Telegeamm⸗Abreſſe: Ju der Boſtſite eangeirngen unter er Poſtliſte eingetragen un Nr. 2802. Abonnement: 60 Pfg. monatlich. Bringerlohn 10 Pfg. monatlich, Durch die Poſt bez. inel. Poſtauf⸗ ſchlag M..80 pro Quartal, Inſerate: Die Colonel⸗Zeile 20 Pfg. Die Reklamen⸗Zeile 60 Pfg. Einzel⸗Nummern 3 Pfg. i Doppel⸗Nummern 5 Pfg. (Badiſche Volkszeitung.) E 6, 2 Maunheimer der Stadt Maunheim und Umgebung. (108. Jahrgang. Erſcheint wöchentlich ſieben Mal. Stleſeuſte und verbreitetſte Jeitung in Maunheim und Amgegend. Journal. Berantwortlich:! für den politiſchen u. allg. Theil! Eruſt Otto Hopp. für den lokalen und prov. Theil: Erufſt Müller. für den Inſeratentheil: Karl Apfel. Rotationsdruck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buch⸗ druckerei, (Erſte Mannheimer Typograph. Anſtalt.) (Das„Maunheimer Journal“ iſt Eigenthum des katholiſchen „Bürgerhoſpitals.) ſämmtlich in Mannheim. (Mannheimer Volksblatt.) E 6, 2 65 n. Nr. 273. Mitiwoch, 5. Oktober 1898.(delephon⸗Ar. 218.) üch 5 5 5 7 5 „ eine deutſche Nation geben wird. Lügen haben kurze Beine; die Krumm⸗Gießen erklärt, daß die heſſiſchen Bau⸗ Der brudermörderiſche Krieg. Partei 5 aus keinen Vortheil gechen. ern für die Sozialdemokratie gewonnen werden können. Mam ., 14 Das ſozi al ür nütlich 855 darf ſie freilich nicht durch Unüberlegtheit abſtoßen; namentlich 196 8 Ane e Centralblatt hält es 55 Ae ich, in religibſen Bingen ſoll man ſich vorſichtig an das Programm den e e eee ee ben Sozialdemokratiſcher Parteitag. halten, das Religion als Privatſache erklärt. m. 8105 85 von dem„brudermörberiſchen l 75 Am Mont Pus verwahrt ſich gegen die dogmatiſche Verknöcherung, 15 FVVVFET0˙ d ee ee Nachmittag wurden die Berathungen fortge⸗ die der Begriff Endziel leicht mit ſich bringt. Man könnte den 1 ſprochen werde. Am 7. Juni 1870, ſagt das Blatt, ging der ſetzt. Ulrich⸗Offenbach meint, es gelte, die Frauen aufzu⸗ erſten Theil des Programms aus dem Programm ſtreichen und 5. ſozialdemokratiſche Partefkongreß nach Hauſe.„Fünf Wochen klären, die vielfach noch unter der Herrſchaft der Geiſtlichkeit[ etwa in einem Manifeſt niederlegen. Dann würde das Pro⸗ 10 ſpäter wurde die Emſer Depeſche von Bismarck gefälſcht, und ſtehen und aufgefordert werden, ihren Männern die ehelichen gramm verwendbarer, in der Eigenſchaft als Aktionsprogramm, — der in eine Falle gelockte Napoleon, obgleich gänzlich unvor⸗ Pflichten zu verweigern, falls die Männer nicht für das Zentrum wie Vollmar das auch ſeinerzeik gefordert hat. Je prakliſcher uuh. bereitet, zum Kriege gezwungen. Niemals hat Ehrgeiz, Herrſch⸗ ſtimmen. Die kleinen Bauern in Süddeutſchland ſind bereits wir arbeiten, deſto eher erreichen wir die Endziele. Weßhalb 557 gier und gewiſſenloſe Machtpolitik ein größeres Verbrechen be⸗ völlig reif für das ſozialiſtiſche Evangelium der Erlöfung. Wir beſchließen wir nicht mehr in jeder Verſammlung eine Erklärung ſchs gangen, als dieſen Krieg, der über die Köpfe der zwei Hauptkul⸗]ind keine Partei der Induſtrieproletarier, wir vertreten viel⸗ gegen den kapitaliſtiſchen und für den ſozialiſtiſchen Staate 105 turpölker des europäiſchen Feſtlandes hinweg von unverantwort⸗ mehr das Proletariat überhaupt. Weil wir uns bei ſolchen Allgemeinheiten nicht mehr aufhalten, 10 lichen Gewalthabern entzündet ward.“ Zugleich wird Bismarck Morawski⸗Berlin, Herausgeber der polniſchen Arbei⸗ da wir die Macht erhielten, nützlich im Einzelnen zu wirken. 55 ſelbſtverſtändlich als das beſte Werkzeug zur Förderung der terzeitung, verbreitet ſich über die Fortſchritte der Sozialdemo⸗ Frau Dr. Lu rembu 1g⸗Dresden, die Nachfolgerin 80 Ausheuteintereſſen und als„reaktionärer und brutaler Junker“] kratie in Preußiſch⸗Polen. Er hofft auf den Fortbeſtand des von Parvus an der„Sächſiſchen Arbeiterzeitung“, nimmt unter 0 bezeichnet Friedens, der zheiſchen den deutſchen und polniſchen Genoſſen] geſpannter Aufmerkſamkeit des Parteitages Stellung gegen 2 So viel Worte, ſo viel Irrthümer ader— bewußte Falſch⸗ jeßz Geiſtichen ein Wnd e Sen ſei den Vehörden Heine⸗Peus. Für eine oppoſttionelle Parlei gibt es eine prak⸗ —⁰ heiten. tiſchere Aufgabe als die Feſthaltung der Endziele. Nur die Be⸗ f. Meinen denn die Sozialdemokraten wirklich, der Kriegwäre Peus⸗ Deſſau, meint, nicht die Betonung der Endziele 9555 praktiſchen in der Politik, Gewerk⸗ 10 ohne die Depeſche, über die ſchon ſo viel geſchrieben worden iſt, ſichert der Sozialdemokratie Erfolge, im Gegentheil, die Frage ſchaft und Sozialpolitik auf das Endziel macht uns zur Sozial⸗ 175 unterblieben? Selbſt demokratiſche oder freiſinnige Blätter, die der praktiſchen politiſchen Gegenwartsbedürfniſſe. Die Erfahr⸗[demokratie. Das Endziel iſt die Eroberung der zrn ſonſt doch gern der nächſtſtehenden Partei zu Hilfe kommen, ung habe dies bewieſen. Und das verlangen die Maſſen, nachdem politiſchen Macht. Wir müſſen wiſſen, was wir morgen geben der Wahrheit die Ehre und behaupten das Gegentheil. wir eine mächtige verantwortungsvolle Partei geworden ſind. wollen, wenn wir zur Macht gelangen.„Wir werden die Herren »So ſagt die Voß'ſche: Die Veröffentlichung trug nur dazu 35 bei, dem deutſchen Volke über das Treiben der franzöſiſchen Re⸗ g9vierung die Augen zu öffnen. Es iſt nicht wahr, daß der Krieg von 1870 auf deutſcher Seite ein Kabinettskrieg war. Schwer⸗ lich hat jemals zuvor eine ganze Nation ſo einmüthig ihre Regie⸗ kung unterſtützt, wie bei der Kriegserklärung von 1870 das deutſche Volk den greiſen König und ſeinen erſten Rathgeber. Wer ſich jener Tage erinnert, der weiß, welche Begeiſterung allenthalben herrſchte; nicht bloß um der Emſer Depeſche willen, ſondern weil man längſt wußte, daß Frankreich zum Krieg mit Deutſchland treibe und Napoleon ſeinen Thron auch gar nicht anders behaupten könne, als durch Eroberung des linken Rhein⸗ ufers. Napoleon wurde„in eine Falle gelockt?“ Alſo hatte der harmloſe Dezembermann gar nicht an einen Krieg gedacht? Wer pDPergleichen heute noch behauptet, wo die Veröffentlichungen des W Prinzen Napoleon, des Herzogs von Gramont, des Abgeord⸗ 5l. ndueeten Darimon und einer Menge Staatsmänner und Geſchichts⸗ ör 8 ſchreiber vorliegen, der kann ſich nicht wundern, wenn ſeine Dar⸗ 9 pgeellung nur als Ausfluß einr fixen Idee betrachtet wird. r. Der bekannte Geſchichtsſchreiber Oncken hat ſchon vor einer . Reihe von Jahren ganz unwiderleglich nachgewieſen, ſeit dem 8 Tage von Königsgrätz hätten wiederholt Verhandlungen Frank⸗ 5 reichs mit Oeſterreich über einen gemeinſamen Krieg gegen Preu⸗ ßen ſtattgefunden, insbeſondere ſchon im Auguſt 1867 in Salz⸗ 75 burg, wo Graf Andraſſy den franzöſiſchen Kaiſer darauf auf⸗ n. merkſam machte,, daß, welche Verſprechungen auch Herr v. Beuſt 58 mache, Ungarn keinen Vertrag gegen Preußen anerkennen werde. — Das hinderte Napoleon nicht, mit Bündnißanträgen wieder⸗ 8e zukehren. Im März 1870 erſchien der Erzherzog Albrecht in Paris, beſichtigte alle militäriſchen Einrichtungen und verab⸗ 15 kedete mit Napoleon die Entſendung des Generals Lebrun nach 0, Mien zur Ausarbeitung des Feldzugsplanes. General Lebrun hat dieſe Mittheilungen beſtätigt. Er kam am 6. Juni in Wien an, und am 7. Juni erſchien er bei dem Feldmarſchall Erzherzog Albrecht. Das iſt derſelbe Tag, wo der ſozialdemokratiſche Par⸗ 5 teikongreß, ſich trennte.„Niemand dachte an Krieg,“ ſo verſichert 55 der„Vorwärts“. Je nun, der General Lebrun und der Erzherzog Albrecht dachten allerdings an Krieg und beriethen über den don Napoleon vorgeſchlagenen Feldzugsplan, wonach 350,000 4 Mann an der Saar ſich vereinigen ſollten, um einen Abſtecher nach 5 Mainz zu machen, ſich des linken Rheinufers zu bemächtigen ö. und zwiſchen Mainz und Germersheim auf das rechte Rheinufer 1. überzugehen, während die italieniſche und die öſterreichiſche 5 Armee in Bayern den Franzoſen die Hand reichen ſollte. Die Vereinigung ſollte bei Memmingen erfolgen. Die Armeen ſollten t ſich dann nach der Donau und dem Main bewegen, während der 17 Reſt des öſterreichiſchen Heeres bei Olmütz und in Böhmen ver⸗ 4 9 2 7 . 8 5 . 8 ſammelt würde. Es wurden in Wien einige nicht unweſentliche Aenderungen des Planes vereinbart, namentlich aber, daß Frankreich mindeſtens 400,000 Mant an der Saar vereinige And, da Oeſterreich und Italien ſehr viel längere Zeit zur Mobil⸗ machung brauchten als Frankreich, jede große Schlacht vermie⸗ den werde, bis dieſe Staaten ihre Rüſtungen vollendet hätten. Während der erſten 42 Tage des Krieges ſollte Oeſterreich neutral bleiben, um ſeine Armee vollſtändig zu mobiliſiren, und erſt mit Ende dieſes Zeitraumes die Feindſeligkeiten gegen Preußen er⸗ klären und ſich mit Frankreich vereinigen. Dieſe Thatſachen ſind von den franzöſiſchen Geſchichtsſchrei⸗ bern und der franzöſiſchen Preſſe längſt anerkannt worden; eine dlte Fabel iſt es, die heute von den Genoſſen immer wieder auf⸗ gewärmt wird, die Emſer Depeſche ſei nur die Frucht einer ge⸗ wiſſenloſen und verbrecheriſchen Machtpolitik geweſen. Nein, und abermals nein! Die wackeren Männer von 1870, die im Kriege damals ihr Leben für das Vaterland in die Schanze ſchlu⸗ gen, glauben nicht daran, und auch von den Sozialdemokraten ſind gewiß viele, die zugeben, daß ſolche tendenziöſen, lügen⸗ haften Enlſtellungen heute nichts mehr nutzen können. Mit Ent⸗ züſtung werden die Veteranen die Unterſtellung vom„brudermör⸗ deriſchen“ Kriege leſen. Es hilft Alles nichts, der Krieg von 1870 war ein Volkskrieg, zu dem wir herausgefordert und gezwungen Wurden. Und ſo wird er in der Geſchichte bleiben, ſo lange es Heine⸗Berlin, führt aus, verweigert die Sozialdemo⸗ kralie es ſchon, den Gegner Rede zu ſtehen, wenn dieſe von uns fordern:„Malt uns doch einen Zukunftsſtaat“, ſo darf ſie auch den eigenen Anhängern keine utopiſtiſchen Zukunftsbilder vor⸗ führen. Das Bewußtſein, an einer Herbeiführung einer höheren ſozialiſtiſchen Geſellſchaft zu arbeiten, laſſen wir darum nicht aus dem Auge verlieren. Der ſittliche Werth des Zukunftsglaubens iſt unbeſchreibbar, aber man darf ihn nicht zu oft heranziehen. Nichts nützt ſich eher ab, als der Glaube. Der Prophet wird raſch ein langweiliger Pfaff, die konkrete Forderung des Tages aber wird niemals langweilig. Dieſe Taktik iſt die richtige. Die naturaliſtiſche Geſchichtsauffaſſung widerſpricht der ideologiſchen Annahme, als könnte man die Köpfe nach der Theorie gewinnen. Die großen Städte ſind ziemlich ausgeſchöpft. Für uns in Ber⸗ lin fürchten wir, auch den 3. Wahlkreis zu verlieren, wir haben ihn behauptet, weil wir peſſimiſtiſch waren und arbeiteten. Ver⸗ ſchiedenheiten in der Form mancher Meinung dürfen wir vor den Freunden und den Gegnern nicht zu Verſchiedenheiten der Ge⸗ ſinnung aufbauſchen, denn im Grunde ſind wir einig. Zubeil⸗Berlin erklärt, daß im Norden kein Bauer ſozial⸗ demokratiſch ſtimme, ehe er nicht zum Proletarier herabgefunken ſei. Liegen die Dinge im Süden anders, ſo beweiſt das, daß wir kein einheitliches Agrarprogramm brauchen können. Bebel theilt die Befriedigung über den Ausfall der letzten Reichstagswahlen nicht ganz. Die Wahlbetheiligung war ſchwächer, bei allen Parteien freilich. Der Zuwachs kann nicht brozentual immer gleich hoch bleiben, nachdem die Partei rieſige Wahlziffern erreicht hat. Wir haben mehr gewonnen als jede andere Partei, aber wir hätten noch mehr gewinnen können. Das Ergebniß iſt nicht übererfreulich. Woran liegt das? Man hat die heutige Politik angegriffen, er iſt trotzdem gewählt worden. Für einzelne Theile des Parteiprogramms allein kann man nicht agitiren. Wir können dem kleinen Handwerker nicht von Arbeiterſchutz erzählen, der Opfer von ihm verlangt. Wenn wir die Geſetze gegen die Groß⸗ bazare verwerfen und alle Heilmittel die ihem von anderen dar⸗ geboten werden kritiſtren, ſo müſſen wir ihm auch zeigen, daß wir ihm helfen wollen, ſobald wir die Macht dazu haben. Stadthagen: Wenn die letzten Ziele nicht betont wer⸗ den, ſo kann man die Sozialdemokratie mit National⸗Sozialen, Chriſtlich⸗Sozialen und Liberal⸗Sozialen verwechſeln. Braun⸗Königsberg verſichert, daß in Oſtpreußen bei den kleinen Landbeſitzern gute Erfolge erzielt würden, obwohl in jedem Flugblatt die Endziele der Partei dargelegt waren. Auf die Methode kommt es weniger an als darauf, daß überhaupt auf dem Lande agitatoriſch gearbeitet wird. Frau Zetkin⸗Stuttgart: Die Kanonen darf man umſo weniger bewilligen, als ſie jetzt, ſeit der Zar unter die Frie⸗ densfreunde gegangen iſt, eher gegen den inneren Feind, als gegen den äußeren losgehen könnten. Man darf den Sozialis⸗ mus nicht in ſo kleinen Doſen verabreichen, daß er ſchließlich auch von den Stumm und Kardorff oder von dem deutſchen Kaiſer angenommen werden kann. Die Verſchiedenheit der Meinung in der Partei iſt nicht ſchlimm. Wir ſind eine Partei der Kritik und der Fortentwicklung, daher muß die freie Aus⸗ ſprache unſer Prinzip bleiben. Greuz⸗Leipzig iſt ſehr erſtaunt darüber, daß eine Idee wie die Lütgenau'ſche von der Prügelſtrafe im ſozialdemokrati⸗ ſchen Lager überhaupt auftauchen konnte. Die Agitation muß ſich mehr auf das Programm ſtützen, ſonſt könnten zum Schaden der Partei Anſichten entſtehen, wie ſie„der Péus und der Heine“ haben, noch weiter um ſich greifen. Dr. Schönlank ſagt, man ſolle nicht verſchleiern oder ableugnen wollen, daß Meinungsverſchiedenheiten in Sachen der Praxis beſtehen. Der Parteitag wird Stellung nehmen und die Partei wird unter allen Umſtänden Vortheil davon ziehen, andernfalls erleidet die Sozialdemokratie das Schickſal der übrigen Volksparteien, die nicht zur Klarheit kommen können. Wir dürfen unſere repolutionäre Tradition nicht auf⸗ geben, ſonſt werden wir eine einfache kleine bürgerliche Reform⸗ bartei, bleiben trotz Sturm und Wind und Schneidergeſchwätz.“ Faehndrich⸗ffenburg behauptet, er ſei noch nie ſo ernüchtert geweſen, wie nach der Rede der Genoſſin Luxemburg. Sie habe nur mit Gemeinplätzen aufgewartet. Es kommt nichk darauf an, die Revolution immer im Munde zu führen, ſondern mit Hamlet zu ſagen:„In Bereitſchaft ſein, iſt Alles“. Das Pulver trocken halten, das genügt! Im Uebrigen hebt der Red⸗ ner die Schwierigkeiten hervor, die der Landagitation in Baden erwachſen. Mit„Vorſicht“ iſt da nichts zu machen. Man müſſe z. B. die religiöſe Ueberzeugung der Bauern richtig einſchätzen. 5 15. In der geſtrigen(Dienſtag) Sitzung ſtellte Bebel zum Fall Luccheni eine Reſolution, in der er die Verfolgungen der Sozial⸗ demokraten in Ungarn und Italien brandmarkt und dieſe beiden Staaten als halbe Barbarenſtaaten bezeichnet. Dann ſetzt die Verſammlung den Streit zwiſchen den Poffi⸗ biliſten und Prinzipiellen, der milderen und ſchärferen Tonart fort. Vollmar meint: Wir müſſen den Doktrinarismus über⸗ winden. Hätten die Kommunarden 1871 geſchlafen, ſo hätten ſie vielleicht der Sache des Sozialismus keinen ganz ſchlechten Dienſt erwieſen. Gewaltmittel ſind nicht Zeichen der ſozialiſtiſchen Sache. Wir müſſen der Lage gewachſen ſein, ſie nährt nur das rothe Geſpenſt. Uns könnte nichts Unglücklicheres geſchehen, als wenn uns plötzlich unerwartet die Macht in den Schooß fiele, weil wir nicht den politiſchen Reifegrad dafür beſizen. Wir wollen die Macht erreichen im Verlaufe der wirthſchaftlichen Ent⸗ wickelung, als eine innere geſchichtliche Nothwendigkeit. 5 Auer ſagt, die Jugend wächſt halt uns Alten über den Kopf. Sie braucht nicht Alles zu wiſſen, was in den früheren Jahren geſchehen iſt, und der einzige Troſt iſt die Annahme, daß auch die Jungen einſt alte Eſel werden wie wir. Die geſtern viel berufenen Endziele der Partei haben wir nicht verſteckt. Der Auf⸗ ruf der Fraktion hat die ſozialdemokratiſchen Prinzipien deutlich ausgeſprochen und die Fahne entrollt. Dagegen verſchlägt es nichts, daß irgendwo in einem obſkuren mecklenburgiſchen Wahl⸗ kreis ein Flugblatt den Tagelöhnern ein kleines Gärtchen ver⸗ ſprochen hat. Wer weiß, vielleicht geht das auch in Zukunft auf dem Wege der Erbpacht oder ſonſtwie. Schinden darf ſich der Mann dann auf ſeinem Stückchen Land, wenn es ihm auch nicht gehört. Die Meinungsverſchiedenheiten ſind oft nur Unterſchiede des Temperaments und deßhalb kann ich es nicht tragiſch nehmen, wenn Schönlank wieder als warnende Kaſſandra auftritt. Den Redner ſchließt unter großem Beifall mit der Behauptung, daß die e nur von denen gefürchtet wird, die ſelber nicht genug innerlich gefeſtigt ſind. Deutſches Reich. Getrennt marſchiren, vereint ſchlages. Aus dem badiſchen Oberlande wird der„Straßburger Poſtkt geſchrieben:„Getrennt marſchiren, vereint ſchlagen!“ Die Worte des neuen Oberhirten Dr. Nörber können in ihrem Zuſammenhange nicht anders verſtanden werden, als daß die beiden Gewalten, die zur Erhaltung der geſellſchaftlichen Ordnung berufen ſind, ſich über⸗ all da gemeinſam auf dem Kampfplatz zu rechter Stunde zuſammen⸗ finden(„Belle Alliance!“), wo es gilt, die jegliche Ordnung auf⸗ löſenden Elemente, die dem Altar nicht weniger gefährlich find als dem Throne, zu beſiegen. Die Worte enthalten alſo eine nicht miß⸗ verſtändliche Verleugnung des in ganz Deutſchland das größte Auf⸗ ſehen erregenden Vorgangs, wonach jene, die als beſondere Bore⸗ kämpfer von Religion und Kirche angeſehen ſein wollen, in der Reft⸗ denz Karlsruhe ihren Heerbann zum„bereinten Schlagen“ für die Sozialdemokratie aufgeboten und dadurch letzterer zum Stege ver⸗ holfen haben. Wir wiſſen wohl, daß in nicht wenigen Kreiſen des katholiſchen Klerus, wie der der Centrumsfahne folgenden Lajen jenes Vorgehen keine Billigung findet, wir können es daher nur leb⸗ haft begrüßen, wenn der neue Oberhirte Worte geſprochen hat, die über ſeine Stellung zu der„von Gott geſegneten Ordnung“, gweiſc nicht bloß die Kirche, ſondern auch der Staat darſtellt, keinen Zweifel übrig laſſen können.„Getrennt marſchiren“— gewiß, denn grund⸗ ſätzliche Meinungsverſchiedenheiten, beſonders auf konf ſſionellem Ge⸗ General⸗ Anzeiger. Maunheim, 5. Oktober dies;„pereint ſchlagen“— ja, wo es ſich darum de bon Staat, Kirche und Geſellſchaft, von Haus etm abzuwehren. Die Sozialdemokratie und die Commune. In einem Artikel des„Vorwärts“ leſen wir: Rit einer Grauſamkeit, die in der modernen Geſchichte kein Seitenſtück hat, wurde die von den Arbeitern aller Länder freudig be⸗ grüßte Commune⸗Erhebung des franzöſiſchen Proletariats unterdrückt, danke der internationalen Solidarität war aber den Arbeitern aller Länder ſchon in Fleiſch und Blut übergegangen, und im Blut⸗ bad der Commune wurde die internationale Sozialdemokratie nicht, wie die internationale Reaktion gehofft hatte, ertränkt, ſondern, dem jungen Held Siegfried gleich, zur Unüberwindlichkeit gekräftigt.“ Die Pariſer Communards waren nach allen Begriffen des Rechts und der Moral eine Rotte von Mördern, Mordbrennern und ſonſtigem Auswurf der Menſchheit; ihre Thaten gehören zu den ver⸗ abſcheuungswürdigſten Verbrechen, die je begangen ſind. In den oben citirten Worten des leitenden Organes der deutſchen Sozial⸗ demokratte aber liegt eine ſo ſtarke Billigung der Schandthaten der Commune, daß man daraus den Schluß ziehen kann, die Sozial⸗ demakratie warte nur den geeigneten Moment ab, um die Schrecken der Cammune in Dentſchland zu erneuern. Das epſte Nationaldenkma! daß zu Ehren Bismarcks vollendet werden wird, ift das, das ſeit etwa einem Jahre an der äußerſten Nordgrenze des deutſchen Reiches, auf dem Kntoberge, dem höchſten Punkte Nordſchleswigs, errichtet kwoird. Das Denkmal, ein Granitbau, wird eine Höhe von 36 Metern erhalten und da der Knivberg ein Höhe von etwa 100 Metern über dem Meeresſpiegel hat, ſo wird man von dem Sockel des Denkmals ſowohl die Nordſee wie die Oſtſee erblicken können. Der Bau des gewaltigen Denkmals wird von dem Architekten Möller zu Berlin geleitet, auch der preisgekrönte Entwurf ſtammt von ihm her. Sotterielooſe. Das aufdringliche Angebot von Lotterielooſen der in Preu⸗ ßen nicht zugelaſſenen Lotterien nimmt mit der Vermehrung der Klaſſenkotterien infolge Errichtung neuer Lotterien in den thü⸗ 1 5 Staaten, Lübeck und Ungarn einen immer größeren ang an. Die Agenten dieſer Lotterien laſſen kein Mittel unverſucht, um das Pußlikum zum verbotenen Spiel zu verleiten. In neuerer Zeit gehen ſie ſogar ſo weit, Schülern von höheren Unterrichts⸗ anſtalten Proſpekte und Originallooſe verbotener Lotterien zu⸗ zuſenden. Auch die Kolportage derartiger Looſe wird in Berlin ganz offen betrieben. In dem Stadtviertel am Moritzplatz hat kürzlich ein Mann von Haus zu Haus den ſogenannten kleinen Leuten Lvoſe der Lübecker Staatslotterie zum Preiſe von 2 Mk. angeboten. Da der Einſatzpreis bedeutend höher iſt, ſo liegt an⸗ ſcheinend ein Schwindelgeſchäft vor, ſo daß die Abnehmer ſich nicht allein ſtraffällig gemacht haben, ſondern auch um ihr Geld geprellt ſind. GvBei außerdeutſchen, in Preußen nicht zugelaſſenen Lotterien, 3. B. der ungariſchen, tritt zu der geſetzlichen Strafe des verbo⸗ tenen Spiels noch der fünffache Betrag des hinterzogenen Stem⸗ pels hinzu. Wenn man außerdem in Betracht zieht, daß die Spieler von Looſen der verbotenen Lotterien nicht einmal mit Sicherheit auf die Auszahlung der Gewinne zu rechnen haben, ſe kann man es nur der Unerfahrenheit und Unkenntniß des Publikums zuſchreiben, daß den Agenten doch noch in bielen Fällen der Abſatz der verbotenen Looſe gelingt. Da auch bei uns in Baden ähnliche Verhältniſſe vorliegen, 05 wir guf dieſe offiziöfe preußiſche Kundgebung auf⸗ merkſam. Hofnachrichten und Perſönlichek. Das Kaiſerpaar traf geſtern Vormittag 8 Uhr in Wildpark⸗ ſtation ein und begab ſich nach dem Marmorpalais. Die Fürſtin gouiſe von Bulgarien gerieth bei einer Spazierfahrt in gebensgefahr, indem die Pferde durchgingen, doch wuürden dieſelben im kritiſchen Moment von dem Kutſcher eines eutgegenkommenden Wagens angehalten. Geſtorben ſind: Der Generallieutenant a. D. Martin v. Goßler, früher Chef der Centralabtheilung des Generalſtabes der Armee.— Der Vize⸗ Admiral z. D. Wilhelm Berger in Göttingen.— Der däniſche Konjul Bankier Friedläuder in Breslau. Hurze Nachrichten. Der Partetrath des nationalliberalen Vereins in Berlin hat, wie der„Nat. Corr.“ zur Veröffentlichung mitgetheilt wird, das ihm von konſervativer Seite angebotene Kartell für die in ſämmtlichen Wahlkreiſen Berlins einſtimmig ab⸗ gelehnt. Die diesjährigen Herbſtprüfungen für den Ein⸗ fährig⸗Freiwilligen⸗Dienſt haben an vielen Orten ſehr Aungünſtige Ergebniſſe gehabt. So beſtanden in Coblenz von fünf Theilnehmern nur einer, in Straßburg von 41 nur 11 und in Spehyer a. Rh. von 44 nur 12. An dem Kongreß deutſcher Frauenvereine, der geſtern in Hamburg ſtattfand, nahmen 70 Delegirte theil, welche 120 Vereine vertreten. Ein Frühlingskraum. Roman von Johaunes vau Dewall. (Nachbruck nerbsten.) 12 Fortſetzung.) Durch die freundliche Dorfgaſſe gingen wir und begannen dann langſam auf vielfach geundenen Pfaden die Anhöhe zu erklimmen, bis wir endlich bei der einen der zum Verkauf ſtehenden Villen ankamen. Es war ein angenehmer, nicht großer Sommerſitz mit ſchöner Ausſicht, in einem hübſchen, terraſſenförmig abfallenden Garten mit Weinſpalieren und Obſtbäumen. Mir gefiel das trauliche Haus mit ſeinen Erkern und grünen Läden auf den erſten Blick, noch mehr aber die wirklich herrliche Lage besſelben, und als ein Kommiſſionär uns nun die Thülren aufſchloß und uns im Innern herumführte, begriff ich weder die vielen Aus⸗ ſtelbingen der Staatsräthin, noch Adda's kleine Ausrufe:„O wie eng, Mama— o shocking!“ und ſo weiter. Ich war vielmehr ganz der Meinung der Madame Heine, daß die Villa ein kleines, trauliches und bequemes Neſt ſei, hinreichend groß für einen Hausſtand wie den der Räthin, und daß Alles im Innern wie auch draußen in einem durchaus befriedigenden Zuſtande ſich befände. Mich dünkte der geforderte Preis außerdem ſo mäßig, daß ich trog der bielen Wenn und Aber der Staatsräthin dieſer nur eruſtlich zureden konnte, die Villa zu kaufen. Sie aber blieb unentſchloſſen und ſchwankend. „Aber ſo thun Sie es doch bloß auf Spekulation, gnädige Frau,“ drängte ich,—„Sie können bei dem Kauf nur verdienen, das Grund⸗ tück iſt beinahe das Doppelte werth in ruhigen Jeiten; ich ſtehe hnen für Alles, der Handel iſt gar zu vortheilhaft. Es war aber alles Zureden umſonſt, die Räthin blieb wankel⸗ müthig, und ſo ſtiegen wir denn unberrichteter Sache höher hinauf zu der zweiten Billa. Dieſe lag aber ſo abſeits und war ſo klein und baufällig, daß die Räthin unz ſchon an der Thüre in einer ſolchen ein⸗ Die„Poſt“ veröffentlicht den Wahlaufruf der frei⸗ konſerbativen Partei, den außer den bekannteſten Mit⸗ gliedern dieſer Partei im bisherigen Abgeordnetenhauſe auch Frei⸗ herr v. Stumm unterzeichnet hat. In Breslau traten geſtern die Vertreter ſämmtlicher preußiſcher Landwirthſchaftskammern, nämlich der von Oſt⸗ und Weſtpreußen, Pommern, Poſen, Schleſien, Sachſen, Schleswig⸗Holſtein und für die Regierungsbezirke Kaſſel und Wies⸗ baden zu einer Konferenz zuſammen. Die Verhandlungen ſind ver⸗ traulich und werden heute fortgeſetzt. Die Ankunft des deutſchen Schiffes„Merkur“ in Corunna, Spanien, erregte den Verdacht, die Ladung beſtehe aus Mauſergewehren für die Karliſten. Das Schiff darf Corunna nur anlaufen. Sämmtliche Hafenbehörden wurden angewieſen, wachſam zu ſein. O dieſe Dreyfusgeſchichte! ruft die„N. Z..“ aus. Sie zeigt jeden Tag ein anderes Geſicht. Die Laune eines Verlieb⸗ ten kann nicht raſcher wechſeln als die Stimmungen, in die Paris und die Welt durch die Entwickelung dieſes politiſchen Senſations⸗ ſtückes verſetzt werden. Nach dem ablehnenden Entſcheide der be⸗ rathenden Kommiſſion der Reviſionsbeſchluß des Miniſteriums; ſeit⸗ dem nichts als Berichte und Gerüchte, vaß der Kaſſationshof höchſt wahrſcheinlich von der Reviſton aus formellen Gründen nichts werde wiſſen wollen. Aus Deutſch⸗Südweſtafrika verlautet weiter aus engliſcher Quelle, der Aufſtand in Damaraland ſei ernſt, aber die Meldung, es ſeien elf Deutſche gefallen, ſei bisher unbeſtätigt. Die deutſchen Truppen zählen 1200, die Damaras 2000; alle ſeien bewaffnet. Der Aufſtand werde der Abſicht der Deutſchen, den Ein⸗ geborenen eine Gewehrſteuer aufzulegen, zugeſchrieben. Vier Stämme haben ſich erhoben. Der Staatsſekretär der ſüdafrikaniſchen Republik, Dr. Leyds, meldete ſeiner Regierung ſeinen Empfang im Auswärtigen Amt in Berlin. Es heißt in dem Berichte, er ſei höflich empfangen worden. Der ihm übermittelte Wunſch des Kaiſers habe ſich nicht auf die deutſchen Zeitungen und die angebliche Agitation gegen das deutſch⸗ engliſche Uebereinkommen bezogen. —— Aus Stadt und Land. Maunheim, 5. Oktober 1898. Eruennungen und Verſetzungen. Der Großherzog hat den Expedituraſſiſtenten Wilhelm Häußler bei der Fabrikinſpektion zum Expeditor ernannt. Verſetzt wurden: Amtsrevident Oskar Waizen⸗ egger in Bonndorf zu Großh. Bezirksamt Donaueſchingen, Amts⸗ revident Hermann Bickel in Adelsheim zu Großh. Bezirksamt Bonn⸗ dorf, Amtsrevident Karl Kilmarx in Konſtanz zu Großh. Bezirks⸗ amt Adelsheim, Amtsrevident Richard Schuſter in Ueberlingen zu Großh. Bezirksamt Waldkirch, Amtsrevident Johann De Pellegrini in Waldkirch zu Großh. Bezirksamt Ueberlingen und Amtsrevident Friedrich Bechtel in Müllheim zu Großh. Bezirksamt Kouſtanz. Zur Höhe der Telephongebühren Maunheim⸗Karlsruhe. Als ein ſehr großer Uebelſtand wird es in der hieſigen Geſchäfts⸗ und Handelswelt empfunden, daß die Telephongebühr einer Verbin⸗ dung Mannheim⸗Karlsrube 1 Mark koſtet, während zum Beiſpiel ein Geſpräch mit Darmſtadt nur mit 25 Pfg. berechnet wird. Zwei Städte, wie Mannheim und Karlsruhe, welche in ſo engen Bezieh⸗ ungen mit einander ſtehen, ſollten doch auch telephoniſch beſſere Verbindungen beſitzen, ſelbſt auf die Gefahr hin, daß der todte Buchſtabe der beſtehenden geſetzlichen Beſtimmungen nicht ganz damit in Einklang ſteht. Keine Regel ohne Ausnahme. Neuerdings ſind Verbindungen zwiſchen Deidesheim, Lambrecht, Landau, Neuſtadt und Speyer einerſeits und Karlsruhe andererſeits zugelaſſen worden. Die Geſprächsdauer koſtet 25 Pfg. 12 drei Minuten. Den Ver⸗ kehr vermittelt das Fernſprechbureau Mannheim! Beſteht zwiſchen dem Preiſe dieſer neuen Verbindungen und der Telephontaxe Mannheim⸗Karlsruhe nicht geradezu ein klaffender Widerſpruch? Das Reichs⸗Hypothekenbank⸗Geſetz. Auf Veranlaſſung der Handelskammer hielt geſtern Abend Herr Geh. Hofrath Dr. Hecht einen Vortrag über den Entwurf eines Reichs⸗Hypothekenbank⸗ Geſetzes und über den Entwurf eines Geſetzes zur Wahrung der ge⸗ meinſamen Rechte der Beſitzer von Schuldverſchreibungen. Herr Dr. Hecht war Mitglied der Sachverſtändigen⸗Conferenz, welche im Reichsjuſtizamt zur Berathung der erſten Entwürfe tagte und hat über die Entwürfe ſelbſt eine Rethe von Arbeiten bereits veröffent⸗ licht(ein Gutachten für den deutſchen Juriſtentag, eine Abhandlung in der deutſchen Juriſtenzeitung, zwet Abhandlungen in Holdheims Monatsſchrift für Handelsrecht und e In Deutſchland beſtehen gemäß dem Referat des Herrn Dr. Hecht 4 Organiſations⸗ formen des Bodenkredits: öffentlichrechtliche Genoſſenſchaften, privat⸗ rechtliche Genoſſenſchaften, ſtaatliche und provinzielle Bodenkredit⸗ inſtitute, Hypotheken⸗Aktienbanken. Von dem Geſammtumlauf an Pfandbriefen im Betrage von mehr als 8 Milliarden entfallen auf die jüngſte Organiſationsform der Hypotheken⸗Aktienbanken mehr als 5 Milliarden. Die Umwandlung der Individualkredits in den bankmäßig organiſirten Bodenkredit vollzieht ſich unaufhaltſam nicht nur in Deutſchland, ſondern in allen Kulturſtaaten. Von den 36 deutſchen Hypotheken⸗Aktienbanken, welche Inhaberpapiere aus⸗ geben, ſind 24 reine Hypothekenbanken, 12 haben einen erweiterten Geſchäftskreis. Der Redner ſkizzirte ſodaun, wie in dem Entwurf über das Hypothetenbankweſen die Competenz der Einzelſtaaten und des Bundesraths abgegrenzt iſt, er berührte die Frage der ſtaatlichen Aufſicht und die Herſtellung eines Reichs⸗Pfandbriefamts, den Geſchäftskreis der reinen Hypothekenbanken, wie er künftighin in Ausſicht genommen iſt und beſprach eingehend die wirthſchaft⸗ lichen Normen des Hypothekenbankgeſetzes. Dieſe Normen zerfallen in ſolche, die im Intereſſe der Pfandbriefinhaber gegeben ſind amen Hütte wollte ſie denn doch nicht bermodern, und ſo gingen ſofr unverrichteter Sache wieder hinab, denſelben Weg, welchen wir ge⸗ kommen waren. Eine Genugthuung hatten wir wenigſtens: das Bewußtſein, einen tüchtigen Spaziergang gemacht zu haben. Auf halbem Wege fanden wir denn auch Frau von Jvernois, welche an Onkel Blunt's Arme langſam uns entgegenkam und auf den Beſcheid ihrer Schweſter: es wäre nichts mit dem Kauf, ihr ruhig erwiderte:„Ich konnte es mir wohl denken,“ und damit ſich uns wieder anſchloß. Als wir zum zweiten Male jetzt an der Villa vorüberkamen, ſah ich, wie der Kommiſſionär drinnen gerade die Hausthüre zuſchloß. Ich blieb einen Augenblick überlegend ſtehen und betrachtete mir das freundliche Haus und den hübſchen Garten noch einmal. Während⸗ deſſen erſchien jener Mann am äußern Gitter und lüftete ſeinen Hut. „Die Dame thut Unrecht, nicht zuzugreifen, Herr Lieutenant“, ſprach er bedauernd,„eine ſolche gute Gelegenheit kommt ſo bald nicht wieder.“ „Haben Sie Vollmacht, das Geſchäft abzuſchließen?“ fragte ich ſtatt der Antwort. „Jawohl, mein Herr.“ „Und Fünftauſendfünfhundert iſt der äußerſte Preis?“ „Der alleräußerſte.“ „Und mit der Zahlung, wie ſoll es da gehalten werden?“ „Dreitauſend Thaler Anzahlung ſogleich, der Reſt als einzige erſte Hypothek zu fünf Prozent, mit halbjähriger Kündigungsfriſt von beiden Seiten.“ Schon recht— ich kaufe das Grundſtück.— Wann können wir den Kontrakt aufſetzen?“ „Den vorläufigen ſogleich, den gerichtlichen wann Sie wollen.“ „Charmant, ſo laſſen Sie uns gehen, die Sache iſt abgemacht, — ein Mann, ein Wort. Mein Name iſt Wagner, Baumeiſter Wagner aus Berlin, zur Zeit Landwehroffizier, wohnhaft bei Frau von Ivernois.“ „O, ich kenne die Dame!— Kommiſſionär Baumann,— hier iſt meine Karte, Herr Baumeiſter; ich wünſche Ihnen viel Glück zu der Acguiſttion.“ und in ſolche, durch welche die Intereſſen der Darleh und Schuldner wahrgenommen werden ſollen. Allen Norr ſtehen gleichmäßig ſolche Banken, welche Juhaberpapiere und ſolche, die indoſſable Paviere emittiren. Der Redner die in Ausſicht genommenen Beſtimmungen insbeſondere über Verhältniß des Aktienkapitals zum Pfandbriefkapital und die a weit gehende Begünſtigung der Hypothekenbanken mit ger Geſchäftsbeirieb. Er erörterte die Vorſchriften über leihungshöhe und über die Beleihungsobjekte und kritiſirte die bedenkliche Unterſcheidung zwiſchen Hypotheken, die für Pfand⸗ briefe als deckungsfähig angeſehen werden und Hypothelken, die nicht als deckungsfähig betracht werden. In der Kritik der Vorſchriften für die Bilanztrung wurde die Frage der Buchung der ſogenannten Kursverluſte und Kursgewinne bei der Emiſſion von Pfandbrieſen und bei Pfandbriefconvertirungen be⸗ leuchtet. Der Redner bedauerte die bedenkliche Beſchränkung der Organiſation des Korporationskredits und die Ausdehnung des zu⸗ läſſigen Geſchäftsbetriebs auf Obligationen von Kleinbahn⸗Unter⸗ nehmungen. Der zweite Theil des Vortrags behandelte die rechtl Sicherſtellung der Pfandbriefinhaber und die Vorſchriften zur We nehmung der gemeinſamen Rechte der Beſitzer von Schuldverſchrei⸗ bungen. Der Redner wies die Berechtigung des zweiten Entwurfs, welcher dieſe letztere Materie zum Gegenſtand hat, nach, indem er die großen Geſichtspunkte, die hierfür in Betracht kommen, in den Vordergrund kreten ließ und eine Parallele zur Entwickelung der Indizwidualrechte und der Kollektivrechte der Aktionäre bei den Ak⸗ tiengeſellſchaften zog. Herr Geh. Hofrath Dr. Hecht erntete für ſeinen klaren, durchbachten undpopulär gehaltenen Vortrag großen Beifall. Eine Leiſtung erſten Ranges, gleich vollendet in rhetoriſcher Beziehung, wie in Bezug auf die Beherrſchung des Stoffes war es, die Redner darbot. Vortrefflich verſtand er es auch dem ſprödeſten Theil des ſchwierigen Stoffes eine intereſſante, dem Hörer feſſelnde Seite abzugewinnen. *Bei der Einweihung der Erlöſerkirche in Jerufalem wird die badiſche evangeliſche Kirchenregierung durch Herrn Ober⸗ kirchenrath Oehler vertreten ſein. Der Präſident des Evangeliſchen Oberkirchenraths, der im verfloſſenen Winter eine ſchwere Kraukheit überſtanden hat, ſowie Prälat Schmidt mußten aus geſundheitlichen Rückſichten auf die Theilnahme an der bedeutſamen Feier vorzichten. Herr Oehler hat ſich bereits auf der Mainau von den Großh. Herr⸗ ſchaften verabſchiedet. * Die Schlußprobe der neugegründeten 6. Feuerwehr⸗ Compaguie Waldhof fand am letzten Sonntag ſtakt. Dieſelbe hatte einen äußerſt günſtigen Verlauf. Die Mannſchaft zeigte, daß ſie in der kurzen Zeſt ihres Beſtehens, trotz mangelhafter Aus rüſtung, etwas Tüchtiges gelernt und einer guten Schulung unterworfen war, ſo daß ſie ſich getroſt jeder anderen Feuerwehr zur Seite ſtellen kann, Herr Kommandant Elz nahm die Beſichtigung der Mann⸗ ſchaft und Geräthe vor, worauf mehrere Schulübungen am Schul⸗ haus gemacht wurden, alsdann wurde zur Seilinduſtrie Wolf marſchirt; dieſelbe war in liebenswürdiger Weiſe zur Verfügung geſtellt. Hier wurden nun mehrere Angriffe gemacht, die überraſchend gut ausgeführt wurden. Am Schulhof angekommen, legte der ſeit⸗ herige Inſtruktor, Kamerad Roſt, ſeine Funktion an Herrn Komman⸗ dant Elz zurück, der nun die Compagnie an deren Hauptmann, Herrn Hauck, übergab. Mit klingendem Spiel wurde hierauf nach den Lokalitäten des Kameraden Metzger gezogen, wo ein Bankett abgehalten, das ſich eines gulen Beſuchs und eines ſchönen Verlaufs erfreute. Die Muſikkapelle Hammel ſpielte flott. Der Feuerwehr⸗ Singchor, unter Leitung ſeines Dirigenten Herrn Sieder, brachte einige Chöre ſehr gut zur Geltung, Einige Couplets krugen ſeht viel zur Erheiterung bei, namentlich„Feuerwehr⸗Hauptmaun Knutſche“, ebenſo das„Rendez⸗vous auf dem Wochenmarkt“ von Kamerad Erbrecht und Frl. Marg. Roſt fanden gute Aufnahme, Stürmiſche Heiterkeit erregten die„Streikenden Schuſter“ und Hanfel und Gretel“. So nahm das Bankett einen ſehr guten Verlauf; auch hier herrſchte muſterhafte Ordnung und gutes Arrangement. Die Kameraden der Nachbarſchaft, ſogar von Rheinau, waren ſehr ut vertreten; Alle beſtrebten ſich, dem Geburtstagskind Gat zu 110 dem auch wir ein gutes Gedeihen wünſchen, zum egen der Allgemeinheit; mögen die Kameraden allezeit, namentlich in der Stunde der Gefahr treu zuſammenſtehen. *Eine geriebene Hochſtablerin ſtand in der Perſon der 31 Jahre alten Franziska Mathilde, Ehefrau von Philipp Günther aus Mannheim, vor der Strafkammer in Frankenthal. Dieſelbe wußte ſich unter fulſchen Namen Eingang in die Familie des Kies⸗ händlers und Dampfbaggereiheſitzers Gutfließ aus Zudwigshafen zu verſchaffen. Sie gab hier an, von guten Eltern abzuſtammen und beauftragte Gutfließ, ihr einen Bauplatz zu kaufen. Von dieſem Plane kam ſie wieder ab und wollte ihre Baarmittel zum Bau eines Schiffes verwendet wiſſen. In Wirklichkeit befand ſis ſich in Geld⸗ verlegenheit und bewohnte mit ihrem Manne, den ſie als ihren Schwager einführte, zwei kleine möblirte Zimmer. Jegliches Eigen⸗ thum, mit Ausnahme der Kleider, ging ihr ab. Das Vertrauen, das die Familie Gutfließ in ſie ſetzte, benützend, eignete ſich die Hoch⸗ ſtablerin den Schmuckkaſten mit Damen⸗ und Herrenühren, Ketten, Broſchen, Vorſtecknadeln, Ringen, Armbändern, Ohrringen, Man⸗ ſchettenknöpfen und Kravattennadeln im Werthe von über Mk. 600.— an. Die geſtohlenen Sachen verkaufte und verſetzte ſie und verein⸗ nahmte im ganzen hiefür Mk. 25.—. Die Angeklagte erhielt 1 Jahr 3 Monate Gefängniß. Der ſcheußliche Italienermord im Weſchnitzthal hält immer noch die Gemüther in Aufregung. Die bisherigen Ermittelungen laſſen kaum einen Zweifel darüber aufkommen, daß der 39jährige Mörder Da Grava nicht etwa eine Tödtung im Affekt, ſondern einen vorbedachten Mord verübte, als er bei hellem Tage ſein den 20jährigen Mitarbeiter Lorenzo Chobod, in Weiher bei Mör⸗ lenbach auf offener Straße mittelſt eines Tranchirmeſſers wegen einer unbedeutenden Koſtgeldſchuld erbarmungslos niederſtach. Das Meſſer, das er nach dem Morde fortwarf, kaufte er ſich am Vormittag in Mörlenbach mit dem Bemerken, er habe heute noch Fleiſch zu tranchiren! In verſchiedenen Wirthſchaften fing er mit dem 1 2 8 NNN So ſchritſen wir den Berg hinab bis zu der Neſtauratton auf der Viktoriahöhe, wo wir die übrige Geſellſchaft wieder antrafen. Im Zimmer des Wirths wurde ſchnell der vorläufige Kontrakt ent⸗ worfen und unterſchrieben; dann ging der Kommiſſtonär hinab zur Dampfſchiffſtation, ich aber begab mich mit dem noch feuchten Papier in den Garten. Ich war ſehr zufrieden mit meinem Kauf, und in meiner Eigen⸗ ſchaft als„Hauswirth und Villenbeſitzer“ den Kontrakt in meiner erhobenen Hand haltend, trat ich jetzt lächelnd zu den Uebrigen und frug, ob mir denn Niemand etwas Befonderes anmerke. And ſte riethen Alle hin und her, aber Keiner kraf die Wahrheit, bis ich endlich das Papter dor der Räthin auf den Tiſch legte. „Wie— Sie haben die Villa gekaufts“ rief dieſe erſtaunt und un⸗ als botge Feun 1 10 geleſen hatte. 4 „Ja, gnädige Frau, und ich la en acht Bedenkzeit, 0 57 in 95. S ſ 5 855 „Was, in der That, alſo Sie haben für ſich den Haudel abge⸗ ſchloſſenk“ riefen Frau von Ivernois und die Anderen zugleich, wirk⸗ lich, das nenne ich Entſchluß! Herzlichen Glädwunſch zu der Acquiſition!“ Und nun wollte jeder den Kontrakt leſen, man gratultrte mit Onkel Blunt lobte meine kurze Ent⸗ und ſchüttelte mir die Hand. ſchließung, Adda neckte ihre Mutter wegen ihrer Unentſchiedenheit, Margot aber ſah mich von der Seite ganz prüfend und aufmerkſam an. Dann kam der Schalk langſam um den Tiſch herum, hing ſich ſchmeichelnd an meinen geſunden Arm, ſtreichelte mir mit ihren langen, dünnen Fingern die Wange und ſprach: 0 155 Lerr i00 muß 115 die Tante aus dem Inſtitut nehmen u un heirathen wir uns un n da oheg Nme wie ſchön wird es da ſein!“ 1275 w Sie ſprach das ſo drollig, der kleine S H, und te dabei ſo komiſch zärtlich an mich an, deß Ald ſchallendes Gelächter ausbrachen, bis auf die Tante Ivernois, welche glaubte, eine gewiſſe Würde bewahren zu müſſen, und ihr mit dem Gortſetzung folt) Finger drohte 4* * 1 5 5 7 ö · * f E 1 Mark. General Anzeiger. J. elfes. Maunbelm, 8. Oktober. leitenden Chobod wiederholt Händel an. Dieſer aber ſetzte ihm n entgegen, bis ihn auf dem Heimweg der va hat bereits vier Menſchenleben auf dem zer ſtets mit geringen Freiheitsſtrafen davon. Ver⸗ ſtete er darum ſeine Frau bei ſeiner Feſtnahme mit „In einigen Jahren ſehen wir uns wieder!“ Diesmal indeſſen bedeutend verrechnet haben. Der vielfachen e wegen wurde in Mörlenbach eine Gendarmerie⸗ ſtat f tet. Eine ſolche ſoll jetzt auch in Weiher errichtet zumal der Bahnbau noch etwa zwei Jahre beanſpruchen ürſte. Ein roher Geſelle. Der 20 Jahre alte Taglöhner Georg Kraft von Großenhoheim, zuletzt in Sandhofen wohnhaft, bedrohte am 21. Auguſt dſs. Is. ſeinen alten Vater ſolange mit einem Holz⸗ beil, bis dieſer ihm 1 Mk. gab. Weiter ſuchte er auf dieſelbe Art im Sept. dſs. Is von ſeinen Eltern und am darauffolgenden Tage von ſeiner Mutter Geld zu erpreſſen, wobei er in jenem Falle ſchrie: Guch mach' ich nochalle zwei die Köpfe herunter“; in die⸗ ſem Falle:„Sei ruhig, ſonſt ſchlag ich Dich zuſammen!“ Dem einſchreitenden Polizeidiener Arz drohte er gleichfalls mit dem Beil:„Arz, nur noch einen Schritt, dann ſchlag ich Euch todt!“ Der rohe Geſelle wurde geſtern von der hieſigen Strafkammer zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt. *Das Gerücht von einem Todtſchlag, der vorgeſtern Abend vor einer Wirthſchaft am Zeughausplatz verübt worden ſein ſollte, war geſtern in der hieſigen Stadt verbreitet. Auf unſere Erkundi⸗ gungen hin erfuhren wir, daß dem Gerücht ein ziemlich harmloſer Vorfall zu Grunde liegt. Zwei Burſchen waren vor der Wirth⸗ ſchaft auf der Straße in Streit gerathen, wobei der Eine ſeinem Gegner in das Ohr biß. Der Verletzle ließ ſich auf die Straße fallen und ſtellte ſich wie todt. Vorübergehende ſprangen nach der Kaſerne mit der Mittheilung, es ſei am„Dalberger Hof“ Jemand erſtochen worden. Die Wache ſchickte ſofort eine aus drei Soldaten beſtehende Patrouille ab. Os ſtellte ſich aber alsbald heraus, daß man es mit einem Simulanten zu thun hatte, deſſen Verletzung ganz unbedeutender Natur war. Der Vorfall veruͤrſachte einen großen Menſchenauflauf. Muthmafliches Wetter am Donnerſtag, den 6. Okt. Ueber Norddeutſchland, Skandinavien und Nordrußland behauptet ſich noch immer ein Hochdruck, welcher die Wetterlage von Mitteleuropa be⸗ herrſcht. Für Donnerſtag und Freitag iſt demgemäß trockenes und auch heiteres Wetter bei ziemlich milder Temperatur zu erwarten. 91* n Worten: Aus dem Grofherfogthum. U Ladenburg, 4. Okt. Unſer neuer Bürgermeiſter, Herr Pe⸗ termann, hat ſein Amt angetreten. Die Bürgerſchaft brachte ihm einen glänzenden Fackelzug. Heidelberg, 4. Okt. Auf der Strecke zwiſchen Leimen und Kirchheim wurde der 86 Jahre alte Windiſch von Kirchheim von einem von Karlsruhe kommenden Zuge überfahren und getödtet. * Pforzheim, 3. Okt. Ueber die Entdeckung der Unterſchlag⸗ ungen des Vorſtehers der hieſtgen Reichsbank⸗Nebenſtelle, Heyrich, wird noch geſchrieben: Alljährlich erhalten die Beamten der Reichs⸗ bank einen dem Dienſtalter entſprechenden Urlaub. Aus dieſem Grunde wurde für den Urlaub nehmenden Reichsbankkaſſirer Stöſſel als Vertreter Herr Kühn aus Karlsruhe beordert. Der Vorſchrift nach muß vor dem Urlaub eines Beamten der geſammte Treſor⸗ und Kaſſabeſtand auf ſeine Richtigkeit geprüft werden. Neichsbank⸗ Vorſtand Hehrich, der jedenfalls kurz vorher durch einen ſeiner Haupt⸗ gläubiger gedrängt worden war, hatte, um ſich aus der Verlegenheit u ziehen, 5000 aus dem Banktreſor genommen und damit ſeine Schuld bezahlt. Bei Aufnahme der Beſtände hätte man die Fehl⸗ fumme entdecken müſſen, wenn H. nicht inzwiſchen ſich von einem hie⸗ ger er zur Deckung obige Summe geholt hätte. Kaſſa und eſor ſtimmten alſo und der Kaſſtrer trat ſeinen Urlaub an. Am gleichen Tage erhielt der Bankier zu ſeiner Verwunderung die 5000 c zurück. Nach Urlaubsbeendigung des Kaſſtrers ſollte nun Hſeinen eigenen Urlaub antreten, weshalb wiederum die Kaſſe revi⸗ dirt werden mußte. Nachdem der Treſor richtig befunden war, ging man an die Tageskaſſe, die bis Mittag noch geſtimmt hatte, bei deren Abſchluß von den Herren aber jetzt ein unerklärliches Manko von 5000% feſtgeſtellt wurde. Sämmtliche Herren ſchüttelten die Köpfe, auch 1. Heyrich hatte demnach der Tageskaffe des Herrn Kühn zur Vervollſtändigung des Treſors bei der Neviſton 5000 ent⸗ mommen. Zufällig war dem vom Urlaub zurückgekehrten Kaſſtrer Stöſſel durch den Buchhalter des Bankiers Mittheilung von der Ent⸗ leihung jener 5000„ durch Heyrich gemacht. Er ſchöpfte deshalb gegen H. Verdacht, den er ſeinem Kollegen Kühn ausſprach. Kühn keiſte Abends zum Reichsbankdirektor Beling nach Karlsruhe und theilte dieſem den ganzen Vorfall mit. Direktor Beling ſandte ſofort zgum Bankaſſeſſor Löbnitz und beide fuhren am ſelben Abend (Donnerftag, den 29. Sept. a..) nach Pforzheim zur Reviſion. Nachdem die Herren den Fehlbetrag feſtgeſtellt hatten, erwartete man den inzwiſchen in der Karlsruher Oper ſich befindenden Vorſtand Hehrich, der um z1 Uhr mit Gattin zurückkehrte. Als Heyrich ins Geſicht geſagt wurde, er habe die 5000% genommen, geſtand er die That ein. Offenburg, 4. Oktbr. Dem 386 Jahre alten Wagenwärter Schutterwald wurde von einem rangirenden Hermann Elble von Güterzug das linke Bein abgefahren. Außerdem erlitt der Unglück⸗ ſo daß der Tod bald darauf liche eine ſchwere Schädelverletzung, eintrat. O Schopfheim, 4. Okt. Der 28jährige Sohn des Hirſchen wirths zu Obereggenen, Ludwig Reif, prallte, als er zu dem Fenſter eines Eiſenbahnwagens herausſchaute, ſo unglücklich mit dem Kopfe Buntes Feuilleton. —,Bismarck und der alte Talbot. Eine humorvolle Wendung gebrauchte einſt Fürſt Bismarck, als er von der Unſchicklichkeit und Schwerfälligkeit einzelner ſeiner früheren Mitarbeiter ſprach:„Der alte Talbot(in Schillers Jungfrau von Orleans') wird eigentlich immer mißverſtanden. mit der Dummheit kämpfen Götter ſelbſt vergebens, ſagt er. Die Leute meine immer das ſolle heißen:„Gegen die Dummheit'. Aber das iſt falſch. Mit der Dummheit, wenn ſte auf unſerer Seite ſteht, kämpft man umſonſt. Nicht contra, ſondern aum. Das gibt einen viel beſſern Sinn.“ — Die Geſammtſchuld aller ziviliſirten Staaten betrug Bach der„Ztſchr. f. d. geſ. Aktienweſen“ im Jahre 1897 122 420 Mill. Dapon hat Frankreich zu tragen in Millionen Mark 24 480, England 12 897, Oeſterreich⸗Ungarn 12 127, Italien 10 1885, die deulſchen Einzelſtaaten 9992, die engliſchen Kolonien 8492, Rußland 7900, Spanien 5860, Nordamerika 3872, Portugal 2525, das Deutſche Reich 2204, Aegypten 2088, Braſtlien 2072, Holland 1849, Belgien 1882 u. ſ. w. u. ſ. w. Inkereſſant iſt, wie die jährliche Zunahme der nlaſt der Welt ſich im Laufe der Zeit nach gewiſſen, das wirth⸗ e Leben der Staaten beeinfluſſenden Ereigniſſen geſteigert hat. m in allen Kriegszeiten mächtig zu, z. B. bis 1820 jährlich um 6 —. 8* 0 75 Nillionen, in den verhältnißmäßig friedlichen Zeitläuften von 1820—48 jährlich nur um 200 Millionen. Damals begannen in ver⸗ ſcch n Stagten wiederum Kriegsvorbereitungen, und darum wuchs bi die Staatsſchuld jährlich um 1460 Millionen Mark. Zwiſchen 18 fanden in Amerika und Europa verſchiedene Kriege ſtatt; die Weltſchuld ſtieg darauf jährlich um 4280 Millionen Mark. Nach 18 die jährliche Zunahme immer geringer geworden; ſie betrug bi nur 1380 Millionen Mark trotz des ruſſiſch⸗kürkiſchen Krieges, Ar man von 1882 an die Zeit des bewaffneten Weltfriedens ill, ſo hat er die Weltſchuld wohl geſteigert, aber doch nur Millionen jährlich, während es in früheren Jahrzehnten, . B. um die Mitte des Jahrhunderts alljährlich eine Milliarde Mark Lar, um die die Weltſchuld ſich vergrößerte. Die Schulden mancher Slaaten finden jedoch in verſchiedenen Vermögensſtücken, namentlich den Staatsbahnen, ein gewiſſes Gegengewicht. Der Geſammtſchuld n 122 Millſarden ſtehen etwa 27 Milliarden Vermögen gegenüber, odon Deutſchland allein ſchon 10 Milliarden, Oeſterreich⸗Ungarn gen 4 Milliarden beſitzt. Da aber neben dieſem Vermögen anderer⸗ is die Probinzen und Gemeinden der Stagten in der Regel auch noch an den Pfeller der Wieſenßelſcke, daß ihm dſe Sch ädeldecke abgeſchla⸗ gen wurde. Reif ſtarb bald darnach. * Schopfheim, 4. Okt. Geſtern wollte der Schaffner Rünzi auf den ſchon im Gang befindlichen Zug ſpringen, verfehlte das Trittbrett und gerieth unter die Wagen. Als der Zug vorüber war, lag nur noch eine unförmliche Maſſe da. *Kouſtauz, 4. Okt. Elektrotechniker Walker ſtürzte ſo unglück⸗ lich von ſeinem Rad, daß er eine ſchwere Gehirnerſchütternng erlitt und bald darauf ſtarb. falz, Beſſen und Aurgebung. 88 Anweiler, 4. Okt. Die Papierfabrik von P. A. Michels Sohn iſt bis auf die Grundmauer niedergebrannt. Urſache der Entſtehung unbekannt. Großer Schaden. *Mainz, 4. Okt. hatte am 12. Auguſt auf offener Straße ihren Liebhaber, den Tag⸗ löhner Joſeph Swoboda erſtochen, weil dieſer ein anderes Frauen⸗ zimmer bei ſich hatte. Die Baumann hatte ſich geſtern wegen Körper⸗ verletzung mit tödtlichem Erfolg vor dem Schwurgericht zu verant⸗ worten. Der Vertheidiger, Dr. Sichel, hatte auch die Frage auf fahr⸗ läſſige Tödtung ſtellen laſſen. Die Geſchworenen verneinten ſämmt⸗ liche Schuldfragen, worauf das Gericht auf Freiſprechung erkennen mußte. Das zahlreich erſchienene Publikum, wie auch die Juriſten halten einen ſolchen Spruch nicht erwartet. Ernte⸗ und Marktberichte. Hopfen. Walldorf, 4. Okt. Das Hopfengeſchäft war letzte Woche wieder recht lebhaft; es wurde bei den Händlern Waare bis zu 190 Mark gekauft. Auch die rothen Hopfen fanden guten Abſatz (Centner bis 100 Mark.). Aus der Pfalz, 4. Okt. In verſchiedenen Orten der Pfalz wurden in deu letzten Tagen Verkäufe in Hopfen abgeſchloſſen. Die Preiſe ſchwankten zwiſchen 175—190 Mark. Geſchäftliches. Nicht Alle können reich ſein, aber ein gemüthliches, ſchönes Heim kann doch Jeder haben, der es richtig anzufangen verſteht, Hauptſächlich muß die Hausfrau dafür ſorgen, daß alle Metallſachen immer blitzblank ſind, was wit Metall⸗Putz⸗Glanz„Amor“ ſehr leicht zu erreichen iſt. Dieſes vorzügliche Putzmittel macht alle Metall⸗ AaN wieder wie neu und iſt in Doſen à 10 Pfennig überall zu aben. Stimmen aus dem Publikum. Thierquälerei durch Viehtreiber. Schon zu wiederholten Malen batte ich, als Auwohner der Parkſtraße, Gelegenheit zu beobachten, mit welch' unmenſchlicher Rohbeit die Viehtreiber das auf dem Mannheimer Viehmarkt ge⸗ kaufte, in's Bayriſche hinüber gehende Schlachtvieh, behandeln. Nicht genug, daß Peitſchenhiebe und Fußtritte das arme Vieh vorantreiben, gewöhnlich werden Augen und Naſen von den rohen Patronen mit Knütteln bearbeitet, ſo daß ſich die armen Thiere vor Schmerz auf⸗ bäumen. Bedenkt man, daß es ſich hierbei meiſtens um Kühe, Ochſen, Stiere u. ſ. w. handelt, die im engen Stall aufgezogen, an das Laufen überhaupt nicht gewöhnt, oder um Schlachtvieh, das mit der Bahn angekommen, durch langes Stehen und Futtermangel geſchwächt ift, ſo iſt dieſe unmenſchliche Behandlung einfach unerhört. Was ich aber am Montag geſehen habe, und worüber außer mir viele andere Perſonen entfetzt waren, ſetzt Allem die Krone auf. Kommt da auch ſo ein armer, matter Schlachtochſe von einem rohen Treiber geführt, am Stadtpark entlang. Man ſieht, das Thier kann kaum auf den Beinen ſtehen; der allen Gefühls bare Unmenſch tritt und haut aber auf das arme Vieh ein, das Blut läuft ihm aus Naſe und Maul und ſchließlich fällt es ganz entkräftet zu Boden und ſtreckt alle Viere von ſich. Da Hiebe und Fußtritte nichts mehr nützen, holt der ſaubere Patron ein Kübel Waſſer und gießt ihn dem Ochſen üder den Kopf. Dieſer, hierdurch vielleicht halb erſchreckt, halb zu ſich gebracht, erhebt ſich mühevoll und durch weitere Hiebe angeſpornt, zieht er langſam weiter, um bald wieder zuſammen⸗ zubrechen. Derartige Schauſpiele ſind nichts Seltenes, wie aber wirken ſie auf unſere Jugend ein? Derartiges dürfte doch in einer Stadt wie Manayelm nicht vorkommen und ſollte man mit aller Energie vorgehen, derartige Schandthaten zu verhindern und die Schuldigen ſo zu beſtrafen, wie ſte es verdienen. 0 5 VBerkehrsſtörungen au Wochenmarkttagen. Eine große Verkehrsſtörung kann man an den Wochenmarkttagen, Montags und Donnerſtags ſtets wahrnehmen. Es wäre dringend nothwendig, daß das Großh. Bezirksamt hier einmal Ordnung ſchafft. Vorgeſtern war es nicht möglich, die Straße zwiſchen HI1 und H 2 mittelſt Fuhrwerks zu befahren, ſo daß ein großes Geſchrei und arger Skandal verurſacht wurden, der eine ganze Stunde lang andauerte. Der Fehler liegt hauptſächlich daran, daß zu beiden Seiten der Straße K—2 ſtets eine Kette leerer Wagen ſteht und in Folge deſſen das Ausweichen zweier Fuhrwerken unmög⸗ lich iſt. Es wäre daher nothwendig, daß wenigſtens eine Seite nicht mit Wagen beſtellt würde, ſo daß der Verkehr der Fuhrwerke nicht gehemmt iſt. Einſender dieſes bittet das Großh. Bezirksamt um Beſeitigung dieſes Mißſtandes. 8 Der Radfahrerunfug auf allen verbotenen Wegen nimmt wirklich ſo überhand, daß der Spaziergänger faſt nicht weiß, wohin er ſeine Schritte wenden ſoll. Speziell der Rheindamm nach Neckarau⸗Altripp, welcher für Radfahrer verboten, wird von denſelben mit Vorliebe benützt, ſo daß der anſtändige Fußgänger auf dieſem ſchmalen Weg beſtändig in Gefahr ſchwebt. Es wäre ————————.————— 2 Schulden haben, deren Weltbetrag auf rund 17 Milliarden geſchätzt wird, ſo bleibt doch auf den Kopf jedes Erdenbürgers eine ererbte Zins⸗ laſt von annähernd 5 Mark für das Jahr beſtehen. — Klugheit eines Pudels. Ueber die Klugheit eines Königs⸗ pudels wird der„Str. Poſt“ geſchrieben:„Was ich in den nach⸗ kommenden Zeilen Ihnen mittheilen werde, iſt eine Thatſache. Ich be⸗ ſitze einen ſchwarzen Königspudel, der ſich von jeher als ſehr gelehrig und beſonders aufgeweckt zeigte. Ueber die vielen Kunſtſtücke, die er ausführen kann, will ich kein Wort verlieren. Aber eine That, die er geſtern vollbrachte, dürfte doch erzählenswerth fein. Meine Frau be⸗ zieht Jahr aus Jahr ein die Butter, die in der Haushaltung verbraucht wird, in Viertel⸗Kiloſtückchen, die in Papier verpackt ſind. Geſtern gab nun meine Frau unſerem Dienſtmädchen zwei Kilo Butter zum Einſalzen. Dieſe Arbeit verrichtete das Mädchen in einer neben der Küche gelegenen Kammer, in welcher der Eis⸗ und der Vorrathsſchrank ſteht, aber auch das Zeitungspapier in einer Ecke aufbewahrt wird, das in der Küche verbraucht wird. In dieſer Kammer war auch der Pudel und ſchaute mit ſeinen klugen Augen der Arbeit des Butter⸗ einſalzens zu. Die Arbeit war bald verrichtet. Meine Frau befand ſich im Eßzimmer, als plötzlich die Thür aufgeriſſen wurde und der Pudel mit einem noch in Papier verpackten ein halb Pfund Butter hereinſtürmte und ihr das Packetchen brachte. Meine Frau dachte zunächſt, der Hund, der bis dahin nie genaſcht oder geſtohlen hatte, habe die Butter genommen. Die Magd war aber ſchon einige Zeit wieder in der Küche beſchäftigt. Dieſe über das Vorkommniß be⸗ fragt, geſtand endlich ein, daß ſie das Viertel Butter nicht mit ein⸗ geſalzen, ſondern unter dem Zeitungspapier verſteckt hatte. Das hatte der kluge Pudel geſehen. Er holte die Butter aus dem Papierhaufen wahek und brachte ſie ſeiner Herrin. Die Geſchichte iſt buchſtäblich wahr!“ — Poſtbotenprüfung in China. Eine eigenthümliche Prüfung müſſen chineſiſche Briefträger bezw. Anwärter auf dieſen Poſten beſtehen. In erſter Reihe wird von dem zutünftigen Brief⸗ boten Kraft und Muth erfordert. Er muß ohne Unterbrechung durch Wald und Einöden, über Berge und Thäler wandern und wird ſtreng beſtraft, wenn er ſich verſpätet und ſich verleiten läßt, in der Nacht, die die Chineſen im Allgemeinen wegen der böſen Geiſter und Kobolde fürchten, langſamer zu marſchiren, als am Tage. Und die geforderte Schnelligkeit iſt keine geringe. Manchmal muß er täglich einen langen Weg und noch dazu mit einem Gepäck von 40 Kilogramm auf dem Rücken im Dauerlauf zurücklegen, denn die Zeiten ſind knapp berechnet. Die 25jährige Suſanna Baumann von hier dringend zu wünſchen, Faß dſe ſtädtiſche Behörde auch daſür ſorgen würde, daß ihren Verordnungen Beachtung geſchenkt wird. Tirgesneuigkeiten. — 45,00O0H adlige Familien gibt es in Frankreich, von denen man aber wenigſtens 25,000 abziehen muß, die ihren Adel nicht nachweiſen können. Der Adel der Uebrigen iſt bis über% mehr oder weniger zweifelhaft. Nur 450 Familien können behaup⸗ ten, daß ſte wirklich adlig ſind. — Den Montbland haben in dieſem Sommer 11 Damen beſtiegen. Am 14. September machte ein junges Ehepaar aus Or⸗ leaus ſeine Hochzeitsreiſe auf den Berg, litt aber ſehr unter Kälte und Schneegeſtöber. — Der Bordeaux⸗Wein iſt in dieſem Jahre ausgezeichnet betreffs der Qualität und auch in der Ouantität ſehr gut. — In La Tour'Aauvergne wurden mehrere Häuſer 0 eine Feuersbrunſt zerſtört, 5 Perſonen kamen dabei um's zeben. — In Mühlheim a. Rh. feuerte ein Muſtker nach voraus⸗ gegangenem Streit vier Revolverſchüſſe auf ſeine Schwiegermutter ab und brachte ſich alsdann ſelbſt einen tiefen Stich in den Hals 520 Beide Perſonen wurden tödtlich verletzt dem Hoſpital über⸗ geben. — Wie man aus Gleiwitz meldet, ſtürzte in Laurahütte bei einer Curve ein Wagen der elektriſchen Straßenbahn in Folge zu ſchnellen Fahrens um. Ein Streckenwärter wurde ſchwer verletzt und ſtarb bald darauf. Außerdem wurden zwei Perſonen ſchwer, mehrere leicht verletzt. 5 — Zu Gordola im Canton Tefſin rannte während der Landſturminſpektion ein aufgeſcheuchter Haſe einem Landſturm⸗ Soldaten zwiſchen die Füße. Der Vaterlandsvertheidiger ſchloß, wie die„Reue Zürch. Ztg.“ berichtet, ſeine Hacken einen Augenblick zur„Achtung“⸗Stellung, nahu dann das Häslein bei den Ohren, gab ihm den Genickfang und brachte ihn Abends ſeiner Landſturm⸗ frau heim. — Die Todesfälle an der Beulenpeſt haben ſich in dieſer Woche in der Stadt Bombay von 127 in der Vorwoche auf 200 vermehrt, während in der Präſidentſchaft 4000 Todesfälle vorgekom⸗ men ſind. Auch in der Stadt Bangatur nimmt die Peſt einen epi⸗ demiſchen Charakter an, es ſind dort 124 Todesfälle vorgekommen; aus andern Bezirken werden mehrere Erkrankungen gemeldet. — An der Südweſtküſte des Aſowſchen Meeres wüthete mehrere Tage ein furchtbarer Sturm. Beim Leuchtthurm von Kertſch⸗ Jenikale gingen 14 Segelſchiffe unter, wobei über 120 Menſchen ertranken. Es wurden viele Leichen ans Land geſpült. Aus Anapa und Taman ſind ebenfalls Nachrichten über den Untergang von Schiffen und Menſchen eingegangen. — In Lübeck iſt die Teerfabrik der Firma Sparkuhn nieder⸗ gebrannt; der Schaden iſt bedeutend. — Der von Dr. Berſon und Spring geführte Ballon der internationalen Fahrten iſt, nachdem er eine Höhe von 4700 Meter erreicht hatte, bei Burg glatt gelandet. — Auf ſonderbare Weiſe kam der Lehrjunge eines Schloſſer⸗ meiſters in Markirch ums Leben. Ein anderer Arbeiter holte gerade ein glühendes Eiſen aus dem Feuer, um es auf dem Amboß zu ſchmieden, als der Lehrling rückwärts und gerade auf das glühende Eiſen fiel. Dieſes drang ihm tief in den Rücken und verlezte noch die Lunge. Der unglückliche Knabe ſtarb bald darauf. — Die Zahl der bis jetzt in der Provinz Lüttich an der Maul⸗ und Klauenſeuche erkrankten Kühe u. ſ. w. wird auf 35,000, der der Landwirthſchaft dadurch erwachſene Schaden auf 33 Mill⸗ Franken geſchätzt. Tlleater, Kunſt und Wiſſenſchaft. Der Konzertverein für Kammermufik verſendet ſeinen Pro⸗ ſpekt, nach dem ſich für die kommende Saiſon wieder ſehr gediegene kammermuſtkaliſche Genüſſe erwarten laſſen. Das Frankfurter Streichquartett wird ſpielen am 23. Oktober, 6. November und 29. Januar, das Mannheimer Quartett am 20. No⸗ vember, 8. Januar und 26. Februar. Ferner iſt es dem Verein gelungen, das berühmte Joachimſche Quartett für ein Konzert zu gewinnen. In einer Matinee des Mannheimer Quartetts wird Eugen'Albert mitwirken(Brahms, Quintett.moll und Solo⸗ ſtücke). Das Programm der Frankfurter Herren beſteht außer zwei Werken von Brahms und Grieg lediglich aus klaſſiſchen Quartetten, darunter befinden ſich die großartigen Beethovenſchen in Cis-moll und-moll. In der zweiten Matinee der Mannheimer Herren gelangt zur Aufführung: ein Quartett von Felix Weingartner, das -durfextett von Brahms und als beſonders intereſſante Nummer ein Septett von Kaletſch auf den von Dr. Stelzner⸗Dresden neuge⸗ bauten Streich⸗Inſtrumenten. Das Abonnement für dieſe 7 Kon⸗ zerte, die zu den vornehmſten und genußreichſten Darbietungen der Saiſon lzählen werden, beträgt nur 15 Mark, was jedem Freund der edlen Kammermuſik den Beſuch ermöglicheu wird. Wir ver⸗ weiſen wegen des Näheren auf die Mellien und ausführlichen Programme, welche in den hieſigen Muſikalienhandlungen zu haben ſind, und hoffen, daß ein recht zahlreiches Abonnement dazu dienen 3 75 die Kammermuſik⸗Aufführungen auf ihrer ſeitherigen Höhe zu erhalten. Herr Rudolf Bärtich, der vor vier Jahren als erſter BVioliniſt am Hoftheater in Wiesbaden engagirt war und danach ſeine Militärzeit als Einjährig⸗Freiwilliger bei der hieſigen Regiments⸗ kapelle gedient hatte, hat einen ehrenvollen Ruf erhalten und ange⸗ nommen. Er wurde ab 1. Oktober ds J. als erſter Geiger und Soliſt im Philharmoniſchen Orcheſter in Berlin unter glänzenden Bedingungen engagirt. Zn Thuille⸗Bierbaums Lobetauz, der heute Abend zum erſten Mal auf unſerer Bühne in Scene geht, ſind die Hauptrollen folgen⸗ Zudem muß er noch mit der Annehmlichkeit rechnen, daß er ſich unter⸗ wegs gegen Räuber und Wegelagerer jeder Art zu vertheidigen hat. Um allen dieſen Anforderungen zu genügen, übt er ſich, indem er möglichſt wenig, nur ſoviel, um einigermaßen ſeinen Hunger zu ſtillen, ißt. Der Staat aber prüft ihn auf folgende Weiſe: An einer in ziem⸗ licher Höhe befindlichen wagrechten Stange hängen an langen Stricken mehrere ſchwere Sandſäcke. Aufgabe des Bewerbers iſt nun, durch kräftige Stöße die Säcke in ſtarke Schwingungen zu bringen und dann ſchnell hindurchzulaufen, ohne ſich von einem der Säcke treffen zu laſſen. Er muß ſomit ſehr gewandt ſein, denn ein Schlag von einem der ſchweren Säcke würde ihn zu Boden ſchlagen, und er wäre dann zugleich durchgefallen. Trotz dieſer lebensgefährlichen Prüfung fehlt es nicht an Bewerbern für den Botendienſt. Die Probe iſt um ſo ſchwerer, als nur die ſtärſten und gewandteſten Prüflinge werden. Hieraus ergibt ſich, daß es nicht fo einfach iſ, in China Poſtbote zu werden. — Er kenut ſeine Pappenheimer! Im zwdeiten amerilank⸗ ſchen Texas⸗Freiwilligenregiment herrſchte große Aufregung— der neue Zahlmeiſter war ernannt worden: es war— entſeßlich!— ein Neger! Daß ganze Regiment erhob Einſpruch, und vom Oberſten herab weigerten ſich Alle, den Sold aus eines Negers Hand anzu⸗ nehmen. Der Proteſt des Regiments kommt zu General Stanton, Chef des Zahlmeiſter⸗Bureaus, und wird zurückgewieſen: John Lynch iſt regelrecht ernannter Zahlmeiſter, und wer kein Geld von ihm nimmt, verzichtet eben auf ſeinen Solh. Und was thun die Pankees? Sie nehmen das Geld aus des Schwarzen Händen! General Stan⸗ ton aber ſchmunzelt und ſpricht die klaſſiſchen Worte:„Ich wußte es ja. Der Amerikaner, der Geld nicht nimmt, gleichviel aus welchem Händen, muß erſt noch geboren werden!“ — Eine merkwürdige Heilung. Auf höchſt ſonderbare Weiſe hat jüngſt der Doktor Michea, ein bekannter engliſcher Irrenarzt, einige ſeiner Kranken geheilt, die an Schwermuth litten. Auf die Be⸗ obachtung zurückgehend, daß ein plötzlicher Schreck in manchen Krank⸗ heitsfällen eine unerwartete Heilung hervorbringt, griff er zu folgen⸗ dem Mittel. Jeden Morgen ſetzte er ſich hin und ſchrieb an die be⸗ treffenden Patienten anonyme Poſtkarten, die von den unerhörteſten Beleidigungen ſtrotzten. Der wüthende Aerger, den dieſe von unbe⸗ kannter eite herrührenden unliebenswürdigen Schreiben den Empfängern bereiteten, die Anſtrengungen den Urheber zu entdecken, die ungewohnte Aufregung,— das Alles bewirkte, daß die Kranfen ihren hypochondriſchen Gedanken bald viel weniger nachhingen zugelaſſen —— — 1 5 3 19 Seite General⸗ Anzeiger. Münnkeim 5 Oktober tanz: Herr Rüdiger, Prinzeſſin: Frau r Kromer. Frau Agnes Sorma wird am hieſigen Hoftheater als Rau⸗ n Hauptmanns verſunkener Glocke und als Nora in Ib⸗ 9 namigem Schauſpiel gaſtiren. Wir machen auf dieſe noch in dieſem Monat zu erwartenden Vorſtellungen ganz beſonders aufmerkſam. Als ſpiel, ichſte Volksvorſtellung iſt für Dienſtag das amüſante rieg im Frieden“ geplant. delberger Theater. Das erſte Debür oes Frl. Marie Heinrich, Tochter des Heidelberger Theaterdirektors, als Hero in des Meeres und der Liebe Wellen iſt recht glücklich verlaufen. Die zunge Dame beherrſcht die äußeren Mittel der Kunſt ſchon in ganz beachtenswerther Weiſe. In Haltung, Geberde und Ton verkörperte ſie die junge, ſo plötzlich vom Pfeil der Liebe getroffene Prieſterin nicht übel, wobei ihr ihre jugendlich⸗anmuthige und ſchmiegſame Jigur zu Statten kam. Für ihre Geſichtszüge iſt das Lampenlicht, Das energiſche ſtarke Linien liebt, nicht ſehr günſtig. Dank guter Schulung hat Frl. Heinrich die ſchwierige Rolle gleich beim erſten Aufkreten korrekt dem Publikum vorgeführt. Eine Vertiefung des Seeliſchen kann nur die weitere eigene Entwickelung bringen. Wenn Fer Heinrich ſich ganz der Bühne widmet, ſo kann ſie bei dem Ta⸗ 855 das ſie geſtern gezeigt hat, hoffen, das Publikum ſich zu er⸗ ern. Hochſchulnachricht. Dem außerordentlichen Profeſſor der Ge⸗ ſchichte an der Univerſität Baſel, Dr. Heinrich Boos, ſind Titel und MRechte eines ordentlichen Profeſſors verliehen worden. Tod einer berühmten amerikaniſchen Schauſpielerin. Die am Montag in ihrer Sommerwohnung in Duxbury, Maſſachuſetts, verſtorbene ameritaniſche Schauſpielerin Fanny Davenport galt für eine der größten Zierden der amerikaniſchen Bühne. Ihre Bewunberer pflegten ſie dies„amerikauiſche Sarah Bern⸗ hardt“ zu nennen. Schon im Alter von 14 Jahren erſchien ſie guf den weltbedeutenden Brettern. Ihre Rollen gehörten ſpäter ſo⸗ wohl dem klaſſiſchen wie dem modernen Repertoire an. 189 reiſie ſie nach England, wo ſie in Dalys Theater u. A als„Lady Feazle“, „Noſalind! und„Nanny Sykes“ Großartiges leiſtete. Darnach nahm ſie kein feſtes Engagement mehr an, ſondern bereiſte zehn Jahre lang mit ihrer Truppe die Vereinigten Staaten. Nachdem Sarah Bern⸗ hardt dort großes Furore als„La Tosca“,„Fedora“ ꝛc. gemacht Batte, trat auch Fanny Davenport in dieſen Rollen auf Sie hat ein großes Bermögen hinterlaſſen. Eiu moraliſcher Roman wird ſoeben in fkandinaviſchen Blät⸗ tern als weißer Rabe angeprieſen. Er handelt ſich um ein Werk von Jacques Vincent, das unter dem Titel„Grlebniſſe eines armen jungen Mädchens“ ins Däniſche überſetzt worden iſt. Der Haupt⸗ Borzug des Romans iſt in dem Zuſtande zu ſuchen, daß er ſeiner wegen einen Preis von der franzöſiſchen Akademie alten hat. Die Aufführung von Berlioz„Groberung von Troja“ in der Gnoßen Oper zu Paris iſt eine beſchloſſene Sache. Direktor Gail⸗ hard hatte ſich nach Karlsruhe begeben, um der dortigen Aufführung des Werkes unter Meiſter Mottls Leitung bei 5 Berlioz Tonpichtungen waren bisher auf der erſten Pariſer Opernbühne noch worden. Die Rolle der Caſſandra wird Mlle. Delna Freunde Verdis verſichern, daß der greiſe Maeſtro im ver⸗ gangenen Sommer häufig ſeine alte Arbeitsſtimmung wiedergefunden und ſeine neue Oper„König Lear“ um ein gutes Stück gefördert babe. Immerhin iſt die Beendigung oder gar Aufführung der neuen Oper goch nicht abzuſehen. Die Meldung, Verdi arbeite an einer Oper„Nero“, beruht übrigens auf Verwechſelung. Nicht Verdi, ſon⸗ e 12 5 Librettiſt Boito hat den Kaiſer Nero als Helden einer Oper wählt. Alterthumsfund. Bei den im Walge van Wachenbuchen(Kreis nau) durch den Rommiſlar für Limesforſchung, Herrn Profeſſor Iff⸗Frankfurt geleiteten Nachgrabungen wurde wleder ein bedeu⸗ tender Alterthumsfund gemacht. Man legte ein Römerhaus bloß, das gine Länge von 6,45 Metern und eine Breite von 5,60 Metern und 8 Gentimeter breite Fundamentmauern 177 Außerdem wurde auch ein Römergrab aufgedeckt, aus welchem Thpfe, Figuren u. ſ. w. en Dage gefördert wurden. Neneſte Nachrichten und Telrgramme. Schaffh auſen, 4. Okt. Das Kantonsgericht hatte vor Kurzem zwei Mürder, einen gewiſſen Bruetſch und einen Ita⸗ liener Zechinati, zum Tode verurtheilt. Beide reichten ein Begna⸗ digungsgeſuch ein, über das der Große Rath zu entſcheiden hatte, n alle Todesurtheile zur Beſtätigung vorgelegt werden müſſen. In geheimer Abſtimmung ſtimmten im Falle Bruetſch 37 für, 86 gegen die Todesſtrafe, im Falle Zechinati 38 für und 34 — Da nach dem Geſetz zwei Drittel der Mitglieder des Gro⸗ Ralhs für das Todesurtheil ſtimmen müſſen, damit es MRechtskraft erlangt, in beiden Fällen diefe Mehrheit aber nicht erreicht würde, ſind die beiden zum Tode Verurtheilten zu lebens⸗ Wuglichem Zuchthaus begnadigt worden. Bern, 4. Okt. Der Bundesrath hat beſchloſſen, weitere ſechs Auarchiſten auszuweiſen.— Die italieniſche Geſandtſchaft Hal eine Einlabdung zur Theilnahme an einer internationalen Konferenz zur Vereinbarung von Maßregeln gegen den Anarch⸗ Emus überreicht. Der Bundesrath wird demnächſt darüber Be⸗ ſchlaß faſſen. Ganf, 4. Okt. Der in Baſel verhaftete Italtener Gile Feht im Berdacht einige Tage vor der Ermordung der Kaiſerin Eliſabeth Beziehungen zu Luccheni unterhalten zu haben. Er wurde ſofort von Baſel nach Genf übergeführt, hier verhört und Is Unterſuchungsgefängniß gehracht. Der Unterſuchungsrichter Wieß gegen Gile einen Hafbefehl. Wien, 4. Okt. Im Abgeordnetenhauſe wurde dia erſte Befung der Ausgleichsvorlagen fortgeſetzt. Sämmtliche Redner, —45 deutſchen Volkspartei angehörend, ſprechen ſich gegen die Borkage aus. Der erſte Redner, Kaiſer, erklärte, die deutſche Volkspartei werde gin die Berweiſung ds Ausgleichs an einen Ausſchuß ſtimmen. Ein Zwiſchenfall fand nicht ſtatt. Morgen Wefterberathur Wit der„oltt Korreſp.“ aus Petersburg gemeldet wird, ertheilte Kalſer Nikolaus vor ſeiner Abreiſe von Lwadia dem in⸗ ie des aagge in mae den „den rufſiſch Ha n Konſtantinopel zu ermüch⸗ Uigen, das Ulttmakum— Ridne bezüglich Kretas zu unter⸗ Daß Ultimatum wird uuverzüglich dem Sultan über⸗ keicht werden 5 Wie die„Narodug Liſty“ aus Prag meldet, iſt Graf Thun entſchloſſen des Miniſters Baernreither Nachfolger aus der Rech⸗ en zu berufen und ſein Kabinet zu einem Miniſterium der Rechten zu geſtakten. Die Regierung ſtelle aber die Bedingung, daß die Rechte die Funktionen einer e heit aus⸗ Fulle. Die Quotenbeputationen treten am 8. Oktober in Peſt zu⸗ ſummen. Graf Thun und der Finanzminiſter Dr. Kaizl be⸗ Sbe eeß ku der Stapellauk n Tr der Stape des Rammkreuzers„Raiſer Karl VI.“ ſtatt. Paris, 4. Okt. Man befürchtet, daß ſämmtliche Arbetter ber übrigen Bauhandwerke ihre Drohung wahrmachen und ſich umfaffende Maßregeln zur Verhinderung von Ruheſtörungen. bem Serite der Grdarbeiter anſchließen werden. Die Polizei kraf umfaſfende Mußregeln zur Verhinderung von Ruheſtörungen. Die Dreyfus⸗Angelegenheit nimmt endgiltig ihren gericht⸗ knichen Weg. Generalſtaatsanwalt Manau wird heute auf der Nanzlei des Kaſſationshofes ſeine aus dem Aetenmaterial nieberlegen. Ein Milarbe es„Journal des — ̃—„— Bebats hatte eine Unferredung mif ihm. Mancu ſagte:„In dieſem Augenblick könnte der Juſtzmintſter noch, wenn er wollte, das Revbiſionsverfahren einſtellen; aber wenn ich einmal heute Nachmittag meine Schlußfolgerungen dem Vorſitzenden Loew überbracht haben werde, kann kein Miniſter, keine Kammer, ja ſelbſt ganz Europa nicht der Juſtiz die Angelegenheit mehr ent⸗ reißen.“ Ueber ſeine Schlußfolgerungen bewahrte der General⸗ ftaatsanwalt Manau natürlich Stillſchweigen. Als er aber die im Gange befindliche Dreyfusſache berührte, ſtrahlte ſein Antlitz, und mit Wärme ſprach er von der aßfol Er wird einen Beweis für ſeine Antheilnahme, ſeine Schlußfolgerungen vor dem Kaſ⸗ ſationshof ſelbſt vortragen; er fügte hinzu: bei 20 Reviſions⸗ anträgen, die wir ſeit Einführung des neuen Geſetzes gehabt haben, find meine Schlußfolgerungen nur ſieben Mal abgelehnt worden. In dem heutigen Miniſterath ließ der Juſtizminiſter Sarrien einen Beſchluß unterzeichnen, der den Rath am Kaſſa⸗ tionshof Morichon zum Vorſitzenden des Pariſer Appellhofes an Stelle Periers ernennt, der zur Genüge aus dem zweiten Zolaprozeß und als Dreyfusgegner bekannt iſt. Morichon gilt als Anhänger Briſſons und als Dreyfusfreund. Die Dreyfus feindliche Preſſe hat infolge deſſen in der letzten Woche eine hef⸗ tige Hetze gegen ihn eröffnet, der gegenüber Briſſon jedoch tapfer Stand gehalten hat. Morichon wird den Vorſttz bei der Wieder⸗ aufnahme des Dreyfusprozeſſes führen. Im Uebrigen bemerkt die„Liberté“, der Miniſterrath habe ſich über die wichtigen Fra⸗ gen in Betreff Dreyfus' und Picquarts nicht einigen können. Er ſei deßhalb ſo früh geſchloſſen worden. Als Termin für die Ein⸗ berufung der Kammer iſt der 25. Oktober in Ausſicht genommen worden, ein Beſchluß erfolgt jedoch erſt in eiwa 10 Tagen. Im„Journal des Débats“ wird eine Meldung, wonach ein höherer Beamter zu Marchand nach Faſchoda mit Weiſungen ge⸗ ſchickt ſei, für unrichtig erklärt. Allerdings befaſſe ſich die fran⸗ zöſiſche Regierung ſehr eifrig mit der Faſchoda⸗Angelgenheit und unterhandle täglich mit der engliſchen Regierung. Uebrigens ſei Marchands Lage keineswegs ſo kritiſch, wie ſie von den engliſchen Blättern geſchildert würde. Seine Expedition ſei ſorgfältig vor⸗ bereitet und vom Kolonialamt regelmäßig unterſtützt worden. Zwei Jahre lang ſeien die Nachrichten regelmäßig in das Mini⸗ ſterium eingelaufen. Madrid, 4. Okt. Von dem Vorſitzenden der[paniſchen Friedensunterhändler, Monteros Rios, iſt dem„Temps“ zufolge ein längeres Telegramm eingelaufen und dem Kabinet geſtern mitgetheilt worden. Es wird ſtrenges Stillſchweigen darüber be⸗ wahrt, doch verlautet, daß die ſpaniſche Regierung darin über die Abſichten der Vereinigten Staaten aufgeklärt wird. Die Vereinigten Staaten ſollen die Uebertragung der Souveränetät von Kuba auf ſie verlangen, Kuba ſoll unter der Souveränetät der Vereinigten Staaten unabhängig werden, und zwar auch in finanzieller und politiſcher Dieſe Frage ſowie die Regelung der Verhältniſſe von uerto⸗Rico würden von der Friedenskommiſſion vor der Phlippinen⸗ frage erledigt werden. Das Schickſal der Philippinen wird von den Nachrichten abhängen, die General Merritt von dort mitgebracht hat. Die Weiſungen der amerikantſchen Regierung ſollen jedoch der ſpani⸗ ſchen Souveränetät entgegen ſein. Auf Kuba verlangt Marſchall Blanco einen abermaligen Vorſchuß von 15 Millionen. Mehrere ſpaniſch⸗amerikaniſche Republiken haben das Angebot gemacht, das auf den Antillen befindliche ſpaniſche Kriegsmaterial ſowie die noch vorhandenen Schiffe zu übernehmen.— Die Nachrichten engliſcher Blätter über die Abſichten der Vereinigten Staaten, die Philippinen zu behalten, riefen hier nach der„Agenzia Fabra“ höchſtes Erſtaunen —25 da das Friedensprotokoll eine derartige Maßnahme nicht ge⸗ 92 Die Regierung iſt entſchlofſen, dagegen kräftig Einſpruch zu erheben. Belgrad, 4. Okt. Es heißt, Milan habe an amtlicher Stelle in Peterzburg wegen des angeblichen verletzenden Verhaltens des ruſſiſchen Geſandten Schadowski ihm gegenüber Beſchwerde ge⸗ führt, jedoch keine Antwort erhalten. Kairo, 4. Okt. Nach Berichten von Begleitern Kitcheners auf ſeiner Fahrt nach Faſchoda, die ſoeben hierher zurückgekehrt find, hatte der franzöſiſche Major Marchand von einer kleinen Inſel oder Halbinfel bei Faſchoda Beſitz ergriffen. Da Marchand ich weigerte, ſie zu räumen, landete General Kitchener eine Anzahl ſeiner Leute und hißte engliſche und ägyptiſche Flaggen. Kitchener ſtellte Poſten hinter der von rchand beſetzten Inſel auf, wodurch dieſem der Zugang zum Feſtlande abgeſchnitten wurde. Marchand ſetzte dieſer Handlung keinen Widerſtand entgegen. London, 4. Okt. Eine Pariſer Meldung des„Standard“ wiederholt gegenüber dem Gerücht vom ſofortigen Beginn der Ver⸗ handlungen über Faſchoda, es könne von Verhandlungen über Faſchoda keine Rede ſein, doch ſei der franzöſiſchen Regierung Gelegenheit ge⸗ geben worden, nilaufwärts zu gehen und mit Marchand in Verbin⸗ dung zu treten. Der Kriegsberichterſtatter des„Daily Telegraph“ berichtet aus Kairo nach Angaben von Offizieren, die aus Faſchoda zurückgekehrt ſind, die Expedition habe am 18. September, nach ein⸗ kägiger Fahrt nilaufwärts, wobei Nachts geankert und Brennholz ge⸗ wurde, mit am Ufer lagernden Derwiſchen, die unter Deckung 3 Kanonenbootes„Safia“ muthmaßlich nach Faſchoda zogen, ein ſcharfes Gefecht gehabt. Sudaneſen wurden gelandet und warfen den Feind zurück. Das Kanonenboot wurde durch acht Schüſſe in den Dampfteſſel kampfunfähig gemacht und genommen. Am 21., Morgens 10 Uhr, kam Faſchoda mit der wehenden franzöſiſchen Flagge in Sicht. Die Flottille dampfte heran, ohne 29 zu werden. Die franzöſtſchen Werke, drei durch Laufgräben verbundene Erd⸗ ſchanzen, lagen auf einer ſchmalen Landzunge, die durch die Ueber⸗ ſchwemmung zur Inſel geworden war. Die Truppen hielten die Wälle beſetzt. Major Marchand kam in einem von Senegaleſen geruderten Boote an Bord des Dampfers des Sirdars. Er erſchien berwittert und gealtert. Er wechſelte mit Kitchener Händedrücke und hatte eine Unterredung mit ihm in dem ſchon mitgetheilten Sinne. Schließlich dampften die fünf Kanouenboote ans Land; Marchand, Oberſt Wingate und deſſen Adjutant landeten darauf und beſich⸗ tigten mit den vier übrigen franzöſiſchen Offiztieren die Werke. Mittlerweile landeten die ägyptiſchen Truppen und nahmen hinter den franzöſiſchen Werken, den Zugang vom Lande abſchneidend, Stel⸗ lung und hißten unter dreimaligem Zuruf für den Khedive und unter Abſingen der ägyptiſchen Hymne die ägyptiſche Flagge. Das 11. ägyptiſche Sudaneſen⸗Bataillon lagerte ſich bei der Flagge, der Reſt ſchiffte ſich ein und ging am folgenden zum Sobatfluſſe, wo ebenfalls die Flagge gehißt wurde. Drei Kompagnieen ee wurden zurückgelaſſen. Am 23. erfolgte die Rückkehr nach Fuſchoda, wo ſich die Sudaneſen bereits häuslich eingerichtet hatten. Die Dampfer„Sultan“ und„Nasr“ wurden dort als Wachtſchiffe be⸗ laſſen, die übrigen drei kehrten nach Omdurman zurück. Konſtantinopel, 4. Okt. Die kaiſerlichen Adfutanten Major Suleiman Bey und Hauptmann Husni Bey und der Beamte im Miniſterium des Auswärtigen Fazli Bey, die vor dem Verdacht jungtürkiſcher Geſinnung oder Umtriebe jüngſt nach Frankreich flüchtet waren, ſind unter Zuſicherung vollſter Straffreſheit hierher zurückgekehrt und in ihre Aemter wieder eingetreten. eking, 4. Okt. Noch einer Meldung des„Daily Chronicle“ haben die Gefändten der auswärtigen Mächte der hieſigen Regierung eine Kollektionote überreicht, in der die Sicherungsmaßregeln für die Europäer und Beſtrafung der Schuldigen rdert wird.— Dreißig Koſaken und ebenſo viele engliſche Marinefoldaten treffen laut„Frankf. Ztg.“ heute hier ein, um die ruſſtſche und engliſche Geſandtſchaft zu beſchützen. Neuhyork, Der Nordd. Lloyv richtet eine Dampferlinie von der Pacific⸗Küſte nach Oſtaſien ein.— Der General Garcia begibt ſich in Dienſten der amerilaniſchen Regierung in das In⸗ nere von Cuba, um die Inſurgenen zur Niederlegung der Waffer zu bewegen.(Frkf..) Peking, 4. Okt. Die Stadt iſt ruhig. Das Tſung⸗li⸗ men bot vollſtändige Entſchuldigung wegen der jüngſter Ausſchreitungen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung wurden mehrere Regimenter Soldaten nach Peking geſchafft, doch ſind ſeit dem Mondfeſt keinerlei Ausſchreitungen vorgekommen. An der Stelle, wo die Beſchimpfungen der Europäer vorgefallen ſind, wurden acht Angreifer öffentlich ausgeſtellt. Sie trugen ſchwere Strafkrägen, worin Kopf und Hände eingeſpannt waren, auf den Schultern und waren vorn mit der Inſchrift verſehen: Be⸗ ſtraft wegen Angriffe auf die Europäer.— Marquis Ito iſt wieder abgereiſt. Es wird geglaubt, ſeine Sendung ſei erfolglos geweſen. Tanger, 4. Okt. Die Zeitung„Chronica“ erhielt eine vom 2. Oktober datirte Nachricht aus Saffi, daß der Sultan ernſtlich krank ſei. ** 0 ** (Pribat⸗ Telegramme des„Geueral⸗ Auzeigers.)“ Müllheim, 5. Okt. Ein Muſiker ſchoß nach voraus⸗ gegangenem Streite 4 Revolverſchüfſe auf ſeine Schwiegermutter ab und brachte ſich hierauf eine tiefe Schnittwunde am Halſe bei. Beide ſind tödtlich verletzt. Hannover, 5. Okt. Reichstags⸗Erſatzwahl im 7. hannoo; Wahlkreiſe Niemburg. Bisher erhielten: Scheele, Welfe, 2157, Brandt, Bund der Landwirthe, 1635, Wiehle, Sozialiſt, 888 1 Stimmen. Berlin, 5. Okt. Am Montag verſchied in Berlin die Gaktin des Gouverneurs von Deutſch⸗Oſtafrika, Generalmajor Lie bert, die wegen Krantheit ihren Gemahl nicht nach Oſtafrika begleiten konnte.— Heute Nacht entſtand im Friedrich Wilhelmſtädtiſchen Theater Feuer. Ein Bodenbelag über dem Keſſel des Maſchinen⸗ hauſes war in Brand gerathen. Das Feuer wurde nach halbſtün⸗ diger Dauer gelöſcht. Paris, 5. Okt. Es wird mehrfach übereinſtimmend gemeldet, daß der Generalprokurator ſich in den Schlußanträgen entſchieden für die Reviſion ausſpricht. Die Schlußanträge ſtützen ſich erſtens auf die Geſtändniſſe Henrys und zweitens auf den Umſtand, daß zahlreiche Schriftſtücke in den Dreyfusakten wenn auch nicht als falſch, ſo doch als ſehr verdächtig gelten müſſen. Man hält es für zweifellos, daß der Kaſſationshof ganz entſprechend den Schluß⸗ anträgen beſchließen wird. Madrid, 5. Okt. Der Miniſterrath ermächtigte den Marine: miniſter, die in Kuba befindlichen Kriegsſchiffe an die ſpaniſch⸗ame; rikaniſchen Republiken zu verkaufen, welche darum erſuchten. Die Räumung Portorikos wird am 12. Oktober beende ein. 8 Maunheimer Getreidemarkt vom 4. Oktbr. Die Stimmung iſt unverändert. Preiſe per Tonne eit Rotterdam: Saxonska M. 141—144, Kanſas loco M. 138, Oktober⸗November⸗Verſch. M. 127, Redwinter loco M. 135, Oktober⸗Novernber⸗Verſchiffung M. 130, Manitoba I. M. 138, La Plata M. 145—150. Ruſſiſcher Roggen M. 109—112, Weſternroggen M. 110. Mais mixed M. 76, La Plata⸗ Mais M. 74. Futtergerſte M. 87. Weißer amerik. Hafer M. 109, Ruſſiſcher Mittelhafer M. 102, Prima ruſſiſcher Hafer M. 110—120. 48 Fraukfurter Eſfekten⸗Soeietät vom 4. Oktbr. Oeſterreich. 4 Kreditaktien 208 ½, Diskonto⸗Kommandit 196.10, Nationalbank für* Deutſchland 148, Berliner Handelsgeſellſchaft 165.20, Darmſtädtez Bank 151.60, Deutſche Bank 203.10, Mitteldeutſche Creditbank 118.80. Banque Ottomane 109.20, Berliner Bank alte 116.20, Dresdner Banz 160. Oeſterr.⸗Ungar. Staatsbahn 296, Lombarden 65½, Northern 76.80, 8 proz. Portugieſen 24.70, Spanier 42.70. 4 proz. Serb. Gold⸗ rente 58.60, Gelſenkirchen 188.70, Harpener 173.80, Bochumer 222.30, Oberſchleſ. Eiſen 153.90, Sürther Maſchinenfabrik 111.90. Gott⸗ hard⸗Aktien 141.50, Schweizer Central 148.20, Schweizer Nordoſt 105.10, Schweizer Union 77.30, Jura⸗Simplon 89.80. Schifffahrts⸗Nachrichten. Maunnheimer Hafen⸗Verkehr vom 1. Oktbr. ˖ afenbezirk II. Schiffer eb. Kap. Kommvon Ladung Etr. Loh Gertrud Duisburg Kohlen 8000 entjes Amſterbam 10 Amſterdam Stllckgüter 2704 50 Merwede Rotterbam Petroleum 12912 Moſer Gebrülber Heilbronn Soda 500 N Buchinger Germania— 22 4280 Lößben Caſtot Rußrort Kohlen 10%%¶ 9 Hafenbezirk H. Vom 3. Oktbr.: Gutlahr Higung 38 Antwerpen Sttäckgtter 18358 5 Jaubach 7 1 Getrelde 14854 Maier Eintracht Heilbronn Soba 82⁰ Maunheimer Effektenbörſe vom 4. Okt. Heute notirten Pfälz. Hypoth.⸗Bank 161., Rheiniſche Creditbank 142.59 G. und 185 39 für chemiſche Induſtrie 125., Brauerei Welss 50 bz. Newyork, e ee 23. 0 22. 289 Weizen Juli———Mais Dezember 34% 34 ½ Weizen Auguſt—— Mais Mai 36/ 36½ Weizen September 75— 73¼ Kaffee Juli——— Weizen Dezember 69%½]68/ Auguſt— Weizen Mai 69ſ/ 69—] Kaffee September.25.30 Mais Juni—— Kaſſe Dezember.70.75 Mais Juli—— Kaffee März.75.95 Mais September 34/8. 34.— Chieago, 28. Sept. Schlußnotirungen: 22.. 22. 28. Weizen September 67¼ 66¼ Mais Dezember 295/ 295½ Weizen Dezember 64½% 63¼ Schmalz Sept..72 4½7 Mais September 29¾. 29½ Schmalz Dez..75 227 Waſſerſtaudsnachrichten vom Mouat Oktober. Pegelſtationen Datum: vom Rhein: b.4. 5. Bemerkungen: Kouſtans 8,14 Waldshut.75 1,72 1,71 Hüningen„ 1,37 1,81 1,34 Abds. U. 11.18 2,112,09 N. 6 u. Lauterburg 2,88 2,85 2,81 Abds. 6 W. N 358 2,912,862,82 2 U. Germerszeim 2,67 2,63.-P. 1 U Maunheim 2,45 2,38 2,33 2,80] Mgs. 72 5. W 6* 0,88 9,38 0,28 JV. 4 95 VBin 52„„„ 9,90 1,00 10 Ao.15 1,20 1, 2 U. Koblenn 1,84 1,32 1,38 108 1* Köllu 9 O,89 0,89 0,89. 2 Muhrunt 0,32 0,81 0,81.N. vom Neckar: Maunheim 2,57 8,47 2,40 2,89 7 U. Heilbroun 0,85 6,60 0,45 7 B. Seidenstoffe ſchwarz, weiß und farbig in gediegenen Qualtität t und Geſallſchaftetleider enmfeblt billg — J. Groß Nachfolger F 2, 6(Inh. 808 1515 5 Markt. Verehrte Hausfraul 5 2 hne Seien. Dr. ompſon's Seiſen⸗ pulver verſucht? 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Be- sonders bei Cacao, Welcher jetzt so viel ar Stelle von Kaffee und Thee getrunken wird, 5 Weil er höchst nahrhaft ist und die Nerven nicht angreift, kann man finden, dass viele Marken nur ganz kurze Zeit Befriedigung geben. Eine Marke aber gibt es, bei welcher durch einen besonderen Process der köst- liche Geschmack voll erhalten und der hohe Nährwerth der Cacaobohne gans erhalten ist: es ist das der bewährte Cacao van Houten. Man kann ihn früh, Mittag und Abend trinken und stets schmeckt er. Man mache einen Versuch mit diesem höchst nahrhaften u. im Gebrauch billigen Getränk. f* Wenn ein Hund ſich kratzt, benagt, an Tiſchen und Stühlen ſich ſcheuert, Läuſe und Flöhe hat ꝛc., verwendet man ausſchließlich Gey Dötzers Para⸗ ſiten⸗Trome(preisgekr. mit 12 gold. u. 2 ſilb. Med.) Pr. Büchſe M..50 in der Mohren-Apotheke. 71951 5 Ludwig Permanente-Ausstellung von 120 Zimmer-Einrieh und der Kaiserin von Russland. Etablissement allerersten Ranges. 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