Telegramm“⸗Adreſſe: „Journal Mannheim.““ In der Poſtliſte eingetragen unter 5 Nr. 2672. Abounement: 60 Pfg. monatlich, Hringerlohn 10 Pfg. monatſich, durch die Poſt bez. inel, Ponauf⸗ ſchlag M..30 pro Qugrtal Juferate: Die Colonel⸗Zeite 20 Pfg. Die Reklamen⸗Zeile 60 Pfg. Einzel⸗Rummern 3 Pig. Doppel⸗Rummern 5 Pig. E 6, 2 (106. Jahrgang.) Erſcheint wöchentlich ſieben Mal. 5 Geleſeuſte und verbrkilelſte Ititung in Maunheim und Amgegend. Nr. 45. —:.— Zweites Blatt. Rede des Abgeord eien Eruſt Baſſermaunn. ung in der 29. Sitzung des tages am 1. F bruar 1896.) biſion des Handelsgeſetzbuchs ſteht vor der Thür. Die Berathungen im Reichsjuſtizamt mit den dazu berufenen Sachverſtändigen haben im Laufe dieſes Winters ſtattgefunden, und es wird die Neviſion von den betheiligten Kreſen freudig begrüßt. Von den Beſtimmungen, die zu ändern und zu reypidiren wären, ſcheinen mir mit die wichtigſten zu ſein diejenigen, die ſich auf die Dienſtverbältuiſſe der Handlungsgehilfen bezlehen. Die Diskuſſion in den eben berührten Kreiſen iſt eine ſehr lebbafte, wie das in der Natur der Dinge lieat, und ſie iſt verſchärft worden durch die vorgeſchlagenen Beſtimmungen in § 9 des Geſetzes über unlauieren Wetlbewerb, die wenigſtens in Ziffer 2 des genannten Paragraphen erhebliche Erſchwerungen enthalten. Ich möchte den Wunſch ausſprechen, daß bei der bevorſtehenden Reviſion ſeitens der verbündeten Regierungen auf die berechtigten Wünſche der Handlungsgehilfen und Hand⸗ lungsdiener die gebührende Rückſicht genommen werde, und daß durch die Geſetzgebung bei dieſer Reviſion derjenige Schutz für die Handlungsgehilfen eingeführt wird, den die wirthſchaft⸗ liche Entwicktung als nothwendig gezeigt hat. Ich möchte die Bitte an den Herrn Staatsſekretär des Reichsjuſtizamts richten, ſeinen Einfluß in der eben berührten Nichtung aus⸗ zuüben. Aus den Fragen, die bei der Repiſion dieſes Kapitels des Handelsgeſetzbuchs zu berückſichtigen ſind, möchte ich zwe herausgreifen. Das eine iſt die Frage der Kündigungsfriſten, das andere die der Konkurrenzklauſel. Was die Künd gungsfriſten anſangt, ſo haben die Er⸗ hebungen in der Kommiſſion für Albeiterſtatiſtik hierüber ein ſehr reichhaltiges Material gehefert. Es wäre zunächſt die Frage zu behandeln der Gleichheit der vertragsmäßigen Kün⸗ digungsfriſten für beide kontrahirende Theale, die Forderung der Gleichheit der Friſten: daß alſo nicht für den Prinzipal gegen⸗ über dem Handlungsgehilfen eine kürzere und umgekehrt eine längere Friſt bedungen werden kann. Dafür ſpricht das Ge⸗ rechtigkeitsgefühl. Die Forderung iſt geſtellt worden auch hier im Reichstage im Intereſſe des ſozialen Friedens und der För⸗ derung des guten Verhältuiſſes zwiſchen Prinzipal und Hand⸗ lungsgehilfen. Ich verweiſe auf die Beſtimmungen der Ge⸗ werbeordnung in§ 122, woſelbſt für die der Gewerbeordnung unterſtehenden Perſonen die Gleichheit der vertragsmäßigen Kündigungsfriſten bereits Geſetz geworden iſt; ich verweiſe auch auf den Beſchluß des Reichstags aus Anlaß des Geſetzentwurfs Schröder vom 16. April 1894. Es hat ſich in jener Sitzung der Reichstag gleichfalls auf den Standpunkt geſtellt, daß die vertragsmäßigen Kündigungsfriſten gleich ſein müſſen. Selbſt⸗ verſtändlich wäre, daß das als zwingendes Recht feſtzuſetzen iſt, daß alſo gegentheilige Vereinbarungen nichtig ſind. Es wäre ſodann weiter die Frage der Minimalkündigungs⸗ friſt, die in der öffentlichen Diskuſſion ja einen ſehr breiten Raum einuimmt. Die Thatſache iſt nicht zu leugnen, daß viele Prinzipale das ſtarke Angebot an Arbeitskräften aus⸗ nützen, die vielfach vorhandene Stellenloſigkeit der Handlungs diener und deren mißliche ökonomiſche Lage ſich zu Nutzen machen und ſehr kurz gegriffene Kündigungsfriſten bedingen, Kündigungsfriſten, die oftmals bis auf einen Tag in großen Städten heruntergehen. Es kann einem Zweifel nicht unter⸗ liegen, daß ſo kurz gesriffene Kündigungsfriſten geeignet ſind, das kaufmänniſche Poletariat zu vermehren, den Kaufmanus⸗ ſtand herunerzudrücken, während bei länger gegriffenen Friſten wir wohl ſagen müſſen, daß dadurch eine Hebung des Standes der Handlungsgehilfen herbeigeführt wird. Sie ſind in der Lage, wenn die Kündigung erfolgt iſt, ſich in einer längeren Friſt dann um eine neue Stelle umzuſehen. Es iſt mit Recht darauf hingewieſen worden, daß, was dieſen Gegenſtend an⸗ langt, die Vertragsfreiheit nicht das Spiel der freien Kräfte bedeutet, ſondern die Unterdrückung der Schwächeren. Was die Erhebungen der Kommiſſion für Arbeiterſtatiſtik anlangt, ſo iſt dort feſtgeſtellt, daß in 63.3 Prozent der befragten Betriebe allerdings noch die ſechswöchentliche Kündigungs friſt des Handelsgeſetzbuchs in Kraft tritt, daß dagegen in 36,7 Prozent bereits eine kürzere Kündigungsfriſt platz⸗ gegriffen hat. Dagegen ergibt die Feſtſtellung nach Orts; klaſſen, daß in großen Städten 20 Prozent der männlichen Handlungsgehilfen ſchon eine Kündigungsfriſt unter vier Wochen haben, bei den weiblichen Handlungsgehilfen 26 Prozent; und es iſt weiter dort feſtgeſtellt, daß kurze Kündigungsfriſt namentlich in die Betriebe von großem Umfang eingedrungen iſt. Es iſt wohl anzunehmen, daß bei dem fortwährend vor⸗ handenen großer Angebot von Arbeitskräften dieſe Entwicklung, falls der Geſetzgeben nicht eingreift, weiter um ſich greifen wird und dadurch immer mehr Zuſtände mißlicher Art, wie ſie jetzt ſchon vorhanden ſind, eintreten werden. Ich würde daher beſüworten, daß bei der Rey ſion des Hendelsgeletzkuchk die! Meine Herren, die geſunden. Verantwortlich: für den politiſchen u. allg. Thsik: Chef⸗Redakteur Dr. H. Lagler. für den lokalen und prod. Theil Ernſt Müller, für den Inſeratentheik: Karf Apfel. Rokationsdruck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buch⸗ druckerei, (Erſte Mannheimer Typograph. Anſtalt.) (Das„Mannheimer Journal,, iſt Eigenthum des katholiſchen Bürgerhoſpitals.) ſämmtlich in Mannheim. Samſtag, 15. Februar 1896. Veriragsfreiheſt aufgehoben wird in diefer Malerie, daß geſetz⸗ liche Minimalkündigungsfriſten eingeführt und dadurch dem Hauslungsgehilfen die Garantie gegeben wird, daß er nicht plötzlich oder in einer zu kurzen Friſt auf die Straße geſetzt wird. Es hat auch der Reichstag in ſeinem Beſchluß vom 16. April[895 den eben berührten Standpunkt in der dritten Be⸗ rathung des Geſetzentwurfs Schröder als berechligt anerkannt. Was die Dauer dieſer Friſt anlaugt, ſo gingen früher die An⸗ ſichten auseinander, ob 4, 6 Wochen beziehungsweiſe 1 Monat; es ſcheint aber doch allgemein die Meinung ſich nunmehr dahin feſtzuſtellen, daß 4 Wochen beziehungsweiſe 1 Monat als das Richtige anerkannk werden muß. Ich würde aus praktiſchen Gründen eine Friſt von einem Monat als gerechtfertigt an⸗ ſehen und den Austrittstag auf das Ende des Monats legen. Freizulaſſen wären Aushilfsſtellungen, jedoch unter gleichzeitigen geſetzlichen Garantien, daß die Beſtimmungen über die Minimal⸗ kündigungsfriſt nſcht umgangen werden köunen, und der Ein⸗ ſchränkung der Aushilfsſtellen auf zwei bis drei Monate. Was die zweite Materie anlangt, die Frage der Konkur⸗ renzklauſel, ſo haben auch hierüber Verhandlungen in dieſem Winter im Reichsjuſtizamt ſtattgefunden. Es ſind eine Reihe von Sachverſtändigen gehört worden, die von verſchiedenem Slandpunkt ausgingen; theilweiſe hat man von verſchiedenen Seiten, ſoweit verlautbar geworden iſt, das vollſtändige Verbot der Konkurrenzklauſel verlangt. Auch üder dieſe Materie haben Erhebungen in der Kommiſſion für Arbeiterſtatiſtik ſtatt⸗ Die Diskuſſion nimmt über die Konkurrenzklauſel in der kaufmänniſchen Fachpreſſe, in den kaufmänniſchen Fach⸗ vereinen und anderweit einen ſehr großen Naum ein. Was die Konkurrenzklauſel anlangt, ſo iſt dieſelbe ja be⸗ kannt: ſie hat den Inhalt, daß der Handlungsgehilfe nach dem Austritt aus dem Geſchäft für einen gewiſſen Zeitraum für beſtimmte örtliche Rayons oder in vielen Verträgen auch ſchlechtweg ohne dieſe Einſchränkung ſich nicht in der gleichen Branche ſelbſtſtändig machen kaun, daß ihm auch verboten wird, in ein Konkurrenzgeſchäft als Handlungsgehilfe einzu⸗ treten. Die zeitliche Ausdehnung des Konkurrenzverbots iſt in vielen Verträgen eine ſehr weitgehende, erſtreckt ſich auf Zeiträume von 10 bis 15 Jahren. Sehr viele und zwar die größere Anzahl dieſer Verträge umfaßt ein Konkurrenzverbot auf die Zedauer von 5 Jahren. Es werden ſehr weite Rayons ins Auge gefaßt. Das Verbot erfolgt vielfach nicht nur für den betreffenden Ort, wo das Geſchäft ſich befindet, es geht weiter, erſtreckt ſich auf die Provinz, über ganze Länder, ja auf Europa, ſo zar auf überſeeiſche Länder. Der Beweis dafür, daß von dieſer Konkurrenzklauſel ein exzeſſiver Gebrauch gemacht wird, braucht wohl hier nicht geführt zu werden. Er ergibt ſich aus den vorhin von mir erwähnten Erhebungen der Arbeiterſtatiſtik, aus den Verhandlungen des Neichsjuſtizamts, aus dem Auftreten der kaufmänniſchen Kor⸗ porationen. Es wird auch jeder Richter und jeder Anwalt, der im praktiſchen Leben ſteht, die Erfahrung gemacht haben, wie oft er bei Gericht und in Konſultationen mit der Aus⸗ legung ſolcher Verträge befaßt iſt, und es wird ſchon mancher Richter das Bedauern gefühlt haben, daß er angeſichts des be⸗ ſtehenden Rechts nicht in der Lage war, dem Handlungsdiener von dem ihn belaſtenden Vertrage zu helfen. Der Kampf um dieſe Konkurrenzklauſel wird ja ſchon lange geführt. Ich verweiſe auf die Aufſätze des Herrn Prof. Kohler an der hieſigen Univerſität aus dem Jahre 1883, in denen damals ſchon ausgeführt iſt, daß mehr und mehr die Idee ſich geltend macht, daß das Intereſſe der Einzelnen, wie der menſchlichen Geſellſchaft gegen eine ſolche Bedrückung der perſönlichen Freiheit, gegen eine ſolche Beſchränkung der freien Konkurrenz ſpricht. Und wenn Sie die Ausführungen der Sach⸗ verſtändigen in der Kommiſſion für Arbeiterſtatiſtik ſich anſehen, ſo haben Sie, ſoweit ich das feſtſtellen konnte, ſich einſtimmig gegen die Konkurrenzklauſel beziehungsweiſe gegen deren exzeſ⸗ ſiven Gebrauch ausgeſprochen. Es iſt vernommen worden ein Herr Schäfer, Vorſtand kaufmänniſcher Vereine in Frankfurt, der ſich gegen die Klauſel ausſpricht und insbeſendere darauf hinweiſt, daß ſie in den Kolonialwaarenhandel eingedrungen iſt, was doch vollſtändig ſinnlos iſt. Ein Herr Sarnighauſen vom„Verein für Handlungskommis“, ein Herr Hiller vom „Verein Deutſcher Handlungsgehilfen“ erklärt die Konkurrenz⸗ klauſel für verwerflich, ein Herr Gerſtner desgleichen— er iſt Vorſitzender des„Vereins zum Schutz der Handlungsintereſſen“ — und endlich ein Herr Vogts, Vertreter der Prinzipale, der ausdrücklich auch von dieſem Standpunkt aus ſich gegen die Konkurrenzklauſel wendet. Welchen Umfang ſolche Vertragsbeſtimmungen angenommen haben, das ergeben die Sammlungen von einzelnen Verträgen, wie ſie ja in großem Umfang vorhanden ſind. Ich kann da⸗ von abſehen, auf die einzelnen Fälle hinzuweiſen; nur Einzelnes möchte ich berühren. Es liegen hier zwei Verträge vor, ver⸗ öffentlicht in der„Kaufmänniſchen Preſſe“, die in Fraukfurt erſcheint. Da heißt es z..: Der Lehrling macht ſich ferner verbindlich, nachdem er das Haus ſeines Lehrherrn verlaſſen hat, ein Jahr lans in kein Konkurrenzgeſchäf: Süddeutſchlands d h. (Gelephon⸗Ar. 218.) Mannheim, Heidelberg, Ludwigs⸗ bis Freiburg i. B. ein⸗ treten bei Vermeidung einer Konventionalſtrafe von 1000 Mark. Ebenſo findet ſich in einem Lehrvertrag aus dem Bezirk Frank⸗ furt die Beſtimmung, daß der Lehrling bei Vermeidung von 1000 Mark Konventlonalſtrafe weder in ein hieſiges noch in ein auswärtiges Konkurrenzgeſchäft eintreten kann. Meine Herren, das möͤchle ich doch als einen vollſtändigen Unfug be⸗ zeichnen, wenn man bereits die Lehrlinge in dieſer Weiſe in ihrem Fortkommen behindert. In einer Neihr von Faͤllen ſteht das Verbot von Konkur⸗ renz nach dem Austritt in einem vollſtändigen Mißverhältniß zu dem Gehalt. Meiner Anſicht nach ſollten bei Gehältern von 1000 oder 1200 Mark ſolche Beſtimmungen nicht getroffen werden können. Wir haben aber auch Fälle— beiſpielsweiſe ein mir vorliegender— wo ſogar bei einem Gehalt von 360 Mark pro Jahr eine Konventionalſtrafe von ſage 10,000 Mark für ſpätere Konkurrenz ausgeſprochen wird! (Heiterkeit.) Das ſind doch Dinge, meine Herren, die den Geſetzgeber ver⸗ anlaſſen müſſen, einzugreifen und einem derartig überſchreiten⸗ den Gebrauch der Vertragsfreiheit Abbruch zu thun. Es hat in der Kommiſſion für Atbeiterſtatiſtit der Vorſitzende Geheime Rath von Nottenburg unter dem 10. November 1894 an der Hand der Erhebungen ſich geäußert; Die Konkurrenzklauſel beſtehen zu laſſen, würde uns in die Zeit des ſchlimmſten Zunftzwangs des 15. und 16. Jahrhunderts zurückführen. Mir ſind Zunftordnungen bekannt, worin geſtanden hat, daß kein Geſelle in der⸗ ſelben Innung wieder arbeiten darf, es ſei denn, daß er fünf Jahre auswärts geweſen. Es iſt barauf hinzuweſſen, daß der Zweck der meiſten Verträge nicht der iſt, Geſchäfts⸗ und Betriebsgeheimniſſe geheim zu halten, ſondern ſich die Konkurrenz des Mannes, den man in ſein Geſchäft aufnimmt, auch nach dem Austritt fernzuhalten. Es iſt alſo das vielfach ein direkter Eingriff in das Prinzip der Gewerbefreiheit. Die Sache, wie ſie ſich heute ausgewachſen hat, iſt ſehr bedenklich, weil zweifellos durch dieſe Konkurrenzklauſel die Selbſtſtändigmachung einer Reihe von Exiſtenzen inhibirt wird, aber nicht nur die Selbſt⸗ ſtändigkeit, ſondern überhaupt die weitere wirthſchaftliche Exi⸗ ſtenz, zumal in der Branche, in der der Betreffende gelernt und ſeine Erfahrungen geſammelt hat, in einer weit über das Maß hinausgehenden Weiſe unmöglich wird. Es beſteht da⸗ ruͤber kein Zweifel, daß beiſpielsweiſe in der chemiſchen In⸗ duſtrie eine Reihe der tüchtigſten Arbeitskräfte durch dieſe Konkurrenzklauſel in das Ausland gedrängt wird, ein Umſtand, von dem die deutſche Induſtrie nur Schaden hat, weil ſie dort dann einfach mit kapitalkräftigen Leuten ſich zuſammen thun und Konkurrenzunternehmungen ins Leben rufen können. Wenn man nun die Frage aufwirft: weshalb unterſchrei⸗ ben denn Handlungsgehilfen ſolche Verträge?—, ſo iſt dieſe Frage ſehr einfach beantwortet. Sie unterſchreiben ſie deshalb, weil ſie müſſen, um überhaupt Arbeit und Brod zu finden, Die reichsgerichtliche Rechtſprechung hat keinen Schutz gewährt und konnte auch angefichts der beſtehenden Geſetzgebung einen ergiebigen Schutz nicht gewähren. Das Reichsgericht geht von der Anſicht aus, daß bei der Stipulalion einer Konventional⸗ ſtrafe für den Eintritt in ein Konkurrenzgeſchäft nach dem Geſchäftsaustritt nicht nur die Klage auf Konventionalſtrafe zuläſſig iſt, ſondern daß gleichzeitig in einem ſolchen Fall, falls ein Gegentheiliges nicht bedungen iſt, der Handlungsgehilfe gleichzeitig auf den Austritt aus dem Konkurrenzgeſchaft belangt und ſo von Ort zu Ort getrieben werden kann: dieſer Aus⸗ tritt kann eventuell ſogar durch Haft erzwungen werden. Das Reichsgericht geht davon aus, daß die Konventionalſtrafe auch dann verfällt, wenn der Prinzipal kündigt und ſelbſt dann, wenn er kündigt, ohne daß er ſeinerſeits irgend welchen Grund zur Kündigung hat. Das hat die Folge, daß beiſpiels⸗ weiſe ein Handlungsgehilfe eingeſtellt werden kann unter der geſetzlichen Kündigungsfriſt des Handelsgeſetzbuchs unter Ab⸗ ſchluß einer Konkurrenzklauſel; aus irgend einer Laune, aus einer momentanen Erregung kündigt der Prinzipal nach einem Vierteljahr; dann iſt der Handlungsgehilfe wieder außer Dienſt geſetzt und iſt gleichzeitig an dieſen ihn ſchwer belaſten⸗ den Vertrag gebunden. Das Reichsgericht ſchützt nur inſoweit, als es ſagt: die wirthſchaftliche Exiſtenz, die Erwerbsfreiheit als ſolche darf nicht im Ganzen oder nicht in einzelnen Richtungen vollſtändig vernichtet werden. Meine Herren, das iſt kein ge⸗ nügender Schutz, wenn auch örtliche und zeitliche Beſchränkungen vom Reichsgericht verlangt werden. Der Raum kann ſo weit gegriffen und die Zeit ſo ausgiebig bemeſſen werden, daß dieſe Beſtimmungen einer Anfhebung der Erwerbsfreiheit vollſtändig gleichkommen. Nun hat das neue bürgerliche Geſetzbuch in Artikel 337 das Prinzip anerkannt, daß bei übermäßigen Konventional⸗ ſtrafen der Richter eingreifen und ſie der Höhe nach ermäßigen kann. Das iſt ein Prinzip, das nach lebhaften Kämpfen in das bürgerliche Geſetzbuch hineingekommen iſt. Für das Sy lreckt der Handlungsgebhilfen würde meines Erachtens 2. Seite. General⸗Anzeiger. Man heim, 15. Febru dieſe Beſtimmung nicht genü en, und zwar aus dem Grunde, weil in keinem anderen Beruf ein ſolcher Gebrauch von Ver⸗ magsſtrafen gemacht wird, wie gerade im Beruf der Handlungs⸗ gehilfen. Wir müßten alſo nicht im bürgerlichen Geſegbuch, ſondern ſpeziell im Handelsgeſetzbuch bei Regelung des Vertrags zwiſchen Handlungsdienern und Prinzipalen auch dieſe Materie regeln, und zwar in dem Sinne, der den berechtigten Interiſſen der Handlungsgehilfen gerecht wird. Ich habe bereits erwähnt, daß bei den Beratbungen im Reichsjuſtizamt von verſchiedenen Seiten ein vollſtändiges Verbot der Konkurrenzklauſel verlangt worden iſt. Die Frage, ob die Konkurrenzklauſel überhaupt ve boten werden kayn, iſt meiner Anſicht nach ſehr ſchwierig zu bejahen, da wir berück⸗ ſichtigen muſſen, daß in manchen Induſtrie⸗ und Fabrikations⸗ zweigen eminent wichtige Intereſſen vorliegen, die unter Um⸗ ſtänden auf Schutz durch Pivatvertrag Anſpruch machen koͤnnen. Ich verweiſe auf die chemiſche, auf die Eiſeninduſtrie und über⸗ baupt auf das Gebiet, wo Fabrikationsgeheimniſſe eine Rolle ſpielen. Allein die Anregungen, die wir bis jetzt gehört haben, ſind ſehr erwägens werih, ob nicht die Konkurrenzklauſel bei niederen Gehaltsſätzen überhaupt zu verbieten iſt. Es gehen die Vorſchläge kaufmänniſcher Korporationen dahin, daß bei⸗ ſpielsweiſe bei einem Gehalt von unter 8000 Mark eine Bin⸗ dung über den Vertrag hinaus, ein Verbot des Eintritts in ein Konkurrenzgeſchäft durch Vertrag nicht ſoll ausgeſprochen werden dürfen, ſondern daß der Grundſatz feſtzuhalten iſt, daß, wenn man ſich die Schweigepflicht über die Vertragsdauer hinaus erkauft, ein Aequivalent in der entſprechend hoͤheren Bezahlung während der Vertragszeit gefunden werden muß, und daß ebenſo derjenige, der ſich den künftigen Konkurrenten dadurch vom Halſe halten will, daß er den Handlungsgehilfen durch Privatvertrag bindet, denſelben auch entſprechend gut hono⸗ riren ſoll. 79 verweiſe darauf, daß dieſe Grundſätze theilweiſe in der chemiſchen Induſtrie praktiſche Verwirklichung gefunden baben. Die chemiſche Induſtrie zahlt in einzelnen Fabriken Bedienſteten, die ſie über den Vertrag hinaus— ſch will ſagen, auf—3 Jahre—»och bindet und ihnen verbietet, n Konkurrenzunternehmungen einzutreten, einen Treil des Gehalts weiter; das iſt mir von dem Direktor einer hieſigen großen chemiſchen Fabrik in dieſen Tagen mitgetheilt worden. Unter allen Umſtänden müßte aber meines Erachtens bei einer Reviſion des Handelsgeſetzbuchs ein weit rgehendes Einmiſchungsrecht des Richters eingeführt werden, nickt ein Auslegungsrecht des Richters, ſondern ein konſtilutives richterliches Eingreifen, beiſpielsweiſe Beſt'mmungen, die den Richter ermächtigen, bei einer offenbaren Unbilligkeit des Vertrags einzugreifen. So, wenn Lehrlinge unter die Konkur⸗ renzklauſel geſtellt werden, wenn Kommis darunter geſtellt werden durch Privatvertrag, die ein nicht der Belaſtung ent— ſprechendes Gehalt haben, da müßte der Richter durch Geſetz ermächtigt werden, dieſen Vertrag überhaupt aufzuheben und ihn für ungiltig zu erklären. Ich meine ſodann weiter, daß dem Richter nicht nur eingeräumt werden müſſe, wie im bürgerlichen Geſetzbuch, die Strafe der Höhe nach zu ermäßigen, ſondern daß er auch berechtigt ſein muͤſſe, örtliche Einſchränkungen eintreten zu laſſen. Wenn beiſpielsweiſe ein Krämer einer kleinen Landſtadt ſeine Bedienſteten bindet und ihnen verbietet, in Konkurrenzunternehmungen einzutreten, dann mag das für ihn einen Zweck haben für den Rayon ſeiner kleinen Stadt; aber über das Territorium dieſer Stadt hinaus, für die ganze Provinz den betreffenden Mann lahm zu legen, das dürfte doch von keinem Geſichtspurkt aus, auch nicht vom wirthſchaftlichen Jutereſſe des Prinzipals aus eine Be⸗ rechtigung haben, und da müßte der Richter eingreifen können. Ich moͤchte ihm auch das Recht nicht verſagt haben, daß er eine zeitliche Begrenzung eintreten laſſen kann, daß er in der Lage iſt, wenn ein Vertrag auf 10 Jahre die Konkurrenz⸗ klauſel ſtipulirt, dieſe Zeit herabzuſetzen auf 1, 2, 3 Jahre, je nach den Gehaltsverhällniſſen. Dann möchte ich weiter ihm die Berechtigung geben, durch Richterſpruch einzugreifen, wenn der Kommis ohne jede Veranlaſſung ſeinerſeits auf die Straße geſetzt wird, wenn die Kündigung des Prinzipals keinerlei Berechtigung hat. 5 Man hat dem gegenüber den Einwand erhoben, daß es bverwirklicht, die von dieſen Rechtsverhältniſſen betroffen ſ heraus ugehen und dem Nichter eine konſſütutioe Thätigte, zutheien. Nun, meine Herten, dieſe Bedenken ſind meinel! Zeit uͤberholt. Ueberall auf allen Gebieten macht Grundſatz geltend, daß der wirthſchaftlich Schwache, wo er geſchützt werden muß. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Wir ſehen dieſen C ſicherungsgeſetzen, n ht, es iſt Zweiſel, daß auch in vi enwicklung in der Zuk Vertragsfreiheit weichen Sielle derſelben geſetzt werde. (Sihr richtig! bei den Natiovalliberolen.) Meine Herren, die von mir beh— mir wichtig angeſichts der großen Zahl der beziffert auf 1 Million in Deutſchland; Reviſion des Handelsgeſetzbuchs den von mir berührten Ge⸗⸗ ſichtspunkten Rechnung getragen und das Gebot der ſozialen Gerechtigkeit, auch hier den wirthſchaftlich Schwachen zu ſchützen, erfüllt wird. Ich würde es gleichzeitig für einen Akt politiſcher Klugheit halten, wenn hier die Geſetzgebung energiſch einſetzte; denn es kann durchaus nicht wünſchenswerih Platz greifen, die weder ſörderlich ſind für das gute Verhältniß zweſchen Prinzipal und Handlungsgehilfen noch für das Wohl des Staates überhaupt. Ich moͤchte daher ſchließen mit dem dringenden Wunſch an den Herrn Staatsſekretär, daß, ſoweit es an ihm liegt, er dafür ſorgen moͤge, daß den berechtigten Wünſchen der Handlungsgehilfen Rechnung getragen wird. (Bravo! bei den Nationalliberalen.) ———— bedenklich iſt, aus der deklarativen Natur des Richterſpiuchs nicht aus eigenen Kräften zu ſeinem Rechte kommt, vom Staat undſatz verwirklicht in den Arbeiterver⸗ rſehen in den Arbeiterſchutzgeſetzen ihn! darüber, meiner Anſicht nach, kein en zuv lrechtlichen Materien die Rechts⸗ ich dahin vollziehen wird, daß die und das zwingende Recht an ndelte Materie erſcheint Handlungsgehilfen, d. Sie werden wenn das zu hoch gegriffen iſt, ſo kommen jedenfalls viele Hunderttauſende in! Frage. Ich möchte darum bitten, daß bei der bevorſtehenden ſein, wenn in den Kreiſen der Handlungsgehilfen Anſchauungen Auſicht nach durch den ganzen wirthſchaftlichen Charakter unſerer ſich der