Samstag, S. Febrnar Neue Mlannheimer Seifung Bezugspreiſe: In Mannheim u. frei ins Haus oder durch die Poſt monatl..⸗M. 2,50 ohne Beſtellgeld. Bei entl. Aenderung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe Nach⸗ forderung vorbehalten. Poſtſcheckkonto 17590 Karlsruhe. t⸗Geſchäftsſtelle E6, 2. Haupt⸗Nebenſtelle. R1,46, Baſſermannhaus).Geſchäfts⸗Nebenſtellen: Waldhofſtr.6, Schwetzingerſtr 19/20 u. Meerfeldſtraße 11. Telegramm⸗ Adreſſe: Generalanzeiger Mannheim. Erſcheint wöchentl. 12mal. Fernſprecher 24944, 24945, 24951, 24952 u. 24953 Beilagen: Sport und Spiel. Aus Seit und Leben. Mannheimer Frauenzeitung. Unterhaltungs-Beilage. Aus der Welt der Cechnik Abend⸗ Ausgabe 4 igen⸗V i ür beſtimmte Tage, Stellen u. Aus⸗ 1 eee Höhene Ge⸗ 9 1I. 850 8 walt, Streiks, uſw. 195 keinen Erſatzanſprüchen für ausgefallene od. beſchränkte Ausgaben Preis 1o Pfeunig 1927— Nr. e0 Anzeigenpreiſe nach Tarif, bei Vorauszahlung je einſp. —— ie Augen Anzeigen 00 N. M. Nelamen —4.⸗M. Kollektiv⸗Anzeigen werden höher berechnet Jür oder für verſpätete Aufnahme von Anzeigen. Aufträge durch Fernſprecher ohne Gewähr. Gerichtsſtand iſt Marmheim. Wandern und Neiſen Geſetz und Necht Verkrauensvotum für die Regierung Mit 235 gegen 174 Stimmen bei 18 Stimmenthaltungen Keine Stimmenthaltung der Wirtſchaftsparlei Berlin, 5. Febr.(Von unſerem Berliner Büro.) Heute iſt der letzte Tag der Adreßdebatte. Mit der Annahme des Vertrauensvotums hoffen die Koalitionsparteien ſie zum Ab⸗ ſchluß zu bringen und die Oppoſition ſiegreich zu ſchlagen. Das geſtern noch recht rege Intereſſe an der Debatte hat nachgelaſſen. Als Herr Löbe um 11 Uhr die Sitzung eröffnete ſind die Tribünen nur ſchwach beſetzt und auch im Saal klaffen weite Lücken. Man vernimmt als erſten Herrn Stegerwald, den kleinen kahlköpfigen, ſtets in feierliches Schwarz gekleideten Herrn, deſſen Name bei jedem Regie⸗ rungswechſel wieder auftaucht und wieder verſchwindet. Er iſt, als die Kriſe begann als Werber für den Gedanken der großen Koalition auf den Plan getreten. Jetzt weint er ihr eine ſtille Träne nach und findet Troſt in der Feſtſtellung, daß es halt nicht hat ſollen ſein und man ſich mit dem Wechſel abfinden müſſe. Und dann bemüht er ſich unter lebhaftem Widerſpruch der Linken zu beweiſen, daß das neuentſtandene Gebilde keineswegs eine Rechtsregierung in des Wortes eigentlicher Bedeutung ſei. Als Gewerkſchafts⸗ führer hatStegerwald natürlich das lebhafteſte Intereſſe daran den ſozialen Geiſt des Kabinetts Marx⸗Hergt zu preiſen, wie er überhaupt ſeine Rede ſorgfältig der Arbeiterpſychologie anzupaſſen ſucht. Auch die Kräfte von links, die Graf Weſtarpſh ausgeſchaltet ſehen will, ſollen zur verantwortlichen Mitarbeit herangezogen werden. Und auch ſonſt bekamen die Deutſch⸗ nationalen, kaum daß ſie Gusrards Offenheit verwunden, auch manchen Löffel bittere Arznei von Herrn Stegerwald ge⸗ reicht. Die Parole„Ausgleichspolitik“, die geſtern von dem demokratiſchen Führer Koch ausgegeben wurde, macht auch Herr Stegerwald ſich zu eigen. Kulturkampf? Nein, den wolle das Zentrum nicht, aber ändern will es, daß die Schüler„ungläubigen Religionslehrern“ ausgeliefert werden. Auch die nationalen Töne fehlen nicht in Stegerwalds ge⸗ ſchickten Expoſs,„Vaterland“,„Nation“,„deutſche Kultur“— es klingt faſt wie Fanfarenſtöße. Den Beſchluß— und da werden Stegerwalds Ausführungen etwas eintönig— bilden nationalökonomiſche Betrachtungen. 5 Die Debatte geht dem Ende zu. Auf der Rednertafel ſind nur noch zwei Redner verzeichnet: Der Kommuniſt Stöcker und der Völkiſche Feder. Das bedeutet für die überwälti⸗ gende Mehrheit der Abgeordneten eine Pauſe von 2 Stunden. Man kann ſich für den Abſtimmungsakt ſtärken. Inzwiſchen wird bekannt, daß der geſtrige Fraktionsbeſchluß der Wirt⸗ ſchaftspartei dem Vertrauensvotum gegenüber Stimm⸗ enthaltung zu üben zugunſten der Regierung in er⸗ neuter Sitzung abgewandelt wurde. wird nicht gebrochen: Dieſe aus drei verſchiedenen Intereſſen⸗ gruppen zuſammengeſetzte Partei wird ſich ſpalten, das be⸗ deutet, daß die Hannoveraner und die Bayern nun doch für die Regierung eintreten wollen. Einen Zu⸗ wachs von 10 Stimmen kann ſie gebrauchen. Zum Schluß lebt nochmals der Streit Landsberg—Kendell uuf. Landsberg erneuert ſeine Angriffe auf den Innenmini⸗ ſter. Er wirft ihm vor, die Verordnung der Kappregierung bekanntgegeben und die der geſetzmäßigen Regierung nicht verbreitet zu haben, vor allem die Weiſung, den Generalſtreik Der alte Brauch zu proklamieren. Herr von Keudell erklärt demgegenüber, daß ihm eine derartige Verordnung nicht zur Kenntnis ge⸗ langt ſei, wohl aber habe ihm der Kommandant von Küſtrin, an den er auf Anordnung ſeiner vorgeſetzten Behörde ge⸗ wieſen worden ſei, bedeutet, dem Generalſtreik entgegenzu⸗ wirken. Alle übrigen Angaben Landsbergs ſeien unzutreffend. Reichskanzler Marx kündigt im übrigen noöch eine eingehende Unterſuchung des Falles auf Grund der Akten aus jener Zeit an, ſtellte aber jetzt ſchon feſt, daß nach den Erklärungen, die ihm der Mini⸗ ſter von Keudell perſönlich gegeben hat, Keudell damals bei der zuſtändigen preußiſchen Behörde die Einleitung eines Diſdziplinarverfahrens gegen ſich beantragte, aber keine Ant⸗ wort von der preußiſchen Regierung erhalten habe. Es liegt in ſeinem Intereſſe, nachzuprüfen, welche Gründe dafür vor⸗ gelegen haben. Landsberg läßt nicht locker. Er verlieſt eine von dem Militärbefehlshaber erlaſſene Bekanntmachung, die von dem damaligen Landrat von Keudel! gegengezeichnet iſt und in der das Verbot aller periodiſchen Druckſchriften ausgeſprochen wird, die für die„ehemalige Regierung“ eintreten. Das Haus folgt der Auseinanderſetzung in großer Erregung. Es kommt zu ſtürmiſchen Kundgebungen der Liu⸗ ken, die ſich ſteigert, als Landsberg weiter behauptet, der Regierungspräſident von Frankfurt a. d. Oder beſtreite, Herrn von Keudell jene Ermächtigung erteilt zu haben, auf die er 90 geſtern zur Rechtfertigung ſeiner Maßnahmen berufen a Auf Antrag des Zentrums wird die Sitzung auf eine Stunde vertagt. Die Haltung der Wirtſchaftlichen Vereinigung Die Reichstagsfraktion der Wirtſchaftlichen Vereinigung hat beſchloſſen, die Mißtrauensanträge gegen die neue Re⸗ gierung abzulehnen, aber bei der Abſtimmung über ein etwaiges Mißtrauensvotum Stimmenthaltung zu üben. Die Abſtimmung Bei Wiedereröffnung der Sitzung um%½ Uhr wird zur Abſtimmung geſchritten. Abgeſtimmt wird über das Ver⸗ trauensvotum, da ſich im Falle der Annahme die Miß⸗ trauensanträge von ſelbſt erledigen. Herr v. Guerard gibt für das Zentrum vorher eine motivierte Erklärung ab: „Die Zuſtimmung zu dem beantragten Vertrauensvotum bezieht ſich auf die geſamte Reichsregierung und inſofern grundſätzlich auf jeden ihrer Miniſter. Der Reichsinnen⸗ miniſter v. Keudell iſt in dieſes Vertrauensvotum mit einbegriffen, in der Annahme, daß ſich die gegen ihn erhobene Anſchuldigung wegen Unterſtützung des ſogenannten Kapp⸗ Putſches durch die vom Herrn Reichskanzler Dr. Marx im Einvernehmen mit dem Reichsinnenminiſter zugeſagte Unter⸗ ſuchung als unberechtigt erweiſt.“ Dann erfolgt die namentliche Abſtimmung über das von den Koalitionsparteien eingebrachte Vertrauensvotum. Es angenommen. England-Nußland-China Die Preſſe beſchäftigt ſich lebhaft mit der Frage einer Löſung der Beziehungen zu Rußland angeſichts der england⸗ feindlichen Politik Rußlands in China. In allen Blättern wird der Auffaſſung Ausdruck gegeben, daß die Zahl der An⸗ hänger einer ſcharfen Politikgegen Rußland ſtetig im Wachſen begriffen ſei. In gut unterrichteten Kreiſen werde es für möglich gehalten, daß die von Churchill und Birkenhead geführte Bewegung zwecks Kündigung des Han⸗ delsabkommens mit der Sowjetunion allmählich ſo ſtark wird, daß der Premierminiſter nachgeben muß. Nach den aus Schanghai vorliegenden Nachrichten iſt es in der Umgebung von Schanghai zu einem heftigen Zu⸗ ſammenſtoß zwiſchen den Truppen Sun Schuan Fangs und den Truppen der Kantonregierung gekommen. Ueber 500 Kämpfer ſollen verwundet ſein, die zum Teil in den Miſſionshoſpitälern Unterkunft gefunden haben. Wie vonſeiten Sun Schuan Fangs behauptet wird, erklärte er, aus dem Nor⸗ den große Verſtärkungen zu erhalten, die einen Widerſtand gegen die heranrückenden Kantontruppen ermöglichten. Da⸗ gegen meldet die Kantonarmee, daß das Zentrum der Fang⸗ truppen im Weichen begriffen ſei und man bald Schanghai zu beſetzen glaube. Deutſche Arbeit für Rußland IJn Leningrad iſt eine Gruppe deutſcher Direktoren ver⸗ ſchiedener induſtrieller Werke eingetroffen; vor allem ſind Ma⸗ ſchinenbau und elektriſche Werke vertreten. Die deutſchen Werke beapſichtigen, Verhandlungen mit der Sowjetregierung über den Maſchinenbau und die Elektrifizierung in der Sowjet⸗ union aufzunehmen. U. a. ſollen deutſche Maſchinen für die Schatora⸗Elektro⸗Station bei Moskau aufgeſtellt werden. Die Firma Braun intereſſiert ſich nach ruſſiſchen Meldungen für eine Konzeſſion zum Bau von verſchiedenen Elektroſtationen im der Sowjetunion. Wie verlautet, beabſichtigt die Firma, der Sdwjetunion einen Kredit in Höhe von ſechs Millionen ark einzuräumen. Die Juſtände im polniſchen Heer In der letzten Sitzung des polniſchen Sejm kritiſterte der deutſchſozialiſtiſche Abgeordnete Pankraz die Zuſtände im polniſchen Heer. Er wies darauf hin, daß Polen eine feſte Armee von 270000 Mann unterhalte, außerdem beſitze es eine luxuriöſe Kriegsflotte, die zehnmal mehr Admirale zähle als Polen Schiffseinheiten habe. für das Militär beſtimmten Geldes werde unterſchlagen, im vergangenen Jahre über 150 Millionen Zloty. Der Redner verürteilte dann die ſchlechte Ernährung der Sol⸗ daten. Die Penſionen der Offiziere habe man erhöht, aber die Soldaten erhielten nach wie vor acht Groſchen(vier Pfennige) im Tag. Die Klagen über Mißhandlungen der Sol⸗ daten hätten ungeheuer zugenommen. Für Ermordung von Ziviliſten ſeien Soldaten mit einem Jahr Gefängnis, wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt worden. Ein polniſch⸗ſozialiſtiſcher Abgeordneter hob hervor, daß Polen ein Drittel ſeines Haushaltes für die Armee ausgebe. Auch Stalin ſchwer erkrankt Berlin, 5. Febr.(Von unſerem Berliner Büro.) Dem Berliner Organ der ruſſiſchen Sozialdemokraten wird, wie wir dem„Vorwärts“ entnehmen, aus Moskau gemeldet, daß Stalin, der gegenwärtige Diktator Sowfetrußlands ernſt⸗ lich erkrankt ſei. Er leide ſeit längerer Zeit an einem ſchwe⸗ ren Magengeſchwür und an Malaria, hätte aber bisher ſeine Erkrankung ſorgſam ſelbſt vor den intimſten Freunden ge⸗ heimgehalten. In der letzten Zeit hätte die Krankheit ſich aber noch verſchlimmert, ſo daß ſie ſich nicht mehr verheim⸗ lichen ließ. Auch von dem engeren Kreis ſeiner Genoſſen wird die Krankheit Stalins wie ein Staatsgeheimnis be⸗ handelt, von dem die ruſſiſche Oeffentlichkeit nichts erfahren dürfte. Nicht einmal alle Mitglieder des 80köpfigen Zentral⸗ vorſtandes der kommuniſtiſchen Partei ſeien davon unter⸗ richtet. Angeſichts der geſpannten inneren Lage der kommu⸗ Partei meſſe man der Erkrankung ernſte Bedeu⸗ tung bei.* wurde mit 235 gegen 174 Stimmen, bei 18 Stimmenthaltungen Ein großer Teil des Rütlblick und Vorſchan Die Woche der Wendungen— Das neue Reichskabinett— Das Ende der Militärkontrolle— Kritiſche Entwicklung in China Japan im Hintergrund. So vorſichtig man ſonſt in der Politik mit dem Setzen von Markſteinen und der Markierung von Wendepunkten ſein muß, der erſten Februarwoche des Jahres 1927 wird man das Charakteriſtikum nicht abſtreiten können, daß es in ihr ein bemerkenswertes Zuſammentreffen von dreti Ab⸗ ſchlüſſen gab, deren Entwicklungsreihen einen längeren oder kürzeren Zeitraum beanſprucht haben. Der nunmehr ge⸗ glückte Verſuch einer Mehrheitsbildung auf längere Sicht in der deutſchen Innenpolitik iſt nicht unter die üblichen qualvol⸗ len Regierungsexperimente der letzten Jahre einzureihen. Diesmal geht es um mehr. Das Nachrevolutionspendel, das zu⸗ erſt weit nach der Linken ausſchlug, fiel im Laufe der letzten drei Jahre langſam aber ſtändig nach der Mitte zu zurück. Ein zeitweiliger Beharrungszuſtand wurde bald überwunden und nunmehr erleben wir den Rechtsausſchlag. Nach den Geſetzen der Logik und der Mechanik wird auch dieſem Pendelſchlag ein⸗ mal eine rückläufige Bewegung folgen, hoffentlich gelingt es dann, es wenigſtens in der Mitte aufzuhalten. Vorläufig aber müſſen wir dem Geſetze folgen, das wir nunmehr ange⸗ treten haben. Die ironiſchen und auch ſchmähſüchtigen Kritiken der alten und neuen Opoſition vermögen vorerſt keine Re⸗ viſion dieſes Geſetzes zu erzwingen, weder an den Perſonen, noch an den Dingen. Dies gilt namentlich für Herrn Dr. Marx, der in der Preſſe der Linken ſein Geſicht perloren hat. Wie ſehr ſie ihm damit unrecht tut, zeigt der köſtliche Hinweis auf den heiligen Auguſtinus, den Schiffer in der neueſten Nummer von„Wille und Wege“ zur rechten Zeit zitiert, daß es nämlich„für den wahren Chriſten nicht verſchlägt, unter wel“er Herrſchaft er lebt, nicht einmal, o, er der Regierung des Reiches oder der eines fremden Volkes gehorcht, voraus. geſetzt, daß der Stagt ihn zu keiner Ungerechtigkeitl oder Gottloſigkeit zwingt.“ Da derartige Seelenbedrängniſſe unter einer Regierung, der der oberſte Zentrumsführer ſeinen Na⸗ men leiht, von vornherein ausgeſchloſſen ſind, geſtattet dieſe ſich ſelbſt bewilligte Toleranz dem Zentrum die von ihm ſo erfolgreich geübte Politik der unbegrenzten Möglichkeiten, die ſelbſt einen Bismarck zu der widerwilligen Anerkennung veran⸗ laßte, daß nur im Zentrum wirkliche Politiker ſeien. Wie be⸗ rechtigt dieſe Charakteriſierung auch noch heute iſt, beweiſt der Rückzug der deutſchnationalen Adepten, den ſie nach der Rede des Herrn von Guerard zwangsweiſe antreten mußten. Aber das alles ſind nur parlamentariſche Kleinigkeiten des Tages, die die große Bedeutung des politiſchen Geſchehens nicht mehr umzubiegen vermögen. Die Wendung, von der oben geſprochen wurde, beſteht darin, daß der Konſolidie⸗ rungsprozeß, der durch die Wahl Hindenburgs eingeleitet wurde, nunmehr auch die parlamentariſche Regierung erfaßt hat und ſich hoffentlich in ihrer Politik auswirken wird. Der gewinnende Teil iſt dabei abermals die Republik, der verlierende der Monarchismus. Denn wie die Wahl Hinden⸗ burgs bei ungezählten Hunderttauſenden, die bis dahin ab⸗ ſeits ſtanden, die Verſöhnung mit dem neuen Staate herbei⸗ führte, ſo wird die Verwandlung der bisherigen nationalen Oppo⸗ ſition in aktive Regierungspolitiker nunmehr auch jene an den Staat heranbringen, die ihm bisher entgegen gearbeitet haben. Die Heranziehung der Deutſchnationalen an den Staat und damit zur Staatsbejahung und ihr Bekenntnis zur Fortführung der bisherigen Außenpolitik im Sinne der gegenſeitigen Verſtän⸗ dgung, ſt unter allen Umſtänden eine Feſtigung des Reiches, alſo auch der Republik, und eine Verſtärkung der außen⸗ politiſchen Stellung Deutſchlands. Umſo ſinnloſer erſcheint daher das Frohlocken der Linken über das kaudiniſche Joch, durch das man die Deutſchnationalen hindurch gezwungen habe. Die Geſchichte lehrt, daß niemand, der einem anderen eine Demütigung bereitete, vor dem gleichen Schickſal bewahrt geblieben iſt. Die„aktiven“,„entſchiedenen“,„aufrechten“ und „leidenſchaftlichen“ Republikaner— über die Unterſchiede dieſer republikaniſchen Hierarchie ſind wir uns nicht im Klaren— ſchädigen alſo ihr vergöttertes Idol ſelbſt durch das Zetergeſchrei über angebliche Gefahren. Deutſchlands größte Gefahr bildet der Hader der Parteien. Gelingt es der neuen Regierung, ihn wenigſtens auf die Dauer des natür⸗ lichen Ablaufs dieſes Reichstages, alſo bis zum Herbſt 1928, auszuſchalten und dafür ſachliche Aufbauarbeit zu leiſten, ſo gebührt ihr ſchon um deswegen allein tatkräftige Unter⸗ ſtützung. Liegt die Bedeutung der Wendung im Innern ausſchließ⸗ lich in der Zukunft, ſo ſchließt die andere grundlegende Wen⸗ dung der Außenpolitik, die Beendigung der Militär⸗ Eo ntrolle, eine Phaſe der Vergangenheit ab, deren Einzel⸗ ſtadien in jedem Fall ſchmerzliches Rückerinnern wecken. Zwar hatte die Genfer Ratstagung im vorigen Dezember das Ende dieſer uns beſonders peinigenden und quälenden Kontrolle auf den 31. Jauuar feſtgeſetzt. Dennoch häuften ſich in den Abſchlußverhandlungen die Schwierigkeiten derart, daß man zeitweilig ernſtlich zweifeln konnte, ob es wirklich gelingen würde, das rettende Kompromiß zu finden. Aber wie im bürgerlichen Leben ein magerer Vergleich immer beſſer iſt als ein ſetter Prozeß, ſo war es auth hier ratſamer, durch allmähliche Annäherung der gegenſeitigen Vorſchläge einen Ausgleich zu erreichen, als es auf eine Auslegung des Arti⸗ kels 18) des Verſailler Vertrages durch den Völkerbundsrat ankommen zu laſſen. Denn bei der Zweideutigkeit, die dieſer Artikel mit manchen anderen des Verſailler Vertrages teilt, wäre die Entſcheidung ungewiß geweſen, ſelbſt wenn ſich der Völkerbundsrat auf das Haager Schiedsgericht geſtützt hätte. Die Frage der Entſchädigung der Auslandsdeutſchen beweiſt, daß man auch bei der Anrufung eines anerkannt neutralen Schiedsgerichtes ſehr unangenehme Enttäuſchungen erleben kann. Um die Aufrechterhaltung der deutſchen Oſtfeſtun⸗ gen in verteidigungsfähigem Zuſtande iſt bis zum letzten Augenblick gerungen worden. Auch hier haben wir noch ein⸗ mal nachgeben müſſen. Die Geſamtregelung iſt aber ſo aus⸗ gefallen, daß nach der Verſicherung militäriſcher Sachverſtan⸗ diger der Verteidigungszuſtand Oſtpreußens geſichert iſt, ſo weit es überhaupt im Rahmen des Verſailler Vertrages mög⸗ lich iſt. Mit dem Abſchluß der Pariſer Verhandlungen ſind wir am Ende einer bitteren Periode angelangt. Mit Entwaff⸗ nungsforderungen iſt es nun gottlab vorbef. Wir laſſen die * 2. Seite. Nr. 60 Neue Mannheimer Zeitung(Abend⸗Ausgabe) Samstag, den 5. Februar 1027 Kontrollkommiſſion mit dem Gefühl der Genugtuung ziehen, daß ahermals eine demütigende Feſſel der deutſchen Sou⸗ veränität beſeitigt worden iſt. Mögen andere bald folgen vor allem die wichtigſte und brennendſte, die Rüumung der Rheinlände! Die leidenſchaftliche Exregung, die ſich in Deutſchland gegen jegliche internationale Kontrolle, Bevormundung und Be⸗ ſatzung bemerkbar macht, findet eine intereſſante Pa⸗ rallele in der nattonalen Bewegung Chinas gegen die fremden Mächte. In dem Manifeſt Tſchens, des Außenminiſters der Kantonregterung, findet ſich wörtlich fol⸗ gender Paſſus:„Die Frage iſt nicht, was England und andere Mächte China etwa bewilligen wollen, ſondern was das natio⸗ nale China bereit iſt, England und anderen Mächten gerechter⸗ weiſe zu gewähren. Das Regime der internationalen Kontrolle teilt jetzt unweigerlich das Schickſal aller ge⸗ ſchichtlichen Syſteme politiſcher Unterwerfung.“ Das ſind Worte und Gedanken, die uns nicht fern liegen. Das Merk⸗ würdige, aber auch Bedeutſame liegt vielmehr in dem Echo, daß dieſe Worte Tſchens gefunden haben. Wir kennen die fran⸗ zöſiſche, aber auch die engliſche Preſſe in ihrer Reaktion auf Worte des Freimuts, wenn ſie aus Deutſchland kommen. Die⸗ ſelben Ententeſtaaten aber, die am Rhein immer noch den ſtar⸗ ken Mann markieren, knicken zuſammen und machen Kotau, wenn in China ein nationaler Spruchſprecher gegen die inter⸗ nationale Kontrolle aufbegehrt und in ſelbſtbewußter und ſelbſtſicherer Sprache ſich aus dem bisher Bittenden in den nunmehr großmütig Gewährenden verwandelt. Das bedeutet nichts anderes— und das iſt die Wendung der Dinge im ſernen Oſten— daß England aus der bisherigen aktiven Oſtaſienpolitik in die Defenſive gedrängt worden iſt. Damit beginnt aber auch die an ſich ſchon nicht ungefährdete Lage der engliſchen Politik kritiſch zu werden. Soll es weiter werhandeln oder die mit ſo großem Anplomb angeleitete mili⸗ täriſche Aktion ganz durchführen? Dieſe Frage bewegt die zngliſche öffentliche Meinung ſehr ſtark. Die Arbeiterpartei hat eine Entſchließung gefaßt, in der ſie ſich gegen jede mili⸗ täriſche Vergewaltigung Chinas ausſpricht. Von dieſer Ent⸗ ſchließung hat man auch der Kantonregierung Kenntnis ge⸗ gehen. Es iſt nicht minder ezeichnend, daß der liberal an⸗ gehauchte„Daily Expreß“ in einem Leitartikel behauptet, der Mann auf der Straße habe den Verdacht, daß hinter den Kulis⸗ jet etwas vorgehe. Die Regierung ſage, ſie wolle nur Leben umo Eigentum der Engländer ſchützen, aber man werde den Argwohn nicht los, daß das Volk, das die Regierung bezahle, in irgend ein Abenteuer geſtürzt werden ſolle. Der Widerſtand gegen eine aggreſſivee engliſche Militärpolitik im fernen Oſten iſt alſo ſchon im eigenen Lande nicht unerheblich. Noch in⸗ tereſſanter iſt es aber, daß ſich auch in Indien die Par⸗ teien zuregen beginnen. In Kalkutta und Bombay ſpricht ſich die Preſſe der Eingeborenen ſehr energiſch gegen den Ver⸗ ſuch aus, indiſche Streitkräfte auf chineſiſchem Boden im In⸗ texeſſe Englands zu verwenden. In Volksverſammlungen iſt verlangt worden, daß vor der Verſendung indiſcher Truppen nach China erſt das Parlament gefragt werden müſſe. Als die indiſchen Parteien verſuchten, die Sache dort zur Sprache zu bringen, wurde die Erörterung von der Regierung, d. h. von dem engliſchen Vizekönig, verboten. In China ſelbſt ſteht aber nicht nur die Kantonregierung gegen England. Es ſcheint, daß das engliſche Kabinett auf die Uneinigkeit zwiſchen dem chineſi⸗ ſchen Norden und Süden große Häuſer baut. Eine ſolche Spe⸗ kulation dürfte ſich aber als falſch erweiſen, denn der Sohn Tſchangſolins hat erklärt, wenn England gegen den Süden vorgehe, ſo werde es den Norden an der Spitze der Kanton⸗ regierung finden. England hat auch unter den Mächten keine Bundesg enoſſen. Die Vereinigten Staaten, für die Stagatsſekretär Kellogg ſehr vernehmbar das Wort ergriffen hat, treten für die volle Wiederherſtellung der chineſiſchen Staatshoheit ein. Die amerikaniſche Preſſe erklärt die chine⸗ ſiſche Freiheitsbewegung, auch wenn ſie allerlei Ausſchreitun⸗ gen gegen Ausländer zur Folge habe, doch im Grunde genom⸗ bten für durchaus gerechtfertigt. Japan rührt natürlich keinen Finger für England und Frankreich und Belgien erweiſen ſich als völlig unzugänglich. Englands„splendid isolation“ beginnt, ſich gegen ſichſelbſt zu kehren! Noch in einem anderen Punkte werfen die Kundgebungen Tſcheus ein Scheinwerferlicht auf die Kriſe. Tſchen hat ſich, mie berichtet, nicht geſcheut, ſich unmittelbar an die engliſche Arbeiterpartei mit dem Erſuchen zu wenden, bei„der Kontrolle der abenteuerlichen Elemente in der heutigen britiſchen Rezierung mitzuhelfen.“ Dieſes Verfahren verrät, ſo ungewöhnlich wie es erſcheint. deutlich Moskauer Fadenführ un g. Der engliſch⸗ruſſiſche Zuſammenprall im fernen Oſten, auf den an dieſer Stelle ſchon ſeit Monaten ab⸗ geboben wird, ſcheint nunmehr auch auf Europa ſelbſt hinüber⸗ zuſpielen. Die leidenſchaftlichen Forderungen der engliſchen konſervativen Preſſe, die Beziehungen zu Rußland abzu brechen, und die„fremden Banditen“ als die man die ruſſiſchen Handelsagenten in England bezeichnet, aus dem Lande zu jagen, zeigen deutlich genug. bis zu welchem Grade die Erregung in England bereits geſtiegen iſt. Die engliſche Regierung hat, und das iſt das ebenſo Merkwürdige wie Er⸗ ſtaunliche, weil es ungewohnt iſt, pſychologiſche Fehler nach außen und innen begangen, von denen man noch nicht überſieht, wie ſie wieder ausgeglichen werden können. Selbſt bei vorſich⸗ tigſter Beurteilung wird man aber wohl ſagen können, daß das Finale der gewaltigen Schickſalstragödie in Aſien jetzt ſeinen Anfang nimmt. Wird es mit der Vernichtung des eng⸗ liſchen Preſtiges oder vielleicht mit noch etwas Schlimmeren enden? Warum hüllt ſich Tokio fort⸗ geſetzt in Schweigen? Wird vielleicht die Antwort erſt an dem Tage erfolgen, an dem Nippons Sonnenbanner auch auf dem aſtatiſchen Feſtland an die Stangen gebunden wird? 1923 rief der damalige amerikaniſche Geſandte in Peking, der jetzige Berliner Botſchafter Schurman den Engländern die Mah⸗ nung zu:„Hands of Chine!“ Die Wahrſcheinlichkeit ſpricht da⸗ für, daß die„Preußen Oſtaſiens“, die Japaner, als das prädi⸗ ſtinierte Führervolk des Oſtens, einſtallen fremden Mächten gegenüber die Warnungstafel errichten werden:„Hände weg von China!“ Kurt Fischer Beſoloͤungsſorderungen der Veamten Nachdem der Haushaltsausſchuß bekanntgegeben hat, daß die von den Beamten angeſtrebte Beſoldungsreform von 1928 kaum Tatſache werden könne, wünſcht man in der Be⸗ amtenſchaft eine Zwiſchenregelung. Es iſt vorge⸗ ſchlagen worden, daß die zu Weihnachten vorigen Jahres von der Regierung gewährte Zahlung den Beamten weiterge⸗ leiſtet werden ſoll und zwar ſo, daß die einmalige Aus⸗ zahlung im Dezember 1926 als Abgeltung für einen Zeit⸗ raum von etwa 4 Monaten gilt. Ein entſprechender An⸗ trag iſt dem Haushaltsausſchuß des Reichstages zwar zuge⸗ gangen, mußte jedoch dort vorläufig noch zurückgeſtellt werden, da andere Fragen zu erledigen waren und da in der Zeit zwiſchen den beiden Regierungen ſich auch keine Gele⸗ genheit ergab, die Anſicht des Finanzminiſters feſtzuſtellen. Weiter wünſchen die Beamten eine baldige Regelung des Wohnungsgeldzuſchuſſes. Sie weiſen darauf hin, daß die letzte Regelung dieſer Gebühren im April vorigen Jahresſtattgefunden habe und daß ſeitdem die Verhältniſſe ſich ſtark verändert hätten. So habe ſich in einigen Ländern aber auch in einigen Kommunen, die Gewohnheit heraus⸗ gebildet, zu den von der Regierung genehmigten Mietſätzen Sonderzuſchläge zu erheben, ſodaß in manchen Gemeinden die Wohnungsmiete 112—115 Prozent gemeſſen am Stande der Vorkriegsmiete betrage. Fernerhin befänden ſich die Be⸗ amten in großer Notlage, die gezwungen ſeien, in Neubau⸗ wohnungen zu wohnen, in denen bekanntlich die Mieten le⸗ diglich der freien Vereinbarung zwiſchen Hauswirt und Mieter unterliegen. Hier müſſe ſeitens der Regierung bal⸗ digſt abgeholfen werden, um den Beamten die Aufbringung der Miete zu ermöglichen. Kleine politiſche Mitteilungen * Erweiterung der Rohſtahlgemeinſchaft. In einer Sitzung des Verwaltungsausſchuſſes der Internationalen Rohſtahl⸗ gemeinſchaft in Luxemburg wurde der Anſchluß der tſchechoſlowakiſchen, öſterreichiſchen und unga⸗ riſchen Werke endgültig gebilligt. Nach Erör⸗ terung der Weltmarktlage wurde in Ausſicht genommen, unter engerem Zuſammenſchluß der Rohſtahlgemeinſchaft eine wei⸗ tere Produktionseinſchränkung entſprechend der Aufnahmefähigkeit des Weltmarktes vorzunehmen. * Deutſch⸗iſchechiſche Grenzverhandlungen. Dieſer Tage ſind in Berlin die deutſch⸗tſchechiſchen Verhandlungen wieder aufgenommen worden, die im vergangenen Jahre in Prag ütber den Abſchluß eines Abkommens zur Regelung der ſa am Hultſchinerländchen eingeleitet worden ind. * Der Trauſitverkehr durch den Korridor. In Warſchau iſt eine deutſche Abordnung zu Verhandlungen über Fragen des Tranſitverkehrs zwiſchen dem Reiche und Oſtpreußen ein⸗ getroffen. Den Gegenſtand der Verhandlungen bilden in der Hauptſache Erleichterungen im Korridorverkehr. * Evangeliſche Kirche und Völkerbund. Auf Anregung der deutſchen Liga für den Völkerbund haben ſich eine Reihe führender Perſönlichkeiten der evangeliſchen Kirche bereit er⸗ klärt, einen beſonders der Liga angegliederten Ausſchuß zu bilden, der die Geſichtspunkte der evangeliſchen Kirche in allen Angelegenheiten des Völkerbundes vertreten ſoll. Der Aus⸗ ſchuß ſetzte ſich unter dem Vorſitz von Generalſuperintendant Dibelius zuſammen. * Der Reiſeverkehr zwiſchen Frankreich und Der franzöſiſche Botſchafter teilte geſtern dem Foreign Office mit, die franzöſiſche Regierung habe auf ihre Abſicht verzichtet, den Viſumzwang für den Verkehr zwiſchen Frankreich und Eng⸗ land wieder einzuführen. Es ſoll beim bisherigen Status, der vom Jahre 1921 herrührt, belaſſen werden. — , e: Boltspattel — Am Sonntag, den 6. Februar, nachmittags 2% Uhr, findet im Nebenzimmer des Reſtaurant„Weinberg“, D 5, 4, eine Wahlkreiskonferenz ſtatt, wozu ſämtliche Vertrauensleute eingeladen ſind. Tagesordnung: 1. Die politiſche Lage im Reich und in Baden. Referent: Hauptſchriftleiter Kurt Fiſcher. 2. Organiſation des Wahlkreiſes. 3. Neuwahl des Wahlkreisvorſtandes. 4. Verſchiedenes. Der Wahlkreisvorſtaud. Letzte Meldungen 20 Grippeopfer in Köln — Köln, 5. Febr. In der Woche vom 23.—29. Janugt ſind nach dem Ausweis des Statiſtiſchen Amtes der Stadt Köln in Köln 20 Perſonen an Grippe geſtorben. Weitere Enthüllungen im Regieſchieberprozeß In der Freitags⸗Verhandlung im großen Düſſeldorfer Regieſchieberprozeß bekundete ein deutſcher Kriminalbeamter, der Hauptangeklagte Koch habe rieſige Mengen von Halb⸗ erzeugniſſen, die auf dem Bahnhof Derendorf lagerten, in Wa⸗ gen verladen und einen Zug von anſehnlicher Länge zuſam⸗ menſtellen laſſen. Mit dieſem Zuge ſei auf Anweiſung Kochs ein polniſcher Dolmetſcher nach Brüſſel gefahren, um dort die ganze Ladung zu verkaufen. Der Dolmetſcher Sch ä fer er⸗ klärte, er habe die Franzoſen auf die Diebſtähle aufmerkſam gemacht. Es ſei aber nichts unternommen worden. Der Chef der franzöſiſchen Gendarmerie, Hauptmann Berenger, habe ſelbſt mit den Schiebern unter einer Decke geſtanden. Schäfer legte im einzelnen dar, wie der Bahnhofskommandant Giraud, nur von einem Dolmetſcher begleitet, mit einer Lokomotive von Derendorf nach Gerresheim gefahren und nach kurzer Zeit mit dreizehn beladenen Wagen im Schlepptau wie⸗ der erſchienen ſei. Dieſe Wagen ſeien dem Gewahrſam der franzöſiſchen Zollbehörde entnommen worden. Dr. Rouſſet habe die Ladung aufgekauft. Der Zug ſei dann mit größter Schnelligkeit über die franzöſiſche Grenze geſchoben worden. Für ihre Hilfe bei der unehrlichen Arbeit ihres Vorgeſetzten hätten die Regieangeſtellten Trinkgelder von 100 Gulden und 800 Franken erhalten. Schacht über Währungs⸗ und Kreditpolitik — Berlin, 5. Febr. Anläßlich des dritten Giroverbands⸗ tages des Genoſſenſchaftlichen Giroverbandes der Dresdner Bank, der heute bei einer ſtarken Beteiligung im ehemaligen Herrenhauſe ſtattfand, ſprach Reichsbankpräſident Dr. Schacht und wies darauf hin, daß die jetzige Geldflüſſigkeit nicht von ewiger Dauer ſein werde. Die Perſonalkreditgewährung der öffentlichen Kaſſen müſſe eingedämmt werden. Das Reichs⸗ bankdirektorium begrüße die genoſſenſchaftlichen Beſtre⸗ bungen, da ſie eine gute Art von Demokratie darſtellten. Eröffnung einer deutſchen Schule in Litauen — Kowno, 5. Febr. In Luki im Kreiſe Wilkowiſchki iſt eine deutſche Schule eingeweiht worden. In Luki hatte eine deut⸗ ſche Schule bereits 70 Jahre lang beſtanden, ſie war aber vor zwei Jahren in eine litauiſche umgewandelt worden, ſo⸗ daß die deutſchen Kinder ohne Schule waren. Bis jetzt haben ſich 42 Kinder für die deutſche Schule gemeldet, doch wird mit Sicherheit mit 90 Kindern gerechnet. Blutige Zuſammenſtöße in Polniſch⸗Weißrußland — Warſchau, 5. Februar. In Koſſow in Polniſch⸗Weiß⸗ rußland kam es vorgeſtern anläßlich des Wochenmarktes zu blutigen Zuſammenſtößen zwiſchen der Polizei und zwei Agi⸗ tatoren, die Anſprachen an die ungefähr 1500 verſammelten Bauern hielten. Als die Polizei verſuchte, die Menge zu zer⸗ ſtreuen und die Redner feſtzunehmen, gingen die Bauern tätlich gegen die Poliziſten vor, die von der Waffe Gebrauch machen mußten und dabei fünf Perſonen töteten und ſechs ſchwer verletzten. 1000 Pfund Sterling geſtohlen — London, 5. Febr. Im Zuge zwiſchen Cardiff und Lon⸗ don wurde auf bisher noch unaufgeklärte Weiſe ein Wertbrief im Betrage von 1000 Pfund Sterling entwendet. Die Cheſcheidung In dem Tohuwabohu der letzten Wochen— eines von den pielen Beiſpielen, wie niederziehend unſer heutiger Kriſen⸗ hetrieb auf die 928 Geiſtigkeit wirkt— iſt ſchier unbemerkt die ausgezeichnete Rede verhallt, die im Rechtsausſchuß des Reichstages der volksparteiliche Abgeordnete Kahl über die Reform des Eherechtes gehalten hat. Das iſt lebhaft zu be⸗ dauern. Denn dieſe Rede war eine Tat. Ein Patriarch an der Grenze der Achtzig, dem ſelber das hohe Glück einer har⸗ moniſchen Ehe beſchieden war, ein religiös geſtimmter Mann, hat den Mut gehabt auszuſprechen, was keinem ernſthaften und unvoreingenommenen Beobachter unſerer Geſellſchaft fremd blieb: daß, was die Scheidungsmöglichkeiten zerrüttteter und verfehlter Chen angeht, eine ſchmerzliche Lücke zwiſchen Recht und Wirklichkeit klafft. Daß die Beſtimmungen des Bürgerlichen Geſetzbuches, ſchon da man ſie formulierte das Ergebnis eines müden Kompromiſſes, für das Leben der Heutigen nicht ausreichen. Im Grunde ſind dieſe Beſtimmungen von einer erſchütternden Primitivität. Immer noch gilt als Norm, daß eine** erſt ſcheidungsreif wird, wenn ein juriſtiſches Verſchulden des einen Teils feſt⸗ geſtellt iſt: alſo im Fall des Ehebruchs, der ſogenannten bös⸗ willigen Verlaſſung, der groben Mißhandlung und— auch hier ſchon nicht mehr ohne Spielraum für das richterliche Er⸗ meſſen— der gröblichen Beſchimpfung. Was ſich in dieſen ſtarren Sätzen nicht unterbringen läßt, das ganze weite Ge⸗ bietſeeliſcher Veräſtelungen, iſt für den Geſetzgeber und ſomit leider vielfach auch für den Richter ſchlechthin nicht vorhanden. Das mochte zur Not genügen für die breite Maſſe, zumal der ländlichen und kleinſtädtiſchen Bevölkerung, wo man auch ſonſt nach einem etwas primitiven Katechismus lebt. Für kompliziertere Verhältniſſe und kompliziertere Naturen wurden die Paragraphen des Bürgerlichen Geſetzbuchs immer wieder zu einer Quelle neuen Unheils. Man hat ſich geholfen, wie man allemal ſich zu helfen ſucht, wenn Geſetze dem tatſäch⸗ lichen Zuſtand der Dinge nicht entſprechen: indem man ſie umging. Man hat Ehebrüche fingiert und böswillige Verlaſ⸗ ſungen. Aber das war doch nur möglich, wenn beide Teile einig waren in dem Wunſch, ein ſinnlos gewordenes Band zu zerreißen. Schlimmer lags, wenn man, bei Nichteinwilligung eines der Gatten, Ehebrüche künſtlich herbeizuführen unter⸗ nahm und mit Detektiven und Verführungskünſten zu arbei⸗ ten begann. Dann geſellten ſich zu dem durch die Not erzwun⸗ genen Täuſchungsmanöver leicht Betrug und Meineid und was vor der Zivilkammer anhob, endete unter Umſtänden in düſterer dem Hi beſeze⸗ Alle dieſe Schritte koſte⸗ ten Geld und waren, bei Licht beſehen, eine Angelegengeit der mehr oder weniger wohlſttuierten Leute. Die erſte Inſtanz hatte, wie häufig, die Neigung, die Dinge übers Knie zu brechen und ausſchließlich nach dem ſtrikten Wortlaut des Ge⸗ ſetzes zu entſcheiden. Die Obergerichte, aus der Fülle ihrer Erfahrungen und Menſchenkenntnis heraus, urteilten zumeiſt mit Weisheit und reifem Wirklichkeitsſinn. Sie fanden denn auch wohl, ſelbſt wenn grobe Sünden fehlten, die Merkmale völliger Zerrüttung, die keinem der beiden Gatten die Fort⸗ ſetzung der Ehe zumuten ließen. Aber nicht alle hatten die Mittel, hatten auch die ſeeliſche Spannkraft(wer ermeſſen will, welch teuflicher Niedertracht der Menſch fähig iſt, muß Schei⸗ dungsakten ſtudieren), zum Oberlandesgericht oder gar noch zum Reichsgericht zu gehen. Und haben eine Ehe, die längſt keine mehr war, durch ein verpfuſchtes Daſein weiterge⸗ ſchleppt. Krieg und Nachkrieg haben dann, wie ſie überhaupt unſer ganzes geiſtiges Sein aufwühlten und in Frage ſtellten, was durch Generationen für unverrückbar gegolten hatte, die Zerrüttungsmomente gehäuft. Kahl hat mit einer Lebens⸗ nähe, die bei dem Achtunſiebzigtährigen erſtaunlich wirkt, das alles aufgezeigt: Von der typiſchen übereilten Eheſchließung in Krieg und Inflation bis zu den durchaus tragiſch gelagerten Fällen, wo pfychopathiſche Zwiſchenzuſtände, wo der Gegen⸗ ſatz religiöſer, ſelbſt der politiſchen Empfindens zwiſchen den Aneinandergeketteten Klüfte aufriß, über die ſchließlich keine Brücke mehr hinwegführte. Es iſt eine Forderung des Menſchentums und der Menſch⸗ lichkeit, die bisherige Starrheit des jus ſtrictum hier löſen zu helfen. Die Ehe kann höchſtes Glück der Erdenkinder bedeuten. Sie kann aber auch, wenn man zuſammenzwingt, die mit allen Kräften des Leibes und der Seele auseinanderſtreben, zur wahren Höllenpein werden. Dann iſt ſie nicht mehr Funda⸗ ment der bürgerlichen und ſittlichen Ordnung, iſt nur noch der vom Fluch getroffene Schoß, der fortzeugend Böſes(lund Bos⸗ eiten) gebärt. Eine maßvolle Reform, wie ſie in ihren Grundzügen der greiſe Kahl im Rechtsausſchuß aufgezeigt hat, iſt geradezu ein Poſtulat der Sittlichkeit. Noch ſträu⸗ ben ſich zwar Zentrum und Deutſchnationale gegen jeden Ge⸗ danken einer Aenderung. Doch Dinge, die ſind, ſchafft man nicht aus der Welt, indem man vor ihnen die Augen ver⸗ ont. Es geht nicht darum den habituellen Libertins, denen die Ehe eine Sache des Trieblebens iſt, den Abſprung in die nächſte zu erleichtern. Die wiſſen, wie die Erfahrung lehrt, noch allemal für ihr Veränderungsbedürfnis den Weg zu fin⸗ den. Es geht um die andern, die ernſthaft Ringenden, denen eine gebrochene Ehe auch das Herz zerbricht. Und überhaupt wie Kahl das ſehr fein umſchrieben hat, um die Geſun⸗ dung und Heiligkeit der Ehe. Der hat mit ſeiner Altersweisheit Breſche gelegt. In dieſe Breſche werden wir zu troten haben. R. B. Der Schlips ſitzt ſchief Von Julius Kreis Welch glücklicher Zufall!— Die Schöne, der Müller gans flüchtig einmal durch Schmid, Lehmann oder Krüger Fe wurde, kommt über den Weg.— Welch glücklicher Zufall Müller attachiert ſich. Und merkt, daß ſein linker Strumpfhalter ſich löſt.— Schlamperei!— Da iſt nun die Beſcherung!— Müller, der ſonſt ſo Witzige, Charmante, Launige, dem die Frauen über ein herzliches Lachen ſchon halben Weges gewonnen ſind, iſt unkonzentriert, ſchwätzt unſicher— immer vom rutſchenden Strumpf befangen— dummes langweiliges Zeug, Primaner⸗ unſinn, ſein Plaudern wird gequält, ſtockt—— Die Schöne verabſchiedet ſich ſchnell und mokiert ſich dabet noch ein bißchen über die unbeholfene, holperige Art, wie ſich 05 68 da gibt. Ein Stieſel!l— Verdammter Strumpf⸗ halter Maier ſtellt ſich dem Direktor vor.— Maier, gewandter junger Mann von ſicherem, ruhigen, beſtimmten Auftreten. In dem Augenblick, da er in das Zimmer tritt, merkt er: Mein Schlips ſitzt quer!—— Der Direktor bedauert. Er hat von dieſem zerſtreuten, fah⸗ rigen, nervöſen Maier keinen guten Eindruck. Der Menſch brachte ſein Anliegen vor wie Kraut und Rüben.— Daß der Schlips ſchief ſaß— vielleicht hat es der Direktor gar nicht be⸗ merkt. Aber Maiern hat der verdammte Schlips um die Hal⸗ tung gebracht. Der Doktor Schulz ſpricht beim literariſchen Tee bei der Geheimrätin über Goethe und die Frau von Stein.— Man kennt den Doktor Schulz. Ein geiſtvoller intereſſanter Mann, und die feſſelnde Art ſeines Vortrages— leicht, ſicher und da⸗ unſchulmeiſterlich. Das macht ihm ſo leicht keiner nach. Da mitten im Vortrag bemerkt der Doktor auf ſeiner Hemdͤbruſt einen Fleck von dem verdammten Mayonnaiſebröt⸗ chen.— Aus!— Die Gäſte wundern ſich, wie mit einem Male die Rede des Doktors ſchwächer wird, wie er ſich verhaſpolt und verheddert und unſicher dieſe Frau von Stein unter Dach und Fach bringt. „Ich glaube“, ſagt die Sanitätsrätin, die gern ein bißchen pſycho⸗annalyſiert und nebenbei auch eine peinliche Hausfrau iſt.„Ich glaube der Fettfleck auf dem Vorhemd hat ihn kopf⸗ ſcheu gemacht. Er ſchielte wohl ein Dutzendmal darauf hin.“ Man ſollte zum Tee überhaupt keine Mayonnaiſe geben! Nor dieſe Geheimrätin“ t: + ˙ UQA2S ·˙ w—— Samstag, den B. Febrnar 1927 Neue Maunheimer Zeitung(Abeud⸗Ausgabe) 3. Seite. Nr. 60 Mannheim am Wotchenende Aus der Welt der Mannheimer Stubenvögel— Kanarienzucht: ein unrentabler Liebhaberſport— Singen nach Punkten bei Wellſtrelten Maſſenausfuhr von deutſchen Kanarienvögeln nach Amerika— Der Wellenſittich als Sprechkün,ler Gedenket der hungernden Vögell Wenn Eis und Schuee die Fluren bedecken, iſt dieſer Mahnruf ganz beſonders ange⸗ bracht. In dieſem Winter, der ja keiner iſt, darf man um das Schickſal unſerer gefiederten Sänger weniger beſorgt ſein. Aber trotzdem iſt es notwendig, daß die Nahrungsſuche durch die Verſorgung der Futterſtellen unterſtützt wird. Die hieſi⸗ gen Vereine, die ſich der Vogelzucht und ⸗pflege widmen, ſor⸗ gen deshalb auch diesmal dafür, daß die Muſikanten, die ſich in unſeren Parkanlagen aufhalten, nicht notleiden. Bei weitem beſſer als die gefiederten Sänger, die ſich ihr Futter uchen müſſen, haben es die Piepmatze, die ſich in treuer Hut es Menſchen befinden. In die Tierzählungen, die alljähr⸗ jährlich vorgenommen werden, ſind die Stubenvögel noch nicht eingeſchloſſen. Aber da die Stadtverwaltungen in der Suche nach neuen Einnahmequellen nicht nachlaſſen werden, iſt es nicht unmöglich, daß eines Tages auch der gefiederte zänger unter die Steuerſchraube gerät. Bei einer Beſtands⸗ aufnahme, die in dieſem Falle notwendig wäre, würde ſich herausſtellen, daß die Zahl der Stubenvögel in Mannheim ſehr bedeutend iſt iſt. Das Hauptkontingent ſtellt das gelbgefiederte Tierchen, das auf den Kanariſchen Inſeln beheimatet iſt. Der wilde Kanarienvogel vertritt dort die Stelle unſerer Spatzen, weil er keineswegs, wie allgemein angenommen wird, ſo kunſtvoll mehrere Touren, wie ſein zahmer Gevatter ſingt, ſondern ganz ungeſchult iſt. Es iſt mehr Gekrächze als Geſang. Lediglich durch Zucht und Vererbung haben ſich im Laufe von Jahrzehnten die Leiſtungen des zahmen Kanarienvogels zu der heutigen hohen Künſtlerſchaft entwickelt. Ein bekannter Mannheimer Kanarienzüchter weihte uns in die Kunſt ein, die Kapazitäten auf den Markt zu bringen. Die Preisrichter, die bei Kanarienzüchter⸗Sängerwettſtreiten die Bewertung nach Punkten vorzunehmen haben, unter⸗ ſcheiden zehn Touren, die aber von keinem Vogel, ſelbſt nicht von dem wertvollſten, erreicht werden. Er wird es im Höchſt⸗ falle auf—6 bringen. Um ſo zahlreicher ſind die Spezia⸗ liſten. Etwas ganz ſeltenes iſt das Waſſerrollen, eine Tour, die ſich anhört, wie das Fallen von Waſſertropfen in ein Glas. Unſer Gewährsmann, der einen derartigen Waſſerroller beſitzt, meinte, der Vogel iſt unverkäuflich; ich hehalte ihn zu Zuchtzwecken. Das Tierchen gehört zu einem Stamm, mit dem erſt kürzlich bei der hieſigen Kanarien⸗ ausſtellung mit 300 Punkten ein dritter Preis erzielt wurde. Etwa 500 Kanarienzüchter 55 es in Mannheim, eine erſtaunlich hohe Zahl. Die Züchter nd in der Hauptſache in den drei hieſigen Vereinen or⸗ aniſiert. Die wenigen Außenſeiter kommen nicht in Betracht. Die Zucht von Kanarien iſt zu einem ausgeſprochenen Lieb⸗ haberſport geworden, der viel Geduld, Zeit⸗ und Geldaufwand erfordert. Man ſoll ja nicht denken, daß er rentabel iſt. Alle Züchter ſetzen Geld zu, weil die Preiſe, die für junge Hähne erzielt werden, im Gegenſatz zur Vorkriegszeit in keinem Verhältnis zu den aufgewendeten Unkoſten ſtehen. Vor allem ſind die Sämereien, aus denen das Kanarienfutter zuſammen⸗ Relett wird, bedeutend teurer geworden. Außerdem müſſen ie Jungen gekochte Eier und Zwieback erhalten. Das Ei, das friſch ſein muß, wird hart gekocht, ganz fein gehackt und mit gemahlenem Zwieback vermiſcht. Die Alten nehmen dieſes Futter in den Schnabel, feuchten es mit Speichel an und ſtecken dieſen Brei dann in den Schnabel der Jungen. Die Zucht beginnt im März. Ein alter Aberglaube, der unter den Züchtern ſtark verbreitet iſt, beseichſet den Joſeggg tag(10. März) als einen ganz beſonderen Glückstag. Das Weibchen legt durchſchnittlich 4, allerhöchſtens—7 grünliche Eier, die es 12—13 Tage bebrütet. Schon in den erſten Tagen zeigt es ſich ob die Eier befruchtet ſind. Man kann dies un⸗ trüglich feſtſtellen, wenn man ſie gegen das Licht hält. Sind ſie durchſichtig, dann braucht man ſie nicht mehr ins Neſt zu⸗ rückzulegen. Die ausgeſchlüpften Jungen bedürfen ganz be⸗ ſonderer Pflege, wenn man ſie durchbringen will. Neben rich⸗ tiger Ernährung iſt große Reinlichkeit zu beobachten, da in un⸗ ſauberen Neſtern leicht Milben entſtehen, die ſich in die Haut einfreſſen und den Vögelchen das Blut ausſaugen. Es kommt vor, daß dadurch die ganze Brut zugrunde geht. Im Zimmer darf es auch nicht zu kalt ſein, weil die Jungen leicht erfrie⸗ ren, wenn die Alten zu wenig Obacht geben. Viel kommt es bei dem Brutgeſchäft und bei der Aufzucht der Jungen auch auf das Weibchen an. Nicht jedes iſt eine gute! 15 läßt ſich alljährlich noch ein⸗ bis zweimal bis zu fünf ahren wiederholen. utter. Die] d Für Durchſchnittsſänger werden 20—30 Mark bezahlt. Gans hervorragende Exemplare koſten bis zu hundert Mark. Die wertvollſten Hähne bleihen unverkäuflich, da ſie der Züchter, der aus Liebe zur Sache dieſen Sport betreibt, zu Zuchtzwecken für ſich behält. Wie erfolgt nun der Abſatz der verkäuflichen Kanarien? Nur Eingeweihte wiſſen, daß tauſende von Kanarien⸗ vögeln alljährlich nach Amerika verfrachtet werden. Mehrere Auſfkäufer reiſen in Deutſchland herum und ſam⸗ meln die Vögel ein. Die Züchter erhalten Nachricht durch ihren Verein. Der Aufkäufer zahlt für grüne Hähne 4,50 Mk., für gelbe 5 Mk. Es iſt ohne weiteres klar, daß bei dieſen Preiſen der Züchter nicht auf ſeine Rechnung kommt. Aber da die Aufkäufer unter ſich die Abmachung getroffen haben, daß nicht mehr bezahlt wird, iſt der Züchter machtlos. Es ſei denn, daß er in der Lage iſt, zuzuwarten, bis er für ſeine Hähne, von denen er weiß, daß ſie mehr wert ſind, von anderer Seite mehr bekommt. Der Aufkäufer, der nach Maunheim kommt, wohnt in München. Er begleitet meiſtens den Transport, der aus mehreren tauſend Vögeln beſteht, nach Amerika und übergibt ſie in New Nork ſeinem Bruder, a5 49 anſäſſig iſt und die Tierchen in größeren Partien abſetzt. Das Halten von Waldvögeln iſt nahezu völlig aufgegeben worden In Baden iſt das Einfangen von Waldpögeln das ganze Jahr hindurch verboten. m übrigen Reichsgebiet beſteht eine Schonzeit vom 1. März bis 31. Oktober. Es iſt eine Grauſamkeit, wenn ein Waldvogel, der an die Freiheit ge⸗ wöhnt iſt, ſein Leben in einem Käfig perbringen muß, der vielleicht nicht geräumig genug, unſauber und ſchlecht auf⸗ gehängt iſt. Der Abgang von Waldvögeln war immer trotz ſorgſamſter Pflege ſehr groß. Es iſt infolgedeſſen durchaus zu begrüßen, daß das Fangen von Waldvögeln in Baden ganz verboten worden iſt. Man braucht deshalb aber nicht auf den Beſitz eines Singvogels zu verzichten. In einer hieſigen Vogelhandlung wurden wir auf die chineſiſche Nachtigall aufmerkſam gemacht, die geuan ſo wundervoll wie unſere heimiſche Primadonna unter den Vögeln ſingt. Dieſe Exoten werden aus China eingeführt und aklimati⸗ ſieren ſich ſehr gut. Der ſprechende Welleuſittich »Auf Meſſen kann man oft eine Wahrſagerin beobachten, die durch einen grüngelben Zwergpapagei das Brieforakel ziehen läßt. Es handelt ſich in dieſem Falle um den Welleufittich, der gewöhnlich paarweiſe durch unſere Vogelhandlungen zum Verkauf gelangt. Dieſer Klein⸗ Papagei, der in ungeheuren Scharen das ganze innere Auſtralfen und zwar hauptſächlich die grasbewachſenen Ebenen bewohnt, rangiert in der Zucht direkt hinter dem Kanarien⸗ vogel. Männchen und Weibchen ſind nach der Ausfärbung leicht zu einn die wulſtige Naſenhaut iſt beim Mäunchen tiefblau, beim Weibchen graugrün. Die Stimme wird niemals unangenehm, klingt vielmehr meiſt wie ein melodiſches Gezwitſcher. In der Gefangenſchaft bilden haupt⸗ ſächlich Hirſe, Hafer und Glanzſamen die eigentliche Nahrung. Der Wellenſittich iſt anſpruchslos und erträgt Kälte. ſodaß er auch gut im Freien überwintert werden kann. In Darmſtadt wurde beobachtet, daß bei 3 Grad Kälte mehrere noch faſt nackte Wellenſittiche munter und fidel, Tag und Nacht im Freien in ihren Niſtkäſtchen liegend, von den Alten gefüttert und aufgezogen wurden. Dieſe angenehmen Eigenſchaften haben Herrn Cart Huth in Darmſtadt veranlaßt, im Jahre 1912 ein Pärchen dieſer kleinen Auſtralier zu kaufen. Das Weibchen ging nach einiger Zeit ein, weshalb Her Huth und ſeine Frau ſich ſehr eingehend mit dem verwitweten Kerlchen beſchäftigten. Der Vogel hörte auf den Namen Buzi. Nach einiger Zeit machte das Ebepaar die Wahrnehmung, daß das Tierchen ganz deut⸗ lich ſeinen Namen hören ließ. In ganz kurzer Zeit konnte der Vogel nacheinander eine ganze Reihe einzelner Worte und mehrere zumteil lange Sätze ganz deutlich ſprechen. Aus an Futter ging das Tierchen während der Kriegs⸗ zeit ein. Im Oktober 1921 bekam Herr Huth Erſatz aus dem Frankfurter e Garten. Das ganz junge Tierchen, as aus einer Zucht ſtammte, übertraf an Aufnahmefähigkeit und Zahmheit weit ſeinen Vorgänger. Schon Anfang Januar 1922 ſprach es die erſten klaren Worte. Wie bei dem erſten Tierchen habe ich, ſo berichtet Herr Huth in der Zeitſchrift des Odenwaldklubs„Unter der Dorflinde“ weiter, feſiſteuen können, daß der menſchliche Tonfall und das menſchliche Or⸗ gan von den Wellenfittichen in bewundernswerter Weiſe wiedergegeben wird. Es gibt wohl kein Tier in der Vogel⸗ welt, das in ſeiner zärtlichen Zahmheit, ſeiner Anhänglichkeit ſowie in ſeinem Sprachtglent dem Wellenſittich gleichkommt. Seine Munderkeit und Lephaftigkeit kennt teine Grenzen, wenn er aus dem Käfig kommen darf. Ueberall hin kann man mit ihm auf der Schulter ſitzend in der Wohnung um⸗ herſpazieren. Geradezu entzückend gibt er auf Verlangen rechts„das ſchöne Pfötchen“, ſchmatzt mit der Zunge und knurrt dahinter her wie ein funger Hund, dem ein Knochen genommen werden ſoll. Mit ſeinem Spiegelbild iſt er ſther⸗ aus zärtlich, wird aber ſofort geradezu biſſig, wenn man miz ſeinem Spiegelbild ſchimpft. Immer iſt er bereit, neue Verſe und Worte hinzuzulernen. Nur—8 Tage unermübliches, öfteres Vorſagen iſt notwendig und er ſpricht die neuen Sätze ebenſogut fehlerfrei nach, ohne dabet das vörher Gelernte zu vergeſſen. Einiges aus ſeinem Sprachſchatz: Guck e mal da, du Kratzbürſcht.— Butzimännchen, s iſt gar kalt.— Wo iſt denn das gute Schneewitchen, Schneewitchen, wo biſt du denn. — Küß die Hand, gnädige Frau. No mal los.— Farer 8 gibt Wichs,'s gibt Wichs⸗ Riehard Schönfeldeftf. Stäbtiſche Nachrichlen Sonntagsgedanken Dir große blaue Hyacinthe träumt ſchwermütig in mei⸗ nem Fenſter; ſie ſendet ungezählte blaſſe Wurzeln hinab in das Waſſer und holt ſich dort Nahrung. Wie ſehr auch die Wurzeln ringen und miteinanber kämpfen mögen, nicht dieſer Kampf iſt die Hauptſache, ſondern die große blaue ſäuerlich duftende Blüte der Hyaeinthe. Alle, denen ich ſie zeige, blicken nach dem blauen Btütenſtern und berauſchen ich an dem Duft. Nur wenige gönnen den Wurzeln einen Blick, die doch die Arbeit haben und den ums Daſein führen. Es iſt uns zu oft geſagt worden, daß Leben ein Kampf ſei; nun glauben wir es. Natürlich iſt jede Exiſtenz verknüpft mit einem Kampf ums Daſein. Aber dieſer Kampf iſt doch nicht die Hauptſache. Er iſt nur Mittel zum Zweck, damit die Blüte unſeres Le⸗ bens in Schönheit ſich entfalten kann. Wer lebt, kämpft; aber wer kämpft, der liebt doch erſt einmal, begehrt, erſehnt— wie könnte er ſonſt kämpfen! 92 Durch unſer Leben ſchwingt die Liebe hin. Wir ſind keinen Augenblick ohne 75 feines Fieber. Oft ſpüren wir es nur nicht. Ich meine hier nicht etwa nur die Liebe der Geſchlechter zueinander, ſondern das Verlangen nach Harmonie und Auf⸗ löſung in Erfüllung. Die Sonne, die die roten Drähte der Telephonleitungen vergoldet, breitet einen Hauch Liebe über das tote Metall. Sie veredelt, verlebendigt, verſchönt, ja ſie gießt einen Heiligenſchein ſüber das Unheilige. Niemand kann nachts einen Sternenhimmel betrachetn, ohne daß die eherne Geſetzmäßigkeit des Bewegungsumlaufes dieſer Licht⸗ körper in ihm Liebe entzündet, denn dieſen Sternen und ihrer Bahn entſpricht in unſerer 18 etwas. Wir haben ein Ver⸗ 1 für ihr Schickſal, für ihr Verhältnis, für ihren Weg:; eshalb lieben wir ſie. Auch zwiſchen Menſch und Tier ſpringt der Funke der Liebe über. Maucher Enttäuſchte fühlt ſich mehr zu einem treuen Tier bingzaugke als zum Menſchen, von dem er Kränkung befürchtet. Man lächle nicht über dieſe einſamen Seelen. Man lächle auch nicht über Naturſchwärmer, die mit ihrer Liebe das Unbelebte umfangen. Die Schlacken fallen von ihrem Herzen ab. Läuterung quillt aus ihren Augen. Glück⸗ ſelig kehren ſie heim vom Anſchauen ſchöner Berglilien, blauer Seen, durchſonnter Wälder. Aber die Krone bleibt doch die Liebe der Menſchen zu⸗ einander. Die Jugend ſucht ihre Atemnähe. Mann und Weib verſchmmelzen. Das Alter lebt in dieſen Erinnerungen. Grö⸗ ßer aber iſt die Liebe reiner Demut und ſtillen Opferſinus ohne Gegenſeitigkeit, Liebe um des Ewigen willen. Gott iſt der Ewige. Er ſchenkt die Liebe. Sie kehrt zu ihm zurück, wenn ſie ſelbſtlos war. Sie weiht unſer Leben. H. H. * * Vorſicht beim Ueberqueren des Fahrdammes. Beim Ueberqueren der Breiteſtraße vor 1 1 wurde geſtern mittag ein 27 Jahre altes Fräulein von einem Radfahrer angefah⸗ ren, zu Boden geworfen und leicht verletzt. Der Rab⸗ fahrer fuhr unbekümmert davon. r. Th. Viſcher ſteckbrieflich Die Tücke des Objektes iſt ſett iſche at ſie wie einen unheim⸗ feſtgenagelt. Sein„Auch Einer“ lichen Bazillus erforſcht, agnoſziert und eingeordnet. Nun, wie das ſo bei manchem Bazillus geht: Spiegelberg, ich kenne Dich!—Aber ihm ſo ulgenß zu Leib rücken— das iſt eine an⸗ dere Sache.— Vorbeugen! Ja— gewiß— aber wenn Schulz das nächſte Mal mit der Geſchicklichkeft eines Equilibriſten ſein Brötchen verzehrt, dann tropft ſicher Erdbeermarmelade daran. Die„Tücke des Objektes“ iſt nicht auszurotten. Man muß ſie ignorieren. Laß den Strumpf rutſchen und den Schlips wackeln!— Immer feſte drauf. 5 Wir ſind alle von einem Wahn befangen: Daß nämlich die geſamte Menſchheit nichts anderes zu tun hat als auf das Pickelchen auf unſerem Kinn zu ſehen, auf den Tintenſpritzer an der Manſchette, auf die Blume am Pelz, die eine Spur heller lachsfarben iſt als die verloren Neganen und deshalb bei der Trägerin ein richtiges kleines— ſagen wir einmal Komplexchen auslöſt.— Die Leute kümmern ſich um den lieben andern nicht ſo ſehr, wie wir vermuten. Erziehung zur Schlamperei?— Nein. Die Tip⸗Topität Über alles!— Aber wenn dann wirklich einmal der tückiſche Zufall ſpielt, dann ſoll uns das nicht aus dem Geleis werfen. Wir wiſſen: Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Wir wiſſen: Wir können uns das leiſten, einmal einen Fleck auf der Weſte zu haben. Denn auch die„andern“ müſſen an uns vom Scheitel bis zur Sohle ſehen: Dieſer Fleck iſt Zufall.— Und vielleicht ge⸗ winnt uns +5 ſogar ein kleines ſympathiſierendes Mitleid einer ſchönen Frau. 5 6— 5 ſchöne Frau!— Sie hatte einmal das Pech, ſich Sonntags beim Ausſteigen aus der Bahn ein Löchlein in den Seidenſtrumpf zu reißen— eigentlich ſchon ein Loch. Es ſtrahlte nur ſo durch die Landſchaft!— Aber das kümmerte die öne Frau gar nicht. Sie war und blieb nach kurzem, trefflichem Scherzwort über das Un⸗ glück, charmant, nobel, hetter und ſicher und ging— im Ge⸗ fühl der glücklich Beſitzenden, durch den beſetzten Kaffeehaus⸗ garten.— Denn jeder 95 85 795 Frau trägt kein Loch im Strumpf. 8 eviſtiert einfach nicht. (Sie ſagte vielleicht nur abends zu ihrem Maun: Scheuß⸗ lich! Dieſes dumme Loch im Strumpf hat mir den ganzen Tag verdorben!) OWürttembergiſches Landestheater. Oberſpielleiter Fried⸗ rich Brandenburg, der ſich in kurzer Zeit durch ernſte Inſzenierungen moderner Werke manche Erfolge und Sym⸗ pathien errungen hat, zeigte mit der für einen dreieinhalb⸗ ſtündigen Theaterabend eingerichteten Aufführung des„Gol⸗ denen Vließ“ von Franz Grillparzer, daß man eine Tri⸗ logie von 10 Akten wohl in moderner und Kür⸗ zuß in zwölf Bildern zur Darſtellung bringen kann, ohne aß dem Werk allzuſehr Gewalt angetan werden müßte. Vor ein paar Monaten hat allerdings ein Frankfurter Theater denſelben Verſuch erfolgreich durchgeführt, ſo daß das Stutt⸗ garter Experiment nicht mehr volle Originalität in Anſpruch nehmen darf. Es erhebt ſich dagegen nur die Frage, ob das Goldene Bließ“ nicht eben doch bloß literar⸗hiſtoriſches Intereſſe beſitzt und die Mühen einer Neuweckung lohnt. Wir 25 geneigt, beſonders den beiden erſten Teilen(Der Gaſt⸗ reund, die Argonauten) nicht viel dramatiſche und vor allem für den eigentlichen Hauptteil„Medea“ keine pſychologiſch not⸗ wendige Bedeutung zuzumeſſen. Gerade die lyriſchen Var⸗ kündigungen, das Beſte, was Grillparzers Sprachkunſt ſchuf, müſſen ja geſtrichen werden. Was übrig bleibt, ſind teilweiſe recht hohle, epigonenhaft klappernde Jamben. Auch ſteht der Charakter der Medea in den beiden erſten Teilen in ſeltſamem, ſchon von Laube bemerktem Widerſpruch mit den wilden Haßausbrüchen der in ſpielenden Schlußtragödie. In der Brandenburgſchen Inſzenierung bebte zwar alles dramatiſch lebendig auf, aber das immerhin noch klaſſiſche Wortdrama kam doch in bedenkliche Nähe eines modernen ſchnell wechſelnden Szenendramas. Ertika Beilke war als Medea in der Wildheit und der Mütterlichkeit ausge⸗ eichnet, ſie verſagte aber in der Wiedergabe des Dämoniſchen. For Partner Herr Regmer(Taſon) blieb meiſtens im Deklamatoriſchen haften. Der Beſfall war ſtark. Dr. E. Der Fidelio⸗Mecker Wenn jemand den modernen Orcheſterapparat zu wür⸗ digen weiß und außerdem den Begriff„Schlagzeug“(vulgo Pauke) voll zu würdigen weiß, ſo wird er die Tragik der Be⸗ gebengeit voll zu würdigen wiſſen, die in den„Stettiner Neue⸗ ſten Nachrichten“ wie flg erzählt wird: Der„Pauker“ iſt der Mann mit den zehn Armen und hundert Inſtrumenten. Na, kurz und gut, in einem Theater zwiſchen Konſtanz und Pillau ſpielte man an einem Sonntag nachmittag eine fidele Operette, in der an einem beſtimmten Takte im Orcheſter das Geläute eines Weckers zu ertönen hatte, um den Lieb⸗ haber zu wecken. Eigentlich ſollte ja das Geläute auf der Bühne erklingen. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß Inſpizient und Soufleuſe unzuverläſſig ſind und nur deswegen am Thea⸗ ter ihre Tätigkeit ſinden, damit ſie den Direktor zehn Jahre eher ins Grab ärgern. So hatte man dem„Pauker“ das eckergeläute übertragen. Alles klappte vorzüglich in der Nachmittagskomödie, der Wecker ſchrillte haargenau. Und ein Extralob heimſte der Pauker vom Kapellmeiſter ein. Die Abendvorſtellung ſteigt. Beethovens götkliche„Leonore It.“ iſt verklungen. Der hebt ſich. Der halbverhungerte Floreſtan ſingt ſeine Arte:„Gott, welch Dunkel hier! O, grau⸗ envolle Stille“ und ſinkt in ohnmächtigen Schlaf. Rocco und Leonore treten auf:„Wie kalt iſt es in dieſem unterirdiſchen Gewölbe“—— verdammt,—— das Bieſt von Wecker, das noch im Orcheſter ſteht, fängt an zu ſchellen, Meiſter Rocch kommt aus dem Takt und läßt erſchreckt den Waſſerkrug und die halbe Unze Brot fallen, das halbe Orcheſter grinſt, der Pauker ſucht den Störenfried zu erhaſchen mit Ingrimm auf dem Antlitz, der Intendant in der Loge ringt die Hände, der Pauker ſtolpert, reißt im Fallen das Glockenſpiel, ein Tam⸗ burin und zwet Paar Caſtagnetten um, der Kapellmeiſter läßt vor Schreck den Taktſtock fallen, das Weckerbieſt. klirrt weiter,—— und als letztes mußte der Vorhang allen. Chineſen und Artillerie Die Engländer haben auch Artillerie nach Ehina geſchickt, um den Chineſen Reſpekt einzuflößen. Das gibt E Anlaß, folgende Geſchichte zu erzählen, die er von einer mill⸗ täriſchen Perſönlichkeit erfahren hat: Kurz nach dem Kriege in Südafrika wurde ein Experiment ausgeführt, um die Wir⸗ kung der modernen Geſchütze zu demonſtrieren. Alle Notabili⸗ täten Südafrikas waren zu dieſer Veranſtaltung eingeladen. Eine engliſche Batterie beſchoß aus weiter Entfernung ein Wäldchen und alle Prozektile trafen das Ztel. Als das Schießen ſchon eine Zeitlang im Gang war und man glaubte, den Zweck erreicht zu haben, wurde der Be⸗ fehl gegeben, das Feuer einzuſtellen. Der Kommandant der Artillerie erklärte ſodann, daß kein lebendes Geſchöpf in dem Wäldochen übrig geblieben ſein könnte, kein Häschen, kein Vogel, kein Baum. Kaum ein Blatt würde noch an den Zweigen ſitzen. Tief unter dem Eindruck des Geſehenen und Gehörten begab ſich die Geſellſchaft in das zerſtörte Wäldchen, aber als ſie dort ankam, liefen ihr fünf erſchrockene chineſiſche Kulis mit den Händen über dem Kopf entgegen.„Alles war durch die Beſchießung umzubringen,“ ſagte raſch gefast der Kommandant,„nur die Chineſen nicht“ * . Seite. Nr. 60 U Neue Maunheimer Zeitung(Abend⸗Ausgabe) Samstag, den 5. Februar 1927 Marktbericht Was wäre das für ein Ereignis, wenn auch der Haupt⸗ markt einmal im Zeichen des Weltverkehrs ſtünde! International beſchickt iſt er ja ſchon. Heute aber ſtand der Markt kaum im Zeichen des Ortsverkehrs, der nicht der neuen Zeit entſpricht. Die Südfrüchtehändler klagen, daß die Ppaniſchen Bauern trotz aller Grandezza viel zu viel für ihre Drangen verlangen. In dem Lande der Gtpsfigurenhändler hat der Froſt den Trauben ſo zugeſetzt, daß die Winzer gleich am Erzeugerorte auf ihre Ware 15—20 Proz. draufſchlagen. Bis die Südfrüchte dann auf dem großen Verkehrswege bis nach Mannheim auf den Hauptmarkt kommen, ſind ſie ſo teuer, daß der Konſum wie z. B. heute, kaum nennenswert iſt. Bei den Fiſchverkäufern erklangs in der gleichen ge⸗ drückten Tonlage. um 11 Uhr war das Geſchäft hierin noch ſehr ſchlecht; vielleicht daß ſpäter noch ein paar verſchlafene Hausfrauen kamen, die aber wohl kaum noch die Situation gerettet haben. Die Butterhändler waren heute ſo ungalant, gusgerechnet am heutigen Tage die Butterpreiſe zu erhöhen. Im übrigen war der heutige Martk genau ſo ſchlecht beſucht wie der letzte.„ Nach den Feſtſtellungen des Städtiſchen Nachrichtenamts verſtehen ſich die Preiſe, wo nichts anderes vermerkt iſt, in Pfennig für das Pfund: Kartoffeln—7,5; Salatkartoffeln 12 bis 17 Wirſing 12—18; Weißkraut 10—15; Rotkraut 10—15; Roſenkohl 15—35, Schwarzwurzeln 25—55; Blumenkohl Stück 25—130; Gelbe Rüben 10; Rote Rüben 10—12; Grünkohl 15 bis 20, Spinat 30.—35, Zwiebeln 10—12 Knoblauch Stück 5 bis 10 Lauch Stück—12; Kopfſalat Stück 25—35; Endivien⸗ ſalat Stück 20—50; Feldſalat 120—160; Kreſſe 120—160; Meer⸗ rettich Stück 20—607 Suppengrünes Büſchel 10; Peterſilie Biüſchel 10; Sellerie Stück 10—30; Tomaten 1307 Aepfel 20 bis 70; Birnen 15 bis 50 Kaſtanien 20—35; Organen 20 bis 40, Zitronen Stück—10; Bananen Stück 12—25; Nüſſe 65; Süßrahmbutter 200—240; Landbutter 160—180; Weißer Käſe 50—55, Honig m. Glas 160—250; Eier Stück 10—20; Hechte 180; Karpfen 140—160; Breſem 120; Kabeljau 40—50 Schellfiſche 40—70, Seeaal 40—50; Goldbarſch 45; Seelachs 40: Seehecht 70—90; Stockfiſch 50; Backfiſche 40—60; Hahn: geſchlachtet Stück 300—900, Huhn: geſchlachtet Stück 300 bis 900; Euten: geſchlachtet Stück 450—1100; Tauben: lebend Paar 250—300. geſchlachtet Stück 100—200; Gänſe: geſchlachtet Stück 800.—1600; Rindfleiſch 110; Kuhfleiſch 70, Schweinefleiſch 1207 Kalbfleiſch 130; Gefrierfleiſch 70; Feldhaſen: Ragout 110, Braten 160. 4 1246 Nene Bilder. Wir machen unſere Leſer darauf auf⸗ merkſam, daß in unſerem Schaukaſten in der Nebenſtelle in R 1,—6, neue Bilder zum Aushang kommen. Vorträge Im Flugzeug von Berlin nach Peking Die Badiſch⸗Pfälziſche Luft⸗Hanſa.⸗G. Mannheim hatte auf Freitag abend zu einem Vortrag bon Dr. Knauß über die Oſtaſien⸗Expedition der Deutſchen Luf t⸗Hanſa in den Saal der Handelskammer eingeladen. Handelskammerpräſident Len el, der Vorſitzende des Aufſichtsrats der Badiſch⸗Pfälziſchen Luft⸗Hanſa, begrüßte die Erſchienenen, unter denen man Vertreter ſtaatlicher und ſtädtiſcher Behörden bemerkte. Der Redner ging auf die Ent⸗ wicklung der deutſchen Luftfahrt ein, die wohl von keinem an⸗ deren Lande übertroffen werde. Der Deutſchen Luft⸗Hanſa genüge der Verkehr innerhalb Deutſchland nicht, ſie ſuche den Verkehr auf ganz Europa auszudehnen. Die Schwierigkeiten, die durch den Verſailler Vertrag entſtanden waren, ſeien zum größten Teil überwunden. N Hierauf ergriff Dr. Knauß das Wort. Nach kurzen Dankesworten für die freundliche Begrüßung ging der Redner zunächſt auf den Werdegang der Eroberung der Luft ein. Er erklärte kurz die Weltluftlinien, wies auf die politiſche Seite des Verkehrs hin und ging dann auf die Schilderung des Fluges nach Peking über. Am 24. Juli 1926 ſtiegen die beiden Junkersflugzeuge§903 und 8901, ausgerüſtet mit Erſatzteilen, wiſſenſchaftlichen Inſtrumenten und photographiſchem Rüſt⸗ zeug um Mitternacht vom Tempelhofer Feld bei Berlin auf. Keber Königsberg und Smolensk ging es nach Moskau. Von weitem ſchon begrüßten ſie ruſſiſche Luftſchiffe hoch in der Luft. Der Flugplatz prangte im reichen Flaggenſchmuck. Am 25. Juli ging der. Flug von Moskau über Wälder und Sumpfland und bald über den Ural nach Aſien. Am 27. Juli waren bereits 1440 Km. zurückgelegt. In intereſſanter Weiſe ſchilderte der Redner Landungen und Empfänge in Rußland, die Art des ruſſiſchen Volkes, die ſibiriſche Landſchaft, die rieſigen Flüſſe und Wälder ſowie den Verlauf der ganzen Fahrt. In Irkutsk, wo ebenfalls großer Empfang ſtatt⸗ fand, waren bereits acht Zehntel des Wegs zurückgelegt. Hier wurden Beziehungen von nicht zu unterſchätzender Tragweite angeſponnen. Am 13. Auguſt ging der Flug über den Baikal⸗ ſee in ſeiner rieſigen Ausdehnung weiter. In Tf chit a trafen die Flugzeuge eine Stunde zu früh ein, die Muſik⸗ kapelle befand ſich noch im Anmarſch auf den Flugplatz. Ueber die Mandſchurei ging es dann nach China. Der Redner ſtreifte auch den unermeßlichen Holzreichtum Rußlands und die Waldbrände, die jedes Jahr dort wüten. Im vergangenen Jahr war die Brandfläche ſo groß wie ganz Deutſchland. Man kann ſich ungefähr ein Bild machen, welche Werte bei einem ſolchen Brand zerſtört werden. In China waren die Empfänge überall herzlich. In Mukden, dem Arſenal Tſangſolins, ſpielte, die chineſiſche Militärkapelle die Wacht am Rhein. Am 39. Auguſt konnte vom„Deutſchen Oſtaſtenboten“ in einem ausführlichen Artikel die Beendigung des Fluges gemeldet werden. 5 In zahfreichen Lichtbildern und zwei Filmen der Redner die überflogene Strecke den Zuhörern vor. Jetzt erſt konnte man ſich einen Begriff von Land und Leuten in Rußland und China machen. Abgeſehen von Aufenthalt und Landung hat die Zurücklegung der ungeheuren Strecke nur 74 Flugſtunden beanſprucht. Bei einem regelmäßigen Flug⸗ verkehr könnte dieſe Strecke, die jetzt 52 Tage Dampferfahrt oder 15 Tage Eiſenbahnfahrt beanſprucht, in 3 Tagen zurück⸗ gelegt werden. Den Schluß des überaus feſſelnden Vortrags bildete die Schilderung des Heimatempfangs nach 20 000 Kilo⸗ metern. Starker Beifall wurde dem Vortragenden zuteil. Präſident Lenel dankte Dr. Knauß für die intereſſanten Ausführungen. * Warnung r Fremdenlegionswerbern. Da in letzter Zeit die Werbungen für die Fremdenlegion auch im beſetzten Gebiet beſonders ſtark zu Tage treten— Woche für Woche paſſieren Trupps von 15 bis 20 Angeworbenen die Eiſenbahn —ſſet insbeſonders die jüngere Generation vor Werbern ein⸗ dringlichſt gewarnt. Einzelne Fälle haben leider zur Feſt⸗ ſtellung geführt, daß nicht nur ausländiſche an dieſer Sache beſonders intereſſierte Staatsangehörige umherziehende Bur⸗ ſchen mit allerlei Verſprechungen zu verführen ſuchen, ſondern auch deutſche des lieben Geldes wegen an ihrem eigenen Vaterland Verrat üben und ihre eigenen Landsleute verlocken. Manches ſpurloſe Verſchwinden junger Männer hat in dieſen Werbungen ſeine Urſache. In den mei⸗ ſten Fällen handelt es ſich keinegswegs um ein gewaltſames Verſchleppen, ſondern die Verführer verſuchen bei Zechge⸗ lagen in froher Stimmung die Abenteurerluſt bei den Bur⸗ ſchen zu wecken. Die durch den Alkohol bezweckte Unzurech⸗ nungsfähigkeit wird dann zu ſchriftlichen Verpflichtungen aus⸗ genützt. Auch die troſtloſe Erwerbsloſigkeit bietet dieſen Ver⸗ führern oft Gelegenheit, ihr Menſchenräuberwerk auszufüh⸗ ren. Den Hungrigen wird Arbeit und Obdach verſprochen und nur zu leicht folgen ſie der Lockung. Am meiſten drohen dieſe Gefahren jedoch den auf der Wanderſchaft befindlichen jungen Leuten, die in ihrer großen Not zu einem ſolchen un⸗ überlegten Schritt viel eher geneigt ſind. —— Lebensmüde. Am Donnerstag abend verſuchte ein 24 Jahre altes Dienſtmädchen in der Wohnung ihrer Dienſt⸗ herrſchaft in der Schwetzingerſtadt durch Einatmen von Leucht⸗ gas das Leben zu nehmen. Noch rechtzeitig wurde die Lebens⸗ müde an ihrem Vorhaben gehindert und in das allgemeine Krankenhaus verbracht. Grund zur Tat unbekannt. * Spiele nicht mit Schleßgewehr! In der vergangenen Nacht hantierte ein 26 Jahre alter Handelshochſchüler in ſeiner Wohnung in U4 in unvorſichtiger Weiſe mit einer Piſtole, wobei ein Schuß los ging und einen anweſenden Freund traf. Der Getroffene mußte mit dem Sanitätsauto in das allgemeine Krankenhaus gebracht werden. Lebensgefahr be⸗ ſteht vorerſt nicht.* Veranſtaltungen Im Zeichen des Weltverkehrs ſteht der Mannheimer Roſengarten, der ſich mit dieſer gewiß zeitgemäßen Deviſe ſein Faſchingskleid angelegt hat. Die drei Säle haben ſich vollkommen weltverkehrspolitiſch umgeſtellt, und nicht nur der Verkehrsturm in der Mitte des Nibelungenſaales zeigt die umwälzende Wandlung, auch die Wände haben ſich ganz ins Zeichen der Neuzeit ge⸗ ſtellt, und ſo ſchildert der Fries des Nibelungenſaals den Welt⸗ verkehr in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Sampen haben ſich in Verkehrszeichen verwandelt und das Podium bildet das Weltverkehrsamt. Eine Untergrundbahn führt unterirdiſch um dieſes Verkehrsreich herum, das nach oben mit einem feingetönten Farbenhimmel abſchließt. Der Muſenſaal iſt hauptſächlich der Symbolik des Flugverkehrs gewidmet; über dem Ganzen ſchwebt als neueſte Erfindung der fliegende Reiſende. Das Podium bildet die Flugſtadt der Zukunft.— Das Seltſamſte iſt der Verſamm⸗ lungsſaal: Atlantis, der 6. Exdteil. Meeresungeheuer, phantaſtiſche Geſtalten zeigen das Wunder dieſer erſehnten Welt, die hier in magiſchem Lichte erſtrahlt. Das Weltgetriebe ſelbſt kann alſo losgehen. * * Dilettanten⸗Vorſtellung im Mannheimer Künſtler⸗ theater Apollo. Wie in den Vorkriegsjahren und wie im letz⸗ ten Jahre üblich, wird die Direktion des Mannheimer Künſt⸗ lertheaters Apollo auch dieſes Jahr wieder eine Dilettan⸗ tenvorſtellung veranſtalten, um eventl. jungen Talen⸗ ten, die ſich aus dem Reigen der auftretenden Kräfte heraus⸗ kriſtalliſteren, Gelegenheit zu geben, ihren Weg zu machen. Kommunale Chronit Heddesheim, 5. Febr. Die Verpflichtung des neugewählten hieſigen Bürgermeiſters Hetterich, bisheriger Gemeinderechner in Plankſtadt, findet— nachdem der Verwaltungsgerichtshof die angefochtene Wahl beſtätigt hat, am nächſten Montag, 7. Febr. durch Landrat Dr. Pfaff aus Weinheim ſtatt. JJ000000 Laudenbach, 4. Febr. In der im hieſigen Schulhauſe unter Vorſitz von Bürgermeiſter Eberle abgehaltenen Abendſitzung des Bürgerausſchuſſes wurde mit allen gegen drei Stimmen beſchloſſen, den Gehweg der Bahnhof⸗ ſtraße mit einem Koſtenaufwand von 6500 Mark pflaſtern zu laſſen. Außerdem ſoll die Fahrbahn der Bahnhofſtraße auf 6 Meter verbreitert werden. Auf die hierfür entſtehenden Koſten von 3800 Mark entfällt auf die Gemeinde Laudenbach, da es ſich um eine Kreisſtraße handelt, der hälftige Betrag von 1900 Mark. Durch die Pflaſterung und Verbreiterung dieſer wichtigen Verkehrsſtraße wird einem längſt gehegten Bedürfnis abgeholfen. 5 Nachbargebiete * Lampertheim, 4. Febr. Das Feſt der ſilbernen Hochzeit begeht am Dienstag, 8. Februar, Gemeinderat Mart. Jak. Kärcher II. mit ſeiner Ehefrau Margarete geb. Kirſch in Lampertheim, Wilhelmſtr. wohnhaft. 23 Mörlenbach, 4. Febr. Bei der erſten diesjährigen hier ſtattgefundenen Holzverſteigerung bewegten ſich die Preiſe im Allgemeinen in den Grenzen vom Vorjahre. Im einzelnen wurden durchſchnittlich erlöſt: für 1 Rm. Buchenſcheiter 18 Mk., Buchenprügel 15 Mk., Kiefernſcheiter 14 Mk., Kiefernprügel 11 Mk., Birkenſcheiter 13 Mk., Birken⸗ prügel 12 Mk., für 100 Buchenwellen 38 Mk., Fichten⸗ und Lärchenderbſtangen 28 Mk. pro Im., Fichtenſtämme, 4. und 5. Klaſſe, 27 Mk. pro Im. Gerichtszeitung Schöffengericht Mannheim Hauſterer unter ſich Der am 16. Februar 1894 zu Oppau geborene, in Mann⸗ heim wohnhafte verheiratete Hauſierer Theodor Urſchel, ſeit 20. 12. 26 im hieſigen Amtsgefängnis in Unterſuchungshaft, ge⸗ nießt keinen guten Leumund. Er iſt ſchon zweimal vorbeſtraft und zwar einmal wegen Körperverletzung und einmal wegen Diebſtahls. Nun ſtand er geſtern vor dem Großen Schöffen⸗ gericht Mannheim wegen ſchwerer Körperverletzung. Er iſt in der Nacht des 19. Dezember zwiſchen 11 und 12 Uhr nach einem Wirtshausſtreit ſeinem Widerſacher, dem Hauſierer Georg Graf, Ecke der Amerikaner⸗ und Traitteurſtraße nachgegan⸗ gen und dieſem nach kurzem Wortwechſel mit ſeinem Taſchen⸗ meſſer einen Stich in das rechte Auge verſetzt, daß dieſes auf operativem Wege entfernt werden mußte. Der Angeklagte, ein aufgeregter u. jähzorniger Menſch, iſt geſtändig. Er machte Noatwehr geltend, was aber von den Zeugen verneint wird. Das Gericht(Vorſitzender Amtsgerichtsdirektor Dr. Kle y) er⸗ kannte auf eine Gefängnisſtrafe von ſechs Monaten, wovon 1 Monat und 2 Wochen Unterſuchungshaft abgerechnet werden. ch. Beſtrafte Milchpantſcherin. Die Landwirtsehefrau Eliſe Keller von Harthauſen hatte ſich erneut wegen Milch⸗ fälſchung vor dem Amtsgericht Speyer zu verantworten. Nach dem Ergebnis der Unterſuchungsanſtalt hatte ſie der Milch 10 Prozent Waſſer zugeſetzt. Sie wurde deshalb im Rückfall zu 1 Monat Gefängnis, 100 Mark Geld⸗ ſtrafe und im Falle der Uneinbringlichkeit zu weiteren 20 Tagen Gefängnis verurteilt. Die Bewährungsfriſt für eine Strafe wegen gleichen Vergehen im Jahre 1923 wurde wider⸗ ruſen. Die Tochter freigeſprochen, die Mutter verhaftet. Die ledige 24 jährige Schloſſermeiſterstochter Chriſtine Röckl von Oberſüßbach hatte im Mai 1928 ein uneheliches Kind geboren, das kurz nach der Geburt im Küchenherd verbrannt worden war, nachdem man es unter dem Bett erſtickte. In der ſiebenmonatigen Unterſuchungshaft hatte die Angeklagte die Schuld auf ſich genommen. Bei der Verhandlung vor dem Schwurgericht Landshut wurde einwandfrei feſtgeſtellt, daß die Mutter der Angeklagten die entſetzliche Tat voll⸗ führte und daß es der geiſtes⸗ und willensſchwachen Ange⸗ klagten nicht möglich war, dieſe zu verbindern. Die Röckl wurde deshalb, trotzdem der Staatsanwalt wegen angeblicher Mithilfe zwei Jaßre Gefängnis beantragt hatte, frei⸗ geſprochen, wäßhrend der Verhandlung aber war die Mutter verhaftet worden. Sportliche Rundſchau Winterſport * Die Meiſterſchaftsläufe des Skiklubs Schwarzwald auf dem Feldberg haben heute(Samstag) vormittag bei geradezn idealen Witterungsverhältniſſen um 9 Uhr begonnen. Um dieſe Zeit wurden auf die große Langlaufſtrecke von 16,5 Km. 60 Läufer der Klaſſe 1, 2 und der Altersklaſſe 1, 2 3 abgelaſſen. Um.30 Uhr folgten die Jungmannen, für die 20 Meldun⸗ gen vorliegen. Anſchließend wurden über die lange Strecke die Polizeimannſchaften auf den Weg geſchickt. Das Wetter hat nach kleinen Schwankungen geſtern nachmittag ſich wieder völlig winterlich geſtaltet. Es herrſcht wolkenloſer Himmel bei leichtem Nordweſtwind und 8 Gr. Kälte. Die Schneever⸗ hältniſſe ſind bei Pulverſchnee ausgezeichnet, ſodaß man auf die erzielten Zeiten im Langlauf geſpannt ſein darf, zumal unter den Konkurrenten ſich die beſten Meiſterſchaftsläufer aus dem Schwarzwald und Württemberg befinden, deren Zuſam⸗ mentreffen umſo intereſſanter iſt, als die Konkurrenten ſich in guter Form befinden. Nachmittags um.30 Uhr be⸗ ginnt der Geländelauf(der Tauern Gedächtnislauf), wofür 60 Teilnehmer gemeldet ſind. Schach *Schachmeiſter D. Janowski iſt am 14. Januar in Frank⸗ reich nach längerer Krankheit geſtorben. Der verſtorbene Großmeiſter hat eine ruhmreiche Schachlaufbahn hinter ſich. Sein Spiel zeichnete ſich durch außerordentliche Kühnheit und Eleganz der Kombinationen aus. Auf zahlreichen inter⸗ nationalen Meiſterturnieren war er unter den erſten Preis⸗ trägern. Eine eingehende Würdigung ſeiner Laufbahn be⸗ halten wir uns vor. Neutes aus aller Welt —. Kataſtrophale Tierſeuchen. Im ehemals öſterreichiſch⸗ ungariſchen Grenzgebiet des unteren Murtales, durch das ſich nun die neue öſterreichiſch⸗jugoſlawiſche Grenze zieht, macht ſich eine kataſtrophale Haſenſeuche bemerkbar. So ſchön ſich war das Ergebnis der Winterjagden. Man fand immer mehr Fallwild, ſo daß der Gedanke an eine ſeuchenartige Erkrankung ſofort wach wurde. Bei der Oeffnung verendeter Tiere ſah man die Leber krankhaft arg verändert. Sie war doppelt ſo groß wie im geſunden Zuſtande, ſtark verhärtet und die Farbe graublau, von weißen Fäden wie marmoriert. Die Oberfläche zeigt an vielen Stellen ſtecknadelkopfgroße Erhebungen von gleicher Farbe, die ſich beſonders hart anfühlen. Ein Schnitt durch die Leber ließ dieſe als verſteinert erkennen. Ungefähr bei der Hälfte der Haſen war die Lunge tuberkulös. Die Haſen haben ſtruppige Felle und erſcheinen in der freien Wildbahn auffallend matt. Von dieſer Seuche werden auch Rehe befallen. Auch bei Rindern. beſonders bei Jungvieh, tritt ſie auf. In einzelnen Gemeinden hat die Seuche die Hälfte des Viehſtandes dahingerafft. Schon werden Klagen laut, daß auch Schafe, Schweine und das Hausgeflügel von der Seuche ergriffen werden. Die Behörden haben Maß⸗ nahmen getroffen, um eine weitere verheerende Verbreitung der Seuche zu verhindern. — Amokläufer auf den Philippinen. Ein philippiniſcher Gendarmerieunteroffizier Benegrado verfiel an Bord des Küſtenkutters San Antonia vor der Inſel Mindano in Wahn⸗ ſinn und lief Amok. Bei dem Verſuche, den Wahnſinnigen zu überwältigen, wurde ein Armeeoffizier und fünf Philippiner getötet und ſieben weitere ſchwer verwundet. Schließlich konnte Benegrado gefeſſelt und in das nächſte Gefängnis transportiert werden. n.——BBBBBKBBBttt... Wetternachrichten der Karisruherandeswetterwarte Beobachtungen badiſcher Wetterſtellen(7' morgens) 4 See⸗ Fuft, Tern Se g 2 Wind 422 )) m mm c Ses Stis Kicht. Stürte 888 Wertheim———1 7—2] NO lleicht wolkig Königſtuhl625 774,4 0—1 W lleicht bedeckt Karlsruhe 127 775,9 1 6 O SW 7 heiter Bad.⸗Bad.213 774.0— 2 5—2 NWI„ Nebel Villingen 780 788,1—8—8 W Feldͤbg. Hoff 1497 643,3—-4—1—6 15„ wolkenl. Badenweil.———— St. Blaſien———10 2—10J ſtin 1 Döchenſchw.—-!—-!——-——— Vorausſichtliche Witterung für Sonutäg bis 12 Uhr nachts: Zunächſt keine weſentliche Aenderung, ſpäter vorüber⸗ gehend Bewölkungszunahme in Nordbaden. Schneeberichte Dobel; 25 Ztm.,—2 Ztm. pulv. Neuſchnee, ſehr leichter Weſt, Grad. Skifahrt möglich. Bühlerhöhe⸗Plättig: 46—50 Ztm.,—2 Ztm. pulv. Neuſchnee, ſehr leichter Südweſt,— 2 Grad. Skifahrt ausgezeichnet. Hornisgrinde: 111—120 Ztm.,—2 Ztm. pulv. Neuſchnee, ſehr leichter Weſt,— 3 Grad. Ski und Rodel ſehr gut. Mummelſee: 111—120 Ztm.,—10 Ztm. pulv. Neuſchnee, ſehr leichter Nordweſt,— 4 Grad. Ski u. Rodel ausgezeichnet. Rodel gut. Königsfeld: 36—40 Ztm., pulverig, leichter Südweſt,— 6 Gr. Ski und Rodel ausgezeichne 15 Furtwangen: 80 Ztm., pulverig, ſtill,— 12 Grad. Ski und Rodel ausgezeichnet. St. Georgen: 56—60 Ztm., gekörnt, ſchwa⸗ er Weſt,— 2 Grad. o Titiſee: 71—75 Ztm., pulperig, ſehr leichter Oſt,— 10 Grad. Sportmöglichkeiten ausgezeichnet. Feldberg: 141—150 Ztm., pulverig, ſehr leichter Oſt,— 7 Grad. Ski und Rodel ſehr gut. xxx x xxxxx—— „Herausgeber, Drucer und Berleger: Oruckerel Dr. Haas, Neue Mannheimer Zeitung G. m. b.., Mannheim, L 8, 2 Direktion: Ferdinand Heyme. Cheiredakteur: Kurt Fiſcher— Verantwortl. Redakteure: Für Politik: Hans Alfred Meißnez Dr. S. Kayſer— Kommunal⸗Politik und Lokales: Richard Schönfelder ⸗ port und Neues aus aller Welt: Willy Müller— Handelsteil: Kurt Ehmer Gericht und alles Uebrige: Franz Kircher— Anzeigen: Dr. W. E. Stötzner. Pfarrer Heumanns Heilmittel »tets auch vorrätig im Alleindepot 5 otheker Einhorn-Apotheke[S teanert Mannheim, am Markt R1, 23 Tel. 27125 Das große Dfarrer Hleumann-Zuch 320 Seiten. 200 Abbildungen) erhält eder Leser. der seine Adresse ein- schickt, von der Firma Ludwig Hen- mann& Co., Nürnberg M 74 gratis und franko zugesandt, Postkarte genügt. 222² der Haſenſtand von Mai bis Juli noch zeigte, ſo überraſchend Ruhſtein: 101—110 Ztm., pulverig, ſtill,— 2 Grad. Ski und —— e e, ee ees ge e Se Neue Maunheimer Zeitung(Allend⸗Ausgaßles. — + — 27 8 (N B. Seite. Nr. 50 3 — Sommerferien Den Beginn der Sommerferien auf 15. Juli feſtzuſetzen, iſt anerkennenswert; umſomehr muß man die gleichzeitige Kürzung auf vier Wochen verwerfen. Die Kinder werden etwas weniger vergeſſen als in ſechs Wochen, wenn ſie aber anderer⸗ ſeits mit ſchlafloſem Geiſt den umſo größeren Teil der heißen Jahreszeit zur Schule müſſen, dürfte der Gewinn recht gering ſein. Umſo größer ſind die Nachteile und die Schwierigkeiten, die den Kindern und den Eltern in hygieniſcher Hinſicht berettet werden. Die Wohltätigkeitsverbände können den Kindern nunmehr ſtatt—5½ höchſtens dreieinhalb Wochen den Land⸗ aufenthalt gewähren. Dieſe Zeit iſt für ſchwache Kinder kaum ausreichend. Noch viel ſchlimmer geſtaltet ſich die Lage für die Familien, die in die Sommerfriſche ziehen wollen. Statt die Sparluſt für eine ſtärkende Sommerfriſche den Leuten zu er⸗ leichtern und anzuregen, hemmt man ſie. Es iſt unmöglich, daß alle Väter mit ſchulpflichtigen Kindern auch nur drei Wo⸗ chen Urlaub nehmen in einem Monat. Es muß ein Teil der Urlauber in den erſten drei Wochen, der andere in den zweiten drei Wochen ziehen können, um einigermaßen zurecht zu kom⸗ men. Die Penſionspreiſe werden ſteigen, die Familien⸗Som⸗ meraufenhalte werden gekürzt, die Kinder treten wenig erholt in die Schule ein. Wo iſt der Gewinn? Iſt der preußiſche Brauch auch der beſte? Es ſoll eine zweiwöchige Ferienzeit in die angenehmen Herbſttage verlegt werden. Wer ſchafft ſich den Gewinn? F. * Zeitorientierung Durch die Verkehrsübergabe der neuen Friedrich Ebert⸗ Brücke hat die Stadt Mannheim ihren Einwohnern ein prak⸗ tiſches Weihnachtsgeſchenk beſchert. Beſonders wertvoll iſt die Brücke für alle die, die durch ihre geſchäftlichen Obliegenheiten dieſe mehrmals benützen müſſen. Nur eines vermiſſe ich dringend. Obſchon die Mehrzahl aller Paſſanten im Beſitze eines Zeitmeſſers iſt, wäre es dringend erwünſcht, wenn ein vanftlicher“ Ehronometer jedem die richtige Zeit vermitteln würde. Die Anlage iſt derart günſtig, daß ſich entweder dies⸗ ſeits pder ſenſeits des Brückenkopfes eine Uhr anbringen ließe. Ich und viele andere empfinden es als eißſtand, daß man keine Gelegenheit hat, ſich nach der Zeit zu orientieren, oß man von Käfertal oder Feudenheim kommt. Durch die Renzſtraße, Tennisplatz—Goetheſtraße bis zum Waſſerturm muß man, um endlich zu ſehen, in welcher Zeit man lebt. Ich glaube beſtimmt, daß die Stadtverwaltung auch ſelbſt ſchon daran gedacht hat, aber immerhin hat ein öffentlicher Hin⸗ weis eine Angelegenheit doch ſchon ſchneller ihrem Abſchluß entgegengebracht! 97 5 F. Schchr. *X Straßendiſziplin In Mannheim muß man leider immer wieder die Feſt⸗ ſtellung machen, daß die Fußgänger die einzige Qualität, die im Verkehrsleben von ihnen verlangt wird, nämlich gehen zu können, nicht haben. Während ſich die Mannheimer Bür⸗ ger allen übrigen Lebensverhältniſſen raſch zeitgemäß an⸗ paſſen, ſehen ſie auf der Straße nicht nach rechts und nicht nach links, ſondern ſchieben einfach aufs Ziel los, plaudernd, eitungleſend oder lauſen überhaupt ziellos auf dem Fahr⸗ amm herum. Viele gehen ſo für ſich hin, daß man glauben möchte, ſie ſuchen nichts als den Tod. Es erweckt ſaſt den Anſchein, als hätte man es mit lauter Selbſtmordkandidaten zu kun, die mit dem Leben fertig ſind und denen die nächſt⸗ beſte 1 ins Jenſeits befördert 5 werden, gerade recht iſt. Wieder andere haben nie mehr Gedanken im Kopf, als ausgerechnet auf der Straße, wobei ſie die Hupenſignale der Kraftwagen und Motoxräder keineswegs als Störung em⸗ pfinden. Berlin oder Hamburg, von Mannheimern bevölkert, würde bis abends einem Leichenfeld nach einem Großkampf⸗ tage im Kriege gleichen. Fährt man in Mannheim im Auto durch die Stadt, ſo möchte man am liebſten jeden Augenblick ausſteigen und einen vor dem Wagen herumtorkelnden Fuß⸗ gänger über die Straße bringen, damit er heil hinüberkommt und man ſelbſt weiterfahren kann. Es klingt vielleicht ein wenig übertrieben, aber bei einigem Beobachten wird jeder ſeſtſtellen müſſen, daß es ſtimmt. Da man aber nie die Hoff⸗ nung aufgeben ſoll, ſo will auch ich hoffen, daß ſich die Mann⸗ heimer recht bald in die veränderten Verkehrsverhältniſſe hineinfinden werden. DIXI. Deffentlicher Brief an den Stabtrat Mannheim Iſt dem verehrlichen Stadtrat bekannt, duß auf dem Städt. Gaswerk K1 an Wochenabenden und ſogar Sonntags Ueberſtunden Aent t werden? Es gibt doch in Mannheim ſo viele ältere ſtellenloſe Kaufleute, die froh wären, wenn ſte ſich zur Exleichterung ihres Elends einige Mark verdienen könn⸗ ten. Sfnd das die Ertungenſchaften unſerer ſogenannten demo⸗ kratiſch⸗ſozialen Regierung? Es iſt doch im Reichstag aus⸗ drücklich beſchloſſen wörden, Behörden und Induſtrien zu ver⸗ anlaſfen, daß Ueberſtunden nicht gemacht werden, d h. daß bei Mehrarbeit weitere Kräfte eingeſtellt werden ſollen und daß dieſer Beſchluß auch Geſetz wird. Was nützt uns die Vorlage. eines Achtſtundengeſetzes, um der Arbeitsloſigkeit zu ſteuern, wenn ſogar die Behtrden das Gegenteil verlangen und eigen⸗ mächtig ein 10—12 Stundengeſetz machen. Justitia. Wünſche für den Neckarbaum Frage an die wohllöbliche Stadtverwaltung: Iſt Neuoſt⸗ eim ein Teil der Stabtgemeinde Mannheim oder wem gehört ieſes Gebiet? Dieſe 17 5 iſt inſofern berechtigt, als z. B. der Neckardamm bis zur Riedbahnbrücke in letzter Zeit wie⸗ derum ſchön mit ſeinem Kies in Ordnung gebracht wurde, während die Fortſetzung bis zur Feudenheimer⸗Fähre in ihrem urſprünglichen Zuſtand gelaſſen wurde. Einen Ueber⸗ ang im Zuge der Leiblſtraße vom Paul⸗Martin⸗Ufer zum eckardamm hat man jetzt nach dem ſchrecklichen Unfall auch er⸗ ſtellt. Es wird vorausgeſetzt, daß noch ein einfaches Treppen⸗ geländer angebracht wird, damit auch ältere Perſonen die etwas hohen Stufen gefahrlos benutzen können. Hierbei iſt aguch an die Kindermädchen zu denken, die mit ihren Schütz⸗ lingen im Kinderwagen die Schienen überaueren müſſen. Wer weiß, wie leicht hierbei ein Kinderwagen umkippen und das e Menſchenkind durch Aufſchlagen auf die Schotter⸗ ſteine oder Schienen zu Schaden kommen kann, wird nicht ableugnen können, daß dringend Abhilfe geſchaffen werden muß. Es hat lange genug gedauert, bis von der Straßenbahn⸗ wagenhalle bis zur Ottio Beck⸗Straße ſchienengleiche Ueber⸗ gänge geſchaffen wurden. Alſo liebe Stadtverwaltung, laſſe eim paar Fuhren Schlacken da draußen anfahren und mit dieſen durch einige Arbeitsloſe noch ein paar Uebergänge her⸗ ſtellen. Da gerade von Neuoſtheim die Sprache iſt, wird hiermit an die Straßenbahnverwaltung die Bitte gerichtet, an der Endhalteſt⸗lle für Schutz gegen die Witterungsunbilden einen hierzu geeigneten Wagen aufzuſtellen, deſſen Fehlen bei dem jetzigen unbeſtändigen Wetter ſich beſonders an Sonn⸗ tagen ſehr unangenehm bemerkbar macht. Ferner dürfte es nichts ſchaden, das Verbot, die Betten zu den Fernſtern nach der Straße hinauszulegen, wieder in Erinnerung zu bringen. Ein Neuoſtheimer. bin in vielen Städten des In⸗ und Auslandes geweſen und Wunſch, daß es wieder wie früher wird, als der Bauer oder lauer Univerſitätsklinik eine 45 Jahre alte Frgu, die eine Die Beſtrahlung kann, ohne Schaden für den Patienten im Straßenbahnſchmerzen derer, die von und zur Rheinau wollen Glaubt ihr wirklich meine Lieben, Daß es mir ſo Freude macht, Früh am Morgen, kurz nach ſieben, Wenn es noch ſtockdunkle Nacht Auf die Straßenbahn zu warten Zwölf Minuten und oft mehr, Einerlei ob Sturm und Regen, Schnee und Kälte um mich her? Doch enbdlich, ſieh, da naht ſie ſchon Der Scheinwerfer blitzt wie zum Hohn. Ein Blick aufs Schild, Du biſt belehrt, Daß nur bis Neckarau ſie fährt. Nun raacht'r Dir, Du biſt empört, Nein, ſo was iſt doch unerhört! Und kommt ſte endlich angeſchnurrt, Und nimmt Dich gnädig mit, Du kummſt Dir wie ein Hering vor, zu engen Faß. u wirſt gequetſcht, gepufft, gepreßt, Das macht bei Gott kein! Spaß. Drum hochverehrte Straßenbahn, Nimm' Dich mehr Deiner Gäſte an, Auch jener, die nach Rheinau wollen Du brauchſt die Augen nicht zu rollen. Schick ihnen 1, 2 Wagen mehr Früth zwiſchen ſieben und acht, Und abends dann, wenn der Verkehr Die größten Sprünge macht. Schreibſt Du Dirs hinter die Ohren, Dann ſind meine Worte nicht verloren. Milchlieſerung ins Haus Unterzeichneter kommt auf die Ausführungen des Bürgermeiſters Dr. Walli in Nummer 36 der„...“ bezüglich der Lieferung von Milch frei ins Haus zurück. Ich XIV. Z. habe viele Einrichtungen geſehen. Ich habe nur den einen Händler mit ſeinem Hunde⸗, Eſel⸗ oder Pferdegeſpaun mit der Milch in die Stadt kam und mit leeren Kannen und vollem Wagen mit Küchenabfällen für das Vieh wieder ver⸗ ließ. Es wird nicht zu beſtreiten ſein, daß falls die Milch ins Haus gebracht würde, Tauſende Liter Milch mehr verkauft würden. Die Milchhändler werden es ſich nicht nehmen laſſen, einwandfreie Milch zu liefern, um die Kundſchaft zu⸗ ſierte Wirtſchaft. lin den nächſten Tagen vorſprechenden Herren, vuler in dir,Kene Munnbeimer zelung“ frieden zu ſtellen. Ich leſe in Nr. 41 der„...“ von Mil⸗ lionenverluſten der Stadt Frankfurt a. M. durch kommunali⸗ Es wäre bald mal an der Zeit, daß die Städte ſich nicht in Sachen miſchten oder Geſchäfte machten, die ſie nichts augehen! Für was ſind denn die Steuerzahler da? Oder glauben die Städte, ſie könnten alles allein machen. Dann ſollen ſie uns auch mit Steuer verſchonen. Alle waren froh, daß wir neue ſtaubfreie Müllkübel bekommen, aber wie ſieht es aus mit der ſtaubfreien Entleerung? Früher konnte man den Mülleimer in den Müllkübel ſtellen und ent⸗ leeren und es gab keinen Staub. Da die neuen Kübel einen zu kleinen Durchmeſſer haben, iſt man gezwungen, den Eimer mit Aſche von oben in den 20 em zu tiefen und 20 em zu ſchmalen ſtehenden Kübel zu ſtürzen. Den Sachverſtändigen, die dieſe Kübel gutgeheißen haben, gebe ich den Ratſchlag, es mal mit Brikett⸗Aſche zu verſuchen und dann ihr Gutachten abzugeben. 95 E Nachklänge zur Denkmalsweihe in Mannheim⸗Waldhof Es iſt kein Geheimnis mehr, daß das am 5. September 1926 [der Stadtverwaltung Mannheim übergehene Denkmal für 320 Gefallene des Stadtteils Waldhof noch nicht ganz bezahlt iſt. Vorerſtihat die Stadtverwaltung die noch feh⸗ lende Summe zur Verfügung geſtellt, damit die beteiligten Handwerker zu ihrem Gelde kamen, aber der Tag der Rück⸗ zahlung kommt immer näher. Vier Herren der Arbeitsge⸗ meinſchaft bleiben für die Rückzahlung des Darlehens per⸗ ſönlich verantwortlich, denn e haben ſich keine Idea⸗ liſten gefunden, die hochherzigerweiſe die Schuld getilgt hätten. Die Arbeitsgemeinſchaft hofft daher mit Hilfe der Bevölferung aus der für beide Teile recht unangenehmen Sitgation zu kom⸗ men, indem ſie zu einer Hausſammlung ſchreitet. Sie richtet an die verehrliche Bevölkerung die herzliche Bitte, den die bezirks⸗ amtlich genehmigte Liſten vorzeigen, ihr Scherflein nicht zu verſagen. Laſſen wir uns leiten von dem Gefühl der Dauk⸗ barkeit und ehren wir unſere Toten, die für uns alles getan, ihr Herzblut vergoſſen. 10* der erfaſirene Mapitùn hei gefiſirlicmen Flellen eines Lotsen Dedarf, so der genandte Naufmaunmn der Neſtſume. Noctke feller. Ein Blit über die Welt Ein 700 Jahre altes Schloß abgebrannt— Eine ver hängnisvolle Röntgendurchleuchtung— Das anſteckende Lachen— Wölſe bei Neapel— Das eingeſargte Ver mächtnis— Für 30 000 Pfund Ringe geſtohlen— Ein Deutſchlaud Ein gefährliches Großfeuer entſtaud vor einigen Tagen auf dem Rittergut Bandelin bei Gükow in Pommern, das dem Grafen Behr gehört. Das FJeuer kam im Schloß zum Ausbruch, als die Bewohner im Schlafe lagen. Die gräfliche Familie konnte ſich nur notdürftig bekleidet retten. Auch die übrigen Hausbewöhner mußten mit Hilfe von Leitern aus dem Bett heraus ins 175 gebracht werden. Leider gelang es nicht, den Hauslehrer der gräflichen Jamilie, Böſing⸗ haus, zu retten er iſt inden Flammen umgekommen. Trotzdem die Greifswalder Feuerwehr mit der Motorſpritze und auch die Wehr von Gützkow alsbald erſchienen waren, mußten ſie ſich darauf beſchränken, die Nachbargebäude zu ſchützen. Das 1 17 dreiſtöckige Schloß, ein Gebäude von hiſto⸗ riſchem Wert, das ſchon ſiebenhundert FJahre im Beſitz der Fa⸗ milie iſt, iſt völlig niedergebraͤnnt. Auch die wertvolle innere Einrichtung, Gemälde und Sammlungen, iſt ein Raub der Flammen geworden. 4 Vor einiger Zeit ſollte in der Frauenabteilung der Bres⸗ ſchwere Operation überſtanden zur Herbeiführung eines Schlußgutachtens mit Röntgenſtrahlen durchleuchtet werden. Gefolge zu haben, nur vorgenommen werden, wenn in den Apparat eine Filter eingeſchoben wird. Unglücklicherweiſe lag dieſe Filter nicht an der gewohnten Stelle, und die Aſſiſtentin vergaß deshalb, ihn einzuſchieben. Die Frau wurde ſehr ſchwer verbrannt; ſie iſt für die Folge gebrechlich und in einen ner⸗ vös⸗hyſteriſchen Zuſtand geraten. Der Arzt hatte ſich jetzt we⸗ gen fahrläſſtiger Körperverletzung zu verantworten. Der Kern⸗ punkt der Frage in der Gerichtsverhandlung war, ob er für die Unterläſſungsſünde der Aſſiſtentin verantwortlich zu ma⸗ chen ſei. Die Sachverſtändigen ließen im allgemeinen die Frage unbeantwortet. Der Staatsanwalt vertrat den Stand⸗ punkt, daß der Arzt bis zu dem Augenblick zugegen ſein müſſe, bis der Apparat funktioniere. Der Strafantrag gegen die Afftſtentin lautete auf 75.I, gegen den Arz auf 450 3% Geldſtrafe. Das Gericht verurteilte die Aſſiſtentin zu 0 R.„ Geldſtrafe oder vier Tagen, den Arzt zu 350./ Geldſtrafe oder vierzehn Tagen Gefängnis. Deſterreich In dem Konzerthaus in Wien wurde während eines Vortragabends ein Mann von einem Lachaufall ergriffen, als die eine der auftretenden Künſtlerinnen das engliſche Gedicht „Spring elegning“ e ee Das Ge⸗ lächter des Mannes war ſo ſtark, daß die Künſtlerin ihren Vortrag unterbrechen mußte. Es erwies ſich außerdem als anſteckend und die vortragende Künſtlerin war die erſte, die mit einſtimmte. Bald folgte ein großer Teil der Zuhörer, bis ſich ſchließlich niemand mehr des Lachens zu erwehren vermochte. Inzwiſchen war aber der Zuſtand des Mannes, der den ganzen Saal angeſteckt hatte, beunruhigend geworden. Er mußte aus dem Saal hinausgeführt und nach der nächſten Unfallſtation gebracht werden, wo man ihn in ärztliche Be⸗ handlung nahm. Erſt nach längerer Pauſe konnte der Vor⸗ tragsabend ſeinen Fortgang nehmen. Italien Daß ſoweit ſüdlich in Italien, wie in der Gegend von Neapel, Wölfe auftreten, iſt ein überaus ſeltenes Ereignis, von dem aber jetzt römiſche Blätter berichten. Ein Bauer namens Antonio Gic ia liegt in einem Neapeler Kranken⸗ hauſe ſchwer verletzt darnieder, und zwar durch die Biſſe, die er au verſchiedenen Teilen ſeines Körpers erhalten hat. Die Raubtiere, die durch Hunger getrieben aus den Bergen her⸗ unterkamen, griffen ihn bei Salernd an, und er war bereits ſchwer verwundet, als an⸗ dere Bauern auf ſeinen Hilferuf herbeieilten und durch Schüſſe die Wölfe verſcheuchten. Schweben Ein kitzlicher Rechtsfall beſchäftigt gegenwärtig das Ober⸗ ſtatthalteramt der ſchwediſchen Hauytſtadt. Dort hat der Heu⸗ händler Werner Janſſon den Antrag geſtellt, den Sarg ſeinem Haus in FFiſeinne bei Prinz, dem kein Bett paßt— Frau Chaplin unter Bewachung— Dürre und Hungersnot in Trausvaal ſeiner im Jahre 1884 verſtorbenen und in einem Erhbegräb⸗ nis beigeſetzten Schwiegermutter öffnen zu dürfen. Als Grund gibt er an, er habe davon Kenntnis erhalten, daß ein von dieſer zugunſten ſeiner letzigen Frau ausgeſetztes Ver⸗ mögen in ſeine vön 300 000 Kronen von dem Gatten der Ver⸗ ſtorbenen ſeinerzeit abſichtlich in den Sarg eingelegt worden ſei, um es der außerehelichen Tochter der Verſtorbenen, die den erſten Geſellſchaftskreiſen augehörte, zu entzichen. Janſſon erklärt ſeinen eigenartigen Antrag damit, daß ſeine Frau über ihre Herkunft vollkommen im unklaren gelaſſen worden ſei und ihre Mutter bei Lebzetten das vor der Ehe geborene Kind verleugnet, vor ihrem Tode jedoch dieſem teſtamentariſch einen Teil ihres beträchtlichen Vermögens, einen Betrag von 300 000 Kronen, vermacht habe. Dies ſei außer ihrem Gatten nux zwei Bedienten bekannt geweſen. die das Vermächtnis als Zeugen unterſchrieben hätten. Von dieſen aber habe er erfahren, daß der Gatte jenes Vermächtnis der Toten mit in den Sarg gegeben babe, um ſich um die Auszahlung des Legates zu drücken. Die ge⸗ nannten Zeugen ſeien angeblich bereit, ihre Ausſagen zu be⸗ ſchwzren. Trotzdem haben bisher alle Inſtanzen, an die Janſſon ſich mit ſeinem Antrage auf Oeffnung des Sarges der angeblichen außerehelichen Mutter ſeiner Frau gewandt hat, dieſen abgelehnt. Man iſt nun ſehr geſpannt auf die Entſcheidung des Oberſtatthalteramtes in dieſer Sache. England MRaub, bel dem der Kraftwagen eine Rolle ſpielt, wirbd immer mehr Mode. Ein beſonders kühner Raub wurde in London am hellen Tgge in einer Straße des Stadtteſles Kenſington ausgeführt. Vor einem Juwelierladen hielt ein Kraftwagen. Einer der zwei Inſaſſen ſprang heraus, ichlug mit einem Hammer ein großes Loch in das Schau⸗ fenſter, ergriff blitzſchnell einen Teller mit Ringen im Werte von etwa 30 000 Pfund und war mit einem Satz wieder im Kraftwagen, der mit einer Schnelligkeit von einigen 60 Kilo⸗ metern davonfagte. Die Vorgänge ſpielten ſich in wenigen Sekunden ab. Ein berittener Schutzmann, der dem Kraft⸗ wagen nachgaloppierte, hatte eine etwas komiſche Rolle. 1 Amerika Der Beſuch bes ſchwediſchen Prinzen Wilhelm in den Ver inigten Stagten bat zu eigenartigen Folgen geführt. Da der Prinz bei ſeiner Körpergröße in keinem Hotel Nen⸗Eng⸗ lanbs ein paſſendes Bett finden konnute. hatte man im Parla⸗ ment von New⸗Hamſhire ein Geſetz eingebracht, wonach die Hotels aufgefordert werden, ein oder zwei über 6 Fuß lange Betten ſtändig bereitzußalten. Das Geſetz wurde jedoch von der geſetzgebenden Verſammlung als undienliche Geſetzgebung abgelehnt. Auf Wunſch von Frau Chaplin ſind vor und in der Villa des Künſtlers in Beverley Hills Detektive ſtatſonſert worden, um Frau Chaplin und ihre Kinder gegen Ueberflle und Bombenattentate zu ſchützen. Dieſe Maßnahme iſt zu⸗ rückzuführen auf die Drohbriefe, die Lita Gray zu Hunderten täglich aus allen Teilen der Vereinigten Staaten erbält und die ſie mit Gewaltanwendung bedrohen, wenn ſie die Schei⸗ dungsklage gegen ihren Mann nicht zurückziehe. Nach Angabe der Anwälte der Frau des Künſtlers ſoll ein Brief wörtlich lauten:„Falls Sie diecklage nicht ſofort zurückziehen, werden Sie im Laufe des Februars ſterben.“— Ein echt amerikant⸗ ſcher Rummel! 8 5 Afrika Die anßaltende Dürre in Tronsnaal hat dort Bereits un⸗ geheuxen Schaden angerſchtet. Allein im Diſtrikt Pieters⸗ hurg ſind über 50 000 Stuck Vieh umgekommen. Die Regierung macht die arößten Anſtrengungen, um Ingenieure mit Bohrmaſchinen und Pumyen ſo raſch wie möalich nach den betroffenen Gegenden zu bringen und durch Erſchließung neuer Brunnen dem Vießſterben ein Ende zu machen. Auch Jiim nördlichen Transvaal herrſchen furchtbhare Zuſtände. Die Eingeborenen ſind dem Hungertod nabe, da die geſamte Ernte nerdorrt iſt. Hilserneditionen mit Lebensmitteln ſind aus Johannesburg und Pretoria abgegangen Selte. Nr. 60 5 Nene Mahnzeimer Zeikung(Atbend⸗Ausgabe] irtiehakts · und Handelsz Samstag, den 8. Jedrar 2877 2 Weirtſchafts und Vörſenwoche Abſatzkriſe= Produktionskriſe Amtliche Wirtſchaftspolitik/ Amerika gegen die deutſche Noheiſeneinfuhr Das Haager Schiebsgerichtsurteil eine Mehrbelaſtung der deutſchen Wirtſchaft 7 Man mag in der Beurteilung der Wirtſchaftsbewegung aufſeiten von Geheimrat Klöckner ſtehen oder ſich mehr der Auffaſſung von Geheimrat Reuſch nähern, d. h. die Geſamtentwicklung der deutſchen Volkswirtſchaft betont opti⸗ miſtiſch oder mehr abwartend betrachten, die Lage iſt auf jeden Fall derart, daß trotz der weiter anhaltenden Konjunktur⸗ belebung alle Kräfte geſammelt und alle Sinne geſchärft nur auf das eine Ziel, auf die endgültige Ueberwin dung der deutſchen Wirtſchaftskriſe hinarbeiten müſſen. Der Hemmungen ſind es noch viele, die zu überwinden ſind und die Belebung einzelner Induſtriezweige bedeutet noch keineswegs die Geſundung der deutſchen Geſamtwirtſchaft. Trotz der Beſſerung einzelner Gruppen und trotz der all⸗ gemeinen Hauſſeſtimmung an der Börſe hat die Abſatz⸗ kriſe in Deutſchland nur eine ganz unſcheinbare Milderung erfahren und wir haben nach wie vor mit einer Ein⸗ ſchränkung der Konſumbedürfniſſe zu rechnen. Wenn auch der Arbeitsmarkt in der letzten Woche wieder eine geringfügige Entlaſtung erfahren hat, insbeſondere durch die Mehreinſtellung von Arbeitskräſten in der rheiniſch⸗weſt⸗ fäliſchen Montaninduſtrie, ſo iſt die Entſpannung doch zu geringfügig, um aus ihr Rückſchlüſſe auf die Stetigkeit der Konjunkturbewegung ziehen zu können. Die Erwerbsloſig⸗ keit iſt und bleibt der Gradmeſſer für unſere wirtſchaftlichen Produktionsmöglichkeiten und wenn die Zahl der Erwerbs⸗ loſen in den letzten Wochen ſich gegenüber der Entſpannung Ende des Jahres nicht unweſentlich erhöht hat, ſo beweiſt das nur, daß die ſchwierigen Abſatzverhältniſſe in Deutſchland immer und immer wieder zu einer Pro⸗ duktionskriſe führen, die auch durch weitgehendſte Mationaliſierungsbeſtrebungen nicht reſtlos gebannt werden kann. An irgend einer Stelle bricht die vielfach künſtlich verſtopfte Quelle der inneren Wirtſchaftsnot immer und immer wieder hervor. In der Regierungserklärung des ſo ſchwer und unter teilweiſen unerfreulichen Begleiterſcheinungen zuſtande⸗ gekommenen Kabinetts nimmt darum nicht mit Unrecht die Wirtſchaftspolitik undSozialpolitik einen brei⸗ ten Raum ein. In dieſem Punkte ſcheinen ja auch nahezu alle Parteien einig zu gehen und es iſt nur zu wünſchen, daß das Parlament endlich einmal die Sachlichkeit findet, die ein ſchnelles durchgreifendes Arbeiten der Regierung ermöglicht. Die Mahnung Hindenburgs zur ſachlichen Arbeit zum Wohle des Vaterlandes in Verbindung mit der Geſamtlage ſollte die politiſchen Unterſchiede überbrücken können, damit die Regie⸗ rung ihr Wirtſchaftsprogramm, das in allererſter Linie neben der Sicherung und Vertiefung des Arbeitsfriedens auf eine Stärkung der deutſchen Produktionskraft hinzielt, ruhig und ungeſtört durchzuführen vermag und das ſeinerſeits geeignet iſt, das unabläſſige Bemühen der vrivaten Wirtſchaftskreiſe aufs Beſte zu unterſtützen. Leider ſcheinen derartige Selbſt⸗ verſtändigkeiten in der volitiſchen Athmoſphäre des Reichs⸗ tages untergehen zu wollen.— Wenn wir nicht mal zu einer klarumriſſenen innerdeut⸗ ſchen Wirtſchaſtspolitik gelangen können, um wieviel weniger wird es uns dann gelingen, eindeutige und ſtarke Außen⸗ politik zu treiben. Wann endlich können wir dann auf eine Reviſion des Dawesplanes hoffen? Neben der An⸗ paſſung unſerer Zahlungen an die deutſche Leiſtungsfähigkeit, müſſen wir unbedingt auf ſchnellſte Beſeitigung der turm⸗ hohen Schwierigkeiten dringen, die den deutſchen Handels⸗ beziehungen zur Erfüllung des Dawesvylanes entgegenſtehen. Boekanntlich iſt von allen internationalen Wirtſchaftsſachver⸗ ſtändigen immer wieder betont worden, daß der Dawesvlan nur dann Ausſicht auf. zeitliche oder dauernde Durchfſhr⸗ barkeit hat, wenn es der deutſchen Wirtſchaft ermöglicht wird, durch Steigerung des Exports die Revarationen zu erarbeiten. Wie will man hiermit aber die nenen amerikanſſchen Maßnanmen gegen die deutſche Roheiſenein⸗ fuhr in Einklang bringen, durch die der dentſche Eiſenerport nach Amerika einen barten Schlag erhält? Dieſer Schlag wird obendrein in einem Angenblick geführt. in dem die Belaſtung Fer deutſchenVolkswirtſchaft durch das Urteil des Haoager Schiedsgerichts über die Entſchädigung der Liqui⸗ dationsſchäden noch um—10 Mifliarden erhößt wird. In mancher Hinſicht iſt dieſe Mehrbelaſtung für die dent⸗ ſche Wirtſchaft von noch größerer Wichtigkeit, als die Frage der Freigabe der in den Vereinigten Staaten während des Krieges beſchlagnahmten deutſchen Vermögen, die in Deutſchland ſo eifrig erörtert wird und auch für die Börſe immer wieder Bedeutung gewinnt. Aber auch in dieſer Frage iſt in letzter Zeit eine Veränderung der Lage zu Un⸗ gunſten Deutſchlands eingetreten. Die Amerikauer ſcheinen von dem freizugebenden deutſchen Eigentum ſo erhebliche Teile zur Sicherung angeblicher Anſprüche amerikaniſcher Staatsbürger zurückbehalten zu wollen, daß infolgedeſſen die Freigabe unter Umſtänden überhaupt keine große Vermehrung der deutſchen Kapitaldecke mehr zur Folge haben dürfte. Damit verſchwindet wieder eine Hoffnung, die man in Deutſchland auf das Entgegenkommen des Auslandes geſetzt hat. Was die Lage der einzelnen Wirtſchaftszweige anbelangt, ſo iſt feſtzuſtellen, daß der Kohlenabſatz trotz der milden Witterung und trotz des Erſtarkens der engliſchen Konkurrenz dauernd befriedigend iſt. Viel erörtert wird gegenwärtig der engere Zuſammenſchluß der großen Kohlenzechen im Ruhr⸗ revier, die ſich anzuſchicken ſcheinen, das Beiſpiel, das die Eiſenwerke durch die Gründung der Vereinigten Stahlwerke, der Oberſchleſiſchen Hüttenwerke und der Mitteldeutſchen Stahlwerke gegeben haben, nachzuahmen. Ob die Konzentra⸗ tion auf Grund allgemeinen Einvernehmens ſich vollziehen wird, oder ob auch hier Intereſſenkämpfe und Aktienaufkäufe an der Börſe das Kennzeichen des Ringens um die Verein⸗ heitlichung der Pröduktion ſein werden, läßt ſich zur Zeit noch nicht überſehen. In der Schwerin duſtrie und in der Seeſchiffahrt verſuchen die durch die Börſenaufkäufe ſich bedroht fühlenden Unternehmungen(Mannesmannröhren⸗ werke und Hamburg⸗Südamerikaniſche Dampfſchiffahrt) durch Ausgabe neuer Schutzaktien ihre Unabhängigkeit zu vertei⸗ digen. Mau wird ſehen, wie lange und mit welchem Erfolge. Im Ruhrbergbau haben die vier Bergarbeiterberbände ſo⸗ wohl den Manteltarif wie das Ueberarbeitsabkommen ge⸗ kündigt. Auch in anderen Induſtrien, ſo z. B. in der chemi⸗ ſchen, macht ſich das Er wachen von Lohnbewegungen bemerkbar, die, wenn es nicht gelingt, die Arbeitsparteien rechtzeitig zu einer Einigung zu bringen, die eben erſt ein⸗ ſetzende Erholung der deutſchen Wirtſchaft leicht empfindtlich ſtören können. Immer von neuem überflutet eine Hauſſewelle die Börſe, immer wieder folgen Börſenſpekulation und Publikum Großinduſtrie und von anhaltenden Käufen des Auslandes ausgehen. Mitunter gibt es eine Abſchwächung meiſt dann, wenn an einem Tage die großen Kauſaufträge der Induüſtrie nachlaſſen. Aber meiſt bringt ſchon der nächſte Tag neue Seu⸗ ſationen, neue ſtarke Steigerungen. In der abgelaufenen Woche nahm das Privatpublikum und auf ſein Beiſpiel hin auch die Börſenſpekulation umfangreiche Gewinnreali⸗ ſationen vor. Insbeſondere war es die Kundſchaft der De⸗ pyſitenkaſſen der Großbanken, der deutlich nahegelegt wurde, einmal Gewinnſicherungsverkäufe vorzunehmen, weil die Großbanken, auf dieſe Weiſe eine erhöhte Zeichnungsbeteili⸗ gung an der neuen Reichsanleihe und an den zahl⸗ reichen anderen Neuemiſſionen zu erreichen hofften. Die Börſenſpekulation ging daxaufhin, ſowie auf das Herauskommen eines recht unfangreichen Materials aus Prämiengeſchäften ebenfalls mit Abgaben vor, zumal ſie durch eine Anzaßhl von Dividendenenttäuſchun⸗ gen, ſo durch die Dividendenloſigkeit von Gelſenkirchen und Phönix verſtimmt war. Die Börſenſvekulation trägt über⸗ haupt eine nervöſſe Unſicherheit zur Schau, ſte traut der jetzigen übergroßen Geldflüſſigkeit nicht ganz, und kann ſich auch nicht ganz der Beſorgnis entzie hen, daß— zum min⸗ deſtens allmählich— die zahlreichen Neuemiſſionen und zu⸗ nehmender Geldabruf der Induſtrie die Geldmarktlage in einer für die Effektenſpekulgtion ungünſtigen Weiſe beein⸗ fluſen könnten. Zur Zurückhaltung der berufsmäsigen Bör⸗ ſenſpekulation trug insbeſondere die Unklarheit darüber bei, ob der Reichsbankyräſident den Erlös aus der neuen Reichs⸗ anſeile ſofort an die Reichsbank übertragen oder ob er ihn vorerſt dem offenen Geldmarkt laſſen wird. Von dieſer Un⸗ ſicherheit hoben ſich umſo desttlicher die großen ſchon oben er⸗ wähnten Käufe der Induſtrie ab. ee 22: Kohlenkontor Weyhenmeyer u. Co. Die geſtrige Geſellſchafter⸗ verſammlung des Kohlen⸗Kontors Weyhenmeyer u. Co., genehmigte den Jahresabſchkuß und beſchloß die Verteiſung eines Kapitalzinſes von 6 v. H. ſowie eine Dividende von 10 Pſg. je Tonne Beteiligung. Vergl. Granhit⸗ u. Tiegelwerke Obernzell⸗Untergriesbach Ac. Zu unſerer Mitteilung im beutigen Mittagsblatt werden wir gebeten, darauf hinzuweiſen, daß die Entlaſtung von AR. und Vor⸗ ſtand mit allen gegen die Stimmen eines Aktionärs. der rd. 17 v. H. des AK. vertrat und ſich gecen die Entläſtung der beiden Mit⸗ »lieder der Hirſcheruppe wandte, ertefft wurde. ——— den Lockrufen, die von ſuſtematiſchen Aufkäufen ſeitens der Führung von Hanſa⸗Aktien. Anleihenotierung an der Mannheimer Borſe Ablöſungsanleihenotiz ab 15. Februar Für die Notierung und Lieferung von Papiermarkanleihen des Reiches und der Länder, ſoweit ſie zum Umtauſche gegen Auleihe⸗ ablöſungsſchuld des Deutſchen Reiches aufgerufen ſind(mit Aus⸗ nahme von deutſcher Sparprämienanleihe ſowie 1923er und 1924ef „“⸗Schatzanweiſungen) ſowie von Anleihe ⸗Ablöſungs⸗ ſchuld des Deutſchen Reiches wird vom Börſen vorſtand der Mannheimer Börſe folgendes feſtgeſetzt: Vom 11. bis einſchl. 14. Febr. 1927 findet eine amtliche Kurs⸗ feſtſetzung nur noch für 5 proz. Reichs⸗(Papiermark! Anleihe ſtatt. Die Notierung aller übrigen Anleihen des Reiches und der Länder, ſoweit ſie zum Umtauſche gegen Ablöſungsſchuld des Deutſchen Reiches aufgerufen ſind(mit Ausnahme von Deutſcher Spar⸗ prämienanleihe und 1923er und 1924er„“⸗Schatzanweiſungen) fällt fort; vorliegende Limitte in den Anleihen, deren Notierung fort⸗ fällt, gelten mit Ablauf des 10. Febr. 1927 als erloſchen. Vom 15. Febr. 1927 ab erſolgt anſtelle der Notierung ſämtlicher vor⸗ erwähnter Papiermarkanleihen einſchl. der 5 proz. Reichs⸗(Papier⸗ mark) Anleihe nur noch eine Notierung von Anleihe⸗Ablöſungs⸗ ſchuld des Deutſchen Reiches lohne Ausloſungsrecht), und zwar ſo⸗ wohl zum Einheitskurſe wie auch im fortlaufenden Verkehr. Bei der Kursfeſtſtellung für die Ablöſungsſchuld(ohne Ausloſungsrecht) haben nur Beträge von 100/ und dem mehrfachen von 100%¼ An⸗ ſpruch auf Berückſichtigung. Als Mindeſtbetrag für die varfable Notiz werden 10 000 und höhere durch 5900. ¼ teilbare Beträge beſtimmt. Die Erfüllung ron Geſchäften in Anleihe⸗Ablöſunes⸗ ſchüld des Deutſchen Reiches(ohne Ausloſungsrecht) kann rom 15. Febr. 1927 ab auch durch Lieferung der vorerwähnten Pap er⸗ markanleihen des Reiches und der Länder, ſoweit ſie zum Um⸗ tauſche in Anleihe⸗Ablöſungsſchuld des Deutſchen Reiches auf⸗ gerufen ſind(mit Ausnahme der Deutſchen Sparprämienanleihe ſowie 1923er und 1924er„“⸗Schatzanweiſungenſ im vierzig⸗ faachen Betrage des in Anleihe⸗Ablöſungsſchuld geßandelten Nennenswertes erſolgen. Bei allen bis einſchl. 10. Febr. 1927 abge⸗ ſchloſſenen Geſchäften in Paniermarkanleihen des Reiches und der Länder kann der Käufer die Lieferung in derjenigen Anleihegattung verlangen, über die der Abſchluß erfolgt iſt, ſofern er dieſen An⸗ ſpruch bis einſchl. 14. Febr. 1927 dem Verkäufer gegenüber ſchriftlich zum Ausbdruck bringt. Bei allen nach dem 12. Febr. 1927 fällicen Geſchäften in Papiermarkanleihen des Reiches und der Länder(mit Ausnahme derjenigen in Deutſcher Sparprämienankeihe und ⸗192ger und 1924er„“⸗Schatzanweiſungen) kann der Verkäufer ſtatt der ge⸗ handelten Wertpaviere ganz oder teilweiſe ede andere Gattung der aufgerufenen Anleihen liefern; die Lieferung kann ſauch erſolgen in je 30 4 deutſcher Abölöſungsſchuld lohne Auslofungsrecht) für je 2000 der alten Papiermarkanleihen. „Die Notterung von Deutſcher Sparprämjenauleihe und loeger und 1924/er„“⸗Schatzaunweiſungen wird vom 1. März 1927 ab eingeſtellt. Vörſenberichte vom 3. Jebruar 1927 Mannheim gut behauptt Am Wochenſchluß war der Altienmarkt gut behnuptet. Nach⸗ frage beſtaud wieder für eine Reihe von Spezialwerte ſo u. a. für Knorr, Rheinmühlenwerke, Salzwerk Heilbronn und Mannheimer Gummti. Feſtperzinskiche Werte unverändert. Es notierten: Bab⸗ Bank 195, Pfälz. Hypothekenbank 261, Rhein. Creditbank 165, Südd. Disconto 183,5,.G. Farben 326, Rhenania 75, Brauerei Durlacher Hof, 16“7, Brauerei Sinner 72, Brauerei Schwartz⸗Storchen 185, Aſſekuranz 315, Mannheimer Verſicherung 154,5, Oberrgeiniſche Ver⸗ ſicherung 210, Seilwolf 92, Benz 106, Gebr. Fahr 47, Germania zinoleum 300, Knorr 199, Mannh. Gummi 100, Mez u. Söhne 97, N. S. U. 138,5, Zement Heidelberg 180, Rheineleltra 183, Rhein⸗ mühlen 130, Salzwerk Heilbronn 175, Wanß u. Frertag 214, Weſteregeln 220, Zellſtoff Waldhof 282,5, Zucker Frankenthal 130, Zucker Waghäuſel 163, alte/ Rheinbriefe 15,00. Frankfurt uneinheitlich Im Gegenſatz zu den vorhergegangenen Tagen war das Ge⸗ ſchäft an der heutigen Samstaasbörſe ziemlich beſcheiden. Allgemein wurder nicht nur große Zurückhaltung geübt, ſondern die Spekula⸗ tion ſchritt teilweiſe zu Glattſtellungen, namentlich in den bisher ſo ſtark favoriſierten Werten. Andererſeits lagen heute faſt keine Kauforders vor, ſo daß die Stimmung im allgemeinen eher zur Schwäche neigte; Kursverluſte wurden aber vermieden durch die äuerſt feſte Tendenz der Elektrowerte. Dieſem ſeither etwas ver⸗ nachläſſigten Gebiete wandte ſich heute das ganze Intereſſerder Börſe zu, Bis zum Schluß blieb die Börſe ziemlich nervös. Berlin feſt Nach der geſtern zum Schluß eingetretenen teilweiſe elapfind⸗ lichen Abſchwächung konnte ſich heute zu Beginn eine Erbolung durchſetzen, da das Privatpublilum an ſeinem Beſitz feſthält und die Baiſſe⸗Spekulation infolgedeſſen ſich zu Deckungen veranlaßt ſieht. Anregend wirlte u. a. hervortretende Kaufluſt für Farbeninduſtrie und einige Montanwerte wie Gelſenkirchener, Rheinſtahl, Rheiniſche Braunkohlen, dagegen ſetzten Ilſe Bergbau niedriger ein, da an⸗ ſcheinend die Interehenkäufe nachgelaſſen haben und man das Er⸗ gebnis der heutigen AR.⸗Sitzung abwarten will. Anſehnliche Beſſe⸗ rungen verzeichneten Eleltroaktien. Außerordentlich lebhaft mur⸗ den am Bankeymatkte Danatbank umgeſetzt beiseiner ſprungba“'ten Steicerung bis um 9 v. H. Im Verlaufe kam es auch am Schiff⸗ fahrtsaktienmarkte zu einer lebhalten Aufwärtsbewegung unter Kaliwerte lagen feſt. Kurszeitel der Neuen Mannhelmer Zeſtung Atnien und Auslandsanleihen in Prozenten. bei Stückenotlerungen in Mart je Stüce Die mit T verſehenen Werte ſind Terminkurſe während ſich die mit verſehene noch in Bi⸗ ee eeee Frankfurter Vörſe vom 3. Februar 4 08 VBank⸗Alctien. INhein Braunk. 88.0 50 ahen⸗Sunten 2 4 5 30% D. Reichsanl. O. 880C.870 16.02 4. 8. 74,—78.— Jelſt.Waldhof Sm284,784.0 Aedee Noren 1815 158 Bace 15459ſ188.5 Rodberg Darmſt, 13.—1. Juckerf. Frankenth189.980.9 85 Rüttgerswerke, 153.0156.5 eilbronn 168.0164.5 1416.—16.02 Schlinck& C. Hbg.——.— Jucderf. Offſtein 209.7 207.0 Sparprämie. 1919.5520,552 Schnellpr. rank. 173.9 1249 uckerf Rheingau———— 5% Pr. Schatzanw.—.—.— Schramm Lacf. Zuckerf. Stut'gart 163.0 184.5 19%— 5 5 1Schuckert, Nrög. 182,188.0„ 45% Preuß. Konſ.— Schubſebeir Herz—2150 eee%%„.5500.865 Seſlinduſtr. Wolff 92. 227.0,Elberfeld. Kupfer—.——.— 4% Bab An! v1819.830— .— Salzw. Heilbronn—.—175,00Elküng. Spinn. 225.0225.0 FSiemenssHalst 221.7 Se ee 00 25 Abiundb, Se de e 800 de. Denkf.Brau. Ind. 273,0268,0—. egec. Farbenind. 527 2272 Tricol. Beſtah..—.——.— faſtatter Waggon—.——.— 4% Bayr. Eif. Anl.—.870 Fagr oden gt 259.0 280;0 Crausport-Allien. Fabr Ger Pirm.—47.25 Mprenfehr dath 83.10 88.25— h, do..,6500.00 Fan ogz aer 152.5189.5 Schantungbahn—(12,20 Telt, Guiſt Carls 12.s 18J.9] Ber. deuiſc delf 0 eeeee ee e Saallnerades 290. 820 5125946500 da 1140 177 Ber renan 1870 0 e⸗ Werte. 2 e 5f. 8.—.——— 0 Arddeutſch. Llo 10„0JFrankf. Pok.& Wit. 1 f. amarinf.—24½½0 my.—.——.— 5¶9-¹e 9 —0 215 Deſter. ⸗ll. Et. B.—.—.— 15 ane..585.521 Ber. Zellſt. Verll 160,0 163.0 9% 1—.—.—% Heff. o. 89 u. 06.840.640 Termken Ban 210,0207,5 Baltmore& 55i0 101.—.— Coldſchmſdt r 172,8170,0 B0 7 St. 108,5108.0%5 1804/5—.——.— 9½%%% abgeſt..880.870 Deutſche Bank 210, Gritzuer M. Durl, 138,0134.0] VBoigt& Haff. St. 161.9 160.5 5% Bt. Reichsanl. 0, 6780,886%8205 8 5—.—.870 6Säch. St.-.19——.— Eſfett.u. Wechſ. 184. g 2 2 ee 14 Induſtrie⸗Alktien. 2 0 0 42.5 Eichb.⸗Mannh. J eee ee8— enee 195. 1 inzer St.⸗A. 255,0—.— ſen 1 %CC0 wartz ⸗Storch. 185,„0J Hirſchſeupf. u. Met: 125, 3 Hyp.⸗Bant 235,0230,0—.—— Lorch. 49001870 och uu Kieſden 100 188 . 66.90(66,25Holzmann, Phil. 199,0.186, Holzverkohl.-Ind. 109.0 Junghans Stam. Kammg, Nalcrsl. 189,04.40 Karlsruheraſch 52.7551.50 Kemp, Stettin.4300.440 Klein, Sch& Becker 120,01 Knorr. Heilbronn——2 Konſerven Braun 77.—77 Rrauß& Co., Lock. 1070 9 0 TLahmeyer& Co. 169.. Lech Augsburg 144.5148,0 Lederwerk Rothe 51750 38 Ludwigsh. Walzm 187,5 Gr. Mhm.% 15.20—.— Geal Bilfinger 192,0190,0 dallb. U..⸗G. 181.0180,0 Aiteld⸗ Creb. 196,0196.5——.965.25 Nürnberg. Bs.⸗B. 15215715 Wi ede—.—.— Se He.-24 250..288 0 Adler Klever„ 57888.0 Aaicheban,.192,7193,00A. E. 85 St.-A. 7——— AheinEredithank 158.5184.0 Afcaff öſlag; Ahein. Bop.⸗Banf—,— 22.0 Alchaft. Jeuftoff dae.e 2 25 Südd. Disconto 182..182,00 Sahnbed Darmſt. 64.—— 5 Wiener Bankber—.——.— Bad. Elektr.. 710 1150 Württb. Notenbk. 178,00178.0 Bad. Maſch. 8 MannhVerſ.⸗Geſ 175.0180,1 Baſt.⸗G. 190.—.— Bayriſch. Spiegel 97.— 88.— rankf. Allg. Ver 187.0 164.5 Bech 29 9 108.0 107,0 berch Berl—.——.— TBerzm. Elektr. 194,7 196.5 88 — d 15 . 88 — 2 ein.Nn Min———— Bing Metallwerke 52.——.— Lutz Maſchinen 48,.—47. Bergwerke⸗Alelien. Seanege 94.——.— Luß ſche Induſtr.—.— + Bochumer Guß. 202,5—— Cement Heidelb. 183,0 162,0 Mainkraftwerke.139.5 189.0 Buderus Eiſen 135.0188,5 Cement Karlſtadt 190,0199,00 Miag, Mühlb. 176.5198.5 TLuzemb. Berg 201.0198,0[ChamotteAnngw.—.— 90.— Mez Söhne——.— Eſchweil. Bergwrt———Cont. Nürnd. Bzg. 139,5139,5 Mokoren Deutzz—.——.— JGelſent. Bergw. 207.0210.0 Haimler Motor 104 5107,0 7¹ elſenk. Gußſtahl 16.75—.—D. Gold-u..-Anſt 266,0 265.0 799 9— 239.5235,0 Hyckerh.& Widm. 53,6052,— 2 223.00217.5 A et 6 84.— 775 Salzdeif..———.— Dürkoppwerk St. 84. 220 Beſteregeln 215.9217.20 Hüfſeld⸗Rat. Dürr 49.— 40,— Klöctner⸗Werke—.———.Eiſen Kaiſerslaut. 53.—81.50 2 Mannesmannr. 248,0 241.2 Tätlettr Licht u. K 108.(200.5 10derbedarf.. 138.2 188.2 Elf. Bad. Wolle 58.—57.— do. Eiſen Caro).— ee.4900,500 bönir Berabau 145.,0148,01Cmaflle St. Uürich 69,——.— Motorf. Oberurſ. 77.—77.— Neckarſ. Fahrzg.. 138,0 130.1 Nrh. Leder Spier 134.0138,0 Peter Union t. 140 00137,5 Pf. Nähm. Kayſer 89.—68.— PhilippsA-G. Frt 68.—66.— Vorzellan Weſſel 79.—78,5 Rein. Gebb& dch. 134,0/138.0 Rheinmetall.. Rheinelektr. Sta. 189183.0 Rb' Maſch. Leud.——165,.— Volthom. Seil.K 74,75 74,75 4% do unk. b. 1925—.— Wagß&. Freytag 215.0213,0,30% D. Reſchsanl.—.——·14% Württ. k. 1915 0,825 0, 900 Verliner Vörſe vom 5. Februar Bauk⸗Aletien. TAug Elette-Gel 175,11177.8 Peuiſche Kau 184,9160.0 Bank f. el. Werte 244..244.0 Anglo-Ct. Guans 139.7135.0 JDeutſche Maſch. 135,0,186,5 Barmer Bankver. 190,0 191,0 Anhalt. Kohlen-. 167.5 169,7 Deutſche Steinzg. 213,5212,5 7Berl. Handelsg. 209,0 292,0 Annener Gußſtahl 29,.—27,50 Deutſche Wollw. 65 85 5 TCom. u. Privatb. 217,0 220,2 Acchaffeg Zellſt. 196.0 197,5 Deutſch. Eiſenh. 117.3 117,0 TDarmſt. u..⸗B. 297,0 310,0 Augsb.⸗Nb.Maſch 158,5156,0 Donnersmarckh. 150,0,153.5 J Deutſche Bank. 299,0208,0 Balcke Maſchin.—.—. Dürener Metall 103,7 107.0 TSt. Ueberſee Bk. 139,7 139,5 Meguin 74,5074,25 Dürkoppwerke, 84,.—95.— THDisc. Command. 196,7 197,0 J. P. Bemberg 325,0400,2 Dynamit Nobel 160.0 160,5 ITresdner Bank 193,5 192,7 TBergmannElkt. 192,0194,2 Elberfeld. Kupfer——— 1 Mitteld. Kredb. 138.0497.5 Serl.⸗Gub. Hut 313,7319.5 Elektr. Lieferung. 187/8 190,0 Reichsbank... 191,0,194,0 TBerl.Karlsr.Ind 119,7 118,00 TElttr. Licht u. Kr. 197,7 188,5 Mhein Creditbank 164.0,164.0 1Berlin. Maſchb. 154,0 152,5 Emaille Ullrich 66,50 69.— Süddeutſch. Disc. 185,0183,0J Berzelius Bergw.—.——,— Enzinger⸗Union. 100,0 101,0 e gon Bing Nücnberg 52,—53.— Eſchw. Bergwerl 178,0178,2 Crausport⸗Aletien. 24 5 ee 12,4012.25 Bismarckhütte. Tg.G. Farbenind. 327,2827,5 Schantungbahn 180 2 JVochum. Gußſt. 201.5 201.0 FeldmühlePapier 298,5242,0 905 Lok. u. Str. 216.0 216.1 Gebr. Böhlero.—.——,— Felten& Guill. 178, Südd. Eiſenbahn 773737) Braunt. u. Britets 230.0238.0 R. Friſter. 115,7 Baltimore. 101.6101½ Veene Delf. 89,7565,50 Fuchs Waggon 0,5500,550 1 Deutſch⸗Auſtral.—— 171¼ Bremer Bulkan 152,0185,0 Gaggenau.⸗A. 88.505 789.400 Puderus Eiſenw. 136,0.17,0 Gebhard Texiil 138,5 135,0 51 15 2 570 2— 29 177 177 Sate Bergw. 1705 11 5 f„5Chem. Gelſent. 7JGelſent. Gu A71 INordd 05 154.7160,0 Chem. Albler 191..190,0 165 Roland-Linie„—. Concord. Spinner 138.7142,0 JDaimler Benz 105,8105,5 Deſſauer Gas 220,0217.2 JDtſch.⸗Luxemb. 202.7281.7 80 74. E — 22 German. Portl⸗3. 209,0226,0 Gerxesheim. Glas 151,0139,0 1Geſ. f. elkt. Unter 281,0281,5 Gebr. Goedhardt 137,7137,7 Goldſchmidt, Th. 171.3174,2 Goerz C. P. 41.5041.— Gothaer Waggon 28,—28,— Verein. Elbeſchiſt 88.75 9a.50 Juduſtrie⸗Alktien. Accumulatoren 174,0 172.0 D. Eiſenb.-Sigmn—.—— Adler& enh.—, 5 2 Adterwertee b. 300 Je g Pbrce Gee 200 160 .⸗Gf. Berkhrsw. 238,5 244, Seulg⸗ Jußſtah 162.0 14170 Aiexanderwerk. 94.—94.— Kabelw. 143,0 Gritzner Maſchin. 132,0 128.0 Genſchow& Co. 101,0101,0 TM. 4. 5. Tgberg 1e goer 8 128 2 5 berſchl. Eiſen.—. Hochfrequenz.. 24.25 24. TOberſchl. Kotsw 156,0154.5 Seerede and 179.4 17.3 Orenſt,&K Koppel 154,0153,7 Petersb. Int..70.60 TRabee Wg,, 4e Suſſee 740 825 eh. Wägg.— Ruſſenbank 175106. Reisholz Papier„05,0ſ8050 Sichel& Co.. 6,28 6,75 ITRhein Braunthl 826,00822.0 Sloman Salpeter 85.— 85.— „Rhein Chacotte 118.5 118,5 Südſee Phosphat——.— Hanſa 0 110015 209ln l—5 8 Ufa 88.— 3525 bg.⸗Wien Gum. 55 8 ein. Ma ed. 65.—65,.— Bebsdet Bergwrk. 02.—PF einſtahl 2317232.2 a) Neichs ⸗ u. Staate pap. Harpen. Bergbau 237,0232,7 TRhenania Chem 75.—82,— Soldanleihe 101.0102,0 Hartmann Maſch. 62,—2,— Romb Hütten.. 13,85 13.15 Doflarſchäße.—.—. Hedwigshütte 168,7162,0 Roſitzer Praunk. 152.0,170,0 Reichsſchatz. IV.V9.870 0,875 Hülpert Maſch. 30,—83, Aeſther Zucker. 121.0120,8s„„Vx 98740,875 Peee 72N 185,0½TRütgerswerke 150,7148,2 1924er 0,8750,75 Hue Kupfer 150.c20 Sachſenwert 28 0 70 20 8. Rachsant 08h irſchberg Leber 300,„ alzdetfurth.. 2770½770%% N. 0805 Tuele Eiſ. u. St 224,0 24430 285.0280,5 Hlad. Reichsan 0,875 6820 J Bodenlobe Brt.40 575.0. Scheidemagtel: 5450 88 4% Peß Kenols.970 25 Phil. Ho mann 199,5188,9 Schuberts Salz. 84,0 287,0 45%, Prß. Konſols 04870 0,875 Horchwerfte 123,5124,0 +Schuckert& Co. 188.81 0r 4* 9090 9058 00226.6 1 8700, Siem e Herske! 7— 40% Bayer. Ani..860— 14.50 .25 450148 Arkrſtw. Mhm. 6% 15.20.— Zebr. Großmann 94,25 63.— Grün& Bilſinger 190,00181,.0 Gruſchwitz Textil 109.7116,0 Hackethal Draht.——182,7 1 125.0 169 ammerſ. Spinn⸗ geſt. 139,0140,2 Hann. Waggon—. —.——— IHumboldtMaſch.6,—59,— Sinner..⸗G. 5 15 54 180.5 1830 115,0168,2 3½% Baper.Anl 0,880C.860 M. Jüdel.æ„Stettiner Bulkan. 140, 5 205 1 1 Gebr. Junghans 189.0ſ44.0 Stoezrammgrn. 182.9ſ207,1 2/ B. Kohlenani 14.55 12 5 Porzellan.147.7148, Stdewer Nähm. 288.75 Ka. Aſchersl. 206 e218,0 Sudd Immobil. 104.0 Maſchin. 51.50 55,— 0 fräber 1 „Kattowitz. Berg—. eleph. Berliner„801. 5 Thoerlelfahrit. 131.8 430,2 Bandſch⸗Nog0..80 e20 Klöcknerwerke. 199.5199,0 Unionwerke Maſch—.—78.— b) Ausl. Nenteuwerte. C. H. Kaorr..—Ver. B. Frkf. Gum. 105,6102,5 5% · 46,80048.— Kollm.& Jourda n110,0ſ108.0. Ber.Chem. Charl. 227,0226,0 4 22 e ee Köln Rottweiler——,— B. Otſch, Nickelw. 197,5 455 10 den 28.78—.— Gebr. Körting 117.0 117,0 Blanzſtoff Elbf. 561,0558.0 38„Golbrente 28 25 7 Cenl. 125,0,125,0 B. 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Akt. 155,5184,8 Mech. Web. Lind 329,829,0 Adler Kali.—78,—5% neue Pr Bergb. Präfid. 5%„ Obligat.— 88.— 3% Prß. Kalianl. 6,88 105.0 Roggenwert. 9,04 9,.20 e Keggenrentb..66 9,3 118,2 30.2 50 5½ Sächf. B—.— —.— „ Miz& Geneſt. 154.0154,8 Motoren Deutz 98,—94,85 Motorb. Mannh.0,— Mülheim Berg 182.5194.8 Neckar. Jahrzg. 137,8188,0 —.— 0 18 24% Anat. Ser. 31.— Henz Motor. 195.0—.—47.81— Deuſche Betrvl. 94.8584.— 29.752 TNordd Wollkl..286,0 280,00 Diamond... 94,—185,.— 5% buantevet. 31.8581, eee CCC Samstag, den B. Februar 1927 Neut Mannhelmer Zeitung eeeeeee 7. Seite. Nr. 00 7 Metallßeiten a um⁰d umter Dortriegspreisen N Netelben Zumtanfeebr mit e Metallbett mit 38 mm Stahlrohr Mk. 1900 Metalbett dole ua. 2450 brett 1 1 25 * n H1.4 HI. Is 14 me eche 150 Metalbettate ua 5. 23.50 Metallbett— arnge Messingring wnht b nce 22. 50 Messingring. Metalbetterenter 25 50 5 Messingring m. Fußbrett M. 9 it 33mmStahl⸗ Metallbett ahs nungen 00 Meteinerien m. Fadt M. 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Aber der Verlauf der Ehe habe alle ihre Befürchtungen wider⸗ legt.. niemals in ihrem Leben habe ſie Einblick in ein Ehe⸗ Daſein genommen, das harmoniſcher, ausgeglichener, in jeder Beziehung idealer geweſen ſei, als das des Mengershauſen⸗ ſchen Paares. Und als der Borſitzende ſie endlich befragte, wie ſie über die Beſchuldigung denke, die gegen ihre Tochter ethoben worden ſei, da richtete die alte Dame ſich hoch auf: das verjährte Pathos der alten Operndiva war in ihren Geſten, in ihrer Stimme, im Flammenblitz ihrer erloſchenen ſchwarzen Augen, als ſie Suſannes Unſchuld beteuerte Nur ein ganz roher, ſtumpfſinniger, verkommener Menſch könne eine derartige Beſchuldigung erſonnen haben. eine Beſchuldigung, die an dem Herzen ihrer Tochter abprallen müſſe wie ein Kotwurf an einem Heiligenbild. Auch die Fragen des Vorſitzenden über die Einzelheiten beantwottete ſie klar und ſicher Und ſetzte ſich dann, tief er⸗ ſchöpft, ſank ſofort wieder in die gewohnte mumtienhafte Paſſivität zurück. So lief alles nach Wunſch. Nicht einmal die Vernehmung des ſen ee Zeugen, Profeſſor Aldringen, vermochte noch ein tieferes Intereſſe zu erwecken. Immer lauer ward der Anteil der Hörerſchaft da hinten im Zuſchauerraum, dro⸗ ben auf den Galerien.. ſchon ſtahl ſich der und jener von hinnen, da die erwartete Senſation ein ziemlich kümmerliches Antlitz zeigte... Der Nerpenreiz, eine Dame der großen Welt auf dem Armenſünderſtuhle zu erblicken, hatte ſich raſch er⸗ ſchöpft, und nun blieb nichts übrig als eine juriſtiſche Forma⸗ lität, die ſich ſchleppend und ſpannungslos abwickelte.. Das alles konnte man ſa morgen ebenſogut in der Zeitung leſen. Sy lichtete ſich denn unmerklich die dichtgekeilte Menge der pompöſen Frauengeſtalten, der markanten Männerprofile dahinten Nur einer im ganzen Saale ſaß mit fieberhafter Spau⸗ nung, in tiefverhohlener, immer grimmiger ſich einfreſſender Erregung— der BVerteibiger. er wartete, wartete— war⸗ tete.. geſchüttelt von Schauern der Gewiſſensangſt— auf etwas, das kommen mußte— mußte... woher—? darüber hatte er keine klare Vorſtellung.. Aber daß plötzlich eine Wendung kommen würde, eine ungeahnte, grauenhafte Ent⸗ hüllung.. irgend etwas, das den göttlichen Weltlauf wieder⸗ berſtellen würde, zerreißen das abſcheuliche Hirngeſpinſt, herabreißen den Heiligenſchein der Märtyrerin von dem ſchwarzen Haupte mit den tiefniederhängenden Scheiteln, das hinter ſeinem Rücken in ſtiller, bewegungsloſer Hoheit auf⸗ ragte— dies Wiſſen wühlte und bohrte in ihm wie in der Tiefe eines brandigen Geſchwürs der ſchwärende Eiter.. Und nichts geſchah.. nichts, das nicht bereits in den Akten geſtanden hätte— alles rollte ſich nun mathematiſch und gleich⸗ gültig ab. Freilich, ſtatt der Senſation gab es denn doch wenigſtens ein Senſatiönchen, als nun, patent und geſchniegelt und ordentlich kniſternd und funkenſprühend vor Jugendkraft Aritze den Saal betrat und mit federnden Schritten an den Jeugentiſch vorſchoß wie ein Raſſepſerd an den Start SGuſtay Herold lehnte ſich in ſeinem Verteidigerſtuhl weit 25 Seite, das Haunt auf den Ellenbogen geſtützt, die Schulter aſt auf den Rand des Pultes niedergebogen, um wenigſtens mit halbem Auge ſeine Klientin beobachten zu können wäh⸗ rend der Vernehmung des jungen Herrn. Und er ſah ganz deutlich, wie die hoheitsvolle Gleichgültigkeit, die Frau Su⸗ ſanne bislang beobachtet ſich mit einem Male in fieberhaften Anteil wandelte... nun, da der junge, unbekannte Ritter der verfolgten Unſchuld auf der Bildfläche erſchienen war.. er, deſſen Bekanntſchaft ofſenbar das einzige war, was Suſanne intereſſierte an dieſer ganzen belangloſen Juſtizkomödie Und dann ſchielte Guſtav Herold in den Zuſchauerraum hinüber: auch dort hatte ſich die anſtändige Langewetile des pflichtmäßigen Ausharrens plötzlich vibrierende Anteilnahme verwandelt. Alle Köpfe reckten ſich, die Lorgnons und Operngläſern ſpielten, die Reiherfedern und Pleureuſen wog⸗ ten wie ein junges Kornfeld im Gewitterſturm. Der bis⸗ lang in den weiteſten Kreiſen unbekannte Doktor Hans Fritze war nach der erſten Sekunde ſeines Auftretens im Drama Mengershauſen eine weltſtädtiſche Berühmtheit geworden Raſch überwand der Zeuge die liebenswürdige, knaben⸗ hafte Befangenheit, die in den erſten Sätzen ſeines Berichtes ſtimme lag. Er erzählte den ganzen Gedunkengang, der ihn veranlaßt habe, ſich als Spürhund auf die Suche nach der unſicheren Fährte des eblen Wilbes Anna Krölke zu machen ſchilderte mit ſchnoddriger Keckheit jene Nachtſtunden im Tanz⸗ gewoge des Ballokals in der Behrenſtraße... entfeſſelte Triumph ſchilderte— die Ermittlung des Titels jenes muyſti⸗ ſchen Geiſtesproduktes, das der Anna Krölke das Modell für öllengeiſtern“., Und weiter erzählte der junge Geſell, wie er nun mit allerlei Knifſen und Pfiffen den Verleger ſener erhabenen Dichtung ausfindig gemacht und ſich ein Exemplar des Werkes oder wenigſtens ſeiner bis dahin erſchienenen vierundſiebzig Hefte verſchafft habe— und jedermann im Saal empfand es wie einen eigenen Triumph, als der kleine Referendar nun in kurzen Worten den Inhalt des Romans wiedergab und, bebend vor Waidmannsluſt, erzählte, wie er endlich an das verhängnisvolle Kapitel gekommen ſei, was die von Fräulein Anna Krölke beſchriebene Schlafzimmerſzene vorgeahnt hatte 5 1 95 2 Der Vorſitzende kündigte an, er werde dieſes Kapitel ſpgleich zur Vorleſung bringen laſſen, und ſtellte nux noch an die Zeugin Krölke, die er wieder vorrief, die Frage, ob ſein gemeinſames Erlebnis mit ihr die Wahrheit geſprochen habe—? Und, heiße Tränen der Wut und Beſchämung in den Augen, gab Anng Krölke alles zu... dann aber ſchrie ſie plötzlich mit kreiſchender Heftigkeit in den Saal hinein: „Es iſt aber doch wahr—! eſt ſteht nicht bloß in dem Buch drin—! genau ſo hat ſie es dann gemacht! genau ſo! Als ich das angezeigt hab— das war das Heſt, wo es drin vorkommt, ſa überhaupt noch gar nicht raus! erſt einen Tag ſpäter, da iſt es gekommen! Das Kichern und Raunen im Zuſchauerraum, das die kreiſchende Erregung der widerwärtigen Perſon begleitete, riß jäh ab— und nicht einer im Saale war, der nicht erſtarrte in der Stellung, in der er ſich eben befand... Eine Stille ward, ſo beklemmend, ſo ſchauerlich, als habe ſich da oben als leichter Belag über ſeiner friſchen, ſchmetternden Knaben⸗ ſchallendes Gelächter der Sain Hörerſchaft, als er ſeinen ihre Denunztation geliefert habe— des„Bundes mit den. ſie zugeben wolle, daß der Zeuge Fritze in bezug auf ſie und binter dem Richtertiſch men cr fahle Wean mene anlk gereckt, die mit flammendem ene, mene teke 5 bie 28 ſchrieß iffe das:„ uphaxſin“ an die Wan rieb. Die grauenhafte Leere der erſten Sekunde verwandelte ſich ſchon in der zweiten in ein wildes Tohuwabohn der Ex⸗ 19 Die Abofe der Geſchworenen flogen zuſammen, ein paar der Herren ſprangen von ihren Sitzen— der Staats⸗ anwaltſchaftsaſſeſſor Neumann ſtürzte ſich auf ſein Akten⸗ faſzikel und blätterte mit fliegenden Fingern ſuchend darin hin und her— aus dem Zuſchauerraum aber kam ein Laut, gemiſcht aus vielen hundert Tönen der Verblüffung, der jäh⸗ lings aufgepeitſchten Neugier— und ein wirres Durcheinan⸗ der von halbunterdrückten Ausrufen der Beſtürzung, des Verſuchs, die Bedeutung des Moments dem begriffſtutzigen Nachbar klarzumachen, brauſte auf.. Zugleich aber klang aus der verſteckteſten Ecke des Zuſchauerraums ein jähes, befreites, erlöſtes Aufſchluchzen... das Aufſchluchzen einer Frauen⸗ ſtimme.. und alsbald entſtand dort hinten eine Bewegung, als bemühe man ſich um jemanden, dem eine Ohnmacht, ein Krampfanfall zugeſtoßen ſei Dort hinten ſaß Frau Helene Herold Und in der britten Sekunde flogen wie mit einem Ruck alle Augen im Saal zu der Angeklagten hinüber. Die ſaß mit weitaufgeriſſenen Augen, ihre Kinnlade klappte herunter, als ſeien ihr die Schließmuskeln imiit ſcharfem Schnitt durchtrennt worden geſchnittene Geſicht verzerrte ſich plötzlich zu einer Grimaſſe tteriſchen Entſetzens. Der Verteidiger aber brunten an ſeinem Pult ſank plütz⸗ lich in ſich zuſammen, zog in fröſtelndem Erſchauern die Schultern hoch, ſo daß das beherrſchte, männlich⸗gelaſſene Antlitz in den Falten der ſchwarzen Robe faſt verſank Selbſt die Beiſitzer droben am Richtertiſch waren aufgeſprun⸗ 15 Nur einer bewahrte die eherne, ſtatuariſche Gelaſſenheit: er Vorſttzende. 92 8 „Zeugin Krölke“, ſagte er mit berſelben ſcharfen, klaren Stimme, mit der er die ganze Verhandlung geleitet hatte, kaum ein leichtes Vibrieren zitterte durch den erzenen Me⸗ tallklang hindurch—„Sie wollen behaupten, wenn ich Sie recht verſtehe, Sie hätten Ihre Denunztation an die Polizei⸗ behörde.., ſchon erſtattet, bevor ſene Nummer des Romans in Ihre Hände gekommen ſei— jene Nummer, in der ein Vorkommnis behandelt wird, das in auffallender Weiſe mit dem Inhalt Jhrer Denunziation übereinſtimmt—!“ Anna Krölke hatte die deutliche Witterung des Moments. Sie war plötzlich eine ganz andere geworden. Sie richtete ſich auf, ihre Stimme, die früher kreiſchend ſich überſchlagen hatte, klang ganz klar und ruhig, als ſie die Frage des Vor⸗ fitzenden beantwortetee::: Herr Präſident, ſo iſt das— unb bas kann ich eweiſen.“ Der Vorſitzende wechſelte ein paar raſche Worte mit ſeinen Beiſitzern Dann ſprach er beherrſchten Tones weiter: „Nun, das iſt natſftrlich eine Behauptung, die epentuell von der allergrößten Bedeutung für die Würdigung Ihrer Ausſage werden könnte. Ich werde zunächſt einmal feſtſtellen, ob aus den Akten ſich irgend etwas zur Beurteilung dieſer neuen Benauptung ermitteln läßt.“ Er blätterte, von ſeinen Beiſitzern unterſtützt, einige Augenblicke in den Stößen von Akten, die vor ihm lagen. in dem aufgetürmten Pack der fünfundſiebzig Hefte des„Bundes mit den Höllengeiſtern“. Dann richtete er ſich auf und ſagte: [kFortſetzung folgt.) und feierlicher Erregung, der kleine Referendar Doktor Hans einrixe Holel Deutschlends ist. welches seit ſohren keine 5. 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Wir verlieren in dem leider viel zu früh Heim- st strebsamen, tüchtigen rbeiter, dem wir stets ein 1268 Heute morgen 10½, Uhr v schweren Leiden unsere Schwester und Schwiegermutter, Frau 5 Albertine Greulich geb. Rittelmann Mannheim, 5. Februar 1927. Die tieftrauernden Hinterbliebenen: Fam. Georg Greulich Karl Terber Ludw. Ziegler Stephan Reſtinger Die Beerdigung find von der Leichenhalle aus statt. erschied nach langem, liebe Mutter, Großmutter, et am Monta 1274 10 Uhr, bände, 3 8 2 Lgb.⸗No. Lgb.⸗No. g, nachm. 1 Uhr die Dr. Firma Kli (Herrn No storbenen tisch„Rotes Haus“ und Bekaunten. das ihm e Danksagung. Für die vielen Beweise aufrichtiger Teilnahme. wir beim Hinscheiden meines lieben Mannes, unseres guten Vaters, Herrn Franz Feuerstein, berlstbauet erfahren durften, sagen wir lichsten Dank. N Besonders danken wir dem Herrn Stadtpfarrer Steinwachs für die tröstenden Worte und der altkath. Schwester Frida für sowie für die reichen Blumen- und der Sängerhalle Mannheim, seinen ng. NB. Gleichzeitig gebe ich meiner werten Kund- schaft zur Kenntnis, daß ich, unterstützt durch einen erfahrenen und tüchtige unenmacher) das allen unseren herz- ihre liebevolle Pflege, der altkath. Jugend, dem Stamm- und den zählreichen Freunden In tiefer Trauer: Eva Feuerstein geb. Wegmenn nebst Kinder Anna u. Matnilde. n Geschäftsführer Geschäft meines ver- Mannes weiter führen werde und bitte, utgegengebrachte Vertrauen auf mick übertragen zu wollen. Eva Feuerstein Wwe, Todesanzeig Heule nacht verschied plötzlich und unerwartet infolge Herzschlag, im Alter von 69˙¼ lieber Nann, unser Schwager und Onkel KRarl Rrauih MANNHEIM, den 5. Februar 1927. Seckenheimerstraße 31. Die trauernden Hinterbliebenen: Wilnelmine Krauth u. Verw-andte. Die Beerdigung kindet Montag, nachmittags ¼2 Uhr von der Leichen- halle aus statt. (Iindenhof) K 7, 3. Stock, zeichnete ſtädt. Grundſtu pertheimer Weg 40„ Ferner verſchiedene Allmendparzellen der Gemarkung Käfertal und Neckarau. Städt. 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Neubau Künischer Krankend in Freiburg i. B. Für den Neubau des Hauptgebäudes der Mediziniſchen Klinik an der Hugſtetterſtraße Bad. Finanzminiſterialverordnung 22 öffentlich zu vergeben: die Eisanbztun-Arhgiten. und Arbeitsbeſchriebe bis Samstag, den 12. Februar ds. Mts. beim Bad. Be⸗ zirksbauamt, Klinikenbaubüro, Freiburg, Leſ⸗ ſingſtraße 13, III, vormittags zwiſchen—12 Uhr zur Einſicht und Abgabe auf. In Betracht kommen nur Spezifaleiſenbeton⸗ die auch auf beſondere Erfahrung in Ausführung ſchallſicherer Decken hin⸗ Mittwoch, den 2. weiſen können. „Angebote ſind verſchloſſen, poſtfret und mit entſprechender Aufſchrift verſehen, bis ſpäteſtens Donnerstag, den 24. Febrnar ds. Js., vorm. 10 Uhr, bei uns einzureichen, zu welchem Zeitpunkt die Oeffnung derſelben im Beiſein der etwa erſchienenen Bewerber er⸗ Zuſchlagsfriſt 4 Wochen. Freiburg, den 29. Januar 1927. Bad. Bezirksbauamt. auser 1014 Elfenstrasse 5. anläßlich — des Hinscheidens nerm Peter Kuhn sagen wir allen unseren herzlichen Dank. Mannheim, den 5. Februar 1927 DOie trauernden Hinterbliebenen Cretel Steite— Kerl Fesenmeyer Verlobfe. Waldperkstrabe 288 Marmbeim, 6, Februer 1927. Für die wohltuenden Beweise aufrichtiger Teil- nahme und reichen Kranz- und Blumenspenden unseres lieben Vaters machen. Unterwei Bürgerkunde, Kursbaner: 5 1. M dung von 30 Pfg. Landesvorſtand. Haushaltunssschule des Badischen Frauenvereins vom Roten Kreuz in Karlsruhe, Herrenstr. 39. Gründliche Ausbildung in allen Zweigen des Haushalts einſchl. Kochen, Backen und Ein⸗ ſung in Säuglingspflege, Volkswirtſchaftslehre, Literatur, Kunſtgeſchichte u. a. m. onate; Kursbeginn: ai und 1. November. Nähere Auskunft und Satzung gegen Einſen⸗ durch die Anſtaltsleitung. 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