Telegramm⸗Apreſſe: „Journal Mannheim.““ In der Boſtliſte einnetragen unten Nr. 2958. Abonnement: 60 Pfg. monatlich, Bringerlohn 20 Pfg. mouatlich, burch die Poſt vez, incl. Poſtauf⸗ ſchlag W..30 pro Quartal. Inſerate: Die Colonel⸗Zeile 20 Pfg. Die Reklamen ⸗Zeile 60 Pfe. Einzel⸗Nummern 3 Pfg. 0 Doppel⸗ Nummern 5 Pfg. E 45, 2 (110. Jahrgarg.) Erſcheint wöchentlich zwölf Mal. Geleſenſte und verbreitetſte Zeitung in Mannheim und Umgebung. Verantworklich für Politif! Dr. Paul Harms. für Theater, Kunſt u. Feuilletonz Dr. Friedrich Walter. für den lok. und prov, Theils Ernſt Müller. für den Inſeratentheil⸗ Karl Apfel. Rotationsdruck und Verlag der Dr. H Haas'ſchen Buch⸗ druckerei(Erſte Mannhbeimer Typographiſche Anſtalt). 162„Mannheimer Journal“ ſt Figenthum des katholiſchen Bürgerhoſpitals.) ſämmtlich in Nannheim. (Mannheimer Volksblatt.) E 6, 2 Nuy. 175.(2, Abendblatt.) Weeeeeeee eeeeeeeeeee Samſtag, mDrrrrrrrrrrree 14. — April 1900. (Felephon⸗Ar. 218) Von Martin Beck. (Nachdruck verboten.) Das Feſt des einziehenden Frühlings iſt das Oſterfeſt 9 ſeit grauer Vorzeit bei den naturfrohen germaniſchen Völkern, 9, und erſt das vordringende Chriſtenthum gab dem alten Feſte, ſ weil die Zeit und Bedeutung der Feier die Hand dazu boten, die neue, kirchliche Bedeutung der Auferſtehung des Heilandes aus dem Grabe. Und beide Bedeutungen durchdrangen ein⸗ aʒnder, da beiden der eine, tiefe Sinn zu Grunde lag: der 90 Tod vernichtet, um zu erneuen. „Jeder ſonnt ſich heute ſo gern. Sie feiern die Auferſtehung des Herrn.“ 1 Goethe wird damit dem Doppelſinn des Oſterfeſtes, dem 0 germaniſchen und dem chriſtlichen Oſtern gerecht. Daß Oſtern ein uraltes, deutſches Feſt iſt, ſagt ſchon ſein dem Althochdeutſchen entſtammender Name, der nur in Deutſchland gebräuchlich iſt. Für das Auferſtehungsfeſt Chriſti haben ſonſt alle den Deutſchen benachbarten Völker die Be⸗ zeichnung„Paſcha“, ein prätiſirtes hebräiſches Wort. Einige ſlaviſche Stämme bildeten auch, im Hinblick auf die chriſtliche Bedeutung des Feſtes, neue Namen für daſſelbe. Oſtern iſt als chriſtliches Feſt das älteſte. Es entſtand aus dem jüdiſchen Paſſahfeſt. Das hat ſeinen Namen von Peſach, chaldäiſch Paſcha, d. h. ſchonen, weil die Peſt, Je⸗ hova's Würgengel, beim Auszuge der Israeliten an den Hütten derſelben vorüberging, und wird bekanntlich zum Andenken an jenen Auszug aus Aegypten gefeiert. Die Apoſtel, wie in der Apoſtelgeſchichte und im erſten Korintherbriefe erzählt wird, Oſterbrauch und Oſterglaub und die erſten Chriſten feierten das Auferſtehungsfeſt Chriſti mit dem Paſſah der Juden zugleich in der Nacht vom 14. auf den 15. des Monates Niſan oder April, des erſten Mo⸗ nates im jüdiſchen Kirchenjahre. Dieſe Nacht, in der das Paſſahlamm gegeſſen würde, galt bei den Chriſten der Erin⸗ nerung an das letzte Mahl Jeſu. Den folgenden Tag weihten ſie dem Andenken der Leiden Chriſti und den dritten dem Gedüchtniß ſeiner Auferſtehung. Sie behielten auch den jüdi⸗ ſchen Namen Paſſah für das Feſt bei, der ſich als„Paſcha“ bei außerdeutſchen Völkern erhalten hat, und anfänglich auch die gewohnten jüdiſchen Gebräuche, wie das Eſſen des Oſter⸗ lamms. Erſt ſpäter führten ſie dem chriſtlichen Glauben ent⸗ prechende Oſtergebräuche ein und verlegten auch die Feier des Feſtes nach langem Hin⸗ und Herſtreiten, dem ſogenannten Oſterſtreite, der 325 auf der Kirchenverſammlung zu Nicäg bpeendet wurde, auf eine andere Zeit, nämlich auf den Sonn⸗ tag nach dem Frühlingsvollmond. Im alten Germanien fanden die Sendboten der ſich auch im Abendlande ausbreitenden chriſtlichen Kirche ein Volksfeſt bor, das Oſterfeſt, das aus dem tief religibſen Naturgefühle des deutſchen Volksgeiſtes hervorgegangen war und das ſie unter Beibehaltung des Namens Oſtern zum Auferſtehungsfeſt des gekreuzigten Gottesſohnes umwandelten. Denn die Miſ⸗ ſionare des Chriſtenthums gingen, wie es ihnen auch vom Papſte geboten worden war, mit thunlichſter Schonung des Beſtehenden oder gar mit Anlehnung an dasſelbe vor. Durch die Hülle des chriſtlichen Oſterfeſtes ſchimmert daher noch heute, trotzdem ein volles Jahrtauſend darauf ruht, das alte„heidniſche“ Germanenthum mit ſeinem frommen Naturkultus treu hindurch. Mancher Oſterbrauch, der einſt mit in das chriſtliche Auferſtehungsfeſt hinübergenommen wor⸗ den war, mag im Laufe der vielen Jahrhunderte wieder aus⸗ geſchieden oder verſchollen ſein. Mancher aber, wenn auch nur als Bruchſtück oder in merklicher Wandlung, die ſein teines Gepräge verwiſchte, hat ſich noch als feſtlicher oder abergläubiſcher Brauch und Glaube zu halten vermocht. Das Volksgemüth will auch dichten und träumen und ſich einen ſtillen Goldſchatz von Poeſie in der Väter Sitten und Bräuchen bewahren. Nur ſchade, daß die ſchöne urſprüngliche Bedeutung manches alten Volksbrauches nicht mehr verſtanden wird, und der frühere, ſinnige Glaube ſich zu ſinnloſem Aber⸗ glauben verdreht hat. Aber alter Brauch und alte Sitte laſſen uns einen tiefen Blick in das Herz unſrer Ahnen werfen und mahnen uns, dem, was ihnen in erloſchenen, von Waldes⸗ herrlichkeit durchrauſchten Tagen heilig war, nicht mit verächt⸗ üchem Lächeln, ſondern mit freundlicher Ehrfurcht gegenüber⸗ zuſtehen. So wollen wir es auch mit dem mehr und mehr aus⸗ ſterbenden Oſterbrauch und Oſterglauben halten, durch den bech aus ferner, längſt ins Grab geſunkener Urzeit verlorne, fremde und doch wohlvertraut klingende Töne zu uns herüber⸗ Rttern. Im Namen Oſtern, der unangetaſtet geblieben iſt und bleiben wird, ſo lange Deutſche leben, treffen wir zuvörderſt auf die ſicherſte Erinnerung an das alte deutſche Oſterfeſt. Dſtara war bei den Germanen die Göttin des erwachenden Lichtes und Lebens. Sie iſt der griechiſchen Göttin der Morgenröthe ähulich, der Aurora, und eigentlich nur eine Perſonification des aufgehenden Lichtes. In Oſtern und Oſt hat ſich das alte Wort noch behauptet. Bei den Engländern — Der Oſtara, alſo dem wieder zur Herrſchaft gelangenden Sonnenlichte zu Ehren, feierten unſere Vorfahren das große Freudenfeſt Oſtern zur Zeit der Frühlingstag⸗ und Nachtgleiche, am 21. März. Karl der Große, der, wie ſein Biograph Einhart berichtet, den Monaten deutſche Namen gab, nannte deswegen auch den April den östarmändth, Oſtermonat, den Monat des wiederkehrenden Lichtes. Und die häufig in Deutſch⸗ land vorkommenden Flurbenennungen Oſterberg und Oſter⸗ wald und die vorkommenden Ortsnamen Oſterburg, Oſterode, Oſterwiell, Oſterfeld, Oſterhauſen, Oſterhofen, Oſterholz u..w. erinnern noch an das althochdeutſche östar. Den Jubel unſerer Altvorderen bei der Feier des Oſter⸗ feſtes können wir kaum recht faſſen, die wir nicht mehr in ſo innigem Verkehre mit der freien Gottesnatur ſtehen und nicht mehr ſo abhängig von ihr ſind wie ſie. Wir wohnen in rieſigen, künſtlich geordneten Steinhaufen, die wir Städte nennen, und merken nach langer Winterqual den Einzug des Frühlings höchſtens daran, daß der letzte ſchmutzige Schnee hinaus auf die Felder gefahren wird, daß die Luft wärmer weht, der Himmel wieder blau und die Tage länger werden und die wohlbeſchnittenen Bäume und Sträucher auf den Promenaden allmählich wieder ausſchlagen. Wir empfinden die Segnungen der Natur erſt aus dritter Hand und ihre Poeſie nur in ſeltenen Tagen, an denen wir einmal„aus dumpfer Häuſer quetſchender Enge“ in die Ferne flüchten und Leib und Seele in Wäldern und auf Bergen wieder geſunden laſſen können. Und ſonſt machen wir es in unſern Steinhaufen das Jahr über ſo gemüthlich, wie es unſer Beutel und der Comfort unſres Jahrhunderts nur irgend zulaſſen, und werden wenig vom Wechſel der Jahreszeiten angefochten. Anders unſre Ahnen. Ihnen war es wirklich ein harter Bann, wenn die weißbärtigen Winterrieſen die Herren im Lande waren, wenn der hohe Urwald ſchier im Schnee erſtickte, wenn aus dem finſter niederhängenden Himmel die wirbelnden Flocken Tag und Nacht in Wolken über die Haide trieben, wenn in den unheimlich langen Nächten ferner Donner zu krachen ſchien, ſo⸗ bald der Froſt in die Eisdecke des Stromes mächtige Riſſe brach, und wenn graurother Nebel ewig die düſteren Blockhütten um⸗ hüllte, in denen die Menſchen unthätig beim Herdfeuer auf der Bärenhaut liegen mußten. Dann war es in Wahrheit eine freu⸗ dige Auferſtehung, eine Erlöſung aus dem Wintergrabe, wenn der Thauwind von Süden kam und die ſonnigen Tage wieder zu⸗ rückkehrten, die hinauslockten in das junge Grün zu freiem Leben und zu freier Bewegung. Und es iſt nicht zu verwundern, daß ſie den Tag, der die Rückkehr des Frühlings anzeigte, als hohen Feſt⸗ und Jubeltag feierten und jede Regung der erwachenden Natur mit heiliger Verehrung begrüßten. Wir können aus den Trümmerreſten der alten, germaniſchen Oſterfeier, die ſich hier und da im Volke noch bis in unſre Tage gerettet haben, uns ein annähernd getreues Bild dieſes Natur⸗ feſtes rekonſtruiren. Wie die alten Germanen nicht nach Tagen, ſondern nach Nächten rechneten, ſo legten ſie auch auf die Oſternacht, mit der zugleich ein neues Jahr begann, hohen Werth. Mit Einbruch des Abends leuchteten die Oſterfeuer auf allen Berghöhen und Hügeln, brennende Holzſtöße und Reiſighaufen, deren Flammen⸗ ſchein frohe Menſchenhaufen berührte, die tanzend und ſingend ſich um das Feuer bewegten. Das war der Anfang der freud⸗ vollen, heiligen Oſternacht. Niemand dachte in dieſer Nacht an Schlaf. Man hielt bei dem lodernden Oſterfeuer aus, bis es niedergebrannt war. Vor dem Erlöſchen ſuchte aber Jeder einen Feuerbrand zu erhaſchen und daheim das zuvor ausgelöſchte Herdfeuer damit friſch anzuzünden für das kommende Jahr. Wie die heiligen Feuer ringsum im ganzen Lande gleich kauſen⸗ den niedergeſunkener Sterne fernher durch die Nacht leuchteten, ſo glühte die Freude über die Einkehr der licht⸗ und lebenbringenden Tage in Aller Herzen. Die Sitte des Oſterfeuers hat ſich im Norden Deutſchlands bis auf den heutigen Tag erhalten, namentlich in Niederheſſen Weſtfalen, Friesland, Jütland und Seeland. Anderwärts lodert es nur noch ſehr vereinzelt auf. War das Oſterfeuer erloſchen, ſo zog Alles, was gehen konnke in langem, geſchloſſenem Zuge den übrigen Theil der Nacht in der heimathlichen Gegend umher über Berg und Thal und unter ununterbrochenem, feierlich aufſteigendem Geſange. In den Dörfern an der oberen Elbe, an der ſächſiſchen und böhmiſchen Grenze, wo, als einem ſtets von Deutſchen bewohnt geweſenen Waldgebirge, ſich viele uralte germaniſche Gebräuche treu erhalten haben, vernimmt man noch alljährlich die ganze Oſternacht hindurch das„Oſterſingen“, für das alte, choral⸗ mäßige Lieder, mit verändertem, altkirchlichen Text, der in der Tradition fortlebt, wochenlang vorher fleißig in den Häuſern ein⸗ geübt werden. Man kann ſich ſeltſamer Empfindungen nicht er⸗ wehren, wenn man den dumpfen, vielhundertſtimmigen Geſang immerfort vom Abend bis zur Morgendämmerung vernimmt, bald langſam in dunkler Ferne erſterbend, wenn der Zug durch Schluchten und Gründe wandelt, bald wieder näher und ſtärker hervorbrechend und an den Felſen ein tiefes Echo weckend, als antwor ete von dort ein geiſterhafter Sang aus alter, germani⸗ heißt Oſtern noch heute nur Eaſter. ſcher Heidenzeit. Im Dämmergrau des Oſtermorgens begab man ſich dann nach beendigtem Umzuge an irgend einen ſprudelnden Quell und wuſch ſich unter andächtigem Schweigen Antlitz und Hände in dem vom Wintereis befreiten Waſſer, bei deſſen belebender Friſche Leib und Seele wie von der Schöpferkraft und Reinheit des jungen Lenzes durchdrungen wurden. Geläutert außen und innen, beſtieg man nun die Berghöhen wieder, um der hohen Licht⸗ ſpenderin entgegenzutreten, deren Aufgang die ſanfte Gluth des öſtlichen Himmels und das Purpurgewölk des Morgens weihevoll verkündete. Mit froher Andacht erwartete man das Empor⸗ tauchen des goldenen Feuerballes und ließ ſich von den erſten, blitenden Strahlen der Oſterſonne berühren und ſich allmählich ganz von der warmen ſegensvollen Lichtfluth überſtrömen, daß ein heiliger, ſtiller Gottesfrieden das Herz erfüllte. Noch iſt das Oſterwaſſerholen und das Beſuchen von Bergen am Oſtermorgen heute an vielen Orten gebräuchlich als Anklang an jene alten Oſterſitten, aber, den einfachen, ſinnigen Natur⸗ kultus der Ahnen mißverſtehend, hat man den Gebräuchen geheimnißvollen, abergläubiſchen Sinn unterſchoben. Man ſchreibt dem fließenden Waſſer in der Oſternacht Heilkraft zu und bewahrt es forgfältig auf. Es ſolle unverweslich ſein, die Augen ſtärken, jugendlich friſches Ausſehen geben u. ſ.., müſſe aber heimlich und unter tiefſtem Schweigen beim Schöpfen, beinn!, Hin⸗ und Herwege geholt werden, ſonſt verliere es die Kraft. Man begriff eben in der chriſtlichen Zeit nicht mehr den Grund dieſes nächtlichen Ganges nach dem Oſterwaſſer und übte nur den althergebrachten Brauch, von dem man Wunder hoffte. Ebenſo verſteht man das ſinnige Erwarten des Sonnenaufganges am Oſtermorgen nicht mehr. Man geht auf die Berge und meint, nach der Sonne blicken zu müſſen, weil dieſe heute beim Aufgange drei Freudenſprünge thue wegen der Auferſtehung Chriſti und läßt ſich von den erſten Sonnenſtrahlen berühren, weil mann dann im ganzen Jahre nie Müdigkeit empfinden werde. 9 Mit Sonnenaufgang brach der Ostirtag an, der Oſtertags 1 Der wurde durch verſchiedene Feſtlichkeiten gefeiert, die ſich alle bis heute hier und da erhalten haben, wie das Oſterreiten, das Todaustreiben, Oſterkanz auf grünem Raſen und verſchiedene Oſterſpiele. 5 Das Oſterreiten iſt eine Wiederholung des nächtlichen Um⸗ zuges am Tage, wieder mit Geſang, aber zu Roß. Bei dem Tod⸗ austreiben wird von den Kindern eine den Winter darſtellende Strohpuppe unter eintönigem Geſang durch den Ork gekragen und in's Waſſer geworfen: Treibt den, treibt den Tod naus, Treibt ihn über die Haue. Es kommt eine ſchöne Jungfraue, Sie hat den Tod in die Elbe gebauk, Sie iſt eine ſchöne Jungfraue. Anderwärts iſt der Vers in den Worten mehr oder wenigen abweichend. Auf dem Rückwege wird die jüngſte Braut im Orte jubelnd begrüßt als Bringerin neuen Lebens. Die Oſterſpiele und Oſtertänze, oft mit Waffen ausgeführt. ſymboliſirten gewöhnlich die Vertreibung des Winters und A ihnen gingen im Mittelalter die Myſterien oder Paſſionsſpiele hervor. 9 Die Oſtereier, als Sinnbild des in der Verborgenheit auf⸗ keimenden Lebens bei den meiſten Völkern angewendet, ſpielten auch am Oſtertage unſrer Vorfahren in der Kinderwelt ein Rolle und bildeten ſpäter einen Oſterzehent der Mönche, die das bunts Färben derſelben zuerſt aufgebracht und dieſe Eier wieder an die Kinder verſchenkt haben ſollen. Man ließ und läßt die huntem Eier, die der„Oſterhaſe“ in das Gras und unter die Sträucher gelegt hat, von den Kindern gern aufſuchen, wie man ja auch nach den erſten Spuren des neuen, ſommerlichen Lebens im Freien ſuchen muß, z. B. nach dem erſten Veilchen, das man auf ein?n Stange ſteckte, um die Groß und Klein dann jauchzend tanzte⸗ Ebenſo ſpähte man nach den erſten, heimkehrenden Wandervögeln, beſonders nach dem erſten Storch, der oft noch in der Neuzeit vvom Stadtthürmer mit fröhlichem Trompetenſtoß begrüßt wurde und in allen Herzen Frohſinn entfeſſelte, wie es Hans Maxtin Aſterdn in ſeinem Gedichte„Der Frühlingsbote“ mit ſo behaglichem Humor ausmalt. Auch der Kuckuck iſt ein altangeſehener— vielmehr gehörter— Herold des Lenzes. Bei ſeinem erſten, hell⸗ freudigen Rufe, der aus dem Walde dringt, ſchneidet die Haus⸗ frau eine friſche Speckſeite oder Wurſt an, und das Kind, das die Kunde vom Kuckuck zuerſt bringt, erhält ein Ei zum Lohn. Das ſind Alles alte, liebenswerthe Oſterſitten, die einen wohlthuenden Hauch von Poeſie in das nüchterne Alltags leben bringen. Aber ſie ſind alle im Ausſterben begriffen, und wie lange wird's dauern, kennt man ſie nur noch vom Hörenſagen oder aus Büchern. Das aber wird man wohl nicht vergeſſen, daß Oſtern eigentlich ein altes, deutſches Feſt und das Feſt des ein⸗ ziehenden Frühlings iſt und daß ſein Name an den freundlichen Aufgang des Lichtes erinnert, deſſen Wohlthaten unfre Ahnen ſo hoch zu ſchätzen wußten und von dem es in einem Oſterliede heißtz „Und das ſchaffende Licht, es flammt und kreiſt, Und ſprengt die feſſelnde Hülle, Und über den Waſſern ſchwebt der Geiſt Unendlicher Liebesfülle.“ ugniß der Eahle vorzülegen. Hhaben. ir I Geueral⸗Anzeiger. Mannheim, 14. April) Hekanntmachung. Den Vollzug der Straßenpolizei⸗Ord⸗ nung betr. (148) No. 28773. Wir bringen die 88 46 und 47 der ſtädtiſchen Straßen⸗ polizeiordnung mit dem Anfügen in Erinnerung, daß Uebertretungen dieſer Art ohne weitere Verwar⸗ nung mit Geldſtrafen nicht unter 10 Mark geahndet werden. 48408 § 46. Rechtsfahren. Alle Fuhrwerke haben, ſoweit nicht örtliche Hin⸗ derniſſe entgegenſtehen, ſtets die rechte Seite der Fahrbahn einzuhalten. Schwerbeladenen Fuhrwer⸗ ken iſt, ſoweit es der Raum geſtattet, vor leichtem Fuhr⸗ werk mit ganzer Spur auszuweichen. Will auf der linken Seite der Straße angehalten werden, ſo darf dahin nicht eher eingebogen werden, als es der Zweck erfordert. Das Nebenein⸗ anderfahren mehrerer Fuhr⸗ werke iſt verboten. § 47. Vorbeifahren. Das Vorbeifahren geſchieht links im Trab. An Straßenkreuzungen, ſowie überall ſonſt, wo wegen beengter Fahrbahn in verkürzter Gangart ge⸗ fahren werden muß, darf nicht vorgefahren werden. Mannheim, 22. März 1900 Gr. Bezirksamt. Schaefer. Kaufm. Curse. on Vinc. Stock Mannheim, I 846K. Buchführung: einf,, dopp., amerik., Wechselu,Effektenkunde, Faufm. Rechnen, Steno- Fraphie(Gabelsb.), MHandelskorrespondens, Koktorpraxis. Schönschreiben, deutsch u. latelnisch, Kopfschrift, Rundschrig Maschinenschreiben ete, Gründlioh, rasch u. hillig. Garant. vollkommene Ausbild, Feinste unibertrot.Unter Fichtserfolge. Zuhlreiche Shrendste Snerkennungs⸗ Aehreiben, Ia. Referenzen. Vontitl. Versänlienkeiten als nach jeder Richtung „Mustergiltiges Institut“ auns Warmste empfohlen. Unentgeltliche Stellenvermittlung. Prospegte gratis u. franeb, Herren- u. Damenkurse getrennt Kursbeginn am 18. April. Ebenda; Revision, prak⸗ tischste Neuanlage und Absenluss von Handlungs- üchenn. 45325 VPerei Haunbeim. Abtheilung Handelsſchule. Das neue Schuljahr beginn Montag, den 28. April, Abends 7 Uhr. Der Unterricht an der Han⸗ delsſchule umfaßt in 3 Jahres⸗ furſen: Kaufm. Rechnen, Linfache ud doppelte Buchführung, Han⸗ delskunde, Handelskorreſpondenz, andelsgeogranhie, Volkswirth⸗ eſtslehre und Stenographie. cheiſtliche Aumeldungen ſind ſpäteſtens 0 den 14. April einzureichen. Das Abgangs⸗ zuletzt beſuchken 47606 Die Theilnaßme am Unterricht der Handelsſchule befreit vom 7 0 der Fortbilonugs⸗ Mle. Unterrichts⸗Beſtimmungen ze. ind auf unſerem Bureäu zu Der VWorstand. Weißzeugflickerin e ſich für die Nachmittage u feinere Häuſer. 48265 7, 40, Seitenbau, 3... Maaußeimer Haupt⸗Pferde⸗ u. Rindviehmarkt im Frühjahr 1900. Nr. 115851. Der diesjährige Haupt⸗Pferde⸗Zucht⸗ und Milchviehmarkt wird am 30. April und 1. Mai abgehalten. Am 1. Mai, Vormittags, findet die Prämiirung vorzüglicher⸗ zum Verkauf auf den Markt gebrachter Thiere ſtakt. Ausgeſetzt ind; 30 Preiſe im Geſammtbetrage von M. 2450.— und 30 Preiſe im Betrage von M. 1000.—, ſowie weitere 8 Diplompreiſe für Farren, Kühe und Rinder und 16 Preiſe im Betrage von M. 240.— für Zuchtſchweine. „ Zur Unterbringung der zum Verkauf beſtimmten Thiere be⸗ finden ſich auf dem an der Seckenheimerſtraße gelegenen neuen Viehhofe zweckmäßige Stallungen mlt genügendem Raum.— Die Fourage iſt von der Viehhofverwaltung zu beziehen. Es dürfen von den Eigentühmern der zum Verkauf beſtimmten Thiere keinerlei Futtermittel mitgebracht werden. Anmeldungen der Herren Pferdehändler wegen Stallungen können ſchon jetzt bei der Direction der ſtädtiſchen Biehhof⸗ derwaltung gemacht werden, woſelbſt auch jede ſonſt erwünſchte Auskunft über die Märkte ertheilt wird. Am 2. Mai findet unter Leitung eines Notars eine große Berlooſung ſtatt, wozu bis zu 100000 Looſe à 1 M. ausgegeben werden. Die Gewinne beſtehen in Pferden, Kühen und Rindern, 1 5 und Reitrequiſiten, Maſchinen für Land⸗ und Hauswirth⸗ chaft u. ſ. w. Uebernehmer einer größeren Anzahl Looſe wollen ſich an den Kaſſirer des Comite's, Herrn Johann Peters, A 2, 4, dahier, wenden, bei welchem die näheren Bedingungen zu erfahren ſind. Auf je 10 Looſe wird ein Freiloos gewährt. Alles Nähere beſagen die Programme. 8 76 Die Käufer und Verkäufer werden zum Beſuch dieſes Marktes freundlichſt eingeladen⸗ Der Badiſche Reunverein Maunheim veranſtaltet am 29. und 30. April und 1. Mai Pferderennen. Näheres durch die Spezial Programme oder bei dem Sekretär des Rennvereins, Herrn Ph. Fuchs, Tatterſall. Fahrpreis⸗Ermäßigung: Nach Berfügung der Generaldirection der Gr. Vapiſchen Staatseiſen⸗ bahnen und der Direetion der Main⸗Neckar⸗ und Wfälz. Eiſenbahnen gewähren alle am 29. u. 30. April und 1. Mai d. J. auf den Stationen der genanuten Bahuen gelöſten einfachen Perſonenzugs⸗Fahrkarten nach Maunheim freie Rückfahrt wenn ſolche in dem Burean auf dem Rennplatze oder im Mai⸗ marktbureau(Viehhof) abgeſtempelt wurden, Dabei gelten die am 29. und 30. April gelöſten Karten bis zum 1. Mai. Um Mitternacht dieſes Tages er⸗ liſcht die Gültigkeit ſämmtlicher Karten. Bei Benützung von Schnellzügen ſind Schnellzugs⸗ Fahrkarten— je für Hin⸗ und Rückfahrt— beſonders zu löſen. Mannheim, im April 1900. 49766 Der Stadtrath: Der Laudw. Bezirksverein: Ritter. F. Scipio. Bekanntmachung. Unſere Kleinvekraufspreiſe für Gaskake werden unter Aufhebung des ſeitherigen Tarifs bis auf Weiteres wie folgt feſtgeſetzt: Preis per 100 Kilo 47004 ab Fabrik frei an's Haus Füllofenkoke bei weniger als 10 Zentner M..— M..20 bei 10 Zentner und'mehr„„ e„.— Grober Koke bei weniger als 10 Zentner„.80„.— bei 10 Zentner und inehr„.70„ 2,80 Vorſtehende Preiſe treten am 17. ds. Mts. in Kraft und gelten bis zur Normirung eines neuen Tarifs. Eine Verbindlichkeit für Zutheilung der gewünſchten Quan⸗ titäten kann nicht übernommen werden, vielmehr behalten wir uns vor, die Aufträge nach Maßgabe der verfügbaren Vorräthe zu redneiren oder ſölche in Theillieferungen auszuführen und für jede derſelben den am Lieferungstag geltenden Tarff in Anwendung zu bringen. Mannheim, den 15. März 1900. 8 Die Direktion der ſtädt. Gas⸗ und Waſſerwerken. Wein⸗Verſtrigerung. nMittwoch, den 18. April 1900, 7 10 Mittags 12½ Uhr zu Pürkheim g. H. im Saale des Hotel Häußling läßt bHerr Konſul und Gutsbeſitzer Jullus Goldschmit in Dürkheim Ludw. Fitz'ſchen Weingutes daſelbſt) kü. 105,000 Liter 189ler und „ 14,000 Liter 1897er Weißweine eigenes Wachsthum und aus ſelbſt gekelterten Trauben der beſſeren und beſten Lagen von Dürkheim und Ungſtein durch den unterzeichneten kgl. Notar verſteigern. Sämmtliche Weine ſind reine Naturweine, woftr jede Garantie übernommen wird. Probetage: Samſtag, den 31. März, Freitag, den 6. April, ſowie am Verſteigerungstage, 18. April im Hotel Häußling. 47662 Dürkheim, den 15. März 1900. Juſtiztath Biffar, kgl. Nokar. Bitte. Unter unſeren N iſt eine große Anzahl Armer, denen die Noth der Eltern die wülrdige Alſsſtattung für den ſchönſten Tag des Lebeus nicht ermöglicht. Wir bitten für dieſe armen Kinder um die Gaben wohlhabender Kinderfreunde. Um eine gerechte Verthejlung der Unterſtützung zu ermög⸗ lichen, bitten wir keinerlei direkte Unterſtützung an arme Erſt⸗ kommunikanten zu geben, ohne daß dem zuſtändigen Pfarramte davon fenntniß gegeben wird. Mannheim, den 9. April 1900. Die kalhol, Pfarrämter: Bauer, Stadipfr. Becker, Pſperw. Knebel, Curat. R 2 8 18 Im Lokal der Polksküche, N 5, 6 erhalten jeden Montag und Freitag von 5 bis 7 Uhr Frauen und Mädchen unentgeltlich Nath und Auskunft in Rechta⸗ und andern Augelegenheiten von den Frauen 49103 17395 der Rechtsſchutzſtelle. 5 4 reis- Anlerricht Iriodri kaufm⸗ Friebrich Mathes, Lenter, 8, 3,4, Stock(Luiſenring 22), Jertheilt Unterricht in einfacher u. dopp. Buchführung, in Briefſchreiben, ſchriftlichen Arbeiten und Rechnen, und übernimmt die Einrichtung u. den Abſchluß von Geſchäftsbüchern. 49015 25 Eintſalinderenkbeiſt aründl. — Unterricht in ſeiner Mutter⸗ ſprache nach leicht faßlicher be⸗ währter Methode. Honorar ſehr mäßig. 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Was man Verliebtſein nennt, iſt auch nichts weiter als ein Spiel der Phantaſie. Der Alte in der Oberſekundch pflegte meine deutſchen Aufſätze„korrekt aber phantaſielos“ zu bezeichnen. Das mag ſeine Schattenſeiten haben, aber es gibt mir Ausſicht, daß das„Spiel“— eben nur ein kurzes Spiel iſt! „Ich werde ein guter Ehemann werden, der ſogar gelegentlich die„Eheſtandsdroſchke“ mit den beiden ſtrammen Babys ſchiebt. Und weil es noch ſo viel zu bereden gab, ſtieg er zu Hildegard hinauf. Anſtakk der Braut fand er Eva, die gerade die Ruhepauſe benutzt hatte, um ihr Brautjungfernkoſtüm anzuprobiren, das ihr Hildegard geſchenkt hatte. Die wohlangewandte Ausſtattungs⸗ ſumme hatte den Reſt erübrigen laſſen. Die Zeit ſeit ihrer Rück⸗ kehr hatte ihr auch ſchon wieder etwas von jenem kindlichen Roſen⸗ ſchimmer verliehen, der ſie ſo bezaubernd machte, trotzdem die Tante ſte tüchtig häuslich angeſtrengt hatte, an Hildes Stelle. Dafür hatte Eva geſtern heimlich an die Agentin geſchrieben, und ihr alles Mögliche verſprochen, für eine Reiſebegleiterinnenſtelle. Allein mit der Tante— entſetzlichl! Sie war entzückend, der Doktor vermochte ſeine Augen nicht von ihr abzuwenden. Als Arzt erfreute er ſich auch an ihrer wie⸗ dergewonnenen Geſundheit. Abſichtlich hatte er wenig Notiz von ſihr genommen, wenigſtens äußerlich. Im Stillen hatte er ſich aber oft über ihre ſcharfſichtigen, temperamentvollen Aeußerungen amüſirt, ihre feinen Beobachtungen des charakteriſtiſchen Ham⸗ burger Kaufmannshauſes, wo man ſie„zu gefährlich“ gefunden hatte. Sie pflegte in Beurtheilung von Aeußerlichkeiten geradezu den Nagel auf den Kopf zu treffen. Das veranlaßte den Doktor zu fragen:„Glauben Sie, daß ſich Hilde leicht eingewöhnen wird? Sie kennen die Welt, die„Geſellſchaft“ beſſer als ich ſelbſt— auch gebricht es Ihnen nicht an Scharfſinn. Wird man ſie gut aufnehmen— ich meine Hilde? Sprechen Sie ſich aus, Eochen?“ Eva verſtand ſofort den Grund ſeiner Frage. Es bangte ihm heimlich vor einem geſellſchaftlichen Mißerfolg, der in einer Univerfitätsſtadt, und bei der öffentlichen Thätigkeit eines Arztes, oft weite Kreiſe zieht. Aus ihren Augen leuchtete Triumph, aber ſie war ſchlau genug, eine ausweichende Antwort zu geben. „O, warum hat ſte nicht etwas von Ihnen, Eva!“ ſagte der Doktor emphatiſch.„Dann würde ſie vollkommen ſein!! Sie iſt weiches Wachs in meinen Händen, aber ſie iſt auch— eine „Natur“. Die läßt ſich nicht umformen! Verſtehen Sie mich, mein kluges Evchen?“ Eva nickte. Dann ſetzte ſie laut und ſelbſtbewußt hinzu: „Mama würde ße doch anders beeinflußt haben. Ihr danke ich es, wenn ich— anders bin! Sie, Hildegard,... es wird ihr allerdings ſchwer werden!... Sie, Vetter— werden Manches erleben!“ Der Doktor ſtand in tiefſtem Nachſinnen, die Augen voll und bewundernd auf Eva gerichtet. Was Hilde und ihm ſelbſt ffehlte, war ihre Stärke: an ihrer Seite mußte der Eintritt in das meue Leben ein Hochgenuß ſein! In der gegenwärtigen Seelen⸗ ſſtimmung überhörte er auch ein Geräuſch draußen, noch gewahrte er die Hauskaßze, die, den Thürſpalt vergrößernd, auf Sammt⸗ ſſchuhen heranſchlich, und Eva buckelnd umkreiſte. Noch immer and dieſe, hochaufgerichtet, königlich, machtbewußt.... Endlich enkte ſte das Auge vor den Blicken des Doktors, ſie fingen an unbehaglich zu werden. In der Verlegenheitspauſe wendet ſie ſich Hildegards Kanarienvogel zu, um ihn an ſich zu locken. „Hat man Dich vergeſſen, Hänschen? Kein Salatblatte Das kommt vom Hochzeithalten!... Wart', ich werd Dir Zucker geben,“ ſo liebkoſt ſie kokett das Thierchen, das aufgeſtört einen krweiterten Spalt des Bauers erſieht— und plötzlich hinaus iſt! „Schnell das Fenſter zu!“— Unnöthig, der Doktor hat es Fereits geſchloſſen, um Hildegards Liebling zu retten, von dem ſie ſich auch auf der Reiſe nach der neuen Heimath nicht trennen mochte, und der darum ihr Begleiter werden ſollte. Im Zimmer entſpinnt ſich jetzt eine kurze, raſche Jagd auf den Flüchtling. Auch packt ihn die Fauſt des Doktors ſchnell und gewandt. Er hält den Flüchtling in der Hand, ſanft und feſt... Halb in wirklicher Erregung und halb in ſpieleriſcher Roketterie beugt ſich Eva auf das Vögelchen nieder, um es zu küſſen. Aber ſie küßt unachtſam, anſtatt des zarten Köpfchens, kreifend die Fingerſpitzen des Doktors Es iſt zu viel. Das zurückgedämmte Gefühl bricht ſich rück⸗ haltlos die Bahn. Die Hand des Mannes öffnet ſich unwill⸗ kürlich, der Vogel entflieht und flattert ängſtlich auf dem Dielen⸗ boden umher, er ſelbſt aber liegt Eva zu Füßen, und ſtammelt wildverworrene Liebesworte. Eva weicht zurück— ſtolz, über⸗ legen, ſiegesbewußt. „Verzeih, ich bin, war— wahnſinnig!“ ſpringt der Doktor in die Höhe, und wendet ſich zur Thüre. Er eilt in— Hildegards Arme. Sie ſteht vor ihm, todtenblaß, mit weit aufgeriſſenen, ſtarren Augen und ſträubendem Haar, die Rachegöttin ſelbſt, „Du biſt frei, Martin, frei!“ ſtößt ſie heraus. „Hildegard!“ „Ich löſe die Verlobung!“ „Keine Uebereilung, Hilde!“ „Ich hörte Alles,— Alles!“ XII. Zwei bis drei Stunden waren ſeit der Kataſtrophe ver⸗ gangen. Seit ſich Eva in ihr Stübchen geflüchtet, hatte ſie es noch nicht wieder verlaſſen. Nachdem ſie ſich ein wenig geſammelt, hatte ſie wieder an die Agentin geſchrieben, die ihr mitgetheilt, daß Reiſebegleiterinnen im Sommer„gefragt“ ſeien. Nun konnte, mochte ſte um keinen Preis hier bleiben, auch nicht um Hildegards Platz einzunehmen, wie die Kouſine gewünſcht hatte. Was würde überhaupt aus der Hochzeit werden? Sollte ſie wirklich nicht mehr ſtattfinden? Sie hatte flüchtend, Hilde's Worte nur halb gehört, aber der Inhalt der Rede war ihr klar, nach dem Vorher⸗ gegangenen. Indeſſen.. vermuthlich würde man ſich doch noch beſinnen. Der Doktor würde Reue zeigen, und die Tante— würde den Eklat fürchten! Es konnte auch unmöglich Alles um⸗ ſonſt geſchehen ſein. Und Hildegard ſelbſt? So wie ſie war, konnte, würde ſie am Ende doch noch Alles verzeihen, ſelbſt wenn ſie Doktor Hausmann nicht ſo ſtark liebte, wie Eva über⸗ zeugt war, daß es in Wahrheit der Fall war. Sie war ſeit ihrer Verlobung vollſtändig verändert, kaum ein Zug noch von der alten Hildegard... Am Ende würde man ihr, Eva, Alles in die Schuhe ſchieben?.. Fort! Sie zog ihr weißes Brautjungfernkleid aus, und ſchloß es ins Spind. Schade, daß ſie ſich nicht darin zeigen konnte! Dann nahm ſte einen Karton mit Chokoladenpaſtillen, ein Geſchenk von Herrn„Batavia⸗Meyer“, und begann zu eſſen, denn ſie empfand Hunger. Nach unten aber wagte ſie nicht zu gehen... Die Choko⸗ lade war vorzüglich. Das gute Hamburger Leben war keineswegs zu verachten. Nur langweilig, troſtlos langweilig war es ge⸗ weſen, trotz der großen, intereſſanten Stadt. Während der erſten drei Wochen ihres dortigen Aufenthalts war ſie nur zweimal ans Tageslicht gekommen, und jedesmal als Begleiterin von Frau Meyer. Und als dann der junge Chef von ſeiner indiſchen Reiſe zurückgekehrt war, hatte ſie Frau Meyer entlaſſen, unter dem Vorgeben, daß ſie mit einer Nichte aufs Land gehen werde. In Wahrheit hatte die Mutter aber Verdacht geſchöpft, daß ſich der Sohn in die Geſellſchafterin verlieben werde.. So blieb ihr von ihrem Hamburger Aufenthalt nichts als ein halbes Dutzend Gold⸗ ſtücke, die die Tante ſofort in einem Sparkaſſenbuche angelegt hatte, und der Karton mit Chokoladenpaſtillen. Hoffentlich würde ſie das nächſte Mal mehr Glück haben! Der feuchte wolkenumhangene Aprflabend brach herein, und begann den kleinen freundlichen Raum in Dämmerung zu hällen. Da klopfte es draußen und Doktor Hausmann trat ein. „Kleide Dich an, Eva, warm— ſofort!“ ſagte der Doktor freundlich, aber ſehr ernſt,„in einer Stunde werden wir zuſam⸗ men nach der Eiſenbahnſtation fahren! Achteinhalb Uhr geht der Omnibus ab— Du mußt pünktlich fertig ſein, Kind!“ Eva, die bereits in Nachttoilette, ziemlich ſtark dekolletirt im Mondſchein am Fenſter ſaß, traute ihren Ohren kaum. Der Doktor kam zu ihr, nahm ihre Perſon in Anſpruch, wie etwas Selbſtverſtändliches. Was hatte das im Ernſt zu be⸗ deuten? „Haſt Du mich verſtanden, Evas“ rüttelte er ſie auf. „Ich— glaube!“ antwortete ſie automatenhaft. vum elf Uhr paſſirt der Schne“ ebeaen, Du benußk ihn, um nach B. zu reiſen. Dor Weines Freundes. Ich habe ſofort* Es iſt ein guter Ort. Du f hinter ihm zu. Er wurde in ein Bueau geführt, in dem ein Moltzeiinſpektor vor einem rieſigen Folianten ſaß und ſchrieb. Er erhob ſich und verneigte ſich höflich vor dem Prinzen. „Es thut mir unendlich leid, Hoheit beläſtigen zu müſſen—“ hegann er. „Ich verlange vor Allem zu wiſſen, weßhalb man mich ver⸗ haftet,“ ſchrie ihn der Prinz an.„Laſſen Sie ſofort nach meinem Wagen ſchicken.“ Höflich, aber energiſch ſetzte ihm der Inſpektor auseinander, daß das nicht möglich ſei. Dann las er ihm ein Schriftſtück der ruſſiſchen Polizeibehörde vor. Prinz Sergius war ſtarr. Wie die meiſten Ruſſen der höheren Kreiſe hatte auch er einige politiſche Vergehen auf dem Gewiſſen; daß dieſe der Behörde jedoch ſo haarſcharf bekannt 1555 wie aus dem Verhaftsbefehl hervorging, hätte er ſich nicht räumen laſſen. Wie klug war er geweſen, daß er den heimath⸗ lichen Boden verließ! „Auf dieſe Beſchuldigungen hin darf ich doch nicht aus⸗ geliefert werden!“ „Das iſt auch meine Anſicht, Hoheit. Morgen früh wird ſich das gewiß auch herausſtellen! Aber bis dahin—“ „Bin ich ein Gefangener!“ unterbrach ihn der Prinz zornig. Er raſte und tobte, doch es half Alles nichts. Er ſollte noch Widerwärtigeres ausſtehen. Sein Geld, ſeine Papiere, ſeine Juwelen und ſein koſtbares Schwert wurden ihm abgenommen und in einen mächtigen Schrank geſchloſſen. „Die Sachen liegen hier ganz ſicher, Hoheit,“ ſagte der höf⸗ liche Inſpektor. Ich wünſchte wirklich, ich hätte Hoheit dieſe Un⸗ annehmlichkeiten erſparen können, aber meine Pflicht—“ Muth im Herzen, ein bitteres Lächeln auf den Lippen, folgte der Prinz dem Beamten über einen langen Korridor. Am Ende desſelben öffnete der Letztere eine Thür und ließ den Prinzen in eine Zelle treten, in welcher ſich nur ein Feldbett befand. „Soll ich etwa die Nacht in dieſem Loch zubringene“ ſtöhnte er. „Wir ſind nicht auf ſo hohen Beſuch eingerichtet, Hoheit—“ Ohne ein weiteres Wort warf ſich Prinz Sergius auf die harte Matratze. Als er erwachte, war es heller Tag. Nach langer Zeit ver⸗ nahm er ein Auf⸗ und Zuſchlagen von Thüren— näher kom⸗ mende Schritte— ein Schlüſſel wurde ins Schloß geſteckt— die Thür geöffnet und vor ihm ſtand— ſein Privatſekretär Gerard. „Gott fei Dank, daß ich Ew. Hoheit gefunden!“ rief der junge Mann.„Ich fürchtete ſchon, Hoheit ſeien das Opfer einer Verſchwörung geworden. Ich bekam heute früh einen Brief— 58 Angabe Ihres Aufenthaltsortes— welchem dieſer Schlüſſel beilag.“ „Aber ich bin doch im Polizeigefängniß, Gerard!“ „Keine Idee, Hoheit! Das Haus diente früher als ſolches, ſteht jedoch ſeit Monaten leer. Hoheit find das Opfer eines Komplotts geworden und dieſes Gebäude wurde zur Ausführung benutzt. Hoheits Digmanten—“ „Sie haben recht, Gerard! Dieſer Verhaftsbefehl war ein Spitzbubentrick! Kommen Sie ſchnell— dort ins Bureau— die Fuwelen wurden dort eingeſchloſſen.“ Aber ach! Die unſchätzbaren Azoff⸗Diamanten waren ver⸗ ſchwunden. Der Schrank ſtand offen— Geld, Papiere und das koſtbare Schwert lagen noch darin, ſonſt nichts. Der Sekretär hatte wohlweislich einen Anzug für ſeinen Herrn mitgenommen, den dieſer jetzt anlegte. „Schnell auf die Polizei!“ keuchte Sergius, dem die Adern auf der Stirn dick angeſchwollen waren.„Vielleicht erwiſchen wir die Halunken noch.“ 15 1* 4 Abber ſelbſt ein rufſiſcher Prinz kann nicht Alles erlangen was er will. Die Polizei ſetzte zwar alle Hebel in Bewegung, um der verlorenen Diamanten habhaft zu werden, aber vergebens — und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Prinz Sergius ſeinen Verdacht in Bezug auf Maria Deinhardt klüglich für ſich behielt. Eine Erwähnung ihres Namens würde eine Unterſuchung der Angelegenheit verurſacht und dann Alles an Tageslicht ge⸗ fördert haben— ein Skandal wäre unausbleiblich und die Dla⸗ manten dennoch für ihn verloren geweſen. Noch ehe eine Woche verging, waren die Diamanten um⸗ gefaßt und nicht wieder zu erkennen. Maria hatte ihr Eigenthum zurückbekommen! Der Polizei⸗ inſpektor, die Beamten und der Kutſcher aus jener Nacht ſind ſpurlos verſchwunden. Marias Gatte erholte ſich im Süden und nimmt jetzt mit ſeiner ſchönen Frau eine große Rolle in der Geſellſchaft ein. Allerlei. Stoff für eine Operette bietet ein Vorgang, über den die„N. Fr. Pr.“ wie folgt berichtet: In einer mähriſchen Stadt hält ſich ſchon ſeit mehreren Jahren der angebliche diplo⸗ matiſche Vertreter einer exotiſchen Republik vom 1. Januar bis zum letzten Dezember eines jeden Jahres„auf der Durchreiſe“ auf und wohnt daſelbſt in dem ſeinem Sohn gehörigen Haufe. Dieſer Herr lebt nun ſeit Jahren mit den dortigen Behörden in ſtändigem Konflikt. Insbeſondere verweigert er die Annahme von Zu⸗ ſchriften der Behörde, ob nun dieſelben durch den Amtsdiener, durch die Poſt oder durch die Gemeinde zugeſtellt werden. Wird dann die Erledigung an der Thür des von ihm bewohnten Hauſes angebracht, ſo erfolgt gegen dieſes das Völkerrecht verletzende Vorgehen der Behörde ein Proteſt, der aus einer nördlichen oder ſüdlichen Großſtadt Europas datirt iſt. Schließlich war aber die Langmuth der Behörde zu Ende. Der Zahlungsauftrag bezüglich der Perſonal⸗Einkommenſteuer Sr. Excellenz war in Rechtskraft erwachſen. Selbſtverſtändlich bezahlte aber der Herr Geſandte weder dieſe Steuer noch die Gebühren, zu deren Zahlung er ebenſo bereits längſt rechtskräftig verurtheilt worden war. Es mußte alſo die Exekution vorgenommen werden, über deren Verlauf berichtet wird: Der Geſandte hatte die Behörde gewarnt, ja nicht gewalt⸗ ſam vorzugehen, weil ſonſt, da er die„Archive der Geſandtſchaft“ durch elektriſche Vorrichtungen vor Einbruch geſichert habe, leicht ein Unglück geſchehen könnte. Es mußten alſo beſondere Vor⸗ kehrungen getroffen werden. Unter Führung des k. k. Bezirks⸗ kommiſſars und des k. k. Bezirksſekretärs begab ſich die Kom⸗ miſſion zu dem von dem Geſandten bewohnten Hauſe. Daſelbſt wurde im Namen des Geſetzes Einlaß begehrt, der, wie vorauszu⸗ ſehen war, verweigert wurde. Die anweſende Gattin des Ge⸗ geſandten erklärte, daß ſich ihr Gemahl ſeit vierzehn Tagen auf feinem Poſten im Auslande befinde. Sie verwehrte der Kom⸗ miſſion den Einlaß, obwohl die gewaltſame Oeffnung der Thür angedroht wurde. Es mußte alſo die Hausthür aufgeſprengt werden. Als die Kommiſſion in den Hausgarten gelangte, wurde die Aufforderung zur Oeffnung der Wohnung wiederholt— abermals erfolglos. Nun mußte ſich die Kommiſſion von Zimmer zu Zimmer den Weg gewaltſam öffnen laſſen, bis ſie endlich in einem der letzten Zimmer einen Kaſten fand, der eine ganze Waffenſammlung enthielt. Aus dieſer Sammlung wurden zehn Stück Gewehre gepfändet und ins Bürgermeiſteramt transferirt. Das Schönſte an dieſer Geſchichte iſt aber, daß der Herr Geſandte ſich während der Pfändungsvornahme keineswegs im Auslande, ſondern im Hauſe ſelbſt befand, wo er ſich vor der Kommiſſion von Zimmer zu Zimmer zurückzog. Die Gemahlin des Geſandten beleidigte übrigens die Mitglieder der Kommiſſion, indem ſie die⸗ ſelben„Einbrecher“ nannte. In Folge deſſen wird die Angelegen⸗ heit noch ein Nachſpiel haben, da die Akten und Protokolle über die Pfändung der Staatsanwaltſchaft des nächſten Kreisgerichtes zur weiteren Amtshandlung abgetreten worden ſind. Die Vor⸗ nahme dieſer Pfändung machte in der mähriſchen Stadt natürlich großes Aufſehen, und eine zahlreiche Menſchenmenge umlagerte während derſelben die Wohnung Sr. Excellenz. Proben unfreiwilligen Humors im Ge⸗ richtsſaa le.„Herr Vertheidiger, ich muß Sie bitten, dem Angeklagten ſeine Ankworten nicht einzuflüſtern“, ſagte zurecht⸗ weiſend ein Vorſitzender, und fuhr fort:„Laſſen Sie ihn nur ſich verantworten, die Reihe kommt ſpäter auch an Sie!“— Ein Bezirksrichter auf dem Lande ließ den Warteraum der Parteien ſtets ſehr ſtark heizen. Dies hatte zur Folge, daß Viele, welche es nicht ſo lange in dem üherheizten Raume aushalten konnten, 8 Meneral.Anzeiaer April. annheim, 14. — N i Sngurung sier ur dunbe CCCCCCCFCC uf be eg reee wa 1 gog usbuplegun ilvſ qun ueeen ee e eee eeen eeee eedbnpng en lee eee ebeeeeee e heenee, ul unng dunzogzedenz zig zae neuuzu ne Sego sög uahong zuses Beuee eee aed eec eee 0 pf azn2g de weeee leeg bie aee ae engg ne ce u ncg neben eee enen eee cie ge dagiß l nsgenenez0g Zunzaupgzg„ung end gipgsza! gunach use nz“ lgucn; a% eeeee n c veee eehene ee n ee an e eeeee e eeee e eeeeec“, F zie wen be nc ge e ieee ee biaiguun“ „uenpihae nk rcneg Bigpuneden zhn eng Aeeee en eeee ee redhepeee gun ppuuch npug uebnzz usg gno gun Jdoz usg apgzuvg gun gusuupine an abecteg uung Junvilz⸗ SBuvlusz upug 18 „e e ee ane ee eunt“ egoc die eeeen eeeets bunſausg eie eieenebog gae ua neee u cc eheegneeg een eez ee“ cba flonz mune ueusbuvs „Bupzog gehv gon fpasusbeg npuquebno zuse 101 gog Aunze zacmeig suubugnvch aazac ne uenvaneg Sefkuenbegun o guene e ehbune edoſ n u olusge Mecanun gabbegnc gun bigpuezlptples 1vz Hihng uabvalne np agdoahpzoſ eig zen gapbsgnc 42 Uupbag uuvcß ueinad ne fegeeeedeecege ehnp eig lun ubrah nvac glongnaſeg n e de ee ben ibee de beeenn leee aee d eeee ne meeee Tec Selciuzupagt eeeeee ee e ed e deun eg eg dcuvag ehen ee eeeeee i aeee ed e ene eem nk bpechumgic ueeeeg i un eeeee eeen de e Teee e ee e e we iheeen nen eeg g 97354 21ʃ eee wene e ee ben eeee en pie uee „ aug aünge zaan auh mee J0pie so 3—— uupf uh! 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Aber ihre einzige Ankwork blieb ein aukomakenhaftes Kopfneigen und ein Seufzer Doktor Hausmann erkannte, daß er hier nichts mehr zu ſuchen habe. Aber es drängte ihn niederzuknieen vor Hildegard, bewundernd, ſühnend. Trotzdem er ein Freigeiſt war, wie die meiſten ſeiner Kollegen, verſtand er plötzlich das Gefühl, das den fündigen Menſchen vor dem Heiligſten knieen läßt! Aber er erinnerte ſich, daß er geſtern auch gekniet hatte, hier, faſt an der⸗ ſelben Stelle. So nahm er nur Hildes Hand und drückte ſte wie die eines Freundes. (Fortſetzung folgt). N * N Der ſchöͤne Jan. Eine Oſter⸗Novellette von H. Hoepfner. (Nachdruck verboten.) Draußen vor ihrem Gaſthauſe ſtand Haling Markowska, die Paninka, wie ſie, da ſie unverheirathet war, allgemein ge⸗ nannt wurde. Spähend ſchaute ſie die Dorfſtraße entlang. Der Frühlingswind ſpielte in den braunen Löckchen, welche neckiſch Unter der ſauberen, weißen Haube hervorguckten, die ſie, wie alle polniſchen Bäuerinnen, trug. Mit Behagen ſog ſie die friſche, herbe Luft ein. „Gott ſei Dank, daß Oſtern vor der Thür und der Winter bergangen iſt!“ murmelte ſie. In dieſem Augenblicke kam ein Wagen herangeraſt. Der Knecht, der ihn lenkte, hatte Mühe, die Pferde vor dem Gaſt⸗ hauſe zum Stehen zu bringen. Die Paninka, welcher das Geſpann gehörte, rief ärgerlich: „Michael, biſt Du von Sinnen, daß Du mir die Pferde zu Schanden führſt? So ein alter Menſch, wie Du, muß doch mehr Verſtand haben. Wenn ich ſolche Unvernunft noch einmal ſehe, dann iſt es aus zwiſchen uns!“ Der Knecht lachte: „Mir iſt es ſchon lange recht, Paninka! Ich habe die Weiberwirthſchaft ohnehin ſatt. Meinetwegen kann ich ja gleich heute gehen!“ Damit peitſchte er von Neuem wie wild auf die Pferde los, Ain ſie nach dem Hof zu treiben. Zornig rieß ihm die Paninka die Peitſche aus der Hand. „Hoho“ ſchrie Michel wüthend, indem er Miene machte, ſich auf ſeine Herrin zu ſtürzen. Da wurde er von einer kräftigen Hand zurückgeſtoßen. „Mach, daß Du in den Stall kommſt, oder Du haſt es mit mir zu thun!“ ſagte eine befehlende Stimme. Michael fuhr herum. Hinter ihm ſtand ein ſtattlicher Bauer, Fer die Hand mit nicht mißzuverſtehender Bewegung hob. Brummend entfernte ſich der Knecht mit dem Geſpann. „So, Paninka,“ ſagte der Ankömmling,„jetzt bitte ich mir ein Glas Bier aus.“ Die Paninka, um deren rothe Lippen es krotzig zuckte, ſchritt ihm worklos nach dem Gaſtzimmer voran. Dork bedeutete ſie der hinter dem Schenktiſch ſtehenden Magd, ſich zu entfernen, und reichte dem Bauern, welcher augenblicklich der einzige Gaſt war, ſelbſt das gewünſchte Getränk. „Ich wollte Euch doch fragen, Maryhan Rudnitzki, wer Euch das Recht gegeben hat, Euch in meine Sachen zu miſchen,“ ſprach ſte.„Mit dem Michael wäre ich ſchon allein fertig geworden!“ „Daßs glaube ich nicht,“ erwiderte Maryan Rudnitzki ruhig. „Haha,“ lachte die Paninka ſpöttiſch.„Ich habe den Michael nun bald ein Jahr in meinen Dienſten. Wenn er nicht, wie heut, eins über den Durſt getrunken hat, dann iſt er der gutmüthigſte Menſch von der Welt.“ — „Ja, wenn er nicht eins über den Durſt gekrunken hall“ wiederholte Marhan.„Das mag wohl ſein; aber, er es Petben hat, dann iſt er ein heimtückiſcher Kerl, das w einſein iſt nichls für Euch, 1 Hier »ethen 1* 55 bloß zuzugreifen. Ich hab Euch ſo lieb, wie kein Anderer, das wißt Ihr!“ „Und meine Wirthſchaft gefällt Euch auch, nicht wahre“ fragte die Paninka höhniſch. Marhan Rudnitzki ſprang, wie von einer Viper geſtochen, empor. Sein hübſches Geſicht war todtenblaß, und mit der ge⸗ ballten Fauſt auf den Tiſch ſchlagend, rief er drohend; „Halina Markowska, hütet Euch!“ „Halina ſah ihn erſchrocken an. Dann färbten ſich ihre Wangen purpurroth, und verwirrt ſchlug ſie die Augen nieder. „Maryhan,“ ſagte ſie endlich leiſe,„ich hatte es doch nicht böſe gemeint. Ihr müßt bloß das dumme Gerede vom Heirathen laſſen. Ich heirathe überhaupt nicht, das habe ich Euch doch ſchon oft genug geſagt.“ „Aber warum nicht?“ fragte Maryan, der ſich inzwiſchen beruhigt hatte.„So lange Euer Vater lebte, ließ ich's gelten; aber jetzt begreife ich es nicht mehr.“ Halina zupfte an der Schürze. Ich bin zu alt,“ antwortete ſie endlich;„bedenkt, ſchon dreißig Jahre!“ „Pah,“ lachte Maryan.„Ihr ſeht mit den dreißig Jahren noch hübſcher aus, als viele Andere mit achtzehn.“ „Nun,“ ſprach Halka ſchließlich zögernd,„am Ende iſt es doch beſſer, ich ſchenke Euch reinen Wein ein. Kommt mit!“ Sie rief die Magd hinein, und dann ſchritt ſie, von Marhan gefolgt, in den Garten, der hinter dem Hauſe lag. Am Zaun wuchs ein großer Fliederſtrauch. Seine Aeſte waren noch kahl, aber an den Spitzen zeigten ſich ſchon die erſten grünen Blattknoſpen. „Seht, Maryan,“ ſagte die Paninka,„Ihr fragt, warum ich nicht heirathe. Ich will Euch eine Geſchichte erzählen. hier an dieſer Stelle. Es war einmal ein junger Burſche, Jan Czarnetzki hieß er,“ „Jan Eantge der Thunichtgut?“ fragte ver⸗ ächtlich. Die Paninka antwortete nicht. Vielleicht hatte ſie pen Ein⸗ wurf gar nicht gehört. Träumeriſch in die Ferne blickend fuhr ſie fort:„und ein Mädchen, Halka Markowska. Die Beiden liebten ſich, aber des Mädchens Vater war dagegen. Da kam eines Tages ein Brief von Jans Onkel, dem reichen BViehhändler Tomiszewski aus Warſchau. Er ſchrieb, Jan ſolle zu ihm kommen und ihn in ſeinem Geſchäfte unterſtützen. Nun mußten ſich die Beiden trennen. Hier unter dem Fliederſtrauche nahmen ſie Abſchied von einander. Es war Oſterzeit, gerade ſo wie heut. Halka weinte, und Jan küßte ſie und ſchwur ihr bei der Mutter Gottes, daß er einſt zu Oſtern wiederkommen und ſie holen würde. Und darauf baue ich,“ ſchloß die Paninka über⸗ zeugungsvoll ihre Erzählung. „Wie lange ſchon,“ fragte der Zuhörer trocken. „Lange, lange, ganze zehn Jahre!“ rief Halka,„aber er kommt wieder, ich weiß es.“ „Nun, dann warte weiter!“ ſagte Maryan finſter.„Hoffenk⸗ lich wirſt Du nicht enttäuſcht, denn auf den ſchönen Jan waren nie Häuſer zu bauen!“ Damit entfernte er ſich. Die Paninka zuckte die eln und ging in das Haus zurück. Sie hätte nun eigentlich recht froh ſein müſſen, daß Maryan jetzt die Wahrheit wußte, aber doch war ihr nicht wohl dabei. In der Nacht ſchlief ſie ſchlecht. Sie hatte einen ſonder⸗ baren Traum. Der ſchöne Jan und Maryan ſtritten miteinander, und ſie ſtand angſtvoll daneben und zitterte, ja, für wen?— Natürlich doch für ihren Geliebten! Nein, keineswegs, ſondern für r Maryan, auf den Jan eben mit geballten Fäuſtein eindrang. Mit einem Schrei des Schreckens fuhr ſie empor und ſah ſich wild um. Wo befand ſie ſich denn? Nun, in ihrer Kammer, zu deren Fenſter der Mond hereinſah ſie hatt nur böſe geträumt. Sie ſprang von ihrem Lager auf und warf ſich die Kleider Garken, an den Zaun beim Flieberbuſch⸗ De Dofſraße, die ſie Überblicken konnte, war todtenſtill. Ab und zu ſchlug ein Hund an. Lange ſtand ſie dort und ihre Thränen floſſen. 170 „Jan, Jan,“ ſchluchzte ſie, wann kommſt Du wieder? Zum gehntenmal kehrt Oſtern zurück. Jan, ich warte auf Dich und bleibe Dir treul“ Dem Garten gegenüber erhob ſich am Wege ein Kreuz mit dem Bilde des Erlöſers. Behutſam öffnete Halka die Pforte und vilte hinüber. Lange lag ſie bor dem Heilande auf den Knieen. Aber in ihrem Gebete vermiſchten ſich Jan und Marhan fort⸗ während; wie zerſchlagen erhob ſie ſich endlich und kehrte in das Haus zürüc, Am andern Tage helie die Paninka dunkle Ringe um die Augen. Troßtz ihrer großen Ermüdung ſchaffte ſie doch tüchtig herum, ſie half den Mägden beim Scheuern, und dann legte ſie die letzte Hand an die reichhaltige und leckere„swieconka“, die appe⸗ litlich in der beſten Stube aufgebaut wurde. Von Marhan ſah ſie nichts. Geiſtliche, der die swieconka geweiht hatte, weggegangen. Die — war leer, und Halka ſaß in ihres Vaters Lehnſtuhl am Ofen. Da wurde pie Thür polternd aufgeriſſen, und herein pol⸗ lerte ein dicker Mann im Schafspelz. „Teufel noch einmal,“ rief er,„man bricht ſich ja beinahe die Beine in dieſer Dunkelheit. Heda, Wirth, Licht!“ Die Paninka erhob ſich. Sie zündete die Petroleumlampe an, die in der Mitle der Stube hing. Dann ſtand ſie ruhig ab⸗ kwartend vor dem Gaſt, der ſich puſtend den Schweiß von ſeinem rothen Geſicht wiſchte. „Noch immer die alte Bude wie früher,“ ſagte er, ſich um⸗ blickend.„Bloß eine hübſche, junge Wirthin!“ ſetzte er hinzu, indem er Halka mit dreiſter Bewunderung betrachtete. Die Paninka wandte den Kopf zur Seite. 15„Was wünſcht der Herr?“ fragte ſie.* 75„Wein, Täubchen, Ungarwein,“ rief der Fremde.„Wenn Ber reiche Jan Czarnetzki nach zehn Jahren wieder mal in ſein Dorf zurückkommt, muß er das doch ordenklich feiern! Vor Halkas Augen kanzte die Stube. Das war Jan Czar⸗ netzli, ihr Jane Wiverwillig gegen den dicken Mann dort mit dem breiten Geſichte und doch auch wieder Freude darüber, daß ihre Hoffnung auf ſeine Rückkehr nicht zu Schanden geworden war, ſtritten ſich in ihrem Herzen. Freilich, er hat ſie nicht gleich erkannt. Aber ihr war es ebenſo ergangen. Zehn Jahre ſind kine lange Zeit, da berändern ſich die Menſchen; und dazu kam noch das Zwielicht! „Ihr ſeid Jan Carneßki?“ ſtammelte ſie endlich verwirrk. „Der bin ich, mein Herzchen, der bin ich,“ nickte Jan.„Haſt Du mich früher gelannt? Gewiß, denn welches Mödchen kannte und liebte nicht den ſchönen Jan. Hahaha.“ Wohlgefällig lachend lehnte er ſich in ſeinem Stuhl zurück „Und wo ſeid Ihr jetzt und was hat Euch in die Heimath zurückgeführk?“ ſich Halka bebend. 5 Geſchäfte, Liebchen, Geſchäfte, erwiderte er redſelig.„Ich bin ein reicher Mann in Warſchau geworden,“— ſelbſtbewußt ſchlug er auf die lederne Geldkatze, die er an der Seite trug— „habe einen großen Viehhandel und bin hier in der Gegend auf Einkäufen geweſen. Nun wollte ich von Struszewo, wo ich heut war, zur Bahn, da nach der kleinen Stadt, wie heißt ſie doche —.,Denn morgen zum Feſt muß ich wieder in Warſchau ſein, meine Petronella möchte ſonſt etwas böſe werden. Da brach unterwegs, hier dicht beim Dorfe, ein Rad meines Wagens. Nun muß ich warten, bis es der Schmied gemacht hat; ſonſt 15 itten 1 90 macile in das verwü uſchte Neſt gebracht.“ Es war in den ſpäten Nachmittagsſtunden.— Eben war der Aber in beſſen feiſten 8ů aen leuchkele 1ri Zeichen innerung auf „Kann mich gar nicht mehr auf Euch be 1¹ Haling, meinte er.„Vielleicht wart Ihr auch einm von mir; ich hatte ſo viele. Aber Ihr ſeid eine hü ihſch muß man Euch laſſen!“ Me wollte er f. Wangen klopfen. Aber die Paninka irct oene zurück „Ich will Euch Euren Wein ſaiten, 5 ſagte 15 verließ die Stube. Sie holte die Weinflaſche und befahl Michael, draußen ſtand, ſie dem Fremden zu bringen Dann eilte ſie in ihre Kammer. Dort ſaß ſte regung! lange, lange. Wild jagten die Gedanken d waren es böſe Gedanken, voller Schmerz Ur nachdem die der verletzten Eitelkeit entſprungen En uſchu vorüber war, bahnte ſich ein Gefühl gößter Veracht n. Jan den Weg. 8 Jeßzt ſtellten ſich auch die Thränen ein, linde rnde, Thränen, welche den letzten Reſt ihres Kummers echter Kummer war, wegſpn ülten. er 5 an. „Und Jane“ 0 er 11 „Das iſt Alles todt; ich weiß, daß ic nur das ſchon lange,“ gab ſie ebenſo zurück. Der Geiſtliche verkündete jetzt laut 7 85 Auferſteh ng Herrn: da hatten ſich zwei Herzen in unvergängli funden. JVo 0— nann 551152 annheim, 14 il. Snen 8550* Jungen 0 5 V. Selte. 1 n 05 3. St., 8 3i P 3, Ja 3. St., mbl. Zim. bi 0 0eaſe raße 29, J Roſengartenſtraße 28. 15. April zu verm. 4910 f Parkerrelofglititen Stif Offerten unter F.., Nr. 4806 E 1. 12 ch 0 8 I, parterre. R6 m ödl. Zimmer zis“ khige 4 Gut füördert die li on ds. B 21 April zu verm die das Dec— 12 De Bureau und M 3 1 erwol ge 2 Tr. rechte, ſteunden in n*—8 141 kaga Ju 1 u 4Zimmerwohnungen per f 5 Se We 0 3, 9 veemiethen. Nähereß 48093 N 1. Halt 05 dermethen. eie 6 29 4 mbl. Zim. zu v. 4½% Leringung Levti& S Sohn,—„9. Fi ece 1014 Fiß äh. 2 2222 Ad. 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EN 7 8 5 Die feste Form verhütet einen Verlust durch Zerstäuben und schützt das 8 Sehmeckt angenehm süsg, wenn gelöst Aroms gegen widrige Eiuflüsse. 5 5 Die gefällige und bedueme verpackung, die einfache und schnelle Zubereitung.(am besten halb Wasser, halb Milch, einmal leicht aufgekocht), — machen den Portionen-Kakao werthvoll für den Haushalt wie als Reise- 7 Droviant für Touristen, Radfahrer u. 8. w. Erhältlich in Kartons von 24 Tabletten zum Preis von Mk.—.75. Froberollen mit 6 Tabletten 20 Pfg. Vorräthig in den meisten Konditoreien, Delikatessen-, Kolonialwaren- und Drogen-Geschäften. Arsichtlich durch Plakate. Man verlange überall a 47031 in ITinfluenzvõva⸗ und deren Begleiterſcheinungen 0 zen durc) meine ungegohrene, alkoholfreie Nähr⸗Salz⸗ ichte Säfte⸗Präparate, gründlich, ohne nachtheilige Folgen, ilt, Proſpect umſonſt. Broſchüre über Lebensweiſe ꝛc nur 20 Pfg. Trippmacher, Naturheilkundiger, Ladenburg. Modico-mechan. Institut, M 2, 23. Syſtem Pr. 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Als zur Familie gehörig werden elrgchtet? Der Familien⸗Vorſtand, deſſen Ehefrau, ſeine nderjährigen Söhne(unter 21 Jahren), ſeine unverhei⸗ Atheten Töchter, ſowie die zum Haushalt gehörenden un⸗ Dbſtſtändigen Perſonen.(Dienſtboten jedoch nur als Hegleitung der Herrſchaft oder als Begleitung der Kinder.) Penſtonäre nur inſoweit, als dieſelben das 18. Jahr nicht IIII 8 Heinrich Lanz, ſlannheim. Ueber 8800 Arbelter. eceäteJclengeselerteftf LOKOmobilen s pS Kölg-Thenfeld, beste und sparsamste Betriebskraft. Aberſchritten haben. Zweig-Bureau 5 Fremden⸗Karten. Frankiurt 0 Merkauft; onnenten können für auswärtigen, bei ihnen woh⸗ 8 nenden Beſuch Abonnentenkarten mit einmougtlicher 5 1896: 646 Lok. Gültigkeit, guf Namen lautend, zum Preiſe von 3 Mark Westendstr. 78. 1897: 8485 nehmen. f * Aktionären ſteht es frei, zu dieſem Zwecke Dividenden⸗ Telephon Nr. 1774. 1898: 1268 + 7 0 an Zahlung zu geben, deren jeder zu 3 Fremden⸗ arten die Berechtigung gibt. 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