eitegſ 7 ſerfelh eu. 8 Suede d% e * Snolſog uf zonvfadg Wunvonsufd zog neg ane⸗Husn mog daedalusgvne Neennengenee * ounemem: 70 pfg. monaſſich. Bringerlohn 30 Pfg., durch die Poſt inkl. Poſtaufſchlag u..42 pro Quartal. Einzel⸗Hr. 5 pfg. Inſerate: Kolonel⸗Seile 30 Pfg. Reklame⸗Seile.20 Hck. Cäglich 2 Ausgaben(außer Sonntag) Beilagen: der Stadt mannheim und Umgebung e * 241 1 5 2 Geleſenſte und verbreitetſte 5eitung in Mannheim und Umgebung Schluß der Juſeraten⸗Annahme für das Mittagblatt morgens 9 Uhr, für das Abendblatt nachmittags 5 Uhr Telegremm-dreſle: „eneral⸗Anzeiges Maundein⸗ Celephen⸗Rummern: Dtrektion und Buchhaltung 149 Buchdruck⸗Abteilung.... 841 Redaktten 577 Eigenes Redaktionsburean in Berlin Kimtliches Verkündigungsblatt für den Amtsbezirk Mannheim; Handels⸗ und Induſtrie⸗Zeitung für Südweſtdeutſchland: Beilage für Literatur und Wiſſenſchaft; Unterhaltungsblatt; Beilage für Cand⸗ und Hauswirtſchaft; Mannheimer Schachzeitung; Sport⸗Revue; Wandern und Reiſen und Winterſport; Mode⸗Beilage; Frauen⸗Blatt. FFTT— Mannheim, Donnerstag, 5. Dezenber 1912. (Mittagblatt.) Nr. 568. Die Zchwierigkeiten der Situation. In Wiener diplomatiſchen Kreiſen iſt man der Anſicht, daß die allgemeine Situation in⸗ fol, der bei den Verhandlungen über den Waf⸗ zwiſchen Bulgarien und Griechen and ausgebrochen Zwiſtigkeiten an Kompliziert. heit zugenommen habe. Früher handelte es ſich um eine beſtegte Türkei und einen einigen Bal⸗ kanbund, während gegenwärtig der zwar beſieg⸗ ten, jedoch noch nicht niedergeworfenen Türlei Staaten gegenüberſtehen, die in weſentlichen Punkten des mit der Türkei abzuſchließenden Friedens in Uneinigkeit geraten ſind. Hierzu kommen terigkeiten anderer Natur, woraus erhellt, daß die Diplomaten Europas noch ein gutes Stück Arbeit zu leiſten haben werden, bevor der politiſche Horizont geklärt ſein kann. Vor allem iſt ſelbſtverſtändlich auf das Ver⸗ hültnis Oeſterreich⸗Ungarns zu Ser⸗ bien hinzuweiſen. Oeſterreich⸗Ungarn hat, wie allgemein anerkannt wird, während der Ent⸗ wicklung der Streitfragen große Geduld bewieſen. Wie lange wird jedoch die Monarchie noch der warten können, zumal wenn der Bericht Konſuln Prohaska und Edl zur Gänze vorliegen wird? Eine andere Schwierigkeit ergibt ſich aus der Autonomie Albaniens; es entſteht die Frage, wie 15 ß der zu ſchaffende albaneſiſche Staat ſein ſoll. Soll er die Ausdehnung haben, wie ſie in den ſeinerzeitigen Verhandlungen zwiſchen der Türkei und den albaneſiſchen Stäm⸗ men geplant war? Auf jeden Fall wird eine Abgrenzung Albaniens nicht leicht ſein. Was das Verhältnis zwiſchen der öſter⸗ b0gch eee Monarchie und Rußland betrifft, ſo nimmt man bisher in Petersburg, wohl aus Gründen des Preſtige, den Standpunkt ein, daß Rußland kaum zu⸗ gemutet werden könne, Serbien in aller Form zum Verzicht auf ſeine Anſprüche zu verau⸗ ſen. Die Mächte der Tripleentente empfehlen den Ausweg, eine Konferenz abzuhalten, wäh⸗ rend Oeſterreich⸗Ungarn eine Konferenz nur gel⸗ ten laſſen will, wenn vorher in den wichtigen Punkten eine Einigung erzielt iſt. Petersburg, 4. Dez. Wegen des ſpäten Eintreffens der Kanzlerrede haben die geſtrigen Zeitungen ſie nicht beſprochen. Heute beſchäftigen ſich alle Blätter unter Be⸗ nutzung der Pariſer Preßſtimmen damit. Im allgemeinen haben laut„Köln. 8iber die geſtri⸗ Bemiuhungen der Regierung, der Rede das na Moment zu nehmen, nichts ge⸗ nutzt. Die ſie die Senſation des Tages, die als ein neuer, ſehr ernſter Faktor der Politik anzuſehen ſei. Immerhin könne man herausleſen, daß Deutſchland nicht jede Laune Oeſterreich⸗Ungarns unterſtützen werde. Wahr⸗ ſcheinlich ſeien die jüngſt abgeleugneten Gerüchte, die deutſche Diplomatie habe der ruſſiſchen mit der Unterſtützung Oeſterreich⸗Ungarns gedroht, doch wahr. Det Kanzler habr ſie noch unter⸗ ſtreichen wollen. Nur eine offene Erklärung Saſonows in der Reichsduma könne die nun auch nervös gewordenen friedliebenden Elemente in Petersburg beruhigen. Die Nowoje Wremja nennt die Rede einen impulſiven Ausbruch, dem wahrſcheinlich keine Taten folgen. Der Kanzler habe irrtümlich die politiſche Konſtellation und die realen Mächte wie bei der bosniſchen Kriſe betrachtet. Rußland ſei ſetzt völlig bereit, und innerlich und moraliſch ſtark genug zum Kampfe. Freilich habe ſich Herr v. Beth⸗ mann⸗Hollweg ein Hintertürchen offen gelaſſen, um ſich der Bündnispflicht gegen Oeſterreich⸗ Ungarn zu entziehen, da er doch wohl die mili⸗ tri 4 und politiſche Schwäche des Dreibundes fühle. Immerhin müſſe man in Rußland mit dem Krieg gegen Deutſch⸗ land rechnen. Es ſei daher die höchſte Jeit, die ruſſiſchen Staatsgelder aus den deutſchen Banken zurückzuziehen. Die Roſſija und andere offiziöſe Blätter äußern ſich ebenſowenig wie die anſchei ⸗ nend überraſchte Diplomatie. * Budapeſt, 4. Dez. Gegenüber den im Auslande verbreiteten Gerüchten wird von zu⸗ ſtändiger Seite zur Aufklärung erklärt, daß im neuen Geſetzentwurf über die im Kriegsfall zu treffenden außerordentlichen Maßnahmen der Regierung allerdings die Ermächtigung erteilt wird, im Kriegsfall ein Moratorium zu erlaſſen. Die Beſtimmung iſt ſedoch bloß die geſetzliche Regelung einer Ermächtigung, welche jeder Regierung nach den allgemeinen Grund⸗ ſätzen des Staatsnotrechtes ohnehin zuſteht, von welchen das Miniſterium nur in dem aller⸗ äußerſten, derzeit vollkommen fernliegenden Fall Gebrauch zu machen geſonnen iſt. London, 5. Dez.(Von unſ. Lond. Bur.) Die„Daily Chroniele“ ſagt, daß in hieſigen diplomatiſchen Kreiſen geſtern Abend die in⸗ ternationale Lage mit großem Be⸗ denken betrachtet wurde und daß das Gerücht umging, Deſterreich⸗Ungarn hätte be⸗ refts 4 Million Truppen in Vosnien und ber Herzegowina zuſammengezogen. Sollte dies auf Wahrheit beruhen, ſo müßte dies als ein ſchlimmer Schritt angeſehen werden. Man ſpricht hier davon, daß überhaupt die habsburgiſche Monarchie entſchloſſen ſei, die ſüdflawiſche Frage, die ihr wie ein glühender Pfahl im Leibe ſteckt, nunmehr zur Löſung zu bringen und zwar, da es kein anderes Mittel gibt, mit Waffengewalt. Dagegen tröſtet ſich das genannte Blatt mit dem deutſch⸗engliſchen Einverneh⸗ men, das während der letzten Zeit der einzige Lichtpunkt an dem vollkommen verdüſterten poli⸗ tiſchen Horizont geweſen ſei. Die beiden Staa⸗ ten haben, ſo führt die„Daily Chronicle“ aus, alles getan, was in ihron Kräften ſtand, um die beſtehenden Schwierigkeiten aus der Welt zu ſchaffen, ohne babei irgend eine Groaßmacht we⸗ ſentlich zu ſchäbigen. Es ſei von der größten Wichtigkeit für den Weltfrieden, daß Deutſch⸗ land und Englanud dieſes Werk fortſetzen. Die Potſchafterkonferenz. Wien, 4. Dez. Hier liegt jetzt der formelle Vorſchrag der eng⸗ liſchen Regierung vor für eine Zu⸗ ſammenkunft der in einer Hauptſtadt be⸗ glaubigten Botſchafter zur Beſprechung der aus dem Balkankrieg entſtandenen Fragen. Die öſterreichiſch⸗ungariſche Regierung wird zu dem Vorſchlag, der hier ſympathiſch aufgenommen und wohlwollend beurteilt wird, im Vercin mit ihren Verbündeten Stellung nehmen. Wie ver⸗ lautet, handelt es ſich nicht um eine Konſerenz, die bindende Beſchlüſſe faſſen ſoll, ſondern um eine Zuſammenkunft der Botſchafter, durch deren Beſprechungen die ſpätern Verhand⸗ lungen der Großmächte vorbereitet und beſchleunigt werden ſollen. *Wien. 4. Dez. Der engliſche Vorſchlag über die Botſchafterkonferenz it hier nunmehr amtlich übermittelt worden und dürfte, da er den hier herrſchenden Wünſchen gemäß nur ein Beratungsorgan zur Abkürzung der Beſprechun⸗ gen der Mächte ſchage will, be⸗ antwortet werden. ie die Reichspoſt meldet, ſoll London zum Ort der Konferenz aus⸗ erſehen ſein. „ Budapeſt, 4. Dez. Der„Peſter Lloyd“ meldet bezüglich des eugliſchen Vorſchlages einer Botſchafterkonferenz: Da die Begrenzung der Befugniſſe einer Botſchafterreumion von vorn⸗ herein ausſchließt, daß die Teilnahme an ihr in irgendeiner Weiſe die öſterreich⸗ungariſchen In⸗ tereſſen gefährden oder ihre Geltendmachung präſudizieren könne, fand der engliſche Vor⸗ ſchlag ſeitens unſeres Auswärtigen Amtes eine ſmpathiſche Aufnahme. Die defini⸗ tive Antwort ergeht nach London erſt, wenn der Miniſter der Auswärtigen Angelegenheiten Graf Berchtold, mit den beiden anderen Regie⸗ rungen des Dreibundes ſich ins Einvernehmen geſetzt hat. JJLondon, 5. Dez.(Von unſ. Lond. Bur.) Die„Daily Chroniele“ erfährt, daß der Ort, wo die Botſchafterkonferenz ſtattfinden ſoll, bisher noch nicht beſtimmt worden iſt, aber man glaubt, daß man Rom oder Berlin hierzu in Aus⸗ ſicht nimmt. Deutſchland und Pulgarien. * Sofia, 4. Dez. Das Regierungsorgan „Mir“ beſpricht die Rede des deutſchen Reichs⸗ kanzlers und hebt den Wunſch Deutſchlands her⸗ vor, gute Beziehungen, insbeſondere auch auf wirtſchaftlichem Gebiet, mit den Bal⸗ kanſtaaten zu unterhalten, die auf demſel⸗ ben Wege ſchreitend wie die leinen deutſchen Staaten vor ihrer Einigung, nicht umhin könn⸗ ten, ſich am Deutſchen Reiche ein Beiſpiel zu nehmen. Wenn Deutſchland ben anderen Groß⸗ mächten Hilfe leiſte in dem Bemühen, ein für alle Mal nach dem gegenwärtigen Kriege die Frage der Nationalitäten und deren Anſprüche auf dem Balkan zu regeln, indem es jedem der Balkanvölker eine friedliche und regelmäßige Wirtſchaftsentwicklung ſichern helfe, daun könne es erwarten, in den Balkauſtaaten neue und Bundesgenoſſen zu nden. Waffenſtillſtand u. Friedens⸗ verhandlungen. * Konſtantinopel, 3. Dez. Bei den Waffenſtillſtands⸗Verhandlungen zeigten Bulgarien und Serbien das leb⸗ hafteſte Intereſſe, zum Abſchluß zu kommen. Montenegry verlangte dagegen die vor⸗ herige Uebergabe von Skutari und gab erſt auf ruſſiſches Drängen nach, ſoll aber nur in einen achttägigen Waffenſtillſtand willigen wollen. Griechenland ſträubte ſich gegen eine Aufhebung der Blockade und mollte unter keinen Umſtänden dulden, daß Adrianopel den Türken gelaſſen werde, denn ihr Verbleihen dort mache eine bauernde Gefährdung des Friedens auf der Balkanhalbinſel aus. Griechentand ſoll ferner Beſchwerde darüber geführt haben, daß ſeine Truppen nicht zur Belagerung von Adrianopel herangezogen worden ſeien, obgleich die dortigen ſerbiſch⸗bulgariſchen Streitkräfte offenſichtlich nicht in der Lage ſeien, die Jeſtung zu nehmen. Auch zwiſchen Serben und Bulgaren beſteht, wie man hier erzählt, keine Uebereinſtimmung. Wie die Griechen werfen auch die Serben den Bul⸗ garen vor, ſie hätten ihre Truppen zu ſehr zer⸗ ſtreut, um überall dabei zu ſein und dadurch den entſcheidenden Erfolg gegen Konſtantinopel in Frage geſtellt und die Ergehniſſe des Friedens beeinträchtigt. Die türkiſche Preſſe jubelt recht frühzeitig über das Ende der Flitterwochen des Balkanbundes. Unterdes kommen hier dauernd Verſtärkungen an. In Haidar Paſcha ſind mit der anatoliſchen Bahn 9000 Redifs aus der Provinz Moſſul mit 600 Maultieren einge⸗ troffen, die ſofort nach San Stefano gebracht wurden. Der Großweſir und der Miniſter des Aeußern erklärten geſtern beim diplomatiſchen Empfang, daß die Pforte ſich auf alles vorbe⸗ reiten müßte und bei einem Abbruch der Ver⸗ handlungen bis zum Aeußerſten gehen würde. Alle Botſchafter arbeiten aber auf die Verhinde⸗ rung eines neuen Beginns der Feindſeligkeiten hin. Die Gerüchte von einer Ablöſung des Mi⸗ niſters des Aeußern Nuradungian durch Osman Niſami Paſcha, den türkiſchen Botſchafter in Berlin, der ſetzt zu den Waffenſtillſtandsver⸗ handlungen hier weilt, ſind falſch Sie waren in der ruſſiſchen Preſſe aufgetaucht. Nuradungian wies geſtern im Geſpräch mit dem ruſſiſchen Bot⸗ ſchafter darauf hin, daß eine Verbreitung ſol⸗ cher Meldungen in den ſchweren Zeiten, we Balkankrieges. die Türkei jetzt durchmache, den Intereſſen des Landes Gefſahr bringe und gehäſſig gegen ſeine Regierung ſei. W. Konſtantinopel, 4. Dez. In dem heute unterzeichneten Waffenſtillſtands⸗Pro⸗ tokoll heißt es: Um die Feſtſtellung der riedenspräliminarien zu ermög⸗ ichen, ſchloſſen die Regierungen der Türkei, Bulgariens, Serbiens und Montenegros einen Waffenſtillſtand auf un beſtimmte Dauer ab. Weun die beiden Parteien ſich über die Friedensbedingungen nicht einigen und eine Fortſetzung des Krieges notwendig werden ſollte, ſo müſſen die Kriegführenden ſich gegenſeitig 48 Stunden vorher von der Wiederauf⸗ nahme der Feindſeligkeiten in Kennknis ſetzen. Die neutralen Zonen werden von den Gene⸗ ralſtähen der beiden Parteien feſtgeſetzt. Zur Feſtfetzung der Zonen werden die Montenegri⸗ ner Sondergeſandte nach Skutari, die Bulgaren nach Adrianopel und die Serben zur Weſtarmee entſenden. Dieſe Delegjerten werden ſich mit den türkiſchen Delegierten auseinanderſetzen. Cetinie, 4. Dez.(Wiener Korr.⸗Bur) Der ruſſiſche Geſandte v. Giers erſchien fürz⸗ lieh beim König mit der amtlichen Mitteilung, deß die Großmächte ſich dahin geeinigt hätten, den Friedensvertrag der Türkei mit den Balkan⸗ ſtaaten nach ſeinem Abſchluß einer Reviſion zu unterziehen. Dasſelbe teilte der Geſandte der monteneariniſchen Regierung mit. ** DLondon, 5. Dez.(Von unſ. Lond. Bur.) Der Korreſpondent der„Dally Mail“ in Kon⸗ ſtantinopel erfährt aus einer Quelle, die er als die höchſte bezeichnet, daß zuerſt Bulgarſen vor⸗ geſchlagen habe, daß die Friedensver⸗ handlungen entweder in Paris oder Lon⸗ don ſtattzufinden hätten. Die türk. Regierung habe daͤnn London ausgewählt in der Ueber⸗ zeugung, daß die Verhandlungen in der eng⸗ liſchen Hauptſtadt am beſten zu einem gedeih⸗ lichen Ende geführt werden würden. Derſelbe Korreſpondent meldet weiter, daß es nicht hekannt ſei, ob Bulgarien auf den Frie⸗ densverhandlungen Serbien und Montenegro ebenſo vertreten werde, wie bei den Waffenſtill⸗ ſtandsverhandlungen. Die türkiſchen Delegier⸗ ten würden erſt dann ernannt werden, wenn die bulgariſchen Unterhändler nomtiniert ſein wer⸗ den. Mit Bezug auf Griechenland erfährt derſelbe Korreſpondent, daß nur aus dem Grunde der Waffenſtillſtand von der griechiſchen Regierung nicht mit unterzeichnet worden ſei, weil ſie darauf beſtand, daß die Türken zuerſt Janina räumen und den griechiſchen Truppen auslieſere. Dieſe Forderung wieſen indeſſen die türkiſchen Delegierten rundweg ab, worauf daun die griechiſche Regierung befahl, den Eiſenbahn⸗ wagen zu verlaſſen. Der griechiſche Delegierte ſprach die Forderung der Räumung Janinas klipp und klar aus. Alle anderen Meldungen ſind unzutreffend. Die bulgariſchen Delegierten unterzeichneten den Waffenſtillſtandsvertrag 5 Minuten nach 9 Uhr. Griechenland bleibt alſo mit der Tür⸗ kei bis auf weiteres auf Kriegsfuß ſtehen. Der Rampf um Skutari. Cetinje, 4. Dez.(Wiener Korr.⸗Bur.) Ueber den am Montag ausgefochtenen Kampf bei Skutari wird nachträglich noch gemeldet: Das Gefecht war ſehr erbittert. Nur dank dem Eingreifen der Zeta⸗Brigade gelang es dert Montenegrinern, ihren Rückzug zu decken. König Nikolaus befanb ſich in der Gefechtslinie; er fuhr abends über Rieka nach Cetinſe zurück. Die Berluſte der Montenegriner ſollen viel grü⸗ 2. Seit General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Mittagblatt). Mannheim, 5. Dezember. zer ſein, als die Montenegriner angeben. Die Zenſur wird jetzt ſchärfer gehandhabt. Der König verteilte an die Truppen Geld und Me⸗ dafllen, um die Kampfluſt zu heben. Kampfanſage. Das Zentrum gegen den RNeichskanzler. Das Zentrum hat nun gewiß und wahrhaftig Herrn von e e weg, dem Reichskanz⸗ ler der Reichsfinanzreform und des ſchwarz⸗ blauen Blockes die Freundſchaft aufgekündigt. Es ſchwirrten ja in der letzten Zeit ſchon die unterſchiedlichſten Gerüchte durch die Welt, daß die Beziehungen zwiſchen dem Reichskanzler und dem Zentrum nur noch korrekt, aber nicht mehr freundſchaftlich ſeien. Die Gewerkſchafts⸗ enzyklika, die Kölner Erzbiſchofswahl, ſollten Herrn von Bethmann arg verſtimmt haben, noch ein derartiger Eingriff der Kurie in das ſtaat⸗ liche Leben und den konfeſſionellen Frieden Deutſchlands und der preußiſche Geſandte beim Heiligen Stuhl werde abberufen werden. Auf der anderen Seite hatte das Zentrum in der Frage des Jeſuitengeſetzes nicht ſeinen Willen durchgeſetzt, nicht wieder einmal den Eindruck hervorrufen können, daß doch ſchließlich immer wieder auf deutſcher Erde Rom näächtiger ſei als der Staat, Preußen, das den Staatsgedanken des Reiches vertrat, hatte geſiegt über das Hert⸗ lingſche Bayern, das in den Händen des ehe⸗ maligen Zentrumsführers der Sturmbock des kurialen Machtwillens in einer reſtloſen Gänz⸗ lichkeit geworden war. Und ſo kam der Bruch. Aus den Lobrednern des Reichskanzlers, der doch ſicher dem Zentrum nie wehe getan, der aber im Falle des Jeſuitengeſetzes einfach ſeinem ſtaatlichen Pflichtgefühl gefolgt war als ein Staatsmann über den Parteien, alſo auch über dem Zentrum, ſind die Herren vom Zentrum böſe Tadler geworden. Wir brauchen an dieſer Stelle nicht die ganze Frage des Jeſuitengeſetzes nochmals aufzurollen, nicht nochmals zu betonen, daß ihre ſchrankenloſe Zulaſſung nach Auffaſſung kalholiſcher wie auch proteſtantiſcher Kreiſe die bösartigſte Gefährdung des konfeſſionellen Frie⸗ dens darſtellt, einer der großen katholiſchen Kirchenfürſten, Kardinal Manning hat ja er⸗ klärt, daß die Aufhebung des Jeſuitenordens durch Papſt Klemens XIV. ein Werk der Hand Gottes geweſen ſei. Es erhellt, daß es ſich nicht um„Gerechtig⸗ keit“ in 1 Kampfe handelte, ſondern um eine klerikale Kraftprobe gegen den Staat. Und Herr von Bethmann⸗Hollweg hat den Staat mit Eifer und Tapferkeit vertei⸗ digt. Die Kraftprobe mißglückte. Es erhebt ſich die Frage, ob und welche innerpoliti⸗ ſchen Folgen der immerhin etwas ſenſa⸗ tionelle Bruch des Zentrums mit dem Reichs⸗ kanzler haben wird. Wir glauben nun, daß die Tragweite des Vorganges nicht überſchätzt werden ſollte. Ein⸗ ſach deshalb nicht, weil das Zentrum mit dem Jeſuitengeſetz im Reichstage keine Mehrheit gegen den Reichskanzler ntenbringen kann. Die Sozialdemokra⸗ tie hat geſtern erklären laſſen, daß die Ent⸗ ſcheidung des Bundesrates erfreulich ſei, weil es nicht angehe, daß durch eine partikulare Ver⸗ ordnung ein Reichsgeſetz gebeugt werde. Es iſt alſo zu mindeſt unwahrſcheinlich, daß unter die⸗ ſer Fahne die Sozialdemokratie mit dem Zen⸗ trum in Oppoſition gehen wird. Der konſer⸗ vative Redner aber iſt ganz laut und deutlich vom Zentrum abgerückt Herr Spahn wird alſo wohl ſchwerlich einen ſchwarzroten, oder einen ſchwarz⸗blauen Sturmbock mit einem Jeſuiten⸗ hütlein oben drauf gegen den Kanzler führen können. Wir haben das Gefühl, daß die Hugen D lematen des Zentrums das ſelbſt auch ſehr ürtert Dr. Fel genau wiſſen, wiſſen, daß wenn ſie dem Reichs⸗ kanzler ein Bein ſtellen wollen, ſie nicht gerade mit dem Jeſuitengeſetz kommen dürfen. Das geſtrige Mißtrauensvotum hat wohl mehr die Bedeutung eines durch ſcharfe Knallerei und viel Patronenverſchwendung marskierten Rückzugs. gefechtes. Man hat im Kampfe mit dem Staate nicht gerade einen Sieg erfochten, aber das forſche Auftrumpfen gegen den Reichskanzler verwandelt die Niederlage in ein höchſt ſieg⸗ reiches Gefecht— wenigſtens in den Augen der Zentrumsgläubigen. Auch ſoll das wilde Kampf⸗ geſchrei, das das Zentrum um das Jeſuiten⸗ geſetz erhebt, wohl mit ſeinem wohltuenden und betäubenden Lärm wieder für einige Zeit über dfriſe im keszikalen Lsge hinweghelfen, die doch durch die Gewertſchafts⸗ enzyklika eine zweifelloſe Verſchärfung erfahren hat. Wir glauben alſo nicht, daß allzu ernſt⸗ liche Abſichten hinter dem Mißtrauensvotum des Zentrums ſtehen; es weiß, daß es taktiſch ein Fehlers ſein würde, gerade an dieſem Punkte den Hebel anzuſetzen, der den Reichs⸗ kanzler ins Nichts ſchleudert. Und es weiß auch, daß der Kampf gegen den Reichskanzler um der Jeſuiten willen ein politiſcher Fehler ſein würde. Der Reichskanzler hat ihm vorgehalten, daß es das Jeſuitengeſetz zum Eck⸗ ſtein ſeiner ganzen Politikmachen wolle. Wenn das Zentrum das tut, einen Kulturkampf provoziert, dann reißt es ſich ſelbſt die letzten Schleier vom Antlitz und die konfeſſionelle Partei wird ſo unverhüllt wie noch nie daſtehen und gegen ſich die Reihen immer feſter ſchließen; es würde unter dieſem Feldgeſchrei geradezu der Organiſa⸗ tor der eigenen Niederlage ſein. Da auf der anderen Seite Herr von Bethmann⸗ Hollweg ganz gewiß keine Gelüſte nach einem ſchroffen Bruch mit dem Zentrum hat— ſchon lobt die„Köln. Volksztg.“ ſeine„ruhige Sach⸗ lichkeit und Mäßigung“— ſondern ſich in der Verteidigung des Staates auf das Erforberlichſte beſchränken wird, ohne die Abſicht einer Neu⸗ orientierung ſeiner Politik zu verfolgen, ſo glauben wir, daß der Bruch eine Epiſode bleiben wird. Er wird nicht un⸗ heilbar ſein, ſo ſehr man das wünſchen möchte, da die Gegner von geſtern nicht die Abſicht haben geſchworene Feinde zu werden. Man wird es nicht für möglich halten dürfen, daß der Reichskanzler nun das Bebürfnis fühlen werde, ſich auf eine Mehrheit der Linken zu ſtiitzen, ſelbſt wenn die Sozialdemokratie etwas mehr Politik der praktiſchen Vernunft triebe, als leider noch immer der Fall. Man wird auf der andern Seite nicht wähnen, daß das Zentrum unter ſo wenig günſtigen Ausſichten, wie ſie Parole„Jeſuitengeſetz“ bietet, den Kampf bis zum bitteren Ende durchfechten wird. Einige Blätter meinen ſchon, die Regierung werde nun in ein vernünftig liberales Fahr⸗ waſſer hineinlenken müſſen und fordern die Sozialdemokratie auf mitzutun bei der Bildung einer Regierungsmehrheit der geſamten Linken: die Botſchaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.— Freilich, vergeſſen wird das Zentrum dem Reichskanzler nicht, daß er den modernen Staatsgedanken gegen die Jeſuiten und das Zentrum verteidigt hat, und die Abrechnung wird kommen, aber heute wird das Zentrum ſie noch nicht wagen. G. Politische(lebersieht. Mannheim, 5. Dezember 1912. Arbeiterpenſtonüre. Wie der Arbeiter es anſtellen kann, ſtatt Empfanges einer verhältnismäßig dürftigen Invalidenrente ſich eine Rente zu ſichern, die ihn zu einem wirklichen Penſionär macht, er⸗ ix Clauß in der„Sozialen Pra⸗ xis“: Den Weg, ein Arbeiterpenſionär werden zu können, ebnet die Reichsverſicherungsord⸗ nung durch die Zuſatzmarken in der Invaliden⸗ verſicherung. Jeder, der gezwungen oder berechtigt iſt, Invalidenmarken zu kleben, hat auch das Recht, beliebig oft und in beliebiger Zahl frei⸗ willig Zuſatzmarken zu kleben. Wird er dann eines Tages Invalide, dann wird ſeine Rente entſprechend der Zahl der Zuſatzmarken und der Zeit, die ſeit dem Einkleben verſichert iſt, um ein beträchtliches höher. Jede Zuſatzmarke koſtet eine Mark. Für jedes Jahr, das ſeit dem Einkleben verfloſſen, bekommt man 2 Pfennig Zuſatzrente, das entſpricht aber nach 10 Jahren einem Zinsgenuß von 20 v.., nach 20 Jahren einem ſolchen von 40 v.., nach 30 Jahren einem Zinsgenuß von 60 v. Hundert. Wer demnach einmal 100 Marken eingeklebt hat, erhält, wenn er nach 10 Jahren invalide wird, jährlich außer der eigentlichen Invalidenrente eine Zuſatzrente von 20., nach 20 Jahren von 40., nach 30 Jahren von 60 M...f. Daß jemand mit einemmal ſolch große Beträge einklebt, wird wohl nicht zu häufig vorkommen, wer aber in möglichſt jungen Jahren mit der Zuſatzverſicherung be⸗ ginnt und regelmäßig weiterklebt, kann ſich ebenfalls eine recht beträchtlichePenſion ſichern. Mit vollendetem 16. Lebensjahr beginnt die Verſicherungspflicht. Klebt man nun ſofort wöchentlich eine Marke, Jahr für Jahr, und wird dann mit 63 Jahren invalide, dann hat man Anſpruch auf jährlich ca. 1200 M. Zu⸗ ſatzrente. Wer 34 Jahre hindurch jährlich nur 20 M. für die Zuſatzrente verwendete, ſichert ſich immerhin eine ſolche von 240 M. fährlich. Dieſe wenigen Beiſpiele dürften genügten, um den außerordentlichen Wert der Zuſatzverſiche⸗ rung klarzulegen. Ganz abgeſehen von dent Nutzen, den ſie regelmäßigen Sparern bringt, können z. B. Dienſtmäbchen Trinkgelder und Weihnachtsgeſchenke auf keine beſſere Art zu ihrem Nutzen verwenden. Clauß regt demgemäß auch die Arbeitgeber an, Gratifikationen aller Art ſtatt in barem Gelde in Zuſatzmarken zu gewähren, um damit den Empfängern einen dauernden Vorteil zuzuwenden und ſie gleich⸗ zeitig zu perſönlichem Sparen anzuregen. Deutsches Reich. — Die Anerkennung des Papſtes. Die„Acta Apoſtolicae Sedis“ veröffentlichen einen Brief des Papſtes an den Kardinal Fürſtbiſchof Dr. Kopp, in welchem er den deutſchen Bi⸗ ſchöfen ſeine GLenugtuung ausdrückt über die ſchöſen ſeine Genugtuung ausdrückt über die chriſtlichen Gewerkſchaften aufgenom⸗ nien hätten. Gleichzeitig ſpricht der Papſft den Wunſch aus, daß am Konſtantinfeſte alle Katho⸗ liken ermuntert werden, die Freiheit der Kirche eifrig anzuſtreben. Bagheriſche und Pfülfiſche Politik. »München, 4. Dez. Die an verſchiedenen Stellen aufgetauchte Meldung, der frühere Miniſter des Junern v. Brektreich ſei als Regierungspräſident für Würzburg in Aus⸗ ſicht genommen, beſtätigt ſich. Aus Stadt und Land. *Maunnheim, 5. Dezember 1912. Nachwehen zum Friedrichs⸗ felder Streik. Nachmittagsverhandlung. Um 3½ Uhr werden die Verhandlungen wie⸗ der aufgenommen und in der Zeugeneinvernahme fortgefahren. Als erſter wird Zeuge Bohrmeiſter Wilhelm Brunner vernommen, der ausführt, daß er vom Pflug zum Badiſchen Hof gegangen ſei. Unterwegs habe es geſchoſſen. Er habe einen Vorübergehen⸗ den gefragt, was das ſei, worauf ihm erwiedert A denn Dauber, hätte ſie vorher weggeſchickt. geſagt: Was tun denn die vielen Weiber da, die ſollen heimgehen. Zeuge iſt dann nach der Fabrik gegangen, wo ſchon viele Leute waren. Der Vorſitzende bemerkt zum Zeugen, daß er ein ſehr ſchwaches Gedächtnis habe. Er ſolle ſich ja in Acht nehmen. Zeuge Matroſe Treber von der 2. Matroſendiviſion in Wilhelmshaven war im Gaſthaus zum Stern, als man plötzlich die Schüſſe hörte. Die Wirtin ſei plötzlich herein⸗ gekommen und habe geſagt: Hören Sie, ſie ſchießen. Am Badiſchen Hof ſei eine große Men⸗ ſchenmenge geſtanden. Zeuge will nichts von der Meſſerſtecherei geſehen haben. Auf dem Fabrik⸗ wege habe er Heibel, Weber und Schlipf er⸗ kannt. Die drei wurden von den Menſchen um⸗ ringt und ausgefragt. Es ſei geſchimpft wor⸗ den, daß die Sanitätswache den Verletzten holte. Vorſitzender: Die rohe Bande ſchimpfte noch, weil der arme Menſch nach dem Kranken⸗ haus verbracht wurde. Daube habe zu ihm geſagt: Dem haben wir hingehauen! Der Angekl. Dauber beſtreitet, dies geſagt zu haben. Zeuge Auguſt Ries, Landwirt, Eigentümer des„Badiſchen Hofes“, war an dem Abend in der Wirtſchaft. Heibel war ganz anſtändig. Er könne nicht ſagen, daß Heibel geſchimpft habe. Er habe nicht alles gehört und wiſſe auch nicht, ob Heibel ſpäter noch in der Wirtſchaft war oder nicht. Zeuge kann nicht ſagen, ob auf die Hamburger ge⸗ ſchmiſſen wurde; ſpäter könne geſchmiſſen wor⸗ den ſein. Die Hamburger ſeien von den Strei⸗ kenden verfolgt worden. Der Vorſitzende erſucht den Zeugen wiederholt, ſich in acht zu nehmen und wahrheitsgetreu zu berichten. Der Vorſitzende hält dem Zeugen ſeine früheren Aus⸗ ſagen vor. Zeuge hat dann den verletzten Kußnick im Krankenwagen geholt. Vor⸗ ſitzender: Sind Sie dabei beläſtigt worden? Zeuge: Nein! Vorſitzender: Sie ſind doch geworfen worden? Zeuge: Ja! Es wurde auf mich geworfen. Zeuge Math. Seßler bekundet, daß Dauber mit ihm nach dem Stell⸗ werk gegangen ſei. Dauber ſei dann gegen die Fabrik, während er wieder zurück ſei. Zeuge hat ſich geſagt, er wolle von der Sache nichts wiſſen. Deshalb ſei er nach Hauſe. Zeuge Leonh. Wißegger, Zimmermann, erzählt, daß er mit Heibel zu⸗ ſammen gearbeitet habe und daß ſich Heibel ver⸗ letzt habe. Der Zeuge iſt mit Heibel in den Wald, wo ſich Heibel an der Hand geriſſen habe. Er glaubt nicht, daß davon die Hoſe blutig wurde. Zeugin Frau Eliſabeth Mehl, die Schwägerin des Angeklagten Mehl, erzählt ausführlich, daß Mehl von einem Stallhaſen verletzt wurde. Vorſitzender: Iſt dies auch wahr? Zeugin: Ja. Mehl hat ſich mit einem Meſſer die Haut von der Hand ge⸗ ſchnitten. Angekl. Mehl: Es waren—4 Riſſe im Arm. Es iſt Blut gefloſſen. Zeugin Frau Vazek erzählt, daß ſie bereits mit ihrem Mann im Bett war, als geſchoſſen wurde. Sie hat Stim⸗ men gehört, aber keine erkannt. Plötzlich habe es geklatſcht. Am anderen Tag ſei das Dienſt⸗ mädchen von Kermas gekommen, die geſagt habe: Das war heute nacht etwas mit der Schlägerei.—4 ſeien die Böſchung herunter⸗ geſprungen. Vorſitzender: Das wurde von Zeuge Kermas ſchon geſagt, Schlipf iſt am anderen Tag zu der Zeugin gekommen, die ihn dann fragte, wer geſchlagen habe. Schlipf habe geſagt: Es wird nichts verraten! Sie habe darauf erwidert: Dann bleibts ſchließlich an den Streikpoſten hängen. Weber habe zu ihr geſagt, als von den Polizeihunden die Rede war, dann werde die Polizei gleich zu ihm kommen, denn er habe aus der Naſe ge⸗ blutet. Er habe auch geſagt, ſeine Hoſen wären blutig. Zeugin Lina Berlinghof ſagte aus, daß Dauber zu ihr geäußert habe, er hätte feſt draufgehauen. Der Angeklagte Dau⸗ ber beſtreitet dies. 85 Zeugin Anna Kneier nimmt ihre früheren Ausſagen weeder zurück, weil ſie damals aufgeregt war. Sie habe nicht gehört, was Dauber mit der Berlinghof ſprach, Feunilleton. du Paul Heyſes Rrankheit. Nach einem Ausfluge, den er am 19. Auguſt 1852 Baden⸗Baden unternommen hatte, ſchrieb uarb Devrient, der im Begriff ſtand, die Direktion des Karlsruher Hoftheaters zu übernehmen, an die treue Gefährtin ſeines Lebens nach Berlin:„.. Wie ich da ſaß, kam ein ſchlanker, ſchöner, jugendlich anmutiger Menſch und begrüßte mich ſehr erfreut, es war der Dr. Paul Heyſe, der mit ſeinen Eltern und Verwandten ſchon lange hier iſt und nach der Schweiz und Italien geht. Wir waren bald tief in guten Geſprächen, und wie tuct einem die norddeutſche Bildung hier gut! eilich iſt das ein ausgezeichneter und liebenswürdiger Menſch. Er iſt Bräutigam von Margarete Kugler(Tochter des Kunſthiſtorikers), Herings⸗ dorfer Angedenkenz. Wie das heranwächſt!“. Mehr als ſechzig Jahre ſind ſeitdem vorüber⸗ gerauſcht, ſechzig Jahre, die aus dem ſchlanken, ſchönen und jugendlich anmutigen Dr. Paul Heyſe, wenn nicht den gefeiertſten, ſo doch den namentlich von den Frauen geleſenſten Dichter Deutſchlands machten, ihm Ruhm und Ehre in Hülle und Fülle brachten und auch irdiſche Güter, die es ihm erlaubten, ſein Leben in voller Behaglichkeit nach eigenem Geſchmack zu geſtalten Im klaſſiſchen Stadtteil Münchens, in der Juiſenſtraße, ganz nahe den Propyläen, beiden Pinakotheken und der Glyptothel hat er ſeln Heim gewählt und das ſchlichte, etwas altfränkiſche Ausſehen ſeines hinter Bäu⸗ men halb verborgenen Hauſes bildet einen auf⸗ fälligen Gegenſatz zu dem ſchrägüberliegenden, etwas verſchnörkelten Palaſte, den ſich Franz von Lenbach erbaute,— Franz von Lenbach, mit dem er bis zu deſſen Tode gute Freund⸗ ſchaft hielt und der ſeine Züge auch im Bilde feſtgehalten hat. Sechzig Jahre— ein ganzes Menſchenleben verging ſeit dem Tage, au dem Eduard Devrient vor dem Kurhauſe in Baden⸗ Baden den Dr. Paul Heyſe traf und nachmit⸗ tags die„guten Geſpräche“ auf einem Spazier⸗ gang zur Schloßruine mit ihm fortſetzte. Aber als Paul Heyſe ſchon ein Greis war, der die bibliſchen Siebzig hinter ſich hatte, ſah man ihm noch den ſchoͤnen, anmutigen Menſchen an, der er in der Jugend geweſen war. Aufrecht und ſtattlich, das mit breitem Calabreſerhute bedeckte lockige Haupt in den Nacken geworfen, ſo ſchritt er einher, und wer ihm begegnete, der erkannte: das iſt Einer, der ſeines Wertes ſich bewußt iſt. Tritt man über die Schwelle ſeines Hauſes, ſo fühlt man ſich um Jahrzehnte zurück⸗ verſetzt. Schinkel hätte dieſes Treppenhaus ge⸗ ſchaffen baben können, das Abgüſſe antiker Meiſterwerke zieren. Und in den wohnlichen Zimmern iſt nichts von moderner„Raumkunſt“ zu entdecken, bilden Mahagonimöbel mit Plüſch⸗ bezug die Einrichtung. Paul Heyſe iſt kein Freund der„Modernen“, die jetzt, einer nach dem andern, ihren 50. Geburtstag feiern und längſt nicht mehr die„Jungen“ ſind. Er hat ſie weidlich zerzauſt und ſie haben es ihm nach Kräften vergolten. Aber er übertrug den Streit um künſtleriſche Anſchauungen nie auf das Ge⸗ biet des Perſönlichen.„Ihre Ziele ſind nicht die meinen“, ſo ſprach er einſt mit feinem, ſro⸗ niſchem Lächeln zu dem Schreiber dieſer Zeilen. Das hindert ihn jedoch nicht, ſie, die er für die Irrenden hält, an den Tagen, da ſein Haus den Eingeführten offenſteht, am Teetiſch ſeiner (zweiten) Gattin freundlich zu empfangen und Wort und Meinung mit ihnen zu tauſchen. Paul Heyſe iſt der letzten einer aus der Reihe der Künſtler und Dichter, die König Maximi⸗ lian II. von Bayern nach ſeiner Hauptſtadt be⸗ rief und welche die Tafelrunde dieſes geiſtvollen Monarchen bildeten. Er iſt ein lebendiges Stück Münchener Vergangenheit und Münchener Ruhmes, und deshalb vereinigen ſich an ſeinem Krankenbette die Wünſche Aller, die München dieſer Vergangenheit und dieſes Ruhmes nicht beraubt ſehen möchten g. Kunſt, Wiſrenſchaft u. Leben. Theater⸗Notiz. Die morgige Meiſterſinger⸗Auffüh⸗ rung mit Jacques Urlus als Walther Stol⸗ zing iſt die erſte in dieſem Spieljahre. Die Vor⸗ ſtellung beginnt um 6 Uhr. Der Gaſt hat nach dem „Triſtan“ Gelegenheit ſein ſchauſpieleriſches und ſtimmliches Können in einer anders gerichteten Auf⸗ gabe zu zeigen. Der Aufführung der Szenen aus Gobineaus „Renaiſſance“ in der Matinee am Sonntag, zu der Direktor Dr. Wichert die Einleitung ſpricht, iſt mit gütiger Erlaubnis des Inſelverlags und des Ueberſetzers die Neuübertragung von Bern⸗ hard Jolles zugrunde gelegt. Inhaltlich werden die ausgewählten Szenen zuſammengehalten durch die Folgeerſcheinungen der deutſchen Reformation.— Nach den Exfolgen in Wien und an mehreren an⸗ deren Bühnen hat die Intendanz des Mannheimer Hofthegters als Weihnachtsmärchen„Prinzefſin Flunkerli“ von der hießaen Schriftſtelferin Erica Grupe⸗Lörcher zur Aufführung erworben. Das Märchen befindet ſich bereits in Vorbereitung und ſoll am Samstag, den 14. Dezember nachmittags zur Erſtaufführung gelangen. Herr Alexander Moiſſi vom Deutſchen Theater in Berlin wird Mittwoch, den 11. Dezember als Romeo in„Romeo und Julia“ und Don⸗ nerstag, den 12. Dezember als Frauz Moor in Die Räuber“ am hieſigen Hoftheater gaſtieren. Beide Vorſtellungen finden außer Abonnement ſtatt. Zur Romeoaufführung bleibt den Abonnenten der Ab⸗ teilung C, zur Räuber⸗Aufführung jenen der Ab⸗ teilung D) das Vorkaufsrecht auf die von ihnen abon⸗ nierten Plätze bis Freitag, den 6. Dezember, vor⸗ mittags 12 Uhr gewahrt. Kartenbeſtellungen nimmt die Hoftheaferkaſſe ſchriftlich mittels Beſtellkarten entgegen. Der allgemeine Kartenverkauf beginnt nächſten Montag, vormittags 10 Uhr. Mannheimer Kunſtverein. Nur in dieſer Woche noch iſt die Kollektion der „Freien Künſtlervereinigung Ba⸗ dens“ ausgeſtellt, Werke, die ſich in der letzten Baden⸗Badener Kunſtausſtellung befanden und von uns ſeinerzeit beſprochen worden ſind. Wir möchten heute auf dieſe Wanderausſtellung, die uns nun ſchon in wenigen Tagen verläßt, noch⸗ mals beſonders verweiſen, gibt ſie doch Gelegen⸗ heit, einen umfaſſenden Blick auf die ſchlichte Innigleit unſerer bodenſtändigen, badiſchen Kunſt zu werfen, eine Kunſt, die ſich ehrlich be⸗ müht um alle Erfahrungen der Neuzeit, aber die doch nie darüber die Fühlung mit den Kräf⸗ ten, die der heimatlichen Scholle entſteigen, ver⸗ liert. Wir brauchen nur auf Männer wie Hans Thoma, Wilh. Trübner, Guſt. Kamp⸗ mann, Schönleber, Volkmann und Hellweg zu nennen, die alle mit Zeugniſſen — — Maunheim, 5. Dezember. General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Mittagblatt). 3. Seite, Zeuge Karl Brünner ſagt aus, daß Weber den Hamburgern nach ſei. Mehl habe die Poſten kontrolliert. Angekl. Mehl beſtreitet dies. Vorſitzender: Sie werden gewußt haben, warum Sie Mehl für einen Kontrolleur hielten. Zeuge Emil Wild hat mit Dauber über die Sache geſprochen. Er weiß aber nicht, ob Dauber bei der Schlägerei war. Zeuge Polizeidiener Krüger hat drei Brüder bei den Streikenden gehabt. Ein Bruder habe ihm geſagt, es kommen Hamburger. Er ſei dann fort und habe ſeinen Kollegen geſucht. Später ſei die Sache vorüber geweſen. Vorſitzender: Sie haben gemerkt, daß es Sauerei gibt und da ſind Sie fort. Sie hätten als Polizeidiener die Pflitch gehabt, da zu bleiben. Warum haben Sie Ihre Pflicht nicht getan? Und Sie ſind noch Polizeidiener? Das wundert mich ſehr. Das iſt ja ganz ſonder⸗ bar. Sie hätten großes Unheil verhüten können, wenn Sie Ihre Pflicht erfüllt hätten. Nachher ſcheinen Sie ſich für die Sache auch nicht mehr intereſſtert zu hahen. Was haben Sie getand Zeuge: Mein Kolleg' iſt ſtehen geblie⸗ ben und ich auch. Müller iſt der Aeltere. Vorſitzender: Wo haben Sie den Dauber getroffen? Zeuge: Er hat Zigarren gekauft im Stern. Zeuge Philipp Walter weiß nicht, ob Dauber oder Weher zu ſpät zu der Schlägerei kamen oder ob ſie ſchon dort waren, bevor Zeuge ſie traf. BZBeuge Wachtmeiſter Merk war während des Streiks teilweiſe draußen in Friedrichsſeld. Gegen die Streikpoſten läg an⸗ fänglich keine Urſache vor, einzuſchreiten. Erſt nach der Schlägerei hätten die Streikpoſten in⸗ ſofern Schwierigkeiten gemacht, als ſie das Ma⸗ terial, die Poſtenliſten, verbrannten. Zeuge hat dann Erhebungen über die Verletzüngen des Angeklagten Mehl gemacht. Es ſei aus⸗ geſchloſſen, daß die Verletzungen von einem Haſen herrühren. Zeuge Georg Zimmermann, früher Pächter des„Baziſchen Hofes“, bezeugt, daß am Abend die Streikenden in ſeiner Wirt⸗ ſchaft waren und ſich über den Streik unter⸗ hielten. Als die Schüſſe fielen, habe er die Wirtſchaft geſchloſſen und niemand mehr ein Bier gegeben. Später habe er die Wirtſchaſt wieder aufgemacht, aber kein Bier ausgeſchänkt. Er erinnert ſich noch, wie Buſch zu Heibel ſagte: Sei ruhig, Du roter Spitzbub! Mehl und Hei⸗ beil ſeſen aus der Wirtſchaft weggegangen. 5 Zeuge Abam Schmitt iſt Streikpoſten geſtanden und war an dem Ahend im Badiſchen Hof, wo er ſervierte. Der Angeklagte Mehl bemerkt, daß er erſt 19 5 dem Schießen den Badiſchen Hof verlaſſen ha Zeuge Ernſt Raßnagel war während des Streiks im Stkreikbureau be⸗ ſchäft. Er bemerkt, er wiſſe gar nichts von dem fraglichen Abend. Eſter habe vor dem Streik ein feſtſtehendes Meſſer gehabt. Vorſitzen⸗ der: Wo iſt das hingekommen? Zeuge: Das weiß ich nicht. Zeuge beſchwört ſodann, daß er nichts weiter von dem Abend wiſſe. Zeugin Fran Maria Eſter wird über das Meſſer von Eſter gefragt, kann aber darüber keine Auskunft geben. Zeugin Frgu Marig Eſter Witwe, die Mutter des Angeklagten Eſters, wird gleich⸗ falls über das Meſſer gefragt. Der Frau wird ein Meſſer vorgehalten, worauf ſie bemerkte: Es kann es geweſen ſein, aber auch nicht. Damit war die Zeugeneinvernahme erledigt u. das Gericht zog ſich zur Beratung zurück, ob die Zeugen, die bisher nicht vereidigt wurden, ver⸗ eidigt werden ſollen. Nach kurzer Beratung verkündet das Gericht die Vereidigung der bei⸗ den Zeugen Seßler und Frau Vazek, Dr. Gräf, Chemiker wird hierguf als Sachverſtändiger vernommen. An dem Meſſer waren Flecken; es ließe ſich jedoch weder Blut noch Menſchenblut feſtſtellen. Bei den ferner überreichten 5 Meſſern ergab ſich, daß bei einem Meſſer ein feiner Streifen gefun⸗ den wurde, der unzweifelhaft als Menſchenblut charakteriſiert wurde. Die mikroſkopiſche Unter⸗ ſuchung ergab auch, daß es Menſchenblut war. Was die Angabe betrifft, die Blutung habe ein Haſe verurſacht, ſo ſei dies ſo gut wie ausge⸗ ſchloſſen, daß eine ſo ſtarke Blutung ſtattgefun⸗ den habe. Bei den überreichten Kleidungs⸗ ſtücken der Angekl. Heibel, Mehl und Schlipf konnte an einem Rock Menſchenblut feſtigeſtellt werden. An dem über und über mit Blut be⸗ ſudelten Rock des Verletzten fanden ſich viele Haare. Die Unterſuchung der Kopfhaare des Verletzten ſowie der Angeklagten ergab, daß Kußnick zweierlei verſchiedene Haare hatte. Bei den Kleidern des Eſters ließe ſich keine Blut⸗ ſpuren nachweiſen, an ſeinem Meſſer wurde ein Haarſtück gefunden und dieſes Haar hat eine große Aehnlichkeit mit demjenigen des Kußnick. Plaiboyer. Stgatsanwalt Hoffavth: Selten iſt noch in einem Prozeß mehr gelogen worden, wie in dem heutigen und zwar nicht bloß von den Angeklagten, ſondern auch von den Zeugen, von denen auch mehrere auf die Anklagebank ſtatt guf die Zeugenbank gehören. So it es leider nicht gelungen, fämtliche Täter zur Verantwor⸗ tung zu ziehen. Selten wohl hat aber auch eine ſo ſchwere Körperverletzung, wie die heute vor⸗ liegende, den Gegenſtand einer Verhandlung ge⸗ bildet. Sie haben geſehen, wie ein Menſch, der auf der Flucht begriffen, der anderen nichts tun wollte, von der Meute gehetzt und gerade im letzten Augenblick ergriffen und wie ein Stück Vieh niedergeſchlagen, daß auf ihn ferner mit Meſſern eingeſtochen und er un⸗ menſchlich behandelt wurde. Sie habe gehört, daß es nur ein Wunder iſt, daß Kußnick heute hier im Saale erſcheinen konnte. Selten hat ſich auch mehr der Terrorismus, der von die⸗ ſen Leuten ausgeübt wurde, in grellerem Lichte gezeigt, wie hier. Während der ganzen Verhandlung konnte weder von ſeiten der Angeklagten noch der Zeu⸗ gen irgendetwas gegen die Arheitswilli⸗ gen vorgebracht werden, daß ſie ſich irgendwie hrovozierend benommen hätten. Es war viel⸗ leicht nicht ganz klug von den Hamburgern, daß ſie an dem Samstag abend aus der Fahrik hin⸗ ausgegangen ſind. Aber ſie waren die ganze Zeit über in der Fabrik, deshalb iſt es leicht ver⸗ ſtändlich, wenn ſie einmal heraus wollten. Dieſe Leute hahen nicht im mindeſtens irgendeinen Anlaß gegeben, daß in der Weiſe, mie es ge⸗ ſchehen iſt, gegen ſie vorgegangen wird. Der Angeklagte Heibel hat die Hauptſchuld, daß die 55 einen ſo ſchlimmen Ausgang genommen at. Die Arbeitswilligen ſind zunächſt beim Ver⸗ laſſen der Fabrik auf Streikpoſten geſtoßen. Sie haben ſich in der anſtändigſten Weiſe mit dieſen unterhalten, wo ſie noch ein Glas Bier trinken können. Die Arbeitswilligen haben in drei Wirtſchaften kein Bier bekommen und zwar in der Hauptſache deswegen, weil die Wirte unter dem Einfluß des Streiks ſtunden. Die Wirte gaben auch deshalb kein Bier, weil ſie gewarnt waren, den Arbeitswilligen Bier zu geben. Heihel war der Schuldige, daß es im „Badiſchen Hof“ zu Differenzen kam. Heibel iſt provozierend aufgetreten. Der Stagatsgnwalt geht ſodann in längeren Ausführungen auf die Anklage ein, um ſich über jeden einzelnen der Angeklagten ſowie über verſchiedene Zeugenausfagen zu verbreiten. Am Sckluſſe ſeiner Ausführungen bemerkte der Vertreter der Anklage: Die Anklage wurde erhohen megen Verbrechens gegen 8 224 Str.⸗ .⸗B. Ich habe das Gutachten der Sachver⸗ ſtändigen ſo aufgefaßt, daß heute noch nicht ge⸗ ſagt werden kann, es liegt ein Siechtum des Ver⸗ letzten vor, ſo daß die Verurteilung nur im Sinne des§ 223 erfolgen könne. Die Ange⸗ klagten müſſen für ihr Verhalten mit der ganzen Strenge des§ 2239a beſtraft werden. Ich bitte zu berückfichtigen, was die Sachverſtändigen über die ruchloſen Verletzungen ausgeſagt hahen. Die Tat der Angeklagten ſtreiſe nicht bloß nahe an§ 223 auch jetzt noch, ſondern die Tat ſtreife ſehr nahe an das Verbrechen des Tot⸗ ſchlagsverſuchs. Wenn man in bdieſer Weiſe auf einen Menſchen, der ſein Heil in der Flucht ſucht und den man ſpäter erreicht, ein⸗ ſticht wie auf ein Stück Vieh and ihm eine Rippe durchſticht und ſämtliche i d wenn dan d ertönt:„Iſt er noch nicht tot“, ſo läßt das den Schluß zu, daß die Leute den Willen hatten, den Kußnick zutöten. Diefenigen Angeklagten, be⸗ züglich deren der Gerichtshof die Ueberzeugung hat, daß ſie ſchuldig ſind, müſſen m. E. mit der ganzen Schwere des Geſetzes getroffen werden. Ich bitte den Gerichtshof dringend, für ſämtliche Angeklagten auf fünf Jahre Gefängnis zu erkennen. Es liegt kein Anlaß vor, den An⸗ geklagten irgendeinen Teil der Unterſuchungs⸗ haft abzurechnen. Rechtsanſnalt Dr. Hirſchler, der Verteidiger der Angeklagten, konſtatierte, daß es abſolut feſtſtehe, daß auf ſeiten der Strei⸗ kenden nichts davon bekannt war, daß die Ar⸗ beitswilligen an dem bewußten Samstag abend die Fabrik verlaſſen wollten. Es ſei dies ſehr weſentlich zur Beurteilung der Strafe. Eine Abſicht der Streikenden, die Arbeitswilligen zu mißhandeln, habe nicht vorgelegen. Er ſtimme mit dem Staatsanwalt darin überein, daß die Tat eine ſchreckliche ſei. Der Verteidiger geht dann auf die Ausfüh⸗ rungen der Angeklagten näher ein und hemerkt: Die Sache mit den Kaninchen hat eine innere Wahrſcheinlichkeit. Die Zeugin hat eine Ge⸗ ſchichte erzählt, von der man doch nicht anneh⸗ men kann, daß dieſe erfunden ſei. Die Meſſer⸗ geſchichte halte er dagegen für ſehr unwahr⸗ ſcheinlich. Keiner der Angeklagten ſei ein Rauf⸗ bold. Nach kurzem Pro und Contre des Staatsan⸗ walts und des Verteidigers erklärte der Ange⸗ klagte Weber, daß er nichts getan habe und der Angeklagte Dauber, daß er unſchuldig ſei; er ſitze nun ſchon vier Monate unſchuldig in Unterſuchungshaft. Um ½9 Uhr zog ſich der Gerichtshof zur Ur⸗ teilsberatung zurück. Während dieſer Zeit unterhielten ſich die Angeklagten untereinander, als ob nichts vorgefallen wäre, wäh⸗ rend im Nebenraum der Gerichtshof über die Verhängung von ſchweren Freiheitsſtrafen über ſie beriet. Uvyteilsſpruch. Das Gericht erſchien erſt um 9½ Uhr wieder im Sgal. Es wurde verurteilt; Satkler wegen Körperverletzung im Sinne des 9 2233 St.⸗G. und Vergehens gegen§ 133 Gew.⸗O. zu einer Gefängnisſtraſe von 3 Jahren 2 Mo⸗ naten, abzüglich 2 Monate der Unterſuchungs⸗ haft, Weber wegen der gleichen Vergehen zu Jahren 2 Mongten Gefängnis, abzüglich 3 Monate der Unterſuchungshaft, Heibel zu einer Gefängnisſtraſe von 5 Jahren 2 Mona⸗ ten, Mehl nur wegen Körperverletzung zu einer Gefängnisſtrafe von 3 Jahren ohne Auf⸗ rechnung von Unterſuchungshaft, Schlipf wegen Streikvergehens(§ 153 Gew.⸗O.) zu 3 Monaten Gefängnis, ohne Aufrechnung von Unterſuchungshaft, Spitzenberger wegen Begünſtigung(durch das Beſtreuen der Spuren mit Pfeffer) zu 3 Monaten Gefängnis unter ſuchungshaft. Freigeſprochen wurden die Angeklagten 2 880 92 Eſtev, weil ihre konnte, der Angeklagte Mehl von der Auklage des Streikvergehens, der Angeklagte Schlipf von der Anklage der Körperverletzung und der Angeklagte Spitzenberger von der Antlage der Körperyerletzung und des Streikvergehens, laſſe. Die Angeklagten könnten wirklich nichts dafür, daß ſie nichk wegen Mords oder Tot⸗ Aufrechnung von 2 Mongten der Unter⸗ Beteiligung nicht ganz klar feſtgeſtellt werden Stimmung an den Tag gelegt, ſo wirkten die ſchweren Strafen wie ein Sturzbad. Ein ſolches Strafmaß hatten ſie nicht erwartet. Die blaſſe ſchwächliche Frau Heibels, die im Zu⸗ ſchauerraum der Verhandlung angewohnt hatte, fiel in tiefe Ohnmacht.— 5 Ein neuer Weg zur ſyſtema⸗ tiſchen Pflege der muſika⸗ liſchen Kunſt in Mannheim. Unſer Oberbürgermeiſter, der der Pflege der Kunſt im Allgemeinen und der muſikaliſchen Kunſt im Beſonderen ſein größtes Intereſſe zu⸗ wendet, hatte auf geſtern abend zu einer Verſammlung in den alten Rat⸗ hausſaal eingeladen, Die Zuſammenkunſt, zu der ſich etwa 50 Perſonen, in der Hauptſache die Vertreter der Korporationen, die ſich der Pflege der muſikaliſchen Kunſt widmen, Stadträte und Stadtverordnete und Vertreter der Arbeiterſchaft eingefunden hatten ſollte einer Ausſprache darü⸗ ber dienen, welche Wege eingeſchlagen werden müſſen, um die muſikaliſche Kunſt, die der breiten taſſe der hieſigen Bevölkerung dargeboken wird, populärer und zugkräftiger zu geſtalten. Die Ven ſammlung hatte eröffnete die Verſammlung mit einem längeren Vortrag, der ſo erſchöpfend war, daß ſich die Dis, kuſſion ſehr kurz geſtaltete, weil gegen die über zeugenden Argumentgtionen und die hieraus re ſultierenden Vorſchläge nichts mehr eingewendee werden konnte. Der Redner bieß alle herzlich wikommen und hankte ihnen für ihr Erſcheinen um dann u. 8. ſolgendes auszuführen Die Ein⸗ ladung hatie den Zweck, mich mitehnen auszuſpre⸗ chen über einige Fragen der Kunſt, die mir ſeit langer Zeit ſchwer am Herzen liegen, Sie wiſſen daß wir uns in erfreulicher Weſſe lebhaſt mit d Pflege der bildenden Kunſt beſchäftigen und zwe wenn wir die Tötigkeit des Freien Bundes Betracht ziehen, mit erheblichem Erfolge. Dieſen Beſtrehungen gegenüber, die in weiten Kreiſen der Bevölkerung das Verſtändnis für künſtleriſche Fragen zu kragen beſtrebt ſind, iſt die muſikaliſche Kunſt etwas zurückgeblfeben wenigſtens ſoweit es ſich um die eigentliche Volksmuſikpflege handelt. Man wird ſagen können, daß die Muſtkpflege Allgemeinen dier ſehr reichlſch blüht. Es gibt ſo⸗ gar Leute, die ſagen, vielleicht zu reichlich. Da⸗ gegen auf dem Gebiete der Volksmuſikpflege iſt tatſächlich bei Weitem nicht alles das geſchehen, was geſchehen konnte und jn abſehbarer Zeit ge⸗ ſchehen mu ß. Dieſes Zurxückgebliebenſein auf dem Gebiete der Muſik iſt umſo bedaue b, alg k Muſik eine der leichtverſtändlichſten Künſte f wie Göthe einmal geſagt hat, ſo alle beherrſchend in ihren Wirkungen daß man von ihr ſagen kan daß ſie geradezu als eines der erſten Mittel achtet werden müß, um den Menſchen wi zu bewegen. Laſſen Sie mich ohne weitere theoretſſche Ein⸗ leftung eintreten in das Tofſächliche. Und hier knüpfe ich an meine Eingangsworte an, indem ich ſage, daß die Muſikpflege, ſpeziell die Volksmuſtk⸗ pflege, in Mannheim leider etwas zurückgebliehen ſei. Ich habe dieſe Ueberzeugung gewonnen g grund einer Reihe von Erfahrungen in den lehhl —s Jahren. Ich habe ſetzt die Ueberzeugn wonnen, daß es an der Zeit iſt, einen entſch den Schritt vorwärts zu fun. Das nächſte auf dem Gebiete der Volksmuſikpflege auch geſchehen iſt, iſt die Veranſtaltung von Volks⸗ konzerten, Dieſe Tätigkeit ſetzte hier mit der Vollendung des Roſengartens ein und zwar war es dankenswerter Weiſe der Lehrergeſangver der das erſte Volkskonzert mit großem Erfolge veranſtaltete. Dieſes Verdienſt wird ihm dauernd ungeſchmälert erhalten bleiben müſſen. Es ſehr bald ein zuſammenhänglos zuſammenge tes Komitee im Weſentlichen gebildet aus Mik⸗ FE ihrer künſtleriſchen Art vertreten ſind und deren Namen ſtets ein Programm umfaßt. Daran anſchließen ſich dann die vielen anderen wie Dill, R. Engelhorn, O. A. Koch, Jul, Bergmann, W. Nagel, F. Scherer, H. Ebers, H. Göhler, J. Graeber, Münch⸗Mannheim und noch viele andere mit vorzüglichen Werken. Neben Laadſchaften fim⸗ den wir Porträts, Genrebilder und Stillehen. ſtets Zeugen guten maleriſchen Könnens. Caſpar Ritters Tänzerin mit den von fieheruden Leben erfüllten Mädchenkörper feſſelt ebenſo wie der famoſe liegende Akt von Mveſt, oder das charakteriſtiſche Selbſtyorträt A. Haueiſens. Es fehlt uns augenblicklich an Muße, alle die Werke nochmals aufzuzählen, aber zu einem Beſuch dieſer Ausſtellung und einer eingehenden Beſichtigung möchten wir doch ausdrücklich auf⸗ fordern. Auch auf die graphiſche Abteilung(W. Conz, A. Haueiſen, von Volkmann, M. Pretzfelder u..) ſei verwieſen Jerner ſei in dieſem Zuſammenhang auf die Porträts von Hagemann⸗Grötzingen und auf die Kollektion von A. Luntz⸗Karlsruhe, der ſich als ein empfindender Landſchafter erweiſt, auf⸗ merkſam gemacht. W. Münchener Premiere. Aus München meldet uns ein Telegramm unſeres Mitarbeiters: Obwohl ein Berliner Verlag und die Autoren gegen die Münchener Uraufſührung prgteſtiert hatten, gab geſtern Abend das Volks⸗ Ibeater, fußend auf dem abseeſchloſſenen Bühnen⸗ vertriebsvertrage, die Uraufführung des Luſtſpiels „Der Retter in der Not“ von Frauß von Schoenthan olf Presber. Das Luſtſpiel. das die Gum⸗ 5 f ingretfen eines Sohnes herzoglicher Abſtammung be⸗ hoben wird, hat einen ſamoſen erſten, einen abflauen⸗ den zwetten und einen durchaus konventiynellen dritten Akt. Das lachluſtige Volkstheaterpublifum quittierte mit ſchallender Heiterkeit für die Scherze und mit herzlichem Beifall für das flotte Spiel. Wieniel Champagner wird in der Welt getrunken? Sekt und Champagner waren von jeher Mittel, um die Geſelligkeit anzuregen, die Menſchen in Laune zu bringen. Es dürjte gewiß von Intereſſe ſein, zu erfahren, wieviel Ehampagner in der Welt getrunken wird. Die bekannteſten Firmen in Reims, Eperuay, Ay, Aviee und Mareuil, wie z. B. die Firmen Mumm, Moet u. Chandon, Sergent, Bu⸗ ntüller, Cliquet, Heidſieck, Jaequeſſen, Chanoine und Röderer, die im allgemeinen den Hauptbedarf gn Champagner heſtreiten, fabrizieren allfährlich durch⸗ ſchnittlich 50 Millionen Flaſchen, Der Kynſum in Fvankreich beträgt 8 Millionen, in England 4 500 000, in Rußland 2 600 000, in Deutſchland 2 100 000, in Amerika 9 500 000 Flaſchen. Die anderen Staaten ſind mit geringeren Zahlen an dem geſamten Cham⸗ pagnerkonſum beteiligt. Zum Teil wird in den ein⸗ zeluen Staaten auch eine ungeheure Menge Sekt verbraucht, der zur Erſparung der Steuer und des Grengvolles im eigenen Lande hergeſtellt wird, nichts⸗ deſtoweuiger aber dazu ungeheuer viel Champagner⸗ wein benötigt. Dieſer Champagnerwein, der z. B. von bekannten deutſchen Sektfirmen in ungeheuren Mengen aus dem franzöſiſchen Champagnergebiet be⸗ zogen wird, geht in Fäſſern, aber nicht in Flaſchen unverarbeitet nach Deutſchland und den anderen Ländern. Der Konſum an Faßwein beträgt das drei bis vlerfache des Konſums an Flaſchenwein. Aus dieſen Zahlen iſt zu erſehen, daß es ſich bei der fran⸗ zöſiſchen Champagnerrevplution um allgemein inter⸗ eſſterende Fragen handelt. Es muß jetzt als ziemlich ſicher angeſehen werden, daß der bedeutende Bedarf an Champagnerwein in dieſem Jahre nicht gedeckt werden kann. Das Geſamtlager der Champagner⸗ fkaſchen belief ſich im letzten Jahre auf 120 Milliouen Flaſchen, die in dem Gärmagazin aufgeſtapelt waren, um fertig gemacht zu werben. Ueter die Herſt weiſe des Champagners, der aus dem ſchwarzen Buür⸗ gunder, aus weißer Ehampagnertraube ünd aus Derx non der Kelter rwenhet, ſond inander zur Er⸗ teilungen von Intereſſe ſein: fließende Moſt wird niemals rei es werden verſchiedene Moſte n ziekung eir tion, welch ori Operation des Abz ginnt, 8 Druck der G ruck bis 3u 2 oft ünvermeidlich. Die mit „ Draht und 3 faden feſt verſchloſſenen Fla⸗ ſchen werden daun im Gärungsmaggzin aufgeſtapelt, bis ſich die Heſe abgeſchieden und der Wein geklärt hat, daun erfolgt die eigentliche Fertigmachung. Großh. Bnd. Hof. und National⸗ thenter in Maunheim. Triſtan und Iſolde. Erſtes Gaſtſpiel des Kammerſängers Jacques Urlus vom Stadttheater in Leipzig. Anſtatt des angekündigten Herrn Bodanzky leitete Herr Felix Lederer die geſtrige Auf⸗ führung des Triſtan, und er tat dies mit Auf⸗ bietung ſeiner großen Routine. Das Vorſpiel war nun freilich weder„langſam“ noch„ſehn⸗ ſuchtsvoll“, aber Iſoldens Liebestod brachte Herr Lederer, vom Orcheſter voptrefflich unter⸗ ſtützt, zu ſehr guter Geltung, das Klangguan⸗ tum des unverdeckten Orcheſtrs guf ein Singſtimme zuträgliches Maß herahſetzend. Frau Pinnau⸗Wein fabviziert wird, werden folgende Mit⸗ ſe auszuhalten, dennoch iſt ein h der Die geht, Strichs beliebt wurde. Möglich, daß au geſtrige Akuſtik alle ſolche Mängel ſchärf vorhoh. Aber dieſe Akuſtik— das Haus ſehr leer— war doch ran Rabl wie Fentens außerordentlich fein und durchgeführten Marke ſehr günſtig! ein Unrecht gegen unſere einheimiſchen der, ihnen die wohlperdiente Anerke zuenthalten... Die Gexechtigkei Hermine Rabl ſang Iſoldens letzte Worte mit! 5 4. Seite. General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Mittacnſatt). Mannheim 5. Dezember. tretern der Stadt, an der Spitze Oberbürger⸗ meiſter Dr. Beck. Dieſes Komitee veranſtaltete —3 Konzerte im Nibelungenſaal mit verhältnis⸗ mäßig großem Aufwand und auch mit Erfolg, namentlich auf finanziellem Gebiet. Aus der Ver⸗ anſtaltung dieſer Volkskonzerte ſtammt noch ein von der Stadtkaſſe verwalteter Fonds, der auf etwa 1600 M. angewachſen iſt. Dieſem Komitee, das ſeine Tätigkeit nach dem dritten Konzert ein⸗ ſtellte, folgte die Stadt und annähernd gleichzeitig mit ihr eine Reihe von Geſangvereinen Dieſe Tätigkeit der Stadt und der Vereine iſt nün ſeit⸗ her mit einer gewiſſen Regelmäßigkeit fortgeſetzt worden. Die Stadt hat ſeit 1903 im Ganzen 18 Volkskonzerte veranſtaltet, die Vereine ebenfalls eine größere Anzahl, allerdings bei Weitem nicht ſo viel, als vielleicht wünſchenswert geweſen wäre. Eine Statiſtik, die ich veranſtalten ließ, hat er⸗ geben, daß gegeben haben: Lehrergeſangverein 9 Konzerte, Sängerkartell 1 Konzert, Liedertafel 2, Vereinigte Arbeitergeſangvereine 5, vereinigte Männergeſangvereine 1. Muſikverein 1. Philhar⸗ moniſcher Verein 1, Konkordia und Harmonie Lindenhof 1, Männergeſangverein Kätertal 2, Singverein und Sängerbund Heidelberg 1 Kon⸗ zert, zuſammen 45. Was die Volkskonzerte der Stadt und der Ver⸗ eine betrifft, ſo unterſcheiden ſie ſich bezüglich der Art und des Ortes der Veronſtaltung und hin⸗ ſichtlich der Wirkung. Was Art und Orl betrifft, ſo ſind die ſtädtiſchen Konzerte bisher ausſchließ⸗ lich Orcheſterkonzerte geweſen, die am Sonntag nachmittag im Muſenſaal veranſtaltet wurden. Das Programm war durchweg außerordentlich gewählt. Leider iſt der erhofſte gute Beſuch bisher nicht eingetreten. Wir haben Konzerte gehabt. die ganz ſchlecht beſucht waren. Nur ganz wenige hatten einen befriedigenden Beſuch auſzuweiſen. Und auch hier war das Publikum zum großen Teil eigentlich nicht dasjenige, für das wir die Volkskonzerte in erſter Linie veranſtalten wollten. Unſere Verſuche, in Benehmen mit den Vertre⸗ tern der beteiligten Kreiſe dieſen Beſuch zu ver⸗ beſſern, ſind bis jetzt von keinem nennenswerten Erfolg begleitet geweſen. Gleichwohl zaben wir die Konzerte unentwegt fortgeſezt. Ganz anders liegt die Sache mit den Konzerten von Vereinen. Dort war ein außerordentlicher Erfolg faſt durch⸗ weg zu verzeichnen. Die Konzerte haben faſt ausnahmslos im Nibelungenſaal ſtattgefunden und waren zumteil außerordentlich beſucht, zum⸗ keil mindeſtens recht gut. Gleichwohl haben die Veveine die Konzerte vielfach nicht fortgeſetzt, im Weſentlichen wohl deshalb, weil die Arbeit und ddie finanziellen Opfer zu groß waren. ! Die Erfahrungen, die die Stadt gemacht hat, ſpeziell betreffs der Zuſammenſetzung des Publi⸗ kums, haben ſchon ſeit langer Zeit den Gedanken nahegelegt, ob denn nicht eine radikale Abhilfe dadurch möglich wäre, daß in Mannheim nach dem Vorbild anderer Städte neben den Volks⸗ kenzerten ſogen. Volksſinfoniekonzerte eingeführt würden. Das ſcheint im erſten Augen⸗ öblick etwas paradox. Aber wenn man es näher betrachtet, iſt dies nicht der Fall, denn die Volks⸗ finſoniekonzerte würden ein ganz anderes Publi⸗ kum haben, die Kreiſe, die ſehr gern Muſik hören, denen aber die Preiſe der Akademiekonzerte zu hboch ſind, die aber andererſeits nicht gern in die Eeinheitsvolkskonzerte gehen, ſchon aus dem Grunde, weil ſie ſich nicht dem Verdacht ausſetzen wollen, daß ſie den eigentlich berechtigten Volks⸗ (kreiſen die Plätze wegnehmen wollten. So kom⸗ men eigentlich dieſe Kreiſe unſerer Bürgerſchaft hinſichtlich der Muſikpflege überhaupt zu kurz. (Es gibt andererſeits ſehr viele, bei denen der Muſikhunger ſo groß iſt, daß ſie trotzdem in die BVeolkskonzerte gingen. obwohl ſie nicht hinein⸗ (gehörten. Dieſes Publikum fernzuhalten, gehört Izzu den ſchwerſten Aufgaben. Wenn wir aber für dieſe Leute beſondere Konzerte ſchaffen, dann (hört vielleicht die unzuläſſige Miſchung der Be⸗ ſucher der Volkskonzerte auf. Wir haben eine äͤhnliche Erfahruna bei einer anderen Veranſtal⸗ tung neuerdings gemacht. Die Volkskonzerte haben noch unter einem anderen Mißſtand gelitten, da⸗ Akrun, daß eine eigentlich gute Zuſam⸗ (menfaſſung fehlte. Dadurch, daß jeder Perein für ſich vorging, kam es. daß man in einem Winter ziemlich viel Konzerte, im anderen plötzlich gar keins hatte. Noch viel weniger Einheitlich⸗ fkett war hinſichtlich der Programme zu ſpü⸗ PPP..... Intonation unſeres Gaſtes. Wir hatten übri⸗ gens noch einen zweiten Gaſt; er blieb im Hin⸗ tergrunde, wie es die Rolle fordert, und hatte Rnur eine kurze Szene. Dazu iſt Melot keine angenehme Aufgabe. Aber Herr Rudolf Brink⸗ mann vom Frankfurter Opernhauſe(für Herrn Voiſin eintretend) zeigte eine freiklingende, wohlgebildete und volle Baritonſtimme. Er machte aus ſeiner Rolle das Mögliche! A. Bl. Aademie für Jedermann. Ueber den geſtrigen Vortrag Dr. Wicherts werden wir bei der Wiederholung berichten. Heute abend hält Prof. Dr. E. Gothein den Schlußvortrag über die Renaiſſance(Die Ideale). Kleine Mitteilungen. Das Dezemberheft des literariſchen Echos, Halbmonatsſchrift für Literaturfreunde (Begründet von Dr. Joſef Ettlinger. Heraus⸗ gegeben von Dr. Ernſt Heilborn. Verlag: Egon Fleiſchel u. Co., Berlin W) iſt ſoeben mit fol⸗ gendem Inhalt erſchienen: Julius Rodenberg: Karl Frenzel.— Fritz Roſe: Wortidioſynkraſte. — Henry Guilbeaux: Romain Rolland.— Frz. Servaes: Jakob Waſſermann als Novelliſt.— Sedda Sauer: Drei Gedichte.— Ferdinand Zwiſchen und vor den Ku⸗ ren, weil jeder Verein nach ſeiner eigenen Lei⸗ ſtungsfähigkeit gut beſtehen möchte. Deshalb ſcheint mir, ob wir Volksſinfoniekonzerte ſchaffen oder nicht, für die Volkskonzerte im Allgemeinen die erſte Forderung zu ſein, daß die Kräfte, die ſich in den Dienſt der Sache ſtellen, ſich zuſam⸗ menſchließen zu einer gewiſſen Organiſation. Es würde für das Anſehen der Stadt auf ſozialem Gebiete nur nützlich ſein, wenn man am Anfang des Winters ſagen könnte, es finden—10 Volks⸗ konzerte ſtatt. Ferner würde eine Konzen⸗ tration der Kräfte ſtattfinden und eine Vereinheitlichung der Volkskonzerte an ſich unter einer geſunden Leitung, die le⸗ diglich eine Verwaltungsleitung wäre. Man kann auf zweierlei Weiſe dieſen Zuſam⸗ menſchluß ſchaffen. Einmal in der Weiſe, daß jeder Verein Unternehmer wie bisher bleibt und das Riſiko trägt, dafür aber den ſich erzielenden Ueberſchuß in ſeine eigene Kaſſe fließen läßt. Der Zuſammenſchluß würde dann darin beſtehen, daß die Anmeldung an die Zentralſtelle erfolgt und gewiſſe einheitliche Dispoſitionen eingehalten wer⸗ den. Der andere Weg wäre, daß die Vereine die Ueberſchüſſe derartiger Konzerte in eine gemein⸗ ſame Kaſſe fließen laſſen, zur weiteren Ausgeſtal⸗ tung und Bereicherung der Volkskonzerte durch Aufführung außergewöhnlicher Tonwerke ete. Das würde natürlich nur dann möglich ſein, wenn den Vereinen das Riſiko genommen würde. Dann würden die Vereine nur die Arbeit und die künſt⸗ leriſchen Leiſtungen in den Dienſt der Sache ſtellen. Die Volks⸗ und Sinfoniekonzerte können nur gedeihen, wenn zu dieſer Vereinheitlichung noch etwas anderes kommt: eine Hebung des muſikaliſchen Geſchmacks in den wei⸗ teſten Kreiſen. Hinſichtlich des muſikali⸗ ſchen Geſchmacks iſt durchaus nicht Alles heute ſo, wie es ſein ſollte. Das kommt auch vielfach da⸗ her, daß eine ſyſtematiſche Muſikpflege bisher nicht ſtattgefunden hat. Man ſpricht ſo viel von dem Kampf gegen den literariſchen Schund. Aber man wolle doch nicht außer Acht laſſen, daß die Gefahr der Vergiftung durch muſikaliſchen Schund mindeſtens ebenſo groß iſt, als durch literariſchen Schund. Es würde deshalb unſere Aufgabe ſein, in der Hebung des muſikaliſchen Geſchmacks zu arbeiten, Freude zu wecken an der einfachen Haus⸗ muſik, wofür in vielen Kreiſen das Verſtändnis und die Liebe ſehr zurückgegangen ſind. Hier brauchen wir nicht ins Ausland zu gehen. Auf dem Gebiet der Muſik marſchieren wir Deutſche an der Spitze. Selbſtverſtändlich dürfte dieſe Hebung des guten Geſchmacks nicht verbunden ſein, mit irgend einer Schulmeiſterei. Man kann hier vielleicht das Schlagwort anwenden: Es han⸗ delt ſich um die Erziehung zur guten Muſik durch die Muſik. Um auf dieſem Gebiet wirklich praktiſches zu erreichen, gibt es zwei Wege, der eine iſt die Veranſtaltung von ſog. Einführungs⸗ abenden, die jeweils den Konzerten voranzu⸗ gehen hätten— ich denke dabei an die Akademie für Jedermann—, der zweite iſt die Gründung der ſchon vor mehreren Monaten in Angriff ge⸗ nommenen muſikaliſchen Volksbiblio⸗ thek. Wenn die Volkskonzerte und die Hebung des guten Geſchmacks wirklich gelingen ſollen, dann iſt es erforderlich, daß Gelegenheit gegeben wird, Muſikalien zur Vorbereitung auf billige Weiſe zur Einſicht zu bekommen. Wenn eine muſikaliſche Volksbibliothek beſtehen würde, ſo würde es eine ihrer Hauptaufgaben ſein, daß ſie ſich das Material zu verſchaffen ſucht, das in den Volkskonzerten zur Aufführung gelangt. Nur müßte der betr. Leiter durch Vorbildung und Nei⸗ gung in der Lage ſein, durch kleine konſervato⸗ riſche Vorträge innerhalb der muſikaliſchen Volks⸗ bibliothek kleinere Kreiſe vorzubereiten. Herr Dr. Egel und die Vertreter des Dieſterwegvereins haben ſich mit dieſer Idee durchaus einverſtanden erklärt. Ich kann die erfreuliche Mitteilung machen, daß ſich Herr Dr. Egel bereit erklärt hat, die Einrichtung und Leitung der muſikaliſchen Volksbibliothek ehrenamtlich zu übernehmen. Der Philharmoniſche Verein hat ſchon vor längerer Zeit den Betrag von 500 Mark für die Gründung der Bibliothek geſtiftet. Der Aufruf ſollte in anderer Form wiederholt werden, um zu weiteren freiwilligen Beiträgen zu kommen. Ich kann meinerſeits mitteilen, daß ich die Angelegenheit bereits im Stadtrat behandelt habe und daß ich einſtimmige Zuſtimmung dazu gefunden habe. daß ſchon im nächſten Jahre ein nam hafter Be⸗ trag aus ſtädtiſchen Mitteln in das Budget eingeſtellt wird. Zur Verfolgung der weiteren Maßnahmen ſchlägt der Redner ſchließlich die Einſetzung eines geſchäftsführenden Ausſchuſſes vor. Er ſei gern bereit, dieſen Ausſchuß vorläufig wei⸗ ter zu leiten. Der Ausſchuß hätte den Aufruf zu veröffentlichen und würde die Zentralſtelle bilden, wo die Fäden zuſammenlaufen. Der Ausſchuß hätte—4 Subkommi ſſionen zu bilden, die ſich in die Arbeit teilen. Zur Unterſtreichung der von ihm entwickelten Ideen verweiſt der Redner auf den Schlußpaſſus aus dem Abſchnitt„Die Muſik als Grundkraft deutſcher Kunſtkultur“ in dem Buche„Muſik⸗ politik“ von Dr. Karl Storck.„Alloemein iſt auch die Erkenntnis dafür geworden, wie verbängnis⸗ voll es war, daß wir das Volk der Kunſt ent⸗ fremden ließen. und nun ſind überall die Be⸗ ſtrebungen vorhanden. Kunſt ins Volk bringen. Dieſe Beſtrebungen ſind löblich: aber ich wage von ihnen nicht viel zu exhoffen, ſo lange man nur Kunſt ins Volk bringt, ſtatt ſie aus dieſem Volk heraus zu entwickeln. Nir⸗ gendwo iſt das leichter als bei der Muſik. Die Anlagen ſind da, ſie bedürfen nur der Pflege. Die Schule, die Gemeinde, die Kirche haben hier eine herrliche Aufgabe zu erfüllen. In langſamer, ſtetiger Arbeit wird es gelingen, unſerem Volke erneut wirkliche muſikaliſche Kultur zu bringen.“ Nun wohlan, meine Herren, laſſen Sie uns dieſe„ſtetige Arbeit“ leiſten, laſſen Sie uns dieſe„herrliche Aufgabe“ erfüllen! Der Freie Bund hat uns zu unſerem Erſtaunen gezeigt, was man auf dem Gebiet der Kunſt im Allgemei⸗ nen, was man auf dieſem Gebiet ſpeziell in un⸗ ſerem Mannheim„aus dem Volk heraus“ ent⸗ wickeln kann; folgen wir ſeinem Beiſpiel nach und wir werden ſicher auch auf unſerem heute umgrenzten Tätigkeitsfeld der„Muſikpolitik“ bald auf Ergebniſſe hinweiſen können, die uns zur reinſten Freude gereichen!(Allſeitiger leb⸗ hafter Beifall.] Die Darlegungen unſeres Stadtoberhauptes waren ſo einleuchtend und ſo erſchöpfend, daß ſich die Diskuſſion kurz geſtaltete. Sämtliche Redner waren mit den Ausführungen völlig einverſtanden. Herr Stadtrat Dr. Stern ſchlug noch die Veranſtal⸗ tung von Schülerkonzerten nach Wiener Muſter vor. Die Beſprechung gipfelte darin, daß ſich die Verſammlung einſtimmig mit der Einſetzung des geſchäftsführenden Ausſchuſſes einverſtanden erklärte, der ſich zuſammenſetzt aus den Herren Privatmann Küllmer(Vertreter der Mann⸗ heimer Sängervereinigung), Oberreallehrer Kabus(Vorſitzender des Lehrergeſangvereins), Stadtrat Löwenhaupt(Kommiſſar des Roſengartens), Magenau(Vertreter des Ar⸗ beiterſängerkartells), die Stadtv. Böttger und Schenk(Vertreter der Arbeiterſchaft) und je einem Vertreter der Staats⸗, ſtädtiſchen und Privatbeamtenvereine, der kaufmänniſchen Ge⸗ hilfenvereine, des Muſikvereins, dem Vorſitzen⸗ den des Gewerbevereins und Handwerkerver⸗ bandes, dem Direktor der Hochſchule für Muſik, Stadtrat Dr. Stern, einem Vertreter des Die⸗ ſterwegvereins, Kapellmeiſter Lederer und Dr. Egel. Dann ſchloß Herr Oberbürgermeiſter Mar⸗ tin die Sitzung kurz nach 10 Uhr nach ½ſtün⸗ diger Dauer mit Dankesworten und dem Aus⸗ druck der Hoffnung für ein gutes Gelingen. * Dr. Bumillers Tod. Unter dieſer Ueber⸗ ſchrift veröffentlicht der Gefährte Dr. Bumillers in ſeinen letzten Tagen, der Kriegskorreſpondent Hauptmann Pietſch, in der„Voſſ. Ztg.“ wei⸗ tere Einzelheiten über die letzten Stunden Dr. Bumillers und einen Nachruf auf den tatenfrohen Mann, der in ſeiner ganzen Faſſung beweiſt, wie ſehr Pieiſch den Gefährten zu ſchätzen gewußt hatte. Der Brief iſt aus Moucha vom 25. No⸗ vember datiert und beginnt: 8 „Die letzten Nächte bin ich ſtets durch den Donner der Schiffsgeſchütze gegen 3 Uhr morgens geweckt worden. Das Klirreu der Fenſterſcheiben neben dem Heulen des Sturmes gab mir die ungefähre Richtung an. Ein Blick aus dem Fenſter des ver⸗ fallenen Gutshofes Akſche Burgas ſagte mir, wohin ich zu reiten hatte. Dieſe Nacht ſollte es anders ſein. Nicht Geſchützduell riß mich aus dem Schlummer, ſondern gegen 3 Uhr ein Schreckens⸗ und Schmerzens⸗ ſchrei meines Stubenkameraden, Legationsrats z. D. Dr. Bumiller, mit dem ich ſeit Wochen Freud und Leid getragen hatte.„Hauptmann,“ rief er mir zu,„verlaſſen Sie ſofort das Zimmer, Sie haben ein Amt! Ich habe die Cholera, wahnſinnige Schmerzen!“ Jede Hilfe lehnte er ab, nur ſein Diener, ſein treuer Georg, ſolle kommen! Dem Zwang gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, verließ ich den armen, kreuen Kameraden und ging zu den Dienern hinüber, mit denen wir tags zuvor das Zimmer geteilt hatten. Einer der türkiſchen Gendarmen unſerer Begleitung wurde nach San Stefanob geſchickt(drei Stunden), um einen Wagen zu beſorgen. Einen anderen ſandte ich nach Sirtſchiflik, wo ſich die nächſte Sanitätskompag⸗ nie unter bewährter Leitung des Stabarztes Dr. N. Maſchar Osman, Profeſſors der Nervenheilkunde, befand. Inzwiſchen wurden uns die Minuten zu Stunden. Heiße Steine, Tee, Kognak halfen nur auf Sekunden. Endlich und doch ſehr ſchnell angeſichts der Entfernung erſchien der menſchenfreundliche Arzt. Doch auch ſeine Beruhigungsmittel hatten nur vor⸗ übergehenden Erfolg. Ich ſehe das Geſicht noch vor mir, als er uns das Ergebnis ſeiner Unterſuchung mitteilte:„Cholera, leichter Fall, ſofort Konſtan⸗ tinopel!“ Ein Bauernwagen, mit warmen Decken belegt, wurde vom Arzte beſorgt, alles wurde des⸗ infiziert, Hände und Geſicht mit Sublimat gewaſchen, kein Wort wurde geſprochen, unſere Sachen wurden gepackt, der ſchon ſtark Fiebernde von kräftigen Män⸗ nern auf den Wagen geladen, und langſam ſetzte ſich der Zug auf der holprigen Straße unter ſicherem Geleit von Gendarm, Diener und Knecht nach San Stefano in Bewegung. Ich ſollte den liebgewonnenen Freund nicht wiederſehen! Ungezählte Pläne für die Zukunft hatten wir geſchmiedet; gerade für heute hatten wir einen gemeinſamen Ritt gen Tſchataldſcha beabſichtigt. Heute bin ich nach Stefano gekommen, da Friedensverbandlungen ſchweben, und vernahm hier, daß Bumiller geſtorben iſt. Nur 24 Stunden hat er gelitten. Ein reiches Leben hat hier ſein Ende gefunden! Bekannt durch ſeine vielen Reiſen mit dem Major Wißmann, verband Bumiller mit einer rührenden Meuſchenliebe ein reiches Wiſſen und ein reges Intereſſe für alles Schöne und Gute. Mit offenen Augen betrachtete er die Welt, ruhig denkend, um dann überlegt zu handeln. Wie ſpannend wußte er von ſeinen Reiſen zu erzählen! Ich werde nie die Stunden vergeſſen, die wir, am Boden kauernd, mit rotem Fes bekleidet, im Kreiſe ſchlürfende ſaßen und uns von ihnen mit Hilfe meines ſtets red⸗ ſeligen Dragomans, alles Wiſſenswerte: erzählen ließzen. Eine kurze Freundſchaft, aber innig und auf⸗ richtig, hat uns verbunden. Nie mehr werde ich ſein herzerquickendes, mich ſtets erheiterndes„Inschal⸗ lah!“ hören, wenn die Dinge zu bunt wurden und ſelbſt die Zigarette nicht mehr ſchmecken wollte. Auch die„Frankf. Ztg.“ bringt von ihrem Korreſpondenten inKonſtantinovel einen äußerſt ſympathiſch gehaltenen Artikel über Bumiller und ſeine letzten Lebensſtunden. U. a. wird in dieſem Artikel ausgeführt: Eine der bekannteſten Verſönlichkeiten auf dem Marſche nach Thrazien und in der Ttſchataldſchalinie war der an der Cholera geſtorbene Legationsrat Dr. Bumiller. Seine rieſenhafte Geſtalt lenkte alle Augen auf ihn, und der rote Fez, ſowie die begleiten den Gendarmen, welche Bumiller ſich erbeten hatte mochten manchen auf den Gedanken bringen, daß er es mit einem Paſcha zu tun babe. Ich machte Dr. Bumillers Bekanntſchaft im Biwak von Tſcherkeßkßi. wo ich ſelbſt im Bahnhofsvorgarten fror, während Türken. „der lange Bumiller“ verſchwunden war, wie er mir ſräter geſtand, in einen dort verwaiſt ſtehenden Schlafwagen, zu denen er einen„goldenen Schlüſſel“ fand. Wir wurden im Laufe der wenigen Wochen bald Freunde, denn harte Zeiten erſetzen lange Be⸗ kanntſchaft, zumal wenn man einen gemeinſamen Schwarm hat, und der hieß für uns beide„Wiß⸗ mann“. Die Krankheit brach in der Nacht aus und war von den üblichen Krampferſcheinungen begleitet. Dr. Bumiller erkannte ſofort, daß er verſuchen müſſe, ärztliche Hilfe und beſſere Unterkunft zu erreichen und wurde, hauptſächlich dank den Bemühungen ſeines treuen Dieners Georg Wendel, auf einem Karren in Betten verpackt. So trat er einen wahren Leidensweg nach San Stefano an, denn die ſchlechten Fahrſtraßen vermochten die Stöße des Wagens nicht zu brechen und dazu kam, daß weder Dr. Bumiller noch ſein Burſche ſich mit den türkiſchen Begleitern zu verſtändigen vermochten, da ſich der Dragoman des Kranken in San Stefano befaud und der einzige Dragoman, den ein anderer Herr auf dem erwähnten Gute bei ſich hatte, nicht die Erlaubnis erhlelt, den Krankentransport nach San Stefauo zu begleiten, da ſein Herr ihn ſelbſt nötig hatte. Ein vorausgeeilter Bote brachte mir Nachricht von Bumillers Kommen, ohne mich über ſeinen traurigen Zuſtand zu infor mieren. Wie erſchrak ich, als ich neben dem Wagen ſtand! Die blauſchwarze Hautfarbe ließ nur zu deutlich erkennen, um was es ſich handelte. Erſt auf meinen dritten Anruf ſah er mich an, ſtreckte mir eine faſt ſchwarze Hand entgegen und ſagte matt: „Nicht davon ſprechen.(Wahrſcheinlich meinte er von der Cholera.] Ach, wie freue ich mich, daß Sie hier ſind!“— Auf meine Frage, ob Aerzte beſorgt ſeien, erwiderte er:„Das müſſen Sie alles beſorgen.“— Nun kam eine etwas peinliche Szene. Der ſtell⸗ vertretende Wirt weigerte ſich, den Kranken ins Hotel aufzunehmen. Ich konnte nur ahnen, um was ſich der halb neugriechiſch, halb türkiſch geführte Wort⸗ ſtreit drehte. Der in San Stefano eingetrofſene Dra⸗ goman des Kranken, deſſen Namen ich dankbar er⸗ wähnen möchte, er heißt Salomon Barder und iſt Fremdenführer, nahm nunmehr das ganze Aufgebot von Dienern, über das der Kranke verfügtke, und trug mit dieſen, trotz des gellenden Proteſtes des Wirtes, den ſtöhnenden Mann in ein Zimmer und in ein Bett. Unterdeſſen hatte ich bei der Muntzipalität von San Stefano Aerzte erbeten und gleichzeitig um deutſche Aerzte und einen Pfleger nach Konſtan⸗ tinopel telegraphiert. Die drei türkiſchen Aerzte welche bald darauf eintrafen, mußten ſofort, um was es ſich handelte, gaben aber, dem Kranken zu Liebe, der den Fall als eine Erkältung betrachtet ſehen wollte, ihr Urteil lediglich dahin ab, daß es ſich um einen„verdächtigen Fall“ handele. Das Ausfehen des Körpers bei der Unterſuchung ſagte mir leider, daß von„verdächtig“ keine Rede mehr ſein konnte. Die Aerzte ordneten die üblichen Maßregeln an. Kognak und Sodawaſſer,— letzteres häufig und in geringen Nuantitäten zu nehmen— ferner Frottieren des Körpers und Anlegen von heißen Flaſchen an die Füße. Wie der Hotelbeſitzer befürchtet hatte, wurde das Hotel, mit allen Inſaſſen, für verſeucht erklärt obgleich ſogar der General, welcher die Truppen in San Stefano kommandiert, darin wohnte. Der letztere erwies ſich übrigens außerordentlich entgegen⸗ kommend, indem er auf Wunſch, ſeinen Burſchen zu einem Stabsarzt ſandte, der in Deutſchland ſeine Studten gemacht hatte. Dieſer ſagte mir, einen ſchwe⸗ reren Fall habe er niemals geſehen, von einem Transport nach Konſtaninopel könne keine Rede ſein. und der Kranke werde wahrſcheinlich die Nacht nicht überleben. Leider traf dieſe Befürchtung zu, trotz der unermüdlichen Bemühungen des Chefarztes des deutſchen Hoſpitals, Herrn Dr. Schleip unde Aſſiſtenten Dr. Moſer. Herr Krautwurſt, der er⸗ treter der„Kreuzzeitung“, hatte die Aerzte von Konſtantinopel begleitet und weilte bis zum Ende bei dem Kranken. Bet häufigen Einſpritzungen trat nach und nach Schmerzloſigkeit ein und der Kranke entſchlief ſtanft. Am nächſten Tage wurde ſeine Leiche nach Konſtaninopel abgeholt, von wo ſte nach Jahresfriſt nach Deutſchland übergeführt werden ſoll. Wer Dr. Bumiller kennen lernte, der wird mit mir den Verluſt dieſes braven Kameraden tief beklagen. * Handelshochſchule. Am Samstag, den 7. De⸗ zen der findet ein volkswirtſchaftlicher Ausflug nach Heidelberg zur Beſichtigung des ſtädtiſchen Gaswerks Heidelberg ſtatt. Abfahrt der Teilnehmer:.28, Rückkunft.58. Am Don⸗ nerstag, den 5. Dezember findet in Saal 1 eine Vorbeſprechung ſtatt. 8 * Nationalliberaler Bezirksverein Lindeuhof. Am nächſten Samstag, abend 8½ Uhr hält, wie ſchon angekündigt wurde, Herr Dr. Bernhard Weber einen Vortrag über Kinematograph und Erziehung. Alle Mitglieder mit ihren Frauen und erwachſenen Angehörigen, ſowie alle Freunde der Partei ſind freundlichſt eingeladen. Die Verſammlung findet im Reſtaurant„Tivoli“ (Rennershofſtraße 12] ſtatt. * Nationalliberaler Verein. Der Vorſtand keilt mit: Wir machen unſere Mitglieder beſonders auf den am morgigen Freitag, abends 8½ Uhr im Saale des Reſtaurants„Germania“(C 1, g, ſtattfindenden Vortrag des Herrn Regierungs⸗ rat Dr. Prof. Endres über„Verkehrs⸗ politik“ aufmerkſam.— Die Verkehrsfragen bilden nicht nur für Handel und Induſtrie, ſon⸗ dern für die ganze Volkswirtſchaft fortgeſetzt der Gegenſtand lebhafteſter Diskuſſion. Das ſollte daher gerade für die Mannheimer Freunde Ver⸗ anlaſſung ſein den morgigen Vortrag leinberufer vom jungliberalen Verein) zahlreich zu beſuchen zumal der Herr Referent auf dem Gebiete des Verkehrsweſens als Sachverſtändiger erſten Ran⸗ ges gilt. * Der Extrazug für Ski⸗Läufer Freiburg Tittiſee, ab Freiburg 5 Uhr 04 mittags, wird erſt. mals kommenden Samstag eingelegt. * Lotterieziehuna. Bei der am 30. Novembe ſtattgefundenen Ziehung der Bad. Pferde Lotterie fielen wieder zwei Hauptgewinne in die Kollekte Moritz Herzberger, bier. * Einen Selbſtmordverſuch verübte letzte Nach die 41 Jahre alte Ehefrau eines Metzgermeiſters ir Mundenheim. Sie ſuchte ſich in ihrer Küche mi Gas zu vergiften. Polizeibericht vom 5. Dezember. Unaufgeklärte Diebſtähle: Von noch unbe kannten Tätern wurden in letzter Zeit dahie entwendet: 1. am 2. ds. Mis. mittags auf den Wege von J 1 bis zur Güterhallenſtraße von einem Fuhrwerk der Güterbeſtätterei herunte eine Kiſte mit 5000 Zigarren im Wert von 23 * . Mannheim, 5 Dezember. General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Miktagblatth. Mark. Die Kiſte iſt gezeichnet„G. S. No. 1228 Berlin“. 2. am 4. d. M. abends zwiſchen halb 9 und 9 Uhr auf der Bahnſtrecke Sandhofen⸗ Waldhof aus einem verſchloſſenen Gepäckwagen durch Zertrümmern einer Wagenfenſterſcheibe und Einſteigen eine mit Eiſenblech beſchlagene Holzkaſſette mit 6700 M. Inhalt(bares Geld). Um ſachdienliche Mitteilungen erſucht die Schkutzmannſchaft. Vereinsnachrichten. * Oeffentlicher Vortrag. Heute abend halb 9 Uhr ſpricht im großen Saale des„Rodenſteiner“, Q 2, 16, Frau Anna Schulz⸗Meiningen über:„Der natür⸗ liche Beruf des Weibes als Gattin, Mutter und Fa⸗ milienarzt“.(Näheres im Inſeratenteil). Tages⸗Ralender. Donnerstag, 5. Dezember. Neues Theater im Roſengarten. 8 Uhr: Volksvor⸗ ſtellung zu Einheitspreiſen:„Glaube und Heimat!“. Apollotheater. Abends 8 Uhr: Variété⸗Vorſtellung. Im Trocadero: Nach Schluß der Vorſtellung Ka⸗ baret. Im Reſtaurant'Alſace: Allabendlich Künſtler⸗ Konzerte. Uniontheater. Moderne Lichtſpiele. Saalbau⸗Theater. Kinematographiſche Vorführungen Nachtrag zum lokalen Teil. * Höhenfahrt des„Schütte⸗Lanz“. Das Luft⸗ ſchiff„S. L. 1“ ſtieg geſtern vormittag um 10.20 Uhr zur offiziellen Höhenfahrt auf. Die vorgeſchriebene Höhe von 1500 Meter wurde in faſt ein Drittel der verlangten Zeit, nämlich 15 Minuten erreicht. Das Schiff fuhr 4½ Stun⸗ den in Höhen von 1400 bis 1560 Meter. Vom Boden bis zu zirka 600 Metr. Höhe herrſchte dichter Nebel. Darüber war prächtiger Son⸗ nenſchein. Der Anblick war in dieſer Höhe über⸗ zältigend. Man kreuzte zuerſt über dem Oden⸗ vald und der Hardt, überflog um 3½12 Uhr Hei⸗ delberg und wandte ſich dann nach Süden, dem Schwarzwald zu. Um 1 Uhr wurde das Schiff äber Pforzheim und um.30 Uhr über Karls⸗ ruhe geſichtet. Nachdem die Bedingungen, wie ſie für die Zeppelinſchiffe vorgeſchrieben ſind, erledigt waren, ſchritt man um.08 Uhr zur Landung, die zwar durch dichten Bodennebel er⸗ ſchwert war, jedoch ſehr glatt gelang. An der Fahrt nahm außer der üblichen Beſatzung der offizielle Vertreter der Militärbehörde, Haupt⸗ nann von Jena teil. Dieſem offiziellen Fahrt⸗ bericht iſt noch anzufügen, daß für die Fahrt die gleichen Bedingungen wie für die.⸗ Schiffe vorgeſchrieben und auch erfüllt wurden. Neues aus Tudwigshafen. * Tötlicher Unglücksfall im Elektrizitätswerk. Ein 19 Jahre alter Hilfsmonteur aus Heidelberg, der in der Unfallſtation des hieſigen Elektrizitäts⸗ werkes beſchäftigt war, kam geſtern abend der Starkſtromleitung(2000 Volt] zu nahe und brach ſödlich getroffen zuſammen. Ange⸗ ſtellte Wiederbelebungsverſuche mit dem Sauer⸗ ſtoffapparat, die 24 Stunden lang zur Anwendung kamen, waren von keinem Erfolg begleitet. Am Körper des Verunglückten, der ſonſt keine Ver⸗ lezungen aufwies, war nur an der rechten Hand, anſcheinend die Eingangsſtelle des elektriſchen Stromes, eine Brandſtelle wahrzunehmen. Der auf ſo tragiſche Weiſe ums Leben gekommene junge Mann war der einzige Ernährer ſeiner be⸗ tagten Mutter. Aus dem Großherzogtum. b. Freiburg, 3. Dez. Der Bürgeraus⸗ ſchuß hatte auch in ſeiner geſtrigen Sitzung eine bedeutſame Frage zu erledigen. Es han⸗ delte ſich um eine ſtadträtliche Vorlage, welche die Erweiterung des Straßenbahn⸗ netzes mit einem Koſtenaufwand von 880 400 Mark in Vorſchlag brachte. Der Bürgeraus⸗ ſchuß genehmigte nach 6½ſtündiger Beratung aber nur die Ausführung zweier neuer Straßen⸗ bahnlinien nach den Vororten Haslach und Her⸗ dern. Bewilligt wurden hiefür 686 000 Mark. Damit überſchreiten die Geſamtkoſten, welche die Straßenbahnen bisher verurſachten, die Summe von 4 Millionen Mark.— Auch der nächſten Bürgerausſchußſitzung, die noch vor Weihnachten ſtattfinden wird, werden zwei wichtige Vorlagen zur Beſchlußfaſſung vor⸗ liegen. Der Stadtrat wird eine neue Vorlage betr. die Vergrößerung des ſtädt. Rieſel⸗ gutes einbringen. Die Geſamtkoſten hierfür ſind auf 275 000 M. veranſchlagt. Die erſte Vorlage, welche 300 000 M. forderte, wurde im Juni d. Js vom Bürgerausſchuß mit nur zwei Stimmen Mehrheit abgelehnt. Es wurde da⸗ mals ein billigeres Projeßt verlangt. Eine weſentliche Verbilligung iſt aber beim neuen Projekt nicht feſtzuſtellen, was die Annahme der ſtadträtlichen Vorlage zweifelhaft erſcheinen läßt. Weiter wird der Bürgerausſchuß über den Antrag des Stadtrats wegen Genehmigung des Vertrags mit den Oberrhein. Kraftwerken in Mülhauſen betr. Stromlieſerung an die Stadt Freiburg zu beſchließen haben. Zur Erweiterung des ſtädt. Elektrizitätswerkes wer⸗ den gleichzeitig vom Bürgerausſchuß 1½ Million gefordert. 5 () Aus Mittelbaden, 3. Dezember. Eine Diebeskomödie eigener Art hat ſich dieſer Tage in einer Stadt Mittelbadens zugetra⸗ gen und bietet viel Stoff zur Heiterkeit. Ange⸗ ſichts der heiligen Juſtitia entwendete ein Stro⸗ mer im Amtsgerichtsgebäude faſt ſämtliche Schlüſſel zu den einzelnen Zimmern der Beamten, ließ dann ſeine„Viſitenkarte“ zurück und ver⸗ duftete. Die heilige Hermandad folgte jedoch ſehr raſch ſeinen Spuren erwiſchte ihn und nahm ihm die Schlüſſel ab. So kann denn jetzt der Ge⸗ richtsbetrieb, der durch dieſen Streich erheblich geſtört war, wieder in aller Ruhe vor ſich gehen. Von Con, u Tag 4 ͤ— Die Tragödie⸗ Verlaſſenen. Unter tra⸗ giſchen Umſtänden 9. Braunſchweig die 21jährige 1 Tochter Elſe des Ingenieurs Keitel Selbſtmord ver⸗ übt. Das junge Mädchen erſchoß ſich, wie ſchon kurz berichtet, während eines Konzerts in einem Konzert⸗ ſgal. Die Lebensmäde untergielt mit einem früheren Studenten, der vor einiger Zeit aus den holländi⸗ ſchen Kolonien nach Braunſchweig zurückgekehrt war, ein Liebesverhältnis. Mehrfach ſoll ihr von ihrem Geliebten verſprochen worden ſein, daß er ſie heiraten und mit nach Java nehmen werde, wo er eine aus⸗ ſichts volle Stellung bekleide. In den letzten Tagen zeigte der junge Mann eine auffällige Zurückhaltung und vermied gefliſſentlich die Nähe der fungen Dame. Er ſoll ſie auf der Straße auch nicht mehr gegrüßt haben. An einem der letzten Nachmittage trafen beide zufällig in dem Konzertſaal zuſammen. Die junge Dame zog plötzlich aus ihrer Muffe einen Re⸗ volver hervor und ſchoß ſich eine Kugel ins Herz. Das Mädchen war ſoſort tot. Die Leiche wurde in ein benachbartes Zimmer getragen. Auf dem Tiſch, an dem das junge Mädchen geſeſſen hatte, fand man einen Brief, den die junge Dame anſcheinend kurz vor Ausführung der Tat geſchrieben hatte. Dieſer Brief war an ihren ehemaligen Geliebten gerichtet. Der tödliche Schuß fiel, während die Militärkapelle Walzer ſpielte. 55 ˖ 7 Lehte Nachrichten und Telegramme. * Rom, 4. Dez.(Kammer.) Bei der Be⸗ ratung des Geſetzentwurfs betreffend die Rati⸗ fikation des Lauſanner Friedens⸗ vertrages erklärte Miniſterpräſident Gio⸗ litti in Erwiderung auf die Reden mehrerer Abgeordneter: Es freue ihn, daß kein Redner den Vertrag beküämpft habe, ausgenommen der Deputierte Treves, der es in ſehr milder Form getan habe und des Deputierten Mirabelli, der die Verfaſſungsfrage aufgeworfen habe. Der Miniſterpräſident erklärte, die Regierung habe ſich ſtrikte an die Verfaſſung gehalten und habe im übrigen dem Parlament nicht ein Unterneh⸗ men zur Beratung unterbreiten können, das ſie für notwendig hielt und wovon ſie wußte, daß das Land es wünſche. Lebhafter Beifall.) Hinſichtlich der Kriegsführung beſchränkte ſich der Miniſter auf den Hinweis, daß die Italiener während des ganzen Krieges auch nicht den ge⸗ ringſten Mißerfolg gehabt hätten weder zu Waſſer noch zu Lande. Mit Recht ſei deshalb das italieniſche Volk von ſeinem Heere und ſei⸗ ner Marine begeiſtert. Tarifverhandlungen im Baugewerbe. Berlin, 5. Dez.(Von unſ. Berl. Bur.) Aus München wird gemeldet: Der Staatsſekre⸗ tär des Reichsamtes des Innern, Dr. Delbrück, hat an den Vorſitzenden der Kaufmannsgerichte, Gerichtsdirektor Prenner, ein Schreiben gerich⸗ tet, in dem er es im öffentlichen Intereſſe für zweckmäßig erklärte, ſchon jetzt die Einleitung von Tarifverhandlungen im Baugewerbe vor⸗ zunehmen. Der Tarif laufe zwar erſt am 31. März ab, es drohe jedoch ein ſo ſchwerer Kampf im Baugewerbe, daß ſchon jetzt alles getan wer⸗ den müſſe, um ihm ſchon jetzt vorzubeugen. Die Erkrankung des Zarenſohnes. OLondon, 5. Dez.(Von unſ. Londoner Bureau.) Aus Petersburg wird der Daily Mail gemeldet, daß der Sohn des Zaren⸗ paares immer noch zu Bette liegt und daß ein Arzt den ganzen Tag über an ſeinem Krankenlager weilt. Es ſei vollſtändig aus⸗ geſchloſſen, daß das linke Bein jemals wieder gebrauchsfähig ſein wird und wenn der Thron⸗ folger am Leben bleibt, ſo werde er ſein ganzes Leben hindurch lahmen. Vorläufig beſteht der Plan, den Zarewitſch an die Küſte des Schwarzen Meeres nach Gagry zu ſchaffen. Aber der Zar konnte ſich bisher noch nicht entſchließen, hierfür ſeine Erlaubnis zu geben. Aus dem Neichstage. Die Wahrung der deutſchen Intereſſen in Marokko. * Berlin, 4. Dez. Die Reichstagsabgeordneten Baſſermann, Junck und Frhr. v. Richt⸗ hofen richteten an den Reichskanzler oͤͤrei Anfragen erſtens: Ob die beiden Punkte des franzöſiſch⸗ ſpaniſchen Abkommens, deretwegen die Reichsregierung in Paris angefragt hatte, ſich auf den Bahnbau Tanger—Fez und auf die Zollbehand⸗ lung des Tabaks beziehen. Zweitens: Ob der Reichs⸗ kanzler gedenke der Aufhebung der deutſchen Poſt in Marokko zuzuſtimmen? Drittens: Ob es dem Reichs⸗ kanzler bekannt ſei, daß die franzöſiſche Regierung nicht gewillt iſt, in Marokko diejenigen öffentlichen Arbeiten, welche den ſtrategiſchen und Verteidigungs⸗ intereſſen oder der militäriſchen Sicherheit zu dienen beſtimmt ſind, den durch die Algeeirasakte und das deutſch⸗franzöſiſche Abkommen vom 4. November 1911 feſtgeſetzten öffentlichen Submiſſion zu unterwerfen, und was die franzöſiſche Regierung unter den Arbei⸗ ten der genannten Art verſteht? Reichskanzler und Zentrum. Berlin, 5. Dez.(Von unſ. Berl. Bur.) Der geſtrige Vorſtoß des Zentrums gegen den Reichskanzler und den Bundesrat wird in der Berliner Preſſe in langen Leitartikeln beur⸗ teilt. Allgemein herrſcht die Annahme vor, daß das Zentrum die geſtern angeſagte Fehde gegen den Kanzler nicht lange aufrecht erhalten wird und bald wieder in die Arme der Regierung zurück⸗ kehren werde. Die Rede des Kanzlers wird verſchiedentlich beurteilt. Im allgemeinen ſagen die Kommentare der Zeitungen, daß der Kanzler die Erklärung des Zentrums nicht mit Entſchiedenheit zurückgewieſen habe. Dieſer Meinung iſt z. B. die„Voſſ. Zieg.“ nicht. Sie ſchreibt: Und Herr v. Bethmann⸗Hollweg? Nimmer er den Fehdehandſchuh auf? Es bleibt ihm wohl nichts anderes übrig. Aber er tat es mit einer Vorſicht und Zurückhaltung, die ge⸗ nügſam zeigt, wie wenig er kämpft um des Kampfes willen. Er eignet ſich die vielfäl⸗ tigen Angriffe gegen die Jeſuiten nicht an. Er hütet ſich ſelbſt, die Notwendigkeit des Ge⸗ ſetzes zu betonen, nur die Grundlage für die Ausführungen mußten„kodifiziert“ werden. Er feiert die immer bewieſene Bundestreue Bayerns und weiſt jeden Gedanken an illoyale Abſichten des Herrn v. Hertling weit zurück. Das Tiſchtuch iſt zerſchnitten, der Krieg er⸗ klärt. Was wird nun geſchehen, welche Ent⸗ wicklung wird der Kampf nehmen? Sonder⸗ liches Vertrauen haben die Ultramontanen zum Nachfolger des Fürſten Bülow nie ge⸗ habt. Denn er war der eigentliche Block⸗ miniſter „Wir werden unſer Verhalten dement⸗ ſprechend einrichten“. Es iſt nicht bekannt ge⸗ worden, daß das Zentrum bisher die Vorlage bewilligt oder abgelehnt hätte, um dem Kanz⸗ ler gefällig zu ſein oder perſönlich Vertrauen zu beweiſen. Soll in Zukunft für einen Ge⸗ ſetzentwurf, den das Zentrum an ſich für be⸗ rechtigt hält, nicht mehr auf die Zuſtimmung des Zentrums zu rechnen ſein, weil es kein Vertrauen zu Kanzler und Bundesrat hat? Es gibt Leute, die ſeit einiger Zeit ver⸗ ſichern, die klerikale Partei wird Herrn von Bethmann⸗Hollweg bei der Etatsberatung das Gehalt verweigern, gegen alle Militär⸗ und Marineforderungen ſtimmen und ſchließlich den ganzen Reichshaushalt ablehnen. Wenn das geſchähe, es wäre ein Schauſpiel für Götter! 110 Sozialdemokraten, 88 Zentrums⸗ mitglieder, 18 Polen— eine ſichere und mehr als ausreichende Mehrheit! Außerordentlich günſtig National⸗Zeitung die Reichskanzlers. Sie äußert ſich: Die kurze Verteidigungsrede des Reichs⸗ kanzlers machte einen glänzenden Eindruck, ſo⸗ wohl durch die Schlagfertigkeit der Argu⸗ mente, wie durch die Ruhe und Sicherheit, mit der er die Angriffe abwies. Die übergroße Mehrheit des deutſchen Volkes, die von einem neuen Kulturkampf nichts wiſſen will, wird ihm Dank wiſſen für die Entſchloſſenheit, mit der er die klerikalen Anſprüche abgewieſen hat. Die Bundesgenoſſen des Zentrums, die bünd⸗ leriſchen Konſervativen ſind naturgemäß von dem Vorgehen des Zentrums peinlichſt über⸗ raſcht worden. Zenttum ſtehen, beweiſt ihre Preſſe. Sie ſtellt ſichmehr auf die Seite des Zentrums, als Während die konſervative Kreuzzei⸗ tung überhaupt ſchweigt und ſich mit der Wiedergabe eines objektiven Stimmungsbilds begnügt, ſchreibt die bündleriſche Deutſche Ta⸗ geszeitung zur Rede des Reichskanzlers: Wir geben ohne weiteres zu, daß der Kanz⸗ ler durch die Erklärung des Zentrums hart beurteilt Rede die des Sache berechtigte Meinung etwas anderes hätte ausklingen laſſen, wenn er auf die hoch⸗ klingenden Wogen der Erregung einen ſtärke⸗ ren Tropfen glättenden Oels gegoſſen hätte. der Valkankrieg. Die Balkanereigniſſe und die Deutſchen in Geſterreich. In der letzten Rummer der„Oeſterreichiſchen Rundſchau“ beſpricht Herrenhausmitglied Dr. Baernreither unter obigem Titel die Auf⸗ gaben der Deutſchen in Oeſterreich angeſichts der Balkankriſe. Anknüpfend an eine von ihm ge⸗ gebene Anregung, daß die führenden Männer aus allen Teilen Oeſterreichs und aus allen Be⸗ Situation zu beraten, ſagt Doktor Baernreither, er wünſche die Erkenntnis herbeizuführen, daß die Balkanereigniſſe eine über die Tagespolitik und über die momentane Lage im Abgeordneten⸗ hauſe hinausreichende Bedeutung haben. Das ſollte in einem engeren Kreis vorbereitet wer⸗ den. Soweit, eine neue nationale Organiſation zu fordern, gehe ſein Vorſchlag nicht. Welche Herren gewählt werden ſollen, um das in enge⸗ rem Kreiſe gewonnene Ergebnis zum Gemein⸗ gut des deutſchen Bewußtſeins zu machen, dieſer Frage ſoll nicht vorgegriffen werden. Dr. Baern⸗ reither beſpricht ſodann die in Budapeſt ge⸗ tanenen Schritte zu einer Annäherung zwi⸗ ſchen Deutſchen und Ungarn und ſagt, ſo begrüßenswert dieſe Aktion wäre, ſo wäre es eine gefährliche Auffaſſung des anzuſtrebenden Zieles, wenn dieſe Annäherung unter dem Zei⸗ chen einer vorübergehenden Tagespolitik ſtehen, wenn ſie die Zuſtimmung zu einer beſtimmten ungariſchen Parteipolitik bedeuten würde, wenn ſie irgendeine Spitze gegen einen die Monarchie bewohnenden Volksſtamm hätte und wenn der Zuſammenſchluß der Deutſchen und Ungarn den Ausſchluß der Lebensrechte znderer Volksſtämme zum Zwecke hätte. Die angebahnte Annäherung hat nur dann den großen, Kleibenden, ja hiſto⸗ riſchen Wert, wenn ſie von dem gegenſeitigen Staatsintereſſe und zugleich von der richtigen Erkenntnis in die notwendigen Entwicklungen der Zukunft getragen wird. Die Deutſchen in Oeſterreich, ſagte Dr. Baern⸗ reither ſodann, haben es mit einer nord⸗ und ſüdſlaviſchen Frage zu tun. Der böh⸗ miſche Ausgleich werde nicht mehr von der Tagesordnung verſchwinden. Durch die Balkan⸗ Wie ſie aber innerlich zum getroffen war. Vielleicht wäre es aber doch nicht unzweckmäßig geweſen, wenn er ſeine in der rufen unter ſich Fühlung nehmen ſollten, um die der alpenländiſchen Deutſchen mi ihren ſüdſlaviſchen Nachbarn nähe gerückt. Hier handelt es ſich um den offenen Weg nach Trieſt, ein Lebensintereſſe aller Vö ker Oeſterreichs, vor allem der Deutſchen, zi gleich die Frage, wem die Adria, die Weltſtr unſeres Handels, gehören ſoll. Dieſe Prob durchzudenken und dabei das Intereſſe des S tes mit in Rechnung zu ſtellen, iſt die gro nationale Aufgabe und Pflicht der Deutſchen Die Deutſchen haben außerdem die Miſſton, Ver mittler des deutſch⸗oſterreichiſchen Bündni dankens zu ſein, die Brücke zu bilden zwif der deutſchen Welt Mitteleuropas und den deren Volksſtämmen, welche die Notwendi des Bündniſſes einſehen, aber oft Empfindun hegen, die mit dem Bündnis in Widerſpru ſtehen. Nach Klärung der heutigen Verhältniſß werde es ſich zeigen, wie die Impulſe, die de Südſlaven erhalten haben, ſich im einzelne äußern werden. Die Deutſchen haben dief Gang der Dinge ſorgfältig zu beobachten un! danach ihre Handlungen einzurichten. England und die Rede des Reichskanzlers. W. London, 5. Dez. Der„Daily Tele graph' ſchreibt über die Aufnahme der Red des Reichskanzlers: In Paris wird ſi Petersburg mit einer trotzigen Geſte. nend wird ſie allein von Rußland, abgeſe ſelbſtverſtändlich von einem natürlichen Jub Wien, als die ernſte Erklärung eines Stas mannes akzeptiert, der ſich ſeiner Verantwortung gegen eine verbündete Nation wie ſeiner P gegen Europa bewußt iſt. Herr v. Bethmau Hollweg hätte kaum weniger ſagen können un, es wäre vielleicht unpolitiſcher geweſen, meh ſagen. Weil Europa immer dazu neigt, in E 0 72 Meinungsverſchiedenheiten deutlich acht. Der Abſchluß des Waffenſtillſtandes. W. Konſtantinopel, 5. Dez. 2 Pforte gab geſtern amtlich bekannt, daß Waffenſtillſtand mit Bulgarien, Serbien Montenegro unter der Bedingung abgeſchlo worden iſt, daß die Kriegführenden in wärtig von ihnen gehaltenen Stellungen ben. Die Friedensverhandlung beginnen ohne Aufſchub. Der zuſtand wird allein gegen Griechenland qn erhalten. Die gleichlautende Bekanntmachu den Vertretern der Türkei im Auslande türkiſchen Provinzialbehrden zugegangen. otomaniſchen Bevollmächtigten Reſchid Pa Oberſt Ali Riza und Damad Ferid Paſcha zurückgekehrt. Es fand ſofort ein Mi ſtatt, an dem zeitweiſe der albaniſche Sena ſchid Akif und der Berliner Botſchaft Nizami Paſcha teilnahmen. Es ſoll dab über Albanien verhandelt worden ſein. 2 Kolonne mit Lebensmittel für Adriano geſtern abgegangen. Waffenſtillſtand und Friedensverhandli *Konſtantinopel, 4. Dez. Vertreter des Wiener Corr. Bureaus vo tiſcher Seite erfährt, werden die Friedens lungen inl etwa 10 Tagen in L beginnen. Als erſter türkiſcher Be tigter wird Reſchid Paſcha fungieren. Di gen Bevollmächtigten ſind noch nicht beſt Ueber die Grundlagen der Friedensprälimi ſoll bereits ein Einvernehmen beſtehen. Die terhandlungen mit Griechenland wegen des fenſtillſtandes dauern fort. Man hofft, griechiſchen Bevollmächtigten übermorgen Tſchataldſcha kommen, um die Annahme Protokolls mitzuteilen. Wetter⸗Nachrichte dt. Wettermeldungen. In der Nacht woch erfolgte überall Aufklaren und im Se ſtellte ſich infolge der durch die Schneedeck gerufenen kräftigen Wärmeſtrahlung ſchar ein. In den Morgenſtunden bot ſich vielfach ausſicht dar; die Skibahnen ſind in tadello faſſung, da die obere Schneeſchicht pulpri außerdem einen Reifanſatz aufweiſt. Es Hundseckt 6 Grad kalt, klar, ca. 50 Zentt Schneehöhe, pulvrig, Skibahn bis Wiedenfelfe Unterſtmatt⸗Hornisgrinde: 7 Gr Schneehöhe 60 bis 70 Zentimeter, obere Lage pu Rauhreif, klar, Oſtwind, ausgezeichnete Skifh 200 Meter; Breitenbronn: Schneeh 50 Zentimeter, 5 Grad kalt, klar, Pulverft aute Skibahn bis Biſchenberg; Mu Schneehöhe 70 Zentimeter, darunter 20 pulvriger, trockener Neuſchnee, 7 Gr klar, Oſtwind, vorzügliche Skibahn brunnen; Ruheſtein: 65 Zentim obere Lage pulvrig, Rauhreifanſatz, 6 Grad kalt, Skibahn ſehr aut bis RNodelbahn beim Vogelberg gu Zentimeter Pulverſchnee, Reif, hell Grad Kälte, ausgezeichnete Skibahn Freudenſtadt 40 Zentimeter Schne bahn durch verſchneiten Tannenn ſtadt nach Kniebis; Trib durchſchnittlich 85 3. trocken, obere Lag⸗ ereigniſſe iſt die Auseinand erſetzung aen e Zum Petroleum⸗Monopol. Der Kaufmänniſche Verein, E.., Rielt geſtern abend im hinteren Saale des Cafe Germania“ einen ſehr gut beſuchten Vereins⸗ Abend ab, dem auch mehrere Damen heiwohn⸗ ſen. Als Vertreter der Handelskammer war err Dr. Uhlig erſchienen. Der Vorfitzende, err Direktor Kinkel, eröffnete den Abend lit begrüßenden Worten und führte dann aus: konopole ſind, wie Sie wiſſen, in Deutſchland ucht vorhanden. Ein Monopol iſt eine neue Erſcheinung im voltswirtſchaftlichen Leben un⸗ ſeres Landes, und daher auch für alle Kaufleute wenn Sie auch nicht direkt an der Frage be⸗ teiligt ſind— von weittragender Bedeutung Selbſtverſtändlich können wir uns als kaufmän⸗ iſcher Verein, der in der Hauptſache Gehilfen⸗ ntereſſen zu vertreten hat, mit der wirtſchaft⸗ ichen Frage, die ja auch behandelt werden muß, icht ſo eingehend befaſſen, daß wir zu dieſer ge als ſolche Stellung nehmen können. Der chwerpunkt unſerer heutigen Verſammlung egt in der Wirkung dieſer Monopolbeſtrebun⸗ en auf die zukünftige Stellung der in der Pe⸗ roleumbranche beſchäftigten An⸗ eſtellten, um für dieſe Angeſtellten, die im anzen Reich etwa 3 bis 4000 betragen, von enen allein mehr als 100 auf Mannheim ſelbſt entfallen, zu ſorgen. Für ihre Beſtrebun⸗ gen einzutreten, muß Aufgabe aller kaufmänni⸗ ſchen Vereine und Korporationen ſein, denen das Wohlergehen ihrer Mitglieder am Herzen jege. Wir glaubten deshalb, am hieſigen Platze nicht verſäumen zu müſſen, eine Verſamm⸗ ung einzuberufen, um ſich über die Frage aus⸗ prechen zu können und unſer Wort in die Wag⸗ le zu werfen.(Lebhafter Beifall.) Sodann erteilte der Vorſitzende Herrn Rupp das Wort zu deſſen Vortrag über„Das pro⸗ ektierte Petroleum⸗Monopol und ſeine Wirkung auf die Angeſtell⸗ zen“, Redner führte u. a. aus: Die Petroleum⸗ rage habe ſchon zu verſchiedenen Malen den Reichstag beſchäftigt, ohne daß es zu einem Re⸗ ultat in dieſer ſchwierigen Frage kommen onnte. Zunächſt habe ſich der Reichstag im Jahre 1895 mit den Schwierigkeiten und den ge⸗ ährdeten Verhältniſſen des deutſchen Petro⸗ eumhandels befaßt. Auf einige Interpellationen berſchiedener Abgeordneter erwiderte der dama⸗ ſige Staatsſekretär von Böticher, daß die Regie⸗ ung die nötigen Maßnahmen treffen wolle. her geſchehen ſei nichts. In den Jahren 1895 und 1897 habe ſich der Reichstag wiederum mit er Petroleumfrage befaßt und zwar im Dezem⸗ her 1897 auf eine Interpellation des Reichstags⸗ ibg. Baſſermann. Am 15. März 1911 habe ber Abg. Streſemann eine Reſolution im eichstag eingebracht, in der Erhebungen von der Regierung verlangt wurden, in wieweit durch das Vorgehen der Standard Dil Comp. und deren Tochtergeſellſchaft, der Deutſch⸗ Imerikaniſchen Petroleum⸗Geſellſchaft, die Ge⸗ ihr einer Monopoliſierung des deutſchen Petro⸗ eumhandels beſtehe. Aber 1½ Jahre habe es gedauert, bis die„Nordd. Allgem. Ztg.“ das Port fand. Dann ſei der Geſetzentwürf vorge⸗ ſegt worden. Dem Bank⸗Konflikt ſei es zu dan⸗ en, daß weitere Kreiſe ſich mit der Sache ein⸗ gehender befaßten. Redner beſprach dann zunächſt den Geſetzenk⸗ pürf für Leuchtöl und bemerkte im Anſchluß Jarau, daß das Petroleum weder billiger werde och hätten die Kaufleute einen Nutzen von einem Monopol. Die Detailleure kämen auch recht ſchlecht weg. Dann ging Redner zu dem 8 11 des Geſetzent⸗ purfes üger, der ſich mit der Angeſtelltenver⸗ cherung befaßt. Er bemerkte: Wenn man den Paragraphen einer genauen Prüfung us ker⸗ ziebe, ſo werde man finden, daß dieſer für die Angeſtellten recht ſchlimme Folgen in Ranzieller Beziehung habe. Redner führt hier⸗ für verſchiedene Beiſpiele an. Die Angeſtellten jähen mit großer Beſorgnis ihrer Zukunft ent⸗ zegen. Redner kritiſiert insbeſondere die Ent⸗ chädigungsſtaffel, durch die ſich faſt alle Be⸗ zmten finanziell ſehr benachteiligt fühlen. Alle Ageſtellten, beſonders diejenigen, die ein beſ⸗ es Salair beziehen, ſei es außerordentlſch wer, eine ähnliche Stelle und ein ähnliches echalt wieder zu erhalten. In ſeiner jetzigen ſal ſei der 8 11 abzulehnen.(Lebhafter all. Der Vorſitzende dankte dem Referenten für deſſen Ausführungen, worauf nach einer bei den werden aufmannſchaft ſich gegen den Entwurf eine zeichspetroleummonopols ausgeſprochen hätten. Schließlich bekomme man ein Monopol ohne Petroleum.(Heiterkeit.) Herr Dr. Uhlig be⸗ Rierkt, daß in der Handelskammer kürzlich eine ndcheng zwiſchen den Intereſſenten ſtatt⸗ efunden habe. Die Handelskammer werde grausſichtlich in der am Freitag ſtattfindenden Plenarſitzung zu der Angelegenheit Stellung nehmen. Herr Rupp glaubt nicht, daß die amerikanſſchen Geſellſchaften den Preis für das etroleum erhöhen. Mit der Preiserhöhung alle der Konſum. Damit falle auch eine 575 Einnabme für das Reich, die im Jahre 16—17 Millionen Mark Zoll einbringe. Auf eine An⸗ frage wegen der Spannung zwiſchen Elektri⸗ Zzitäkt, Gas und Petroleum bemerkte der Redner, daß, wenn man der Stadt glauben wolle, Gas 3Zmal billiger als Petroleum ſei.(Heiterkeit.) Die am Schluß der Verſammlung vorge⸗ ſchlagene und einſtimmig angenommene Reſolution, die als Ergänzung und Verſtärkung der bereits im November 1912 von Deutſchen Verbande Kaufmänniſcher Vereine eingereichten Eingabe gedacht iſt, hat folgenden Wortlaut: In der am 4. Dezember 1912 vom Kaufmänniſchen Verein Mannheim im Sagale des Reſtaurants Ger mania einberuſenen Verſammlung von Kaufmäu⸗ niſchen Augeſtellten und Intereſſenten der Petroleum brauche wurde zu§ 11 des Gefſetzentwurfes über deu Verkehr mit Leuchlöl folgende Reſolution gefaßt: 1, Es muß jedem Angeſtellten freigeſtellt ſein, von der VB. G, übernommen zu werden, oder ein⸗ Abfindungsentſchädigung zu beanſpruchen. Tritt der Angeſtellte in den Dlenſt der V.., ſo hat die V. G, in anbetracht ſeiner bisherigen ſicheren und aus⸗ kömmlichen Lebensſtellung ihm eine ſichere, ſeiner jetzigen Tätigkeit entſprechende Stellung zu den ſeit⸗ herigen Bedingungen und mit gleichen Aveneements⸗ gusſichten, ſowie mit Penſionsberechtlgung zu über⸗ tragen. 2. Diejenigen Angeſtellten der beſtehenden Pe⸗ troleumgeſellſchaften, welche nicht zur V. G. über⸗ treten, ſollen ihre bisherigen Bezüge bis zum Ablauf des Kalenderhalblahres erhalten, das dem Zeitpunkt der Uebernahme des Betriebs durch die V. G. folgt. 3. Angeſtellte, welche 2 Jahre in der Petrolbranche tätig waren, erhalten außer der in Abſatz 2 ge⸗ nannten Vergütung als Entſchädigung die Bezüge des letzten Jahres der Anſtellung, hat das An⸗ ſtellungsverhältnis länger als 3 Jahre gedauert, er⸗ halten ſie außerdem für jedes auch nur begonnene weitere Jahr die Hälfte der Bezüge des letzten Aus⸗ ſtellungsfahres. Die geſamte Entſchädigung ſoll jedoch das ſiebeneinhalbfache ſämtlicher Bezüge des letzten Anſtellungsjahres nicht überſteigen. Diefenigen Angeſtellten, welche vor der Ueber⸗ nahme durch die V. G. älter als 40 Jahre ſind, ſollen für jedes weitere Lebensjahr einen Zuſchlag von ½0 der Entſchädigungsſumme erhalten, während den⸗ jenigen Angeſtellten, unter 40 Jahren für jedes Jahr, das ſie jünger ſind,/ an der Entſchädigungs⸗ ſumme gekürzt werden ſoll. Bei den Angeſtellten über 40 Jahre kommt alſo die Beſchränkung auf das ſieben⸗ einhalbfache des Jahreseinkommens in Wegfall. Angeſtellte, die das 20, Lebensſahr noch nicht vollendet haben, ſollen nur die unter 2 vorgeſehene Entſchädigung empfangen. 4. Als Aangg ſollen neben dem Gehalt des letzten Auſtellungsſahres auch Gretifikatlonen, ſowie ſreie Wohnung, Beleuchtung und ſonſtige Vorteile, die ſich als Gegenleiſtung für die in dem bisherigen Geſchäftsbetrieb geleiſtete Arbeit bezeichnen laſſen, gelten. Außerdem iſt zu gewähren: Bei Krankheit Fortdaner der Salärzaßlung, Ur⸗ laub von 14 Tagen bis 5 Wochen, ſe nach Dienſtalter und Stellung, bisherige Arbeitszeit, feſte Gehalts⸗ kalg mit ſeitherigen feſten Zulagen und volle Berück⸗ ſichtigung der aus der eigenen Beamtenverſicherungs⸗ laſſe entſpringenden beſonderen Vorteile gegenüber der ſtatlichen Privatbeamtenverſicherung. Die von der V. G. nicht übernommenen, ſowie die übernommenen und zur Entlaſſung kommenden Angeſtellten ſind für den Verluſt der Vorteile aus den Penſtonsverſicherungseinrichtungen der Geſell⸗ ſchaften wie folgt zu entſchädigen: Für das 1. Jahr 1% Jahresſalär, für jedes weitere Jahr Jahres⸗ ſalär mehr und zwar bis zum Höchſtbetrag eines drei⸗ fachen Jahresſalärs reſp. bis zu einer Maximal⸗ ſumme von 15 0004 5. Die ganze Entſchäbigungsſumme iſt ſofort in bar auszubezahlen. 6. Angeſtellten, die von der V. G. übernommen wurden, aber ohne Verſchulden ſyäter zur Entlaſſung kommen, iſt die gleiche Entſchädſaung zu bezahlen, wie denßenigen, die gleich bei eubernahme des Be⸗ tuiebs durch die B. G. nicht übernommen wurden, Unter Anrechnung der in der B. G. zugebrachten Dienſtjahre, alſo in dieſem Falle muß ſowohl die Zeit, welche der Betreffende bei der V. G. ſelöſt, als auch die Fahre, welche er früßer in der Petrolbranche zugebracht hat. für die Entſchäbiaungsberechnung zu⸗ grundegelegt werden. 7. In gleicher Weiſe wie die Angeſfelkten der Petroleümgeſelkſchaften ſollen auch die Angeſtellten der Kannengeſchäfte behandelt werden. 8. Wird im Laufe der Jaßre der V. G. der Be⸗ trieb von Petroleum vom Reſche entzogen und ſoſcher an andere übertragen, oder vom Meiche ſelhſt über⸗ nommen, ſo hat die Nachfolgerin der B. G. die An⸗ geſtellten zu ohigen Bedingungen zu Übernehmen, —7 ee ſe Geltendmachung der hieraus entſtehenden Anſprüche hat im ordentlichen Rechtswege* er⸗ ſolgen, während ſonſtige Streitigkeiten aus dem aß edake vor dem Kaufmaſisgericht zu regeln ind. Volkswirtschaft. Neue ſtheinau-Aktien-Besellschaft. Im Bericht des Vorstandes wird ausgeführt: elm sechsten Geschäftsjahr unserer Gesell⸗ sehaft war dle Nachfrage nach Grundstüeken kür industrielle Anlagen noch geringer als im Vorjshre. Es kamen nur 6 Grundstüeks⸗Ver⸗ kesuke zustande, welche einen Gewinn von M. 60 198·65 gegenüber dem Buehwert erbrachten. Zur Abrundung des Besitzstandes wurden 6 Grundstücke neu erwerben; für Auffüllung von Grundstücken wurden M. 22 840,78 aufgewen⸗ det, sodaß sieh der Gesamtbuchwert unseres Immobilienbesitzes gegen das Verjahr nur um etwa M. 2g oo% vermipdert hat. Die schon selt Melen Jahren schwebengen Verhaudlungen wagen Lestrennung der Rheinau von Secken⸗ heim und Zuteilung zu Mannheim kaben end⸗ lich ihre Erledigung gefunden und æwar mußte, da eine Einigung mit der Muttergemeinge Seekenheim nieht zu erzielen war, die Las- trennung auf gesetzlichem Wege erlelgen. Sie wird mit dem 1. Januar 1913 in Kraft treten. Es steht zWar zu erwarten, daß die Eingemein- duns für die Rheinau von schr einschneidender Bedeutung sein und deren Entwieklung för⸗ dern wird. Vor allem wird es möglich Sein, mit der Stadtgemeinde Mannheim berüglich der Verwertung ven Industriegelände gemeig⸗ sam vorzugehen, wovon beide Peile Vorteil haben werden. Infolge der bevorstehenden Eingemeindung ist auch mit dem Bau der eſek⸗ trischen Bahn nach Mannheim bereits begon- nen worden sodaß zu Beginn des koemmenden Jahres dieses lang entbehrte Verkehrsmittel zur Verfügung stehen wird. Durek die Ein⸗ gemeindung Wurden der Stadt Mannheim er⸗ hebliche Opfer auferlegt, zu deren Vebernahme sieh die Stadtverwaltung nu egtschljeßen keunte, nachdem wir uns au unentgeltlicher Veberlassungs von Gelände an die Stadt be⸗ reit erklärt hatten. Der Buchwert des abse⸗ tretenen Geländes ist uns ven der Stengelhof⸗ Gesellschaft m. b,., der Terrain esellschaft Sporrworth m. b. H. i. L. und der Einfamiljen- haus-Gemeinnützise Gesellschaft m, b. H. i. I. vertzütet worden, sedad wir nur auf gen Ge⸗ Winn auf die allerdings sehr nieder zu Buch stehenden Grundstüelte verzichten muhten. Die Stadt Mannheim bat ven ung das Ka-⸗ nalpumpwerk zu dem Buehwert von M. 30 000 Käuflieh erworben; gleichzeitig haben wir die sämtliehen Straßen im Hafengebiet der Stadt⸗ verwaltung ohne Entsehädigung überlassen, wedurek in Fukunft die Betriebskosten des Pumpwerks und die Unterhaltungskosten der Straßen in Wegfall kommen. Durch Verkauf versehledener Restkaufschillings Ferderungen und Eingang der restlichen Zahlung für das Elektrisitätswerk hat sich unser Bankguthaben Weiter erheblieh erhöht. Begzüglich der Gewinn- und Verlustrechnung ist folgendes zu bemerken: Mit der Gemeinde Seekenheim schwebte seit Jahren eine Differenz wegen Beitrag der Gemeinde zu den Betriebs⸗ kosten des Pumpwerks, Der hierwegen schwe⸗ bende Rechtsstreit ist dureh Vergleich erledigt worden, wonach uns die Gemeinde Seckenheim M. 16 000 zu vergüten hatte. Von Maschinen und Einriehtungen haben wir einen Teil ver⸗ äußert und dabei einen Gewinn von M. 5664 über den Buchwert erzielt; wegen Veräußerung der weiteren Maschinen usw. sind Verhand- lungen eingeleitet; für dieselben wird jeden- kalls der Buehwert erlöst werden, weshalb Ab- schreibungen nicht erfolgt sind. Auf eine be⸗ reits abgeschriebene Forderung ist nachträg- lich ein Betrag von M. 914 eingegangen. Auf Versicherungen, die durch Aufgabe des Um- schlagbetriebs und Uebergabe der Straßen an die Stadt hinkfällig geworden sind, wurden uns Prämien zurückvergütet, wodurch sich der im Haben erscheinende Betrag von M. 212 er⸗ klärt. Die Steuern erreichten im Betriebsjahr die beträchtliche Höhe von M. 96 67T, wovon aber ein erheblicher, ziffernmäßig noch nicht keststekender Teil zur Rückvergütung gelan- gen wird. Dieser Betrag wird dem nächsten Geschäftsjahr zugutkommen. Auf Ekkfekten (Badiscke Staatsanleihe) mußte des Kursrück- ganges halber eine Abschreibung von M. 433 vorgenommen werden. Auf das im vergangenen Jahr abgerechnete Elektrizitätswerk waren naehträglieh noch verschiedene Kosten mit zu- sammen 1731 M. zu bezahlen. Der Gewinn des Geschäftsjahres bezif- fert sieh auf M. 75 635(33 696), wovon gemäß §19 a des Gesellschaftsvertrages 5 Prozent mit M. 3782(1685) dem Reservefonds zu überweisen sind. Der hiernaeh verbleibende Betrag von M. 71 854(32%1) ist, da die Bildung von Spe- zialreserven nicht erforderlich ist, nach 8 10b des Gesellschaftsvertrages auf neue Rechnung Vorzutragen. Der Gewinnvertrag erhöht sich dadurch auf M. 1 838 644(1 766 790). In der Bilanz stehen: unter M. 5 280 000 Aktienkapital, M. 99 144(9s 363) Reserven und M. 10r 135(98 Sss) Kreditoren die Immobilien mit M. 3 60% dos(3 682 443), Mobilien und Uten- silien mit M..—(.—), Maschinen und Ein- richtungen mit M. 15 103(21 270), Bau-Mate- rlalien mit M. 13 389(13 524), Kassa mit M. 767(957), Bank-Guthaben mit M. 3 180 136 (2 443 418), Resticarfschillinge mit M. 436 720 (864 a81), Sonstige Ausstände mit M. 23 334 03 O) und Eſtekten M. 11 396(11 8300 zu Buch. In der Gewinn und Verlust⸗-Rechnung ligurieren Abschreibungen auf Mobilien und. Utensilien mit M. 124(51,18), auf Effekten mit M. 433, Unkosten mit M. 39 341(81 361), Steuern mit M. 96 671(ao s47], Straßen-Unterhaltung mit M. 2036(1840), Elektrizitätswerk: nach⸗ träslich bezahlte Unkasten mit M. 1731, Ge⸗ winn mit M. 25 635(33 696), während unter „Haben“ verzeichnet sind: Immobilien mit M. 69 190(106 g40), Maschinen und Einrichtungen mit M. 5664, Zinsen mit M. 138 787(72 428), Pumpwerk Betrieb mit M. 16 290, Bahn- und Erdarpeiten mit M. 242(7335), Miete und Pacht mit M. 2560(2420), Umsehlag-Betrieb mit M. 2103(8230), Rückvergütung von Prämien mit M. 212 und Eingang auf eine bereits abge⸗ schriebene Forderung mit M. 914. Ueber die Ausslehten wird im Bericht ausgeführt:„Auch im neuen Geschäftjahr hat das Liegenschaftsgeschäft sjeh nicht belebt; bis jetzt konnten nur 3 Verkäufe zum Ab⸗ schluß gebracht werden.“ —— Schnellpressenfabrik Frankenthal Albert u. Cie. Akt.-Ges. Frankenthal. In der gestrigen Aufsichtsratssitzung wurdle die Semesterbilans vorgelegt, nach welcher der Halbiahresversand gegenäber 2% Mill, M. im Vorjahr auf über 3 Milllonen Mark gestie- gen jst. Die Beschäftigung ist fortgesetzt eine betriechgende. Ferner Wwurde dem ältesten Sohne des zrsten Direktors, Herrn Kommer⸗ zienrat Ganß, Herten Diplom Iagenieur Kurt Gank, der nsch Rückkehr von selner amsrikanischen Studlenreise in die Fabrik ein- getreten ist, Nollektiv-Prokurg erteilt Produkte. Neu-Vork, 4 Dezember. Kurs vom 4..4 3. Baumw, atl. Hafen 28 32.000/ 8 1 8 do. atl, Golfn. 0.4.— io, jm innern 9 28.000/ Zugker Muskov..58 do, Exp. n. Gr. B. 0 16.000/ Kaffee Rio looo 14.½ 14.½ do, Exp, n. Kont. 22.0½% 88.000] do. Dezember 13.07 13.186 Baumw, I009 12.75 12.651 do, Januar 13.10 13.28 do, Dezember 12.30 12.35 do, Februar 13.25 13.33 do. lanuar do. März 13.47 13.62 do. Februar do, Apell 13.54 13.70 90. März do. Hai 13.87 13.82 do, Aprll do. Juni 13.72 13.87 do. Mal 5o,. juli 13.77 13.91 o. Juni do. August 13.79 13.92 do. jull do. September 13.82 13.98 do. August do, Oktoder 13.82 13.98 do, in New⸗ do. November—.——.— Orl. loo0 12.% 12.%%0 eizen Ur, 2 looo 103.— 108.— do. Dezember 12.5 12.51“ do. Derember 91.— 90.— do. lanuar 12.60 12.680 do. Mai 98.½ 38.½% Fetrol. raf. Casse 11.40 11.40 4o. juli——eê do. stand. winte Mals Dezember—— Rew-Vork.50.50] do. Mai—.—— do, stand. wlhte Nehl spring wheat.05.05 Phlladelphia.50.50 Getreidefracht n. Petr.-Cred. Baland.85.85] Liverpool.—.— TerpentMew-Vork 39.— 3½ do. TLondon.—.— do. Savanah 35.% 35.½ do. Antwerpen 3¼./ Sohmalz-Mestern 11.30 11.3 do. Rotterdam 13.¼ 13.½ do.(Roh. Br.) 11.80 11.80 Ohioago, 4. Dez., nachm. 5 Uhr. Kurs vom 4. 3. Kurs vom 4. 4. Welzen Dezember 84.% 84.½ Lelnsaat Dezbr. 125. 125. do. Mal 90.½ 90./ Schmalz Dezemb. 1d.87 1 do. jul 87./8 87.½ do. Januar 10.57 10.57 Mals Dezember 48.¾ 48./ 90. Mal 10.17 10.17 do, Mal 48./ 48.% Pork laauar 1927 19.27 do, Juli 49.½ 49.%[ do. Mal 18.85 18.80 Roggen looo 62.— 62.— do. jull—— do, Dezember—.——.—Hippen lanuar 10.22 10.22 do, Jjanuar 2— do., Nai.90.98 Hafer Mal 22./ 33.— do. jull—— do, juli 38.½% 33.½[ Speok 1025—.— Lelnsaat looo——1 LIverpool, 4. Dez.(Sohluss.) Welzen roter Winter stetig 4. 8. Otfrerenz per Mürzg J7ſ% 22%8— per Mal„ 7½%½ 77% +. Mals stotig Bunter Amerlka per jan. 4/½0¼ 170—4 La Plata per Februar 4õ—115—, 11¼— Antwerpen, 4. Mov.(Sohluss.) Weizen ruhig 4. 3. derste 4. 4 per Dezember, 29.30 20.27 per Dezember. 1730 1720 per März.. 290.07 20.05 per NMür: 128.85 16.87 ((( Köln, 4. bdez. Rüböl in Posten von 5009 kg. 71.—., Dez 67,50., 67.— b. Neuss, 4. Dez. Fruchtmarkt. Wetzen neuer la. 21.—, Ha. 2 Illa.—.— Mk.— floggen neuer la. 16.80, Ila. 18.80, Iia.—.— Uk. Hafer alter ſa, 17.—, la. 16.— KMk., Rüböl 68.—, fasswelse 70.— gereinligtes Oel 71.— Ak. per 100 Kilo.— kHeu.70—.20, Luzerner neu.50 Mk. die 50 Kiio, Presskuoben 104 uk. für 1000 Klle Klele.20 Mk. Rotterdam, 4 Dez. 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Fegeſstatton vom UaAtUn Hbein 1. 2. 5, Seserkesgen Hunjagen?)„..38.32.31.28/ 1. 122J Abeade 6 Uar Lehl. 4232.22 220 29 220/ Nachm. 2 Ubr Maxau..3,92.68.82.78.79.76 Naohm. 2 Uhr Hannheim„..37.16.27.06.05.03 Aorgens 7 Ubr Fainn.202.40 02.58.—8. 12 Ubr Caub ꝗ.2222 222.J0.10 Vorm 7 Ubr Köſn, ꝗ 2727280.10.25 achm. 2 Ubr vom Neeckar: Mennheim...254233.7.43,3.08.J1 Vera J ber Helldronn..55].030.85.00.54 Vorm 7 URr ) Ostwind, heiter,—25. Wetteraussicht. f. mehrere Tags I. Voraus gul Grund der Depeschen des Relchs-Wetter-Dienstaz. 8. Dezomber; Neist trüve, feuohttalt, winalg. 9. Dezember: Bedeok, trübe, nalkalt, W 11. bezember; Kälter, bedeokt, um Aull herum, trübe. 12, berember; Frostig, bedeokt, tells helter, Zur Blutreinigung iſt das beſte Mittel morgens und abends eine Taſſe Dr, Wegeners Tee zu trinken, wodurch die Un⸗ reinſgkeiten allmählich vollſtändig aus dem Blute ent⸗ fernt werden. 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Seiet. zu Teil wurde. anerkannten nährung Maße und beitung, ihres ihrer immer mehr Jom Maskwern Zum Rakrung geworden zu ſein, 1 ein Er⸗ folg, der dank der außerordent⸗ lichen Vervollkommnung der Fa⸗ brikation und der wiſſenſchaft⸗ lichen Aufklärung der Schokolade vor wenigen Jahren Schokolade als Luxusartikel galt, hat ſie ſich in letzter Zeit den Rang eines Nahrungs⸗ Stärkungsmittels Von der Erkenntnis ausgehend, daß ſie ſämtliche zur Körperer⸗ erforderlichen Stoffe in verdauücher barer Form enthält, wendet man Schokolade in immer ſteigendem im täglichen Gebrauch zuf Beſeitigung gentlichen Flauhettsgefühls an. Touriſten Sportsleute ſchätzen ſie als Nahrung in bequemſter konzentrierteſter Reichardt-Scakgladen bürgern ſich itzrer feinen Verar. ſchmacks und nicht zum mindeſten Preiswürdigkeit ein. Reichardt⸗ Konfitüren erwerben ſich täglich mehr die Gunſt des Publikums. Verkauf zu Fabrikpreiſen in Launkeim. Hur Planhen P4. Nr. 1. Fernſprecher 1362. 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Der faſt märchenhafte Zauber, in dem ſie unter aſiatiſchen Dingen dahinlebte, gewann ſtärkeren Einfluß auf ihre Träume. Sie hatte eine kleine chineſiſche Dienerin, die den Namen Fu⸗ſhi⸗nog führte, und die Gertrude kurzerhand Fuſhina nanfte, den Namen engliſch akzentuierend. Fuſhina war ihrer ſchönen jungen Herrin eine ergebene Dienerin. Und ſie konnte ſeltſam, dis⸗ kret und beſtrickend plaudern. Ihre Stimme war dann wie das Rieſeln eines Quells, oder wie das Rauſchen des Windes zwi⸗ ſchen Baumwipfeln. Gertrude hatte ſich einige Kenntniſſe in der chineſiſchen Sprache angeeignet; Fufhina ſprach ein wenig engliſch und deutſch. Trotzdem ſo ihre Sprache ein Kauderwelſch war, kannte Gertrude nichts Angenehmeres, als ihr zuzuhören. Manchmal dachte ſie darüber nach, worin dieſer unverkennbare und bezaubernde Einfluß aſiatiſchen Weſens auf Europäer beſtand. aber nie kam ſie darauf, das Rätſel zu löſen. Sie hatte ſich ein beſonderes Zimmer eingerichtet, in dem ſie nur von chineſiſchen Gegenſtänden unige⸗ ben war. In dieſem Zimmer tröumte ſie ihre Träume, hier ließ ſie ſich von Fuſhina erzählen. Schwer erregende Farben umgaben ſie. Auf einer Konſple ſaß Kwan⸗ti, der grau⸗ envolle, urcht⸗ erregende Kriegsgott, deſſen bizarre Häßlichkeit Gertrude ſo manches Mal ein nachdenkliches Lä⸗ eln abnztidte. von Mk..— an — 8 den bunten T Weihnachten Oermania. Weltversicherungsscheln aut Leben u. Tod. Unverfallbarkeit. Unanfechtberkelt. Unerreichte Sicherhelt 28858 Vollkommenste Garantie für alle Eventualitaten. Mosbacher Kaesen 0O 8, 7 u 3, 6. krste dchnelennger Apfelweinkelterei; Mannbheimerger. 48/50. 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Fuſhing ſchmückte ſich am liebſten mit einem fächerförmig gebauten Haarkamm, von dem fünf Reihen ſchneeweißer Perlen niederhingen, deren jede in einen gelben, roten oder blauen Stein⸗ tropfen auslief. „Erzähle mir ein Märchen,“ ſagte Gertrude in jenen Wintertagen, die in ihrer kriſtallenen Hel⸗ ligkejt ſich ſo klar und angenehm von den Lon⸗ doner Nebelnächten und drückend grauen Tagen abhohen, manchmal leiſe zu Fuſhina. Erzähle mir eines von eueren leuchtenden und goldenen Märchen. Fuſhina lächelte und bewegte das Köypſchen, daß die roten und blauen und gelben Tränentropfen ihres Haarpfeils zitterten. „Was ſoll ich erzählen. Herrin? Unſere Mär⸗ chen wiſſen nur von der Liebe zu ſagen, von der Liebe und der Sehnſucht!“ „So erzähle mir ein Märchen von der Liebe und der Sehnſucht,“ entgegnete Gertrude bog den ſchlanken Frauenleib in die Kiſſen zurück. daß ihr junger, in ſchneeweiße Roben gekleideter Körper in dem purpurnen Damaſt wie in roter See zu ſchwimmen ſchien, verſchlang die Hände hinter dem Haupt und ſchloß die Augen. Fuſfhina kauerte auf der Erde, das kleine Köpf⸗ chen mit den mandelförmig geſchlitzten Augen ein wenig zur Seite geneigt, und begann: „Ich erzähle Dir ein Märchen von der Liebe. Es war einmal eine Prinzeſſin, die war reizen⸗ der als alle Frauen des Kaiſers, obgleich ſie erſt ſechs Jahre zählte. Ihre Füßchen waren klein, wie diejenigen eines Vögelchens und woßin immer ſie trat, glaubte man, die„goldenen Lilien“ aus eppichen wachſen zu ſehen. Wie alle Prinzeſſinnen lanaweilte ſie ſich zu⸗ weilen, denn auch die Spielſachen aus Gold und Elfenbein, die zwitſchernden, buntgefſederten Vögel und der Garten im blüßenden Purpur ver⸗ lieren allmählich an Intereſſe für die, welche im⸗ mer in ſolchen Koſtbarkeiten leben Fuſhina machte eine kleine Pauſe, und ihre träumeriſchen Augen hefteten ſich an die Aeſte des Kirſchbaums im Gorten die ſich pie ſchwarze Pinſelſtriche hinter dem Fenſter abhoben. Ger⸗ trude dachte: dieſe Prinzeſſin war wie ich ſelbſt; denn auch ich langweilte mich einmal zwiſchen der Haut heraus von selbst entwickelt. Leben und zwiſchen den Mönnarn, die mich be⸗ gehrten und über die ich lächelte. Fufhina fuhr fort: „Die kleine Prinzeſſin ſehnte ſich nach Abwech⸗ ſelung. Da vexrfiel ſie auf den Gedanken. ihre treue Amme um ein neues und intereſſantes würde, und dieſe gab ihr ihren Sohn, einen ſchö⸗ nen Jungen von ſieben Jahren, zum Spieſen. Auf einmal langweilte ſich die kleine Prinzeſſin nicht mehr. Kaum, daß die Sonne ibre erſten goldenen Nadeln auf die bſaue Atſasdecke des Himmels ſteckte, ſpieſten auch ſchon Wei⸗ſheng(ſo hieß der kleine Gefährte) und die Prinzeſſin zwiſchen den Hecken und Wieſen, und ihr winzig kſeiner Fuß huſchte ſo leicht über die Lilien und Raſen, daß dieſe nicht ſchnell genug ihre tiefe Verbeugung vor ihrer ſchönen Schweſter machen konnten.“ Fuſhina lächelte mit ibhren granatroten Lippen. Gertrude aber dachte, wie ſie mit dem männlichen Knaben der ihr ein Spielzeug geweſen. durch den blühenden Tiergarten geſtreift war; und Fuſfina fuhr fort: „Wei⸗ſheng war ein lieber und gefälliger Junge, der all die bunßten Launen und Wünſche, die junge Mädchen zu haben pflegen, ſeiner hohen Spielgefährtin von den Augen abſah. Auf ein⸗ mal aber kam der Könia binter die Art, wie ſich ſeine kleine Tochter die Zeit vertrieb, und er fand es höchſt ungehörig, daß ein ſo hocheeborenes Mädchen ſich mit dem Junden aus der ſetzten Kaſte obgab. Er unterſaate desbalb der Prinzeſſin für weiterhin derartige Spiele. Dem kleinen Weiaſheng aber verbot er, wieder die Schwelle des Palaſtes zu betreten, wollte er ſich nicht der Strafe einer Boſtonnade ausſetzen. An⸗ fangs weitne die kleine Prinzeſſin um ihren Ge⸗ fährten, doch Spiel und Jugend bheilten balß die Wunden ihres Herzens. und der König verbei⸗ ratete ſie an einen ſtolzen und einflußreichen hoßen Beamten ſeiner Provinz.“ Fuſhina mackte wieder eine Pauſe; Gertrudes Augen aber hingen ſtarr an ihren Lippen. „Und weiter?“ „So waren viele Jahre vergangen, als die Prinzeſſin einmal einen alten Tempel beſuchſe. in welchem einſame Prieſter Zukunft und Schickſal weisſagten. Als ſie ſinnend durch blühenden Garten aing der bor dem Tempel lag, ſah ſie einen wun⸗ derſchönen Jüngling zwiſchen zwei Beeten von den Dden Spielzeug zu bitten das ſie niemafs langweilen ſhrennenden Schmerz erfaßt, und da ſah ar⸗ daß Drucksache pe. Uaasebe Suchdruekerei. G. m. b.., E 8, 2 Durch Natur zur Schönheit kährt eine gründliche und zweckmässige Haut- und Körperpflege mit Lecina:- Seile“ Das in der edlen und feinen Lecina-Seife enthaltene Lecithin“ regt die Hautnerven kräſtig an und steigert infolgedessen die Lebenstätigkeit des erschlafften Hautkörpers. Auf diesem Wege schafft die Lecina-Seiſe, im Gegensatz zu anderen Toilette· Seilen, denen das Lecithin ſehlt und die deshalb nur àusserlich Wirken, eine vollkommene natüxliche Schönheit der Haut und des Teints, die sich aus dem i inneren Organismus Preis 50 Plg.; 3 Stck. M.40.— In allen einschlägigen Geschökten ethältlich.— Alleiniger Fabrikant; Ferd. Mülhens, Köln a. Räh. (Gegr. 1792) ände mit jenen meinen Spfelſachen und dem eintönigen Roſen und Filten ſchlofen. 9 0 Wei⸗ſheng, ihren einſtigen Splelgefährten, und die alte Liebe erwachte in ihr. Sie trat leiſe auf den Schlafenden zu u. legte ihr goldenes Armban auf die Stelle, wo ſie ſein Herz pochen börte. Dann ging ſie lächelnd in den Tempel. Bald darauf erwachte Wei⸗ſheng, von ei ſain Herg in Flammen„ſtand und das 91 den ſiel Und die 76 0 1 Roſen und Lilien und die ehrwürßigen Mauer des Tempels. und im Aucenblick ſtand dieſer u der Garten in einem Flammenmeer, in ßpeſcht die Prinzeſſin und Wei⸗ſheng und alle⸗ Prieſſer und Roſen und Lilien ihren Tod fanden, So ſtark war die Liebe des armen Weieſheng zu der kleinen Prinzeſſin geweſen!“ Fuſhina hatte die letzten Wonte leiſe und in tiefer ärtlichkeit geſprochen. denn ſie konnte ihr Mitleid für den armen Wei⸗ſheng klaum t bergen. 5 Gertrude hatte das Haupt gegen die Hände geſtützt und ſah ihre chineſiſche Dienerin mit 8 penden Augen an. „Dein Märchen lügt Fuſhina!“ 25 „O nein, Herrin! Märchen lügen nicht. Denn das Märchen iſt der Spiegel des Lebens!“ Da erhob ſich Gertrude müde, ohne ein Wort zu ſagen, denn der Schatten einer dunklen Ahnung war in ihr Herz gefallen. —.— (Fortſetzung folgt.) Güns gedingungen.— Finangier die Gesellschaft,— Solideste Weitgehendster Garantie u. 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Sitzung, Mittwoch den 4. Dezember. Am Tiſche des Bundesrats: Kühn, von Tirpitz. Präſident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 15 Minuten. Die erſte Leſung des Elals. Dritter Tag. Innere Politik. Ausgeſchloſſen von der allgemeinen Ausſprache wird die Frage des Petroleummonopols, die des Wagenmangels und die der Koalitionsfreiheit der Militär⸗ und Staatsarbeiter. Zu den beiden Punkten liegen bekanntlich Interpellationen vor. Staatsſekretär des Reichsſchatzamtes Kühn gält dann ſeine Etatsrede: Es iſt Gewohnheit, am Eingang der Etatsverhandlungen eine Ueberſicht der finanziellen Verhältniſſe dreier Jahre, des vergangenen, des laufenden und des kommenden darzulegen, d. h. nach den Ueber⸗ ſchüſſen, die ſie gebracht haben oder erwarten laſſen. Wir werden finden, daß die Jahre einander folgen, ſich aber nicht immer gleichen. Das Jahr 1911 ergab ſchließlich bei einer Geſamtein⸗ nahme von 3 Milliarden noch einen Ueberſchuß von über 390 Millionen. Dieſes günſtige Ergebnis beruhte nicht bloß auf der vorſichtigen Einſchätzung der einzelnen Einnahmen, ſondern auch auf den Verhältniſſen, die ſpät, 1910, eintraten und die früheren Minderergebniſſe von 1908 und 1909 erheblich verbeſſerten. Sehr erheblich wirkte aber noch die außerordentliche Beſſerung mit, die im Jahre 1911 in den Einnahmen eintrat. Es iſt eben eine alte Erfahrung, daß hohe Einnahmen des Staates in der Regel ein Proſperierenaller Verhältniſſe bedeuten. Das trat bei den Eiſenbahnen zutage, im Bankweſen, dann aber auch in den hohen Beträgen der Fölle. Auch auf gewiſſe Staatseinnahmen wirkte noch die Trockenheit des Sommers günſtig ein. So hat der erhöhte Bier⸗ konſum dieſe Einnahmen geſteigert. Dabei konnten wir noch den Fehlbetrag von 1909 vollkommen abbürden. Das Jahr 1912 dürfte auch nicht annähernd den Ueberſchuß von 1911 erreichen. Aber wir haben auch ſchon einen Teil ſeines Ueberſchuſſes be⸗ reits vorweggenomen. Jedenfalls ſoll der Gtat ſo aufgeſtellt werden, daß er, ſoweit es irgend möglich iſt, die Wirklichkeit wiedergibt. Etwaige Abweichungen, die trotzdem eintreten ſollten, werden dann tunlichſt berückſichtigt werden. Das iſt be⸗ ſonders bei den Getreidezöllen zu berückſichtigen, die immerhin ſtarken Schwankungen unterworfen ſind. Der ver⸗ floſſene Sommer hat keinessweg⸗ ein Abflauen der wirtſchaftlichen Lage gebracht. Wir haben mit einer Hochkonjunktur im wahren Sinne des Wortes zu rechnen. Da⸗ mit ſtimmen auch die Einnahmen an Wechſelſtempeln überein. Bei den Einnahmen finden wir faſt überall das erfreuliche Er⸗ gebnis, daß die Schätzungen übertroffen ſind. Der Redner führt die Zahlen der einzelnen Steuern an und greift in Anknüpfung an die Zuckerſteuer auf die Debatte über die neuerliche Verlängerung der Brüſſeler Konvention zurück. Im Jahre 1911 hat ein großer Teil der Zuckerinduſtrie unter der Ungunſt der Witterung gelitten. Hierfür ſcheint dieſes Jahr einen Ausgleich zu bringen. Nach der Schätzung der Internatio⸗ nalen Vereinigung der Zuckerintereſſenten ſteht uns an Zuckereine Rekordproduktion von 26 Millionen Doppelzentner bevor. Bei der Notwendigkeit, unſere Ueberproduktion an Zucker nach dem Ausland zu exportieren, ſollte unſere Induſtrie uns Dankwiſſen daß es durch den von Ihnen genehmigten Vertrag vom 17. März 1912 gelungen iſt, die ruſſiſche Zucker⸗ ausfuhr zu kontingentieren, ſo daß ſie uns auf dem Weltmarkt, beſonders aber auf dem engliſchen Markt nur beſchränkte Kon⸗ kurrenz macht. Die Befürchtungen, es könne ruſſiſcher Zucker über das Kontingent hinaus nach dem engliſchen Markt gebracht werden, ſind inzwiſchen weggeräumt worden. In dankenswerter Weiſe hat die ruſſiſche Regierung angeordnet, daß jetzt bei der Ausfuhr von Zucker in jedem Falle der Nachweis zu erbringen iſt, wohin der Zucker ausgeführf wird und daß in Zukunft aller Zucker auf das Kontingent abgeſchrieben wird, von dem nicht nachgewieſen iſt, daß er in einem Lande zur Einfuhr gelangt, welches außerhalb des für das Kontingent vorgeſehenen Ge⸗ bietes liegt. Die Bahn iſt alſo frei für unſeren ucke r. Es wird ſicher gelingen, dieſe Poſition unſeres Außen⸗ andels, die vorübergehend infolge der Mißernte zurückgegangen war, wieder zu heben. Die günſtigen Einnahmen des Jahres haben eine entſprechende Rückwirkung auf den Stand der Reichs⸗ hauptkaſſe gehabt. Der Stand unſerer Reichs⸗ ſchulden beträgt gegenwärtig 4,8 Milliarden gegenüber 4,99 Milliarden im Jahre 1909. ſo daß ein Rückgang von 191 Mill. in dieſer Zeit eingekreten iſt. Der größte Teil iſt aus laufenden Mitteln zurückgezahlt. Leider iſt der Kursſtand un ſerer Staatspapiere weiter ungünſtig geblieben. Die drei⸗ und dreieinhalbproz. Papiere haben eine ganze Reihe von Prozen⸗ ten verloren, obwohl der innere Wert dieſer Papiere ſich nicht vermindert hat. Vielmehr haben ſie ſich bei den le tzten Ereigniſſen ebenſo gut und beſſer gehalten als die Papiere anderer Länder. Der Grund für ihren Kursrückgang liegt im weſentlichen in der Inanſpruchnahme des Kapitals für andere Zwecke und in der daraus ſich ergebenden Steigerung der An⸗ ſprüche auf Verzinſung. Die zahlreichen Vorſchläge, die uns unterbreitet worden ſind, um auf eine Hebung oder wengſtens auf eine Stabiliſierung des Kurſes der Staatspapiere hinzuwirken, werden weiter ein⸗ gehend geprüft. Ich kann Ihnen die Verſicherung geben, daß uns die Hebung des Kurſes der Staatspapiere ſehr am Herzen liegt. Die Erörterung über die Rei chs finanzreform de rletzten Jahre wird in Zukunft umſomehr unterbleiben können, als durch die Annahme der letzten Reichstagsbeſchlüſſe Einmütigkeit darüber zu herrſchen ſcheint, daß die Finanz⸗ geſetzgebung des Reiches in einer Beſitzſteuer ihren Abſchluß finden ſoll. Ich möchte mich heute micht darüber äußern, welche Form dieſe Beſitzſteuer annehmen wird.(Heiterkeit.) Nur ſoviel kann ich ſagen, daß es ſich nicht um eine Sonderſteuer irgend welcher Art handeln kann, ſondern nur um eine allgemeine Steuer, mag ſie nun auf dem Gebiete der Ver⸗ mögens oder der Erbſchaftsſeuer liegen. Und ich kann weiter mitteilen. daß die im Reichsſchatzamt darüber aus⸗ gearbeitete Denkſchrift den Bundesregierungen bereits zugegangen iſt, und daß maßgebende Verhand⸗ lungen über den Gegenſtand ſtattfinden werden, vorausſichtlich noch ehe die Herren auns der Weihnachtspauſe Regierung dazu entſchloſſen iſt, einen Teil der Ausgaben für die Heeresvorlagen aus den Ueberſchüſſen des Jahres 1911 zu decken. Aber es iſt unrichtig, daß wir früher den Einnahmeetat künſtlich zurecht gemacht haben. Vielmehr entſpricht dieſer Etat den wahren Verhältniſfen. Eine Erhöhung der Einnahmen war deshalb möglich, weil die Feſtſtellung des Etats zu einer Zeit erfolgte, als man ſchon weiter ſehen konnte als früher. Es iſt ferner unrichtig, daß um Oſtern herum ein Umſchwung in den Anſchauungen eingetreten ſei. Denn die Verwendung eines Teiles der Ueberſchüſſe von 1911 zu den Ausgaben für die Heeresvorlagen iſt keine weſentliche Abänderung der früheren Auffaſſung. Ich darf für den vorliegenden Etat für mich in Anſpruch nehmen, daß er ſich an Solidität mit jedem ſeiner Vorgänger meſſen kann(Sehr richtig!) und ich darf hoffen, daß trotz aller entgegenſtehenden Wiberſtände es mit Unterſtützung des geſamten Reichstages gelingen wird, an den Grundfeſten einer gewiſſenhaften Finanz⸗ politik dauernd feſtzuhalten. Iſt das der Fall, dann werden im nächſten Jahre Anleihen nur zu werbenden Anlagen nötig ſein. Von den Ueberſchüſſen des Jahres 1911 ſind 106 Millionen für Vorſchüſſe der Heeresverwaltung abge⸗ bürdert worden, davon 81 Millionen für einmalige Ausgaben. Das iſt zunächſt für das erſte Jahr, die nächſten Jahren werden ſich ſchon beſſer ſtellen und nur noch zwei Drittel, ſchließlich ein Drittel dieſer Summen beanſpruchen. Außerdem find auch ein⸗ zelne Ausgaben, die für eine ſpätere Zeit vorgeſehen waren, vor⸗ weggenommen. Auch das kommt künftigen Jahren zugute. End⸗ lich kommt noch in Betracht. daß wir für 1511 für den Bau des Nord⸗Oſtſeekanals noch die hohe Rate von 56 Millionen einzu⸗ ſetzen hatten, während der Bau darüber hinaus im ganzen nur noch 30 Millionen erfordert. Das läßt für eine ſpätere Zeit gute Hoffnungen zu. Dann haben wir nach n dem älteren Flottengeſetz auch noch Zuſchüſſe für die Flotte zu leiſten, die allerdings ſich noch auf die nächſten Jahre verteilen. Ueberhaupt ſind auch für die außerordentlichen Ausgaben äußerſt vorſichtige Grundſätze an⸗ gewendet worden. Im ganzen dürfen ſie als kaufmänniſch ge⸗ rechtfertigt erſcheinen. Auch die Schuldentilgung iſt ebenſo ge⸗ handhabt worden wie früher, etwaige Ueberſchüſſe ſind für eine außerordentliche Tilgung in Ausſicht genommen. Dieſe Bereit⸗ ſtellung rechtfertigt ſich nicht bloß nach allgemeinen Grundſätzen, ſondern empfiehlt ſich auch in einzelnen Fällen. Wir ſind da⸗ durch ſoweit gekommen, daß die für dieſe Zwecke erforderlichen Summen ſich von 214 Millionen im Jahre 1910 auf 120 Milli⸗ onen in dieſem Etatjahre herabgemindert haben. Bei der Heeres⸗ verwaltung beruhen die Mehrausgaben im weſentlichen auf der Durchfüheung der Heeresverſtärkung, auf Ausgaben für das Ar⸗ tillerie⸗ und Waffenweſen und Beſchaffungen auf ver⸗ kehrstechniſchem Gebiete, bierunter auch für das Flugweſen. Der Staatsſekretär ſchließt: Aus meinen allge⸗ meinen und zum Teil auch aus den ſie ergänzenden ſpeziellen Darlegungen werden Sie erſehen haben, daß es möglich geweſen iſt, die feſte Grundlage unſerer Finanzgebah⸗ rung, wie ſie in den letzten Jahren gewählt worden iſt, auch für die Zukunft aufrecht zu erhalten, und daß wir dies getan haben trotz der hohen Ausgaben für unſere militäriſche Machtſtellung, daß wir alſo über unſere militäriſche die finanzielle Rüſtung nicht haben zurücktreten laſſen. Die geldliche Lage des Reiches zeigt gzurzeit alle Symptome der Geſundung. Sie bedarf aber der ſtrengen diätetiſchen Behandlung, wenn nicht ein Rückfall eintreten ſoll. Sorgfältige Schätzung der Einnahmen, Einſchränkung des Bedarfs, Zurückſtellung aller Ausgaben, für die keine Deckung vorhanden iſt, auch wenn es ſich um an ſich erwünſchte Auf⸗ wendungen handelt, das muß für alle Zeiten unſer Ziel ſein. Wohin eine Abkehr von dieſen Grundſätzen führen kann, lehrt uns die nahe Vergangenheit. Das Jahr 1913 bringt Ihnen und uns aus der neuen Finanzgeſchichte des Reiches eine recht trübe Erinnerung. Es iſt dann gerade ein Jahrzehnt ver⸗ floſſen, denn im Jahre 1903 begann für uns eine Periode der Zuſchußanleihen, mit welcher wir vor aller Welt eingeſtanden, daß ein Ausgleich zwiſchen Aktivum und Paſſivum des ordentlichen Etats auf gee Wege nicht mehr gefunden werden könne. Meine Herren auf allen Seiten des Hauſes, helfen Sie dazu, daß derartige Zuſtände in der Zukunft nur noch der Geſchichte an⸗ gehören.(Berfall.) Abg. Dr. Frank(Soz.): Wir betrachten die Zwecke, zu denen die Milliarden des Etats verwendet werden und kommen da zu der Zenſur: Fleiß gut, Leiſtungen ganz ungenügend. Einnahmeſteigerung finden wir eigentlich nur bei den Poſten, die die breiten Maſſen belaſten, wie bei der Zucker⸗ und Brauſteuer. Bei der Zuwachs⸗ und Erbſchaftsſteuer iſt die Steigerung gering. Dies Mißverhält⸗ nis ſoll ja die neue Beſitzſteuer ändern. Warum tut man ſo geheimnisvoll mit dieſer Steuer? Wie wird ſie ausſehen? Vielleicht wird doch wieder eine Abgabe für den kleinen Mann hin⸗ eingeſchmuggelt.(Der Reichskanzler betritt den Saal.) Die Rede des Schatzſekretärs trug als Jubiläumsrede einen hoffnungsvollen Ton. Das ſind Worte; die Taten ſind, daß wir 6 Milliarden Schulden haben, und in dieſem Jahre einen Fehlbetrag von 33 Millionen. Das iſt wenig im Verhältnis zu den 3 Milliarden des Etats, aber es iſt ein Geſpenſt, das flein hereintritt und hald groß wie ein Elefant iſt. Bald iſt es mehr, und heute ſchon, drei Jahre nach der Finanzreform ſtecken wir mitten in der Schulden⸗ wirtſchaft, es wird ebenſo bleiben wie bisher: das eine Jahr eine Militärvorlage, das nächſte eine Steuervorlage, ein Nachtrags⸗ etatfüreine Luftflotte iſt ja bereits angekündigt. Dabei können wir aus den Einnahmen des Reiches nicht einmal die Landesverteidigung decken. Wirkliche Werte ſchafft nur die organiſierte Arbeiterſchaft. Für die Entwicklung der Nationen iſt die kleinſte Gewerkſchaft wichtiger und bedeutungsvoller als alle Krieger⸗ und Wehrvereine zuſammengenommen. Das Koalitionsrecht der Arbeiter wird beſchränkt. Die Polizeiſeelen benutzen auch das Seuchengeſetz zu dieſemZweck. Der Militärboykott iſt geradezu eine Gewalttätigkeit. Die Viktoriage ſell⸗ ſchaft in Berlin will angeblich eine Volksverſicherung ſein. Sie zahlt ihrem Direktor 780000 Mk. Gebalt.(Lebhaftes Hört, Hört!) Das Geld kommt von den blutigen Arbeitergroſchen, die dem Volke entzogen werden. Nun wollen die Gewerkſchaften dieſe Volksfürſorge übernehmen da erwacht die Reichsregierung, die jahrelang geſchlafen hat. Eine Gegenaktion gegen dieſe Selbſthilfe der Arbeiter iſt in die Wege geleitet. Der deutſche Arbeiter will am geiſtigen Leben der Natton teilnehmen. Auch das ſucht ihm die Behörde zu verwehren, wie die Vorgänge bei der Freien Volksbühne beweiſen. Die Behauptung, daß in intelligente zurückgekebrt ſind.(Hört! Hörtl) Es iſt richtig, daß die iſt eine frivole Entſtellung der Wahrheit. Die Urteile nach dem Bergarbeiterſtreik beweiſen das. Man hat ein Sondergeſetz gegen den Wucher— hat es aber nicht dasſelbe Stigma der Ehrloſigkeit, die Arbeits⸗ kräfte der Armen auszuwuchern? Nur auf einem Gebiet ſcheint es der Regierung zu dämmern, daß ſie ſich gegen die drohende Uebermacht der Großkapitaliſten zu wehren 5 Das iſt auf dem Gebiet der Kohlenverſorgung. Die breußiſchen Miniſter Sydow und von Breitenbach ſind von den Herren Stinnes und Genoſſen ſo gröblich behandelt worden, daß ſich viel⸗ leicht ein Schutzverband von Miniſtern wird bilden müſſen.(Heiterkeit.) Vielleicht aber lernt der Reichskanzler daraus, wie dieſe Herren mit ihren Arbeitern umſpringen, wenn ſie ſchon mit den Miniſtern in ſolchem Ton ſprechen. Die Aus⸗ kunft über die Wohnungsgeſetz⸗Arbeiten hat uns wenig befriedi⸗ gen können. Da iſt es immer die konſervative Partei, die ge⸗ fliſſentlich jede Beſſerung auf dieſem Gebiet verhindert. Eifrig iſt ſie dabei bemüht, alle dieſe Fragen in den preußiſchen Landtag zu ziehen, weil ſie dort die Mehrhejt hat. So ſtehen alle dieſe in engem Zuſammenhang mit der Frage der Wahlreform in Preußen. Leider iſt aus den Zeitungen zu erſehen, daß auch einige Herren der Volkspartei an der Arbeit gegen die Wahlreform beteiligt ſind. Hoffentlich kann der Sprecher der Volkspartei dieſe Preſſemeldungen hier widerlegen. Unſere Demonſtrationen gegen die Teuerung und den Krie, be⸗ zeichnen die bürgerlichen Parteien als unberechtigt. Tretzdem aber hat die Zentrumsportei ganz in derſelben Veiſe gegen das Jeſuitengeſcetz Volksverſammlungen abgehal⸗ ten und Demonſtrationen veranſtaltet, um auf die geſetzgebenden Körperſchaften, vor allem den Bundesrat, Einfluß zu üben. Es iſt eine Entſcheidung des Bundesrats über eine Aus⸗ legung des Jeſuitengeſetzes gefallen. Ich halte dieſe Eutſcheidung unter der Vorausſetzung, daß das Geſetz nun einmal beſteht, in dieſem Augenblick für eine erfreuliche Erſcheinung, weil ich meine, es geht nicht an, daß durch eine bayeriſche Verordnung ein Reichsgeſetz verletzt wird. Was heute bei dem Jeſuitengeſetz ge⸗ ſchieht, kann morgen bei dem Koalitionsgeſetz und übermorgen bei der Preßfreiheit geſchehen. Wir halten dieſen Ausgana der Sache für eine ſchwere moraliſche Niederlage des Mi⸗ niſteriums Hertling.(Hört! Hört!) Das baheriſche Miniſterium Hertling wurde zu dem ausſchließlichen Zwecke be⸗ rufen, Herr von Hertling ſollte wie ein Ritter Zeorg gegen den Drachen des Umſturges vorgehen; was war aber ſeine erſte Tat? Er begann mit dem Umſturz gegen die Ge⸗ ſetzlichkeit. Trotz dieſes Zwiſchenſpiels Hertling und trotz des Urteils, das wir darüber fällen, habe ich namens meiner Fraktion zu erklären, daß wir ſelbſtverſtändlich nach wie vor immer noch keine Angſt haben vor den Jeſuiten und nach wie vor bereit ſind, für die Aufhebung des noch beſtehenden Geſetzes⸗ reſtes zu ſtimmen, obwohl auf dem Katholikentag und auf Tagun⸗ gen der Kirchenfürſten die Jeſuiten als das beſte Mittel zur Be⸗ kämpfung der Sozialdemokratie empfohlen werden. Wir ſind förmlich ungeduldig auf den Antrag oder die Interpellation des Zentrums zum Jeſuitengeſetz.(Heiterkeit.) Ich freue mich auf den Augenblick, wo Sie(zum Zentrum] aus unſeren ſozialdemo⸗ kratiſchen Händen die Aufhebung des Ausnahmegeſetzes empfangen müſſen, im gleichen Augenblick, wo Sie in Bayern gegen uns Aus⸗ nahmegeſetze machen.(Sehr gut! bei den Soz.) In der Preſſe hat man von einer hochſtehenden Frau geſprochen, die ihren Unterricht über den§ atholizis⸗ mus in Mecklenburg genoſſen hat und nach ihre: U⸗ber⸗ ſiedelung in die Reichshauptſtodt keine Gelegenheit hat, ihre Auf⸗ faſſung über den Katholizismus zu korrigieren. Es iſt ſonderbar, daß man ſich die Frauen herausſucht, obwohl wir doch leitende Staatsmänner haben, die man verantwortlich machen ſollie. Schon Bismarck ſprach don den Polftikern in langen Kleidern, und er meinte damit Politiker beiderlei Geſchlechts. (Leiterkeit.) Ich aber fürchte, daß das Zentrum die Aktion nicht zu Ende führen wird. Herr Erzberger lächelt mir verſtändnis⸗ jnnig zu. und er weiß ſchon, was ich ſagen will, er weiß ja alles. (Stürmiſche Heiterkeit.) Das Zentrum hat drei Jahre als Regierungstruppe exerziert und iſt gar nicht mehr fähig, als Freiſchärler Oppoſition zu machen.(Zuruf aus dem Zentrum: Abwarten!) Erſt im Vorjahr haben Sie ja eine Kriegserklärung gegen den Kriegsminiſter erlaſſen, die den Neulingen im Hauſe und am Bundesratstiſch eine Gänſehaut über den Rücken laufen ließ. Aber aus dieſer Kriegserklärung iſt nichts anderes heraus⸗ gekommen, als— eine Militärvorlage.(Sehr gut! links und Heiterkeit.) Der gleiche Kriegsminiſter von Hertlingen(Zuruf: von Heerin⸗ gen) na vielleicht werden die Herren von Heeringen und Hertling bald frei und eine kreuzweiſe Verqauickung der beiden wäre gar nicht ſo ſchlecht.(Stürmiſche Heiterkeit.) Der Kriegsminiſter hat alſo auch in der Frage der Beförderung jüdfſcher Re⸗ ſerbeoffiziere das höchſte Mißfallen der Volkspartei und meiner Partei erregt, aber bei der Abſtimmung über ſein Gehalt haben alle bürgerlichen Parteien es bewilligt, und nur wir haben durch die Tat den Willen zur Oppoſition ausgeſprochen. Gegen die Aufhebung des Jeſuitengeſetzes werden natürlich die National⸗ liberalen ſtimmen Das paßt freilich ſchlecht zu ihrer ſonſtigen Politik, da ſie ja draußen die Politik der Jeſuiten unterſtützen. Die Gefaßr liegt nicht bei den Jeſuften ſondern beim Klerikalismus. Der Plan der herrſchenden Parteien iſt deutlich: der Norden ſoll von den Konſervativen regiert werden, der Süden vom Zentrum. Die Wandkarte ſoll im Norden blau ſein mit ſchwarzen Tupfen und 5 ſchwarz mit dunklen Tupfen.(Sehr gut! und Heiterkeit inks. In Württemberg waren es die Nationalliberalen, die das Zentrum mit den Konſerbativen hart an die Grenze der Mehr⸗ heit gebracht haben. Den Klerikalismus bekämpft man nicht mit Polizeigeſetzen, ſondern nur durch ehrliche, konſequente, demokratiſche Politik. In dieſem Jahre wurde das 0jährige Jubiläum des großen nationalen Schützenfeſtes in Frankfurt gefeiert. Damals ſagte der Führer der Liberalen, Herr Schulze⸗Delitzſch; alle politiſche Wiedergeburt muß aus dem Volke ſelbſt hervorgehen. Der Prinz Heinrich von Hohenzollern aber meinte: Trumpf für den Bürger iſt der Gehorſam. Nie⸗ mand hat ſich gefunden, der geſagt hätte: nicht Gehorſam, ſondern Freiheit ſoll Trumpf ſein. Deswegen iſt es unſere Aufgabe, die junge Kraft. die in der Arbeiterklaſſe ruht, zu organiſieren. Wir wollen nicht. daß Gehorſam Trumpf ſei, wir wollen Re⸗ bellentrotz. Wir wollen die Arbeiter weiterführen auf dem Wege gegen Klerfkalismus und Konſervativismus, wir wollen ſie führen zur Kreiheit, zur Demokratie und zum Sozialismus.(Bei⸗ fall bei den Soz.) Abg. Dr. Spahn(Zentr.): Für uns ſteben alle anderen Intereſſen zurück hinter der Frage des Jeſuitengeſetzes. Der Abg. Dr. Frank Deutſchland die Arbeitswilligen nicht genügend geſchützt werden, meinte, wir ſeien ſeit 1909 gut einexzerziert als Regierunas⸗ 7 Mann eim, den 5. Dezemver 19 12. General Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Mittagblatt). 13. Sertt. partef und er führte als Veweis dafür an, daß wir krotz der Duellfrage den Heeresetat angenommen Der 9 1595 miniſter hat damals erklärt, daß er verſuchen wolle, eine Aende⸗ rung zuungunſten der Duellanten herbeizuführen, und wir ſind damals von der Anſicht ausgegangen, daß, wenn es gelänge, mit Hilfe des Kriegsminiſters eine Beſſerung der Zuſtände herbei⸗ zuführen. es richtiger ſei, dieſe Beſſerung zu erlangen, als eine Demonſtration zu vollführen. Ob der Kriegsminiſter etwas er⸗ reicht hat, darüber wird er uns ſa demnächſt näbere Erklärungen abzugeben haben. Der Abg. Frank war der Anſicht, es handle b in der Frage des Neſuitengeſetzes umeine Niederlage e8 Miniſteriums Hertling. Ich werde Gelegenbeit haben, Ihnen zu zeigen, daß es ſich dabei um Differenzpunkte von ganz untergeordneter Bedeutung handelte, derentwegen ich. wenn ich hayeriſcher Miniſterpräſident wäre, micht an den Bundesrat herangetreten wäre. Das Jeſuitengeſetz vom 4. Juli 1872 bietet in der parlamen⸗ tariſchen Geſchichte ein einzigartiges Ereignis infofern, als der Reichstag darin alle geſetzgeberiſchen Befugniſſe in dieſer Ma⸗ terie aus den Händen gab und vertrauensvoll in die Hände des Bundes rats legte. Nach der Aufhebung des§ 2 erließ Preußen einen Miniſterialerlaß, in dem es ausdrücklich ausſprach, daß religiös⸗wiſſenſchaftliche Vorträge verßoten ſeien. Darauf leat nun Bahern den Erlaß ſo aus, daß Konferenzvorkträge und die Ausübung der Seelſorgetätigkeit geſtattet ſei. Es kamen gleich⸗ zeitig die Biſchöfe mit ihrer Eingabe an den Bundesſtaat und dem Verlangen nach Aufhebung des Geſetzes. Ich habe auf dem Katholikentag in Aachen die Erreaung geſeben, und ich kann ver⸗ ſichern, daß dahei niemals der Gedanke gekommen iſt, durch die Aufhebung dieſes Geſetzes den konfeſſionellen Frie⸗ den zu ſtören.(Sehr richtig!l im Zentrum.) Wir gewianen nach unſerer Behandlung den Eindruck, daß man uns die Mittel, die wir zun Belebung unſeres reli⸗ giöſen Lebens für nötig balten, beſchränkt. während man jeder Regung des ebangeliſchen Bekenntniſſes volle Freiheit gibt Das iſt keine Parität. Die Tötigkeit der Jeſuften wird ürerall im Auslande anerkannt, auch von unſeren amtlichen Vertretern und wir felbſt würden nicht mehr für ſie ein⸗ treten, wenn wir an ihrer Makelloſigkeit den geringſten Zweifel hätten. Wo wir mit inneren Wirrer zu tun haben, darf der kon⸗ feſſionelle Frieden nicht geſtört werden. Wir werden dieſe Schuld von uns abwälzen, indem wir unausgeſetzt die Aufhebung des Je⸗ ſuitengeſebes fordern. Die Zeit wird kommen, wo auch die gegen⸗ wärktigen Mitalieder der großen Parteien der Nationallibe⸗ ralen und Lonſervaliven ſich ſagen werden: Es iſt un⸗ verſtändlich, wie man der katboliſchen Kirche das Recht verſagen wollte, das wir für unſere Seelſorge und als Staatsbürger in An⸗ ſpruch nehmen. Ich habe namens meiner Partei folaende Er⸗ klärung abzugeben: Das Geſetz vom 4. Juli 1872 be⸗ treffend den Orden der Geſellſchaft Jeſu enthält einen Angriff gegen die katholiſche Kirche und die ſtaatsbürgerlichen Rechte der Katholiken im Deutſchen Riche. Das klöſterliche Leben und die Wirkſamkeit der Orden liegen im Weſen der katholiſchen Kirche. Der Orden der Geſellſchaft Jeſu, die Kongregationen der Laza⸗ riſten und Sacrecoeur⸗Schweſtern ſind von der katholiſchen Kirche anerkannt. Deshalb iſt das Verbot der religiöſen Tätigkeit für die Angehörigen dieſer Orden eine Beſchränkung des Lebens der ratholiſchen Kirche und eine Beeinträchtigung der freien Religionsübung der Katholiken, die im Reiche voll⸗ und gleichberechtigt ſind. Die gegen die Jeſuiten früher und jetzt erhobenen Vorwürfe der Immoralität, der Deutſch⸗ und Kulturfeindlichkeit, ſowie der Störung des religiöſen Friedens ſind unwahr. Der zux Beurteilung der Jeſuiten Zguſtändige deutſche Episkopat hat Ihnen wie 1871 ſo auch jetzt bezeugt, daß ſie ſich durch die Unantaſtbarkeit ihres Lebenswan⸗ dels und ihre Wiſſenſchaft, ſowie nicht minder durch ihre eifrige und geſegnete Wirkſamkeit in der Hilfeſeelſorge auszeichneten. DDie Bekannkmachung des Bundesrates vom 28. November 4912 verletzt durch das Verbot der prieſterlichen Tätigkeit der Ordensperſonen die Gewiſſensfreiheit aller Katho⸗ liken, welche die Spendung der Sakramente ihrer Kirche nach ihrer Wahl von denjenigen Prieſtern empfangen müſſen dürfen, denen ſie ihr Vertrauen ſchenken. Der Bundesrat bat die in dem Ausnahmegeſetze gegen den Orden der Geſellſchaft Jeſu liegenden N Eingriffe in die bürgerliche und kirchliche Freiheit verſchärft. 1 Unter dieſen Umſtänden können wir zu Reichs⸗ kanzler und Bundesrat das Vertrauen nicht haben, daß die Bedürfniſſe der Katholfken im Deutſchen Reiche beiihnen eine gerechte Behand⸗ Tung finden, wir werden unſer Verhalten dem⸗ entſprechend einrichten.(Lebh. mehrfach wiederholtes Bravo! im Zentrum.) (Keichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg: Der Herr Abgeordnete Spahn hat von der tiefen Er⸗ regung geſprochen, in die das katholiſche Volk durch den letzten Bundesratsbeſchluß verſetzt worden ſei. Gewiß greifen die Streitigkeiten, die das religiöſe Gebiet berühren, uns Deutſchen viel tiefer an das Leben, als anderen Nationen. Seit Jahrhunderten ſind ſolche Streitigkeiten verhängnis⸗ bolle und vielfach blutige Kapitel der deutſchen 3 Geſchichte geweſen. Das bergißt ein Volk wie das deutſche nicht. N Daͤrum gehen die Wogen der Erregung heute wieder hoch. Aber auf beiden Seiten; denn den zahlreichen Stimmen aus katholi⸗ ſchen Kreiſen, welche die Zurückberufung der Jeſuiten ver⸗ langen, ſtehen zum mindeſten ebenſo zahlreiche Aeuße⸗ rungen von evangeliſcher Seite gegenüber, weſche der ernſten Beſorgnis vor der Zurückkunft des Ordens Jeſu Ausdruck eee eeeeeenneee .-r aa,ereeeeeeeee rrr geben. Ich halte es für notwendig daß wir bei einer Beurtei⸗ lung deſſen, was geſchehen iſt, uns von der Erregung der Ge⸗ müter möglichſt freihalten. Der Hergang iſt doch folgender ge⸗ weſen: Das Geſetz vom 4. Juli 1872 ſchließt den Jeſuitenorden vom Deutſchen Reich aus und erteilt dem Bundesrat den Auf⸗ trag und die Ermächtigung, die erforderlichen Beſchlüſſe Zu faſſen, damit die Ausführung des Geſetzes verwirklicht wird. Das hat der Bundesrat in dem bekannten Beſchluß vom 5. Juli 1872 getan. Auf Grund dieſes Beſchluſſes iſt vier zig Jahre lang das Geſetz ausgeführt worden. Der Beſchluß hat verſchiedentlich den Entſcheidungen höchſter Gerichte zugrunde gelegen. Obwohl der Bundesrat eine Definition des Begriffes Ordenstätigkeit nicht gegeben hatte, hat ſich— ich habe darüber im Frühjahr dieſes Jahres hier geſprochen— im Reiche eine Praxis gebildet für die Handhabung dieſes Geſetzes, welche in allen Hauptpunkten in den einzelnen Vundesſtaaten die gleiche geweſen iſt. Dieſe Praxis hat im Laufe der Zeiten die Tendenz gehabt, nicht ſich zu verſchärfen, ſondern fich zu mildern. Und wenn die Katboliken auch während der ganzen Zeit mit Nachdruck beſtrebt geweſen ſind, das ganze Geſetz aufzuheben, ſo werden ſie doch, wenn ſie einmal das Feſuiten⸗ geſetz als eine lex lata und nicht als eine lex ferenda behandeln, ſich klar ſein darüber, daß ſchikanöſe Praktiken bei der Handhabung des Geſetzes nicht erhoben wurden Und das war im Intereſſe des konfeſſionellen Friedens nur zu begrüßen. Der Reichskanzler und der Bundesrat hatten keinerlei Anlaß, an dieſem Zuſtande zu rütteln. Da iſt der baheriſche Erlaß gekommen Tieſer Erlaß hat mich und den Bundesrat genötigt, uns neuerdings mit der Ausführung des Jeſuitengeſetzes zu befaſſen Ich muß dies gegenüber den erregten Klagen in katholiſchen Keiſen ausdrücklich vor dem Lande feſtſtellen.(Sehr richtig.) Bei uns hat die Initiative nicht gelegen(lebh. Zuſtimmung), aber indem ich dies feſtſtelle, will ich mich in keiner Weiſe mit den Vorwürfen identifizieren, die in der Oeffentlich⸗ keit gegen die bayeriſche Regierung und vor allem gegen den bayeriſchen Miniſterpräſidenten erhoben worden ſind, als hätten ſie ſich gegen das Reich auflehnen wollen. Die Art und Weiſe, wie Bayern die Angelegenheit vor das Forum des Bundesrats gebracht hat, ſollte die bayeriſche Regierung jedes Vorwurfs des Verſuches, das Reichsrecht zu beugen, entheben. Auch in den Augen derjenigen, die nicht in jahrelanger Geſchäfts⸗ tätigkeit erfahren haben, mit welcher Peinlichkeit und mit welcher über allen kleinen Son intereſſen erhabenen Bundestreue Bayhern zum Reiche ſteht.(Beifall.) Was hat denn nun der Bundesrat auf den Antrag Bayerns beſchloſſen? Doch nicht das Jeſuitengeſetz! Das beſteht ſeit 40 Jahren. Ja, ich würde die Erregung in katholiſchen Kreiſen verſtehen, ich würde ſelbſt gewiſſe über alles Maß hin⸗ ausgehende Aeußerungen, die wir in dieſen Tagen in der katholi⸗ ſchen Preſſe geleſen haben, begreifen, wenn wir jetzt neuerdings den Orden der Geſellſchaft Jeſu vom Deutſchen Reiche ausge⸗ ſchloſſen hätten. Das iſt aber nicht der Fall. Der Bundes⸗ ratsbeſchlußvom 28. Novemberkodifiziertledig⸗ lich die Praxis, nach der ein beſtehendes Reichsgeſetz aus⸗ geführt worden iſt. f 8 Der Herr Abgeordnete Spahn hat das beſtritten. Er ſieht in dem Bundesratsbeſchluß eine Verſchlimmerung des beſtehenden Zu⸗ ſtandes(Sehr richtig!l im Zentrum) und er hat zum Beweiſe deſſen eine Reihe von Details hier vorgeführt. Ich muß es einem meiner Herren Mitarbeiter überlaſſen, auf dieſe Details zu antworten Für mich kommt es darauf an, das Grundſätzliche feſtzuhalten. Der Bundesratsbeſchluß iſt entſtanden aus der Abſicht, diejenigen Aus⸗ legungen zu kodifizieren, welche die Bundesregierungen bei Hand⸗ habung des Geſetzes dem Bundesratsbeſchluß vom 5. Juli 1872 ge⸗ geben haben. Bei der eigenartigen Struktur des Geſetzes, das eine Strafandrohung nicht iennt, und nach Aufhebung des§ 2 des Ge⸗ ſetzes iſt es ſehr wohl möglich ja, ich möchte es als ſicher bezeichnen, daß die Jeſuiten belfach über jene Auslegungen hinaus unbehelligt eine Tätigkeit ausgeübt haben.(Sehr richtig!) Bei einer Hand⸗ habung des Geſetzes hat man ſich eben, namentlich in der letzten Zeit, von jeder Nachſchnuffelen, von jeder Schikane fern gehalten. Die beſtehende Praxis, die beſtehende Handhabung des Geſetzes zu ändern, iſt nicht Zweck und Abſicht des jetzigen Bundesrats⸗ beſchluſſes. Für den Bundesrat und den Reichstag lag keinerlei Ver⸗ anlaſſung vor einen Gegenſtand materiell neu zu ordnen, mit dem er ſich ohne das Vorgehen Bayerns, ohne ſeinen Antrag an den Bundesrat, keine Vecanlaſſung gehabt hätte, überhaupt zu be⸗ ſchäftigen. 5 Meine Herren, das iſt der Hergang und dieſen Hergang ſollte man ſich bei einer Kritik des Bundesratsbeſchluſſes auf allen Sei⸗ ten gewärtig halten. Das iſt zu meinem Vedauern in der Er⸗ klärung nicht geſchehen, die der Herr Abgeordnete Spahn am Schle ſeiner Rede verleſen hat. Wenn Sie, meine Herren vom Zentrum, aus der Behandlung der Jeſuitenfrage durch den Bundesrat, die, wie ich wiederhole, eine Neuerung nicht gebracht hat, den Schluß ziehen— ſo lautet Ihre Erklärung— daß die Bedürfniſſe der katholiſchen Bevölkerung überhaupt vom Bundes⸗ rat nicht gerecht behandelt werden ſollen, wenn Sie deshalb, wie erwarteten vollen Erträge geliefert und außerdem noch die großen Sie es tun dem Bundesrat und mir das Vertrauen kündigen, und wenn Ste danach Ihr geſamtes politiſches Verhalten einrichten wollen— ja, meine Herren, das heißt des anderen, als daß Sie die Jeſuitenfrage zum Eckſtein Ihres politiſchen Programms machen.(Sehr richtigl bei den Nationalliberalen.) Meine Herren! Daß Sie als Glieder Ihrer Kirche die Be⸗ ſeitigung des Jeſuitengeſetzes herbeifehnen, wer wollte Ihnen das verdenken! Aber neben den 24 Millionen Katholiken leben 40 Millionen Evangeliſche in Deutſchland, beide Söhne eines Volkes und in allen Schickungen des nationalen Lebens auf Gedeih und Verderben zuſampengeſchmiedet.(Sehr richtig!) Meine Herren! Es iſt eine geſchichtliche Tatſache, daß ſich das evangeliſche Volks⸗ empfinden von jeher gegen die Tätigkeit der Jeſuiten heftig ge⸗ kehrt hat(Sehr richtigl). Das iſt eine Tatſache, die Sie weder durch Gründe noch durch Dialektik wegleugnen können. Sie können in dieſer Tatſache auch nicht ein Phantom oder eine Idioſhykraſte der Evangeliſchen erblicken. Die ſtreitbare Tätigkeit, die die Je⸗ ſuiten in vergangenen Zeiten auf allen Gebieten, in der Kirche, in der Politik, in der Schule entfaltet haben, ihr internationaler Charakter, ihr Widerſtreben gegen die Bildung des modernen Staatsgedankens haben den Orden wiederholt nicht nur in den proteſtantiſchen, ſondern auch in reinen katholiſchen Ländern mit den Staatsregierungen in Widerſpruch gebracht.(Lebh. ſehr vichtig!) 8 0 Ich brauche Ihnen nicht die Geſchichte zu rekapitulieren. Und da können Sie ſich nicht wundern, meine Herren, wenn in evan⸗ geliſchen Kreiſen bei der Frage der Zulaſſung oder Nichtzulaſſung der Jeſuiten vielleicht unbewußt, ager doch immer wieder die Er⸗ innerung an die Zeiten nachzittert, in denen fanatiſcher Glau-. benshaß unſer Vaterland zerriß. Möge uns das Geſchick vor der Wiederkehr von Zuſtänden bewahren, in denen um des Glaubens 95 willen die Glieder des Volkes einander entfremdet wurden. Des⸗ halb— und damit darf ich ſchließen— muß ich meine warnende Stimme erheben, wenn jetzt dem katholiſchen Teile Deutſchlands der Bundesratsbeſchluß als die Wiedereröffnung des Kultur⸗ kampfes dargeſtellt wird. Diejenigen, die das tun, laden eine ſchwere und verhängnisvolle Verantwortung auf ſich(lebhaftes Sehr richtig!), die ſie weder mit dem Inhalt des Bundesrats⸗ beſchluſſes, noch mit dem Hergang, der zu ſeiner Fallung geführt hat, vertreten können.(Beifall.)„ 7 Abg. Graf Weſtarp(Konſ.): Wir wiſſen uns bei unſerer Stellungnahme zum Jeſuiten⸗ geſetz frei von jeder Voreingenommenheit und Gehäſſigkeit gegen die katholiſche Kirche. Wir wiſſen ſehr wohl, daß die evangeliſche, ebenſo wie die katholiſche Kirche in der jetzigen Zeit einen ſchweren Kampf gegen den Un⸗ glauben zu führen haben. Gleichwohl iſt es uns aber nicht möglich, die Ausführungen und Schlußfolgerun⸗ gen des Zentrumsredners für berechtigt zu halten.(Hört! Hört!) Wir gehen davon aus, daß einmal beſtehende Geſetze durchgeführt werden müſſen. Auf Grund des Jeſuitengeſetzes hatte der Bundesrat die Verpflichtung, Ausfüh⸗ rungs⸗ und Vollzugsverordnungen zu erlaſſen, und dieſe Auf⸗ gabe iſt ihm durch die Verfaſſung übertragen. An dieſem ein⸗ fachen Rechtsverhältnis darf man, wenn man die Situa⸗ tion richtig beurteilen will, nicht vorbeigehen. Die Grklä⸗ rung des Reichskanzlers halten wir für erfreu⸗ lich. Auch wir würden nicht gewünſcht haben, die bisherige Praxis zu verſchärfen, beſonders nicht nach der Richtung, daß kleinliche Schikanen und ein Eindringen in die Einzelheiten geübt werden. Im übrigen iſt es außerordentlich ſchwer, dazu Stellung zu nehmen, ob und inwieweit der Bundesratsbeſchluß zu einer Aus⸗ legung zwingt, die gegenüber den bisherigen Beſtimmungen Verſchärfung bedeuten. Das iſt um ſo ſchwerer, weil die bis⸗ herigen Beſtimmungen in den einzelnen Bundesſtaaten verſchieden erlaſſen und gehandhabt werden und zum großen Teil nicht gu unſerer Verfügung ſtehen. Wir halten es lediglich als eine Exr⸗ füllung der geſetzlichen Pflicht des Bundesrats, daß er ie einer Neuregelung der Frage beſtrebt war, und ich kann mich nicht der Ueberzeugung hingeben, daß ſich der Bundesrat von einem Wunſche nach Verſchärfung hat leiten laſſen. Die günſtige Geſtaltung des Etats iſt eine Folge der Reich s⸗ finanzreform von 1909.(Sehr richtig! rechts.) Sie hat die 555 neuen Forderungen für die letzten Wehrvorlagen faſt gang ge⸗ deckt. Nur durch die Finanzreform wurden wir befähigt, die Wehr⸗ borlagen ſo ruhig und entſchloſſen zu erledigen und der Welt zu zeigen, daß wir uns unſerer Haut wehren können und wollen. (Sehr richtig! rechts.) Wit würden auch, wenn die Notwendigkeit ſich erweiſen ſollte, dafür ſein, daß die in dieſem Jahre beſchloſſene Wehrvorlage durch Nachforderungen für i ee und dergleichen ergänzt würde. Dasſelbe gilt von unſerer Luft⸗ flotte. Die Zeppelin⸗Luftſchiffe geben uns einen großen Vor⸗ ſprung vor dem Auslande, und den wollen wir ſelbſtverſtändlich aufrechterhalten. Eine Beſchleunigung des Ausbaues der Flotte, die vorgeſehen zu ſein ſcheint, würde die Zukunft des Etats nicht g fährden. Sobald die einmaligen Ausgaben für Flotte und No oſtſeekanal wegfallen, wird das Heer beſſer bedacht we können. 5 75 Das Haus veringt dann Donnerstag 1 Uhr. 5 die Weiterberatung auf Schluß 6 Uhr. Induſtriehafen. Ein Fabrikgrundſtück mit Waſſer⸗ und Bahnau⸗ ſchluß unter ſehr günſtigen Bedingungen ſofort preis⸗ F 6, 8 wert zu verkaufen. Näheres durch 28424 Iſidor Kanfmann, Junbllen 838 6. 7, Tel. 231. —— 95 Pabelte Maler 1 Inh.: Anna Schle'cher. 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Infanterie⸗Regiments „Orff“ N 17 aus Germersheim. Seitung: Obermuſikmeiſter G. Weiß. Programm: I. Teil. 1. OQuverture 3 Peter Schmoll 2.„Ave Maria“, Konzertſtück für Violpneell und Orcheſter Viploneell;: Fanny Kothe. 3. Alte deutſche Lieder zur Laute. Geſungen von Robert Kothe. Alte Geſänge, geſetzt für Sing⸗ ſtimme, Laute u. Vigla da gamba Vorgetragen von Robert und Fanhy Kothe. 5. Alte deutſche Lieder zur Laute. Geſungen von Robert Kothe. C. M. v. Weber Maxy Bruch Robert Kothe 6. Fantaſie a. Die Meiſterſinger R. Wagner Pauſe. II. Teil. 2. Quverture z. Tel Roſſini 8. Allegrettu grazivſoe. Antonio Lotti Geſetzt f. Viola da gamba u. Laute vöon Rohert Kothe 9. Drei Lieder aus des Knaben Wunderhorn für Singſtimme, Viola da gamha und Laute Alte niederdeutſche Lieder zur Laute geſungen v. Robert Kothe Der Traum eines öſterreichiſchen Reſervtſten. Großes militäriſch. Tongemälde.. iehrer Das Konzert findet bei Wirtſchaftsbetriob ſtatt. Ausführliche Programme und Liederterte find am Konzertabend erhältlich. Kaſſeneröffnung abends ½8 uhr. Eintrittspreiſe: Tages karte bopfg., Dutzendkart. 8 M. Kartennerkauf in den durch Plakate keuntlich gemachten Vorverkaufsſtellen, im Verkehrsbureau (Rathaus N), in der Zeitungshalle am Waſſerkurm, beim Portier im Rofengarten und an der Abend⸗ kaſſe.— In Ludwigshaſen beim Verkehrsverein, Lüdwigsplatz 7, Jakob Batteiger. Zigarrengeſchäft, Tudwigsſtraße 31 u. Guſtav Reuner, Zigarrengeſchäft, Bismarckſtr. 104. In Heidelberg bei L. Knoblauch Wme., Hoflieferaut, Soſienſtraße 15. 1298 Außer der Eintritkskarte iſt von jeder Perſon über 14 Jahre die vorſchriftsmäßige Einkaßkarte zu 10 Pfg. zu böſer. 1 1900 Mannheim, 5 Dezemver 1912. In grossem Sortiment neu aufgenommen: „, Aim.⸗ 4 Ja, 9 Wohnung ſof. zu verm. Näheres Laden. 928⁵ Ollo Bech ſtr. 10 Extra- Angehotel Prüparlerte Palmen Sabalpflanzen Adlantum Farrenpflanze Distelzweige. 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Die Negerbevölkerung Trinidads kennt die Redewendung„den Kakao heraustanzen“. Die Kakaobohnen, die zu Schokolade und Kakas verarbeitet werden ſollen, ſitzen in der Kakao⸗ ſchote in einer weichen Maſſe eingebettet. Die en ſie heraus und bedienen ſich dabei der e. Das Innere der Kakaoſchole wird auf Beden ausgebreitet, und nun wird mittels der Füße die der eigentlichen Bohnen von der umgebenden Maſſe bewerkſtelligt. Ne⸗ ger und Negerinnen trampeln dabei nun nicht etwa regellos bin und her, ſondern verhinden das A enehme mit dem Nützlichen und tanzen den wirklich heraus. Die watſchelnden Be ngen ſind wirklich der Sache dienlich. Die eigentümlichen Figuren und Körperver⸗ biegungen dieſes vormaligen Kakao⸗ und ſpaz teren Truthabhntanzes ſind zwar nicht unbedingt nötig, aber weder ſchädlich noch nützlich, viel⸗ leicht ſogar eher nützlich, weil der Neger lieber h tanzt, als eingeſtandenermaßen arbeitet. Die in Newyork bleiben natürlich an Kunſtfertigkeit hinter den Kakago trampeln⸗ den Negern zurück und unterſcheiden ſich von dieſen hauptſächlich noch dadurch, daß ſie das Nützliche der Tätigkeit auslaſſen und ſich auf das„Angenehme“ beſchränken. — Mr. Gordon Bennett— und Graf Zeppe⸗ lin, der„verrückte Erfinder“. Mit welch' unge⸗ Heuren Schwierigkeiten Graf Zeppelin zu kämp⸗ deutſchen Vaterlande jedermann. Ohne die ſtäh⸗ lerne Kraft des Willens, die dem alten ſchwäbi⸗ ſchen Reitersmann von der Natur gegeben wurde, wäre es ihm nie gelungen, das Ziel, das er ſich geſteckt hatte, zu erreichen. Oft genug ſtand er vor der Gefahr, die Verſuche mit ſeinem lenkbaren Luftſchiff aufgeben zu müſſen, weil ihm das für ſie Notwendigſte auszugehen drohte: das liebe Geld. Es iſt wenig bekannt, aber des Erinnerns ſicherlich wert, daß Graf Zeppelin ſich in einer ſolchen Stunde an den amerikaniſchen Millionär Mr. Gordon Bennett, den Eigentümer des„Newyork Herald“, wandte, um ihn für ſeine Sache zu intereſſieren. Mr. Gordon Bennett iſt kein Pedant und kein Phi⸗ liſter. Er richtet ſich ſein Lehen, das er meiſt in Paris zubringt, nach eigenem Geſchmack ein und fragt wenig nach dem Urteil der Leute. Er ſchien dem Grafen Zeppelin alſo wohl der Rechte, um ſeine Aufmerkſamkeit einer Sache zuzuwenden, deren Verwirklichung ſo viele Vor⸗ Urteile im Wege ſtanden. Graf Zeppelin machte Mr. Gordon Bennett das Angebot, ihm gegen die ſofortige Zahlung eines Kapitals von 100 000 Dollars, alſo 400 000 Mark, für alle Zu⸗ kunft die Hälfte des Reinertrages, den er er⸗ zielen würde, zu überlaſſen. Der Vankee gab dem genialen Grafen die ebenſo hochmütige wie törichteAntwort: er habe ſich in ſeinem ganzen Leben noch nicht mit„verrückten Erfindern“ ein⸗ gelaſſen und gedenke es auch fürderhin ſo zu alten, Ein Glück für Deutſchland darf man dieſe Antwort nennen. Und wenn es jetzt dae⸗ auf ankäme, zu entſcheiden, wer von den beiden das freundliche Prädikat, das Mr. Gordon Bennett gebrauchte, verdient hat, er oder Graf Zeppelin, ſo mag der Leſer ſelbſt urteilen — Die Friedensunterhündler beim Dejeuner. Ein intereſſantes kleines Stimmungsbild von den Friedensverhandlungen vor Konſtantinopel und bon der Art, wie die Stadt auf dieſe Ver⸗ bandlungen reagiert, entwirft der in Stambul bevor er und ſein Werk ſich vor der Sapealteblet durchſebtel weiß in unſerem weilende Kriegsberichterſtatter Cipolla in der Stampa. Sellf 0 Pforte herrſcht fieberhafter Eifer, ein Miniſter⸗ rat folgt dem anderen und gewöhnlich tagt das Miniſterium ſogar die ganze Nacht hindurch. Aber draußen, auf den Straßen, in der Stadt ſpricht kein Menſch von dieſen Verhandlungen, die dem Frieden gelten und die mit dem tieſſten Schleier des Geheimniſſes umgeben bleiben. Ja man intereſſiert ſich kaum für die Friedens⸗ verhandlungen, man intereſſiert ſich für etwas ganz anderes, man ſpricht nur von Albanien und von der Zukunft Albanjens. Und inzwi⸗ ſchen ſetzen die Friedensunterhändler in der Stille ihre ſchwere Arbeit fort. Die Herren beider Nationen ſcheinen ſich perſönlich mitein⸗ ander ſehr gut zu vertragen oder haben wenig⸗ ſtens die Ahſicht dazu: jedenfalls lud Nazim Paſcha die Bulgaren zu einem Privatdsjeuner in ſeinen Salon. Das Eſſen wurde in einem Reſtaurant in Pera beſtellt, ein Frühſtück von 15 Gedecken. Die Speiſefolge war ſehr einfach, ja faſt beſcheiden; bei den jetzigen ſchlimmen hygieniſchen Verhältniſſen lernt man es, auf Leckerbiſſen zu verzichten. Zuerſt gab es die traditipnelle Vorſpeiſe, den Tilap, dann Fiſch in Mayonnaiſſe, kaltes Fleiſch und Gefrorenes. Und dazu zwei Körbe Champagner. Nazim Paſcha hatte zu ſeiner Linken als Tiſchnachbar den bulgariſchen Generalſtabschef General Fit⸗ ſchew, zur Rechten den General Sawoff. Und alle Friedensunterhändler beider Parteien nah⸗ men an dem Dejeuner teil, der hulgariſche Kammerpräſident Danew, der Exbotſchafter Reſchid Paſcha, Topalſchikow, der Lukanus Fer⸗ dinands, der Chef des Geheimen Kabinetts des Bulgarenzaren, dann Staneiow, bulgariſcher Geſandter in Paris, Izzett Paſcha, ottomani⸗ ſcher Generalſtabschef und noch drei weitere Bulgaren und Türken. Aber vorſichtig war man geweſen, die Stimmung ſollte nicht gefähr⸗ lich werden, Man wollte gemütlich zuſammen ſrühſtücken, freundſchaftlich miteinander plau⸗ dern, als Menſch zu Menſchen ſprechen, und ledes politiſche Geſpräch war ausgeſchloſſen. ſchönem Wetter und von den Vorzügen der orientaliſchen Küche gegenüber der europäiſchen. Und als das Eis ſerviert und das letzte Glas Champagner geleert war, verließ die Geſell⸗ ſchaft den Eiſenbahnwagen und General her, ſchikow ließ ſich die Gelegenheit nicht entgehen, um mit einem Seetenuaen Apparat be⸗ waffnet allerlei Amateuraufnahmen zu machen. Ach, warum konnte es nicht immer ſo bleiben. Eine halbe Stunde ſpäter ſtieg man wieder in den Waggon; aber diesmal zu ernſter politiſcher Verhandlung und um 4 Uhr fuhren die Bul⸗ garen wieder pünktlich mit ihrem Zuge ab. Denn ſie kamen mit der Eiſenbahn. Zum Er⸗ ſtaunen der Türken funktionſert die Bahnlinie Kirk⸗Kiliſſe⸗Tſchataldſcha. Gewöhnlich treffen 12 die Unterhändler auf einer Brücke, die zwi⸗ chen dem Bahnhof und den Häuſern von Ha⸗ demkoi liegt, und zwar mitten auf der Brücke. Der bulgariſche Zug rollt heran, trägt eine weiße Flagge und bleibt halten. Und ſchon ſteht ein türkiſcher Zug bereit, der die Bulgaren aufnimmt und weiterführt, hinein in die tür⸗ kiſche Linie. —.Neufilmersdorf, die neue Kinoſtadt. Man ſchreibt uns aus Berlin: Eine der größten deut⸗ ſchen Filmfabriken hat jetzt in der Nähe von Berlin, bei Neubabelsberg, ein Rittergut an⸗ gekauft, das eigens für Filmſzenerien ver⸗ wenden will. Auf dem Gebiete des Gutes wer⸗ den alle denkbaren Naturſzenerien gebildet, Ge⸗ birge, Täler, Seen, Tropenlandſchaften uſw. Eine Reihe von Straßen wird gebaut, mit ver⸗ ſchiedenen Faſſadenſeiten, ſodaß man deutſche und ausländiſche Straßenbilder aufnehmen kann. Bis jetzt mußte die Geſellſchaft mit ihren Dar⸗ ſtellungen immer ins Ausland reiſen, wenn es galt, ein herzuſtellen, das in einem ſremden Milien ſpielte. Jetzt inſzeniert ſie das Milieu auf ihrer eigenen Siedlung, die darum von dem Berliner Witz im Anklang an das nicht amer Kontraſt: auf der Hoben Und ſo plauderte man denn von Regen und u fern gelegene Wilmersdorf den Namen„Neu⸗ Alkersbarf⸗ erhalten hat. —— — DFP , — Mannheim, 5. Dezember 1912. General⸗Anzeiger, Badiſche Neueſte Nachrichten(Mittagblatt). 15. Seite 8. 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