Abonnement: Tägliche Ausgabe⸗ 70 Wfennig monatlich. Bringerlohn 20 Pfg. monatlich, durch die Poſt bez. inel. Poſt⸗ aufſchlag M..42 pro Quar inzel⸗Nummer 8 Pfg. Nur Sonntags⸗Ausgabe 20 Pfennig monatlich, ins Haus od. durch die Poſt 25 Pf. Inſerate: Die Colonel⸗Zeile. 20 Pfg. Auswärtige Jnſerate. 28„ Die Reklame⸗Zeile„„„ 60„ Gadiſche Volkszeitung.) E 6, 2. der Stadt Mannheim und Umgebung. Unabhängige Tageszeitung. Erſcheint wöchentlich zwölf Mal. Stleſenſte und verbreilelſte Jeitung in Maunheim und Amgebung. Schluß der Inſeraren⸗Aunahme flülr das Mittagsblatt Morgens 9 Uhr, für das Abendblatt Nachmittags 8 uhr. — Fuür unverlaungte Maunſkripte wird keinerlei Gewähr geleiſtet. (Maunheimer Volksblatt.) Telegramm⸗Adreſſe: „Journal Mannheim“ In der Poſtliſte eingetragen unter Nr. 8021. Telephon: Direktion und Druckerei: Nr. 841 Redaktion: Nr. 377 „ Expedition: Nr. 218 „ Filiale: Nr. 815 E 6, 2. Nr. 567. Samstag, 5. Dezember 1905. (2. Mitta ablatt.) Hedin in Tibet wieder mit den Seinen vereint.) Wieder folgte eine finſtere, endloſe Nacht, denn vor Tibetern und Bären mußten wir auf der Hut ſein. Die Sprache der Nacht iſt erhaben, nur nicht in Tibet, wenn man Pferde hüten muß. Von nun an werde ich ein gewiſſes Mitleid mit unſeren Pferdewärtern haben. Wir ſehnten uns nach dem Hauptlager wie zu einem großen Jeſte, ſchon allein deshalb, weil wir dort nachts würden ausſchlafen können. Jeder von uns hat beim Wachehalten ſeine beſonderen Ge⸗ wohnheiten. Ich ſchreibe, ſitze in der Zelkrür und mache von Zeit zu Zeit eine Runde um das Lager. Schagdur ſitzt in ſeinen Pelz gehüllt mitten unter den Tieren und raucht ſeine Pfeife. Der Lama wieder ſtreift umher und murmelt mit ſingender Stimme Gebete. Jetzt fehlten uns zwar nur noch 35 Kilometer, aber unſere Tiere hatten, vom Hauptlager an gerechnet, bereits 500 Kilometer zurück⸗ gelegt, und es war wenig Ausſicht vorhanden, daß wir dieſes in einem Tage erreichen würden. Nun wohl, jedenfalls mußten wir ſo nahe an den Umkreis, innerhalb deſſen die Unſerigen die Gegend herankommen, daß wir uns für ziemlich ſicher halten onnten. Wir ſchliefen am Morgen gründlich aus, um die Tiere möglichſt lange weiden zu laſſen. Sodann ging es zu einem Paſſe hinauf, von dem wir das weite, offene Tal, in welchem wir die erſte Nacht geruht hatten, zu ſehen hofften. Doch jenſeits des Paſſes war nur ein Gewirr von Hügeln zu erblicken. Es war wunderbar, daß unſere Tiere mit dem Nordabhange fertig wurden, der da, wo die Sonne nicht eingewirkt hatte, aus lauter Schlamm beſtand. Wir müſſen zu Fuß gehen und auf flachen Sandſteinplatten und Moosraſen balancieren, ſonſt finken wir knietief ein. Die Karawane ſicht höchſt ſonderbar aus, denn die Tiere waten ſo tief im Moraſt, daß ſie mit dem Bauche den Boden berühren; es iſt, als durchwateten ſie kinen Fluß. Wir ſteuern nach allen Flecken, die trocken ſcheinen, Rühſam und ſehnſüchtig hin, um uns dort eine Weile zu ver⸗ ſchnaufen und die Laſten wieder zurechtzurücken. Die Hoffnung käuſchte uns; noch zwei ebenſo greuliche Päſſe waren uns beſchieden. Hätte ich hiervon eine Ahnung gehabt, ſo würde ich natürlich unſeren alten Weg gegangen ſein, der wie eine Brücke durch ein Moor, in deſſen böſe Sümpfe wir hilflos hineingeraten waren, zu führen ſchien. Endlich erreichten wir mit erſchöpften Kräften ein kleines Tal, das nach unſerem offenen Tale führte, deſſen wohlbekanntes Pano⸗ rama ein erfreulicher, belebender Anblick war. Jetzt merkten wir, daß wir beim Waten im Moraſte den Spaten verloren hatten. Der Lama ging zurück, ohne ihn zu finden, ſtieß dafür aber auf eine alte kibetiſche Zeltſtange, die uns abends beim Feueranzünden gut zu⸗ ſtatten kam. Rebhühner, Haſen und Kulane zeigen ſich überall, und, wie gewöhnlich, ſind die Raben in dieſem unwirtlichen Gebirge heimiſch. Es war herrlich, wieder auf tragfähigem Boden zu reiten. Neun Kulane leiſteten uns eine Zeitlang Geſellſchaft. Auf einer An⸗ höhe raſteten wir einige Minuten, um die Gegend zu überſchauen. Keine Spur, keine ſchwarzen Punkte, die unſere weidenden Tiere ſein konnten, kein Rauch war zu ſehen! Die Gegend lag ebenſo ſtill und öde da, wie wir ſie zuletzt geſehen hatten, und abſolut nichts 8 darauf hin, daß ſich Menſchen in der Nachbarſchaft be⸗ anden. Obwohl die Sonne ſchon tief ſtand, ſchienen meine Kameraden doch zu glauben, daß wir noch zu den Unſerigen gelangen würden, denn ſie ritten immer ſchneller. Die Tiere, die ſonſt gewöhnlich in einem Haufen getrieben wurden, mußten hier in einer Reihe hintereinander und mit Stricken verbunden marſchieren, da das Gras ſie zu ſehr in Verſuchung führte. Schagdur leitete drei, ebenſo der Lama, und ich ritt als Treiber hinterdrein. Schagdur hatte einen bedeutenden Vorſprung. Mein Reitſchimmel, der mir den geſtohlenen erſetzt hatte und der, nachdem er kraftlos geworden, baurch eines der tibetiſchen Pferde erſetzt worden war, brach plötzlich zuſammen und blieb auf der Erde liegen. Man mußte glauben, daß ſeine letzte Stunde gekommen ſei; wie es ſchien, fing er ſchon an zu erkalten. Der Lama ſchmierte ihm die Nüſtern innen mit Butter ein und zwang ihn, Lauch zu kauen. Große Tränen rollten aus den Augen des Pferdes, und Schagdur ſagte, es weine darüber, daß es jetzt, nach⸗ dem es ſo ehrenvoll alle unſere Anſtrengungen geteilt, nicht zu ſeinen alten Kameraden zurückkehren könne. Inzwiſchen ſchlugen wir Lager, und die Tiere wurden auf die nächſte Weide geführt. Die Nacht verlief ruhig unter friſchem, nördlichem Winde. Die Hunde knurrten nicht einmal, und keine Feuer waren ſichtbar, Als wir am 20. Auguſt aufbrachen, ſtrömte der Regen nieder, was uns jedoch wenig ſtörte, weil der Boden jetzt beinahe überall ſeſt und tragfähig war. Sogar der Schimmel hinkte mit. Als wir die roten Hügel in der Nähe unſeres erſten Lagerplatzes, auf dem Hinwege, paſſiert hatten, ertönten zwei Flintenſchüſſe und eine Weile darauf ein dritter. Ein Yak ſtürmte nach den Hügeln hinauf Wir ALichteten unſeren Kurs ſofort dorthin und bemerkten bald zwei Punkte, die ſich im Fernglaſe nach und nach zu zwei Reitern ent⸗ wickelten. Waren es Hakjäger? Nein, denn es zeigte ſich bald, daß ſie gerade auf uns zuritten. Als ſie näher gekommen waren, er⸗ kännten wir in ihnen Sirkin und Turdu Bai. Wir ſaßen ab und warteten, bis ſie vor Freude weinend heranſprengten, ganz entzückt bon der heutigen Jagd,— eine ſolche Beute hatten ſie ſich nicht träumen laſſen, als ſie am Morgen ausgeritten waren, um ſich Fleiſch zu verſchaffen! Sie hatten nämlich nut noch drei Schafe. Für uns war es ein beſonderes Glück, ſo unerwartet in der Einöde mit ihnen zuſammenzutreffen; es wäre uns jetzt, da der Regen alle ——— *) Aus: Hedin, Im Herzen von Aſien. 2 reich illu⸗ ſtrierte Bände, eleg. geb. 20 /. Verlag von F. A. Brockhaus, Leipzig. Spuren ausgelöſcht hatte, wohl recht ſchwer geworden, das Lager zu finden. Das Lager war vor einiger Zeit nach einem Seitentale ſüdlich gon der Flußmündung verlegt worden und war dort ſo im Terrain derſteckt, daß wir es ohne Hilfe kaum hätten entdecken können. Wir ritten ſämtlich dorthin. Kutſchuk, Oerdek und Chodai Kullu kamen uns entgegengelaufen; auch ſie weinten und riefen: „Chodai ſakkladi, Chodai ſchukker(Gott hat euch beſchützt, Gott ſei gelobt), wir ſind wie vaterlos geweſen, während Ihr fort waret!“ Es war wirklich rührend, ihre Freude zu ſehen.— Bald darauf ſaß ich wieder in meiner bequemen Jurte und hatte meine Kiſten um mich, und mein ſchönes, warmes Bett war in Ord⸗ nung. Wenn man es einen ganzen Monat recht ſchlecht gehabt hat, weiß man es erſt zu ſchätzen, wenn man ſich wieder im„ziviliſterten Verhältniſſen“ befindet. Sirkin berichtete, daß ein Pferd verendet ſei und die anderen ſich noch nicht erholt hätten, daß die Kamete aber bedeutend kräftiger geworden ſeien. Die Chronometer waren ſtehengeblieben, weil Sirkin es aus Furcht, daß die Federn ſpringen könnten, nicht gewagt hatte, ſie ganz aufzuziehen. Die Folge dieſer übertriebenen Vorſicht war, daß wir nun nach dem naheliegenden Lager Nr. XLIV, unſerem Hauptquartiere, von dem die Reiſe nach Lhaſa ausgegangen und in welchem ich damals eine aſtronomiſche Ortsbeſtimmung gemacht hatte, zurückkehren mußten. Ein Zeit⸗ verluſt von mehreren Tagen würde dadurch allerdings entſtehen, aber die Tiere, die wir mitgehabt hatten, bedurften nur zu ſehr aller Ruhe, die ſie haben konnten. Es hatte in der Gegend unauf⸗ hörlich geregnet; bisweilen waren jedoch kleine Ausflüge gemacht und dabei einige Kulane erlegt worden. Tſchernoff hatte die Nachhut ſo gut geführt, daß er bei ſeiner An⸗ kunft am 2. Auguſt noch neun Kamele mitgebracht hatte; nur zwei Kamele und zwei Pferde waren verendet; unter den erſteren war mein Veteran von der Kerijareiſe im Jahre 1896. Alle Leute waren geſund, und helle Freude herrſchte an dieſem Abend. Sie geſtanden, daß ſie nach Oerdeks Rückkehr für uns das Schlimmſte befürchtet hätten und kaum von uns hätten ſprechen mögen, ſondern gewartet und gewartet hätten. Jolldaſch heulte vor Freude und nahm ſofort ſeinen bequemen Platz neben meinem Bette wieder ein. Nachdem ich das Lager inſpiziert und alles in beſter Ordnung vorgefunden hatte, mußte Tſcherdon mir ein Bad zurecht machen. Der größte Kübel, den wir hatten, wurde mit heißem Waſſer gefüllt und in meine Jurte gebracht. Nie iſt ein gründliches Ab⸗ ſeifen notwendiger geweſen als jetzt, und das Waſſer mußte mehrere Male erneuert werden, hatte ich mich doch 25 Tage lang nicht ge⸗ waſchen! Und wie ſchön war es, nachher vom Scheitel bis zur Sohle wieder in reinen europäiſchen Kleidungsſtücken zu ſtecken und den mongoliſchen Lumpen auf ewig Lebewohl ſagen zu können! Nach einem wohlſchmeckenden Mittagseſſen und Aufzeichnung der heutigen Erlebniſſe ging ich mit gutem Gewiſſen zu Bett und genoß in vollen Zügen die Ruhe und den Komfort, die mich umgaben. Das Bewußtſein, daß ich den forcierten Ritt nach Lhaſa ohne Zögern gewagt hatte, war mir eine große Befriedigung. Daß wir dieſe Stadt nicht hatten ſehen können, betrachtete ich weder jetzt noch ſpäter als eine Enttäuſchung; gibt es doch unübertvindliche Hinderniſſe, die alle menſchlichen Pläne kreuzen. Aber es freute mich, daß ich nicht einen Augenblick gezaudert hatte, einen Plan auszuführen, der kri⸗ tiſcher und gefährlicher war als eine Wüſtenwanderung, und es iſt ein Vergnügen, gelegentlich den eigenen Mut auf die⸗ Jeuerprobe zu ſtellen und die Ausdauer bei Strapazen zu erproben. Mein Leben während der nächſtfolgenden Zeit erſchien mir im Vergleich mit dem eben Er⸗ lebten wie eine Ruhezeit Was uns auch beſchieden ſein mochte,— ſolche Strapazen wie auf der Chaſfareiſe würden wir ſchwerlich wieder erleben. Mir war zumute, als ſei ich ſchon halb wieder zu Hauſe, und ich ahnte nichts von den ungeheueren Mühſalen, die uns noch von Ladak trennten. Alles erſchien mir jetzt leicht und luſtig, ſogar der Regen ſchmet⸗ terte freundlich auf die Kuppel der Jurte, und der eintönige Sang der Nachtwache lullte mich bald in den Schlaf. Ich war froh, daß ich nicht mehr hinauszugehen und die Pferde zu bewachen brauchte, und ich freute mich, Schagdur und den Lama, halbtot vor Müdigkeit, in ihren Zelten ſchnarchen zu hören. Am folgenden Morgen konnte es keiner übers Herz bringen, mich zu wecken; wir kamen daher erſt mittags fort. Wir ritten auf den Hügeln am rechten Ufer des Fluſſes. Die Waſſermenge war jetzt ziemlich anſehnlich. Auf dominierenden Höhen hatten meine Leute Steinpyramiden errichtet, die von fern Tibetern glichen. Der Zweck der Steinmale war, uns bei der Rückkehr den Weg vom Lager Nr. XLIV nach dem neuen zu zeigen. Wenn die Tibeter die Pyra⸗ miden erblickten, würden ſie gewiß glauben, daß wir eine Heerſtraße für einen Einfall bezeichnet hätten und daß bald eine ganze Armee unſerer Spur folgen würde. In einem Nebentale verriet ein großer Obo, daß die Gegend nicht ſelten beſucht wurde; wie gewöhnlich, war er aus einer Menge Sandſteinplatten errichtet, in die die JFormel „Om mani padme hum“ eingemeißelt war. Wir ließen uns jetzt an derſelben Stelle wie damals häuslich nieder. Das Gerippe des hier gefallenen Pferdes war von Wölfen vollſtändig reingefreſſen. Haſen und Raben kommen in der Gegend beſonders häufig vor. Eines der letzten Schafe wurde geſchlachtet.— Die Reiſe nach Lhaſſa erſcheint mir jetzt wie ein Traum; hier ſitze ich unter denſelben Verhältniſſen wie vor einem Monat, die Jurte ſteht auf demſelben Erdringe, die Beine des Theodolitenſtativs in denſelben Löchern, der Fluß rauſcht wie damals; es iſt, als könnten nux ein, zwei Tage vergangen ſein. Alle jene langen, unter Wachen und Sorge zugebrachten Nächte ſind vergeſſen; es war lur eine flüchtige Epiſode, eine Parentheſe im Verlaufe der Reiſe!— Jetzt folgten einige Tage der Ruhe, in denen meine Geduld jedoch ſehr auf die Probe geſtellt wurde. Es regnete und ſchneite unaufhörlich, und ich hatte keine Gelegenheit, alle die aſtronomiſchen Beobachtungen, die ich gern machen wollte, vorzunehmen. Und daun ſehnte ich mich auch danach, wieder nach Süden aufzubrechen und bewohnte Gegenden aufzuſuchen, wo wir die uns nötige Hilfe er⸗ halten konnten, denn es war ſchon jetzt erſichtlich, daß unſere Tiere nicht mehr weit kommen würden. In der Nähe des Lagers wurde mir ein Platz gezeigt, wo Turdu Bai und Tſcherdon am Tage unſerer Abreiſe eine Geſellſchaft tibetiſcher Jäger überraſcht hatten. Dieſe Helden waren ſo faſſungslos geweſen, daß ſie Hals über Kopf Reißaus genommen und ſiebzehn Packſättel, ein Zelt und den ganzen Fleiſchvorrat, aus dem ihre Jagdbeute beſtand, im Stiche gelaſſen hatten. Alles lag noch da, bis auf das Fleiſch, das ſich Wölfe und Raben zu Gemüte geführt hatten. Man kann ſich die tollen Gerüchte denken, die in Umlauf geſetzt werden, wenn ſolche Flüchtlinge wieder bewohnte Gegenden im Süden er⸗ reichen. Sie übertreiben natürlich ihre Beſchreibungen und behaupten, daß eine ganze Armee von Europäern ins Land gedrungen fei. Das hatten wir in Oſchallokk ja ſelbſt gehört. Während meiner Abweſenheit war gute Disziplin gehalten worden, aber nach meiner Rückkehr wurde ſie noch mehr verſchärft. Alle unſere Tiere hatten ihre Weideplätze in einem Tale, das einige Kilometer vom Lager entfernt war. Tſchernoff ritt einmal nachts dorthin und fand die Wächter ſchlafend. Er gab einen Flintenſchuß ab, durch den alle aufs fürchterlichſte erſchreckt wurden. Die Schläfer wurden gebührend heruntergemacht und beklagten ſich am folgenden Morgen bei mir, doch ſtatt daß ich mich auf ihre Seite ſtellte, be⸗ kamen ſie ein neues Geſetz zu hören, das ich im Handumdrehen erließ: „Wer künftig auf ſeinem Poſten ſchlafend angetroffen wird, wird mit einem Eimer kalten Waſſers aufgeweckt!“ Jede Nacht ſollten ſechs Muſelmänner, je zwei gleichzeitig, abwechſelnd Wache halten, und die Ablöſung ſollte unter Kontrolle des dienſtabenden Koſaken vor ſich gehen. Die vier Koſaken waren alſo der Reihe nach für den Nachtdienſt verantwortlich. Die Muſelmänner hatten über die Tiere zu wachen und die Koſaken dafür zu ſorgen, daß die Muſel⸗ männer ihre Pflicht taten. Infolge der letzten Abkanzelung wollten Mollah Schah und Hamra Kul wieder einmal nach Tſcharchlik zurück⸗ kehren, beruhigten ſich aber, nachdem ſie den Wahnſinn eines ſolchen Unternehmens eingeſehen hatten Derartige Reibereien ſind in einer großen Karawane, in der Geſchmack und Meinung nach den chriſt⸗ lichen, muſelmänniſchen oder mongoliſchen Anſchauungen und Lebens⸗ gewohnheiten der Betreffenden wechſeln, nicht zu vermeiden. Tſcherdon wurde zu meinem Leibkoch ernannt, Schagdur ſollte ſich eine Zeitlang ausruhen; der Lama wurde niedergeſchlagen und nachdenklich und wurde von jeder Dienſtleiſtung dispenſiert, bis wir wieder auf Menſchen ſtießen. Dem alten Muhammed Tokta, der ſchon lange kränklich geweſen war, ging es ſeit einer Woche ſchlechtev; er klagte über Herzſchmerzen. Es wurde ihm geraten, ſich ganz ruhig zu halten. Im übrigen herrſcht im Lager die beſte Stimmung, und die Koſaken ſind beſonders zufrieden. Sie haben eine Balalaika, eine dreiſaitige Zither, gemacht, und mit dieſer, einer tibetiſchen Flöte, einer Tempelglocke, improviſierten Trommeln, der Spieldoſe und Geſang wurde am letzten Abende unter ſtrömendem Regen ein 11555 harmoniſches Konzert aufgeführt, das jedoch großen Beifall fand. Gerichtszeitung. Mannheim, 2. Dez.(Strafkammer.) Vorſer Herr Landgerichtsrat Ketterer. Vertreter der Großh. Staatsbehörde: Herr Staatsanwalt Dr. Groſſelfinger. 1. Der 29 Jahre alte Feilenhauer Chriſtian Roth aus Frankenbach iſt beſchuldigt, auf einem Bettelgang im Hauſe Beil⸗ ſtraße 15 ein Vergehen im Sinne des§ 176 Ziff. 3.⸗St.⸗G. verübt zu haben. Der Beweis reicht nicht völlig, weshalb Roth in dieſer Richtung freigeſprochen wird. Wegen Bettels aber erhält er vier Wochen Haft. 2. Als der 34 Jahre alte Taglöhner Johann Eiſenſteck aus Speher am 24. Oktober ds. Is. an dem Geſchäft der Putzmache vin Kath. Sauer in K 1 vorüberkam, bemerkte er einen kleinen Hund, der vor der Tür wartete. Eiſenſteck nahm den Hund auf, verbarg ihn unter ſeinem Kittel und ging in die benachbärte Reſtauration Bernd, wo er das Tierchen in einen Sack ſteckte. Nicht lange darauf kam die Modiſtin, der das Hündchen gehörte, in die Wirt⸗ ſchaft und fragte, ob dieſes nicht hereingelaufen ſei. Eiſenſteck machte ſich aus dem Staube, man ging ihm nach und veranlaßte ihn, das Hündchen herauszugeben. Heute redete er ſich darauf hinaus, er habe angenommen, das Tier habe ſich verlaufen und es mitgenommen, um es ſeinem Eigentümer wieder zuzuſtellen. Bei den unzähligen Vorſtrafen des Herrn Eiſenſteck findet dieſe Ex⸗ zählung nur ungläubige Ohren und das Gericht erkennt gegen den Hundedieb auf eine Gefängnisſtrafe von 5 Monaten unter Auf⸗ rechnung von 1 Monat der Unterſuchungshaft. 5 .—6. Der in den„Zwölf Apoſteln“ bedienſtet geweſene 17 Jahre alte Hausburſche Johann Fröhlich aus Metzingen hat einem anderen Hausburſchen dieſer Wirtſchaft eine Uhr mit Kette ſowie einige Wäſcheſtücke entwendet. Man erkennt auf 4 Monate Gefängnis.— Die 18 Jahre alte Dienſtmagd Eliſe Hoff mann aus Iggelheim hat ſich am 2. November ds. Is. in das Haus G 7, 31, wo ſie früher in Dienſt geſtanden, eingeſchlichen und iſt vom Trog⸗ penhaus über ein Glasdach in das Mädchenzimmer eingeſtiegen, das ſie früher bewohnt hatte. Dort hat ſie ihrer Nachfolgerin, dem Dienſtmädchen Emma Mathes, verſchiedene Kleidungsſtücke im Werte von 17/ geſtohlen. Das Gericht ſieht die Tat nicht als ſchweren Diebſtahl an wie die Anklage, ſondern iſt der Meinung, daß Glas⸗ dach und Treppenhaus Beſtandteile des Hauſes ſeien und deshalb ein einfacher Diebſtahl vorliege. Immerhin wird in Rückſicht auf die erſchwerenden Umſtände der Tat eine Gefängnisſtrafe über die An⸗ geklagte von 3 Monaten verhängt.— In ſeiner Stelle bei Konditor Schmitt hat der 17 Jahre alte Hausburſche Franz Lieb aus einem Sehranke einmal 5, ein andermal 4% und aus dem Handkoffer eines Gehülfen, den er erbrach, 30„/ ſich angeeignet. 25 konnten ihm davon wieder abgenommen werden. Lieb erhält 4 Monate Ge⸗ fängnis.— Der 19 Jahre alte Maler Auguſt Heimerdinger —. PFPF. —. General⸗Anzeiger, Mannkeim, 5. Dezember. hat ſeinem Logiswirt, dem Friſeur Butch ver⸗ e im Werte von 20/ entwendet. Urteil: de Gefängnis. 7. Abgewieſen wird die Berufung des Werkmeiſters Oslar Gutmacher gegen ein Urteil des Schöffengerichts, welches den wegen Beleidigung angeklagten Klemens Kantert freigeſprochen hatte.: Rechtsanwalt Dr. Alt. 5 30. Nov. Einen unerwarteten Ausgang nahm die geutige Schwurgerichtsberhandlung, in welcher es ſich um einen ſcheußlichen Mord handelte. Auf dex Anklagebank ſaß der 2 Ackerergehilfe Johann Merches aus Menningen bei i Er hatte mit der 39jährigen, geiſtesſchwachen, wenn auch unzurechnungsfähigen Anna Sanders, die bei ſeinen El⸗ t ſtand, ein Verhältnis angefangen, deſſen Folgen ihi ohten. Einmal war er gerichtlich verndmmen worden, er das Mädchen nach einer abgelegenen Stelle, überfiel es und er⸗ würgte es mit den Händen. Den Leichnam ſchleppte er an die Saar und warf ihn ins Waſſer. Ein Schrei des überfallenen Opfers war gehört worden. Als das Mädchen ausblieb, wurde gleich nach ihm geſucht und nach dem Auffinden der Leiche der Merches verhaftet. Er mußte nach anfänglichem Leugnen den Tatbeſtand zugeben, beſtritt nsere Geschäftsräume befinden sich von heute ab à K K waſchen u, bügeln wird forl⸗ währ, angen. 5, 16, pt. 4183b Ticht. Friſeuſe Kunden au, pro Mongt M. 3. 6865 Dalber ſtraße 24. 1 nimmt noch NI, 3 Kaufhaus. 17252 ..14, K. Hülkher,..4 Piano's& Harmonium'8. Eigene Reperaturwerkstätte Pilligste Preise 1 DBekanntmachung. Kochſchule für Frauen u. Mädchen Der nächſte Unterrichtskurs an der Kochſchule wird anſtatt Montag, den 30. November, erſt Montag, den 7, Dezember l. Is, eröffnet werden, Anmeldungen hierzu werden bis dahin Montags und Donnerſtags abends von—8 Uhr in der Kochſchule R 2 entgegengenommen Mannheim, 27. November 1903. Das Komitee. Vorſtehendes bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntnis. Mannheim, 27 November 1608. Bürgermeiſteramt. 1 Badiſche Branerei, Manunheim In heutiger ordentlicher Generalverſammlung wurde die Dividende für das Geſchäftsjahr 190%% auf 89, feſtgeſetzt. 1757. Es gelangt demnach von heute an Dividendenſchein Nr, 10 mit Mr. 30.— an unſerer Geſellſchaftskaſſe, bei der Rheiniſchen Creditbank und den Herren Wingenroth, Soher& Co., Hier, zur Einlöſung. Mannheim, den 26. November 1908. Der Vorſtand: Rich. Sauerbeck. Familienabend der Evangeliſchen Gemeinde, am 6. Dezember 1005, abends 8 Uhr im Ballhausſaale unter gefl. Mitwirkung des Poſaunenchors des Evangel. Männer⸗ und Jünglings⸗Vereins und des Kirchenchors der Friedenskirche, vexanſtaltet vom Evangel. Bunde, Vortrag des Herrn Lie, Niebergatt, Privatdozent in Heidelberg, über;„Die größte befreiernde Tat des größten deutſchen Mannes Alle Glieder der Fraſen Gemeinde ſind hierzu herz⸗ lich eingeladen. Der Eintritt iſt unentgeltlich. 1770⁴ Der Vorſtand. Mannheimer Sing-Verein. Samstag, 5. Dezember 1908, abends 8 Uhr Konzert im Musensaale des Rosengartens. Mitwirkende: 17809 Fräulein Hlla Schosne, Hofopernszängerin von hier(Sopran) Herr Franz NMeumaler, Hotmusikus von hier(Violine) Herr Albrecht Haenleln, Musikdirektor(Klavier), NB. Die Saaltüren werden um 7¼ Uhr gadiffnet. Den besten Schinken sowie die reichhaltigste Auswahl in hochf. Aufschnitt u. fertige Platten kaufen Sie bei 17188 M4, 5f6, A. Gebhard's Machl. N 4, 58. 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Alle Welt erwaxtete, daß das Gericht nun das Todesurteil fällen werde, aher der hier kaum jemals dageweſene, ganz unerwartete Fall trat ein, daß das Gericht laut Paragr. 317 der Strafprozeßordnung die Sache an ein neues Schwurgericht verwies.(„Iſt das Gericht einſtimmig der Anſicht, daß die Geſchworenen ſich in der Hauptſache zum Nach⸗ teil des Angeklagten geirrt haben, ſo verweiſt es durch Beſchluß ohne Begründung ſeiner Anſicht die Sache zur neuen Verhandlung vor das Schwurgericht der nächſten Sitzungsperiode... An der neuen Ver⸗ handlung darf kein Geſchworener teilnehmen, welcher bei dem früheren Spruche mitgewirkt hat. Auf Grund des neuen Spruchs iſt ſtets das Urteil zu erlaſſen.“) Unlanterer Wettbewerb iſt in letzter Zeit mehrfach zur Erſchei⸗ nung gekommen unter den kaufmänniſchen Krankenkaſſen. Da am 1. Januar 1904 alle Handlungsgehülfen mit einem Einkommen bis 2000 Mark und ebenſo Handlur gung erhalten, im ganzen 9 t geſetzlichen K ſicherungszwange unterworfen werden, wird von den kaufme Verbänden dafür gewirkt, daß die jungen Handelsangeſte ſich nicht den Arbeiterklaſſen zuweiſen laſſen, ſondern ſich lieber einer Krankenkaſſe von Berufsgenoſſen anſchließen, die ſie überall von Kaſſenzwange befreit. Weil die kaufmänniſchen Kaſſen die of deutend größere Erkrankungsgefahr gewiſſer Arbeiter licher Verſicherter nicht zu tragen haben, können ſie für! mäßig niedrige Beiträge weit mehr leiſten 1 tungen den Bedürfniſſen der jungen das bei anderen Krankenkaſſen n daß die erworbenen Rechte bei örtlichen Kaſſen verloren gehen, ſobald der Gehalt 2000/ überſteigt, oder der Ort gewechſelt wird, bei freien Hülfskaſſen aber nicht. Die Kranken⸗ und Begräbniskaſſe des Verbandes Deutſcher Handlungsgehülfen in Leipzig bietet mit ihren 6 Verſicherungsklaſſen bei einer Krankengeldzahlung von täglich 1 bis 5 Mark auf die Dauer von 52 Wochen und Gewährung eines Begräbnisgeldes bis 300%/ nach 5jähriger Mitgliedſchaft unzweifel⸗ haft die günſtigſte Gelegenheit zu zweckentſprechender Krankenver⸗ ſicherung der Kaufleute. Sie hat den geſetzlichen Reſervefonds be⸗ reits angeſammelt und ſich während ihres 20jährigen Beſtehens ſo vorzüglich entwickelt, daß es den Krankenkaſſen anderer Verbände ſehr ſchwer wird, mit ihr in Konkurrenz zu treten. ehrlinge, die irgend eine Enk⸗ ſunst Zur bevorstehenden Weihnachtszeit empflehlt Leo Weil, macher und Juweler ferner grosse Auswahl in zuwelen, Gold- und Silber⸗ Keiten in allen Preislagen. Ringe von Mk.— an ges. gestempelt. Silberne u. sSchwerversilberte destecke, Spazierstöcke eta. Luxus- und Gebrauchsgegenstände. 10% Rabatt wezen Geschahzperänterung auf zäntte Ate. 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Ein Viertel des Steigerungs⸗ preiſes iſt ſofort bar beim Zu⸗ ſchlag zu bezahlen und haben die Steigeker bei der Verſteigerung zahlüngsfähige Bürgen zuſtellen. Mannheim, 28. Neo r. 1908, Bürgermeiſteramt: Rinen — 12 Schlruska. efftutliche Bitte. Der Vorſtand der Freirell⸗ glöſen wWemeinde dahier beab⸗ ſichtigt, in Gemeinſchaſt mit dem Frauenverein der Gemeinde, den ſchulpflichtigen Kindern weng bemittelter Gemeindemitgliedek guch in dieſem Jahre eine Weih⸗ nachtsfzeude zu bereiten. Ger exlaubt ſich daher, an dis beſſer en ee e ee er Gemeinde de Bitte 1 richten, durch Spenden an Geld oder ſonſt geeignelen Gaben zur Aus⸗ führung dieſes ſchönen Zweckes bertragen zu wollen. 17573 Zur Eutgegennahme von Gahen ſind gern bereſt; Frau J. Rho⸗ dings, Gontardſtr. 18; Frl. A, Duffing, K 2, 11; Frau de Haa, K 3, 13, Frau E, Schatt, K 4, 19, Heir Piediger Schneider, Friedrichsking 44 ſowie der Vorſtaud der Freir ligiöſen Gemeinde. Iftgel. Maiſenverein. „Zur Feier des Tempelweiheſeſſes (Chanecka] findet am Samstag,⸗ 19. Dez. 1908. abends 5 Uhr, im Vereinshauſe R 7, 24 eine Beſchenkung unſerer Pfleglinge ſtatt, wozu wir alle Freunde und Gönner ergebenſt einladen. 17791 indern iſt der Zutritt nun in Begleitung Erwächſener ge⸗ ſattet. Der unkerzeichnete Frauen⸗ Vorſtand iſt bereit, freündliche Gaben zu dieſem Zwecke entge⸗ enzunehmen. r. Bensheimer, Alice, L 12, 18. „Daemſtädter, Anna, M 7, 12 b. „Dreyfuß, Emma, 0 1, 3. „ Hirſch, Emilie, D 7, 14. „Jurdan, Helene, 0 7, 4. „ Mayer⸗Dinkel, Mathilde, 41,5. „eumann. Nanni, B 6, 32. „Nüther, Sara, Bismarckpl. 4. „Wachenheim, Bertha, Kalſerring 36. „immern, Klementine, Nheinſtraße 1. Mannheim, 1. Dez. 1808. Polsterwaren. amen finden diskrete Auf⸗ nahme bei F. Dörr, Heb⸗ amme Ludwigshaſen a. Nh., Wredeſtraße 15a. 15282 ——— Mannheim, 8. Dezemde General⸗Anzeiger. 1—E Tegründet 1862. Fernsprecher 940. 8 en Nn f„ n Zimnter u. 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