſtan⸗ den, daß man darauf mit einem kräftigen„Nein“ antworten muß; denn unſere Landwirthſchaft geht doch der Speculation unbebingt vor. Aber noch ein anderer Einwurf wird den Schutzzöllen entgegengehalten. Man ſagt, die Kornzölle kämen haupt⸗ ächlich den Großgrundbeſitzern zu Gute, die daber ihre Ta chen füllten. Ich halte dieſen Einwurf für vollkommen un⸗ richtig, weil der kleine Landwirth es leichter fertig bringt, mit ſeiner Familie, mit 1 oder 2 Taglöhnern das zu erzeu en, was er braucht während der Großgrundbeſitzer unter mſtänden ſehr große Arbeitskräfte zahlen muß, wenn er wirthſchaften ſoll. Das aber finde ich ſehr natürlich, daß derjenige, welcher 100 Morgen Abcker hat, mehr Nutzen zieht, als derjenige, welcher nur 10 Morgen beſitzt. Die Frage in Betreff des Nutzens der Großgrundbeſitzer iſt aber gerade in der entgegengeſetzten Weiſe zu beamworten, als ſie von den Gegnern beantwortet wird. Gerade der kleine Landwirth ſoll ge⸗ halten werden, und gerade dieſer iſt es, der nicht in der Lage iſt, lange abzuwarten, bis er ſein Getreide zu einem beſſeren Preis verkaufen kann. Aber noch ein weiterer Punkt macht ſich hier geltend. Wenn in einem Stand, wie die Landwirth chaft, Nothlage herrſcht, ſo iſt es natürlich, daß der wirth⸗ chaftlich Schwächere zuerſt in die Tiefe ſinkt, das heißt in ie Zahl derer, die Nichts beſitzen. Je wirthſchaftlich ſtärk r einer iſt, um ſo länger wird er ſich holten können; darum iſt der Schutz für unſere Landwirthſchaft nothwendig, unächſt ein Schutz des kleinen und mittlereren Bauern⸗ Wenn der mittlere oder kleine Bauer herunter⸗ inkt, wer kauft denn da die Güter? Naturgemaß das Kapital, der Großgrundbeſitz; denn dieſer iſt in der Lage und kauft, was er um billigen Prei⸗ kommen kann und das ſoll ſbaffe verhindert werden; es bei uns kein Zuſtand ge⸗ chaffen werden, wie er in England beſteht, wo ein koloſſaler Großgrundbeſitz vorhanden iſt, der aber auch unter der aus⸗ ländiſchen Conkurrenz ſchwer zu leiden hat. Das ſoll aber hei uns vermieden werden durch den Schutz des inländiſchen Ackerbaues gegen die ausländiſche Conkurrenz. Dieſelbe Be wegung, wie wir ſie in Deutſchland haben, beſteht auch in anderen Ländern, ſo namentlich in Frankreich, das bedeutend höhere Zölle hat als wir, ferner in England und Amerika, und zwar aus dem Grunde, weil eine Conkurrenz wie die Indiens nicht mehr bewältigt werden kann. Ich kann überhaupt ſagen, daß der Preis des Weizens und des Brodes in keinem direkten Verhältniſſe ſteht. Sie können aus den Börſenberichten erſeben, wie die Preiſe auf, teigen und herabfallen. Das Getreide iſt ein Börſenartikel urch die Gründe, die an der Börſe zu wirken pflegen und das Brod bleibt dieſen Schwankungen gegenüber faſt unbe⸗ weglich gleich. Die Bauernvereine haben aber auch noch eine weitere Forderung, daß nämlich die Einnahmen mit den Ausgaben in ein richtiges Verhältniß gebracht werden; ſie wollen eine grechtere Vertheilung der Steuern, einen ſtärke⸗ Heranzug des Kapitals. Dieſe Frage iſt glücklicher Weiſe in unſerem badiſchen Lande durch die Einkommenſteuer in ein beſſeres Stadium getreten, die den Zweck hat, die Kapi⸗ talſteuer einerſeits und die Grund“ und Erwerbſteuer anderer⸗ ſeits auszugleichen. Allein das Verhältniß zwiſchen beiden an ſich iſt immer noch das gleiche, denn die erſtere beträgt 15 Pfg., die letztere 26 Pfg., und das iſt ein ungleiches Verhältnaß, und ein doppelt ungleiches, wenn man bedenkt, daß die Ein⸗ nahmen des Landwirthes im Verhältniß zu den Einahmen des Kapitalismus gaaz bedeutend geringer ſind, während ſeine Steuern bedeutend höher ſind. Deshalb ſtellten die Bauernvereine namentlich das Verlangen nach einem ſtärkeren Heranzug des Kapitals zur Steuer. Auch der Candidat der nationalliberalen Partei hat ſich in der erſten badiſchen Kammer gegen die Bhr enſteuer er⸗ klärt und wie konnte man da, ſo achtbar der Herr Candidat dieſer Partei in ſeiner Pöerſon iſt, angeſichts der Thatſache, daß ſich derſe lbe in den 3 Fragen des Zollſchutzes landwirth⸗ Produkte, der Börſenſteuer und der H rabſetzung er Grundſteuer ablehnend verhalten hat, der Candidatur deſſelben zuſtimmen? Dieſe 3 Forderungen werden ſeit Jahren von den beiden Parteien des Centrums und der Conſervativen vertreten, welche im Verein mit der Reichs Regierung alle die G ſetze geſchaffen hat, welche im Intereſſe unſerer Landwirthſchaft erlaſſen ſind. Dies iſt die Stellung der Bauernvereine zur landwirth⸗ ſchaftlichen Frage und ich kann Ihnen nur erklären, daß ich mit derſelben einverſtanden und jederzeit hereit bin, dieſelbe zu vertreten, wo ich nur kann.(Lebhafter Beifall.) Der Stand der Landwirthe iſt freilich weitaus der größte and ſo recht die Grundlage des deutſchen Volkes und unſeres Staates; aber auch der Handwerkerſtand, wenn er auch nur 7 Millionen unſerer Geſammtbevölkerung ausmacht, iſt in Stand von Bedeutung, der das Intereſſe eines jeden zaterlandsfreundes auf's Wärmſte in Anſpruch nehmen muß. mbem iſchen Handwerk? Während Dden Kern der ſtädtiſchen Anſtand nebmen. in die Gewerbefreiheit eir tücht der Landwirthe, mit der Noth kämpft und zum Theil ſogar noch ſchlimmer daran iſt. Auch bezüglich des Nothſtandes der Handwerker durfte man Jahre lang nicht ſprechen. Jetzt erſt iſt die große Nothlage deſf lben anerkannt und ich gebe zu, daß es für die nationalliberale Partei nicht gerade ange⸗ nehm iſt, daß dieſe beiden Stände nach ihrer unumſchränkten Herrſchaft von Jahrzehnten ix ſo tiefe Notb gerathen ſind. Weit entfernt, dem Libera“ smus alle Schuld hiefür in die Schuhe ſchieben zu wollen, iſt es ganz gewiß, daß zu dem rapiden Niedergange des deutſchen Handwerks weſentlich auch die Viervollkommnung der Technik, der Maſchinen beigetragen hat. Aber das Schlimmſte war die Einführung der ſog Gewerbefreiheit. Dadurch ſah ſich der Hand⸗ werkerſtand aus allem Oraanismus herausgeriſſen, als Einzelner ſich hingeſtellt gegenüber den Maſchinen, der Großinduſtrie und dem Kapital smus Vor allen Dingen drückt den deut⸗ ſchen Handwerkerſtand die Unordnung im Lehrling⸗ und Geſellenweſen. Es iſt ja bekannt, wie ſchwer es iſt, einen ordentlichen Geſellen oder Ehrling zu bekommen. Neben dieſer Unord nung im Geſellen⸗ und Lehrlingsweſen wurde noch viel drückender das Hineindrängen des Capitalismus in das Handwerk, das förmliche Ueberwuchern der Kraft des Capi⸗ talismus. Ich will hiefür nur ein Beiſpiel anführen: wie in den größeren und kleineren Städten die Handwerker, welche ihr Handwerk erlernten und ebrlich ausübten, gedrückt werden dadurch, daß ein Capitaliſt oder einer, der gar kein Capital ſongern nur Credit hat, ein Waarenmagazin eröff⸗ net, ein Geſchäft in demſelben betreibt und um Preiſe ver⸗ kauft, mit denen der Handwerker nicht beſtehen kann. Durch ein ſolches Geſchäft werden in einem Jahr 60—80 Handwerker geſchädigt. Und was iſt die davon? Wie oft kann man in Mannheim ſehen, daß ein ſolches Waarenmagazin einige Wochen, vielleicht auch einige Monate beſteht, eröffnet mit einem ungeheuren Ge⸗ pränge, und eines ſchönen Morgens, wenn man an bem betreffenden Geſchäfte vorübergeht, heißt es: es iſt ge⸗ ſchloſſen, es iſt in Concurs. Wer hat nun davon den Nutzen gehabt? Das Handwerk hat darunter gelitten, das Publikum hat bielleicht manchmal gute Waare, mauchmal aber auch Schundwaare bekommen und wer hat das Nachſehen? Die Gläubiger, welche die Hauptſache zahlen und häufig ſehen wir dann, daß dieſe nur mit kleinen Prozenten ihrer Forderungen oder aber auch leer ausgehen. Was iſt dannn noch weiter die Folge? Das in Concurs gergthene Waarenlager wird verſteigert, zu Schleuder⸗ preiſen verkauft und unſere Handwerker noch mehr geſchädigt. Es kommt aber auch vor, daß ſoſche Ma gazine keine Schundwaaren, ſondern gute Waaren verkaufen, und ich habe mir mauchmal gedacht, wie es nur möglich iſt, daß dieſe Leute z. B. namentlich Schußhe und Kleider ver⸗ kaufen um einen Bagatellpreis. Da werzen Eſnem aber die Augen geöffnet, wenn man hört. daß Gefängniſſe und Zucht⸗ häuſer ganz oder theilweiſe an einzelne Unternehmer ver⸗ pachtet werden und dort zahlt ein ſolcher Unternehmer un⸗ endlich wenig, 30, 35, 40 Pfg. manchmal für den Kopf und Arbaitstag. Wie kann einer ſolchen Concurrenz, einer ſoſchen Spekulation gegenüber ein Handwerker, der ſeine Familie durch's Leben bringen ſoll, beſtehen? Das iſt gerade ſo unmöglich, wie wenn man dem deutſchen Landwirthe zu⸗ muthet, er ſolle mit den indiſchen Getreidearbeitern coneur⸗ riren. Nun ſind erfreulicher Weiſe die Handwerker zu einem beträchtlichen Prozentſatz zuſammengetreten; ſie haben ſich in den Handwerkervereinen und in den Innungen zuſammengeſchloſſen und ſchon manches Gute dadurch errungen und, wie beſonders in Preußen, Mißſtände beſeitigt. Natürlich kann nicht Alles auf einmal, ſondern erſt nach und nach durchgeſetzt werden. So iſt insbeſondere in Bezug auf die Arbeit in Militäranſtalten, wie auch in den Gefängniſſen und Zuchthäuf rn ſchon manches Gute geſchehen. Hierbei hat es ſich deutlich gezeigt, wie vortheilhaft es iſt, wenn die Be rufsgenoſſen feſt und treu ſich zuſammenſchaaren und zu⸗ ſammenhalten. Man hat nun ein Geſetz, das den ſchönen Namen Ge⸗ werbefreiheit hat, eingeführt, aber jeder Handwerker wird agerkennen, es mag ja eine Freiheit ſein, aber nicht für den Handwerkerſtand, woſl aber für den Capitalismus. Da ſagen aber die Handwerkervereine: wir wollen aus dieſer Freiheit des Capitalismus wieder eine Handwerkerfreiheit machen. Wir wollen nicht den alten mittelalterlichen Zopf. Wir wollen, daß der Handwerker die Freibeit haben ſoll, das Handwerk, aber nur das Handwerk, welches er rlernt und zu ſeinem Berufe erlernt hat, ausübe, aber kein And rer; für dieſen ſoll es Schranken geben; derjenige, der das Hand werk nicht er ernt hat, ſoll auch die Finger davon laſſen. Das iſt der Standpunkt der Handwerkervereine und ich kann nur ſagen, daß ich mit demſelben vollkommen einverſtan⸗ den bin. Wie verhält ſich nun die nationalliberale Partei zur Gewerbefreiheit? In dieſer Frage hat die Partei, die in allen anderen wirthſchaftlichen Fragen geſpalten iſt, ich darf wohl ſagen ausnahmsweiſe, einmüthig erklärt, daß kein Jota von der Gewerbefreiheit geſtrichen werden dürfe. Sie werden ſich erinnern, daß im letzten Reichstag der 8 100 e in die Gewerbeordnung aufgenommen wurde, beruhend auf einem Antrage der Conſervativen und des Centrums. Dieſer § beſtimmt, daß der Staat die Befugniß haben ſoll', Innungen, welche ſich bewährt, das Privilegium, Lehrlinge auszubilden, zu ertheilen, alſo ein ſehrheſcheidenes Prvilegium. Auch dagegen hat der geſammte Liberalismus geſtimmt, der noch weiter ging und auch gegen den Befähigungsnachweis ſich ablehnend verhielt, ebenſo wie gegen den korporativen Zuſammenſchluß, welcher durch Verleihung ſolcher Privilegien an Innungen gefördert werden ſoll, und gerade das wollen die Handw er⸗ kervereine.'enn wir zuſammenhalten, kommen wir wirth⸗ ſchaftlich weiter, in Ruhe, Frieden und Ordnung werden wir ſtark. Es gereicht mir daher auch zu beſonderer Freude, zu hören, daß die Schreiner in Frankfurt ein gemeinſames Ver⸗ kaufslokal gemieitet haben und ich für meinen Theil würde nirgends anders als in dieſem Innungslokal, wenn ich Frank furter wäre meine Möbel kaufen, denn da weſß ich, daß ich nur gute Waare erhalte; denn eine billſge ſchrechte Waare iſt viel theurer als eine gute theure Waare⸗ Der geſammte Oiberalismus vom äußerſten linken Flügel bis zum rechten gibt den Handwerkerſtand als ſelbſſtändigen Stand auf, indem er ſagt, gegenüber den Maſchinen, den großartigen Erfindungen, die nimmer rückgängig gemacht werden können, ſei die Stellung des Handwerks als ſelbſt ſtänd gen Standes unhaltbar und dem Handwerker bleibe nichts anderes übrig, als entweder mit Lohn⸗ oder Flickarbeit ſich zu beſchäftigen, oder ſich aufs Kunſthandwerk zu verlegen. Das iſt begreiflich We kann man aber von einem Stand, der einen ſo großzen Proz ntſatz der Bepölk rung ausmacht, verlangen, er ſoll ſich auf das Kunſthandwerk verlegen? Wer ſoll denn dieſe Kunſterzeugniſſe alle kaufen, wenn nicht Hunderttauſende es thun? Es liegt im Intereſſe des Staates, daß der Handwerkerſtand nicht herunterſinke in die Klaſſe, die nichts mehr beſitzt. Der Staat hat alles Inte⸗ ſſe daran, den Mitte ſtand zu exhalten, denn die Kraft des Staates beruht weder in deim Stand der Armen noch der .chen, ſondern vorwiegend auf einem geſunden kräfligen M ite ſtand. Ich für m inen Theil würde nicht den ⁰ Aber noch ein dritter Stand iſt in unſerem Deuſſcheg Reiche, welcher Noth leidet: die Induſtrie mit ahren Arbeitern, bei denen die Wirkungen unſerer Freihandelt politik ſich am ſchlimmſten und ſchärfſten gezeigt haben. Sie wiſſen ja, daß wir in den 7Oer Jahren S Jahre lane den ſogenannten Freihandel gehabt haben, den unz die liberale Aera gebracht hat. Namals hatte man geſaat, daß beruhe auf mittelalterlichen Anſichten, wenn jeder Stagt ſic gewiſſermaßen gegen die andern abſchließe. Man müſſe ſ Zollſchranken niederreißen, die Völker ſollen ihre Erzeugnſt austauſchen und es werde dann ein Zuſtand geſchaffen der beſſer ſei als der, den wir haben. Das war dielleicht au gemeint, aber es zeigte ſich hiebei eine große Kurzſichtigkel Sofort nachdem wir unſere Zölle herabgeſetzt hatten, wurd der deutſche Markt von ausländiſchen Produkten überſchwemm und nicht nur die deutſche Landwirthſchaft und das Haund werk in die Enge getrieben, ſondern auch die deutſche Indi⸗ ſtrie mit ihren Millionen von Arbeitern; die Preiſe wuürden herabgedrückt, Favriken geſchloſſen und Tauſende von Arbeitern entlaſſen. Was hatte man davon? Hunderttauſende von fleißigen Arbeitern, die ihren ſchönen Lohn gehabt, ſahen Sie brodlos auf der Landſtraße. Nimmt man weiter hinzu die Unſicherhei welcher der Arbeiter durch Unfälle, Krankheit und Invallidi⸗ tät damals ausgeſetzt war, ſo muß man ſagen, e) war eine ſchwere Lage für die Arbeiter und dieſe ſchlimme Lage war der Grund, warum die Sozialdemo. kratie in Deutſchland ſo raſch angewachſen iſt. Schon in Jahre 1878 veränderte die Reichsregierung ihre Richtung. Man ſagte damals, daß der Grundſatz des„Gehen und Ma ben⸗Laſſens“ in einem landesväterlich regierten Londe nicht maßgebend ſein könne. Dr Reichskanzler erklärke da mals, man müſſe mehr praktiſches Chriſtenthum keſben Darauf kam die Schutzzollpolit k, der Zolltarif. Damit um aber 100 lange nicht genug gethan. Wenn auch die Arbeig wieder Arh it fanden und wieder in einem menſchenwürpigen Daſein exiſtiren konnten, ſo war doch die Unſicherheit ng nicht gehoben. Da hat unſer Kaiſer unterm 17. No. vember 1881 in einer Proklamation aus eſprochen, daß für den wirthſchaftlich ſchwächſten Stand der Arbeiler geſorgt werden müſſe. Gewiß ſind dieſe Worte unſeres greſ en Reichsoberhauptes aus dem Herzen gekommen und eige Bürgſchaft dafür geweſeu, daß in der ſoz alen Frage weiter⸗ Fortſchritte gemacht wurden; wie wir wiſſen, wird auch di K ichsregierung an die Frage der Verſorgung der durt Alter oder Invalidität arbeitsunfähig gewordenen Arbeiler herantreten wird. Ich glaube, daß mit der Unfall⸗ und dei Krankenverſicherung ganz weſeniliche Fortſchritte gemach! worden ſind. Bedenken Sie, daß noch kein anderes Voll in der Löſung der ſozialen Frage ſo weit vorgeſchritten iſt wewir Es war ein Schritt in's Dunkle, wie er im Reichstage bezeichnet wurde. Man wird billiger Wöiſe nicht verlangen können, daß dieſe Geſetze auf den erſten Wurf fehlerlos daſtehen, Die nächſte Aufgabe wird ſein, ſobald man die genügenden Erfahrungen geſammelt hat, dieſe Geſetze zu verbeſſern und ſodann ein utreten in die Altersver orgung der durch Alter oder Invalidität arbeitsunfähigen Arbeiter. Mit dieſen he⸗ ſetzen freilich wird die Arbeiterſchutzgeſetzgebung noch nich abgeſchloſſen ſein und ich freus mich, daß in dieſer Beziehung die Anſichten der ſozialdemokrat ſchen Partei mit denjenigen der Conſervativen und des Centrums übereinſtimmen. Ich will hier nur erwähnen die Forderung der Regelung der Frauen⸗undKinderarbeit und die Sonntagsruhe⸗ Ich glaube, daß auf dem Gebiete der Arbeiterſchutzgeſetzgebune ſehr viel für die Arbeiter getban worden iſt und ich bin dek Meinung, daß die ſozialdemokratiſche Partei der Negierune mehr Anerkennung zollen dürfte, als ſie es gethan hat Wel⸗ cher Handwerker, welcher Lindwörth würde nicht in hoh w Grade zufrieden ſein, wenn für ſeinen Stand ſo Vieles und Gutes geſchehen wäre, als es für den Arbeit rſtand geichhrn iſt? U uberdies iſt ja der Arb iter ſo wie ſo immer noch beſſer daran, als der Landwirth und Handwerker; deun er erhält immer zur beſtimmten Zit baares Geld in die Hand. das bei den Landwerthen ſo ſehr kugpp iſt. Damit habe ich das Weſentlichſte von den drei Fragen welche die wirthſchaftlich ſchwächſten Klaſſen belreffen, beraähn (Redner erwidert hierauf noch mit einigen Werlen aß verſchiedene Angriffe, twelche gegen die Bauernocrei gegen die conſervative Partei namentlich von den Ne liberalen erhoben worden waren und ſchließt ſeinen mit vi Beifall auigenommenen Bortra mit ein m Doch aa, de deutſchen Kaiſer, in welches die Verſammlung begeiſtert!⸗ ſtimmte). Nachdem Herr Landgerichtsrath Freiherr v Stoc horner unter dem Beſfalle ſeiner being ſe ausfe ſe d Stande der Landwirthe angehörenden Zubör; mehr als einſtündigen Vortrag beindigt hat e, ergriff Jakob Bühler, Leonhard's Sohn, der Schriftfüher des Bauernvereins, welcher ſich um die Gründung dieſes legteren b ſonders verdient gemactt hatte, das Wort, um vom Slande punkte des Pfälzer Bau ruvereins aus die Gründe und Ab ſichten zu erläutern, welche die Landwirthe bewogen haltel, zur Vertretung ihrer Intereſſen einen eigenen Cangidak aufzuſtellen. In humoriſtiſcher Form ſchildert er die ue Weiſ, wie die Herren aus der Stadt auf dem Niſle frühr„die Wahl gemacht hätten“, wie bhrldderl ch der Bauer vor der Wahl ſtets behandelt worden ſei und wie man ihn nachher nicht mehr gekannt habe, Mauchmal habe ſich der Cand dat nicht einmal de Mühe genommen, in Per⸗ ſon herauszukommen, ſondern zu Wahlzwecken einfach einen „Agenten zum Werben“ beauftragt, Aber der Bauer ſei nicht mehr ſo dumm, er ge vielmehr geſcheut geworden⸗ und es ſei drum die höchſte Zeit, daß der mächtiaſte Stand des Reichs, der Bauernſtand, ſich ſelbſt zu helfen ſuche, ach⸗ dem ihm Niemand mehr helfen wolle und der Landwir 10 ein friedlicher Stand, halte reu zu Kaiſer und Reich und ſeinem Fürſten, zugleich auch ſei der Landwurth, der gelernt habe, auf Gott zu vertrauen, ein guter Chlißt Man müſſe drum im eigenen Kreiſe dasjenige aufſuchen, was den ganzen Stand vereine und über kleſnliche G geaäte und Zwiſtigkſiten ſich hinwenſetzen. In dieſem Sinne wolle der Bauernverein auch durch die Wahl ſeines Candidaten ſeine politiſche wirthſchaftliche Stellung bekanden.— Dit friſche und draſtiſche Redeweiſe des Herrn J Bühler eines durchaus tüchtigen und untertichteten Landw rihs fehlte ſelbſtverſtändlech ihre Wirkung auf die ſehr zahlreich Verſammlung nicht, welche in gepobdener Stimmung no lange beiſammen blieb. Die landmwirthſchaftliche Bewegung ſcheint in einigen Gemeinden unſeres Wahlbezirkes einen ganz beſonders fruchtbaren Boden gefunden zu haben und verdient jedenfalls als ein wichtig s Weckzeichen unſerer di⸗ zeitigen wirthſchaftlichen Lage überhaupt eine weftere Beach⸗ tung, welche wir ihr fortan zu Theil werden laſſen. 2— Pr“ ⅛ vↄv-w Chefredacteur: Dr. lur. Vermann Heazs. Verantwortlich? 4 Für den redactionellen Theil: S. Vvey. 18 Für den Reklamen⸗ und Inſeratentheil:. A4. Werle. Rotationsdruck und Verlag der Dr. H. Haa⸗ ſchen Oin