präſtd gungsdifferenz, will Dienstag, 6. Sepkember Bezugspreiſe In Mannheim u. Amgebung frei ins Haus oder durch die Poſt e.⸗M. 2,80 ohne eievtl. Aenderung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe Nach⸗ Orderung vorbehalten. Poſtſcheckkonto 17590 Karlsruhe. t⸗Geſchäftsſtelle E6, 2. Haupt⸗Nebenſtelle 1, 4⸗6, Baſſermannhaus). Geſchäfts⸗Nebenſtellen: Waldhofſtr.6, etzingerſtr. 19/20 u. Meerfeldſtraße 11. Telegramm⸗ Adreſſe: eneralanzeiger Mannheim. Erſcheint wöchentl. Imal. Fernſprecher: 24944, 24945, 24951.24952 u. 24953 85 Wittag⸗Ausgabe lannheimer Geit Mannheimer General Anzeiger Preis 10Plennig 1927— Nr. 400 ung Anzeigenpreiſe nach Tarif, bei Vorauszahlung je einſp. Kolbnelzeile 05 Allgen. Anzeigen 0,40.⸗M. Neklamen —4.⸗M. Kollektiv⸗Anzeigen werden höher berechnet. Für Anzeigen⸗Vorſchriften für beſtimmte Tage, Stellen u. Aus⸗ gaben wird keine Verantwortung übernommen. 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Un⸗ mittelbar vor Beginn der entſcheidenden Verhandlungen, die dwiſchen den Außenminiſtern Briand, Streſemann und hamberlain über die Formulierung des von Polen ge⸗ planten Nichtangriff⸗Vorſchlages ſtattfinden werden, iſt es 58 Bedeutung, die Vorgeſchichte der polniſchen Ini⸗ ative zu ſkizzieren und ſo aus den Beweggründen dieſer Antiative Schlußfolgerungen hinſichtlich der deutſchen Stel⸗ benanabme aufzuſtellen. Deutſchen Regierungskreiſen dürfte vereits im Mai dieſes Jahres zur Kenntnis gelangt ſein, daß maßgebende Pariſer Kreiſe die Abſicht hatten, auf der Völker⸗ kendsverſammlung mit dieſem Vorſchlag vor die Oeffentlich⸗ zu treten des Inhaltes,„die Stärkung der Sicherheit Lurch friedliche Mittel zu ermöglichen“. Mi in bekannter deutſcher Politiker erfuhr dies damals— 5 tte Mai— aus dem Munde des Senators de Jouvenel, er bet dieſer Gelegenheit nicht unerwähnt ließ, daß Miniſter⸗ 1 ent Poincars an einer ſolchen Anregung ein inten⸗ ves Intereſſe haben würde. 1 Während Briand, gemäß ſeiner dem Reichsaußen⸗ E miſter Steſemann gegenüber bereits früher abgegebenen reiclärung, in den Locarno⸗Verträgen eine durchaus hin⸗ eichende Sicherung vor kriegeriſchen Verwicklungen im Oſten ickt, arbeitete der Quat'Orſay, 9 von Poincaré beeinflußt, in gegenſätzlichem Sinne. achdem der Oſt⸗Locarno⸗Gedanke infolge engliſcher 9 ahnung fallen gelaſſen werden mußte, ſuchte man im Außenamt nach einer neuen Formulierung und kam ſchläc Anlehnung an die briandiſtiſchen Dauerfriedensvor⸗ ber ge in Waſhington auf den Gedanken, in Genf anläßlich nehmeollverſammleng einen ähnlichen Vorſtoß zu unter⸗ teil en. Briand ſelbſt wünſcht in Anbetracht ſeiner Beur⸗ der Locarno⸗Verträge die Verteidigung einer ſolchen entſtantton fürs erſte nicht zu unternehmen. Infolgedeſſen gl and zwiſchen ihm und de Jouvenel, der damals noch Mit⸗ ed der franzöftſchen Völkerbundsdelegation war, eine Mei⸗ riefw die nach außenhin ihren Ausdruck in einem Volk echſel über eine verſchiedenartige Behandlung der erbundspolitik fand. In Wirklichkeit wollte Jouvenel geri den Plau im Namen Frankreichs vorlegen, 85 in Gegenſatz zu Briand und zog es daher vor, War jed ücktritt zu nehmen. Der franzöſiſche Außenminiſter f edoch nicht imſtande, die Uebertragung der Initiative om 1 zu verhindern. Vielmehr mußte er infolge der ihm Mitteil. niſchen Botſchafter in Paris am 28. Auguſt gemachten unter den und infolge einer Entſcheidung des Miniſterrats Initiatine Vorſitz Doumergues zugeben, eine polniſche ve zu unterſtützen, falls England Richt dagegen inſpruch erheben ſollte. ſind 17 gretegeünde dieſer Pariſer Kabinettsentſcheidung in den Kroßer Tragweite, denn Polen benötigt infolge ſeiner einen ereinigten Staaten erhaltenen Darlehens⸗Zuſage feierli 9 Genf ausgeſtellten Nachweis, daß ſich mit Hilfe einer eine weſentldeſprochenen Reſolution keinen Krieg zu führen, Staat entliche Konſolidierung des polniſchen kann f ers in ſeiner heutigen Geſtalt vollzogen habe. Man agen, daß dieſe Reſolution auf von den Darlehensproſpekten Polens jenſeits des Ozeans effektivem Nutzen wäre. Botſchaf aus politiſchen Gründen— ſo betonte der polniſche eine de er in Paris— benötigt die Warſchauer Regierung Völkerhn Sicherheitsgedanken bekräftigende Kundgebung des Dann wäre es möglich, die Widerſtände, die binſt 1l im den Nichtangriffs⸗Paktverhandlungen mit Polen macht ich der Gültigkeit des Rigaer Vertrags noch geltend auf Ru brechen. Mit anderen Worten: von Genf aus der polniſeland zu drücken. Auf dieſe Möglichkeit wies das 285 Botſchafter in London vor einiger Zeit hin, um und geſtern Office für den Plan empfänglich zu machen, dieſ n machte auch der polniſche Delegierte Sokal von 5 rgument mit Pa nach Genf kam, arbeiteten die polniſchen Delegierten Boncour zuſammen an einem Projekt, das auf dem 75 55 baſiert. Kaum war der franzöſiſche Außen⸗ 5 er eingetroffen und hatte den ausgearbeiteten Text gelernt, ſo machte er gelten ſchwerſten Bedenken Chamber r, wies auf die Gefahr der Ablehnung ſeitens ihr 5 hin. Sokal und Paul⸗Boncour e nun derbundspakte⸗ Sie ſetzten den Hebel an Artikel 10 des Völ⸗ Gefahr eineg grün Dieſer Artikel ſchließt bekanntlich die aus, Ibwy 1 Krieges zwiſchen Mitgliedern des Bundes nicht chiedsverf ſeine einjährige Friſt für Vermittlungs⸗ und uche eingeſchaltet wurde. Ueber den Pakt hinaus f Frankreich, eine Reviſion des Artikels Reſ 8 nicht auf direktem Wege, ſondern mit 5 ution, die einerſeits allen Mitgliedern des überziehen, aufegniſche Verpflichtung, ſich nicht mit Krieg zu ſad ufertegt, andererſeits dem Haager Schieds⸗ tsho affen Stärkung ſeiner Poſition neben Genf ver⸗ Polen 10 errechen ande au Buſe einer undes die gegenüber Chamberlain Gebrauch. Bevor Eine gewiſſe Aehnlichkeit des Briandſchen Dauerfriedens⸗ vorſchlags in Waſhington mit der gegenwärtigen polniſch⸗ franzöſiſchen Formel liegt vor. Es findet ſich darin der Paſ⸗ ſus, daß derjenige Staat, der zur Waffengewalt über⸗ geht, als außerhalb des Geſetzes ſtehend, gebrand⸗ markt werden muß. Dagegen wurde der Grundgedanke des Genfer Protokolls, die Angreifertheorie, gänzlich ausgeſchal⸗ tet. Es liegt auf der Hand, daß Frankreichs Ziel in Genf darauf gerichtet iſt, Polen einen Dienſt von real⸗ politiſcher Bedeutung zu leiſten und gleichzeitig dem Völker⸗ bund die Gelegenheit zu verſchaffen, als unentwegter Kämp⸗ fer um den Weltfrieden aufzutreten. Eine Kriſis des Völker⸗ bunds ſoll durch Verkündung einer Antikriegsreſolution über⸗ wunden werden. Frankreichs Abſicht geht aber noch weiter. Es ſoll verſucht werden, die Reſolution dem politiſchen Aus⸗ ſchuß des Bundes zu überweiſen und juriſtiſch durcharbeiten zu laſſen. Damit wäre dann, ſo hofft man, ein Anknüpfungs⸗ punkt für diplomatiſche Verhandlungen zwiſchen Frankreich, Polen und Deutſchland geſchaffen. Die deutſche Völkerbundspolitik liegt klar: Stärkung der Sicherheit iſt das Ziel der deutſchen Delegation, falls es ſich nicht darum handeln ſollte, die be⸗ ſtehenden Verträge abzuändern. Bloß die Frage ſteht zur [Erörterung: weshalb das bereits vorhandene, feſtgefügte Sy⸗ ſtem der Schiedsgerichte noch durch neue Reſolutionen und auf⸗ geſtülpte Verträge belaſtet werden ſoll. Die Feſtigung des Friedens im Rahmen des Locarno⸗Statuts, das iſt die Richt⸗ linie, auf der allein ſich die Genfer Politik Deutſchlands be⸗ wegen kann. Jeder, wenn auch noch ſo geſchickte Verſuch, die deutſche Delegation von dieſer klaren Linie abzubringen, wird fruchtlos bleiben müſſen. In dieſem Sinne wird der Reichsaußenminiſter zu den polniſch⸗franzöſiſchen Anregungen Stellung nehmen. 8 Volniſche Intrigen gegen Briand ſ Genf, 5. Sept.(Von unſerem eigenen Vertreter.) Heute abend findet eine Unterredung Paul⸗Boncours und zweier franzöſiſcher Diplomaten mit der polniſchen Dele⸗ gation ſtatt, um den Text des polniſchen Vorſchlags endgültig feſtzuſtellen. Ich erfahre, daß Briand trotz einer heute nachmittag erfolgten dringlichen Demarche Sokals es ablehnte, die Reſolution im Namen Frankreichs vor der Vollverſammlung vorzutragen. Man teilte mir noch mit, daß der franzöſiſche Außenminiſter mit Sokal eine ernſte Auseinanderſetzung hatte, weil die polniſche Propaganda in letzter Zeit von Genf aus die reaktionären franzöſiſchen Blätter wie„Action francaiſe“ und„Avenir“ ſubventionierte, um darin eine ſcharſe Kampagne gegen Briand führen zu laſſen. Außerdem zeigte ſich Briand unangenehm davon berührt, daß hinter ſeinem Rücken in Paris zwiſchen dem polniſchen Botſchafter Clabowſki, ſowie deſſen Stellver⸗ treter mit gewiſſen Perſönlichkeiten der franzöſiſchen Regie⸗ rung und des Quai'Orſay über den polniſchen Nichtangriffs⸗ pakt verhandelt wurde. Er, Briand, habe erſt näheres davon erfahren, nachdem die Beſprechungen ziemlich weit vorge⸗ ſchritten waren. Verminderung der Veſatzungstruppen Genf, 5. Sept.(Von unſerem eigenen Vertreter.) Die deutſche Regierung erhielt heute abend die in mündlicher Form erfolgte Notifizierung von der Feſtſetzung der Rhein⸗ landbeſatzungstruppen auf 60 000 Mann, alſo einer Ver⸗ minderung um 10000 Mann. Ueber die näheren Mo⸗ dalitäten wird eine ſpätere Mitteilung erfolgen, die ſich aus den hier noch zu führenden Verhandlungen ergeben wird. Es wird von der franzöſiſchen Delegation betont, daß der erſte Tag der Vollverſammlung zu dieſer Notifizierung gewählt wurde, um„einen ſymptomatiſchen Beweis für die Befriedung Guropas“ zu liefern. Nachklange zur Präſidentenwahl Genf, 5. Sept.(Von unſerem eigenen Vertreter.) Ueber die Niederlage des Grafen Mensdorff wird in Völkerbunds⸗ kreiſen bekannt, daß die linksſtehenden Politiker zahlreicher Delegationen eine Kampagne gegen Mensdorff, dieſen Diplo⸗ maten der alten Schule, ins Werk ſetzten. Hauptſächlich von ſozialdemokratiſcher Seite iſt gegen Graf Mensdorff ein ſchar⸗ fer Feldzug geführt worden. Es ſcheint, daß deshalb zwiſchen Paul⸗Boncour und Briand eine Meinungsdifferenz entſtand. Woldemaras von Muſſolini eingeladen Berlin, 6. September.(Von unſerem Berliner Büro.) Muſſolini hat, wie die„Voſſiſche Zeitung“ zu melden weiß, den litauiſchen Miniſterpräſidenten Woldemaras eingeladen, Ita⸗ lien zu beſuchen und ſein Gaſt zu ſein. Woldemaras wird der Einladung ſofort nach der Völkerbundstagung Folge leiſten. Rühren die Sympathien des großen Diktators für den kleinen vielleicht daher, daß Herr Woldemaras für das Memel⸗ land die ſüdtiroler Regierungsmethoden anzueignen ſich bdemüßht? Am Pranger Deutſche Pazifiſten als Saboteure des Friedens Dieweil in der Schweiz die Vertreter von 47 Nationen zur herbſtlichen Haupttagung des Völkerbundes verſammelt ſind, bringt es ein deutſcher Pazifiſt, nach landläufiger Meinung alſo ein Mann, der unter allen Umſtänden auf die Pflege und Erhaltung des Friedens bedacht iſt, fertig, in dem größten Schweizer Blatte, der„Neuen Zürcher Zeitung“ N. 1474), den Weltfrieden in einer Weiſe zu ſabotieren, wie es hahnebüchener kaum geſchehen könnte. Selbſtverſtändlich auf Koſten Deutſchlands, daher der Name deutſcher Pazifiſt, als der er ſich ausdrücklich in der Unterſchrift zu ſeinem das Thema„Um Abrüſtung und Frieden“ behan⸗ delnden Artikel zu erkennen gibt. Was dieſer querköpfige Querulant in dem Irrwahn den deutſchen Intereſſen zu dienen, dem ganzen deutſchen Volke ſowohl wie der Verſtändigung der Völker ſchadet, kann man nur mit den Worten kennzeichnen: Herr, vergib ihm, denn er weiß nicht was er tut! Die Franzoſen in Genf und alle anderen, die in ewig wachem Mißtrauen gegen uns ſtändig auf der Lauer liegen, werden ihre Freude gehabt haben, als ſie dieſe Offenbarungen einer ſchönen deutſchen Seele zu Ge⸗ ſichte bekamen. Und wenn ſie es auch ſelber nicht glauben, was da wieder einmal von einem Deutſchen über Deutſchland und die Deutſchen zuſammengefaſelt wird, ſo werden ſie ſich das ſchöne Propagandamaterial für ihre Zwecke doch keines⸗ falls entgehen laſſen. Vielleicht findet der Inhalt dieſes ebenſo dummen wie verleumderiſchen Artikels ſchon ſeinen Niederſchlag in den Debatten, die in Genf für heute nach⸗ mittag zum Kapitel Abrüſtung vorgeſehen ſind. In geradezu raffinierter Weiſe kommt dieſer deutſche Pazifiſt ſo ziemlich auf alles zu ſprechen, was gegen uns und unſeren Friedenswillen ausgewertet werden könnte. Zunächſt lenkt er die Aufmerkſamkeit aller Deutſchfeinde auf das Buch des deutſchen Generalleutnants a. D. Schwarte:„Die Technik im Zukunftskrieg“, in dem es heißt:„Wenn aber andere Völker— die Türkei, Ungarn und Bulgarien geben die erſten Zeichen— die Sklapenketten zu brechen ſuchen werden und blutige Fanale erneut den Weltbrand einleiten, dann werden auch wir hoffentlich die Zeichen verſtehen: Friſch auf, mein Volk! Die Flammenzeichen rauchenl“ Nachdem ſo alle Deutſchfeinde in die richtige Stimmung gekommen ſind, weiſt der Mann, der ſich nicht ſchämt, ſich einen Deutſchen zu nennen, auf jene Worte des Reichswehr⸗ miniſters hin, die im zweiten Maiheft der vom Berliner Vertreter der.M. Z3., Dr. Richard Bahr, herausgegebenen „Wille und Weg“ zu leſen waren und in denen es hieß: 5 „Die Reichswehr iſt nicht imſtande, einen feindlichen Ein⸗ bruch über die Grenzen des Reiches ſiegreich abzuſchlagen. Wird aber allgemein abgerüſtet, ſo gewinnt die deutſche Wehr⸗ macht Daſeinsberechtigung. Wird aber nicht abge⸗ rüſtet, ſo erlangt Deutſchland das moraliſche Recht, auf dem Giebte der Landesverteidigung Handlungsfreiheit für ſich in Anſpruch zu nehmen.“ 5 Der deutſche Pazifiſt muß zwar zugeben, daß„das Aus⸗ bleiben der allgemeinen Abrüſtung die deutſche Abrüſtung auch denen verleidet hat, die ſie zuerſt als Einleitung der all⸗ gemeinen Abrüſtung freudig begrüßten.“ Die einzige Fol⸗ gerung aber, die er daraus zieht, heißt: „Solche Enttäuſchung kann dennoch nicht die verſchiedene⸗ Verſuche rechtfertigen, durch illegale Rüſtung den Mangel an eigener militäriſcher Kraft zu ergänzen oder durch Paktieren mit den Sowjets eine Machtpoſition gegen Weſt⸗ europa zu erzwingen oder durch das neue Unrecht eines irgendwie in Gang gebrachten Krieges altes Unrecht, von oder an Deutſchland begangen, kataſtrophal zu verſchlimmern und Deutſchland zum Kriegsſchauplatz zwiſchen Oſten und Weſten zu machen.“ Der deutſche Pazifiſt, der immerhin ſo klug oder ſo ſcham⸗ voll war, ſeinen Namen nicht zu nennen, wartet dann weiter mit der Feſtſtellung auf,„daß ſich der weitaus größte Teil der deutſchen Parteien für ſolche Aufhebung der Rüſtungs⸗ beſchärknungen(im Sinne Geßlers) einſetzt,“ u. erklärt dazu: „Wer an eine fortgeſetzte, böswillige Bedrohung Deutſchlands durch ſeine Nachbarn glaubt, wird die Not⸗ wendigkeit der Rüſtungserleichterung anerkennen. Wer aber — wie der Verfaſſer— eine ſolche Gefährdung von keiner Seite her zu erkennen vermag, wird ein gut Teil anderer deutſcher Bedürfniſſe von größerer Dring⸗ lichkeit der Erfüllung dieſes militäriſchen Wunſches vorziehen.“ Allen Feinden Deutſchlands aber bezeugt er von vorn⸗ herein: „Würde Deutſchland, wie man nach den oben zitierten Rorten(Geßlers) annehmen muß, in Genf durch ſeinen Außenminiſter den Zeitpunkt für eingetroffen erklären, an dem Deutſchland von dem moraliſchen Recht der Rüſtungs⸗ freiheit Gebrauch zu machen beginnt, ſo wäre das in den Augen aller Verſailles⸗Mächteder offene Bruch des Ver⸗ trages, es wäre in den Augen der Völkerbundsmächte der offſene Widerſpruch zu den vertraglichen Grundlagen des Völkerbundes.“. Davon, daß die erzwungene deutſche Abrüſtung nur der Anfang einer allgemeinen Abrüſtung der Völker ſein ſollte und daß dies ausdrücklich im Verſailler Vertrag feſt⸗ gelegt worden iſt, weiß dieſer verbrecheriſch dumme deutſche Pazifiſt offenbar ncht das geringſte. Bei ſeiner vollkom⸗ menen Weltfremdoͤheit weiß er offenbar auch ganz und gar nichts davon, in welch' ungenierter Weiſe die noch immer bis an die Zähne bewaffneten Feinde fortgeſetzt weiter auf⸗ rüſten und ſo ihrerſeits des„offenen Bruchs des Vertrags“ 2. Seite. Nr. 409 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) und des„offenen Widerſpruchs der vertraglichen Grundlagen des Völkerbundes“ ſchuldig ſind. Wohl aber weiß er oder behauptet er zu wiſſen, daß es in Deutſchland„mächtige Schichten“ gibt,„die an eine kriegeriſche Zukunft Deutſchlands glauben und dieſe legal und illegal vorbereiten oder vorzubereiten wünſchen.“ Den Franzoſen aber und deren Rüſtungswahnſinn iſt dieſer Deutſche ein Anwalt, wie ſie ſich ihn beſſer gar nicht wünſchen können. Zur Erklärung und Entſchuldigung der efranzöſiſchen Angſt vor einem Kriege und des franzöſiſchen Sträubens gegen die ſchnelle Abrüſtung“ hat er ſich die Mühe gemacht, folgendes Zahlenmaterial zufammenzutragen: „Die franzöſiſchen Statiſtiken verzeichnen für die Zeit von 1914—4922 einen Bevölkerungsverluſt von 1,139,418 Seelen, während die deutſchen Statiſtiken für die gleiche Zeit einen Bevölkerungszuwachs von 2,219,732 Seelen regiſtrieren. In den folgenden Jahren hält ſich Frankreich knapp auf Bevöl⸗ kerungsgleiche, während Deutſchland Jahr um Jahr eine Be⸗ völkerungszunahme von 500,000 und mehr Seelen aufweiſt. Die Effektivſtärke der franzöſiſchen Armee fällt infolge des Geburtenausfalles im Jahre 1935 von 240,00 auf 120,000 Mann, alſo faſt auf die Mannſchaftsſtärke der Reichswehr, die aber durch lange Dienſtzeit und beſſere Ausbildung bedeutend hochwertiger iſt als das franzöſiſche Heer.“ Nach dieſer Theſe müßte es für die Franzoſen alſo geradezu eine Pflicht der Selbſterhaltung ſein, ſobald als möglich, jedenfalls noch vor 1935, über uns herzufallen und uns vollends den Garaus zu machen, bevor wir dazu kommen können,„bedeutend hochwertiger“ zu werden als das franzöſiſche Heer. Jedenfalls kann man es den Franzoſen gerechterweiſe nicht verdenken, wenn ſte auf ſolche„ſtatiſtiſch belegten“ deut⸗ ſchen Prophezeiungen hin, nun erſt recht an Aufrüſtung And Krieg denken als an Abrüſtung und Frieden. Alle Sachverſtändigen aber ſind ſich darin einig, daß ein neuer furchtbarer Weltenbrand unausbleiblich iſt, wenn es nicht in⸗ nerhalb der allernächſten Jahre gelingt, dem jetzigen Rüſtungs⸗ fieber Einhalt zu gebieten. Wer aber nun angeſichts der geradezu fabelhaften guten Dienſte, die hier ein deutſcher Pazifiſt dem„Frieden“ ge⸗ leiſtet hat, der Meinung iſt, daß eine ſolche Bravourleiſtung nicht mehr zu übertreffen ſei, dem müſſen wir leider eine bittere Enttäuſchung bereiten. Es gibt, Gott ſei's geklagt, einen„deutſchen Pazifiſten“, der ſein Handwerk, auf Koſten Deutſchlands den Frieden zu ſabotieren, noch beſſer verſteht. Es iſt dies der berüchtigte„deutſche“ Pro⸗ jeſſor Friedrich Wilhelm Förſter. Als er kürzlich erſt durch ſeine Deutſchland aufs ſchwerſte verleumdenten eröffent⸗ lichungen in ſeiner Zeitſchrift„Menſchheit“ in ſolch' ſkanda⸗ löſer Weiſe von ſich reden machte, da beſaß er hinterher noch die ſchamloſe Dreiſtigkeit, ſich als edlen Friedensfreund auf⸗ zuſpielen, der in ſeinen reinſten Abſichten bitter verkannt werde. Nun hat ſich dieſer unter dem ſicheren Schutze der Schweig lebende„Deutſche“ neuerdings wieder etwas ge⸗ leiſtet, das an ſchamloſen Zynismus und bewußter Krie g8⸗ hetze als Dokument eines„Pazifiſten“ wohl beiſpiellos ſein und bleiben dürfte: Obwohl der Berliner Berichterſtatter des Pariſer„Petit Journal“ vor einigen Tagen noch davor gewarnt hat, Pro⸗ ſeſſor Förſter und ſeinen Anhängern irgendwelchen Glauben weil dieſer bei ſeinen angeblichen Enthüllungen deutſche Rüſtungen auch„vor Fälſchungen nicht zu⸗ Tückſchreckte“, veröffentlicht der Temps“ eine drei Spalten lange Zuſchrift Förſters, in der es u. a. heißt: 1„Das deutſche Volk muß darüber befragt werden, ob es mehr Worte oder an die einer Regierung glauben will, von es unaufhörlich belogen wird. Wir wollen nicht, daß die Nationen, an deren Vertrauen Dentſchland fortgeſetzt ſchändlich getänſcht werden. Die Entwaffnung tſchlands iſt weit davon entfernt, vollſtändig zu ſein. Um ſeine vollſtändige Entwaffnung zu erfüllen, muß Deutſchland zicht nur moraliſch und militäriſch abgerüſtet ſein, ſondern auch barauf verzichten, im geheimen ein en neuen Krieg ereiten.“ Förſter behauptet dann, Deutſchland bereit den Krieg 5 Polen vor, nach deſſen glücklichem Verlauf die deutſche Republik geſtürzt werden ſolle. Deutſchland wolle zwyniſch zurückgewinnen, was es im Verſailler Vertrag ab⸗ ten mußte. Ueber die Haltung gewiſſer engliſcher Kreiſe, ie die ſchlimmſten Elemente des deutſchen Volkes ermutige, müſſe man beunruhigt ſein. Förſter fordert, daß Frankreich nicht abrüſten möge und er geht ſoweit, Frankreich zum Krieg gegen Deutſchland aufzufordern. Wört⸗ lich ſchreibt er: „Das Doppelſpiel Deutſchlands ſchuf eine unerträgliche und nunmoraliſche Atmoſphäre, deren radikale Reinigung unumgänglich notwendig iſt, ſelbſt wenn ein außerordentlich zeinlicher Zuſammenſtoß, ein ſehr ſchmerzlicher zeitweiliger Bruch erfolgen ſollte.“ Foyrſter wünſcht ferner, daß Deutſchlands Nachbarn, die man auffordere, ihre Sicherheitsgarantien aufzugeben, ſich nicht tänuſchen laſſen mögen, denn Zugeſtändniſſe, die ſie bewil⸗ ligten, würden ſchließlich nur den Plänen jener nützen, die eine neue Kataſtrophe vorbereiteten. Deutſch⸗ land ſei noch immer nicht abgerüſtet. Die von Deutſchland bedroßten Nachbarn müßten alle ihre Energie für ihre Ver⸗ zeidigung aufwenden. So ſehen die deutſchen Pazifiſten aus, ſo denkt einer rer„berühmteſten“ Wortführer. Daß kein Wort wahr iſt, von dem, was ſie hier vor den Augen und zu Nutzen des höhniſch grinſenden feindlichen Auslands zuſammenfaſeln, daß alles verlogene Hetze und Ausgeburt einer kranken Phan⸗ taſte iſt, wiſſen wir alle. Jene aber, jene„deutſchen Pazi⸗ fiſten“ glauben das, was ſie ſo in ſchweizeriſchen und fran⸗ zöſiſchen Blättern zur Entlaſtung ihres Kindergemüts an die große Glocke hängen. Mit vollem Rechte trifft ſie deshalb Acht und Bann aller Deutſcher, denn: der ſchlimmſte Lump im ganzen Land, das iſt und bleibt der Denun⸗ ziant! H. A. Meigner. Ruſſiſche Mansver Nach aus Rußland eingetroffenen Nachrichten werden zur 855 alle Reſerviſten bis zur Jahresklaſſe 1893 für die zurf eit ſtattfindenden Manöver mobiliſiert. Insgeſamt wer⸗ den 700000 Mann einberufen. In einem Tages⸗ befehl des Kommandanten von Leningrad heißt es, daß Sow⸗ jetrußland für den Krieg gerüſtet ſein müſſe, denn der Krieg ſtehe vor der Tür und würde das ganze Land ſofort in ein großes Heerlager verwandeln. In den amtlichen Proklamationen wird erklärt, daß die Mobiliſation notwendig ſei, um der Welt zu zeigen, daß Rußland mit größter Schnel⸗ ligkeit handeln könne. „Hindenburgs Urlaub. Wie wir erfahren, wird Reichs⸗ räſtdent Hindenburg höchſtwahrſcheinlich am Mittwoch nach Berlin zurückkehren. Ne, Die Franktireur-Enquete Bevorſtehende Einigung Nach Meldungen aus Genf ſcheinen die deutſch⸗belgiſchen Verhandlungen in der Angelegenheit der Franktireur⸗Enquele, die am Montag abend noch fortgeſetzt wurden, zu einem Eini⸗ gungsvorſchlag geführt zu haben, der Ausſicht auf Annahme hat. Die vorläufige Einigung wird darin beſtehen, daß von beiden Seiten erklärt wird, daß die Weiterbehandlung der Frage zur Zeit im allgemeinen Intereſſe uner⸗ wünſcht ſei und darum aufgeſchoben werde. Da aber Vandervelde in ſeinem Kommuniqus erklärte, daß er die be⸗ haupteten Sachen vor die Locarno⸗Mächte bringen wolle, be⸗ ſteht die Möglichkeit, daß in den Beſprechungen der Locarno⸗ Mächte die ganze Frage früher oder ſpäter doch noch erörtert wird. Es ſoll in Brüſſel und Berlin gleichzeitig eine offizielle Mitteilung ausgegeben werden. Die deutſchnationale„Deutſche Tageszeitung“ be⸗ merkt dazu, man werde nicht fehlgehen, in dieſer überraſchen⸗ gegenkommen zu erblicken, das von dem Wunſche beein⸗ flußt ſein dürfte, dem belgiſchen Außenminiſter Vandervelde keine innerpolitiſchen Schwierigkeiten zu bereiten. Die Nach⸗ richt dürfte nach dem Blatte in der Heimat nicht überall gleich verſtanden werden. Auch werde es, ſo fordert das Blatt, bei der Redigierung der gemeinſamen Erklärung angeſichts der eben erſt gemachten Erfahrung gewiß nötig ſein, wohl von 8 0 aller Delegationsmitglieder äußerſte Vorſicht walten zu laſſen. Die„Kreuzzeitung“ überſchreibt die Meldung mit der Schlagzeile„Der erſte Umfall Streſemanns“. Weiter erklärt das Blatt:„Man wird erwarten dürfen, daß der Reichsaußenminiſter, falls er ſich wirklich auf ein der⸗ artiges Arrangement einzulaſſen gedenkt, ſich ſchnellſtens mit der Reichsregierung in Verbindung ſetzt. Dieſe Frage iſt zu wichtig und muß unbedingt zum Gegenſtand eines Kabinetts⸗ beſchluſſes gemacht werden.“ Enoliſche Kritit der deulſchen Finanzpolitik § London, 6. Sept.(Von unſerem Londoner Vertreter.) In hieſigen finanziellen Kreiſen hat man mit großer Auf⸗ merkſamkeit die Frankfurter Tagung des Reichsverbandes der deutſchen Induſtrie beachtet. Beſonders die Rede Duis⸗ bergs wird hier vielfach beſprochen. Seine Warnung vor der übermäßigen Aufnahme von Auslandsanleihen, die zwar die Arbeitsloſigkeit für den Augenblick vermindern, aber die Schuldenlaſt Heutſchlands bis zur Untragbarkeit erhöhen, werden hier mit Nachdruck unterſtrichen. Die„Times“ aber wenden ſich mit aller Entſchiedenheit gegen die Schluß⸗ folgerungen Duisbergs, daß eine Reviſion des Da⸗ wesplanes unvermeidlich ſei. Deutſchland habe in den letzten drei Jahren 10 Milliarden Mark an Anleihen aufge⸗ nommen und dadurch die jährlichen Verpflichtungen 141. 5 Milliarden erhöht. Wenn Dr. Curtius, meint das Bla weiter, die Reparationszahlungen für dieſe Anleihen ver⸗ antwortlich mache, ſo könne man ihm nur entgegenhalten, daß Deutſchland in den letzten drei Jahren nicht annähernd zehn Milliarden an Reparationsgeldern gezahlt habe. Deutſch⸗ lands Abhängigkeit von dem fremden Kapital ſei vielmehr eine Folge der deutſchen Inflationspolitik. Man müſſe aber befürchten, daß durch die immer weitergehende Verſchuldung der deutſchen Induſtrie, die nicht mehr Waren, ſondern Sicher⸗ heiten exportiere, einer neuen Inflation der Weg gebahnt werde. Der Zinſendienſt für die zehn Milliarden werde in den nächſten Jahren eine gewaltige Anſpannung des Deviſen⸗ marktes mit ſich bringen, der vom nächſten Fahre an ſchon .5 Milliarden Daweszinſen aufzubringen habe. Die beiden Möglichkeiten dieſes gewalticen Deviſenbedarfes ſei entweder eine außerordentlich geſteigerte Ausfuhr, oder die Aufnahme neuer Auslandsanleihen. Aber je mehr Deutſchland borge, deſto weniger leicht—onde es ihm gelingen Geld zu bekom⸗ men. Es werde, ſcrließt das Blatt ſeine Ausführungen, im Jahre 1928 bei den Deutſchen ein unfanftes Er⸗ wachen geben, wenn man ſehe, daß man die Reparations⸗ gelder nicht aufbringen könne, weil man alles Geld für den Schuldendienſt gebraucht habe. Der Jall Rakowski Der ruſſiſche Botſchafter in Paris, Rakowski, der von ſeinem Landaufenthalt zurückgekehrt iſt, erklärte Preſſever⸗ tretern gegenüber, er beabſichtige nicht, ſich zu entſchuldigen oder gar zurückzutreten. Während die Linkspreſſe den Fall mit äußerſter Zurück⸗ haltung behandelt, wird die Sprache der Rechten immer ſchär⸗ fer. Das„Oeuvre“ meint, daß die Majorität der Kommuniſti⸗ ſchen Partei Rußlands die Gelegenheit warnehmen werde, den ruſſiſchen Botſchafter in Paris, der der Minderheitsgruppe an⸗ gehöre, von ſeinem Poſten zurückzuberufen. Briands Erklärung in Genf, daß er den Zwiſchenfall Ra⸗ kowski mit der dem ruſſiſchen Botſchafter in Paris durch ſeine Regierung erteilten Desavouierung als erledigt betrachtet, und daß er unter keinen Umſtänden wünſche, daß die diplomatiſchen Beziehungen zwiſchen Frankreich und Rußland durch das be⸗ dauerliche Vorkommnis beeinträchtigt werden, ſteht in Wider⸗ ſpruch zu den Auslaſſungen der dem Quai d Orſay nahe ſte⸗ henden Blätter, ſodaß die Vermutung nahe liegt, am Quai 'Orſay habe man im Gegenſatz zu den Abſichten des Leiters der franzöſiſchen Außenpolitik den Kreuzzug gegen die Kommu⸗ niſten im Sinne des franzöſiſchen Innenminiſters Sarraut unterſtützen wollen. Die Anhängerſchaft eines endgültigen Abbruchs der diplomatiſchen Beziehungen mit Rußland ſcheint im Miniſterium beträchtlich an Boden gewonnen zu haben. Amfangreiche rufſiſche Banknotenfälſchung Im Auguſt dieſes Jahres ſind in Berlin falſche ruſſiſche ITſchernowitz⸗Noten aufgetaucht. Die Verbreiter der falſchen Noten haben ſich zur Verbreitung ruſſiſche Staatsangehörige ausgeſucht, die im Handelsverkehr mit Rußland ſtehen, da dieſe ruſſiſchen Noten in Deutſchland nicht eingewechſelt wer⸗ den. Die Fälſchungen ſind ſehr gut nachgemacht. Die Reichs⸗ bank⸗Falſchgeld⸗Abteilung hat, als ihr die Scheine zur Prü⸗ fung vorgelegt wurden, die Fälſchungen erkannt. In Frank⸗ urt a. M. wurde im Zuſammenhang mit den Entdeckungen ein Ruſſe namens Baſtlius Sadathieraſchwili verhaftet. Durch Zeugenausſagen wurde feſtgeſtellt, daß Sadathieraſch⸗ wili in München Geſchäftsleuten 15 000 Mark entlockt hat in ſeiner angeblichen Eigenſchaft als Geſchäftsführer einer Ge⸗ ſellſchaft, die aus dem Kaukaſus Altertümer und Koſtbarkeiten nach Europa ausführe. In ſeinem Koffer wurden ſechs Druck⸗ kliſchees gefunden. Er behauptete, aus politiſchen Gründen zum Fälſcher geworden zu ſein. In Paris wurden im weiteren Verlauf der Unterſuchung ein Kaufmann Aron Simanowitſch, der frühere Sekretär Ras⸗ putins, verhaftet, der die falſchen Banknoten in Umlauf ge⸗ ſetzt hatte, die er von dem Herſteller einem Kaufmann Scholo⸗ kawili und einem Prinzen Neſtor Briſtavi, erhalten haben will. Nue dieſe beiden ſind verhaftet worden. * den Löſung einſehr weitgehendes deutſches Ent⸗ D Dienstag, den 6. September 1927„ Der Dortmunder Katholikentag Dr. Marx zum Reichsſchulgeſetz Der zweite Tag des Katholikentages begann mit 71 Pontifikalamt in der Probſtei⸗Kirche. Um 9 Uhr vormittag fand die Generalverſammlung des Deutſchen Caritas⸗Ver⸗ bandes ſtatt, in der die verſchiedenen Hilfs⸗ und Fürſorge⸗ probleme in mehreren Referaten behandelt wurden. Um halb 10 Uhr begann in der Weſtfalenhalle die Genere verſammlung der katholiſchen Schulorganiſation, in Reichskanzler Dr. Marx ſeine ſchulpolitiſche Programmre hielt. Er führte u. a. aus: 85 11 „Die erſte und dringendſte Aufgabe der katholiſchen Schul⸗ bewegung iſt heute, bei den bevorſtehenden Verhandlungel, über das Reichsſchulgeſetz dafür zu ſorgen, daß die pesech tigten Wünſche der deutſchen Katholiken erfüllt wen den. Wir haben die feſte Ueberzeugung, daß dies gelinge wird, wenn man auf allen Seiten gewillt iſt, mit den große Grundrechten, die in die gewaltigen Lager unſerer Verfaſſung hineingeſenkt ſind, mit dem Elternre cht und der G awi⸗ ſensfreiheit Ernſt zu machen. Wer dieſe großen Grund rechte antaſtet, der rüttelt an den Fundamenten des Stag as Recht der Eltern auf die Erziehung der ihnen von 4 anvertrauten Kinder iſt das Primäre, das Recht des auf die Schule ſoll in den berechtigten Grenzen in keiner beſchnitten oder eingeengt werden. Das Wohl des Staa a und der Allgemeinheit kann aber nicht gewahrt bleiben, wenn der Staat in das Recht der Eltern und des Gewiſſens edeh greift. Unheilvoller Kampf wäre die Folge. Wahrung Elternrechte und der Gewiſſensfreiheit in der Geſesgabuzie und Verwaltung auf dem Schulgebiete bedeutet gleichzeitig 5 beſte Förderung des Staatswohles. An dieſem durch die ſchichte als richtig beſtätigten Grundſatz kann und darf au die Schulgeſetzgebung des Reiches nicht vorbeigehen. 15 Immer und immer wieder haben wir betont, daß wir 155 uns keine anderen Staatsbürgerrechte verlangen, als wir auch anderen zuzugeſtehen bereit ſind. Wenn alſo diejenige die mit uns nicht einer Weltanſchauung ſind, Schulen 9 Weltanſchauung, wenn andere die Gemeinſchaftsſchule forder werden wir ihnen nicht im Wege ſtehen. Freiheit und Gerer tigkeit für alle ſoll die große Loſung ſein. Erſt dann Schulfriede in unſerem Volke werden, den wir ſo„ gend notwendig haben, damit wir aus der Zeit des Haders 995 aus zur poſitiven Arbeit kommen. Die Schule müßte, populärſte Angelegenb⸗it in unſerem Volksſtaate ſein. 5 Der badiſche Landtagspräſident Baumgartne Karlsruhe, der 1. Vizepräſident des diesjährigen Katholtkern tages, erklärte, daß auch die badiſchen Katholiken mit—ů Glaubensgenoſſen im Reiche die Bekenntnisſchule forderteg Dee ſprach Pfarrer Dr Offenſtein aus Wilhelms bun bei Hamburg über das Thema:„Die Bekenntnisſchule und 15 nattionale Einheit. Die Schlußanſprache hielt der Biſchof v 10 Paderborn Dr. Klein. Er führte u. a. aus, daß das geſang katholiſche Volk vereint mit ſeinen Biſchöfen die Bekenntni ſchule forderte. lung Um 4½% Uhr wurde die zweite öffentliche Verſamm +* Fuſfa⸗ Ueber„Arbeit und Kapital in chriſtlich 4 Auffaſſung“ ſprach der mit beſonderen Beifallsſtürme begrüßte Bundeskanzler Prälat Dr. Seipel aus Wien. 4 Er ging davon aus, daß man ganz ſtumpf ſein müſſe oder*5 mäßige Grübeleien verbohrt, wenn man nicht merkte, 10 fel Menſchen auf allen Gebieten und vor allem auf dem Ge der Wirtſchaft das Neue erwarteten, ſei es, daß ſie 25 fürchteten, ſei es, daß ſie er erſehnten. Im katholiſchen Legie beſtehe noch keine einheitliche Meinung in dieſer Sache. ach einen ſeien erſchreckt, weil ſie als Katholiken ihrer. konſervativ ſeien und fürchteten, daß nach der Umwä moch der politiſchen und der ſozialen Ordnung womöglich auch der die wirtſchaftliche Ordnung gefährdet werde und da dann nur ganze Kampf der neuerungsſüchtigen Menſchen, ohne auc die noch eine Zwiſchenſchanze zu finden, gegen die Kirche 5 Religion ſelbſt gehe; aus dieſen Gründen lehnten ſte imen Beſtreben ab, die Menſchheit in wirklich neue Wirtſchaftefonken hineinzuführen. Auf der anderen Seite erfülle viele Katbhoen ein ernſtes Bangen, wenn ſie ihre Glaubensgenoſſen an e die großen Zeitenwende nur konſervativ ſähen. Dazu romm en Sorge, daß viele Seelen der Kirche entfremdet würden, rtei⸗ die neue Menſchheit die Katholiken drüben bei den Veſhe. digern der alten Geſellſchafts⸗ ud Wirtſchaftsordnung liken Die ſo empfinden, verlangten, daß die beſten Fatht zu⸗ Bannerträger einer neuen Ordnung, 80 ihr gleich aber auch Führer auf dem Weg würden, der 5 be⸗ führe. Wer in dieſem Streite recht habe, ſei ſchwerer dätten antworten als die Frage, wer unrecht habe. Unrecht follten immer die Fanatkker: wer verlange, die Katholiken ihren eine ſoziale oder Wirtſchaftsordnung ſo heilig halten 5 per⸗ Glauben, verlange eine Blasphemie von ihnen. 7 0 5 lange, ſie ſollten das Alte, Eingelebte in Einrichtunge ver⸗ irdiſchen Lebens ſtürzen, ehe ein Neues, Beſſeres da 1 iſchen lange eine Torheit und eine Gewiſſenloſigkeit. Um 15 klarer den Extremen den rechtenMittelweg zu finden, bedürfe e n der Grundſätze. Eine gefährliche Irrlehre ſchlummere ſtsord⸗ modernen Ueberſchätzung der Arbeit. Eine Wirtſcha i nung, die durch ſich ſelbſt nach Art einer Maſchine Gerechſpe keit und Liebe verbürge, gebe es nicht. Je mehr Menſchen ſelbſt zum Mittelpunkt und Maß zallerz e ſitt⸗ machten, je mehr ſie die ökonomiſchen Geſetze über nderen lichen ſtellten, je mehr ſie ſich einredeten, mit einem dtes auf Geſellſchafts⸗ und Wirtſchaftsſyſtem würde das N 12 Erde kommen, um ſo mehr nähmen die Ungerechtigkei 8, einen Unglück überhand. Wer aus Doktrinarismus herau gſäe, ſei Zukunftsideal zuliebe, Haß gegen die Gegenwart 5 Sinne kein Freund der Menſchen, ſondern ihr Feind. eines Schemas gebe es keine chriſtliche Wirtſchaf Nakur ondern nur Elemente, die blieben, weil ſie in der 55 enſchen begründet ſeien. Dieſe Elemente ſeien in ee chieden ſchaftsordnung zu finden, ſie könnten aber angeordnet und gruppiert werden. E 15 einen grauſamen und unchriſtlichen Kapit lis⸗ nen gelernt haben, dürfen wir nicht glauben, ein itals mus, der jede Anerkennung und Geltung des ezerkehr kämpfe, werde das Heil bringen. Nicht an die Wie che Zyuklen, 9 Gleichen dürſe der Katholik alauben, nicht an magis ſondern er müſſe dem Geiſt der Geſchichte nachſpürege reit ſein Geſetzen, die er vorſchreibe. Das Geſetz heiße aber: für jeden Weg, der aufwärts zu führen perſprecht; Die Schlußvorträge behandelten die„Praxi nd die ⸗R lichen Charitas“(Dr. Carl Sonnenſchein) tär Ktefer⸗ tung der chriſtlichen Familie“(Gewerkſchaftsſekreta Saarbrücken)]. ige Keine Einſchränkung der dͤeutſchen Ozeanfſias, Büro.) d, Berlin, 6. Septi.(Von unſerem Berliner hhe Re Spätabendblatt hatte behauptet, daß ſich auch die uund Kengte gierung ähnlich wie die der Vereinigten Staaten unden mit der Abſicht trün, einſchränkende Lee mehe: Transozeanflüge zu erlaſſen, in dem Sinne, Sta geſtatte motorigen Maſchinen oder Seeflugzeugen der den deutſchen werden ſoll. Wie wir hören, ſind an maßgetteng unkersflug Stellen derartige Verfügungen, die ja auch die Ju i ern zeuge und die Maſchine Könneckes treffen würden, 95 1 ich, ßt erwogen worden. Auch iſt es wenig wahrſcheinl ranlaßt 1 Behörden ſich zu einem ſolchen Schritt ve ſehen werden. iral Kato geſtorben jen Admiral Kato geſ güe — Tokio, 6. Sept. Der Oberbefehlsbaber der ſam Flotte während der Belagerung von Tſingtau, 2 Katsd, iſt geſtorben. ßSßFFFFFFTETCTCC0 TTVPVPPVTbVCTCCTCCTTCC0T0CCT0T0T0CCCTCTCTCTCTCTTTTT „h Ttenstag, den 0. September 1927 Neue Maunheimer Zeitung[Mittag⸗Ausgabe) 8. Sette. Nr. 1 Staͤoͤtiſche Nachrichten Das ſommerliche Mannheim Vor hundert Jahren, als es zwar noch keinen Wetter⸗ bpericht, dafür aber einen wirklichen Sommer gab(oder wer at z. B. etwas von Hundstagen oder Hitzwellen gemerkt), man natürlich auch in Mannheim ſchon ſo weit, daß das uge des Geſetzes ſich verſchiedener Notwendigkeiten liebevoll annahm. Das war vor allem: Die Straßenhygiene. Sie machte ſich bemerkbar wenn:„— die Witterung trocken iſt, ſo iſt bei fünfzehn Kreu⸗ zer Strafe, die Gaſſe vor dem Kehren erſt mit reinem Waſſer Mi Verhütung des Staubes zu begießen.“ Die ſtädtiſche küllabfuhr beſorgten die„Gaſſenkärcher“, die ihren Pferden tine helltönende Glocke von geeigneter Größe anhängen muß⸗ en. um ihre Ankunft rechtzeitig anzukündigen. Das im Som⸗ mer auf den Nebengaſſen zwiſchen den Steinen aufſproſſende 5 kas mußte auf die von der Polizei durch die Schelle geſche⸗ ene Ankündigung, bei 15 Kreuzer Strafe, ausgeſtochen und weggeſchafft werden. Auf den Straßen oder öffentlichen wläen durfte keine Wäſche mehr zum Trocknen aufgehängt erden.„Dasſelbe iſt gleichermaßen außerhalb der Stadt, in den um dieſelbe gezogenen Alleen(Mühlaudamm uſw.) und Afentlichen, bei ein Reichsthaler Strafe, verboten.“ Auch das und Schreien der Kinder und das Werfen mit Stei⸗ D auf den Straßen und öffentlichen Plätzen war verhoten. 15 ie auf dieſem Unfug betroffen werdenden Kinder ſollen S rch die Polizeidiener aufgefangen(was anſcheinend ihr eneztalſport warf und nach Umſtänden entweder in den Schu⸗ wel oder bei der Polizet und wenn die Schullehrer ſolches ver⸗ 8 Abern. bei letzterer zur Beſtrafung gezogen werden.“ Die Auſſich ſelbſt wurden„beim Befunde einer vernachläſſigten ſicht über ihre Kinder“ ebenfalls in Strafe genommen. 1901 Wenn die Badezeit eintritt, wird„zum Gebrauch des Müßl, Bades im Ahein ein ſicherer Platz in der Gegend der od hlaue mit Pfählen abgeſteckt. Nur allein innerhalb dieſer Fluzeimer ſonſt obrſakeitlich bezeichneten Stelle iſt das offene Sittioad erlaußt. Wer außerhalb derſelben badet, oder die mit Gofzit verletzt ſoll mit zwei Reichsthalern Straſe oder verb efängnis auf drei Tage belegt werden.“ Dann war es den gten„bei Waſſerfahrten über den Rhein und Neckar in Ader Fahrzeugen zu ſchaukeln. Wer dergleichen Unfug ver⸗ ſoll zur Erleaung einer dem Grade ſeines Mutwillens eines ſeſſenen Polizeiſtrafe angehalten werden.“ Dem Angeber zugeft ſolchen Frevlers wird eine Belohnung von 30 Kreuzern re chert. Zur Verhitung des durch unvorſichtiges Waſſer⸗ all en Zunkundiger Perſonen ſo leicht möglichen Unglücks wird achen paffern Fichern und ſenſtigen Eigenthümern von 3 Wa bei 5 Reichsthalern Strafe unterſagt. ihre Fahrzeuge kundtallerkabrten herzukeihen, wenn nicht ein des Fabrens auch nar Schiffer ſich Jabei befindet(der ſedoch im Notfall vanik Ur ein einzelner Menſch war gegen Viele, denen ein Ne d Schrecken die Vernunft nahm].“ unch. 10 Uhr abends war der Aufenthalt im Schloßgarten mehr nperdächtigen Perſonen, nach 11 Uhr aber niemand eicholtanbt. Das Geßen und Reiten auf dem Miltär⸗ das 20 as nächſt der Pferdeſchwemme, das Graßabmähen, Demmes en des Viehs, die Beſchädigung des bewachſenen daſelöſtef und der Weideanlagen iſt, ſowie das Wäſchebleichen hiergt für jene, die ſch mit einer ſchrifllichen Erlaubnis verbot nicht ausweiſen können, bei einem Reichsthaler Strafe plant en. Blumentöpfe und andere Gefäße(d. h. Küchen⸗ (der ein) dürfen bei Strafs von 30 Kreuzern für jeden Topf efätz nem Ahnungsloſen auf den Kopf fiel) oder für jedes ſtehen nicht anders vor dem Fenſter oder auf Tragſteinen Stangenl wenn ſie hinlänglich mit Latten oder eiſernen Perden n befeſtiat ſind. Auf den Dächern oder Dachfenſtern ich vor 5 keine Blumentöpfe geduldet.(Wenn aber einer wönte) er Hundstagshitze auf ſeinen Dachgarten retten Die Beſchä bän eſchädtgung der auf den Planken ſtehenden Akazien⸗ Kinder 5 die Abreißung der Zweige durch Erwachſene oder willen 5 bei nachdrücklicher Strafe verboten. Wer aus Mut⸗ pflanzten er Bosheit einen auf öffentlichen Plätzen ange⸗ Arbeitgh Baum beſchädigt, mußte Schadenerſatz leiſten, bekam Der An— bis 2 Mon. u, wurde öffentlich bekannt gemacht. 10 Rei 951 ger eines Frevlers erhielt aus ſeinem Vermögen war n haler Belohnung. Im Bezirk des Schloßgartens bre och beſonders unterſagt, Blumen und Geſträuch abzu⸗ ſaſcden⸗ die Grasplätze zu laufen oder die Grasein⸗ un en Wegen zu betreten. Ferner war das Reiten Fahrdabren und Laufen mit Laufmaſchinen(dem ſpäteren Beiſe Verfarr Kleinroller) auf den Nebenwegen, das trupp⸗ Bakanzzeſſaſnmeln und Spielen der Kinder, beſonders in der 285(ttes: Große Ferien) beſonders der Schulknaben, geſtört, der Aert und ſonſtiger Unfug, wodurch die Ordnung beſonderg rboten. Es war verboten Feuer auf der Straße, guzuzünde ohannisfeuer auf den Abend des Johannistages, Häuſern 05 15„Die Hauseigentümer, welche ſolches vor ihren Uulden, ſollen mit zwei Reichsthalern Strafe belegt 25 und die dabei betreten werdende Jugend durch die Polizei⸗ diener aufgefangen und mit der Rute gezüchtigt werden.“ Der Fremdenverkehr war z. T. recht eigenartigen Beſchränkungen unterworfen. So hatte jeder, der in ſeiner Wohnung einen Fremden beherbergte, und ſei es auch der nächſte Anverwandte, binnen zwölf Stunden hiervon der Po⸗ lizei Anzeige zu erſtatten. Und zwar ſchriftlich. Wer über die Zeit der Anzeige hinaus bleiben wollte, mußte nochmals ſchrift⸗ lich nachſuchen. Keinem Fremden wurde der Aufenthalt ohne vorgängige und jährlich zu erneuernde Nachweiſung ſeines bei⸗ behaltenen Heimatrechtes geſtattet. Ebenſo ſchützte man ſich vor der Möglichkeit unerwünſchter Stadtarmer, indem mon Fremden, die durch ihr Vermögen oder eine Penſion ein aus⸗ reichendes Einkommen entweder notoriſch haben oder ſich dar⸗ über legitimieren können, ſobald ihr hieſiger Aufenthalt nicht gegen beſondere Verordnung lief, den Aufenthalt lediglich auf ihre gültigen Päſſe zuließ, wobei ſie aber jährlich ihren Heimat⸗ ſchein erneuern mußten.(Auf die Anlockung beſonders kapital⸗ kräftiger Steuerzahler ſcheint man damals noch nicht viel Wert gelegt zu haben.) Wenn jemand ausziehen wollte, dann mußte er zuvor ſeine Verhältniſſe auf ein ihm von der Polizei über⸗ ſandtes Formular(oder: Deklarationsblatt) eigenhändig ein⸗ tragen und dieſes mit Paß und Heimatſchein der Polizei vor⸗ legen. Wer nicht von hier gebürtig war oder in ſchutzbürger⸗ lichem Verhältnis ſtand, dem konnte nicht erlaubt werden, ſich auf eigene Hand hier als Taglöhner zu ernähren. Ausge⸗ nommen zu Zeiten beſonders häufiger und dringender Feld⸗ geſchäfte, zum Beiſpiel in der Ernte, konnten ſie von den Gutsbeſitzern zur Arbeit angeſtellt und nach Beendi⸗ gungwieder entlaſſe nwerden.(Damit züchtete man einen Krebsſchaden, den man heute nur ſehr ſchwer wieder loswerden kann: die Sachſengänger, d. h. die ſogenannten, häufig noch ausländiſchen Saiſonarbeiter.) Großherzogliche Soldaten, ſo⸗ wohl der hieſigen Garniſon als ſolcher, die ſich in Urlaub hier aufhielten, war das Helfen bei Erntearbeiten und ein Verdienſt durch Arbeit im Taglohn unverwehrt.. * Bautätigkeit in Mannheim. Nach den Erhebungen der Ortsbaukontrolle wurden zum Teil durch Neubauten, zum Teil durch Umbauten im Auguſt 119 Wohnungen neu ge⸗ ſchaffen; darunter ſind 91 Wohnungen mit—3 Zimmern und 28 Wohnnugen mit 4 und mehr Zimmern. Die Zahl der neuen Wohngebäude belief ſich auf 43(davon 6 Kleinhäuſer mit—2 Wohngeſchoſſen und höchſtens 4 Wohnungen), die der Umbauten auf 3. * Die Schönwetterperiode hält an. Am Sonntag abend ſchien ſich ein Umſchlag vorzubereiten. Auch geſtern nach⸗ mittag machte der Himmel ein recht finſteres Geſicht. Aber heute zeigt er wieder aufgeheiterte Stimmung. Die Nacht⸗ und Morgentemperatur weiſt einen kleinen Rückgang auf. In der vergangenen Nacht wurde ein Minimum von 13.6(15,4) Gr. C. feſtgeſtellt. Heute früh betrug die Temperatur 13,0 (16,2) Gr. C. Das Maximum wurde geſtern mit 24(22,4) Gr. C. erreicht. * Ehrung. Aus Anlaß der vollendeten 40jährigen Dienſt⸗ zeit im Dienſte der Eiſenbahnverwaltung hat Reichspräſident Hindenburg dem Reichsbahnoberſekretär Franz Schnei⸗ der beim Bahnhof Mannheim⸗Neckarſtadt ein Dankſchreiben überreichen laſſen. Mit beſonderem Dankſchreiben haben ſich angeſchloſſen, der Generaldirektor der Reichsbahngeſellſchaft Dorpmüller und der Präſident des Reichsbahnbezirks Mainz. Abenoͤgang Blaue Dämmerung liegt in den Straßen. Hier und da funkelt ein erſter Stern, einer blitzt ſogar durch die Aſtgabel der Linde, aus deren Zweigen es ſommerlich herabweht. Das iſt die Stunde, in der die Menſchen am liebſten ihren Abend⸗ gang machen. Viele gehen heraus, ohne ſich ein Tuch um die Schultern zu nehmen, alle ohne Hüte. Sie wollen nur ein paar Straßen weit. Hier und da bleiben ſie ſtehen, ſprechen mit den Nachbarn vor den Türen, lauſchen einem Grammo⸗ phon, das herüforflingt, oder machen Pläne für den nächſten Tag. Ihr Schritt iſt ruhig und gemächlich; ſie haben ihr Tagewerk hinter ſich, und verbringen nun den Abend, wie er ſich gerade verbringen läßt. Hier und da brennt Licht. Hinter den Gardinen der Par⸗ terrewohnungen ſieht man Menſchen um den Tiſch herum⸗ ſitzen; ſie haben nicht einmal die Vorhänge zugezogen. Sie leſen, der eine klimpert vielleicht auf der Gitarre, der andere blickt dem Rauch ſeiner Zigarre nach. Frieden drinnen und draußen. Wie magiſche Gärten hängen die grünen Balkons an den Häuſern. Das gelbe Licht zeichnet die Gegenſtände ſo ſeltſam weich und träumeriſch nach. Kaum, daß ſich oben jemand hewegt. Die Schatten halten ganz ſtill, aber man hört ſie ſprechen. Durch den Garten dringen Stimmen herüber. Fern ſummt eine Elektriſche. Man fühlt den blauen Funken in der Luft, der an ihrem Draht entlang ſprüht. Sie fährt mit ihren hellen Fenſtern ſummend am Straßenende vorfüßber. Sie gehört nun einmal in das Bild unſerer Stadt. Und doch lieben wir gerade deshalb unſere Straße, weil in ihr nicht die Elektriſche fährt. Abend für Abend machen die Menſchen ihren ſtillen Gang. Veranſtaltungen * Die Bodeſchule ſteht unter den Syſtemen der Leibes⸗ erziehung z. Zt. im Vordergrunde des Intereſſes weiter Kreiſe. In dem Bode⸗Uebungsſyſtem tritt der bisherigen Hal⸗ tungsgymnaſtik unſerer Freiübungen eine Bewegungsgym⸗ naſtik ergänzend zur Seite. Aus der Anzeige in dieſer Num⸗ mer iſt zu erſehen, daß ſich auch in Mannheim eine Bodeſchule aufgetan hat. * Friedrichspark. Da die Konzerte infolge des ſchönen Herbſtwetters ſehr gut beſucht ſind, hat die Parkleitung auch für dieſe Woche nochmals die regelmäßigen Konzerte vorgeſe⸗ hen.(Siehe Anzeige). * Die Vereinigung ehemaliger aktiver 40er(Hohenzollern⸗ füſiliere), Ortsgruppe Mannheim, veranſtaltete am Samstag abend in dem Gartenſaal des Ballhauſes einen Unterhal⸗ tungsabend, der ſehr gut beſucht war. Die Veranſtaltung bildete den Auftakt des für die nächſte Zeit vorgeſehenen Unterhaltungsprogramms. Die Ortsgruppe wurde anläßlich der Denkmalseinweihung des Regiments 40 in Raſtatt am 30. Juli wieder friſch ins Leben gerufen. Der Vorſitzende, Herr L. Glaſer, hieß die Erſchienenen, unter denen ſich Vertreter verſchiedener befreundeter Regimentsvereine be⸗ fanden, willkommen und ſprach die Hoffnung aus, daß auch die folgenden Veranſtaltungen dem gleichen Intereſſe begegnen möchten. Die Vereinigung diene lediglich dem treuen Ge⸗ denken an die Gefallenen und der Pflege der Kameradſchaft. In bunter Folge wechſelten dann Geſangs⸗ und humoriſtiſche Vorträge miteinander ab, in die ſich das Baunach ſche Doppelquartett und Herr Sauer teilten. Die Dar⸗ bietungen wurden mit großem Beifall aufgenommen und ließen bald eine gemütliche Stimmung aufkommen. Mit Tanz ſchloß die äußerſt harmoniſch verlaufene Veranſtal⸗ Film⸗Numoͤſchan * Palaſt⸗Theater. Der Siebenakter„Sind Fragen⸗ herzen käuflich?“ führt in das faszinierende Reich der Pariſer Modeſchöpfer. Ein Gelbſtern hat die beſten Aus⸗ ſichten, Karriere zu machen. Ein ſchwerreicher Lebemann ſucht den entzückenden Mannequin zu erobern. Er bietet ihm ſogar Herz und Hand an. Aber er wird nicht Sieger, weil nicht alle Frauenherzen käuflich ſind. Ein Modezeichner führt die Braut heim. Ehe es aber ſo weit iſt, mird das Paar durch eine ſchwere Intrige gehetzt, die die Direktrice des Modehauſes anzettelt, die den feſchen jugend⸗ lichen Modekünſtler in ihre Arme ſchließen möchte. Wer wollte daran zweifeln, daß es auch in Paris noch Mädchen⸗ treue gibt? Der Film beſticht durch ſeine Aufmachung. Sehr intereſſant ſind die Szenen aus dem Pariſer Nachtleben und dem Modeſalon, den der verliebte Lebemann dem Gelbſtern einrichtet. Die Rollenbeſetzung entſpricht dem Milieu.„Die Jagd nach der Braut, führt über Aegypten nach Ceylon. Ein bankerotter Handelsherr rettet das väterliche Erbe durch eine Geldheirat, die dͤurch den Schwiegervater zu einer aus⸗ geſprochenen Liebesangelegenheit umgebogen wird, weil das Töchterchen— ſo romantiſch ſind noch die Vankeemädchen— um keinen Preis einen ihr unſympathiſchen Mann heiraten will. Eine vom Schwiegervater inſzenierte Entführung führt das Paar zuſammen. Die geſchickte Beſetzung der Hauptrollen erhöht den Reiz der ſpannenden Handlung. Das Beipro⸗ gramm iſt ebenfalls zu loben. G. tung ab. * Preußiſch⸗Süddeutſche Klaſſenlotterie. In der geſtrigen Vormittagsziehung wurden folgende größeren Gewinne aus⸗ geloſt: 2 Gewinne zu je 5000/ auf Nr. 174 760, 8 Gewinne zu je 3000 ¼/ auf die Nrn. 155 609, 173 279, 183 779, 314 120.— In der Nachmittagsziehung fielen 2 Gewinne zu je 10 000% auf Nr. 36 466, 2 Gewinne zu je 5000 auf Nr. 290 904, 8 Ge⸗ winne zu je 3000%/ auf die Nrn. 165 637, 165 934, 262 252, 280 609.(Ohne Gewähr.) * Diamantene Hochzeit. Am heutigen Dienstag feiert Major Würth mit ſeiner Gemahlin, geb. von Bode, in Gengenbach im Kinzigtal in voller körperlicher und geiſti⸗ ger Friſche das ſeltene Feſt der diamantenen Hochzeit. Major Würth iſt einer der wenigen noch lebenden früheren badiſchen Ofiziere. Er ſtand anfangs der 60iger Jahre als Portepee⸗ Fähnrich und Leutnant im Mannheimer Infanterie⸗Regi⸗ ment. Später trat er in den Grenz⸗Zolldienſt und wurde nach 40jähriger Tätigkeit in den Ruheſtand verſetzt. Am Feldzug 1870/½1 nahm Mafor Würth als Offizier teil. Bei Ausbruch des Weltkrieges ſtellte ſich der 74jährige ſofort wie⸗ der zur Verfügung. Er war zunächſt Führer einer Armie⸗ rungs⸗Kompagnie im Oberelſaß und ſpäter Führer eines Armierungs⸗Bataillons, an deſſen Spitze er u. a. auch die aroßen Kämpfe an der Somme in der Feuerlinie mitmachte. Mit dem Vater ſtanden 6 Söhne im Felde, von denen zwei den Heldentod ſtarben und einer ſchwer verwundet wurde. 11 noch lebende Kinder nehmen an dem heutigen Feſte teil. —— Hochzeitsreiſe Skizze von Georg Freiherr von Ompteba it Steinach be gab es ſich, am Brenner: Fenſter W1 hielt auf dem Gleiſe. Ein junger Herr ſaß am Mlapptiſch ſtarrte in den regneriſchen Tag hinaus:; auf dem Mann konnte wor ihm ſtanden ein paar Nelken. Der funge nach am zie nicht begreifen, warum der Zug gerade in Stei⸗ mgendeiner renner ſo lange liegen blieb, da man doch von ſteorkte. So aufreibenden Tätigkeit der Beamten nichts be⸗ nch nach Sonüberfiel ihn alle Traurigkeit eines Menſchen, der n Steinacanne und Süden ſehnt und ohne erſichtlichen Grund am Brenner warten muß. ſeine Troſtloſigkeit bedenklich zu werden 55 dem Nebengleiſe, vom Brenner her, alſo juz daß, als öiSonne, ein Zug ein, und der Zufall wollte ungen— ie Wagen zum Stehen kamen, genau vor dem 8 7 eine Dame mit aſchblondem Haar und blauen, Glenſichtlich 777 Augen am herabgelaſſenen Fenſter lehnte, errn ihr erart in Gedanken verſunken, daß ſie den jungen 8 Was an azuüber gar nicht bemerkte. Karſſhe Gewig 725 s e magz bleibe 5 71 f 5 8 ein Zug ſich in Bewegung ſetzte, D ar, jäh entſchloſſen, die ſchönen Nelken und warf ſie der ame grade zals Huldigung hinüber. Ei ü i a„Ein Glück nur, daß ſie ſich ſer Abnung Kenſter zurückzog. Wie nun. wenn die Blumen reckte oſen mitten ins Geſicht geflogen wären? So aber Fände entge em bunten und duftenden Gruße zwei ſchlanke opf, fing ihn und neigte, fern jedem Gekränktſein, u e 8 noch bei dankendem Lächeln als vorher in bar d as geſchah 5 0 dav aber nun? Während der ander rett⸗ bac 15 1— ſank die Dame auf ihren Sitz und—— das recht: elken. Ein Herr ihr gegenüber wies ſie milde degennehmen Aönnen einem Fremden habe Blumen ent⸗ be ſie ſichtnger. Sie erklärte dem Herrn, eine itsreiſe 90 er ſebig ders vorgeſtellt, auch wiſſe ſie e ſiweifer gerra 55 nicht liebe. Als er ſich nun über ſolchen ch beglücktkt zeigte, nahm ſie den Nelkenſtrauß, ſog, ab⸗ Uuhr der Herr bllelren, Duft ein und verließ das Abteil. zauntenbrille und ckte ihr erſtaunt nach, rückte an ſeiner Ge⸗ uches, der um ſich in den kleinen Druck eines leichter zu leſen war, als der Zug noch — ie D ſchlanken Fine offnete und ſchloßz ſchneller, immer ſchneller die t immer hielt. Die junge Frau aber benutzte den Augenblick, als der Schaffner aus irgendeinem Grunde die Tür des Wa⸗ gens geöffnet, um auszuſteigen. Ohne Hut lief ſie in den leiſe rieſelnden Regen hinaus, ab und zu ängſtlich rückwärts ſchauend, ob der nörgelnde Gatte ſie denn nicht voller Beſorg⸗ nis zurückholen werde. Da ſetzte ſich der Zug in Bewegung, und ſie ſtand ohne Schirm, ja ohne Geld, dafür aber mit den ſchönſten Nelken Tirols im Regen auf dem Bahnſteige von Steinach am Brenner. Solches Mißgeſchick würde ihr bei einem Manne, wie dem jungen Herrn, niemals widerfahren ſein. Der hatte ſie nur einen Augenblick geſehen und ihr ſchon einen Blumenſtrauß als Huldigung zugeworfen, was ihr Gatte noch nie getan. Der aber ſpähte hinaus und ſuchte ſeine funge Frau, die er mehr liebte als ſich ſelbſt, ohne es bei ſtiller Weſensart in Worte kleiden zu können. Da er nun fühlte, wie ſich der Zug langſam in Bewegung ſetzte, lief er ängſtlich an die Tür, ſie herbeizurufen. Doch ſchon ging der Wagen ſchneller, und er ſah, wie der Stationschef ihr verbot, das Trittbrett des fahrenden Zuges zu beſteigen. Da packte ihn die Verzweif⸗ lung, und wie ein Verzweiſelter geneigt iſt, unbedachte Schritte zu unternehmen, riß die Wagentür auf und ſprang auf den Bahnſteig hinaus. Er verlor das Gleichaewicht und blieb, nachdem er eine richtige Lerche»eſchoſſen, liegen wie ein Stein. Die junge Frau aber ſchrie laut auf und verlor vor Schreck den ſchönen Nelkenſtrauß. Als ſie dann beſorgt ihren Mann betaſtete, war alles an ihm noch ganz, nicht einmal die Brillengläſer hatten Schaden genommen. Nur aus der Hoſe wehte am Knie ein luſtiges Dreieck. Aber ſie verſtand ja zu nähen, und er war noch am Leben, jenem Leben, das er offenkundig für ſie eingeſetzt. Da ſchoß auf dieſer ganzen Reiſe der erſte Blutſtrom des Glückes zu ihrem Herzen. Doch ſchon erſchien der Beamte mit der roten Mütze. Sein Blick verhieß nichts Gutes. Er verlangte den Paß des Mannes, der die Bahnvorſchriften übertreten. Die junge Frau rettete nun ihrerſeits ihren Mann: ſchnell eine kleine Not⸗ lüge bei der Hand, bedeutete ſie dem Rotbemützten, die Tür, an die ſich ihr Gatte gelehnt, ſei nicht vorſchriftsmäßig ge⸗ ſchloſſen geweſen, ſodaß ſie genötigt ſein könnten. ſich zu be⸗ ſchweren. Da erklärte der Beamte, ſofort gefügig, durch San nach Insbruck das Gepäck im Abteil ſichern zu wollen. Inzwiſchen hatte es zu regnen aufgehört, denn auch in Steinach am Brenner regnet es nicht ununterbrochen. Zu⸗ gleich bot ſich ein leerer Rückwagen zur Stadt. Aber die junge Frau rief:„Meine Blumen!“ Sie hatten längſt einen Be⸗ wunderer gefunden. Doch der junge Gatte hatte gelernt: er kaufte einem armen Mädchen, das Alpenroſen vergeblich am Zuge feilgeboten, den ſchönſten Strauß ab und überreichte ihn ler warf ihn nicht) ſeiner Frau. Wie ſie da in Wald⸗ und Bergluft die herrliche Straße hinabfuhren, während in der Tiefe ein Zug keuchend ſeinen Qualm entlud, ſah der Mann im Glanze der goldenen Sonne ihr Haar leuchten, wie es ihm noch nie geleuchtet, ſo daß er dachte:„Was habe ich da nur für eine hübſche Frau!“ Und als vor ihnen die Solſteinkette in den Himmel wuchs, das Tal ſich auftat mit grünen Matten und dunklem Wald, da ſchob ſie voll endlich erwachter Zärtlichkeit ihren Arm unter den ſeinen und neigte ſich zu ſeinem Oor: „Ich habe ja gar nicht gewußt, wie lieb Du biſt!“ Aberglaube? Der Glaube an Weisſagungen und Vorbedeutungen iſt ebenſo alt wie die Welt. Man findet ihn bei den primitivſten Stämmen wie auch bei den höchſtziviliſierten Völkern. Er hat den Bannflüchen der Kirche getrotzt wie auch der Aufklärun durch die Wiſſenſchaft, und auch viele hochgebildete Leute ſi von ihm nicht frei, wenn ſie es im allgemeinen auch nicht wahr haben wollen. Auf eine Rundfrage indeſſen, die die Londoner Königliche Akademie jüngſt über telepathiſche Mitteflungen und das ſogenannte„zweite Geſicht“ veranſtaltete, erhielt ſie zahlreiche Antwortſchreiben von durchaus ernſt zu nehmenden und gebildeten Perſonen, die bezeugten, daß es ſolche Dinge in der Tat gäbe. Es erſcheint, wie man zugeben muß, nach⸗ daß es zu verſchiedenen Zeiten und in verſchiedenen ändern Perſonen gegeben hat, die körperlich und geiſtig völlig geſund waren, und die auf geheimnisvolle Weiſe von Ereig⸗ niſſen Kenntnis erhalten hatten, die ſich in ſehr großer Ent⸗ fernung abgeſpielt hatten, und an ihrem Aufenthaltsorte noch nicht bekannt waren— Wenn man an die Schwingungen denkt, die von der Antenne unſeres Rundfunks aufgefangen werden, ſo wird einem zum Bewußtſein kommen, daß unſere Atmoſphäre von unſichtbaren Boten erfüllt iſt, die unſere Sinne allerdings nicht wahrnehmen weil ſie dazu nicht fein genug ſind. Die Melt, in der wir leben, wird aber ausſchließ⸗ lich von unſeren Sinnen gebildet. Darüber hinaus gibt es andere Welten, zu deren Wahrnehmung feinere Sinne erfor⸗ derlich ſind, gerade wie ein ſcharfer Verſtand Dinge begreiſt, die der gewöhnliche nicht erfaßt hat. — Neue Mannheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) Dienstag, den 6. September 1027 Tagung des Badiſchen Cüngerbundes ö ◻U Weinheim, 4. Sept. Der Badiſche Sängerbund hielt heute vormittag P ſeine aus allen Teilen von Baden und der Rheinpfalz ſtark beſuchte diesjährige Hauptverſammlung ab. Aus die⸗ 75 Anlaſſe waren die Feſtſtraßen vom Bahnhof bis zum Marktplatze mit Fahnen und Guirlanden reich geſchmückt. Die Bahnhofſtraße bildete eine einzige Flaggenallee, an deren Zugang eine mächtige Triumph⸗Pforte, die die Stadt⸗ farben und eine goldene Lyra mit viel Tannenſchmuck aufwies, als Willkommensgruß zu erblicken war. Am Samstag nach⸗ mittag 3 Uhr traten die Leiter der 26 Gauverbände des Ba⸗ Liſchen Sängerbundes unter Vorſitz von Rechtsanwalt Dr. Metzger⸗Freiburg i. Br. zu einer mehrſtündigen internen Vorbeſprechung zuſammen. Begrüßungsabend Den Auftakt zu den Feſtlichkeiten bildete das Bankett am Samstag abend in dem bis auf den letzten Platz beſetzten, reich ausgeſchmückten Saalbau zum„Pfälzer Hof“. Im Hinter⸗ grunde der Bühne prangte in rieſigen Lettern— überſtrahlt von einer Lyra— der badiſche Sängerſpruch. Beſonders ein⸗ drucksvoll geſtaltete ſich der Vortrag des Chorwerkes von Beet⸗ hoven„Die Ehre Gottes in der Natur“ durch 350 Weinheimer Sänger unter Orcheſterbegleitung. Dieſe Darbietung und manche andere ſchöne Liedergabe, wie z. B. Hegars Chor„To⸗ tenvolk“, wurden mit jubelnder Begeiſterung aufgenommen. Dem Dirigenten der vereinigten Männerchöre, Chormeiſter uſtin Lamberth aus Viernheim, wurde wohlverdiente nerkennung gezollt. Der Feſtpräſident, Oberbürgermeiſter Huegel, begrüßte die Gäſte. Bundesobmann Dr. Metz⸗ ger⸗Freiburg i. Br. brachte ein dreifaches Hoch auf die Stadt Weinheim aus. Prof Münch⸗Bruchſal vom Hauptausſchuß, wies auf das 10. deutſche Bundesſängerfeſt in Wien 1928 hin, das ſich zu einer machtvollen Kundgebung im Sinne des An⸗ ſchlußgedankens geſtalten werde. Als im weiteren Verlaufe der M. G. V.„Liedertafel“ 1893 unter dem Dirigenten Menz⸗Mannheim zwei Chöre geſungen hatte, ereignete ſich der bereits im heu⸗ tigen Morgenblatt gemeldete bedauerliche Zwiſchenfall, der dem Bankett ein vorzeitiges Ende bereitete. Beim Verlaſſen der Bühne brachen die Sänger infolge Ueberlaſtung des pro⸗ Rierzicben Bodenbelags auf dem Vorpodium ein, wobei etwa 20 Sänger in den 2½% Meter tiefen Orcheſterraum hinabſtürzten. Wie durch ein Wunder kamen dabei bloß * leichte Verletzungen, wie Verſtauchungen und autabſchürfungen vor. Wäre indeſſen das dicht neben der Einbruchsſtelle ſtehende Klavier mit durchgefallen. dann hätte ſich das Ereignis kataſtrophal geſtaltet. Herbeigeeilte Sanitätsmannſchaft vom Roten Kreuz leiſtete den Verletzten — Ebenſo war Bezirksarzt Kreß zur Stelle. Landrat —5 Pfaff peranlaßte die Aufhebung des Banketts. Der Feſtpräſident, Oberbürgermeiſter Huegel, erklärte da⸗ rauf die Feſttafel für aufgehoben. Die Hauptverhandlung Am Sonntag vormfttag fand in der Turnhalle des Real⸗ gymnaſiums die Hauptverſammlung des Badiſchen Sänger⸗ bundes ſtatt. Eine Reihe von Begrüßungsanſprachen wurden gehalten. Prof. Münch⸗Bruchſal überreichte dem Bundes⸗ obmann zu ſeinem 60. Geburtstag einen Blumenſtrauß. Rechts⸗ anwalt Dr. Metzger⸗Freiburg dankte für dieſe Aufmerk⸗ ſamkeit und gab den Geſchäftsbericht des Bundesſchriftführers Maier⸗Offenburg zur Kenntnis. Es geht daraus hervor, daß dem Bunde 1184 Vereine mit 49 500 Sängern angehören. Im verfloſſenen Jahre war eine Zunahme von 36 Vereinen mit 1088 Sängern feſtzuſtellen. Das Ueberhandnehmen der Preisſingen gebe Veranlaſſung, den Unfug zurügen, wenn bei irgend welchem unbedeutendem Stiftungsfeſt oder einer Fahnenweihe ſofort auch ein Preisſingen auf das Feſtprogramm geſetzt wird. Der Geſchäftsbericht wurde beifällig zur Kenntnis ge⸗ nommen. Der Bundesrechner aus Offenburg erſtattete den Rechnungsbericht, dem zu entnehmen war, daß die Einnahmen 62889 Mk. und die Ausgaben 61438 Mk. betrugen. Der Ver⸗ mögensſtand betrug zu Beginn 1927 3072 Mk. Dem Rechner wurde einſtimmig Entlaſtung erteilt. Es folgte dann die Ver⸗ über die vorliegenden Anträge, deren wichtigſter er folgende war:„Damit ein badiſches Bundes⸗ ſa 18 erfeſt ſtattfinden kann, wird zur finanziellen Sicherung ein Grundſtock angelegt. Jeder Bruderverein hat eine ein⸗ malige Spende von 1 Mark für jeden Sänger zu leiſten. Die Hälfte wird im Laufe des Jahres 1928, die andere Hälfte Anfangs 1929 erhoben. Die Vertreter der Landvereine, namentlich in Unterbaden, konnten ſich wegen der allgemeinen wirtſchaftlichen Verhältniſſe nicht für die Vorlage erwärmen. Nach längerer Debatte wurde dieſe mittels Stimmzetteln mit 179 gegen 111 Stimmen angenommen. Die übrigen An⸗ träge, die hauptſächlich das Preisſingen betreffen, wur⸗ den ſämtliche mit großer Mehrheit ebenfalls angenommen. Nationaltheater Mannheim Neu einſtudiert: Kleiſts„Amphitryon“ Auf den 18. Oktober dieſes Jahres fällt der 150. Geburts⸗ tag Heinrich von Kleiſts. Der gegenwärtige deutſche Theater⸗ betrieb hat ſolche Gedenktage dringend nötig, weil dadurch Bühnen, vor allem„Kultur“⸗Bühnen, die Schiller, Goethe, Kleiſt, Hebbel für eine überwundene Sache anſehen, veranlaßt find, doch irgendwie in ihrem Spielplan von den Stücken aus dieſem Bereich Notiz zu nehmen. So hat denn das Kleiſtjahr dem Mannheimer Nationaltheater den„Amphitryon“ beſchert, womit man ſich wohl beſcheiden muß. Mit dem Stück ſelbſt iſt es eine eigene Sache; ob es dem Publikum je ganz nahegebracht werden kann, erſcheint ſehr fraglich, dazu ſind die Probleme, die ſich in ihm kreuzen, zu zahlreich, einmal bedingt in der Geſchichte des Stoffes und ſeiner Dramatiſierungen von den Griechen, auf denen Plau⸗ tus fußt, bis Moliére„der wieder auf Plautus zurückgeht, zum andern durch die Art Kleiſts ſelbſt, der doch wohl allzu⸗ viel des dichteriſch Schweren in ſeine höchſt freie und eigen⸗ mächtige Uebertragung des Molieéreſchen Stückes hinein⸗ gelegt hat. Bei Moliere ſieht Jupiter, der ſich in der Geſtalt des Amphitryon bei Alkmene in alle Rechte und Pflichten des Gatten ſetzt, dem Sonnenkönig Ludwig XIV. außerordentlich ähnlich, der durch ſolche Bezeugungen ſeiner Huld und Gnade ſo manchen ſeiner Untertanen beglückte, dem dann nichts anderes übrig blieb, als gute Miene zum böſen Spiel zu machen. Bei Kleiſt hat ſich dieſer Jupiter gewandelt; er hält pantheiſtiſche Reden und gebärdet ſich ganz wie ein Romanti⸗ ker, ſein an ſich ſchon höchſt zweifelhaftes Unternehmen durch eine Art Weltſchmerz zu beſchönigen. Wenn Kleiſt das ganz glaubhaft gelungen wäre, hätten wir vielleicht eine große Tragödie in unſerem Schrifttum mehr durch ſeinen„Amphi⸗ triyon“, aber man wird die Anteilnahme an dieſem Jupiter doch recht empfindlich beim Leſen und Anhören dieſes Stückes vermiſſen, dazu beſitzt ſein ganzes Betragen gegenüber der Alkmene, wie er ſie offenbar aus lauter Liebe quält, von ſeiner Behandlung des armen Amphitryon ganz zu ſchweigen, doch zu viel des Unverſtändlichen. Wenn ſchon ſo ein Gott zu den Menſchen herabſteigt, dann ſoll er wenigſtens ſo menſchlich werden, daß man ihn ganz verſteht; wo aber ſeine mythiſchen Reſte allzu groß und undurchdringlich ſind, da kön⸗ nen wir ihm weder den Gott noch den Menſchen glauben. bei dieſem Punkte die Worte„in der Regel“ einzuſchieben. Dem Darſteller des Jupiter in der geſtrigen Vorſtellung, Als Tagungsort für 1928 wurde Baden⸗Baden beſtimmt. Profeſſor Maenner ſprach für die ſeinerzeitige Zuwendung von 500 Mk. für den V..A. herzlichen Dank aus und über⸗ mittelte die Grüße der auslandsdeutſchen Sänger. Kundgebung des Pfalz⸗Gau⸗Sängerbundes Am Sonntag nachmittag fand eine eindrucksvolle Kund⸗ gebung des Pfalzgau⸗Sängerbundes für das deutſche Lied und die Heimat auf dem Marktplatze ſtatt. Prof. Emil Maenner führte in der Feſtrede u. a. folgendes aus: Das deutſche Lied, das deutſche Volk, die Heimat und das deutſche Vaterland: Sie bilden das Viergeſtirn, dem wir hul⸗ digen, deſſen einzelne Teile in inniger Wechſelwirkung zu⸗ einander ſtehen und von einander Glanz und Weihe erhalten. Wir hoffen zuverſichtlich, daß das deutſche Lied unſere Tdeale wachhalte, daß es wie ein einigendes Band ſich ſchlinge um das große deutſche Hundertmillionenvolk, ſoweit auf Erden die deutſche Zunge klingt, und daß es ſich auswirke zum Wohle unſeres ganzen Volkes, zum Segen unſeres Vaterlandes. Die Anſprache klang aus in einem begeiſtert aufgenommenen Hoch⸗ auf das deutſch Lied, das ganze deutſche Volk, die Heimat und das deutſche Vaterland. Ferner ſprachen Hauptlehrer Stein⸗Mannheim und Bundesobmann Dr. Metzger ebenfalls ergreifende Worte auf Lied und Heimat. Annähernd 2000 Sänger unter dem Dirigenten Steinecker⸗Mann⸗ heim ſangen den Chor„Bleib deutſch du herrlich Land am Rhein“ und das von Philipp Stein gedichtete und von Ayß⸗ linger komponierte Lied„Schau ich von Odins lichten Höhn“, ferner das Lied„Pälzer Muſikanten“(Landhäuſſer). Die Darbietungen fanden bei der gewaltigen Zuhörerſchar ſtür⸗ miſchen Beifall. Abends fand eine ſehr eindrucksvolle Be⸗ leuchtung beider Burgen ſtatt. Heute Montag findet der Kongreß mit einem Spaziergang über die Wachenburg zur Fuchs'ſchen Mühle ſeinen Abſchluß. Kommunale Chronik Außerordentlicher Städtetag * Konſtanz, 3. Sept. Heute fand hier ein außeror dent⸗ licher Städtetag des badiſchen Städteverban⸗ des ſtatt, zu dem die Mitglieder aus allen Teilen des Landes in großer Zahl erſchienen waren. Am Freitag abend fand ein gemeinſames Zuſammenſein auf der Konzilterraſſe ſtatt. Der eigentliche Städtetag am Samstag wurde für den er⸗ krankten erſten Vorſitzenden Oberbürgermeiſter Dr. Walz⸗ Heidelberg von dem Konſtanzer Oberbürgermeiſter Dr. Moe⸗ 1icke geleitet. Auf der Tagesordnung ſtanden zwei Punkte. Der erſte betraf die Satzungsänderungen. Die So⸗ zialdemokraten hatten hierzu auf dem letzten Städtetag in Freiburg die Anregung gegeben. In der Zwiſchenzeit hat dann der Hauptausſchuß des Städtetags hierzu Stellung ge⸗ nommen. Seine Anſichten präziſierte der Vorſitzende dahin, daß der Antrag der Sozialdemokraten auf Aenderung des § 8 berechtigt ſei, wobei verlangt wurde, daß der Hauptaus⸗ ſchuß ſich regelmäßig wenigſtens zweimal im Jahr mit den wichtigſten Städteaufgaben zu befaſſen habe. Außerdem ſtimmte der Hauptausſchuß einer Verkleinerung dieſer Inſti⸗ tuttion zu. Die Mitglieder des Hauptausſchuſſes ſollen von 44 auf 29 herabgeſetzt werden. Im Abſatz s ſoll nach dem An⸗ trag feſtgelegt werden, daß die wichtigſten Angelegenheiten, beſonders ſolche von finanzieller Tragweite, der Beſchluß⸗ faſſung durch den Hauptausſchuß unterſtellt werden ſollen. Zu § 9, der die Zuſammenſetzung des Vorſtandes regelt, verlangt die Sozialdemokratie die Ergänzung durch die Stadträte und eine Erhöhung der Mitgliederzahl von 12 auf 19. Dieſem 8 glaubte der Hauptausſchuß nicht ſtattgeben zu önnen. In der folgenden lebhaften Ausſprache äußerten ſich Stadt⸗ rat Haas⸗Mannheim und Stadtrat Baumann. Letzterer gab die Stellungnahme der Zentrumsfraktion bekannt, die erſucht, die Frage der Zuſammenſetzung des Vorſtandes noch⸗ mals zu prüfen und dem nächſten Städtetag Vorlage zu machen. Weiter nahmen noch das Wort Stadtrat Hofheinz⸗ Heidelberg und Stadtrat Zimmermann, der die ſozial⸗ demokratiſchen Anträge begründete und in dem Abſchnitt 8 des§ 8 eine Iſt⸗Vorſchrift(ſtatt einer Sollvorſchrift) wünſchte. Demgegenüber machte Dr. Franz⸗Karlsruhe den Vorſchlag, Nach weiteren Ausführungen des Landtagsabg. Herrmann⸗ Pforzheim und des Abg. Lechleiter⸗Mannheim wurde eine kleine Pauſe eingeſchoben, um den Fraktionen nochmals Ge⸗ legenheit zur Beratung zu geben. Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen gab Stadtrat Zimmermann die Zuſtimmung der Sozialdemokraten zu den Anträgen bezw. den Abänderungsanträgen des Zentrums bekannt. Der 8 8 wurde hierauf mit allen gegen 2 Stimmen Fritz Klippel, war ſo keine beſonders dankbare Aufgabe zugefallen, mit der er zum erſten Mal vor das hieſige Publi⸗ kum trat. Immerhin zeigte er, daß er ſeine Geſtalten ſehr wohl mit einer romantiſchen Verliebtheit auszuſtatten weiß, für die er gute und brauchbare Mittel mitbringt. Wenn er den wirklichen Gott, beſonders in der Apotheoſe und Herakles⸗ verheißung des Schluſſes ſchuldig blieb, ſo lag das eben an jenen Mitteln, die ihm wohl als Liebender erlauben, auf Erden zu weilen, ſich jedoch nicht als wolkenerſchüttern⸗ der Zeus auf den Olymp zu ſchwingen. In Kleiſts Faſſung der Jupitergeſtalt ging es hauptſächlich um die Zeugung des Herkules,— wie ſich allerdings verhältnismäßig ſpät heraus⸗ ſtellt. Die arme, geplagte Alkmene, die das etwas zweifel⸗ hafte Vergnügen hat, ihren Gatten doppelt vor ſich zu ſehen, erhält dadurch wenigſtens noch eine große mythologiſche Auf⸗ gabe; man gönnt ihr dieſe Entſchädigung von Herzen, wenn⸗ gleich ſie als letztes Wort im Stück— alſo auch hier muß die Frau das letzte Wort haben— nur noch ein ſehr vieldeutiges „Ach“ übrig hat. Trotz alledem iſt es Kleiſt hier gelungen, eine wirkliche Frauengeſtalt zu ſchaffen, in der ſich als neues Mitglied des Enſembles Eliſabeth Nieber vorſtellte. Sie hat innige Töne, und ein reiches Empfinden ſpricht aus ihrer angnehmen, ſchlichten fraulichen Art. Der große Ausdruck, die packende Geſtaltung, das Format der Tragödin wollte ſich noch nicht einſtellen. Den Amphitryon ſpielte Hanns Barthel mit einem großen Aufwand von Mitteln, die im Fortiſſimo zuweilen die Macht des Ueberzeugenden annahmen; dafür blieb für den echten Schmerz, die echte Verzweiflung wenig Raum. Ganz echt war einzig der Soſias von Ernſt Langheinz. Aus dieſer Leiſtung ſchimmerte das ganze uralte Komödien⸗ gut hindurch, das den Diener des Amphitryon zu einer Pracht⸗ geſtalt machtt da war Plautus, Molière, ja— warum auch nicht!— da war Shakeſpeare. Wenn das Stück wert war, in den Spielplan aufgenommen zu werden, ſo durch dieſen Erzkomiker, der damit wieder einmal eine Rolle bekommen hat, der er nicht unbedingt auch noch in der Ausſprache zur Komik verhelfen muß. Seine Partnerin Charis kann man ſich derber und echter vorſtellen, als Marga Dietrich ſie bei aller Behendigkeit ſpielte. Ein neuer Mann iſt Hans Simshäuſer, der mit ſeiner gekürzten und wenig er⸗ giebigen Rolle des Merkur und Doppelgänger des Soſias einige gute Momente hatte. —— angenommen. Ueber 8 9 entwickelte ſich nochmals eine Aus⸗ ſprache, die ſchließlich zur einſtimmigen Annahme des An⸗ trages Dr. Franz führte Abg. Stadtrat Hofheinz hatte ebenfalls einen Antrag eingebracht, worin der Vorſtand er⸗ ſucht wird, zuſammen mit dem Hauptausſchuß die Frage zu klären, ob und wie eine beſſere Auswirkung der zahlenmäßt⸗ gen Stärke der in den Verbandsſtädten vertretenen Parteien und Gruppen ſatzungsgemäß gewährleiſtet werden könne. Gegen eine kleine Minderheit gelangte auch dieſer Antrag zur Annahme. Der zweite Punkt betraf die Rechnung 1926 und den Vor⸗ anſchlag 1927. Die Rechnung für das Jahr 1926 ſchließt mit folgenden Zahlen ab: Geſamteinnahme 69 947.22., Aus⸗ gaben 68 203.68 M. Beſtand am 31. März 1927: 1743 054 M. Die Rechnung wurde vom Vorſtand genehmigt und dem Ge⸗ ſchäftsführer Entlaſtung erteilt. Der Voranſchlag für 1927 ſtellt ſich in Einnahmen und Ausgaben auf 67000 M. Ohne Widerſpruch wurden Rechnung und Voranſchlag genehmigt. Die Umlage für 1927 beträgt für jede angefangenen 1000 Einwohner 39.15 M. Oberbürgermeiſter Fieſer⸗Baden⸗ Baden dankte der Stadt Konſtanz für die Gaſtfreundſchaft. Nach einem gemeinſamen Mittageſſen wurde eine Motorboot⸗ fahrt nach der Inſel Reichenau unternommen. Mandatswechſel im Ludwigshafener Stadtrat * Ludwigshafen, 5. Septbr. Der kürzlich aus der Sozial⸗ demokratiſchen Partei ausgeſchloſſene Valentin Hoecker, der, mehr ſein Mandat zum Ludwigshafener Stadtrat niedergelegt, Sein Nachfolger iſt Karl Jäger von der Liſte der K. P. D, * G Schwetzingen, 2. Septbr. Aus der letzten Ge⸗ meinderatsſitzung iſt zu berichten: Folgenge Arbekten werden vergeben: 1. Faſſadenanſtrich des Rathauſes an Malermeiſter Camill Späth; 2. Faſſadenanſtrich der Friedrich⸗ ſchule an Malermeiſter Fritz Werner; 3. Innenanſtrich der Friedrichſchule an Malermeiſter Heinrich Schäfer; 4. Innen⸗ anſtrich der Hildaſchule an Malermeiſter Joſef Vogel: 5. Innenanſtrich der Realſchule an Malermeiſter Konrad Frans! 6. Innenanſtrich der Bezirksgewerbeſchule an Malermeiſter Brirxner und Schmitt.— Das im ſtädt. Bauhof lagernde Alteiſen wird der Firma Leopold Springer hier zum An⸗ gebotspreis überlaſſen.— Genehmigt werden: 1. Die Ver⸗ ſteigerung des Dungergebniſſes vom Farrenſtall: 2. Die Ver⸗ ſteigerung des Erträgniſſes einer Anzahl Obſtbäume mit einer Geſamteinnahme von 784,50 /.— Der Firma Raab, Karcher⸗ Thyſſen, G. m. b.., Mannheim wird zur Errichtung etner Zapfſtelle für Benzol und Benzolgemiſchen vor dem Anweſen Pfafſenritter, Zähringerſtraße 5, Genehmigung unter den a gemeinen Vertragsbedingungen erteilt.— Wegen Feſtſteneng der Baufluchten an der Grenzhöfer⸗ und Verl. Karlſtraße t nach Maßgabe der von Geometer Rümmele⸗Mannheim aus⸗ gearbeiteten Unterlagen das Feſtſtellungsverfahren zuleiten.— Die vom Stadtbauamt gefertigten Pläne über 2 ſtellung eines dreiteiligen Gruppenhauſes an der Verl. Karl⸗ ſtraße werden genehmigt. Dem Mittelſtandsſanatorium ein Betrag bewilligt. 4 Schriesheim, 3. Sept. Aus der Gemeinderats⸗ ſitzung iſt mitzuteilen: Der Gemeinderat hat gegen die 2 teilung der Baugenehmigung an die Bauherren Grewe— Gauweiler nichts einzuwenden, wenn die vorgeſehene Ba flucht eingehalten wird.— Die Obſtverſteigerung vom 45 29. Auguſt mit 379,50 bezw. 1029 Mark werden genehmig 10 Die Winterſchafweide wurde dem Schafhalter Michael Wache, in Michelbach, Oberamt Oehringen, übertragen.— Die 5 meinde beteiligt ſich an der in Ausſicht genommenen 2 anleihe für den Wohnungsbau mit einem Betrage von 2 Mo⸗ Mark.— Ein Geſuch zur Errichtung einer Zapfſtelle für nt⸗ torenbenzol kann aus verkehrspolizeilichen Gründen 15 3* ſprochen werden.— Der Burgweg von Johann Mehl b Ferdinand Bauer ſoll kanaliſi er t werden. — das Idealmittel für eine natürliche Hautpflege! Eine erfolgreich Schönheitspflege bedingt weiches Waſchwaſſer, welches raſd ch ſicher erzielt wird durch den Zuſatz von Kaiſer⸗Borax. 155 mäßige Boraxwaſchungen bewirken eine unmerkliche Haun erneuerung, alle Unregelmäßigleiten wie Miteſſer, Pickel, Soran ſproſſen, gelbe Flecken, werden beſeitigt und der Teint erſche in natürlicher Schönheit, friſch und geſund, rein und klar. Kaiſer⸗Borax wird niemals loſe, ſondern nur 175 hekannten roten Original⸗Packung geliefert, welche für die 1120 heit der Ware garantiert. Ausführliche Gebrauchsanweiſung jedem Karton bei.— Heinrich Mack Nachſ., Ulm a. D. ändlich⸗ des Tragiſchen vom Komiſchen und hatte für die Verſen de keit des Wortes reichlich Sorge getragen. Man a dieſer Regiſſeur ſtärker iſt als mancher ſeiner Dar— en⸗ bei dieſem Enſemble, ſoweit es ſich hier in neuer 1 ch das ſetzung enthüllte, gewiß kein Jehler iſt. Man kann( tro⸗ Kleiſtſche Stück wohl auch anders denken, tragikomni löſen, niſch aufgemacht, aber Storz bekannte ſich zum Re iblikum zur Romantik; das ſei ihm unbenommen.— Das fren freute ſich beſonders über das Burleske und ſpendete 4 lichen Beifall. Yr. acht. Berliner Theater. Die Spielzeit beginnt unt ale In dieſer Wochedreizehn Premieren. Freili den län⸗ neue Stücke und auch nicht alles wichtige. Zuerſt fin Direktor keleien ſtatt. Das Theater am Zoo hat einen neuen obiert es den in Theaterkreiſen bekannten Herrn Gorter, er pr mit drei Einaktern von Thoma, aber er muß erſt m S Weg finden. Die Volkbühne verſucht es im Theater 15 dieſes bauerdamm mit„George Dandin“, vermutlich 11 ſich Stück einen ſozialen Nebenſinn hat, man verſchreibt 775 ruſſiſchen Regiſſeur Motylew, aber er bringt die Cha ſozialer mödie Molieres in keine rechte Balance zur gewoll 5 Bedeutung. Der Kritiker kann nicht alles ſelbſt be o die Ur⸗ müßte ſich vierteilen. Ich war im kleinen Theater, w on Berte aufführung einer Komödie„Marſchall⸗Niel⸗Roſen“ v ing. Ein ſtein⸗Sawersky unter recht gutem Beifall vor ſich mit ſeinel vergilbter Stoff. Ein junger Maler, der friedlich ſtrickt, die alten Mutter lebt, wird von einer koketten Frau g pekuniäraßz ſich von ihrem Mann nicht ſcheiden laſſen will aus pe da Gründen. Wird der junge Mann beim Termin ſch er nichts mit ihr gehabt hat? Sie möchte dieſen 55 er ſchwört es nicht er kehrt zu ſeiner Mutter zurticg nen elm iſt Roſa Valetti, aber ihre menſchlichen Tiefen erſ künſtlich. Am beſten ſchnitt das Berliner Theater von auch Barnowsky gehört. Man gab ein altes Stück rebeitet das Leo Lenz unter dem Titel„Leonie“ umgec ündet Die Adlige, die ſich in Armut ein Schneideratelier g gegen ihre Kunden die Augen rettet Ruin und ſetzt die bürgerliche Tüchtigkeit gegen iner die Vorurteil durch. Man benutzt die Gelegenheit zu e uſpieler, zze Modeſchau. Es iſt ein Enſemble vorzüglicher Schchenswündin⸗ charmante Thellmann. die groteske Lion, der J10 Alerander, die Sandrock als vorfintflutliche Ariſto daß Thente⸗ kermann, Janſen und ſo fort. Man fühlt wieder Lit Die Inſzenierung von Dr. Gerhard Storz zeigte mit beſcheidenen Mitteln eine klare Gliederung in der Trennung 61 das mehr ein Theater der Schauſpieler 8585 7 ratur von der.P. D. gewählt, ſpäter zur.P. D. überging, hat nun⸗ Speyererhof Heidelberg wird zur Beſchaffung einer Bibliothek äfliche AKaeKeeeee —— ᷣ. Seßtember 1927 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) 5. Seite. Nr. 409 Aus dem Lande 40jähriges Stiftungsfeſt des Kriegerbundes Seckenheim —d— Seckenheim, 5. Sept. Das 40jährige Stiftungsfeſt des hieſigen Kriegerbundes, mit dem der Gau⸗Abgeordneten⸗ tag des Rhein⸗Neckar⸗Militär⸗Gauverbandes verbunden war, wurde am Samstag abend durch eine Totengedenkfeier ein⸗ geleitet, die an dem Kriegerdenkmal von 1870/71 abgehalten wurde. Der Chor des Männergeſangvereins brachte zunächſt ein Lied zum Vortrag. Sodann ſpielte die Muſik die Weiſe zHeil Dir und Frieden“. Anſchließend widmete der Gauvor⸗ ſitzende Kreutzer aus Mannheim den tapferen Kämpfern von 1870/1 und 1914/18 Worte treuen Gedenkens und legte am Kriegerdenkmal einen Kranz nieder. Zum beſonderen Ge⸗ Dächtnis der Toten verharrten die Anweſenden einige Minuten in Stillſchweigen, während die Muſik das Lied vom guten Ka⸗ meraden ſpielte. Während der Feier läuteten die Glocken bei⸗ der Kirchen. Um 9 Ühr begann ſodann im„Reichsadler“ das FJFeſtbankett. Der Vorſtand des Seckenheimer Krieger⸗ bundes, Hauptlehrer Roſer, hielt die Begrüßungsanſprache. Namens der Gemeinde überbrachte Bürgermeiſter Flachs die Glückwünſche. Im Verlaufe des Abends wurden vier erren zu Ehreumitaliedern ernannt und eine ſtatt⸗ iche Anzahl für 25ſährige Mitgliedſchaft beſonders gehrt. Der Ponntag brachte mit ſeinem ſchönen Wetter richtige Feſtſtim⸗ ung, die durch die geſchmückten Straßen noch erhöht wurde. te Feſtgottesdienſte beider Konfeſſionen waren gut beſucht. ach deren Beendigung tagten im Bürgerausſchußſaal die auabgeordneten. Auch die Seckenheimer Bundesmitglieder beteiligten ſich zahlreich an der Sitzung. Es ſtanden wichtige uterne Angelegenheiten des Gauverbandes zur Erörterung. Die Verbands⸗Abgeordneten begaben ſich dann zum Feſteſſen⸗ gach dem„Föwen“. Während der Mittagszeit konzertierte die Ruſik auf den Planken. Nach und nach trafen die auswär⸗ en Vereine— es waren über 30— ein und der Feſtzug konnte ſich gegen 3 Uhr durch die Ortsſtraßen bewegen. Ge⸗ meral a. D. üllmann war ebenfalls anweſend. Im Feſtzug befanden ſich hiſtoriſche Gruppen und Wagen mit der„Ger⸗ mania“, ſowie einer Szene aus Wilhelm Tell. Anſchließend folgten die blumengeſchmückten Geſpanne mit den Altveteranen und den Jubilaren und den Militär⸗ und Krieger⸗Vereinen. r bot einen impoſanten Anblick und wurde in allen Straßen von der Einwohnerſchaft mit Begeiſterung begrüßt. Der Zug mündete auf dem Feſtplatz im Schlößchen“, wo die Teilnehmer Kinige Stunden kameradſchaftlich zuſammen verbrachten. Den Abſchluß des großen Feſttages bildete ein Feſtball im »Reichsadler“. Schwere Unwetter in Freiburg und Umgebung Aber Freiburg i. B. 5. Sept. Geſtern nachmittag gingen E1 ir Freiburg und Umgebung ſchwere Unwetter nieder. m über dem Vorort Littenweiler niedergehender olkenbruch verurſachte eine große Ueberſchwem⸗ 3 g. Der aus dem Kapplertale kommende Bach ſchwoll in vurzer Zeit gewaltig an und überſchwemmte Straßen, Wieſen und Felder in weitem Umkreis. Feuermehr und Poli⸗ dei mußten aus Freiburg zur Hilfeleiſtung herange⸗ zogen werden. An einer Stelle erreichte das Waſſer eine Höhe Feun 3 Meter. 2 Häuſer mußten geräumt werden. In n ſelbſt wurden zwei kalte Blitzſchläge feſtge⸗ * 15 Seckeuheim, 5. Septbr. Die Einweihung des neuen echelicen Schweſternhauſes„St. Klara“, ſowie des damit Wohltätigkeits⸗Bazars verlief am geſtrigen Sonn⸗ 8 ſag, dem Feſte des Kirchenpatrons„St. Aegidius“, begünſtigt urch herrliches Wetter, in ſchönſter Weiſe. Der Feſtgottes⸗ und am Vormittag war gut beſucht. Nachmittags 1 Uhr vor dem neuen Hauſe der Weiheakt ſtatt. Stiftungs⸗ In H. Friedel begrüßte die Anweſenden und gab einen ebe blick über die Geſchichte des Neubaues. Die Feſtrede ie GCbaritasdirektor Eckert⸗Freiburg; er führte aus, daß 0 emeinde mit Stolz auf das Werk ſchauen könne, das ſie Wohir er Zeit wirtſchaftlicher Not in chriſtlicher Liebe zum els Berer Jugend erſtellt hat. Bürgermeiſter Flachs ſprach Beſ eter der Gemeinde Seckenheim und bekonte, daß alle gusſchuß bezüglich des Neubaues jeweils ſowohl im Bürger⸗ 15 chuß als auch im Gemeinderat einſtimmig gefaßt wurden. B0 Feſtgemeinde wurde durch die Anweſenheit des Prälaten heimte r. aus Mannheim, der die Glückwünſche der Mann⸗ Hennes Katholiken überbrachte, eine beſondere Freude zuteil. apell) un war die ſchlichte Feier durch die Vorträge der Muftk⸗ Ber 5 Neckarhauſen und die ſchönen Chöre des Cäeilien⸗ öffur ns. Nach Beendigung des Weiheaktes erfolgte die Er⸗ vielenchdes Wohktäkigkefts⸗Bazars, der mit ſeinen bende Berkaufsbuden ungemein ſtarken Anklang fand. Rei⸗ Muſt Zigeuner⸗, S“ zwälder⸗ u. Tiroler⸗Gruppen ſowie deim und Tänze ſorgten für gute Unterhaltung. Die Secken⸗ neriſch Geſangvereine ſangen prächtige Lieder. Auch die tur⸗ Sbendeen ebungen fanden vielen Beifall. Bis zur Feter⸗ des Baunde herrſchte reger Betrieb in ſämtlichen Abteilungen azars, der einſchl. Dienstagabend geöffnet bleibt. eine Kehl a. Rh. 4. Septbr. In riefe Trauer verſetzt wurde jähri geachtete Straßburger Bürgerfamilie. Während. die 25⸗ Bänle e Tochter Julia Hiſchmüller auf einer der zahlreichen Leſen in den hiſtoriſchen Contadesanlagen ſaß und mit dem aſt danes Buches beſchäftigt war. krachte plötzlich ein Baum⸗ und der ſie ſo unglücklich traf, daß ihr die Wirbelſäule uſtan en Bein durchſchlagen wurde. In bewußtloſem derſtor 18 ſie in das Spital eingeliefert, wo ſie alsbald 8 Weinbaukongreß und Weinbauausſtellung (Von unſerem Sonderberichterſtatter) Schluß des Weinbau⸗Rongreſſes :: Bad Dürkheim, 5. Sept. Auch die zweite Kongreßſitzung, die bereits vormittags 9 Uhr ihren Anfang nahm, war ſehr gut beſucht. Den Vorſitz führte Oekonomierat Dr. Müller. Es wurde ſofort in die Erſtattung der für heute vorgeſehenen drei fachwiſſenſchaftlichen Vorträge eingetreten. Zunächſt ſprach Landwirtſchaftsrat Morio⸗Neuſtadt a. H. über die Reben⸗ züchtung inder Pfalz. Der Referent führte u. a. aus: Unter den indirekten Bekämpfungsmitteln der Rebenſchäd⸗ linge ſei die Züchtung widerſtandsfähiger Sorten die vollkom⸗ menſte Bekämpfungsart. In der Rebenzüchtung liege die Zu⸗ kunft des Weinbaues. Amerikaner Europäerkreuzungen zei⸗ gen in erheblicher Anzahl zu drei Viertel eine größere Wider⸗ ſtandsfähigkeit gegen Peronoſporabefall, als die ſehr anfällige Europäerrebe. Da nur auserleſene Europäerreben zu Kreu⸗ zungszwecken Verwendung fanden, iſt ſehr große Ausſicht vor⸗ handen, daß die Sämlinge, die in Deutſchland ſpeziell in der Pfalz gezüchtet worden ſind, in ihren Aufſpaltungen wert⸗ vollere Direktträger geben werden, als die bis dato aus Frank⸗ reich bezogenen. Deshalb mögen ſich die Winzer nicht auf die den Markt geworfenen Hybriden werfen, ſondern abwar⸗ en. Hierauf wurden die in der geſtrigen Hauptausſchußſitzung bereits angenommenen zwei Entſchließungen, die den deutſch⸗ franzöſiſchen Handelsvertrag und die Veranlagung zur Ein⸗ kommenſteuer betreffen, der Verſammlung zur Kenntnis ge⸗ bracht und angenommen. Nach einer Ausſprache über die bis jetzt erſtatteten Vorträge kam der zweite Vortragende, Land⸗ wirtſchaftsrat Faber⸗Karlsruhe, zu Wort, der über Neue Wege der Weinbehandlung ein intereſſantes Referat erſtattete. Er behandelte in ſeinen Ausführungen u. a. eine Reihe von Neuerungen auf kellerwirtſchaftlichem Gebiete, wie beiſpielsweiſe die verbeſſerte Anwendung von ſchwefeliger Säure, das Möslingerſche Schönungsverfahren, die Verwen⸗ dung von aktiver Kohle. Der Hauptteil der Darlegungen um⸗ faßte die verſchiedenen Verwendungsmöglichkeiten und die bisherigen Erfahrungen des von den Seitz⸗Werken in Kreuz⸗ nach hergeſtellten Entkeimungsfilters, der als eine der wert⸗ vollſten Neuerſcheinungen auf dem Gebiete der Weinbehand⸗ lung angeſprochen wurde. Als dritter Redner ſprach Oeko⸗ nomierat Klingner über„Die Anpaſſung des Wein⸗ baues an die heutigen wirtſchaftlichen For⸗ derungen. Bei Neuanlage der Weinberge müßte auf Betriebsvereinfachung und Einſchränkung des Betriebs⸗ aufwandes hingewirkt werden. Wenn alle deutſchen Winzer einmütig in ihrer Weinfachorganiſation zuſammenſtehen, ſo werden ſie die großen beſtehenden Schwierigkeiten überwinden. Da eine weitere Ausſprache nicht mehr gewünſcht wurde, konnte der Vorſitzende mit Worten des Dankes die Tagung ſchließen. Nicht nur der deutſche Weinbauverband, ſondern auch die Tagungen ſtellten die Einheit des geſamten deutſchen Weinbaues dar. Wenn man dieſe Einheit erhalte, glaube er ſagen zu können, daß man die Kraft habe, um das durchzuſetzen, was man wirtſchaftlich für den deutſchen Weinbau und ſeine Intereſſen braucht. Er rufe deshalb zuverſichtlich allen Teil⸗ nehmern zu: Es lebe der deutſche Weinbau.— Die Kongreß⸗ tagungen hatten damtt ihr offizielles Ende erreicht. Aus der Pfalz Schweres Jagdunglück * Bellheim, 6. Sept. Auf der hieſigen Feldjagd ereignete ſich geſtern nachmittag ein ſchweres Ung lück. Eine mehr⸗ köpfige Jagdͤgeſellſchaft war auf der Streife nach Rebhühnern. Einer der Jäger, ein Bahnbeamter aus Ludwigshafen, ſichtete in etwa 100 Meter Entfernung einige Rebhühner und ſchoß auch ſofort eine Ladung Schrot nach dieſen ab. Auf einen Ruf:„Ich bin getroffen“, eilte man an die Unglücks⸗ ſtelle und fand den Gendarmeriewachtmeiſter Mayer, von hier mit blutenden Wunden im Geſicht und Körper vor. Mayer war der Streife vorausgeeilt, ohne daß der Schütze von ſeiner Entfernung etwas wußte. Die Schrotladung drang ihm in den Leib und ins Geſicht. Er wurde ſofort in die Heidelberger Klinik überführt, da auch ein Auge gefährdet iſt. Flugtag in Kaiſerslautern * Kaiſerslautern, 5. Septbr. Am geſtrigen Sonntag gab auf dem hieſigen Ausſtellungsgelände der bekannte Kunſt⸗ flieger Udet eine Probe ſeiner erſtaunlichen Flugkunſt. Tau⸗ ſende von Fremden waren nach Kaiſerslautern gekommen, um den Vorführungen beizuwohnen, ſodaß das Ausſtellungs⸗ gelände ringsum dicht mit Zuſchauern beſetzt war. von ſeinem Chefpiloten Kern traf Udet wenige Minuten vor 3 Uhr auf dem Flugplatze ein und landete unter dem Jubel der Menge. Pfälzer Weins überreicht. die Lüfte, um ſeine waghalſigen Flüge vorzuführen. Er zeigte Rückenflüge, Ballonrammen mit vollendeter Geſchicklichkeit und machte wenige Meter über den Köpfen der Zuſchauer die verwegenſten Sturzflüge und Wendungen. Zum Schluß machte er einen Rundflug über die Stadt und kehrte wieder nach Mannheim zurück. derer Bedeutung, weil ſie die erſte Flugveranſtaltung im be⸗ ſetzten Gehiet und in der Pfalz ſüberhaupt war. Begleitet Es wurden ihm Blumen und ein Trunk Dreimal ſtieg hierauf Udet in Die Veranſtaltung war von beſon⸗ —————— * Neuſtadt a. d.., 2. Sept., Nach dem„Stadt und Dorf anzeiger“ iſt es nach langen Bemühungen gelungen, für die Rheinpfalz ein Weinlagenkarte zu ſchaffen. Das ganze Gebiet iſt eingeteilt in 14 Quadrate, wozu noch die Seiten⸗ täler kommen werden. Für jeden dieſer Bezirke iſt eine Karte geſchaffen im Ausmaß von etwa 68/81 Zentimeter und im Maßſtabe von:15 000. In jedem dieſer Kartenblätter ſind ſämtliche Lagenamen der Weinberge verzeichnet. Von dieſen Kartenblättern werden bis zum Weinbau⸗Kongreß in Bad Dürkheim die weſentlichen der Vorderpfalz fertig ſein Außer⸗ dem aber wird eine Ueberſichtskarte geſchaffen im Maßſtabe a:100 000, welche das ganze Weinbaugebiet der Rheinpfalz enthält. * Hagenbach, 28. Auguſt. Donnerstag mittag überflogen in ſüdlicher Richtung etwa 70 bis 80 Störche in beträchtlicher Höhe unſere Gemarkung. * Queichheim, 28. Aug. Am heutigen Sonntag wurde die drei Glocken der neuen kath. Pfarrkirche durch Biſchof Dr. Sebaſtian feierlich eingeweiht. NMANNHEINER RENNTAE ODie Hſaue Nennsporiſ- Teitung wird uteder mit gewohuter Regelmäßigkeit zu den am II., I5. 1. IG. September stattindenden Mannfeimer tnäat dunaddsgunmaaanmmnmlnantaminun NMerßösf-Rennen Ulnunanndnddaananeaabannmnndaanunmnmdnnnnmnannmannnnmnunaun erscheinen.— Sie hat sick in steben ſahren als vorguglicher und unentbehilicker Füflrer ſur die Besuchier dern Reunen erwiesen. ſede NMummer bringt eine suuerlùssige Starierliste mit Jips fur jeden Lauf, die Formen sdmt- licher Fferde, vollstdndige Programme fur die einselnen Renntage und in einem hchist uber- sichtlich ang eordneten Anseigenteil wertvolle Hinweise auf das, was Hannheim bietet und wo vorteilhaft gekauſt werden kann. Die Sesmäftswelt Hat in der blauen Reunsport- Zeitung das beste Mittel, sich vor allem auch den Fremden u empfelilen. Se50⁴ Aufträge erbittet die Geschäftsstelle E 6, 2. Auf Wunsch Verireterbesuch. „Neue Mannheimer Zeitung“ Fefnsprech-Nummern 24 944, 24945, 2495ʃ, 24952, 24953. ———— ů— ͤ———————————————— ˖———————— Waſſerſtandsbeobachtungen im Monat Aug. Seyt. Ahein-Pegel J 50, 81.] I. 2,[s. 6. Neclar-Pegelſ 30,81 1. ſ2. ſs, 8, Schuſterinſel 3,02 2,98 2,81 2,12 2,89 2,85 Mannheim 6,32J 6,83 6,01J.88J S. 26.68 Kehl 4,54 4,80 4,18 4,99 3,97 2,42 Jaaſtfeld.42 1,2— 1,12 1121.08 Maxau.08,6,66 6, 28 6,02 5,86.78 Mannheim 6,45 6,47.155,64 5,33,5,54 Caub„8 Köln.41 5,50 4,81.88.05.26 — adsifnere Oeinen Numd mis, Ol 5 O RNte und HGlabf eu= Hulurl. Cils dia ſur Jumu veii ſuslis nur-.& Sh 11 0 d. Seite. Nr. 400 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) Wirtiſehakts · und Hand Dienstag, den 6. September 1927 elszeitun Das Vild der Wirtſchaft Warenpreiſe Die Bewegung der Warenpreiſe zeigt ein wenig einheitliches Bild. Die Getreidepreiſe weiſen im Sommer beim Heraus⸗ kommen der neuen Ernte immer ſtarke Schwankungen auf; Peſonders auffällig iſt es, daß der Roggenpreis, der ſeit andert⸗ Halb Jahren ſtark in die Höhe gegangen war, ſeit dem Juni einen beträchtlichen Rückgang zeigt. Der amtliche Großhandels⸗ inderx iſt ſeit Monaten faſt unverändert, der Baukoſtenindex hat im Frühjahr eine ſehr beträchtliche Höhe erreicht und liegt ſeither ebenfalls faſt unverändert feſt. Die Lebenshaltungskoſten ſteigen Langſam, aber ſtetig. Werenpreise (Monetzmittelwarta) g Bei den wichtigſten Induſtrierohſtoffen, der Kohle und dem Eiſen, kann die natürliche Preistendenz ſich nicht auswirken, weil der Preis der Kohle bekanntlich durch die Regierung auf ſeiner Höhe feſtgehalten wird und die Eiſenpreiſe durch die großen Verbände im Hinblick auf die Feſtlegung des Kohlenpreiſes ebenfalls unverändert gehalten werden. Sp. — Kraſtwerk Rheinan A400 in Mannheim Wieder 8 v. H. Dividende Die geſtern unter dem Vorſitz von Oberbürgermeiſter Dr. Kutzer in Nürnberg abgehaltene HV. genehmigte die Vermögensaufſtel⸗ lung und erteilte dem Vorſtand und AR. Entlaſtung. Aus dem erzlelten Reingewinn in Höhe von 409 173 werden wied er 8 y, H. Gewinnanteil ausgeſchüttet und 5 v. H. der geſetzlichen Rück⸗ lage überwieſen. Zum Vortrag auf neue Rechnung gelangen 8467 l. Aus dem AR. ſind ausgeſchieden die Herren: Dr. Ing. Bühring, Adolf Hartmann, Amtsgerichtsdirektor J. Wolfhard; neu hinzugewählt wurden die Herren: Haas, Perrey und Schnell. Sämtliche Beſchlüſſe wurden einſtimmig genehmigt. * Berluſtabſchluß der Mäſchefabrik AG. in Ulm. Im GJ. 1926 iſt der Roßhgewinn von 316 628 auf 243 082 zurückgegangen. Trotz⸗ dem die Unkoſten und Abſchreibungen ebenſalls erheblich zurück⸗ geſchrauht wurden(von 319 157 auf 275 287), konnte ein Verluſt nicht vermieden werden, im Gegenteil hat dieſer ſich 115 auf 30 932 (2599) erhöht. In der Vermögensaufſtellung ſind enthalten: 10 945(12 384] flüſſige Mittel, 211 669(260 813)/ Forderungen und Waren, 110 989(124 483% Anlagewerte und Einrichtungen, denen bei 175 000 AK. 180 778(211 559/ Verbindlichkeiten ünd 10 000 (12 00%0 4 Hypothekenſchulden gegenüherſtehen. 17— AG. in München. Im Geſchäftsbericht wird mitgeteilt, — 2 Jahr 192g einen ſtark geminderten Fremdenverkehr gebracht hahe. In Verbindung damit haben die ſehr eeeee Umbauten und fonſtigen Inveſtitionen nach 20 898(93 743)/ Abſchreibungen einen vorzutragenden Verluſt von 142 228(i. B. Gewinn 7675) ergeben. Das laufende GJ. habe eine erfreuliche Beſſerung gebracht. Dinglerſche Maſchinenfabrik in Zweibrücken. Die Dinglerſche Maſchinenfabrik AG. in Zweibrücken ſchließt das GJ. mit einem Ueberſchuß von etwa 10 000% ab. Eine Dividende wird wieder nicht verteilt. Die Wiedereinführung der Aktien an der Mannheimer und Frankfurter Börſe iſt in Ausſicht genommen. Schubfabrik Eugen Wallerſtein Ac. in Offenhach g. M. Die B. genehmigte die Anträge der Verwaltung(Verluſt 99 869 (60 586) /, der aus der Reſerve gedeckt wird) und beſchloß, die mit vierfachem Stimmrecht ausgeſtatteten VA. in StA. umzuwandeln. Nach Mitteilung der Verwaltung ſei ſchon jetzt der Umſatz des geſam⸗ ten Vorfjahres überſchritten. Leonhard Tietz AG. in Köln. Die Geſellſchaft eröffnet in .⸗Gladbach und Rheydt durch Uebernahme der Gehr. Abraham AG. am 1. Novbr. Filialen. Außerdem übernimmt die Geſellſchaft am 1. Oktober das Kaufhaus Gebr. Bluhm in Köln⸗Nippes und er⸗ richtet dort ebenfalls eine Zweigſtelle. Weiter hat die Tietz AG. das Kaufhaus Michael Marx in Siegen übernommen, um es zu einem eigenen Geſchäft auszubauen. * Deutſche Schiffs⸗ und Maſchinenbau⸗AG. in Bremen. Der AR. ſtimmte der vorgeſchlagenen Fuſion mit der Stettiner Maſchinen⸗ Bau⸗AG. Bulkan zu. Wie die Frkf. Ztg. meldet, ſoll das AK. der Deſchimag um 5 auf 25 Mill. erhöht und die neuen Aktien:1 gegen die 5 Mill. der Stettner Geſellſchaft umgetauſcht werden. * Schapirs ſaniert die Nordgummiwerke AG. Die HV. genehmigte die Bilanz für 1928, die nach Abzug von 620/ Gewinn auß 1925 mit 500 893% BVerkuſt abſchließt. Hiervon konnen nur 117821% durch Ablöſung der Rücklagen gedeckt werden. Die reſtlichen 475 072„ wyrden durch die Zuſammenlegung des Stammkapitals von 400 000„ auf 24 500 bis auf einige 1000/ auch beſeitigt. Da nach Mitteilung des Vorſtandes im—8 Halbjahr 1927 und infolge der Geſchäftsaufſicht weitere Verluſte entſtanden ſind, dürfte künftig aher noch ein größerer Paſſipſaldo zu tilgen ſein. Die Ver⸗ ſammlung beſchloß einſtimmig nach den Verwaltungsvorſchlägen, wonach anſchließend an die Kapitalherabſetzung eine Wiedererhöhung bis zu 490 000% durch Ausgabe neuer ab 1. Januar 1928 dividenden⸗ berechtigter StA. erfolgt. * Günſtige Ausſichten der Terra⸗Film AG. in Berlin. Das dies⸗ jährige Ergsbni geſtattet die Ausſchüttung eines Gewinnanteils von 6 v. H. auf 1 Mill. 4 AK. Der Ertrag aus chertrieb und ⸗verlag uſw. ſtellte ſich für das am 30. 6. beendigte G5. auf 1067 219(1 374 128)„. Zuſammen mit dem Vortrag in Höhe von 19 066 ergibt ſich ein Reingewinn von 83 405(69 059) 4. Das Ergebnis der Leipziger Herbſt⸗Meſſe 28. Auguſt bis 3. September. Aus Leipzig wird uns geſchrieben: Beim Abſchluß der Leipziger Herbſtmeſſe I1gz7, der jüngſten großen Muſterſchau des deutſchen Qualitätsſchaffens, iſt unbedingt die Frage nach dem Weſentlichen dieſer Meſſe berechtigt. Die Frage iſt unſchwer zu beantworten. Nach Zeiten ſchwan⸗ kender Marktverhältniſſe, offener und ſchleichender Kriſen, Ab⸗ bau⸗ und Einſchränkungsmaßnahmen auf allen Gebieten hat dieſe Meſſe erſtmalig wieder ſeit Beginn der Stabiliſierungs⸗ periode neue Expanſion, neue kräftige Aufhautendenzen ge⸗ bracht. Wer Fortſchritte im Meſſeweſen beobachten will, muß ſtets Frühjahrsmeſſen mit Frühjahrsmeſſen, Herbſtmeſſen mit Herbſtmeſſen vergleichen, da beide Gattungen eine ſehr ver⸗ ſchiedene Signatur aufweiſen, was mit der Saiſon⸗Reihen⸗ folge Reiſezeit, Weihnachtsgeſchäft, Oſterfeſt, Sommer⸗ wärme, Winterkälte!— eng zuſammenhängt. Maßſtab für dieſe Herbſtmeſſe waren alſo die Herbſtmeſſen der letzten Jahre. Hier zeigt ſich erfreulicher Aufſchwung. Die Zahl der Ausſteller ging über die Vorzahrsziffer erheblich hinaus, ſa blieb ſelhſt hinter der letzten Frühjahrsmeſſe nur knapp zurück, obwohl Werkzeugmaſchinenſchau und Elektrotechnikhaus diesmal geſchloſſen bleiben und ſich ert auf der Frühjahrsmeſſe wieder öffnen. Wären dieſe beiden Gruppen auch auf der Herbſt⸗ meſſe geweſen, ſo hätte dieſe zweffellos auch die letzte Früß⸗ jahrsmeſſe weſentlich übertrumpft. So müſſer wir das jetzt von der kommenden Frühtahrsmeſſe erwarten. Man ſagt immer, daß die Frühfahrsmeſſe mehr die Ex⸗ portmeſſe, die Herbſtmeſſe mehr die Inlandsmeſſe ſei. Das will heute aber durchaus nicht mehr ſtimmen. Auch dieſe Herbſt⸗ meſſe hatte ganz ausgevrägte Exvportintereſſen aufzuweiſen. Der Ausländerbeſuch war um ein ſtarkes Drittel größer als im Vorfahr. Franzoſen kamen in 150 Prozent höherer Zahl— erſte günſtige Auswirkung des neuen Han⸗ delsvertrages. Die Polen rechnen damit, daß auch ihr Han⸗ delsvertrag mit Deutſchland nunmehr endlich in abſehbarer Friſt zuſtande kommt; daher waren ſie doppelt ſo ſtark als vor einem Jahr erſchienen. Aus Nord⸗ und Südamerika kamen zahlreiche Beſucher. die ihren europäiſchen Sommeraufenthalt durch einen„Trip to Leipzig“ ergänzen wollten. Randſtaatler, Skandinavier, Kaufleute aus den Balkanländern, Türken, Aegypter waren ebenfalls weit zahlreicher als ſonſt zur Herbſt⸗ meſſe eingetroffen. Selbſt Auſtralien und Südafrikg fehlten nicht. Und die ſtattlichen Erſcheinungen indiſcher Großkauf⸗ leute aus Britiſch⸗Indien, Niederländiſch⸗Indien und Britiſch⸗ Oſtafrikg erinnerten daran, daß die Leipziger Meſſe tatſächlich 22 Weltmeſſe iſt, eine„Völkerbundsverſammlung der Kauf⸗ eute“. Auch auf der Ausſtellerſeite war ein ſtarker weltwirtſchaftlicher Eiaſchlag wahrzunehmen. Von 455 im Vorjahre hatte ſich die Zahl der Ausſteller auf diesmal 535 geſteigert. Erſtmalig erſchien eine argentiniſche Exportmuſterſchau mit vielen intereſſanten Ex⸗ portprodukten, darunter auch pulveriſierten Heuſchrecken als ganz neuartigem Düngemittel, das einen vorzüglichen Humus⸗ boden bewirken ſoll. Nun, da kommt es wohl auf einen Ver⸗ ſuch an! Jugofſlavien präſentierte delikate Tabake und Ziga⸗ retten. Braſilten kredenzte beſten Santoskaffee des Staates Sab Paulo. Türken, Perſer und Bosnier breiteten wunder⸗ volle echte Orient⸗Teppiche aus. Rumänien war mit künſt⸗ leriſchem Haus⸗Textilgewerbe und mit Tabakwaren zur Stelle. England lud zur Benutzung ſeiner Eiſenbahnen und Dampferlinien ein. Und daneben die gewohnte reiche Fülle der nationalen Muſterausſtellungen Oeſterreichs, der Tſchecho⸗ Der nach der Ausſchüttung des Gewinnanteils verhleibende Reſt von 23 405/ ſoll vorgetragen werden. Zur Durchführung des Programms und für ſonſtige Zwecke wird in der H. am 14. Sept. die Erhöhung des AK. von 2 auf 3 Mill. vorgeſchlagen, wovon 1,5 Mill. den alten Aktionären zu 110 angeboten werden ſollen. Der Vorſtand bemerkt, daß das Unternehmen mit begründeter Aus⸗ ſicht auf weiter ſteigenden Erfolg in das neue G8. eingetreten ſei. Schiffahrt Schiffahrtsbericht vom Oberrhein i. Mannheim, 5. Sept. Die Schiffahrt nach dem Oberrhein war in der erſten Hälſte des Mongts Auguſt lebhaft. Durch den günſtigen Waſſerſtand konnten pie Schiffe auch weiterhin mit voller Ahladung bis nach Kehl⸗Straßburg gelangen und die Fahrt von Kehl nach Baſel in der erſten Hälfte des Monats Auguſt in vollem Umfange aufrecht exhalten werden. In der Zeit vom 18. bis 23. Auguſt ſetzte in der Oberrheinſchiffahrt von Mannheim his Baſel ein Streik des Deck⸗ und Maſchinenperſonals ein, ſo daß die Schiffahrt während dieſer Zeit auf der gengunten Strecke faſt aaulg Unterbunden war. Die fransöſiſchen Schleppſchiffahrtsfirmen und die holländiſchen und ſchweizeriſoſen Reedereien konnten die Fahrt nach wie vor auf⸗ recht erhalten. Einem größeren Neil darie Resdereien gelang es, allerdings unter großen Schwierigkeiten, mit einzelnen ihrer Dampfer und Kähnen die Jahrt zwiſchen Maunheim und Straßburg fort⸗ zuſetzen. Als der Streik am 23. 8. beendet war, war die Schiffahrt durch den hohen Waſſerſtand abermals beeinflußt. Der Maxauer Pegel erreichte am 30. 8. 1027 einen Stand von 7,08 Meter. Die Maxauer Brücke wurde am 29. und 30. nicht mehr geöffnet. Von Straßburg kamen eine große Anzahl Kähne beladen mit Erz und Kali hier an. Die Erztransporte gehen meiſtens nach der Ruhr, Alſum, Walſum, Gelſenkirchen und Dortmund. Die Ammoniak⸗ ladungen haben ihren Beſtimmungsort meiſtens nach den belgiſchen und holländ iſchen Hafenplätzen, überwiegend Gent, Brüſſel und Givet. Die Frachtſätze wurden wie folgt notiert: Taltransporte von Kehl⸗Straßhurg nach Ruhrort für die Tonne 1,20 /, Gent ab Straß⸗ burg 1,50 Fl., von Mannheim nach Gent 1,05—1,25 Fl., bei täglich 900 To, laden und 100—300 To. 1155 Die Kohlenfracht von Ruhr⸗ ort nach dem Oherrhein hewegte ſich noch zu den gleichen Sätzen des Mongts Juli 1927 und zwar mit 1 nach Mannheim und den ühlichen Zuſchlägen nach dem Oberrhein. Infolge des hohen Waſſer⸗ ſtandes ging der Bergſchlepplohn von Ruhrort nach Mann⸗ heim von 90 Pfg. bis 1,10„ in die Höhe. In Tagesmiete wurden im allgemeinen—4,50 Pfg. pro Tag und Tonne der Tragf. des Schiffes bezahlt. Die Talſchlepplöhne wurden nach dem Normaltarif berechnet. Es mangelte hauptſächlich an Schlepp⸗ gelegenheit für geladene Talſchiffe. Die Bergſchlepplöhne nach Karlsruhe wurden mit 95—37 Pfg., nach Kehl⸗Straßburg mit 70—75 Pfg. per Tonne notiert. Die Neckarſchiffahrt iſt eben⸗ falls in vollem Gange. Durch die Inbetriebnahme der beiden Stau⸗ wehre zwiſchen Mannheim und Heidelberg iſt das Kettenſchiff für dieſe Strecke in Wegfall gekommen. Die Neckarſchiffe von Mannheim bis nach Heidelberg werden mit Schraubendampfer oder Motorſchiff befördert. Kehler Hafenverkehr Im Kehler Rheinhafen ſind im Monat Aug uſt angekommen: 152 Schiffe mit 92 448 Tonnen Ladung Die Ladung beſtand aus Mehl, Getreide, Hafer, Maiß, Kohlen, Koks, Roheiſen, Eiſen, Aſphalt, Kreide, Karbid, Phosphat, Celluloſe, Holz, Papierholz, Sand, Schwemmſteine, Güterboote mit 1533 Tonnen Stückgut. Eingegangen ſind 54 Schiffe mit 20065 Tonnen Getreide, Kohlen, Koks, Aſphalt inkerz, Aluminjum, Eiſenerz, Phosphat, Abhbrände, Bauholz und tückgut. Zwölf reine Güterboote nahmen 2042 Tonnen Stückgut mit. Die höchſte an einem Tage angekommene Schiffszahl, betrug 1 am 1. Auguſt. 8 Slovakei, die ſtändig wachſende Zahl franzöſiſcher, ſchweize⸗ riſcher und holländiſcher Induſtrie⸗Ausſteller. Tagesgeſpräch der Meſſe war die weitere Geſtaltung des Inlandsmarktes, der in den letzten Monaten zumal der Textilinduſtrie reich⸗ liche Beſchäftigung gebracht hat. Auch auf der Herbſtmeſſe kaufte die Inlandskundſchaft lebhaft für den Weihnachtsbedarf und für die Winterſaiſon, in weſentlich beſſeren Preislagen als in früheren Jahren und dabei mit Leachtenswerter Vor⸗ liebe für neue Stilgattungen. Man ſah gelbes Porzellan, wie es bisher England liebte, nun auch auf dem deutſchen Markte gut eingeführt. Der moderne eckige Stil feierte Triumphe, ſei es auf gemalten Stoffen, ſei es als Porzellan⸗Dekor. ſei es in der Formung von Luxus⸗Metallwaren. Intereſſant iſt es jedoch, daß damit die alten Muſter keineswegs für erledigt gelten dürfen. Geſchäftsleute ſind daher um den Kompromiß nicht verlegen; es gibt daher vielfach nebeneinander die„mo⸗ derne“ und die—„ſolide“ Kollektion. Am beſten kauft man ſortiert von beidem. Ueberraſchend vielſeitig war die Neuheitenſchan der Textilmeſſe, die ſich mehr und mehr zu einer regelmäßigen Modeſchau ausgeſtaltet. Damenkonfektionsfirmen hatten ihre Manne⸗ quins ins Graſſi⸗Textilmeßhaus mitgebracht und veranſtalte⸗ ten hier am Muſterſtand praktiſche Vorführungen mit gün⸗ ſtigem Verkaufserfolg. Glänzend aingen Samt und Seide. Tapiſſeriewaren wurden beſonders in Kreuzſtich⸗Ausführung gut verkauft. Strümpfe und Trikotagen ſanden kräftigen Ab⸗ ſatz, ebenſo feinere Strickwaren. Die Reklamemeſſe war Tag für Tag von Intereſſenten überfüllt. In Verpackungsmitteln und Bürobedarf wurden vor allem Neuheiten geſucht. Nicht ganz einheitlich war das Metallwarengeſchäft n Holzwaren wurden Artikel für die Küche gut gefragt, was beſonders Neu⸗ heiten zugute kam. Auf der Techniſchen Meſſe und Baumeſſe intereſſierten vor allem die Siedlungshaus⸗Ausſtellung und die Ziegelbau⸗Ausſtellung, ferner die Hygienemeſſe, die Radio⸗ technik, die Gasverwertung und die elektriſchen Maſchinen und Apparate für den Haushalt und für die Nahrungsmittel⸗ Induſtrie. Amerika und Frankreich hatten ihre Automobilmarken ausgeſtellt. Fahrräder wurden von Groſſiſten und Detailliſten bereits für die nächſtjährige Sat⸗ ſon lebhaft gefragt, ferner auch Fahrradzubehör. Auf dem Ausſtellungsgelände waren auch die Schuh⸗ und Ledermeſſe und die neue Reichs⸗Süßwarenmeſſe zu finden, welch letztere zur Süßwarenmeſſe im Schweizerhaus neu hinzukam. Die Schuhhranche machte hier beſonderes Ge⸗ ſchäft in Luxus⸗ und Ballſchuhen für die Geſellſchaftsſaiſon, in Hausſchuhen, Pantoffeln und anderen Winterwaren, ſowie in Schuhmaſchinen und Werkzeugen, die zumal das Klein⸗ gewerbe flott kaufte, da heute auch der kleinſte Reparatur⸗ betrieb ſich auf mechaniſche Baſis umſtellt. Auf der Süßwaren⸗ meſſe gingen beſonders Chriſtbaum⸗Artikel, Bonbonnieren für Karneval und Bälle, ferner glaſterte Früchte, wie ſie Wies⸗ baden vorzüglich fabriziert. Ein bunter Kranz bebeutungsvoller Tagungen rankte ſich um die Herbſtwoeue, ſo die„Deutſche Bauwoche“, die Straßenbautagung, die Reichstagung der Schokoladengeſchäfts⸗ inhaher, der Interngtiongle Aerologiſche Kongreß, die als Kundgebung für deutſche Wirtſchaft und Kultur außergewöhn⸗ lich eindrucksvolle Europatagung der Auslandsdeutſchen, Ge⸗ ſchäftlich hat die diesfährige Leipziger Herbſtmeſſe alle ver⸗ nünftigen Erwartungen, die ſich auf den Tatſachen der 8 tigen Marktlage aufbauten, nicht enttäuſcht. Deviſenmarkt Die./ war wieder angeboten, der Dollar ſtieg von 4,2035 au 4,2030. Oslo und Spanien ſchwächer, gegen London 18,80 nach 19% bzw. 28,80 nach 28,75. London international etwas nachgebend, 99900. Pollar 4,8604 nach 4,8610. Mailand unveründert, gegen London 50, Heute vormittag notierten: * 8 8 3. 6. London-Paris 124,01124,0[Malld.- Schwz.J. 20, 12 26,140gond.-Stecgh. 18, 1553 Lond.⸗Brüſſel 34.91 34,0[Hellend⸗ Schw.20788,207.35/ Ind.-Mabrid 267 45 ond.-Maild. 40 86,0[Kabel Holland 2,495 2,404][Mailand⸗Paris 198,/5 18540 Kabel Schweiz 17 57187/ Lond.⸗Holland] 12,1/ 12,12½ Brüſſel⸗Paris 85,10 97039 gond.-Schwent dee 48.1 dender deile. ſe de Felend⸗Pars id. 464 Paris-Schweiz 20, 8 20,38Cond.⸗Kopenh.] 18.16] 18, 160Kabel London 4,86,1.565 In.⸗Mk. laſſen ſich folgende Kurſe feſtſtellen gondon„„ 20,4 20,44 J Prag...42,40 12,4 Madrid. 70,120 J Jerſe. 404 J0Sele. 820 8,70 rgentinſen— 1 189 ürich„„164, 81,07 Kepengagen„112.47112,56/ Japan. 48.205 alland„.04 22.51 Line en 1130 11350 Neir⸗Dorj. 408 4% Holland,„ 168, 40188,49] Brüſſel.51] 88,8 Mannheimer Produltenbörſe Die Kuxſe verſtehen ſich per 100 Kilg netto waggonfrei Mannheim mit Sack. zahlbar in NM. Amtliche Preisnotierungen vom 5. September 1927, 0 .20-78 — 2 Weizen inl. neuer 29.—⸗2g.50 J Hafer ausländ. 23.50-24.50 Wieſenhen loſe „ ausl. 31.50-83.— ais gelbes m Sack 20.—.—.—Rotkleehen—..00 Regßen infuerzf ee ee f. Aee 440 640 „ ausl d. e Feizenbroim 0—.„ u unperg E. 4.%0 Brau⸗Gerſte(inl⸗ Noggenmehl mi S, 4 8p 0,30 Pizg⸗Strah 49. 420 ausl.) 27.—29.—] Weizenkleie m. Sack 18.25-13.50 Gebund. Stroh 3. 8 Futter⸗Gerſte 22.—24,.— Trackentreber 16.50.17.— Raps mit Sack 33.——. Hofer inländ. 21.—-22.50J Rohmelaſſe—.—.—Kleeſamen · Teebericht.(Mitgeteilt von der Firma Hermann Kaufng in Pagodatee⸗Import, Mannheim.) Die Teeverſteigerung am 1. Kiſten Amſterdam umfaßte etwa 15 700 Kiſten Javatee und etwa 6050 J Sumatratee, Die Stimmung war, wie man nach den vorhergehend Londoner Verſteigerungen vorausſehen konnte, ſehr lebhaft, 12 278 Fea ſtürmiſch. Die größten Preisſteigerungen weiſen ger 5 5 eeſorten und Bruchtees auf, die meiſt 10—20 Cents betrage Mittelſorten, ſowie ſeine und feinſte Tees S ſich benfeſetzten Erhöhungen von etwa—10 Cents. Der Grunz dieſer Aal. Pfun Preisſteigerungen liegt in kleineren Ernten(etwa 25 ill. bender weniger wie in den letzten Jahren) und was noch ausſchlagge⸗ ktion iſt, in dem ſtark anwachſenden Weltkonſum. In der nächſten Au am 22. Sept. kommen nur 14000 Kiſten Tee zum Verkauf. Verliner Metallbörſe vom 3. September Preiſe in Feſtmark für 1 Kg. 5 2, 8, 9. Elektrolytkupfer 126, 25 126.— Aluminium in 1⁴ Raffinadekupfer—.——.— Barren 25¹ů 1 Rubeimt Bo.— J 0—— 40.8750 ohzin ⸗Pr.)—.——.—„—.— üttenzinn—8 ſahenn 480.5050 50 10 3250 0 attenzin-50. 5 ntimon„85-0, 80.76, Alannun ſlber für 1 0r. 75.—15—. 75.50 London, 5. September. Metallmarkt(In Et. f. d. eng. t. v. 1016 Kg. 98 22 94 1 5. 12%5 8 27 50 775 Kupfer Kaſſa 57,55 54,65] beſtſeleer 61.25 61. in 22. do. 3 Monat 55,15 55,25 Nickel—— Juecglb.. 8l.———.— do. Elektrol. 62,25 62.25] Zinn Kaſſa 289,25 289,75[Regulus Frachtenmarkt in Duisburg ⸗Nubrort vom 3. Sopl. iem⸗ Die Nachfrage nach Kahnraum war an der heutigen Bünſe Kanel lich vuhig. Es wurden in der Hauptfache kleiner Schiffe a Die nach Rheinſtationen bergwärts gefordert und angenommen. Frachten blieben tal⸗ wie bergwärts uveräudert. bekannten .. EFJ ²˙ nr — Dienstag, den 6. September 1927 Neue Maunheimer Zeitung(Mittag⸗Ausgabe) 7. Seite. Nr. 409 Der Millſtüdter Verſicherungsmord Bela Erdely, das Haupt einer Wechſelfälſcherbande Der myſteriöſe Tod der jungen Frau Anny Erdelyi⸗Jor⸗ gacs in Millſtadt klärt ſich immer mehr auf und es wächſt eine ſenſationelle Kriminalaffäre heraus, die in der Ver⸗ brecherchonik vielleicht einmal in der Reihe der„klaſſiſchen älle“ figurieren wird. Aus den Zeugenausſagen und aus den Erhebungen der Kärntner Behörden kriſtalliſiert ſich im⸗ mer ſchärfer der Verdacht heraus, daß Bela Erdelyi ſeine rau zuerſt von der Kanzel bei Millſtadt in den Abgrund ge⸗ türzt hat, und als ſie dabei wunderbarerweiſe anſcheinend ohne ſchwerere Verletzungen davongekommen war, ſie mit Veronal vergiftet und ſchließlich erwürgt hat. Nun hat ſich auch der frühere Budapeſter Hausarzt der Familie Erdelyi, Dr. Zoltan Szaſz, gemeldet und ausgeſagt, aß auch der angebliche Selbſtmordverſuch der Frau Anny im Frühjahr dieſes Jahres höchſtwahrſcheinlich ein Giftmordver⸗ c des Gatten mit Veronal geweſen ſei. Als Frau Anny Erdelyi damals ins Sanatorium gebracht wurde und Dr. Szaſz ſie fragte, warum ſie dies getan habe, beteuerte ſie, daß ſie gar nicht daran gedacht habe, einen Selbſtmordverſuch zu ünternehmen, ſondern lediglich ein Schlafmittel eingenom⸗ men habe, das ihr ihr Mann gereicht habe. Dr. Szaſz gab ſol er habe ſich damals überlegt, ob er die Sache anzeigen ollte, ſei aber davon abgekommen. Auch ein in Millſtadt Sommerfriſche weilender Arzt hat bekundet, daß Erdelyi u einer Millſtädter Apotheke ohne Rezept 15 Gramm Vero⸗ Cal verlangt habe. Als man dort ein Rezept verlangte, habe nadelpi ſpäter ein Rezept gebracht und die 15 Gramm Vero⸗ 0 erhalten. Aus den Ausſagen des Hausfreundes Dr. Galdy der Frau des Budapeſter Bankdirektors Löw geht her⸗ ihre daß Frau Anny nach dem Unfall auf der Kanzel von ſi rem Gatten beſtürmt wurde, Schlafmittel zu nehmen, daß ſi chon am zweiten Tage ihre Lippen verfärbten und daß 905 einige Male nacheinander in Ohnmacht fiel. Die letzten 958 Tage vor ihrem Tode habe Erdelyi überhaupt niemand 120 zu ſeiner Frau zugelaſſen. Aber damit noch nicht ge⸗ 8 5 ſind ſchon weitere ſchwere Indizienbeweiſe gegen Dr. rdelyi erbracht worden. geplanten Verſicherungsbetruges ſpricht die Tatſache, daß, wie inzwiſchen feſtgeſtellt wurde, Dr. Erdelyi ſchon am Tage des Todes ſeiner Frau durch einen Budapeſter Strohmann namens Boros die Verſiche⸗ rungsgeſellſchaft von dem Ableben ſeiner Frau verſtändigte, alſo entgegen ſeiner Behauptung, daß die Verſicherung wegen Nichtzahlung der Prämien bereits verfallen geweſen ſei, doch ſicher noch der Meinung geweſen war, daß die Zehntauſend⸗ Dollar⸗Verſicherung' noch zu Recht beſtehe und daß er auch jedenfalls mit der Auszahlung der Summe gerechnet habe. Was aber mit kataſtrophaler Gewißheit gegen Erdelyi ſpricht, iſt die Tatſache, daß bei einer Budapeſter Großbank eine An⸗ zahl von Erdelyi girierter Wechſel liefen, auf denen ſämtliche Unterſchriften gefälſcht waren. Sämtliche Wechſel waren am 25. Auguſt fällig. Dr. Erdelyi hatte am 23. Auguſt, als ſeine Frau bereits tot war, an die Bank telegraphiert, man möge die Wechſel nicht proteſtieren, er werde ſie ſicher einlöſen. Da Erdelyi jedoch keinen Heller Bargeld beſaß,— er hatte doch nicht einmal die Hotelſchuld bezahlen können, ſondern dafür einen Scheck über 33 Millionen ausgeſtellt, der von der Bank dann als wertlos zurückgewieſen wurde— ſo iſt es klar, daß er ſeine ganze Hoffnung auf die Verſicherung von 10 000 Dollar geſetzt hatte. Erdelyi lebte ſchon längſt in den denkbar ſchlech⸗ teſten Verhältniſſen. Seine verſchwenderiſche Lebensweiſe hatte nicht nur das blühende Geſchäft ſeines Vaters ruiniert, ſondern auch ihn ſelbſt bis über die Ohren in Schulden ge⸗ ſtürzt und um jeden Kredit gebracht. Es heißt auch, daß er ſeine Frau, die Schauſpielerin Anny Forgacs, nur unter der Bedingung geheiratet hatte, daß ſie ihm fünfzig Millionen verſchaffe, mit denen er einen, wahrſcheilich gefälſchten, Wechſel einlöſen mußte. Wie ſich jetzt ebenfalls herausgeſtellt hat, war Dr. Bela Erdelyi das Haupt einer Wechſelfälſcher⸗ bande. Mit Hilfe von vier jungen Leuten aus guten Buda⸗ peſter Familien hat er ſyſtematiſche Wechſelbetrügereien ver⸗ übt. Intereſſant iſt, daß dieſe vier Komplizen, deren Namen die Budapeſter Polizei mit Rückſicht auf ihre Familien bisher 1 Für die dringende Annahme eines! nicht veröffentlicht hat, ſämtlich ins Ausland geflüchtet ſind. Sporiliche Rundſchau GSroßer Preis von Europa für Automobile Die Amerikaner euttäuſchen— Robert Benoiſt(Delage) Sieger Mailand, 4. Sept.(Drahtbericht.) Der Große Preis von ſandeda für Automobile auf der Bahn in Monza bei Mailand krotzdeum Sonntag kein günſtiges Wetter. Der Beſuch war 5 Kden ſehr anſprechend. Nachdem um9 Uhr die beiden 90 m. Vorläufe zum Großen Preis von Mailand für Renn⸗ 2 gen ausgetragen wurden, erfolgte um 11 Uhr der Start zu nach der 17/ Liter⸗Formel Großen 705 von Europa. Eine beſondere Note erhielt das 500 Km. ———— Rennen durch die Teilnahme von drei Amerikanern, ſig er denen ſich aus Sounders, der diesjährige Indianapolis⸗ in der befand. Die Amerikaner enttäuſchten jedoch ſehr. Schon Derez 1. Runde ſchied Peter Kreis auf Miller⸗Spezial aus. J0ed0 Franzoſe Benoiſt auf Delage hatte in der 5. Runde mit Minn Nin. die Führung mit einem Vorſprung von einer 190 nute vor Sounders(Dueſenberg), der in der 11. Runde 5— Bruch der Oelleitung aufgab. Der dritte Amerikaner, den ver, gab die Steuerung ſeines Miller⸗Spezial⸗Wagen an prunusgeſchiedenen Kreis ab. Benoiſt vergrößerte ſeinen Vor⸗ Minnge und führte bei 400 Km. gegen Moradi(OM) mit 20 80 uten. Nach:26:59,8 Stö. Fahrzeit beendete Robert ne oi ſt auf Delage unter großem Jubel als überlege⸗ 144,928 e n ar, das Ziel. Sein Stundendurchſchnitt betrug aleich Km. Mit dieſem Siege gewann Benoiſt ſeiner Firma mit 9 0 die Weltmeiſterſchaft 1927. Der zweite Platz fiel merit 232 Std. an den Italiener Moradi auf O. M. Kreis⸗ und paſ(Miller⸗Spezial) hatte ſich auf den 3. Platz geſchoben 4402428 erte nach.03:05 Std. das Ziel vor Minoia(O..) ail Std. Zum 50 Km.⸗Endlauf des Großen Preiſes von nicht and traten die vier Erſten aus dem Preis von Curopa 14.42.4 In ihrer Abweſenheit ſiegte Bordoni auf Fiat in ugattt d vor Camapari(Alfa Romeo) 20:09,4 Min. Maggi⸗ di 55 21:22,4 Min. und Zampieri⸗Amilcar 24:04 Min. Bei ennen ereignete ſich ein Unfall. Chirio⸗Bugatti wurde ahn gedrängt und ſtürzte mit ſeinem Wagen. Der wurde ſchwerverletzt ins Krankenhaus gebracht. Sachſenflug 1927 Die techniſche Leiſtungsprüfung beendet.— Ein Flugzeng für 3000 Mark. Programmäßig, wenn auch mit zahlreichen Ueberraſchun⸗ gen, gelangte auf dem Flugplatz Leipzig⸗Mockau wäh⸗ rend der erſten oͤrei Tage die techniſche Leiſtungsprüfung zum Sachſenflug 1927 zum Abſchluß. Dieſer Teil des Wettbewerbs zeigte die Ueberlegenheit der beiden von den Piloten v. Conta und Croneiß geführten Meſſerſchmidt⸗Eindecker„M. 19“. Die grotesk wirkende Sperrung dieſer beiden in der Wertung an der Spitze liegenden Maſchinen, die zum allgemeinen Er⸗ ſtaunen vom Reichsverkehrs⸗Miniſterium verfügt wurde— anſcheinend um die beiden Favoriten unſchädlich zu machen— iſt nach Erteilung einer neuen Zulaſſung inzwiſchen ſchon wie⸗ der aufgehoben. Bekanntlich waren durch die überraſchenden Leiſtungen der Meſſerſchmidt⸗Flugzeuge bereits von Anfang an alle anderen im Wettbewerb befindlichen Teilnehmer der Gewinnausſichten verluſtig gegangen. Dank der Bemühungen der Oberleitung iſt es gelungen, über die bisher ausgeſetzten Preiſe in Höhe von Mk. 60 000 noch weitere 35 000 verfügbar zu machen und zwar mit Hilfe des Reichsverkehrs⸗Miniſteriums, das anſcheinend begangenes Unrecht dadurch wieder gut machen will. Dieſe Zuſatzſumme ſoll ſämtlichen an der in der Wertung hinter den Meſſerſchmidt⸗Maſchinen liegenden Teilnehmern be⸗ ſonders den ſechs Klemm⸗Daimler⸗Leichtflugzeugen zugute kommen, ſodaß auch die guten Leiſtungen dieſer Bewerber noch durch entſprechende Preiſe gewürdigt werden können. Nun ein Wort über den fabelhaften Martens⸗Eindecker „MM“/, in dem ein DaW⸗Kraftradmotor(Zweitakt mit zwei nebeneinander ſtehenden Zylindern und gegenläufigen Kolben) eingebaut iſt. Der von Martens benutzte Motor unterſcheidet ſich von dem normalen Kraftradmotor dadurch, daß er eine größere Bohrung beſitzt und damit ein Hubvolumen von 600 cem aufweiſt. Leider konnte der bekannte Segelflieger mit dieſem neuen Motor die geſtellten, allerdings ziemlich ſcharfen Zulaſſungsbedingungen eines Zweiſtundenfluges noch nicht er⸗ füllen, da ſich verſchtedene Aenderungen als notwendig er⸗ wieſen, die in der zur Verfügung ſtehenden Zeit nicht mehr behoben werden konnten. Seine bisher ausgeführten längeren Flüge, ſogar mit erheblicher Zuladung, außerhalb des Wett⸗ bewerbes bewieſen indeſſen klar, daß der ſcheinbare Mißerfolg von DaW'— unſerer erſten Motoren⸗Fabrik— die ſich endlich einmal für die Leichtmotorenfrage ernſtlich intereſſiert, nicht entmutigen wird, weiterhin an dem billigen und trotzdem zu⸗ verläſſigen Leichtmotor zu arbeiten, der die Grundlage iſt, das — ebenſo volkstümlich zu machen, wie es heute das raftfahrzeug 101 Auch der Preis von 3000 Mark für den kompletten Apparat bietet dafür Gewähr.— Olympia⸗Vorbereitungs⸗Reitturnier in Berlin Beginn der Olympia⸗Vielſeitigkeitsprüfung Im Olympia⸗Vorbereitungs⸗Reitturnier, das der Reichs⸗ verband für Zucht und Prüfung deutſchen Warmbluts gemein⸗ ſam mit dem Deutſchen Olympia⸗Komitee für Reitſport zur Zet in Berlin durchführt, nimmt die Olympia⸗Vielſeitigkeits⸗ prüfng in jeder Hinſicht die erſte Stelle ein, denn ſie bildet ja auch den Höhepunkt des Olympiſchen Reitturniers 1928. Das allzu umfangreiche Programm des Vorbereitungsturniers begann am Freitag mit der Dreſſurprüfung zur Vielſeitig⸗ keitsprüfung. Sechszehn Pferde, darunter viele gute, aber auch mäßige, die in dieſem Wettbewerb keine Chancen haben. ſtellten ſich dem Richterkollegium. Major Neumann ſchnitt mit ſeinem Vollblutſchimmel„Flucht“ weitaus am beſten ab. Am Freitag vormittag wurde dann auch noch der Diſtanz⸗ u. Geländeritt zur Vielſeitigkeitsprüfung ausgetragen. 29 Pferde nahmen an der über insgeſamt 36 km führenden Prüfung teil. Lichtnelke, Kampfgeſell, Preuße und Bufallo ſchieden durch Refüſieren und Sturz aus. Quellnymphe tat bei Onkel Thoms Hütte im Grunewald einen gefährlich ausſehenden Sturz, der aber glimpflicher verlief, als es zunächſt den Anſchein hatte. Das Feld ſchmolz ſchließlich auf 15 Pferde zuſammen, da ver⸗ ſchiedene auch in Zeitnot geraten waren. Die durchs Ziel ge⸗ kommenen Pferde und Reiter machten durchweg einen recht friſchen Eindruck, obwohl die Prüfung ſtärkſte Anforderungen an Roß und Reiter geſtellt hatte. Der erſte Platz in dieſem Wettbewerb dürfte Major Neumann auf„Flucht“ nußt zu nehmen ſein, denn ſchon jetzt trennen ihn 30 Punkte vor Major Feyerabend auf„Trajan“. Die nächſten Plätze dürften Ritt⸗ meiſter Seer auf„Kirſche“, Freiherr von Langen auf„Hart⸗ herz“ und Major Nagel auf„Herold“ beſetzen. Athletik Erfolge des..K. 86 Mannheim in Karlsruhe Bei den am Sonntag in Karlsruhe ſtattgefundenen Jugend⸗ und leichtathletiſchen Wettkämpfen des 4. Kreiſes(Baden und Pfalz) des D. A. S. V. konnte der Verein für Körperpflege von 1886 Mannheim, der nur durch einige ſeiner beſten Kräfte aus dem Nachwuchs vertreten war, recht beachtenswerte Er⸗ folge erzielen. Hervorragend müſſen die Leiſtungen des Ju⸗ gendlicher(Schüler) K. Sommer bezeichnet werden. Sommer ging im Dreikampf(einarmig Reißen, beidarmig Stoßen und 2. Rundgewichts⸗Pflichtübung) im Mittelgewicht als über⸗ legener Sieger hervor und holte ſich mit 6 Siegen im Ringen einen weiteren erſten Preis. Im Dreikampf der Feder⸗ gewichtsklaſſe ſicherte ſich Döbele den 1. Preis, während im Ringen Leichtgewicht unter 38 Konkurrenten Münch den 4. Platz belegte. Bei den leichtathletiſchen Wettkämpfen vollbrachte wiederum Heinz eine ganz ausgezeichnete Leiſtung, indem er im Hammerwerfen Mittelgewicht mit 36.22 Meter nicht nur den erſten Platz belegte, ſondern außer Konkurrenz ſogar 37.79 Meter erreichte. Flusſpnort *k Franzöſiſcher Höhenrekordſchwindel. Das Flugzeug „Oiſeau Tango“, das einen Transatlantik⸗Flug unternehmen will, erlitt bei einem Verſuchsflug einen Unfall. Als das Flug⸗ zeug auf dem Boden rollte, brach der hintere Flügel. Die Ausbeſſerungen werden einige Zeit in Anſpruch nehmen. Vor einigen Tagen hatte der franzöſiſche Flieger Callizo behauptet, daß er einen Höhenrekord mit 13000 Metern er⸗ reichte und damit den vor einem Jahre mit 12 442 Metern von ihm aufgeſtellten Höhenrekord geſchlagen haben wollte. Der franzöſiſche Aero⸗Klub ſtellte heute feſt. daß Callizo beide Male Fälſchungen beging und infolgedeſſen die beiden angeblichen Rekorde als ungültig anzuſehen ſeien. Es war aufgefallen, daß ein Flügel des Flugzeuges Callizos beim Niedergehen zerbrach. Der Flieger behauptete, daß dieſer Unfall auf ſeine außerordentliche Ermüdung zurückzuführen ſei. Er gab aber zu, daß er die Aufzeichnungen des Barographen gefälſcht hat. Der Schwindel war entdeckt, weil ohne Wiſſen von Callizo heimlich ein zweiter Barograph angebracht wurde und mit dieſem ſich feſtſtellen ließ, daß das Flugzeug nur eine Höhe von 4000 und nicht 13000 Metern erreicht hatte. Herausgeber, Drucker und Verleger. Druckerei Dr. Haas, Neue Mannheimer Zeitung G. m. b.., Mannheim. E 6,„ Direktion: Ferdinand Heyme. Chefredakteur: Kurt Fiſcher— Verantwortl. Redakteure: Für Politik: H. A. Meißner Feuilleton: Dr. S. Kayſer.— Kommunal⸗Politik u. Lokales: Richard Schönfelder— Sport und Neues aus aller Welt: Willy Müller— Handelsteil: i..: Franz Kircher Gericht und allee Uebrige: Franz Kircher— Anzeigen: Dr. E. Stötzner 2 8 8 8 N — De Heltbeſtię ſfunger 77N 5077 YO, aullf Dr ¶ Elgeꝶ:slbſilinuteg SOOO Lulif Mutrui:L gflinluler d. eitſprtung: Aubbatd S, Flochſprungt Qebome 20, ibl. ſeder gebildeie liſteleuitopdet, ſa, man uitd lcaumt einen faſdhitige Miaben darꝛach vergeöblich fragen.&beiiſo belramiit᷑ iſt die Weltbeſtleiſturig in er Zigatenten-Jnduſtrie. An der Spitze des Feldes iſt æu fimcem-: reiling-Ausleſe 2 5 die clanbe ilites uuricletvollem Atumas undl ihiret· Belcdsmnilichleit nichit æus ſehlaqeri 72 General-Vertreter: Otto Lehlbach, Mannhelm, PF 2, 9. Fabriklager Böckstraße 7. Telephon 235 76. 8. Seite, Nr. 409 Neue Mannheimer Zettung(Mittag⸗Ausgabe) Dienstag, den 6. September 1927 Nachbargebiete 5 Eine aufregende Eiſenbahnfahrt Stuttgart, 5. Septbr. Dem beſchleunigten Sonntags⸗ Perſonenzug von Friebrichshafen, der heute nacht 12.37 Uhr in Stuttgart ankommen ſollte, drohte auf der Geislinger Steige ein ſchweres Unglück. Kurz vor Lonſee hatte ein Burſche die Bremsleitung des Zuges teilweiſe abgeſtellt, ſodaß der Zug zum Halten kam und er, ſein Begleiter und ein Mädchen den Zug, der in Lonſee nicht anhielt, verlaſſen konnten. Auf der Geislinger Steige bemerkte nun der Loko⸗ motivführer, daß die durchgehende Luftdruckbremſe nicht mehr richtig funktionierte und daß er den Zug, der eine erhöhte Ge⸗ Ichwindigkeit aknahm, nicht mehr in der Gewalt hatte. Er gab Notſignale und nur dem Umſtand, daß die Rei⸗ ſenden mit aller Kraft die Handbremſen der einzelnen Wagen anzogen, iſt es zu danken, daß der Zug ungefährdet nach Geis⸗ Uingen gelangte und ſo ein ſchweres Unglück verhütet wurde. d * Darmſtadt, 2. Sept. In Aſtheim bei Trebur brach heute neben der Poſtagentur Feuer aus. In kurzer Zeit brannten 4 mit Frucht gefüllte Scheunen vollſtändig und das Wohnhaus von Andreas Heck zum Teil nieder. Der Schaden iſt außerordentlich groß und nur zu einem kleinen Teil von der Verſicherung gedeckt. Die Feuerwehren von Aſt⸗ heim und der Umgebung, die Berufsfeuerwehr von Mainz und die Jeuerwehr der Firma Opel waren alsbald zur Stelle und bekämpften das Feuer. Die Urſache des Brandes konnte noch nicht feſtgeſtellt werden. * Straßburg, 2. Sept. Ein Bankkrach, bei dem viele kleine Leute aus der ganzen Gegend geſchädigt worden ſind, wird aus Saargemünd gemeldet. Die betreffende Bank, ein klei⸗ nes Privatunternehmen, warb mit der Lockung auf große Dividendenerträge mit Erfolg um Beteiligungen bet aller⸗ hand induſtriellen Unternehmungen. Zum Teil haben die un⸗ erfahrenen Zeichner der Kapitalien 10 die Verpflichtung übernommen, beim Eintreten einer gewiſſen Entwertung eine Zuſatzzahlung von 32 Prozent zu leiſten, die ihnen auch abver⸗ langt wurde. Nun hat die Geſchichte mit dem auf die Dauer unvermeidlichen Krach geendigt, der viele mühſam erſparte kleine Bermögen verſchlingt. Gerichtszeitung Der Gründer der„Deutſchen Siedlungsgenoſſenſchaft“ vor Gericht Heidelberg, 5. Sept. Vor dem erweiterten Schöffengericht hatte ſich am Samstag Regierungsaſſeſſor a. D. Dr. Auguſt Heinrich Schmitt zu verantworten, der im Jahre 1924 mit Unterſtützung der Karlsruher Lebensverſicherungsbank.⸗G. Karlsruhe und der Stadt die„Deutſche Siedlungs⸗ genoſſenſchaft“ gründete. Nach Zjährigem Beſtehen ſcheiterte das Unternehmen. Es ſtellte ſich ein Fehlbetrag von 175000 4 heraus und die Generalverſammlung beſchloß die Liquidation. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, daß er als Mit⸗ glied des Vorſtandes und Geſchäftsführer der D. S. G. Gelder, die von der Genoſſenſchaft von der K. L. V. B. nach Abſchluß von Lebensverſicherungen und gegen Bürgſchaft der Stadt Heidelberg zu Bauzwecken gegeben waren, nicht hierfür, ſon⸗ ern für perſönliche Zwecke verwendet und dadurch abſichtlich zum Nachteil der D. S. G. gehandelt habe. Der Angeklagte beſtritt die Beſchuldigungen, machte geltend, die von den Dar⸗ lebnsgebern— K. L. V. B. und Stadk Heidelberg— gegebenen Darlehen ſeien nicht der D. S.., ſondern ſondern den einzel⸗ nen Genoſſen gegeben worden, insbeſondere gelte das von dem Darlehen ſeien nicht der D. S.., ſondern den einzel⸗ ſönlich abgeſchloſſene Verſicherung gegeben habe. Der Staats⸗ anwalt bejahte die Schuldfragen und beantragte 11 Jahre Gefängnis, Das Urteil lautete auf(Monate Gefängnis und 1000/ Geldͤſtrafe. Die Geldſtrafe gilt als beglichen durch 6wöchige Unterſuchungshaft. Neues aus aller Welt — Üdet will über den Ozean fliegen. Der Kunſtflieger Udet, der am vergangenen Sonntag in Kalſerslautern an⸗ läßlich des Flugtages ſeine Kunſt zeigte, erklärte Preſſevertre⸗ tern gegenüber, daß er noch im September zum Ozeanflug auf⸗ ſteigen molle. An der Fahrt wird auch ſein Chefpilot Kern teilnehmen. Wie die T. U. hierzu von der Badiſch⸗Pfälziſchen Luft⸗Hanſa ergänzend erfährt, ſoll Üdet tatſächlich die Abſicht haben, noch Ende September zu ſtarten. Er würde den Weg über die Azoren nehmen. i i ädlich. eihund macht einen Parkdieb unſchädl Eigene 8 2— 0——— 1 in Berlin feſtgenommen„ein Jahre e n Sier. Dieſer Park ben ießli r Park. S H nen große Feuerwerk abge⸗ a ren die, an ane wolrd. Datzu läuft immer ganz Treptow und das benach⸗ i i 1 in den großen che Viertel“ zuſammen, ſo daß in 0 be bene d ed e de ſteht. Da hatte der Spezia eichte 7 anderen Zeiten ſchlängelte er ſich im e e Liebespärchen heran, die auf Bänken 8, was ſie neben ſich lieg ſaßen und ſtahl den Verliebten a— 75 dens oder auch in den Taſchen hatten. eſtern abe Fean ten auf, als er wieder an ein Pärchen 0 —38 1 Folte in 5 7 nch pllg feſt. Der Ertappte verſuchte ſich zu befreie zte 12 i Beamten, hatte aber nicht mit deſſen Dienſthu aie faßte ihn am Hoſenboden und vereitelte 1 Flucht. Bei Ewers fand man eine Unmenge von Kämmen, Bleiſtiften Portemonnaies, Puderbüchſen und. gleichen aus den geſtohlenen Handtaſchen. Dieſe Reineen pflegte er im Aſyl an Frauen zu verkaufen, hatte ſopiel zuſammengeſtohlen, daß er noch nicht alles abſe konnte. — Opfer des Oſtſeeſturmes. Dem Sturm, der in der vorz gen Wge auf der Oſtſee herrſchte, ſind auch mehrere 00 mit ihren Beſatzungen zum Opfer gefallen. So wird da 15 FEeen len Segelſchiff„Sturmvogel“, das mit einer Ladung Boh ee von Rügenwalde am Freitag verlaſſen hatte, vera⸗ ißt. Schiffstrümmer, Rettungsringe und Bohlen, die vom ſtammen, wurden gefunden. Der amnee Dampfer„Hermann Otto Ippen“ traf bei Rügenwal 4 ein kieloben treibendes Schiff. Wegen des hohen Seegange. konnte der Name nicht feſtgeſtellt werden: doch brachte ne Dampfer einen Maſt mit, der vom„Sturmvogel aree Die aus fünf Mann beſtehende Beſatzung dürfte den 7 in den Wellen gefunden haben. Auch vor der Anſe Wittog wurde ein kieloben treibender Zweimaſter geſichtet, der dann bei dem Dorfe Ronnewitz an den Strand getrieben wurde. Die aus Brettern beſtehende Deckladung wurde zum Teil an Land geſchleudert. Es handelt ſich um einen ſchwedi⸗ ſchen Schoner. Die Beſatzung ſoll von einem anderen Damp⸗ fer gerettet worden ſein. 0 — FCCCCCCC „ Ziehung 9, Sept, 027 e—5 0 0 Am 5. September verstarb nach langem, tapfer ertragenem Leiden, unser lieber Amtsgenosse Herr Professor NHWEIZINCER- GeElplorrkRik/ 170⁰ 3000 4000 108 AM-AAsrucH 40α pORTO u, Usrt 725% . e Friedrich Gän Wir ehrten und liebten in ihm den geraden und aufrechten Mann, den unermüdlich pflichttreuen und erfolgreichen Lehrer, den treu gesinnten Kollegen, den warmherzigen Freund der jugend. Wir werden ihm stets ein dankbares Andenken bewahren Mannheim. den 6. September 1927. Das Lehrerkollegium des ffealgymnasiums ll mit Realschule ILessingschule] I. A. Dr. Dürr, Olrektor. 1-1* 2180 INNIMA2 8784 ANNHEIM?OG T,N bostscHK, 17ο N RUnt alle Lotterle-Einnehmer und Losverkäufer BBEE Frische LI Eler 10 Plg. 100o Stück Mk..30 Takelbutter feinste. frische Pfd. Mk..— Große, frische Eier 100 Stück Mk. 11.30 oume, f l. l. K2. 8 Versteigerung K 2. 8 fart. 18238 Im Auftrag verſteigere ich mit behördlicher Genehmigung am Donnerstag, 8. September d. J. nachmittags 2 Uhr in K 2, 8 part., 2 ſchöne hell eichene Bettſtellen mit Draht⸗ röſten und 2tür. Kleiderſchrank, 1 weiße, eiſ. Bettſtelle, 1 Chaiſelongue m. Decke, 1 Schreibmaſchinentiſch m. Stuhl, 1 Plan⸗ ſchrank, Kommode, 2 runde Klapptiſche, 1 Nachtſtuhl(Seſſel), 2 Regulateure, Stühle, 2 ſchöne Spiegel m. Goldrahmen, Bilder, 1 gr. achteck. Tiſch m. Marmoxrpl. reich ge⸗ ſchnitzt, antike Gegenſtände als: Kommode, Damenſchreibtiſchchen, Standuhr, Spinnrad, Handblasbalg, 3 goldene 18 K. Herren⸗ remontoir, verſch. verſilb. Beſtecke, 12 Paar ſchwer ſilbherne Fiſchbeſtecke, elektr. Zimmer⸗ lampen, Gaslampen, Linoleumteppich, Läufer und Vorlagen, 1 kompl. Küche, natur laſiert, faſt neu: Schrank, Büfett, Tiſch und 2 Stühle, Küchengeſchirr und vieles andere. Die Gegenſtände können Donnerstag vorm. von 10—11 Uhr werden. 8700 Ortsrichter Th. ichel, Telephon 93 280. Heute verschied sanft nach langem, schweren Leiden, unsere liebe Mutter, Frau 78371 Auguste Heiler'̊e. geb. Conrad Mannheim(L. 6, 8/ U4, 12), den 5. Sept. 1927 Die trauernden Hinterbliebenen: Valentine Leonhardt geh. Heller Ernst Leonhardt. Die Feuerbestattung findet Mittwoch, 7. Sept, nachmittags 3½ Uhr statt. ene⸗ . 0 5 8 kann man mit Leichtigkeit die Millionen von Staub- und Schmutzteilchen in der Luft erkennen, wenn sie im Sonnenlicht umherwirbeln. Man hat ein unangenehmes Gefühl bei dem Gedanken, dafß sich dieser Staub in Kleider, Gesicht und Haar setzt. Die Kleidung wird täglich gereinigt, das Gesicht morgens und abends gewaschen— und das Haarꝰ Sorgen Sie für eine regelmäflige Reinigung mit 7 Kopfwasch- Pulver. Der milde Schaum entfettet den Haarboden, das Haar bleibt gesund und bekommt einen wundervollen Glanzz es wird locker und schmiegsam, so daß es sich spielend ondulieren läßt. Frisch und rein duftet es nach 7¹. 4711 YopſwaschMilver Ein Beutel- 30 Pfg.- relcht für 2ei grüundliche Waschungen. ————— N 20 aes, Statt Karten! 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