Abonnement: 80 1 0 70 Pfeunig monatlich. 4 Bringerlohn 28 Pfg. monatlich, durch die Poſt bez. incl. Poſt⸗ aufſchlag M..42 pro Quartal. Einzel⸗Nummer 5 Pig. In ſerate: Oie Colonel ⸗Zeile. 25 Pfg⸗ Auzwärtige Inſerate. 30„ Die Reklame⸗Zeile... 1 Mark Geleſeuſte und verbreitetſte Zeitung in Maunheim und Umgebung. der Stadt und ine bung Badiſche Neueſte Nachrich Anabhängige Tageszeitung. Täglich 2 Husgaben (ausgenommen Sonntag) Eigene Redaktionsbureaus in Berlin und KNarlsruhe. Volksblatt.) Telegramm⸗Adreſſe „Journal Mannheim“ Telefon⸗Kummern: Direktion u. Buchhaltung 1449 Druckerei⸗Bureau(An⸗ nahme v. Druckarbeiten 341 Redaktinn 3677 Expedition und Verlags⸗ buchhandlung 2¹8 Nr. 489. Schluß der Inſeraten⸗Annahme für das Mittagsblatt Morgens 9 Uhr, für das Abendblatt Nachmittags 3 uhr. Dienstag, 20. Oktober 1908. (Rittagblatt.) wähler * Die heutige Mittagsausgabe umfaßt 16 Seiten. Telegramme. Bismarcks Enkel. Regensburg, 19. Okt. Die Beſſerung in dem Befinden des jungen Fürſten von Bismarckhält an. Es beſteht Ausſicht, daß er übermorgen nach Friedrichsruh verbracht wer⸗ den kann. Der Zwiſchenfall von Ciſablaste * Köln, 19. Okt. Der„Köln. Zig.“ wird übereinſtimmend aus Berlin und Paris gemeldet, daß bei den Beſprechungen, die zwiſchen den Kabinetten über den Zwiſchenfall von Caſablanca ſtattgefunden haben, auch die Frage des ſchiebsgerichtlichen Aus⸗ trages geſtreift worden iſt, falls ſich eine Einigung auf andere Weiſe nicht erzielen ließe. Formale Vorſchläge in dieſer Rich⸗ kung ſind jedoch nicht gemacht worden und auch keine Entſchließ⸗ ungen getroffen worden. Von deutſcher Seite war das nicht möglich, weil das zur genauen Prüfung der Streitfrage erfor⸗ derliche amtliche franzöſiſche Material erſt in dieſen Tagen in die Hände der deutſchen Regierung gelangen wird. Die Meldung Hehrerer Feahe Bhiter 0 5 Wle be⸗ der dritten Auf zur! Alle nichtſozialdemokratiſchen Wähler der dritten Wählerklaſſe werden dringend erſucht heute Dienstag, den 20. Oktober von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen Wählt frühzeitig, möglichſt vor zwei Uhr. Sorgt dafür, daß die niederſt beſteuerte Wählerklaſſe nicht ausſchließlich durch die Sozialdemokratie vertreten wird, wie bisher, ſondern daß auch die bürgerlichen Schichten Sitz und Stimme in den ſtädtiſchen Kollegien erhalten. Ihr vaterländiſch geſinnten Arbeiter, Ihr in Staats,, beſchäftigten kaufmänniſchen und techniſchen Beamten und Angeſtellten und Ihr zahl⸗ reichen Kleinhandwerker: heute gilt es, Euch Euer Recht auf dem Nathaus zu holen und Euch Eure Vertretung, die Euch die Sozialdemokratie verweigert, zu erkämpfen. Gebt den von den bürgerlichen Parteien aufgeſtellten Zettel ab, der mit dem Namen Ambrosius, Jacob, Ingenieur, Langstrasse 39 beginnt.— Die Wahlzettel ſind vor jedem Wahllokal erhältlich. Jeder wä ihlt in dem Bezirk, der auf der jedem Wähler zugeſandten Wählerkarte ſteht. Auskunft erteilen auch die bürgerlichen Zettelträger. Auf zur 2s lebe das ſfortſchrittlich geſinnte Bürgertum! Fahl! Stadt⸗ und Privatbetrieben 83 21 NI. 17 ſe! Klaf reits einen n Aalfag auf ſchiedsgerichlliche Fezlan geſtellt habe, iſt demnach unzutreffend. en ſeiner überlieferten Politik es nicht ablehnen würde, die Re⸗ gelung der Deſerteur⸗Angelegenheit einem Schiedsgericht anzuvertrauen. Angeſichts des bölligen Auseinandergehens der Berichte der franzbſiſchen und deutſchen Beamten über die tatſächlichen Vorkommniſſe und den Rechts⸗ ſtandspunkt iſt aber Frankreich der Meinung, daß ein Schieds⸗ gericht die Frage imganzen Umfange behandeln müſſe. Prager Demonſtrationen. Berlin, 20. Okt.(Von unſerem Berliner„Bureau.) In Prag fand geſtern abend eine neue öffentliche Demon⸗ ſtration ſtatt. Es ſammelte ſich eine größere Menſchenmaſſe, gegen die das Militär vorging, wobei es zu blutigen Zuſam⸗ menſtößen kam. Das Handſchreiben König Eduards an Kaiſer Franz Joſeph. [J Berlin, 20. Okt.[Von unſerem Berliner Bureau.) Aus Budapeſt wird uns gemelder: Das Handſchreiben des Königs Eduard an den Kaiſer Franz Joſeph, das Goſhen am Sonntag überreichte, nimmt in freundſchaftlichen Wendungen die Annexion zur Kenntnis, bemängelt jedoch die Form, in welcher erfolgte.* König Peter 11b die Konferenz. *Wien. 20. Okt. Es verlautet von eruſt zu nehmender, 8, 19. Okt. Es wird beſtätigt, daß Frankreich gemäß von denen 8 aber wieder mit den Hoſverhälkniſſen vertrauter, unabhängiger ſerbiſcher Seite, daß es ſich bei den Nachrichten von Meinungsverſchieden⸗ beiten zwiſchen dem König Peter und dem Kronprinzen Georg um ein berechnetes Spiel im Königshauſe handle, wobei der unverantwortliche Thronfolger mit Wiſſen der Regierung vorgeſchoben werde, um die öſterreichiſch⸗-ungariſche Regierung durch fortgeſetzte Herausforderungen zu reizen.— Ernſthafte Kreiſe wollen wiſſen, daß für den Fall eines Dynaſtiewech⸗ ſels der zweitälteſte Sohn des Königs von Schweden auserſehen ſei, eine Dynaſtie Ber nabotte in Serbien zu gründen. Sozialdemokraten und Deutſchnationale. * Prag, 19. Okt. Im Laufe des geſtrigen Tages fanden auch in anderen Städten Ruheſtörungen ſtatt. In Gab. lonz wiederholten ſich die Zuſammenſtöße zwiſchen Sozialdemo⸗ kraten und Deutſchnationalen. Die Gendarmerie ſtellte die Ruhe wieder her. In Budweis drohte es anläßlich der Bekränzung des Kaiſer Franz Joſeph⸗Denkmals durch die Deutſchen zu Kon⸗ flikten zwiſchen den Deutſchen und den Tſchechen zu kommen. Polizei und der Gendarmerie gelang es, die beiden Parlei zu trennen. In Teplitz fanden blutige Zuſammenſtöße zwiſchen den Deutſchnationalen und den Sozialdemokraten ſtatt. 6 Per⸗ ſonen wurden verletzt, davon eine ſchwer. Die Polizei und die Gendarmerie zerſtreuten die Menge. 10 Perſonen wurden ver⸗

2. Seite. Geueral⸗Aunzeiger.(Mittagblatt.) Mannheim, 20. Oktober. Der neueſte Zwiſchenfall. OLondon, 20. Okt.(Von unſerem Londoner Bureau.) Der Berichterſtatter der„Times“ in Tanger berichtigt ſeine geſtrige Meldung von dem neueſten Zwiſchenfall in Mogador, daß keine Poliziſten getötet worden ſeien, ſondern nur 10 ver⸗ wundet wurden. Die getöteten Leute ſind Ziviliſten geweſen, die aus Mogador ſtammten. Die marokkaniſchen Soldaten ſollen in dieſen Tagen ganz aus der Stadt zurückgezogen werden. 5 Rooſevelt als Journaliſt. OLondon, 20. Okt.(Von unſerem Londoner Bureau.) Der Herausgeber des„Outlook“, jener Zeitſchrift, die Präſident Rooſevelt nach ſeinem Rücktritt als Redakteur leiten wird, er⸗ zählte einem Vertreter der Daily Mail, daß Rooſevelts Aufgabe darin beſtehen werde, Briefe aus Afrika, England und vom europäiſchen Kontinent zu ſchreiben. Nach ſeiner Rückkehr von der großen Reiſe werde er auch in der Redaktion tätig fein. Sein Gehalt beträgt 100 000 M. im Jahr. *** * Stuttgart, 20. Okt. Der Kronprinz trifft am Sonntag in Friedrichs hafen ein. 120 Berlin, 20. Okt. An den Mitteilungen auswärtiger Blätter über eine Automobilbremſe, die der Kaiſer erfunden haben ſoll, iſt kein wahres Wort. Berlin, 20. Okt. Ein bekannter Aeronaut wendete ſich in einer Eingabe direkt an den Kaiſer mit der Bitte, daß eine kaiſerliche Ordre ergehe, die allen maßgebenden Slellen ſtrilte Geheimhaltung aller Motorluftſchiff⸗ fragen zur Aufgabe mache. Namentlich ſolle über die Kon⸗ ſtruktion der Motore jede Aeußerung unterlaſſen werden. OLondon, 20. Okt.(Von unſerem Londoner Bureau.) Aus Waſhington wird der Dailh Mail gekabelt, daß die Hoch⸗ zeit des Herzogs der Abbruzzen mit Miß Elkins wahrſcheinlich in der Kathedrale von Baltimore ſtattfindet und daß Kardinal Gibbons die Trauung vornehmen werde. Der Rat von Turin werde den König von Italien vertreten. * Kie w, 20. Okt. Auf der ſteilen Wladimirſtraße begann in der Nähe der Univerſität ein zum Stehen gebrachter Eiſen⸗ bahnwagen plötzlich herabzurollen und kollidierte mit 2 anderen Straßenbahnwagen. 2 Wagen wurden zertrümmert, der 3. be⸗ ſchädigt, 11 Perſonen wurden verletzt, darunter der Ingenieur Struwe, der Erbauer der Straßenbahn. Polffische Uebersicht. Maunheim, 20. Oktober 1908. Friedlichere Ausſichten. Man wird ſich daran gewöhnen müſſen, daß bei den orientaliſchen Wirren jeder Tag ein neues Bild bringt und daß man mit abwechſelnden friedlichen und kriege⸗ riſchen Nachrichten zu rechnen haben wird. Während noch bis vor kurzem die Meldungen aus Bulgarien ziemlich bedrohlich ausſahen, weht jetzt wieder ein friedlicher Wind, und man wird abwarten müſſen, ob und wie lange er anhält. Eine weſentliche Förderung der friedlichen Ausſich⸗ ten würde, wie man in Berliner amtlichen Kreiſen meint, eintreten, wenn es ſich beſtätigen ſollte, daß zwiſchen den Hauptbeteiligten, das heißt Oeſterreich⸗ Ungarn und der Türkei einerſeits und Bulgarien und der Tür⸗ kei anderſeits, unmittelbare Verhandlungen wegen eines Ausgleichs gepflogen werden. Sie könnten, wenn ſie gelingen, die Zuſammenberufung einer Konferenz entweder un⸗ nötig machen, oder doch die Arbeiten der Konferenz weſentlich erleichtern. Man darf wohl annehmen, daß die Vorſtellungen. die von Deutſchland und Frankreich und wohl auch von andern Staaten in Bulgarien gemacht worden ſind, ihre Wirkung nicht verfehlt haben; und man muß wünſchen, daß keine Rück⸗ fälle in die frühere aufreizende Politik ſtattfinden. „Ueber den Brief des Kaiſers Wilhel man Kaiſer Franz Joſef ſind irreführende Mitteilungen verbreitet worden. Man kann ohne weiteres annehmen, daß die Ant⸗ wort des Kaiſers Wilhelm auf das Handſchreiben, in dem Kaiſer Franz Joſef die Angliederung Bosniens und der Herze⸗ gowina und den Verzicht auf das Sandſchak Nowibaſar an⸗ zeigte, freundlich und herzlich geweſen iſt. Es klingt aber ſehr unwahrſcheinlich, daß der deutſche Kaiſer in ſeinem Schreiben, wie in auswärtigen Blättern behauptet wurde, Oeſterreich⸗ Ungarr die militäriſche Unterſtützung Deutſch⸗ eeeeeeeeeeee, ergänzt. lands angeboten habe. So verzweifelt iſt die Lage noch nicht, daß man ſchon Anlaß hätte, derartige militäriſche Maßnahmen ins Auge zu faſſen, außerdem aber ſind die Beziehungen zwiſchen Deutſchland und Oeſterreich⸗Ungarn durch den be ⸗ ſtehenden Vertrag ſo geregelt, daß beſondere Angebote militä· riſcher Hilfe überflüſſig erſcheinen. An dieſen Vertrag wird ſich Deutſchland, treu ſeinen Bündnispflichten, auf das ge⸗ wiſſenhafteſte halten. Armenunterſtützung und öffeutliche Rechte. Der Geſetzentwurf über die Abänderung der Vorſchriften be⸗ züglich die Ausübung des Reichstagswahlrechtes und anderer öffentlicher Rechte bei Empfang von Unterſtützungen aus öffent⸗ lichen Mitteln iſt dem Bundesrat bereits zugegangen und von ihm den zuſtändigen Stellen überwieſen. Das Geſetz führt den offiziellen Titel: Geſetz betr. Einfluß von Armenunterſtützungen auf öffentliche Rechte. Der Entwurf ſtützt ſich auf die Reſolution der Abgeordneten Ablaß und Genoſſen vom 12. April 1907, die dem Reichskanzler überwieſen wurde. Dem in dieſer Reſolution einſtimmig ausgedrückten Wunſch des Reichstages hat die Re⸗ gierung Rechnung getragen. Das Geſetz geht von dem Grundſatz aus, daß gewiſſe Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln nicht als Armenunterſtützungen anzuſehen ſind. Als ſolche ſind nicht anzu⸗ ſehen öffentliche Zuwendungen: Gewährung freier Lern⸗ und Lehrmittel, freie ärztliche Behandlung, freie Verabreichung von Arznei⸗ und Hilfsmitteln, freie Aufnahme in Krankenanſtalten. Die Gewährung derartiger öffentlicher Unterſtützungen wird künftighin ſowohl auf das aktive und paſſive Wahlrecht als auch auf alle übrigen durch Reichsgeſetze geregelten öffentlichen Rechte (Wahl zum Schöffen und Geſchworenen) ohne Einfluß bleiben. Der Mittelſtandskongreß in Wlen. Während in den letzten Jahrzehnten die Arbeiterfrage das ſoziale Intereſſe ganz vorwiegend oder faſt ausſchließ⸗ lich in Anſpruch nahm, beginnt in neuerer Zeit das Ver⸗ ſtändnis auch für die Fragen des Mittelſtandes erfreulicher⸗ weiſe ſich wieder mehr zu regen. Ein Beweis dafür iſt auch der zweite internationale Mittelſtands⸗Kongreß, der vom 4. bis 8. Oktober in Wien tagte und über den wir ausführlich bericheten. Der Urheber des Kongreſſes iſt der Internationale Verband zum Studium der Verhältniſſe des Mittelſtandes in Brüſſel, der im September 1903. in Stuttgart gegründet wurde. Sein Zweck iſt einerſeits, in einem Zentralbureau alle Berichte zu ſammeln, welche die Lage des Mittelſtandes in den verſchiedenen Ländern ſowie die Maßnahmen berühren, die zur Verbeſſerung ſeiner Lebensbedingungen getroffen werden. Auf der anderen Seite will er Fragen, die den Mittelſtand betreffen, auf Mitgliederverſammlungen oder internationalen Kongreſſen, zu denen auch die Mitglieder Zu⸗ tritt haben, erörtern. Der erſte Internationale Kongreß wurde im Jahre 1906 in Lüttich unter lebhafter Beteiligung von Regierungsvertretern und Männern der Wiſſenſchaft veran⸗ ſtaltet. Der öſterreichiſche Miniſter für öffentliche Arbeiten gab auf der Eröffnungsverſammlung der Tagung das richtige Leitmotiv, indem er ausführte:„Auch für den Mittelſtand muß der Staat nachhaltige Fürſorge entfalten, umſomehr, als der Mittelſtand geſellſchaftlich von beſonderer Bedeutung iſt. Eine möglichſt große Zahl wirtſchaftlich ſelbſtändiger Exiſten⸗ zen iſt für Kultur, Nation, Geſellſchaft und Staat von größtem Wert. Der Meinung, Mittelſtandspolitik und Sozialpolitik im engeren Sinne ſchlöſſen einander aus, muß entſchieden entgegengetreten werden. Beide Gebiete ergänzen vielmehr einander. Bei beiden handelt es ſich um Fürſorge, um das Aufſteigen auf der ſozialen Stufenleiter. Dem kleinen Selbſtändigen wird das Emporſteigen ſehr ſchwer. Er muß geſtützt werden, wenn er nicht wieder hinab⸗ gleiten ſoll. Die Mittelſtandspolitik gehört zum eiſernen Beſtande weiſer Regierungsgrundſätze.“ Die Tagesord⸗ nung des Kongreſſes war außerordentlich reichhaltig. Die verſchiedenſten Fragen ſowohl des ländlichen wie gewerblichen Mittelſtandes wurden behandelt. Von den Gegenſtänden der Tagesordnung ſeien folgende genannt: Landwirtſchaftliche und gewerbliche Kreditorganiſationen, Ausbildung der mitt⸗ leren gewerblichen und mittelſtändiſche Wohnungspolitik(Sicherung der Bauhand⸗ werksforderungen, Erſchließung von Bauland etc.), mittelſtän⸗ diſche Jugendfürſorge, die deutſche Mittelſtandsbewegung, neuzeitliche Handwerkstechnik und Gewerbeförderung, Hand⸗ werker⸗Zentralgenoſſenſchaft uſw. Die einzelnen Themata wurden von Männern der Wiſſenſchaft und Praxis behandelt und z. T. in fruchtbringender Diskufſion zweckentſprechend Es iſt zu hoffen, daß die internationalen Mittel⸗ ſtandskongreſſe für den ländlichen und ſtädtiſchen Mittelſtand nicht ohne Früchte bleiben. Möchten ſie zu weiterem Studium landwirtſchaftlichen Produzenten, der ſo ſchwierigen Mittelſtandsfragen anregen, mögen ie 557 gewonnenen Erkenntniſſe auch in die Praxis umgeſetzt und zu neuen wertvollen Erfahrungen Anlaß werden. Deutsches Reich. — ÜUeber die Ausbreitung des Tabak⸗ baues in unſeren Kolonien) erfährt die„Magdeb. Ztg.“ von unterrichteter Seite folgendes: Im Schutzgebiet Kamervn iſt Gouverneur Dr. Seitz im Begriff, den Tabaks⸗ anbau in neue Bahnen zu lenken. Es geht demnächſt dorthin ein erfohrener Tabakpflanzer, um im Auftrage der Kolonial⸗ verwaltung nach eingehenden Vorſtudien im Lande ſelbſt ſyſtematiſch betriebene Anbauverſuche zu machen. In der deutſchen Induſtrie haben die bisher aus verſchiedenen Sta⸗ tionen Kameruns gewonnenen Tabakproben eine ſo günſtige Beurteilung gefunden, daß man auf dieſem Gebiet der Land⸗ wirtſchaft wohl ſicher mit guten Erfolgen rechnen kann. Auf ſeiner letzten im Juni d. J. abgehaltenen Tagung hat auch der Verein deutſcher Tabakintereſſenten ſein lebhaftes Intereſſe an dieſen Beſtrebungen der Kolonie bekundet— In Süd⸗ weſtafrika hat der vor Jahresfriſt dorthin entſandte Spezialiſt Landwirtſchaftsinſpektor Wunderlich aus Heilbronn äußerſt zufriedenſtellende Reſultate mit dem Gedeihen der Tabak⸗ pflanzungen zu verzeichnen. Auch die Schwierigkeiten, welche die Trockenheit früher der Behandlung der Blätter bereitete, iſt durch ein neues Verfahren faſt ganz überwunden. —(Auf der Tagesordnung der erſten Sitz⸗ ung des Reichstages) am 4. November, 2 Uhr nach⸗ mittags. ſtehen 52 Petitionen betreffend die Vorlegung der finanzpolitiſchen Geſetzgebung. Die Reichstagseröffnung ſoll nach den bisherigen Dispoſitionen durch den Reichsſchatzſekre⸗ tär erfolgen. Der Reichskanzler wird hierbei anweſend ſein und vorausſichtlich auch das Wort zur Einführung ergreifen. Badiſche Politik. Aus der nationalliberalen Partei. Karlsr uhe, 19. Okt. Am Samstag den., und Sonntag den 8. November, wird nunmehr die Landes⸗ verſammlung der Nationalliberalen Partei in Mosbach ſtattfinden. Vorausſichtlich findet am Samstag vormitlag eine Delegiertenverſammlung des junglibera⸗ len Landesverbandes ſtatt. Am Samstag nachmit⸗ tag 3 Uhr tagt der Engere Ausſchuß der Partei. Abends findet im Eiſenbahnhotel ein Bankett ſtatt. Am Sonntag vorm. 9 Uhr tritt dann die Landesverſammlung in der Turnhalle zuſammen. Deren Tagesordnung wird in einigen Tagen mitgeteilt. Nachmittags 3 Uhr findet, wieder⸗ um in der Turnhalle, eine Volksverſammlung ſtatt, Wahlen zum Waſſerwirtſchaftsrat. OKarlsruhe, 19. Okt. Wie die„Karlsr. Ztg.“ be⸗ kannt gibt, hat das Miniſterium des Innern nunmehr die Wahlen zum Waſſerwirtſchaftsrat auf den 18. November an⸗ beraumt und den Geh. Oberregierungsrat Wiener zum Wahl⸗ kommiſſär ernannt. In den Waſſerwirtſchaftsrat haben zu wählen Die Handelskammern 4, die Kreisausſchüſſe des Lan⸗ des, die Handwerkskammern und die Landwirtſchaftskammer je 2, die Städte der Städteordnung, der Verband der mitt⸗ leren Städte, die Fiſchereivereine je ein Mitglied und für jedes Mitglied einen Erſatzmann. Zum Zwecke ber Wahl ſind aus den Handelskammern 4 und aus den Handwerkskammern und Kreisausſchüſſen je 2 Wahlbezirke gebildet. Zur Wahl des von den Fiſchereivereinen zu wählenden Mitglieds ſind der Badiſche Fiſchereiverein und der Badiſch⸗Unterländer Fiſche⸗ rei⸗Verein berufen. beee— Dr. von Heigel über Biswarck. Bei der im Neuen Hauſe in Regensburg abgehaltenen Schluß⸗ feier anläßlich der Aufſtellung der Büſte Bis⸗ marcks in der Walhalla hielt der Präſident der k. Akademie der Wiſſenſchaften, Univerſitätsprofeſſor Geheimrat Dr. v. Heigel folgende Rede, die den Glanzpunkt der Feier bildete: Nicht zur Erklärung, nur in Begleitung des Siegeseinzuges des kraftvollſten Vertreters deutſcher Art in Walhalla will ich das Wort ergreifen. Von wahrhaft großen Menſchen und ihren Schöpfungen und Verdienſten iſt ja des Redens nie zu viel! Von wahrhaft großen Menſchen! Wer wäre der Aufnahme in Odins goldſchimmernden Saal würdig, wenn nicht er, der uns die nationale Einheit und ein Deutſches Reich Theater, Kunſt und Wiſſenſchaft. Mannheimer Streichquartett. 1. Kammermuſikabend. Im Kaſinoſaale eröffnete geſtern unſere einheimiſche Quartett⸗ Vereinigung die Reihe ſeiner dieswinterlichen muſikaliſchen Dar⸗ bietungen. In der Zuſammenſetzung des Quartetts iſt eine Aen⸗ derung zu verzeichnen. Für den langjährigen Vertreter der II. Violine, Herrn Arthur Poſt, welcher ſich der Quartettver⸗ einigung ſeiner Brüder, dem„Poſtquartett“ anſchloß, iſt nun Herr Konzertmeiſter Heſſe in das Enſemble eingetreten. Die übrigen Herren, Herr Konzertmeiſter Schuſter als Vertreter der Prim⸗ geige, Herr Fritſch als Bratſchift und Herr Müller als Celliſt ſſind die alten geblieben. Das Prgoramm enthielt in ſeiner Eröffnungsnummer ein Werk J. Haydns, des Begründers, in der Schlußnummer ein ſolches von L. van Beethoven, des Vollenders unſeres heutigen Streich⸗ quartetts. Beide Werke, die in ihrer Anlage intereſſante Geſichts⸗ punkte ergaben für die Entwickelung des anfangs mehr homophon gehaltenen Quartettſatzes zu ſeiner polyphonen, reichdetaillierten polyphonen Vielgeſtaltigkeit, umrahmten als Novität ein Quar⸗ tett D⸗dur Op. 35 von Vitezslav Noväk, einem der hoffnungsreichſten jungtſchechiſchen Muſiker. Novak, am 5. Dezem⸗ ber 1870 ir Kamenitz in Böhmen geboren, war Schüler von Dvorak und Schützling von Joh. Brahms. Er lebt gegenwärtig als Muſik⸗ lehrer und Mitglied der ſtaatlichen Prüfungskommiſſion für das Lehramt der Muſik in Prag. Schon nach den erſten paar Takten der einleitenden Fuge hatte man die Ueberzeugung: hier redet ein Berufener ſeine über⸗ zeugende Sprache!— Auf einem ausdrucksvollen Thema, ange⸗ ſtimmt vom Violoncell, baut ſich ebenſo zwanglos als kunſtvoll eine Fuge auf, die eine Perle unter den Schöpfungen der modernen Kammermuſik genannt zu werden verdient Welcher Wohllaut und welcher Fluß der Gedanken bei aller kontrapunktiſchen Kunſt! Weniger einheitlich erſcheint der zweite Teil des Werkes, den der Komponiſt bezeichnend mit„Fantaſie“ überſchrieb, wohl um ſeine freie formale Anlage damit von vornherein zu rechtfertigen. Eine reizvolle Scherzoepiſode hebt ſich erfriſchend ab und zum Schluß greift der Komponiſt ſehr geſchickt auf das ſehnſüchtige erſte Thema und ſichert dadurch ſeinem Werke die ſtiliſtiſche Geſchloſſenheit und die Wirkſamkeit. Die Herren unſeres Quartetts ſpielten die No⸗ vität in beſter Einmütigkeit bei voller Wahrung der Indioidualitat des Einzelnen und erzielten damit einen lebhaften Erfolg. Daß man auch dem zur Eröffnung geſpielten Haydn, D⸗moll Quartett Op. 16 Nr. 2, nichts ſchuldig blieb, iſt eigentlich ſelbſtverſtändlich. Das ſchlichte, unmittelbar anſprechende Quar⸗ tett mit ſeinem warmblütigen Andante gelangte zu beſter Wirkung. Das Schlußwort erhielt Beethoven, und zwar der„letzte Beethoven“, in ſeinem tiefſinnigen Es⸗dur Quartett Op. 12 7, deſſen Aufnahme und Wiedergabe Hörern und Spielern gleich hohe Aufgaben ſtellt. Der auf zwei Hauptthemen aufgedaute erſte Satz trägt den Charakter ſtiller Ergebenheit. In den fünf Varta⸗ tionen des Adagios feiert die formale Geſtaltungskunſt des Mei⸗ ſters höchſte Triumphe. Dem Spieler allerdings bieten ſie in dem raſchen Wechſel der Rhythmen und Vorzeichnungen nicht unerheb⸗ liche Schwierigkeiten. Das Scherzo greift zunächſt auf den erſten Teil des Themas im zweiten Satz zurück und variert denſelben. Im Finaſe herrſcht ſcheinbar ungezügelte Freiheit, doch wird der tiefer Schapende das geiſtige Band, welches alle Sätze zu einer ge⸗ ſchloſſenen Einheit zuſammenfaßt, trotz aller Takt⸗ und Tempounter⸗ ſchiede erkennen. Auch dieſes ſchwierige Werk wurde von unſeren einheimiſchen Künſtlern, namentlich in ſeinen beiden Mittelſätzen, überaus anerkennenswert geſpielt. Die Synkopierungen wurden von allen Inſtrumenten mit Präziſion wiedergegeben und die Aus⸗ führung der reichdetaillierten Figurationen zeigte ebenſoviel Ge⸗ ſchmack als Akkurateſſe. Neben der techniſchen Durchführung ſtand auch die geiſtige Seite der Interpretation auf reſpektabler Höhe. Das zahlreich erſchienene erleſene Auditorium kargte denn auch nicht mit ſeinem Beifall.— Möge unſern einheimiſchen Quartettiſten auch in der Folge die verdiente Würdigung und Unterſtützung zukeil werden! Theaternotiz. Die Intendanz teilt mit: Das Gaſtſpiel der Frau Deſprés am Donnerstag dürfte durch die Perſon ihres Partners und Gatten Lugns⸗Poe noch beſonderes Intereſſe be⸗ anſpruchen. Gilt dieſer doch als einer der Begründer und Haupt⸗ vertreter des modernen Stils in Frankreich, der im größten Ge⸗ genſatz ſteht zu der Kunſt Mounet⸗Sullys, den das hieſige Pub⸗ likum in der vorigen Saiſon als Oedipus in Heidelberg ſehen konnte.— Für die Uraufführungen, deren im laufenden Theaterjahre bis jetzt 6 ſtattfinden ſollen, ſind folgende Daten in Ausſicht genommen:„Der Walzerkönig“, Operette von Ludwig Mendelsſohn am 31. Oktober;„Herzog Boc⸗ caneras Ende“, Drama von Leo Greiner am 21. Nov.; „Das ſtarre Syſtem“, Luſtſpiel von Guſtav Hochſtet⸗ ter am 29. Novbr. im„Neuen Theater“;„Don Iuanito“, Komödie von Oskar A. H. Schmitz am 9. Januar 1909; „Die Minneburg“, komiſche Oper von Arnold Men⸗ delsſohn Ende Januar;„Robbys Ende, komiſche Oper von Eduard Künnecke Mitte April. Liederabend von Roſe Dilg⸗Kapferer und Norbert Kapferer. Wie bereits mitgeteilt, findet am kommenden Mittwoch, abends halb 8 Uhr im Kaſinoſgale der Liederabend von Roſe Dilg⸗ Kapferer und Norbert Kapferer ſtatt. Zum Vortrag gelangen Lieder von Brahms, Schubert, R. Strauß, Cornelius, Hugo Wolf. Eintrittskarten à M. 3, 2, 1 zu haben in der Hofmuſika⸗ lienhandlung von K. Ferd. Heckel. Das Jubiläum vierzigjähriger Zugehörigkeit zum Mann⸗ heimer Hoftheaterorcheſter begeht am kommenden 1. Nov. Herr Hofmuſikus Jacob Neck. Neck iſt ein Mannheimer Kind, deſſen Vater bereits als Muſiker im Dienſte des Mannheimer Hof⸗ theaterorcheſters geſtanden hat und von dem der Jubilar ſeiner⸗ zeit die erſten Anleitungen zu ſeinem Lebensberufe empfing⸗ Kaum ſechzehnjährig iſt der heute noch in voller Kraft wirkende Künſtler in den Verband des alten Muſentempels am Schiller⸗ platz eingetreten, mußte einige Jahre darauf als Hoboiſt ſeiner TCC7CCC ˙ „eee n ene. 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— 7— 55 enkt hat? Sein Nachfolger Aeberzeugung Ausdruck gegeben. emporbeben ließ Maunheim, 20, Ortober. General⸗Auzeiger.(Mitagviar.) e ee, Fütrſt Bülow ſelbſt hat dieſer „An Bismarck,“ ſagte er zu Münz,„vollzieht ſich jetzt vor unſeren Augen, was das Volk der Griechen ne een es den Zeus eines Herakles in den Olymp Die inſtinktive Volksmeinung wird vom Urteil der Geſchichte beſtätigt. Wenn manche von den Nachbarn Deutſchlands, für welche der lebende Bismarck der beſtgehaßte Mann geweſen war, auch noch nach ſeinem Tode an ihm mäkeln und meiſtern, ſo erklärt ſich dies wohl daraus, daß ſie uns um den Tyyp heroiſcher Kraft beneiden. Hämiſche Geſchichtsklitterungen aus dem Lager politiſcher Wider⸗ ſacher vermochten nur das Piedeſtal zu beſchmutzen, an den Großen ſelbſt reichen die Tendenzlügen nicht heran. Redner kam dann auf die zahlreichen Biographen zu ſprechen, die dem deutſchen Volk Bismarck erklären wollen, und berührte dabei die Tagebuchaufzeichnungen von Moritz Buſch, den angeblichen Vertrauten des Kanzlers. In ihnen ſei manches zu leſen geweſen, was einen befremdenden, erkältenden Eindruck machen mußte. Der erſte Kanzler war zwar ein frommer Herr, aber kein ſaufter Fridolin: es iſt eben ein anderes, der Gräfin von Savern zu dienen, als 40 Millionen Deutſche unter einen Hut zu bringen. Er hatte zwei ſchwer vereinbare Eigenſchaften: neben außergewöhnlicher faatsmänniſcher Klugheit ein leidenſchaftliches Herz. Wo ihm Widerſtand entgegentrat, konnte er eine Rückſichtsloſigkeit, eine Härte entwickeln, die ihn wie einen Dämon erſcheinen ließen. Stimmungen und perſönliche Abgunſt trübten nicht ſelten ſein Urteil, was ſich auch in den„Gedanken und Erinnerungen“ noch geltend machte. Doch wo wäre der Entſelbſtete, der niemals von Temperament, Parteirichtung und perſönlichen Sympathien be⸗ einflußt wäre? Iſt nicht auch ein bitteres Wort dem Manne zu verzeihen, den ſein Leben lang während ſeiner großartigen Kämpfe für Einigung und Macht und Herrlichkeit der Nation Neider und Ränkeſchmiede, ariſtokratiſche Streber verſolgten und peinigten? 8 Und den Politiker, den Organiſator, den ſchöpfe⸗ riſchen Genius ſehen wir gerade aus den malitiöſen Ent⸗ hüllungen Buſchs nur noch gewaltiger in die Höhe wachſen. Dieſe Energie, Kühnheit, Vielſeitigkeit, Schlagfertigkeit, Willensſtärke ſhaben kaum ihresgleichen in der Weltgeſchichte. Napoleon J. kommt ihm darin gleich, ja die Leiſtungsfähigkeit und Tatkraft des Franzoſenkaiſers wirken noch verblüffender, noch übermenſchlicher, war er doch zugleich der größte Staatsmann und der größte Feld⸗ herr ſeiner Zeit! Dagegen war Napoleon der eigene Herr ſeiner Entſchließungen, während Bismarck nicht bloß vom Willen ſeines Monarchen abhängig war, ſondern noch mit zahlreichen anderen Faktoren und Faktörchen zu rechnen hatte. Seine täg⸗ liche Arbeit glich einem Gewebe, das aus vielen hundert von allen Ecken des Webſtuhles zuſammenlaufenden Fäden gewirkt werden mußte und in das immer wieder fremde Hände von links oder rechts ſtörend eingriffen. Da höre ich Onno Klopp ſagen: „Durch Bismarck wurde das Prinzip der Immoralität, das Prinzip: Macht geht vor Recht! zum oberſten Dogma ſtaatsmänniſcher Kunſt erhoben!“ Wie kann ein Gelehrter, dem die Geſchichte des Wachstums und Vergehens der europäiſchen Staaten nicht fremd iſt, ein ſolches Urteil fällen? Was iſt die Aufgabe des Staatsmannes? Man braucht nicht mit de Maiſtre aus der Politik alles menſchliche Empfinden auszuſchließen und die Gerechtigkeit einer Regierung mit der Keuſchheit eines Enguchen zu bergleichen, aber alles in allem iſt die Aufgabe eines Staatslenkers die Behand⸗ lung der Machtfragen im Nutzen und zum Vorteil ſeites Stgates. Intereſſenpolitik iſt das entſprechende Fremdwort. Der Name Macchiavelli hat üblen Klang, doch wer könnk dem Floren⸗ tiner unrecht geben, wenn er ſagt:„Ein Staalsmann, der auf Erfolge hofft, mußt zugleich Fuchs und Löwe ſein. Vom Fuchs lernt er die Schlingen vermeiden, denen der Löwe erliegt, und als Löwe ſcheucht er die Wölfe zurück, die den Fuchs überwältig Will er nur Löwe ſein, geht er zu Grunde.“ Um Frankreich vor dem Untergang zu retten, ſetzte Mazarin die Moral beiſeite und das Recht außer Kraft. Friedrich der Große erklärte aufrichtig, er ſtelle die Sicherheit und das Anſehen ſeines Staates über alles; um ihn zu einer ſelbſtändigen Macht zu erheben, handelte er einzig nach den Geboten der Klugheit und erntete nach dem Recht des Starken. Um Preußen zur führenden Macht in Deutſch⸗ land und dadurch Deutſchland einig und groß zu machen, leitete Bismarck als Realpolitiker in Wort und Tat die Staals⸗ und Welthändel. Ni plus, ni moins! Gerade zur nämlichen Zeit, da Judwig Bamberger in ausſchweifendem Bürgerſtolz ſich zur Aeußerung verſtieg,„die Heimatloſigkeit, Unwiſſenheit und ſchlechthinige Wertloſigkeit des deutſchen Volkes ſeien eine ſo notoriſche Sache, daß ein geſundescehirn unmöglich auf den Ein⸗ fall geraten könne, der Junkerwelt einen ſogenannten orga⸗ niſchen Platz in dem Wachstum des deutſchen Volkes anzuweiſen“ — gerade zur nämlichen Zeit trat in den Vordergrund deutſcher Geſchichte, wurde der Retter Deutſchlands ein Mann, der aus dem Hleinen Landadel Preußens hervorgegangen war. Er ſelbſt nannte ſich auch ſpäter noch mit Stolz einen Junker, nahm aber freilich noch für ſich in Anſpruch, daß er niemals Standes⸗, ſon⸗ dern immer Volkspolitik getrieben habe. Ein echter und rechter Junker, d. h. ein vornehmer, königstreuer, frommer Herr iſt er auch immer geblieben. Zum Renegaten hatte er zu viel Charakter. Ein Junker in verächtlichem Sinne, das Geſpenſt eines mittel⸗ alterlichen Leuteſchinders, iſt er nie geweſen. Dazu beſaß er zu viel Geiſt. Gewiß gilt von Bismarck ganz beſonders das Wort: Es wächſt der Menſch mit ſeinem größeren Zwecken. Immerhin mußten die Vorzüge des Geiſtes und Charakters, die ihn zu ſo hohem Aufſchwung befähigten, als Keime ſchon im Knaben und Jüngling liegen. Damit leitete Profeſſor Heigel auf die Jugend Bismarcks über, von der er in kurzen Zügen ein anſchauliches Bild ent⸗ warf. Mit der Legende der wilden, wüſten Jugend Bismarcks ſei durch die neuere Forſchung aufgeräumt worden. Ein Muſter⸗ ſchüler iſt der Studioſus in Göttingen und Berlin nicht geweſen. Aber keineswegs ſtand er während ſeiner Lehrjahre den großen geiſtigen Zeitſtrömungen ſo gleichgültig gegenüber, wie früher angenommen wurde. Als den Dreißigjährigen die politiſche Be⸗ wegung, die 1846 mit dem Zuſammentritt des vereinigten Land⸗ tages in Berlin einſetzte und 1848 in Paris zu einem die ganze Welt erſchütternden Sturme anwuchs, aus ſeinem harmloſen Landleben herausriß, zeigte ſich, ſogar für ihn ſelbſt eine Ueber⸗ raſchung, daß er ein zwar nicht gewandter, aber ein durch Beiſt und Temperament mächtig wirkender Redner war. Er fühlte ſich vor allem berufen zum Anwalt der gefährdeten Krone. Ein Feuerkopf von höchſtem Ehrbegriff, ſo zeigte er ſich im ver⸗ einigten Landtag, unbeſonnen und unbedenklich in der Wahl der Mittel, ein märkiſcher Michel Kohlhaas, der um des belei⸗ digten Rechtes willen ſelbſt zum Rechtsbrecher werden will. „Ernſt zeigen und die Ehre wahren!“ Dieſe Loſung kehrt in ſeinen Reden und Briefen immer wieder. 5 (Schluß ſolgt.) Aus Stadt und Land. * Maunheim, 20. Oktober 1908. *Vom Hofe. Großherzogin Luiſe iſt heute nacht nach Streſa zu einem kurzen Beſuch bei der Herzogin⸗Mutter von Genua ab⸗ gereiſt. Ihre Königliche Hoheit wird in einigen Tagen zurück⸗ kehren und alsdann in Baden⸗Baden Aufenthalt nehmen. Prinz Mapx hat ſich geſtern abend nach Deſſau begeben, um im Auftrag des Großherzogs an der Beiſetzungsfeier der Herzogin⸗Witwe von Anhalt teilzunehmen. * Verſetzt wurde Betriebsaſſiſtent Joſeph Fritſche in Kip⸗ penheim nach Vaſel, Betriebsaſſiſtent Karl Sütterlin in Säckingen nach Müllheim und Florian Schmidt beim Verwal⸗ kungshof zum Bezirksamt Waldshut. * Die Beiſetzung der Gräfin Rhena im Mauſoleum. Geſtern vormittag 11 Uhr fand im Mauſoleum zu Karlsruhe die Bei⸗ ſetzung der Leiche der Gräfin v. Rhena, der Gemahlin des verſtorbenen Prinzen Karl, ſtatt. Schon von 10 Uhr ab füllte ſich langſam die Kapelle, die mit Palmen und anderem Grün ausgeſchmückt war. Die Leiche hatte man vor dem Altar auf einem Katafalk aufgebahrt. Des beſchränkten Raumes wegen waren Karten ausgegeben worden. In dem Seitenſchiff rechts des Altares nahmen die Verwandten der Verſtorbenen, ſowie die Beamten und Dienerſchaft Platz. In der erſten Reihe ſaß in der Mitte der Großherzog, rechts folgten: Graf Rhena lder einzige Sohn), Großherzogin Luiſe, Prinzeſſin Max, Prinz zu Löpenſtein und Prinzeſſin Amelie zu Fürſtenberg, links Groß⸗ herzygin Hildg, Prinzeſſin Wilhelm und Prinz Max von Baden. Dahinter ſah man die behandelnden Aerzte, die Miniſter der perſchiedenen Miniſterien, der preußiſche Geſandte mit Gemahlin, die Vorſtände der ſtaaklichen und ſtädtiſchen Behörden, Abord⸗ nungen der hier garniſonierenden Regimenter, beſtehend aus einem Stabsoffizier, 1 Hauptmann bezw. Rittmeiſter, 2 Leutnants mit dem kommandierenden General des 14. Armeekorps an der Spitze, ferner Abordnungen vom Drag.⸗Regt. No. 22, deſſen Chef der verſtorbene Prinz Karl war und des Traiubataillons No. 14. Abordnungen ſandten auch noch die Vereine ehemaliger Prinz Karl⸗Drogoner mit ihren Fahnen von hier und der Stadt Kehl. Als Vertreter der kath. Stadtgemeinde war Herr Geiſtl. Rat Knörzer erſchienen. Punkt 11 Uhr ertönte von der Orgel herab Trauermuſik und es erſchienen die fürſtlichen Leidtragenden, vom Großhofmeiſter von Brauer auf ihre Plätze geleitet, worauf der Kirchenchor der Schloßkirche mit einem Aſtimmigen Trauer⸗ choral einſetzte. Die Einſegnung der Leiche hatte der Präſident des evangel. Oberkirchenrats D. Helbing übernommen, der auch die Trauerrede hielt, in welcher er die Verdienſte der Ver⸗ ſtorbenen würdigte. Nach dem Vaterunſer ſang der Chor das „Auferſtehen, ja auferſt hen.“ Inzwiſchen wurde der Sarg unter Vorantritt des Geiſtlichen und des langjährigen Adjutanten des Prinzen Karl, Major a. D. von Friſching, in die Gruft ge⸗ tragen. Der Leiche folgten ſämtliche anweſenden Fürſtlichkeiten. Nach Rückkehr derſelben ſprach der Geiſtliche den Segen. Unter den Klängen des Chorals„Wenn ich einmal muß ſcheiden“ ſchloß die erhebende Trauerfeier.— In der Gruft ruhen nun Großher⸗ zog Friedrich I. der jüngſte Sohn, Prinz Ludwig von Boden, ferner die beiden Brüder des Großherzogs, die Prinzen Wilhelm und Karl und deſſen Gemahlin, Gräfin von Rhena. Militärpflicht genügen, und iſt dann im Jahre 1868 endgiltig für Mannheim verpflichtet worden. Neck, der dann ſpäterhin den 1870er Krieg von Anfang bis zu Ende mitmachte, und ſich ſeildem in ſeinem ſchönen Beruf als ein Künſtler von ſeltener Pflicht⸗ treue allzeit bewährte, hat auch von ſeiten des Großherzogs Friedrich I. zu verſchiedenen Malen den eßrenvollſten Lohn für ſein treues Schaffen im Dienſte der Frau Muſika enthegen⸗ nehmen dürfen. Er iſt Inhaber des Verdienſtkreuzes vom Zäh⸗ ringer Löwen und Ritter des Zähringer Löwen⸗Ordens zweiter Klaſſe. Daß es dem Jubilar an ſeinem ſeltenen Ehrentage an Beweiſen der Dankbarkeit und Wertſchätzung von ſeiten aller maßgebenden Faktoren nicht fehlen wird, iſt daher mit Beſtimmt⸗ heit anzunehmen.* Kleine Mitteilungen. Aus Heidelberg wird uns ge⸗ ſchrieben: Die Konſtituierung der neugegründeten ſüdd. Geſell⸗ N für ſtaatswiſſenſchaftliche Fortbildung findet Anfang Nov. tatt. Ein Vorſtoß zum Nordpol. Wie uns aus Newypork berichtel wird, beſchäftigt man ſich dort lebhaft mit dem kühnen Wagnis des Forſchungsreiſenden Dr. Frederik E. Cook, von dem ameritaniſche Forſcher annehmen, daß er ſeinem Ziel, dem Noro⸗ pol, ſehr nahe kommen werde. Die Abſicht, dieſen Vorſtoß zu machen, kündigt er in einem ſoeben eingetroffenen Briefe, de⸗ vom 17. März aus dem Eismeer, nördlich von Kap Hobbard, datiert iſt. Dr. Cob! war vor einem Jahre zu einer Jagdexpedi⸗ tion in einem kleinen Fiſcherſchoner aufgebrochen. Als die Zeit zur Rückkehr herankam, erklärte er plötzlich ſeinen Freundea, daß er allein zurückbleiben und nach dem Nordpol aufbrechen wolle. Von ſeinen Begleitern blieb Rudolf Franke bei ihm, ua die reichlichen Nahrungsvorräle, die die Jagd ihnen gebracht hatte, zu bewachen. Mit Hilfe von Eskimos wurde ein Blockhaus in Annortok, 2) engliſche Meilen nörblich von Etah, gebaut. Im Winter herrſchte eine furchtbare Kälte. Eines Tages wurde Dr. Cook beinahe von Eishären getötet, da das Schmieröl an ſeinem Gewehr ſich ſo verhärtet hatte, daß er die Waffe nicht brauchen zonnte. Schließlich gelang es, die Tiere mit Meſſern, die an lange Stangen gebunben waren, zu rerjagen. An 23. Jebruar brach Dr. Cook mit einer kleinen Schar Eskimos nach dem Nov⸗ den auf. Mehrere Toge brachte er auf einem ſchwimmenden Eis⸗ lelde zu; am 3. März erreichte er Flaglerday, von wo aus Frauke den Rückweg antrat. Im Pearyklub werden jetzt Maßregeln be⸗ raten, dem verwegenen Forſcher Hilfe zu bringen, aber vor dem nächſten Frühling wird keine Unternehmung möglich ſein. Eein Stendhal⸗Denkmal. Aus Paris wird uns berichtet: Das Komitee, das ſich gebildet hatte, um für eine ſpürdige Ehrung Stendhals zu ſorgen, hatte ſich zwei Aufgaben geſtellt, den Neudruck der Korreſpondenz Stendhals, der beute beendet iſt, und die Er⸗ richtung eines Denkmals, mit deſſen Ausführung Auguſte Rodin betraut wurde. Rodin hat nun ſeine Arbeit vollendet und ſein Entwurf wird gegenwärtig im Guß ausgeführt; ebenſo ſind die architektoniſchen Entwürfe von Plumet fertiggeſtellt. Das Stendhal⸗ Denkmal wird alſo in kurzem enthüllt werden können. Die drahtloſe Telegraphie im Großen Ozean. Eine engliſche Geſellſchakt für drahtloſe Telegraphie hat einen Plan ausgearbeitet, eine drahtloſe Verbindung zwiſchen Neu⸗Seeland, Auſtralien und ſieben größeren Inſeln des Stillen Ozeans einzurichten. Die auſtraliſch! Regierung begünſtigt den Plan, ebenſo wie der Pre⸗ mierminiſter von Neu⸗Seeland, der nur die Bedingung ſtellt, daß die Auckland⸗ und Chatham⸗Inſeln einbegriffen werden. Nach Fertigſtelung der Stationen ſoll auch eine Reihe von Dampfern, die den Verkehr auf dem Stillen Ozean vermitteln, mit Abparaten für drahtloſe Telegraphie ausgerüſtet werden, und man verſpricht ſich davon große Vorteile für die Entwicklung des Handels, aber auch für den Kriegsfall. 8 ——— 2 * General der Infanterie z. D. Ludwig Freiherr Boecklin v. Bpecklinsau in Karlsruhe vollendete geſtern das 70. Lebensjahr. Der General iſt in Freiburg in Baden geboren und am 20. Sept. 1857 aus dem Kadettenhauſe als Portepee⸗Fähnrich in das 2. Bad. Füſilier⸗Bataillon eingetreten. Er machte den Feldzug 1866 ale Oberleutnant im 1. Badiſchen Füſilier⸗Bataillon und den Krieg gegen Frankreich als Hauptmann und Kompagniechef im 2. Infan⸗ terie⸗Regiment mit. Nach dent Kriege, in dem er mit dem Eiſernen Kreuz 2. Klaſſe ausgezeichnet worden war, wurde er als Hauptmann im Grenadier⸗Regiment Nr. 110 in den Verband des preußiſchen Heeres übernommen, worauf er am 1. April 1881 als Major in das 4. Garde⸗Regiment zu Fuß kam. Im Januar 1887 zum Oberſt⸗ leutnant befördert, rückte er im Mai 1889 zum Oberſten und Kom⸗ mandeur des 4. Garde⸗Regiments auf, Im März 1892 wurde Frhr. Boecklin v. Boecklinsau Generalmajor und Kommandeur der 31. Dibiſion, die er bis zum 22. Mai 1899 befehligte. Dann wurde er zu den Offizieren der Armee verſetzt und am 10. Juni zur Dispo⸗ ſition geſtellt. Bei der Feier des Regierungsjubiläums des Groß⸗ herzogs von Baden wurde dem verdienten Militär am 24. April 1902 der Charakter als General der Infanterie verliehen. * Eine ſeltene Feier, das 25jährige Jubiläum von drei ihrer Arbeiter, beging am 17. er. die hieſige Hofmöbelfabrik L. J. Peter. Es ſind dies die Schreiner Leonhard Fink, Fer⸗ dinand Dombrowsky und Wilhelm Schlier, die in ſelten treuer Pflichterfüllung durch große Tüchtigk⸗it, Fleiß und Pünktlich⸗ keit während ihrer 25jährigen Tätigkeit bei genannter Firma ſich das volle Vertrauen ihrer Arbeitgeber erworben haben und an ihrem Ehrentage im Beiſein der Firmeninhaber, Beamten und fämt⸗ licher Arbeiter durch Ueberreichung entſprechender Geſchenke aus⸗ gezeichnet wurden. * Zum Bericht über die„Jubelfeier des 58er Vereins“ iſt noch beizufügen, daß unter Bedauern ihres Fernbleibens auf telegraphi⸗ ſchem oder brieflichem Wege herzliche Glückwünſche und Anerken⸗ nung den: Verein übermittelt haben: der großh. badiſche Landes⸗ kommiſſär, Herr Geheimer Oberregierungsrat Pfiſterer, der Vorſtand des Bezirksamts Ludwigshafen, die Herren Oberbürger⸗ meiſter Martin und Hofrat Krafft, Herr Bürgermeiſter Dr. Finter, der Vorſitzende des Kaufmannsgerichts Mannheim, Herr Dr. Erdel, die Vorſitzenden der Handelskammern von Mannheim und Ludwigshafen, Herr Geheimer Kommerzienrat Leunel und Bankdirektor Wagner, der Rektor der Handeksfortbildungsſchule, Herr Dr. Weber(deſſen telegraphiſcher Gruß lautete:„Segens⸗ reich und vielbewundert, dem Verein ein voll Jahrhundert“), Herr Hofrat Profeſſor Dr. Bernthſen u. a. Ferner der Mannheimer Journaliſten⸗ und Schriftſteller⸗Verein, der Deutſche Bankbeamten⸗ Verein, ſowie der Verein der Deutſchen Kaufleute, endlich zahlreiche Firmen und Bruderbezirke des In⸗ und Auslandes. 1 * Tuberkuloſe⸗Muſeum. Das Tuberkuloſe⸗Muſeum wurde bom 18. Januar bis Mitte Oktober an 130 Tagen von 9149 Perſonen beſucht. Man muß bedenken, daß mit dieſer Zahl der Kreis derer, die ſich durch das Muſeum direkt oder indirekt von Weſen und Art dieſer berheerendſten Volkskrankheit überzeugt haben, lange nicht abgeſchloſſen iſt; darnach iſt die Nützlichkeit der Ausſtellung zu be⸗ meſſen, die fraglos in viele Familien ſegensreiche Aufklärung ge⸗ bracht hat. Während der Wintermonate wird nunmehr das Mu⸗ ſeum, deſſen Räume heizbar ſind, nur noch an Sonntagen ge⸗ öffnet ſein und zwar von—1 und von—4 Uhr. Es iſt dringend zu wünſchen, daß noch recht viele unſerer Mitbürger das Muſeum beſichtigen; ſie werden durch die dort empfangenen Anregungen ſicherlich zur Hebung der Volksgeſundheit beitragen. * Der Jubilüums⸗Münnergeſangverein„Mannheimia“ hält ich ſeines erſten Stiftungsfeſtes mit Fahnenpeihe am Sonn⸗ tag den 25, Oktober, nachmitiags 8 Uhr, in den oberen Sälen des Ballhauſes ein großes Feſtkonzert ab, wohei hieſige und auswärtige Geſangvereine mitwirken werden. Ebenſo wird ab Uhr il den gleichen Lokalitäten großer Feſtball abgehal (Näheres f. Juſerat.) *Berein Frauenbildung⸗Frauenſtudium, Abteilung Mannheim Die nächſte Mitgliederverſammlung findet Mittwoch, den 21. eu,, nachmittags ½5 Uhr, im„Wilhelmshof“ ſtatl. Die Schriftführerin, Frau Alice Bensheimer, wird in dieſer Ver⸗ ſammlung über die jüngſt ſtattgehabte Generalberſammlung des Bundes Deutſcher Frauenvereine veferieren. „Lichtbilder⸗Vortrag. Auf ben heute abend 8½ Uhr im Kaſinofſaak ſtattfindenden Lichtbilder⸗Vortrag„Die Ab⸗ ſtammung des Menſchen“ des Haeckel⸗Schülers Aug, Kahl, Jeng, machen wir hiermit nochmals beſonders aufmerkſam. Karten in Heckels Muſikalienhandlung und an der Abendkaſſe. *Vortrag. Wir weiſen an dieſer Stelle auf den am Mikt⸗ woch den 21. Oktober, abends halb 9 Uhr, ſtattfindenden Vortrag des Herrn Schriftſtellers Jaskowski über das Thema!„Iſt „Selbſtmord Selbſtbefreiung“? hin. Der Deutſch⸗vaterländiſche Arbeiterverein hielt am Samslag abend in der„Stadt Lück“ wieder eine gutbeſuchte NMitglieder⸗ verſammlung ab. Der in Nr, 486 des„General⸗Auzeigers“ unter„Stimmen aus dem Publikum“ erſchienene Artikel wurde vor Eintritt in die Tagesordnung verleſen. Dann entwickelte ſich eine rege Diskuſſion, in der beſonders betont wurde, daß die Be⸗ freiung des Arbeiterſtandes vom dämoniſchen Joche der Sozial⸗ bemokratie und der„freien“ Zwangsgewerkſchaften das Werk der Arbeiter ſelbſt ſein muß, wozu aber auch nötig iſt, daß die vater⸗ ländiſchen Arbelter einen zuverkläſſigen Rückhalt an den Arbeitgebern und politiſchen Parteien hahen. Ferner müſſen alle nationalen Arbeiter beanſpruchen, als gute Staatsbürger neben ihren Pflichten, auch ihre Rechte ausüben zu lönnen, was heute durch den unerträglichen Druck(Bedrohungen, Beleidigungen, Verrufserklärungen, Bohykolt uſw.) der im Grunde revolutionärer Sozialdemokratie infolge mangelhaften Einſchreitens der Regie⸗ rungen und Behörden oft nicht möglich iſt. Als im Laufe der Dis⸗ kuſſion die Aeußerung des ſozialdemokratiſchen Abg. Hue:„Wir (die Sogialdemokraten) ſind nicht mehr weit vom Irreuhauſe,“ be⸗ kannt gegeben wurde, meinte ein Mitglied,„als Hue das geſagt hätte, kabe er jedenfalls eine lichte Stunde gehabt.“ Zum Haupt⸗ punkt der Tagesordnung, Stellungnahme zu den Staot⸗ berordnetenwahlen, erfolgte nach einem Referat eine leb⸗ bafte Ausſprache, in der betont wurde, daß alle nationalgeſinnten Arxbeiter zuſammenſtehen müßten. Der Verein empfiehlt den Wäh⸗ kern, auf jeden Fall ihrer Wahlpflicht zu genügen, und ihre Stimme für die bürgerliche Liſte abzugeben. Kein denkender Arbeiter könne für die ſozialdemolratiſche Liſte ſtimmen, für die Seite, von der durch die„freien“ Gewerkſchaften die Arbeiter nur eugunſten Weniger ausgebeutet und irregeführt würden. Da ſich auch Frauen dem Verein anſchließen möchten, ſo wurde die Grül⸗ dung einer Frauenabteilung beſchloſſen und der Vorftand mit den Vorarbeiten beauftragt. Nach Aufnahme einer Anzahl neuer Mitglieder wurde die Verſammlung geſchloſſen. Neues Operettentheater(Apollo). Bei der heutigen Pre⸗ miere von Edmund Eyslers Operette„Die Schützenlieſel“ wird, wie mitgeteilt, die männliche Hauptrolle von Herrn Fritz Werner gegeben, von dem auch zwei Einlagen zu Gehör gebracht werden: 1. das Lied„Noch ſind die Tage der Roſen“, geſungen von Herrn Adolf Lußmann, 2. das Kouplet„Fauler Zauber“, von Herrn Werner im drilten Akt ſelbſt geſungen. Im dritten Alt wird auch ein von Herrn Kapellmeiſter Hans Seifriz, der die Vor⸗ ſtellung dirigiert, komponiertes Lied„Hach' auf, mein Herz ſungen. Herr Fritz Werner hat die Partie des„Blaſius Neſte in Bexlin annähernd 500 Mal geſungen und wird bei den hieſigen Aufführungen dieſe Jubiläums⸗Nummer noch vollends erreichen.

4. Sei e. Peneral⸗AUnzeiger.(Mittagblatt.) Nannheim, 20. Oktober. * Mannhbeimer Zitherklub. Das Sonntag abend im Kaſinoſaale ſtattgefundene Kongert darf als ein überaus gelungenes be⸗ geichnet werden. Zur Mitwirkung waren getwonnen Frau Dina Vorfen⸗van der Vijver, Herr Ant. Smetak, Zither⸗ und Streichmelodion⸗ birtuos aus Zürich, und Herr Muftkdirektor Hautz von hier. Nach⸗ dem das Konzert durch das Enſembleſpiel„Feſthymne“ eingeleitet worden war, konnte Herr Smetak ſeine Kunſt auf der Zither zeigen. Herr Smetal berfügt übecr eine bewundernswerte Technik, ſodaß es wirklich eine Freude war, ſeinen mit großer Präziſion borgetragenen Weiſen zu lauſchen. Unter ſtarkem Beifall mußte er ſich zu einer Dreingabe verftehen. Alsdann betrat, mit lebhaftem Beifall begrüßt, Frau Dina Voiſin⸗van der Vijver das Podium und ſang die Lieder„Glück“,„Schlaf ſacht“ und„Ach, wer das doch könnte“. Auch diesmal übten ihr herrlicher Sopran unb ühr tiefinniger Vortrag eine große Wirkung aus. Nach einem weiteren Enſembleſpiel des Zitherklubs, der Gavotte„Herzens⸗ königin“, trug Herr Smetak mit ſeinem Streichmelodion„Reve⸗ rie“, Solo mit Klavierbegleitung, vor. Das Inſtrument ähnelt wach Klang und Form der Violine, nur mit dem Unterſchied, daß es auf den Tiſche geſpielt wird. Auch hier konnte der Soliſt nur mit einer Zugabe den ſtürmiſchen Applaus befriedigen. Frau Dina Voiſin⸗van der Vijver brachte nun drei weitere Liedchen:„Er iſt gekommen“,„Die Mutter an der Wiege“ und „Bergebliches Ständchen“ zu Gehör, kwelche die gleiche Wirkung autsübten. Langanhaltender Beifall rief die Sängerin wiederholt nuf das Podium zurück. Des weiteren ſpielte Herr A. Smetak eine eigene Kompoſition, die Fantaſie für Zither„Erinnexungen“. Der ſymphoniſche Marſch„Hoch Wittelsbach“ en ensemble beendigte das ſchön verläufene Konzert. Die Enſembleſpiele wurden mit großer Sicherheit und ſchöner Klangwirkung vorgetragen, fodaß auch hier der wohlperdiente Beifall nicht ausblieb. Der Mann⸗ heimer Zitherllub darf mit vollſter Zufriedenheit auf dieſe Ver⸗ anſtaltung zurüikblicken. * Vom Schwurgericht. Bei der heutigen Eröffnung der Schwurgerichtsſeſſion für das 4. Quartal machte Herr Land⸗ derichtsdirektor Dr. Humm'el die aufſehenerregende Mitteilung, daß auf die Ausübung der richterlichen Funktionen durch einen zum Geſchworenen ausgeloſten Arbeiter verzichtet werden müſſe, weil der Arbeiter ein Schreiben des Arbeitgebers beigebracht habe, in de mes heiße, daß ſich der Arbeiter als entlaſſen zu betrachten habe, wenn er von dem Geſchworenendienſt nicht dispenſiert werde. Wir müſſen annehmen, daß es ſich hier um ein Mißverſtändnis handelt, denn wir können nicht glauben, daß der betr. Arbeitgeber ſo rückſtändig iſt, daß er ſeinen Arbeiter von der Ausübung eines ſtaatsbürgerlichen Rechtes durch Au⸗ drohung der Entlaſſung abhalten will. * Tagesordnung für die Schwurgerichtsſitzungen im 4. Quartal. Dienstag, 20. Okt., vorm. 9 Uhr: Adolf Falk von Ottersweier wegen Urkundenfälſchung und Betrug. Nachmittags 4 Uhr: Georg Kokes von hier wegen Urkundenfälſchung. In beiden Fällen Vorſitzender Landgerichtsdirektor Dr. Hummel. Mittwoch, 21. Okt., vorm. 9 Uhr: Heinrich Peter Redemann bon Hildesheim, Heinrich Michel von Deckenbach wegen be⸗ trügeriſchen Bankerotts, nachmittags 4 Uhr: Valentin Orth von Neckarau wegen Urkundenfälſchung. In beiden Fällen Vor⸗ ſitzender Landgerichtsrat Wolf. Donnerstag, 22. Okt., vorm. 9Uhr: Anna Albina Dreikluft von Weckbach, Suſanna reckel von Weinheim, Friedrich Lochbühler von Lützel⸗ ſachſen wegen Abtreibung und Beihilfe. Vormittags 11 Uhr: Valentin Schaffhauer von Bammental wegen Nokzuchts⸗ verſuch. Nachmittags 4 Uhr: Johann Keith von Wildealier⸗ bach wegen Verbrechen gegen 88 173, 176, 177.⸗St.⸗G.⸗B. Für alle drei Fälle Vorſitzender Landgerichtsdirektor Dr. Hum⸗ mel. Freitag, 23. Okt., vorm. 9 Uhr: Nikolaus Bucher von Walldorf, Oskar Weipert von Heidelberg, Jakob Bruckner von Walldorf wegen Meineid und Anſtiftung hierzu. Nachm. 4 Uhr: Friedrich Adelheim von Heidelberg wegen Körper⸗ verletzung mit nachgefolgtem Tode. In beiden Fällen Vorſitzender Landgerichtsrat Wolf. Samstag, 24. Okt., vorm. 9 Uhr: Joſef Hätti, wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode. Vor⸗ mittags 10 Uhr: Julius Sauter von Karlsruhe wegen Unker⸗ ſchlagung im Amte. Nachmittags 4 Uhr: Franz Martin Buſch von Schweinberg wegen Notzuchtsverſuch. In allen drei Fällen Vorſitzender Landgerichtsdirektor Dr. Hummel. Montag, den 25. Okt., vorm. 9 Uhr: Marg. Diſtler von Torgau wegen Meineids. Nachmittags 4 Uhr: Theodor Neuer von Wald⸗ hof wegen Unterſchlagung. In beiden Fällen Vorſitzender Land⸗ gerichtsrat Wolf. Dienstag, 27. Okt.: vorm. 9 Uhr: Georg Bender von Kirchardt wegen Verbrechen gegen§ 176. Mach⸗ mittags 4 Uhr: Hugo Eichelbrenner von Heinrichs wegen Notzucht. In beiden Fällen Vorſitzender Landgerichtsrut Wolk. Mittwoch, 28. Okt., vorm. 9 Uhr: Adam Grieſener von Walderlenbach, Albert Gottmann von Weißenbich, Andreas Gerner von Mörsdorf, Peter Grün von Ottecſtadt, Adam Rutſch von Münchszell, Karl Friedrich Becker von Söllin⸗ gen, Julius Philipp Deißler von hier, Georg Ri⸗ger von hier, Auguſt Rückert von hier wegen Aufruhr, Widerſtagd, Landfriedensbruch und Beleidigung. Vorſitzender Landgerichts⸗ birektor Dr. Hummel. *Eine ſchwere Straßenbahnkolliſion führte geſtern den Kutſcher des Fuhrhalters Cramer, Karl Stätter von Ludwigs⸗ hafen, und den Straßenbahnführer Karl Bockhorn vor das Schöffengericht. Die Elektriſche kam am 20. Juni im 12⸗Kilo⸗ meter⸗Tempo vom Zollamt hergefahren in dem Momente als der Kutſcher mit einem nach den Motorbooten fahrenden Herrn in der Droſchle aus der Straße C 7— 7 kam. Nach Ausſage von Zeugen fuhr der angeklagte Kutſcher auf der linken, ſtatt auf der rechten Seite, konnte alſo auch nicht das Herankommen der Elek⸗ triſchen frühzeitig genug bemerken, verlor anſcheinend den Kopf und rannte direkt vor die Elektriſche. Das Pferd wurde eine kurze Strecke fortgeſchoben und blieb dann tot liegen. Das Ge⸗ richt hält nur eine Fahrläſſigkeit des Kutſchers feſtgeſtellt, und verurteilte ihn zu einer Geldſtrafe von 40 Mark, während der angeklagte Straßenbahnführer freigeſprochen wurde. Vert.: .⸗A. Dr. Köhler. Aus dem Großherzogtum. Schpvetzingen, 18. Okt. Wie man hört, beabſichtigt die Großh. Hofverwaltung den rechts des Schloſſes gelegenen Ein⸗ gang in den Schloßgarten dauernd zu ſchlie łßen, weil im bergaugenen Sommer von Schülern, elche bon dort aus die im Zirkekhauſe eingerichtete Turnhalle betreten, verſchiedentlich Scha⸗ den an Bäumen, Sträuchern und Zierpflanzen angerichtet wurde⸗ Dieſe Maßregel wird vielfach als nicht ganz zweckmäßig empfunden, da der beſagte Eingang insbeſondere von einem großen Teil der Schwetzinger Einwohnerſchaft ſehr häufig benützt wird, um dem Steem des großen Publikums zu entgehen. Böſen Buben kann man mit egemplariſchen Strafen ſchon beikommen, ohne die Allgemeinheit Füßen zu laſſen, und ſo lange dies nicht geſchieht, könnte der Un⸗ fug ruhig weiter beſtehen, wenn auch zum Betreten des Gartens nur der Haupteingang offen ſteht. Schwetzingen, 19. Okt. Die Wach⸗ und Schließ⸗ geſelkſckaft hat auch in der hieſigen Stadt Eingang gefunden und vor einigen Tagen ihre Tätigkeit aufgenommen.— Die Orts⸗ Iranlenkeſſe hat vom 1. November 1908 ab die Beiträge Prezem auf 8% Prgent erhöht und das Krenzen⸗ Der ſtarke Beſuch trug dazu ein gutes Stück bei. geld, das bisher vom 1. Krankgeitstage an voll bezahlt wurde, um die Hälfte für die erſten drei Tage gekürzt. 5 * Karlsruhe, 19. Okt. Ueber die Tätigkeit der FJeuer⸗ wehren bei dem Brand in Donaueſchingen, über die zur Stelle gebrachten Gerätſchaften uſw. ſind von verſchiedenen Seiten die ver⸗ ſchiedenartigſten Dinge in die Welt hinauspoſaunt worden, die zum großen Teil den Tatſachen nicht entſprochen haben. Nach dem amt⸗ lichen Organ der badiſchen Feuerwehren waren insgeſamt bei dem großen Brande amwpeſend: 122 Feuerwehrleute, die mit zuſammen 27 Spritzen ausgerüſtet waren. un Schlauchmaterial waren 3600 Meter zur Stelle. Außer den oben angegebenen Frerwilligen befan⸗ den fich auch noch 281 Mann Löſchmannſchaften an der Brand⸗ ſtelle und 31 Waſſerfuhrwerke ſorgten für die Beibringung von Waſſer, 5 * Pforzheim, 19. Okt. Nachdem Stadtperordneter Otto Katzenberger ſeine Anfechtung der Wahl der Stadtverordneten der zweiten Wählerklaſſe zurücgezogen hat, beſchloß der Stadtrat in außerordentlicher Sitzung beim Bezirksamt zu beantragen, daß von Amtswegen über die Gültigkeit der Wahl entſchieden werde. Der Stadtrak will feſtgeſtellt ſehen, ob und eventuell inwieweit bei Aufſtellung der Wählerliſte Verſtöße vorgekommen find und wen die Verantwortung dafür trifft. “ Donaueſchingen, 19. Okt. Anfangs Nodember wird der Kaiſer zu den Jagden beim Fürſten zu Jürſtenberg hier ein⸗ treffen. Letzte nachrichten und Telegramme. * Agea m, 20. Okt. In der Nacht zum Sonntag über⸗ ſchritt eine montenegriniſche Bande die öſter⸗ reichiſche Grenze. Bei einem Zuſammenſtoße mit öſter⸗ reichiſch-ungariſchen Truppen blieben 4 Tote auf dem Platze. Die Montenegriner äſcherten ein bosniſches Dorf ein. * London, 20. Okt. Der Dampfer„Hull“ der Wilſonlinie, der von Hamburg nach Hull unterwegs war, iſt in der Mündung der Hemper geſcheitert. Die an Vord befindlichen Perſonen wurden durch Anwendung der Raketenapparate gerettet. Die Be⸗ mühungen, das Schiff wieder flott zu machen, ſind erfolglos ge⸗ blieben. Die Preisverteilung der Dauerfahrt. * Berlin, 19. Okt. In der heutigen Sitzung des Ber⸗ liner Vereins für Luftſchiffahrt fand die Preisverteilung der Dauerfahrt am Montag ſtatt. In der 2. Klaſſe erhielt den 1. Preis der Ballon„Eſſen⸗Ruhr“, den 2.„Ernſt“; in der 3. Klaſſe den 1.„Hewald“, den 2.„Clouth“; in der 4. Klaſſe den 1.(Kai⸗ ſerpreis)„Groß“, den 2.(Preis des Kriegsminiſters)„Aber⸗ cron“, den 3. bis 8. Preis:„Atlas“,„Overſtolz“,„Hamburg“, „Schleſien“,„Bochum“,„Tſchudi“. In der 5. Klaſſe den 1. Preis „Pommern“, den 2. Preis„Auguſta“, den 3.„Graf Zeppelin“. Die Preisverteilung der Gordon⸗Bennett⸗Wettfahrt wird erſt erfolgen, wenn bei der Sportkommiſſion alle Bord⸗ bücher eingelaufen ſein werden. Arbeiterbewegung. * Lüttich, 18. Okt. Auf dem heute im hieſigen Volkshauſe abgehaltenen Landeskongreß der belgiſchen Berg⸗ leute waren 113 Verbände durch rund 150 Abgeordnete ver⸗ treten. Der ſozialiſtiſche Deputierte Marville berichtete über die Tätigkeit der Abgeordneten aus dem Bergmannsſtande in der belgiſchen Kammer, je ein Vertreter aus den vier belgiſchen Becken ſprachen über die in dieſen herrſchende Lage. Dann wur⸗ den die Verhältniſſe des Kohlenmarktes und die Lohnherabſetz. ungen beſprochen. Einmütig angenommen wurde eine von Mar⸗ ville beantragte Tagesordnung, die ſich für eine von dem Inter⸗ nationalen Bergärbeiterverband ſchleunigſt zu beſchließende all⸗ gemeine 14tägige internationale Arbeitspauſe zur Räumung der Kohlenvorräte und Beſeitigung der Lohnverringe⸗ rungen ausſpricht. Von ſonſtigen Anträgen ſei noch der der Ver⸗ treter des Borinage erwähnt, Aktien von Zechen zu kaufen und damit den Abgeordneten der verſchiedenen Verbandsgruppen Ge⸗ 1 zu geben, auf die Leitung der Zechengeſchäfte einzu⸗ rken. Die Demiſſion des franzöſiſchen Marineminiſters. *Paris, 20. Okt. Die meiſten Blätter erörtern die durch das geſtrige Kammer⸗Votum verurſachte Demiſſion des Marine⸗ miniſters Thomſon und heben hervor, daß ſie hauptſächlich auf die Angriffe Delcaſſees zurückzuführen ſei. Die natio⸗ naliſtiſchen und konſervativen ſowie die Blätter der diſſentieren⸗ den Radikalen ſprachen ihre Befriedigung über den Sturz des Miniſters aus, erklären aber, daß an den in der Kriegsflotte vor. gekon menen Kataſtrophe nicht ein einzelner Mann, ſondern das ganze Verwaliungsſyſtem ſchuld ſei. Einige Blätter meinen, daß Thomſon die von dem früheren Marine⸗ miniſter Pelleton begangenen Fehler büßen müſſe. In betreff des Nachfolgers liegen noch keine Anhaltspunkte vor. In den Wandelgängen der Kammer werden der Deputierte Chau⸗ met, der Senator und ehemalige Juſtizminiſter Monis ſowie der Admiral Fournier genannt. Man hält es für möglich, daß die Demiſſon Thomſons noch zu weiteren Verſchiebungen im Miniſterium Veranlaſſung geben. werde. Demiſſion des franzöſiſchen Marineminiſters. * Paris, 19. Okt. Deputiertenkammer.) Del⸗ caſſé, der Präſident der Kommiſſion für die Unterſuchung der Kataſtrophe der„Jenac, erklärte, das Unglück hätte vermieden werden können, wenn der Miniſter auf die Warnungen gehört und die von dem Kommandanten der „Jena“ ſelbſt beantragten Maßregeln getroffen hätte.(Bei⸗ ſall auf zahlreichen Bänken). Eine wirkliche Unterſuchung werde die ſtaunenerregende Sorgloſigkeit dar⸗ tun, mit der das ſchwarze Pulver in der unmittelbaren Nähe des Pulvers aufbewahrt worden ſei. Eben dieſer Umſtand habe die Ausbreitung des Brandes auf der„Jena“ verurſacht. Der Redner zählte unter der Bewegung des Hauſes die Unfälle auf, die— wie er ſagte— dieſer Sorgloſigkeit zuzuſchreiben waren.(Beifall auf zahlreichen Bänken.) In ſeiner Antwort beklagte ſich Marineminiſter Thomſon darüber, daß man ihm Verwürfe mache, die ſeine Vorgänger träfen. Er ver⸗ teidigte ſeine Mitarbeiter. Von Zwiſchenrufen und Lärm unterbrochen, ſchloß er mit der Erklärung, daß ſeine Verwaltung alles, was im Bereich der Möglichkeit liege, zur Beſſerung der Verhältniſſe in der Marine getan habe. Im weiteren Verlaufe der Debatte wurde der erſte Teil der von Delcaſſé eingebrachten Tagesordnung mit 568 Stimmen gegen eine Stimme angenommen. In dieſem erſten Teil werden die anläßlich der Kataſtrophe der„Jena“ feſtgeſtellten Nachläſſigkeiten und Fehler beklagt. Auf den Zwiſchenruf: Vertrauen der Regierung, aber nicht dem Marineminiſter! erklärte Miniſterpräſident Clemeneceau, daß er mit Thomſon ſolidariſch ſei.— Der zweite Teil der Tagesordnung Delcaſſés, welcher jeden Zuſatz ablehnt, wurde mit 824 Stimmen gegen 231 Stimmen verworfen, trotz der Einwendung Delcaſſes, daß die erſte einmütige Abſtimmung dus Vertrauen zur Regierung ausſchließe, welche die Irr⸗ ſümer begangen habe.— Die Kammer nahm hierauf mit 345 Stimmen gegen 122 Stimmen einen Zuſatzanirag an, der der Regierung das Vertrauen ausſpricht. Die Tages⸗ ordnung Delcaſſes wurde ſodann im ganzen faſt einſtimmig angenemmen und die Sitzung hierauf geſchloſſen. „Paris, 19. Okt. Im Laufe der Debatte in der Deputiertenkammer gab Marineminiſter Thomſon die Er⸗ klärung ab, alle Verantwortlichkeit auf ſich nehmen zu wollen. An der Spitze der Marineverwaltung müſſe ein Beamter ſtehen, der über Autorität verfüge, die er, der Miniſter, nicht beſitze. Er demiſſioniere heute nicht, doch möge die Kammer der Regierung gleichwohl ein Vertrauensvotum geben. Trotz dieſer Erklärung begab ſich der Marineminiſter nach Schluß der Sitzung zu dem Miniſterpräfidenten Clemenceau, um ſeine Demiſſion zu geben. Marokko. * Paris, 20. Okt. Aus Tanger wird gemeldet, daß an dem Angriffe der Polizei in Mogador auch die wegen Nichtbezahlung des Soldes unzufriedenen Soldaten des Maghfen teilgenommen hätten. Das diplomatiſche Korps drückt in einer dem Maghſen übermittelten Reſolution den Wunſch aus, daß die Sol⸗ daten in den Häfen regelmäßig den Sold erhalten möchten. „ Paris, 20. Okt. Mehreren Blättern wird aus Caſa⸗ blancc gemeldet, daß die in Marakeſch verſammelten Kaids Glaui, Mtpgi und Siaiſar dem Exſultan Abdu!l Aſis den Vor⸗ ſchlag gemacht haben, ihn zum Sultan von Marakeſch aus⸗ zurufen. Abdul Aſis habe ſich Bedenkzeit ausgebeten. Die Kriſe auf dem Balkan. Die Konferenz. OLondon, 20. Okt.(Von unſerm Londoner Bureau.) Der Wiener Korreſpondent der„Daily News“ meldet, daß Iswolski durch den ruffiſchen Botſchafter am Wiener Hofe dem Freiherrn von Aehrenthal die Bitte unterbreiten ließ, keine weiteren Erklärungen über die Unterredung in Buchlau abzu⸗ geben, da dadurch die Konferenzverhandlungen nur Jeſtsrf würden. Die Haltung Serbiens. * Belgrad, 20. Okt.(Wiener Korr.⸗Bur.) Der Miniſter des Aeußern erſchien heute bei dem deutſchen Ge⸗ ſandten und entſchuldigte ſich im Namen der Regierung wegen der Beleidigung des hieſigen deutſchen Militär⸗Attachees durch einen Gendarm, der den Attachee als einen öſterreichiſchen Spion verhaften wollte. Berlin, 20. Okt.(Von unſerm Berliner Bureau.) Nach Meldungen aus Belgrad hat die öſterreich⸗ungariſche Geſandtſchaft erneute Vorſtellungen erhoben und Schadenerſatz⸗ anſprüche angemeldet. In der Stadt zirkuliert das Gerücht von der bevorſtehenden Ankunft der öſterreichiſchen Donauflottille. Geſtern früh erſchien eine Verordnung des Belgrader Polizei⸗ präfekten, welche jede Verſammlung unter freiem Himmel und jede Demonſtration ohne vorherige polizeiliche Erlaubnis auf das ſtrengſte verbietet. Von berſchiedenen Grenzpunkten der öſterreich⸗ungariſchen Monarchie werden Konfiskationen von für Serbien beſtimmte Waffen und Munitionen gemeldet. Truppenbewegungen in der Türkei. * Konſtantinopel, 20. Okt.(Wien. Korr.⸗Bur.) Die alarmierenden Nachrichten über Truppenverſchiebungen zwiſchen Konſtantinopel, Saloniki und Adrianopel ſind un⸗ richtig. Zum Schutz gegen reaktionäre Anſchläge wurden 3 Schützenbataillone aus dem 3. Korpsbereich hierher gebracht. Von hier gehen 2 Bataillone des 9. Regiments nach Adrianopel. Die Türkei, Bulgarien und Oeſterreich⸗Ungarn. Berlin, 20. Okt.(Von unſer. Berl. Bureau.) Der „Temps“ gibt über die Ereigniſſe, welche ſich am Samstag durch Vermittlung der franzöſiſchen Regierung zwiſchen der Türkei und Bulgarien abſpielten, ausführliche Dar⸗ ſtellung: Um 6 Uhr nachmittags ließ Pichon den türkiſchen Botſchafter zu ſich kommen und machte ihm die Mitteilung, daß Zar Ferdinand durch die Vermittlung des franzöſiſchen diplomatiſchen Agenten in Sofia den Präſidenten Fallieres davon verſtändigt habe, daß er im Prinzip mit einer Kom⸗ penſationspolitik gegenüber der Türkei einverſtanden ſei. Nach Kennknisnahme dieſer Nachricht gab der türkiſche Botſchafter ſofort eine Depeſche an ſeine Regierung auf, durch welche die bereits im Gange befindliche Mobiliſierung unterbrochen wurde. Direkte Verhandlungen Oeſter⸗ reich⸗Ungarns mit der Türkei haben auch bereits begonnen und verſprechen einen günſtigen Vetlauf. Von der Uebernahme eines Teiles der türkiſchen Staatsſchuld durch Oeſterreich⸗Ungarn könne keine Rede ſein, vielmehr könne Oeſterreich⸗Ungarn für die 30jährige Verwaltung der annektierten Länder eine Gegen⸗ rechnung aufſtellen. Die Mächte und die Lage. OLondon, 20. Okt.(Von unſer. Londoner Bureau.) Die Lage auf dem Balkan wird auch hier heute günſtig auf⸗ genommen, aber auf der anderen Seite wird die Befürchtung laut, daß es mit dem Zuſtandekommen der Konferenz ſeine Schwierigkeiten haben werde. Der Korreſpon⸗ dent der„Times“ in Konſtantinopel meldet, daß das kür⸗ kiſche Kabinett augenblicklich damit beſchäftigt ſei, ein Programm auszuarbeiten, das den Mächten zugeſchickt wer⸗ den wird. Gleichzeitig ſeien die Großmächte damit beſchäftigt, ihrerſeits ein Programm zur Konferenz auszuarbeiten und es wird immer wieder verſichert, daß bereits einige der Mächte, einſchließlich Italien, ihre Zuſtimmung gegeben haben, weder die Dardanellenfrage noch die erneute Einverleibung Kretas in Griechenland auf der Konferenz zur Sprache bringen zu laſſen. Der Pariſet Korreſpondent der„Times“ iſt in der Lage, erklären zu können, daß Zar Ferdinand an den Präſidenten Fallieres ein Handſchreiben gerichtet hat, in dem er ſeine friedlichen Abſichten betont. Auch die„Daily News“ weiß zu melden, daß Zar Ferdinand von vornherein bemüht geweſen ſei, eine friedliche Politik zu treiben, ſein Kabinett aber auf einen anderen Standpunkt geſtanden habe. Der Pariſer Korreſpondent desſelben Blattes berichtet, daß die Anerkennung der Unabhängigkeit Bulgariens in kürzeſter Friſt von Seiten der hohen Pforte erfolgen werde, und aus Konſtantinopel wird demſelben Blatt gemeldet, daß die habsburgiſche Monarchie nunmehr bemüht ſei, durch direkte Verhandlungen mit der Türkei deren Zuſtimmung zu der Annektion von Bosnien und der Herzegowina zu erzielen. ——.!,— .. De ee NN S eeere 114 2 2— *= F SDeeeee — 22— 2— 2 NNaerr e ˙ —

Mannheim, 20. Oktober. 5. Seite. Uaerf 5* Volkswirtschaft. Kolonialwerte. 55 tBericht von Magnus u. Friedmann, Sonderabteilung: N Kolonialkontor, Hamburg.) Auch in der Vorwoche hat ſich das Intereſſe auf dem Gebiete ver Kolonialwerte faſt ausſchließlich auf Südweſtafrikaner kon⸗ zentriert. Die Aufwärtsbewegung der Otavi Anteile hat nach der in der Vorwoche erfolgten Unterbrechung von neuem wieder begonnen, ſo daß die Anteile mit einer Avance von 14 Prozent ſchließen. Auch South Weſt konnten ſich wieder erholen und ca. 5 sh. wieder zurückgewinnen, das Geſchäft hat ſich aber letzthin in mäßigeren Grenzen gehalten South African Territories notierten in den letzten Tagen etwas höher, da der Verkauf des geſamten Landbeſitzes an ein deutſches Syndikat von unterrich⸗ teter Seite als geſichert angeſehen wird. Auf dem Markt der Kamerunwerte bleibt es nach wie vor ſehr ſtill, da es an Anregungen böllig fehlt. Kakaowerte(Bi⸗ bundi, Victoria, Moliwe und Debundſcha) waren angeboten, auch Süd Kamerun bleiben offeriert. Von Oſtafrikaniſchen Werten war bei reduzierten Preiſen für D. O..G. Intereſſe, ſonſt waren im allgemeinen die Kurſe niedriger, da die vielen Neuemiſſionen in der letzten Zeit ſowie eine Anzahl von Neugründungen mehrfach Anlaß zu Verkäufen gegeben hatten. Von neuen Gründungen iſt die Errichtung einer großen Gerbſtoffgeſellſchaft unter Stuttgarter Beteiligung zu er⸗ wähnen, ferner hat Herr Hauptmann v. Prince einen Teil ſeines Beſitzes in eine neu gegründete Geſellſchaft eingebracht, für deren Anteile jetzt Käufer geſucht werden. Außerdem iſt unter dem Namen Doa Plantagen Geſellſchaft ein neues Baumwollunter⸗ nehmen in Bildung begriffen. Pfülziſche Hypothekenbank, Ludwigshafen a. Rh. Der Bank wurde die Genehmigung erteilt, den Reſt der Serie 54 im Geſamtbetrage von M. 6 960 000, ſowie eine Serie 55 im Geſamtbetrage von M. 10 000 000 als Aprog., bis 1917 nicht rück⸗ zahlbare Hypothekenobligationen aus zugeben. ** M. Zietzſchmann, Spedition, Schiffahrt, Duisburg. Die Firma teilt mit, daß ſie die bisher durch ihre Filiale in Mannheim ge⸗ führten Geſchäfte per 1. Januar 1909 der Mannheimer Schiffahrts⸗ und Speditions⸗Geſellſchaft m. b. H. in Mannheim übertragen werde, womit ſich eine weſentliche Erweiterung ihrer Rheindienſte verbinde. Frachtanfragen können heute ſchon an dieſe Firma gerichtet werden. * Telegraphiſche VBörſenberichte. Effekten. * Brüſſel, 19. Oit.(Schluß⸗Kurſe). Kurs vom 16. 19 4% Brafilianiſche Anleihe 18 89.50—.— 4% Spaniſche äußere Anleihe(Exterieurs)4—.— ürken iniftitititimmmnm 89.0 CVVVVVVVVV 87 168.50 lh—— Luxemburgiſche Prince Henriban J623.—620.— Wärſchau⸗Wienenruͥu»„1362.— 1868.— New⸗Nork, 19. Okt. 5 8 2885 Kurs vom 16. 19. Kurs vom 16. 19. Geld auf 24 Stdd.[Texas pie, 65 65/ Durchſchnittsrat. 1½ 11½%[Miſſouri Pacifie 55/ 55— do. letzte Darleh.%. 1/ NationalRailroao Wechſel London of Mexiko pref. 51— 50½% 60 Tage 484.95 484.95 do. 2 ud. pfd.—— Cable Transfer. 486.80 488.80 New Nork Zentral 104 ½ 104 ½ Wechſel Paris 516 ½ 516½] Nework Ontario Wechſel Berlin 95% 95'ſsand Weſtern 40% 40 ½ Silber Bullion 51½% 52— Norfolk u. Weſt. o. 78.½ 73 40%.⸗St. Bonds 122— 122—Northern Pacific 141/ 142%½ Aichiſon New. 4% 99 /% 99 5 Color.South. pref. 66 ½ 66 North. Pac.2% Bd. 73 ½ 73 ½ Pennſylvania 123 ½ 123 ½ do. 40% Prior. Lien. 102 J 102% Neading comm. 131 ½ 130 7/ St. Louis u. San do. 1 ſt. pref. 87— 87— Franeisco ref. 4% 77½% 76—NockJslandcomp 19 ½¼ 19— Atchiſ. Topeka u. Amer. Loc. E. 48— u49— Santa Fe comm. 90 s 90 ½% St. Louis u. San do. do. pref. 95.— 95—Francisco 2 p. 30 ½% 29 5 Baltimore⸗Ohio c. 97 h% 97 ½] Southern Pacific 103 /½ 103, Canada Pacific. 175 ½ 175— South. Railway e. 22— 21/ Cheſapeake⸗Ohio 42— 42— do. pref. 53— 52/ Chicago⸗Milw. 138 ½% 136— Unionpacific com. 167/ 166½ do. Northweſt. c. 160%½ 159%½ do. pref. 86— 86— Chicago Term.pfd. 12— 12— Wabasb. pref. 26 28 Deuver u. Rio⸗ Amalgamated Grande comm. 28 ½% 28— Americas Sugar. 132 ½ 131½ do. do. 69— 68—American Tin. Erie comm. 30 /% 36 Can pref. 67(66.7½ do. I ſt. pref. 44— 43 ½% Anaconda Copper 48% 43 5/ Great Northern 132— 132—[General Electrie 144½ 143%½ Illinois Zentral 138— 138—Tenp. Coalu. Jron——— Louisviue Nachv. 106— 106— U. St. SteelCorpc. 46% 46 ½ Miſſouri Kancas do. do. pfd. 109/ 108 u. Texas comm. 30 ½ 30 9½ Valparaiſo, 19. Okt. Wechſel auf London 100. Produkten. *Newyork, 19. Okt. Produktenbörſe. Weizen eröffnete, angeregt durch Berichte über Froſtſchäden aus Argen⸗ tinien und auf Deckungen in feſter Haltung, mit Dezember ½6 c. über der ſamstägigen Schlußnotiz. Im weiteren Verlaufe ermat⸗ tete ſodann der Markt, da baiſſelautende Meldungen über Ankünfte im Nordweſten zu Realiſierungen Anlaß gaben. Meldungen, die für Südtweſten Regenfälle ankündigten, hatten zunächſt eine weitere Abſchwächung zur Folge, doch trat ſpäterhin wieder eine beſſere Tendenz zu Tage, hervorgerufen infolge der beſſeren Exportnach⸗ frage und auf Käufe ſeitens der Kommiſſionshäuſer. Gegen Schluß Preiſe wieder neuerdings rückläufig unter Abgaben, die ſeitens der Spekulation auf günſtigere Berichte aus Argentinien vorgenommen wuürden. Schluß flau. Preiſe ½ bis ½ c. niedriger. Verkäufe für den Export: 30 Bootladungen. Umſatz am Terminmarkte: 1 600 000 Buſhels. Mais eröffnete in ſtetiger Haltung. Im weiteren Verlaufe der Markt ohne Anregung. Schluß feſt. Preiſe unver⸗ ändert.*Vu Verkäufe für den Export: 0 Bootladungen. Umſatz am Terminmarkte: 0 Buſhels. Newhork, 19. Okt. Kaffee ſchwächer unter Liquida⸗ tionen. Schluß ruhig. 5 Baumwolle ſchwächer auf entmutigende Kabelberichte, Zufuhren, Verkäufe der Abgaben für auswärtige Rechnung, große Lolotparenintereſſenten und auf entmutigende Nachrichten aus Mancheſter. Gegen Schluß gebeſſert auf ungünſtige Wetterberichte e, Balſſiers. Schluß — 2 General⸗Anzeiger.(Mittagblart.) New⸗Nork, 19. Okt. Kurs vom Kurs vom 16. 19. 16. 10 Baumw.atl. Hafen 29.000 34.000 Schm. Roh..Br.) 10.50 10.20 „ atl. Golfh. 44.000 34.000 Schmalz(Wilcoy 10.50 10.20 „ im Innern 43.000 40.000 Talg prima Citv 6. 6 Exp. u. Gr.B..000.000 Zucker Muskov. de.45.48 „Exp. n. Kont. 32.000.000 KaffeeRio No. 7lek. 6 6 98 Baumwolle loko.30.20 do. Okt..55.55 do. Okt..05.02] do. Nobbr..35.30 do. Nov..(0 878 do. Dezb..35.30 do. Dezbr..85.73] do. Januar.30.25 do. Januar.70.63 do. Fhrunt.2.25 do. Februar.64.58] do. März.25.20 do. März.61.55 do. April.25.20 do. Mai.51.45 do. Mai.25.20 do. Juni.46.41 do. Juni.25.20 do. Juli———.— do. Jul.30.25 Baumw. i. New⸗ do. Auguſt.80.25 Orl. loko 8 7ſ5 8 4% do. Sepßtt.30.25 do. per Okt..66.56 Weiz. red. Wint.Uk. 110— 105 do. per Jan..55.49 do. Desbr. 110— 108%½ Petrol. raf. Caſes 10.90 10.90 do. Mai 110 ½ 100 ½ do. ſtand. white. do. Jult—— New York.75.75 Mais Dezbr⸗ 74 ½ 74 ½ Petrol ſtand. whtt. do. Mai Philadelphia.70.70 Mehl Sp. Wieleare.05.05 Pert.⸗Erd. Balane.78.78 Getreidefrachtnach Terpen. Rew⸗Hork 40 ½ 39 ½ Liverpool 1 do. Savanah. 37 35 ½do. London 17 1 Schmalz⸗W. ſteam.85.85] do. Antwerp. 2— 2— 5 do. Rotterdam%/% 83¼ San Francisco, 19. Okt. Loco 1 65— 1 65— Weizen ſtetig„Dez.—.— Chicago, 19. Okt. Nachm. 5 Uhr. Kurs vom 16. 19. Kurs vom 0 Weizen Dezbr.———— Leinſaat Dez.—— „ Mai 100% 98/ Schmalz Okt..40.37 „ Juli 103% 1017¼„Noy..40.87 Mais zbr. 784 71„ Jan..12.10 „ Mai 63/% 63½% Pork Okt. 13.35 13.85 „ 63/ 63 ½„De 13.50 13.45 Roggen loko 75— 75 5 11 15.10 15.05 „ Mai—.—— Rippen Okt..7/.67 „ 76— 76—„„.07.05 Hafer Dez. 48/ 48—„ Mai.12.12 „„ MN 50 ½% 50— Speck Leinſaat Nord⸗.—.——.— 10.— 10.— * Ehicago, 19. Okt. Produktenbörſe. Weigen lag bei Veginn ſtetig, mit Dezember unberändert. Im ſpäteren Verkehr Preiſe weichend, da die aus Argentinien gemeldeten Froſt⸗ ſchäden als übertrieben bezeichnet und daraufhin umfangreiche Liquidationen ſtattfanden. Schluß flau. Preiſe 58—854 c. niedriger. Mais ſetzte in ſtetiger Haltung mit Dezember unverändert Käufe der Kommiſſionshäuſer, minder günſtige Wetterberichte und Deckungen. Späterhin ſchwächer in Uebereinſtimmung mit der ſchwächerer Tendenz am Weizenmarkte; gegen Schluß aber wieder befeſtigt auf Deckungen der Conkremine. Schluß feſt. Preiſe ½ bis ½ c. höher. Mannheimer Petroleum⸗Notierungen vom 20. Oktober. Barrels per Waggon Mk. 23.25. Oeſterreichiſches Petroleum in Holz⸗Barrels Mk. 22.70 bei Waggonbezug in Ciſternen Mk. 18.90 verzollt per 500 kg netto ab Tankanlage Mannheim. * Köln, 19. Okt. Rübbl in Poſten von 5000 kg 68.— B. Mai 64.—., 68.50 G. 85 885 bLiverpool, 19. Oſtober.(Schlußs Weizen roter Winter ruhig 17. per Dezenbern 28 per März Mais La Plata nominal per kihernr 509 per Dezember 578/ Speicher⸗Vorrat: 9 5 Weiſen 114000 Tonnen gegen 117 000 Tonnen in der Vorwoche Mais 23 000„i 5 Eiſen und Metalle. 3 Monate 60..—, Zinn ſtetig, per Kaſſa 132.—. 3 Mon. 133.15.0 Blei, ſtelig, ſpaniſch 18..9, engliſch 13.15 0, Zink, ruhig. Gen öhnl. Marken 19.12.6. ſpezial Marken 20.10—.. Glasgow, 19. Okt. Rohoiſen, träge, Middlesborough war⸗ rants, per Kaſſa 48.6½, per Monat 48,/8. Amſterdam 19. Okt. Auction 81. Banca⸗Zinn, New⸗Nork, 19. Okt. Tend. ruhig loko 81½, Vor Kurs Heute Kupfer Superior Ingots vorrätigg 1337/1362˙1337/ö1362 Zinn Stiaits?sʒ?sʒñ] 2890029152890/2925 Roh⸗Eiſenam Northern Foundry Noep. Tonne10/167516/1675 28.— 28.— Stähl⸗Schienen Waggon frei öſtl. Frbr.. **** 4 Mannheimer Produktenbörſe. An der heutigen Vörſe waren angeboten,(La Plata Proveuienzen dreimonatlich, ſonſtige Provenienzen gegen netto Kaſſa) in Mark, per Tonne, Eif. Rotterdam: 17./10. J 20.10. Weizen rumän. 76/77 kg ſchwimmend 160 168 „ 7 1— 2 178 172 10„ nach Muſter„ 169—172 168•171 „ Ulka 9 Pud 30/35 ladend 170% 169% „„ 171%[169 „ Azima 10 Pud 1 181—188180—182 „ 180—186 „ La Plata Bahia Blauka 80 kg ſchwimmende 174 173 „ͤ% eee 555 172 „„„ Nofaria Santä F 78 kg„ 176 115 „ Redwinter II Oktober ‚ 167 166 „ Kanſas II1Iͤ̃æ³!—!:; 171⁰² 170 Roggen ruſſiſcher Pud 10/15 ladend„4 152 152 „ nordd. 124/125 Pfd. prompt lieferbar 134136 134—136 Fuktergerſte ruſſiſche 58/59 kg. Oktober 116 116 „„„„%„ 117 117 Hafer ruſſiſcher 46/47„ 1 115˙½ 1157%½ „ 116½ 1160% „ La Plata f. a. g. 46/7 k. Jan./ Febr. 113 113 1*, n 114 114 Mais„„ Mgelb r. t. Oktober 126 5½ 126 5 „„ t ſchwimmend 1177%˙ 117% „ Amerikaner mixed. Nov. Dezbr.—— Novoroſſick ſchwimmend.—— SARGS Feriis,. 42 fltterstr.11% Wien-Paris. ein, dann Preiſe anziehend auf Ankündigung kleiner Zufuhren, Amerikaniſches Petroleum disponibel n Baſſins Mk. 19.45 in London, 19. Otr.(Schluß) Kupfer, fietig per Kaſſa 59..9 Waſſerſtandsnachrichten im Monat Oktober. Pegelſtationen Datum: en Rhein 48. 1. 12. 15 19. 22 Bemedunger Nouſtann 3,10 3,42 Waldshut 8 02 2,00 Hüningenn!) 64 1,60 1,41 139 1,42 1,50 Abds. 6 Uhr o.09.09 1,99 1,91 191 1,95] N. 6 Uhr⸗ Lauterburg 3,28 38,03 Abds. 6 Uhr Maxan 3,74 3,70 3,67 3,55 3,50 3,49 2 Uhr Germersheim 3,17 2,91.-P. 12 Uhr Maunheim 22.75 2,70 2,66 2,57 2,47 2,42 Morg. 7 Uhr Mainz„969 0,40 0,41 0,31.-P. 12 Uhr Bingen 1,85 1522 10 Uhr Kaub.. 11,54.51 1,50 1,46 1,42 1,84 2 Uhr Koblenz 1,63 1,58 10 Uhr r 1,35 134 1,32.23 2 Uhr Ruhrort 0,49 0,9 6 Uhr vom Neckar: Maunheim.74.,70 2,65 2,57 2,48 2,42 V. 7 Uhr Heilbronn 0,32 0,30 0,29 0,27 0,38 0,29 V. 7 Uhr ) Bedeckt, ＋ 5» 0 ———e Witterungsbeobachtung der meteorologiſchen Station Maunheim. 385 2 85—— 3 8 8 88 3 8 8 351 8 38 Bemerk⸗ Datum Zeit 8 8 9 5 5 8 2 ungen 2 288 85 mim 55 2 23 8 888 85 19. Okt. Morg. 7760,% 3,5 NNGE3 19.„ Imittg. 2760,9 10,4 N3 19. uAbds.%7617/.0 N2 20.„[Morg. 7/762,2—0,3 E3 Reif 57 Höchſte Temperatur den 19. Oktober 11,0“ 5 Tiefſte 2 vom 19./20. Oktober—-0,1“ 5 * Mutmaßliches Wetter am 21. und 22. Oktober. Im allge⸗ meinen iſt für Mittwoch und Donnersbag trockenes, morgens nebeliges, im übrigen mäßig kühles Wetter zu erwarten. Geſchäftliches. 5 „Einem Teil unſerer heutigen Auflage liegt ein Proſpekt der illuſtrierten Zeitſchrift„Für alle Welt“ bei. Die Journal⸗Expe⸗ dition von Friedrich Koch, M 4, 1, nimmt Beſtellungen entgegen. Verantwortlich: Für Politik: Dr. Fritz Goldenbanm: für Kunſt und Feuilleton: Georg Chriſtmanu; für Lokales, Provinzielles u. Gerichtszeitung: Rich. Schönfelder; für Volkswirtſchaft und den übrigen redakt. Teil: Franz Kircher; für den Inſeratenteil und Geſchäftliches: Fritz Joos. Druck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen Buchdruckerei, G. m. b..: Direktor: Ernſt Müllr. Von Zeit zu Zeit Zioson Erhältlich in Apotheken, Droge⸗ rien uſw. das ½ Kilo 3 Mark. Sänger und Redner. Das Gute bricht sich Bahn. 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Um die große, weiße Villa am Schloßgarten flutete das Licht der Abendſonne. Hell ſchimmerten ihre weißen Mauern, und in den gewaltigen Spiegelſcheiben der breiten Fenſter tanzte das Sonnenlicht an der einen Seitenfront des ſchönen Gebäudes glitzernd auf und ab.—„Das Frauenpalais“ nannten es die Leute in der Stadt— eine kleine Neſidenz— und das hatte ſeine tiefere Bedeutung.— Es mochte daher kommen, daß die ganze Außenſeite dieſes großen, weißen Prachtbaues wunderbar mit dem Weſen ſeiner einſamen Bewohnerin übereinſtimmte. Von allen vier Seiten lag das Haus durch ausgedehnte Gartenanlagen abgeſchloſſen gegen die Straßen da. Nur die Vorderfront mit reichen Teppichbeeten und breiten Raſenflächen gewährte einen Durchblick nach der Schloßterraſſe. Die anderen drei Seiten waren mit dichten, alten Bäumen umſäumt. Sie ſtanden ſchützend um das ſchöne Haus, ja ernſt und abweiſend. Die Beſitzerin dieſes ſchönen Fleckchens Erde war nur zu⸗ weilen hier, ſie hielt ſich meiſt in den Bergen auf den Jagd⸗ ſchlöſſern ihres verſtorbenen Gatten auf. Aber wenn ſie ſich für einige Monate in die Reſidenz begab, ſo lebte ſie ein Leben auf 55 Art, und damit gab ſie den Menſchen mancherlei zu raten auf. Ob ihre Ehe glücklich geweſen, wußte niemand. Es gab Menſchen, die es beſtritten, und andere, die es unbedingt bejahten. Man führte beide Gründe mit Nachdruck an, um es zu erklären, daß die junge, erſt achtundzwanzigährige Frau beharrlich alle Bewerber zurückwies und allein leben wollte, ſo allein, daß die Damen der Geſellſchaft es für unpaſſend hielten. Ja, Ilka Wanderott lebte allein und wollte es für alle Zeiten. Man wußte in der Reſidenz nichts ſo ſicher wie das. Man wunderte ſich, man ärgerte ſich, man zuckte die Achſeln u. geſtand ſich doch, daß dieſe einſame Frau mit der eigenartigen Herbheit ihres ſtillen Weſens zu dem Intereſſeanteſten gehörte, was man innerhalb der Stadt beſitze. Anfangs hatte man in dem zurückhaltenden Weſen der viel⸗ Sic a NMalzla EIL.— WSOrZzüglich? ̃N EE 4379 beneideten, ſchönen Frau ein böſes Gewiſſen über den rätſel⸗ vollen, jähen Tod ihres Gatten finden wollen. Aber nachdem man aus ſicherer Quelle wußte, daß man ihr den Baron Bern⸗ hard Wanderott eines Tages, von Wilddieben erſchoſſen, weit droben im Oſterreichiſchen ins Haus getragen habe, ſchwand auch dieſe Vermutung. Zwei Jahre vorher hatte er ſie, das arme Mädchen, gefreit und ſie in ſeine fürſtlichen Verhältniſſe geführt. Ein luſtiger Herr war's geweſen, aber eine wirkliche Lebensſpur hatte er nicht hinterlaſſen; nur die ſchöne, blonde Frau, und mit ihr ein ungeheures Vermögen und einige Jagdſchlöſſer in Oeſter⸗ veich und Bayern; ſowie dieſes ſtille Palais, das in der Braut⸗ zeit von ihm erbaut war. Ein kleiner Sohn war nach ſeinem Tode geboren und folgte ſeinem Vater bald in die kühle Erde. So hatten ſich denn um das Leben der einſamen Frau ganze Sagenkreiſe gebildet. Jeder wußte ſie, jeder erzählte ſie, und jeder ſagte ſich im Grunde, daß es eben Fabeln ſeien, von irgend⸗ einem Kopfe erſonnen und erſponnen, um doch wenigſtens etwas von der rätſelhaften Frau erzählen zu können. War ſie in einer Geſellſchaft einmal zugegen, ſo verſtummte das Gerede, man be⸗ wunderte ſie, man ſuchte nach ihrer Gunſt. Die Baronin Ilka wußte das alles. Oft huſchte ein feines, ſpöttiſches Lächeln über ihr blaſſes Geſicht, aber ſie lebte weiter genau ſo, wie ſie es wollte. Und das eben ärgerte die Menſchen! Es reizt ja bekanntlich die lieben Mitmenſchen nichts mehr, als wenn ſie merken, daß es ſelbſtändige Naturen gibt, die auch ohne ihre Liebe und ihren Haß auskommen können! Immer wieder verſucht die Neugierde gegen dieſen Panzer Sturm zu laufen, und wird nie müde, ihre taſtenden Finger an ſolche ſtolzen, ſelbſtändigen Menſchenſeelen zu legen. Täglich ſah man die Baronin Ilka reiten. Dieſe Paſſion legte man ihr aber auch übel genug aus. Dennoch geſtand man ſich, daß ſie gerade zu Pferde von einer berückenden Schönheit ſei. Dann konnten ihre oft ſo müden Augen aufblitzen, die blaſſen ſarben des Geſichts verſchwanden, und in jede Bewegung ihres örpers kam Kraft und Feuer. Mit einer natürlichen Anmut ſaß ſie auf den edlen Tieren. Faſt immer ritt ſie allein, nur zuweilen begleitete ſie ein Reitknecht, Vertrauensperſon und Kammerdiener in einer Geſtalt, ein Menſch, über deſſen Zugehörigkeit zu ſeiner Herrin man ſich auch Wunderbares genug erzählte: Die einen wollten wiſſen, daß er der Baronin bei einem gefährlichen Ritt das Leben gerettet habe; wieder andere behaupteten, ſie habe ihn, der als Jägerburſche bei dem verſtorbenen Herrn in Dienſten geſtanden, mit Gefahr ihres eigenen Lebens aus irgendeinem Gebirgsſee gezogen. Zuzutrauen war ihr ein ſolches Wagnis und Brapour⸗ ſtück ſchon, denn kühn genug konnte ſie ja zuweilen ausſehen. Die Baronin ſprach ſonſt eigentlich nie über ſich oder über irgend etwas, das ſie getan hatte oder tun wollte, eine be⸗ herzigenswerte Lebensweisheit, die man ihr aber nur ungern als eine ſolche zugeſtand! Man ärgerte ſich vielmehr, daß ſie auch darin mit ihrer Perſon geizte. Ernſter denkende Leute ſahen ſehr wohl, daß dies das Ergebnis einer ſchweren Lebens⸗ ſchule war, aber die Zahl der Einſichtsvollen iſt in der Hof⸗ geſellſchaft einer Reſidenz nur klein, und ihre Stimmen kamen gegen die Neugierigen nicht auf. Die Baronin Ilka blieb alſo die meiſtbeſprochene Per⸗ ſönlichkeit des Reſidenzſtädtchens, vielleicht gerade deshalb, weil ſie ſelbſt nie über andere Menſchen ſprach. Schon das allein galt als ein dünkelhafter Zug ihres Weſens, denn andere Leute waren doch auch da und wollten beachtet und beſprochen werden. *** Die Baronin Ilka Wanderott ſaß zu dieſer Nachmittags⸗ ſtunde in ihrem Wohnzimmer am Schreibtiſche. Noch lag die breite Goldfeder unangerührt neben dem Briefbogen, und der Blick der dunklen Augen huſchte zuweilen über das bereit gelegte Papier. Die ſchlanken Füße, noch von den eleganten Reit⸗ ſtiefeln umſchloſſen, hatte ſie tief in ein weiches Fell vergraben, Handſchuhe und Gerte lagen auf einem Bücherſtänder neben dem großer Schreibtiſch. Jetzt griff ſie nach einem Briefe. Als ſie ihn langſam ge⸗ leſen— heute wohl ſchon zum zehnten Male— faltete ſie ihn mechäniſch zuſammen und ſeufzte. Wieder ein Heiratsantrag— wie gewöhnlich! Und doch anders— ganz anders als ſonſt— eine Werbung, mit der nicht ſo leicht fertig zu werden war, als ihr das ſonſt in den ſechs Jahren ihrer Witwenſchaft ge⸗ läufig werden mußte. Hier warb ein treues, ehrliches Herz um das ihre. Dies war kein Geld⸗ und Güterjäger wie die meiſten, ſondern ein ernſter Mann, deſſen ritterliche Geſinnungen ſte kannte und hochſchätzte. Bis dahin war er ihr ein Freund geweſen — nur das! Und ſie hatte gehofft, es werde ſo bleiben. Sein Rat, ſeine lebſtloſe, ſtille Art, ihr im großen Kreiſe nur mit der von ihr gewollten Höflichkeit und Zurückhaltung zu begegnen, hatte ihrem einſamen Herzen wohlgetan. [Jortſetzung folgt). 2 — Perlobungs⸗Hnzeigen renreeeeeer r ee

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10. Seite. General⸗Anzeiger.(Wittagblatt.! Briefkaſten. (Alle Anfragen, jedoch nur bon Abonnenten unſeres Blattes, müſſen ſchriftlich eingereicht werden; ſchriftliche, mündliche oder telephoniſche Auskunft wird nicht erteilt. Die Auskünfte erfolgen ohne jede Rechtsverbindlichkeit.) Abonnent 100. 1. Die Frau kann nicht ohne waiteres, auch nicht mit Hilfe der Polizei, ihre Möbel und ſonſtige in die Ehe eingebrachten Gegenſtände ihrem Mann wegnehmen; ſie muß zum mindeſten vom Gericht dazu ermächtigt ſein. Der Bürgermeiſter iſt darin nicht zuſtändig. 2. Die Frau kann eine Unterdbaltungs⸗ rente erſt dann beanſpruchen, wenn das Gericht das Getrennt⸗ leben der Ehegatten geſtattet hat. 3. In beiden Fällen muß die Frau auf Eheſcheidung oder Aufhebung der ehelichen Gemein⸗ ſchaft geklagt haben, ehe das Gericht eingreift. Die geſchilderten Gründe ſind aber für eine ſolche Klage nicht ausreichend 4. So⸗ lange keine Klage eingereicht iſt, ſteht dem Mann das Kind zu. Abonnent L. M. Die betr. Frau hat nur Anſpruch auf die tatſächlich von ihr aufgewendeten Koſten für das Oel. Ihre übrigen Forderungen ſind unbegründet. Abonnent A. H. Allerheiligen fällt dieſes Jahr auf einen Sonntag. Eine Ausnahme bezüglich des Offenhaltens oder Schließens der Ladenlokalitäten tritt nicht ein. Sie können Ihren Laden öffnen und ſchließen, wie an den anderen Sonntagen auch. Abonnent L. B. Ein richtiger Schauſpieler muß vor allem eine gute Schulbildung, möglich Abiturientenexamen, genoſſen haben. Er muß ferner literariſche Kenatniſſe beſitzen und 1 oder 2 Jahre eine gute Theaterſchule abſolviert haben. Daß hierzu Geldmittel notwendig ſind, verſteht ſich. Am hieſigen Hof⸗ und Nationaltheater werden nur ſolche als Eleven angenommen, die genügend Vorkenntniſſe beſitzen. Auch richtet ſich die Bezahlung ganz nach der Leiſtungsfähigkeit. Abonnent W. R. Eine Beſtimmung, wonach bei Beſuch der Bürgerſchule durch mehrere Kinder aus einer Familie für das zweite und jedes weitere Kind eine beſtimmte Ermäßigung des Schulgeldes eintrete, exiſtiert für die Mannheimer Bürgerſchule nicht. Wohl aber können fleißige und leiſtungsfähige Schüler weniger bemittelter Eltern ganz oder teilweiſe von der Zahlung des Schulgeldes befreit werden. Abonnent E. B. Allem Anſcheine repräſentiert die Inſchrift die Anfangsbuchſtaben von Vor⸗ und Zunamen nebſt der Jah⸗ reszahl. Abonnent G. R. 1. Süddeutſche Gärtnerzeitung(Dr. H. Haas'ſche Buchdruckerei) Mannheim. 2. Wein⸗ und Obſtbauſchule Trier. Königl. Lehranſtalt Geiſenheim. Gärtnerlehranſtalt Wer⸗ nenſchen b. Berlin. Streitende am Biertiſch. Der Möbeltransporteur iſt berech⸗ tigt, wegen nicht bezahlter Transportkoſten an den unentbehr⸗ lichen Gegenſtänden, die ſeinem Transport unterliegen, ſein Pfandrecht auszuüben und für Lagerung Speſen in Rechnung zu ſtellen. Abonnent O. M. Unſer Mitarbeiter auf elektrotechniſchem Gebiete müßte vorab wiſſen, ob es ſich bei Ihrer Anfrage um Gleichſtrom oder Wechſelſtrom handelt? Ferner ſcheint 430 Volt⸗ Spannung bei den Bogenlampen ihm ein Irrtum zu ſein. Abonnent C. H. Wenn über Kündigung weder mündlich, noch ſchriftlich etwas vereinbart worden war, und der Mietzins vierteljährlich bezahlt wird, hat die Kündigung des Miet⸗Ver⸗ Für 20 Pfennig — mort⸗ 147½1 —— können über 100 Portionen Suppen, Saucen, Salate, Semüſe gewürzt werden,— ſo billig u. ausgiebig iſt 05. Anſtreitig das Beſte in ſeiner Art. Mannheim, 20. Oktober. hältniſſes ſpäteſtens am dritten Werktage des Viertelfahrs auf den Schluß des Kalendervierteljahres zu erfolgen. Eine Orts⸗ übung, daß in den Wintermonaten(Oktober⸗März) nicht gezogen werden darf, gibt es nicht mehr. Dieſe Beſtimmung muß aus⸗ drücklich vereinbart ſein. Abonnent P. Sie bnachrichtigen einfach das Hauptpoſtamt, daß Sie Ihrer Frau zur Empfangnahme der Brief⸗ und Geld⸗ ſendungen Vollmacht erteilt haben. Spediteur. Ihre erſte Anfrage wurde bereits beantwortet. 2. Die Schuldenlaſt des Königs von Bahern betrug 1886 13%½ Millionen Mark. 3. Für Begehung der Ende der ſechziger Jahre eingegangenen Schif fbrücke wurde auf der Mamnhetmer Seite Brückengeld erhoben. 4. Von der erwähnten Brückenſtation iſt an zuſtändiger Stelle nichts bekannt. Abonnent F. W. 1. Gebrauchte Stahlfedern ſind nur bei Alt⸗ händlern als altes Metall zu verwerten. Sie werden begahlt mit etwa 5 M. die 100 Kg. 2. Staniol⸗Kapſeln und Papier kaufen Röchvöt, Zinngießer, Wernigerode a. Harz, A. Flach, Staniolkapſel⸗ fabrik, Wiesbaden, Julius Rhode, Hamburg, Kl. Reichenſtraße 1. 3. Zigarren⸗Abſchnitte kauft Paul Lehmann, Dresden⸗Löbtau, Dresdenerſtraße 28. Abonnent K. Sch. 1. Wenn Sie— was nach Ihrer Dar⸗ ſtellung anzunehmen iſt— mit Ihrer Ehefrau in Gütergemein⸗ ſchaft leben, ſo werden Ihre Kinder zuſammen 88, der überlebende Ghegatte§ des geſamten zur Zeit des Todes des zuerſtverſterben⸗ den Ehegatten vorhandenen Vermögens erben. 2. Sie können indes durch Teſtament andere Beſtimmungen treffen, z. B. die Kin⸗ der auf den Pflichtteil ſetzen; dieſe würden dann zuſammen nur %½o exhalten. Abonnent H. B.(. Geſchwiſter zahlen 4 Prozent Erbſchafts⸗ ſteuer. 2. Verſteuert wird jeder einzelne den Geſchwiſtern anheim⸗ gefallene Betrag. 3. Ein Erwerb vom nicht mehr als 500 Mark bleibt von der Erbſchaftsſteuer befreik. Nr. 172 924. 1. Welche Kleidungsſtücke im einzelnen der Pfändung entzogen ſind, ſagt das Geſetz micht; es beſchränkt ſich darauf, zu ſagen, daß die unentbehrlichen“ Kleidungs⸗ ſtücke nicht gepfändet werden können. 2. Sollte Ihnen hiernach Unvecht geſchehen ſein, ſo müſſen Sie beim Amtsgericht im Wege der„Erinnerung“ gegen die Pfändung angehen. Abonnent L. D. Vielleicht entſpricht das Blatt„Die Sonne“ in Frankfurt a. M. den von Ihnen gehegten Wünſchen. Abonnent A. Z. Beghüglich des ruheſtörenden Lärms hätten Sie ſich an die Polizeibehörde zwecks Abhilfe zu wenden. Abonnent E. B. Ueberſchrift: Allerdurchlauchtigſter, Großmäch⸗ tigſter Kaiſer und König! Allergnädigſter Kaiſer, König und Herr! Anrede: Ew. Kaiſerliche und Königliche Majeſtät, worauf die Worte allergnädigſt, alleruntertänigſt, huldvoll, ehrfurchtsvoll, in tiefſter Ehrfurcht, ehrerbietigſt, abwechſelnd gebraucht werden. Unterſchrift: In tiefſter Ehrfurcht verharre ich Euer Kaiſerlichen und Königlichen Majzeſtät alleruntertänigſter Diener N. N. Adreſſe: An des Kaiſers Majeſtät, Berlin. Gerichtszeitung. „Mannheim, 16. Okt. Strafkammer IV. Vor⸗ ſitzender: Landgerichtsrat Kircher. Vertreter der Großh. Staatsbehörde: Staatsanwalt Hoffarth. Der 35 Jahre alte Kaufmann Georg Möller aus Fulda, der ſich durch ſeine Trunkſucht nahezu um den Verſtand gebracht hat, wird wegen Vergehens gegen§ 176 Ziffer 3 zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. 4 Wochen der Unker⸗ ſuchungshaft werden aufgerechnet und der Haftbefehl aufge⸗ hoben. Vert.:.⸗A. Dr. Köhler. 8 Der Reiſende Fritz L. befand ſich auf der Reiſe von Heil⸗ bronn nach Mannheim. In Heidelberg ſtiegen zwei Studen⸗ ten, Sch. und., ein, die ein lebhaftes Geſpräch über ein juriſtiſches Thema im Zuge fortſetzten. Sch. ſetzte ſich dabei mit dem Rücken gegen., neben dem er Platz genommen. L. ärgerte das gewaltig. Als einige an die Adreſſe eines anderen Fahrgaſtes gerichtete Bemerkungen darüber ohne den ge⸗ wünſchten Erfolg blieben, verſetzte er Sch. einen Rippenſtoß und ſchrie:„Das iſt eine Unverſchämtheit, Sie haben keinen Funken von Bildung im Leibe. Pfui Teufel!“ Damit ſpuckte er zum Fenſter hinaus. Sch. ließ in Mannheim die Perſona⸗ lien des Heilbronners feſtſtellen und erhob Klage. Das Schöffengericht erkannte darauf gegen L. auf 25 M. Geld⸗ ſtrafe. L. legte Berufung ein. Er will nur eine Beleidigung auf der Stelle erwidert haben und deshalb ſtraffrei ſein. Das Gericht wies aber die von Rechtsanwalt Dr. Holz ver⸗ tretene Berufung ab. Die Verteidigung Sch. hatte Rechts⸗ anwalt Dr. Marcks geführt. * Wien, 18. Okt. In dem Aufſehen erregenden Skandal⸗ prozeß gegen den römiſchen„Grafen“ Marzell Veith und deſſen Frau Anna, die beſchuldigt werden ihre Tochter, die Komteſſe„Mizzi“ an Lebemänner verkuppelt zu haben, wurde nach dreitägiger Verhandlung die Anklage gegen Frau Anna Veith zurückgezogen, weil der Gerichtshof der Ueber⸗ zeugung war, daß die Angeklagte nicht genügend Intelligenz beſitze, um die Einſicht von der Strafbarkeit ihrer Handlungen zu haben. Der Ehemann Marzell Veith wurde wegen Kuppelei zu einem Jahre ſchweren Kerkers ver⸗ urteilt. Das Urteil wird allgemein als ſehr milde angeſehen, zumal„Komteſſe Mizzi“, um den ihr aufgezwungenen Lebens⸗ wandel nicht fortſetzen zu müſſen, freiwillig aus dem Leben geſchieden war. Sport. ..S. Der Preis des Winterfavoriten, der am Sonntag in Köln gelaufen wurde, vereinte 10 unſerer bewährteſten Zweijährigen am Start und ſollte Aufſchluß geben, wer als Winterfavorit für das Derby im kommenden Jahre zu gelten habe. Das klaſſiſche Rennen, das mit 35 000 Mark an Preiſe⸗ ausgeſtattet iſt, endete mit dem Siege von Herren v. Weinbergs „Fervor“. Fervor übernahm gleich bie Führung, wurde aber bald von Meiſter abgelöſt. Zu Fervor rückte auf der Seite gegen⸗ irber den Tribünen Illo auf, der ſich dann auf der vorletzten Seite vor Fervor auf den zweiten Platz ſchob; Geier war vierter vor Arnfried und Herrenmeiſter, binter dieſen marſchierten Oranier, Heraklit, Chancellors Sanitg und Peking, der am Start mehrerer Längen verloren hatte. Meiſter kam noch als Erſter vor Fervor, Ill und Arnfried in den Einlauf, fiel jedoch bald geſchlagen zurück. Fervor nahm nunmehr die Spitze und wies einen Angriff vor Arnfried ſicher mit einer halben Länge ab; zwei Längen hinter dem Graditzer beſetzte Chan⸗ cellors Sanity den dritten Platz. der Butter nannte Prof. Dr. „Milchschwester“ an das General-Comité des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern, indem er darin die Daseinsberechtigung der Margarine als Volksnahrungsmittel nachwies. Welchen Umfang inzwischen der Magarineverbrauch in den weitesten Kreisen erreicht hat, beweist die allgemeine Verbreitung der rühmlichst bekannten „Vitello“ Magarine, die heute überall mit Vorliebe als vollkommenster Ersatz für feinste Meiereibutter zu gleichen Verwendungszwecken genommen wird. Van den Bergh's Hargarine Besellschaft m. b.., Cleve. v. 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Mannheim, 20. Oltoder. General⸗Anzeiger.(Mittagblatt.) 15. Seite. Englische Paletots ausserordentlich billig uk. 950*. 2400 a. 1 650 IIIIIIIZEIIIIIII — 8— 4 BEIIIIIIIIIIIII Geschild. Und dann und ihren Feind. ſund wir alle ſtramm ſtanden wie bei einer Parade. Buntes Feuflleton. — Erinnerungen an Gravelotte. In Harpers Magazine gibt Robert Sha kleton unter dem Titel:„Wie ich das Eſferne Kreuz bei Gravelotte gewann“, die ſchlichte Erzählung eines deutſchen Veteranen Wilhelm Gulder wieder, der am Tage von St.⸗Privat im dichteſten Kugelregen die Fahne ſeines Regiments trug.„Ich war bei dem 2. Garde⸗ GrenadierRegiment und wir ſtanden in Berlin,“ ſo begann der alte Krieger ſeinen Bericht.„Bevor wir Berlin verließen, um in den Krieg von 1870 zu ziehen, kam der König zu unſerer Kaſerne und die Königin war mit ihm. Und alle Leute rannten herbei und ſtanden um ihn herum. König Wilhelm war ein freundlicher Mann; ein großer, ſtarker Mann mit einem gütigen Geſicht. Er blieb gern auf der Straße ſtehen und ſprach mit den kleinen Kindern und klopfte ſagte er mit ſeiner ſcharfen Stimme:„Leute, das Regiment hat einen guten Namen, und Ihr werdet ihm einen noch einen beſſeren verſchaffen.“ Nun gings los, gegen ein Dorf, aus dem die Franzoſen eine ſtarke Befeſtigung gemacht hatten. Wir wußten den Namen nicht, aber es war St. Privat. Und bald fiel unſer erſter Mann, denn wir kamen unter das Feuer der Chaſſepots und konnten doch den Feind noch nicht ſehen. Ein Regen von Kugeln ſauſte über uns nieder; wir ſtürmten etwa 50 Meter vor und warfen uns dann flach nieder und ſo noch einmal. Wie wir lagen, ſah ich, daß die Offiziere auf⸗ recht ſtanden, kühl und ruhig. Die Granaten platzten, der Oberſt fiel und der erſte Major übernahm das Kommando. Er nahm das Gewehr des Toten, ſchoß es ab und ſchrie:„Vor⸗ wärts! Vorwärts! All das ſah ich kaum. So beſchäftigt war ich und kein anderer Gedanke in der Welt erfüllte uns als auf den Feind zu ſtürmen und das Dorf zu nehmen. Erſt fiel mein rechter Nebenmann, dann mein linker, mit acht elne 2 81 chen deckte ſie mit ſeinem dicken Panzer gegen den Angreifer und ver⸗ ſetzte dieſem einen furchtbaven Stoß mit ſeinem Gebiß. Die Dompteuſe war gerettet, aber das andere Tier hat eine ſchwere Verwundung erlitten und man dachte daran, es zu töten. Aber das gab Mlle. Siva nicht zu, ſondern mit Hilfe eines kühnen Arztes vollzog ſie die ſchwierige Operation, ſeine Wunden zuzu⸗ nähen, ſodaß er gerettet wurde. Hat ſie doch ihre Schützlinge ſo gut gezogen, daß ſie ſich in ihrer Gegenwart ſogar Zähne aus ihrem rieſigen Rachen ziehen laſſen! Startgart 2% ſie auf die Schulter. Und alle Soldaten— aber auch jeder!] K eee Lei 1 17 5 53 0 Kugeln einer Mitrailleuſe im Leib. Nun ſtanden wir vor 101 5 liebten ihn Als wir ſahen, daß der König ſprechen wollte, dem Dorf und gingen Bajonett⸗Angriff vor. Und wir 10„ da ſtanden wir alle ſtill.„Ihr marſchiert alſo morgen nachf ſahen in die wilden Geſichter der Franzoſen und wurden mit ſeit ſagte er.„Ja, Eure Majeſtät,“ ſchrieen wir. ihnen handgemein. Wir kletterten über Mauern und Barri⸗ 10 Gut, ſeid tapfer und bringt Eure Fahne wieder zurück,“ kaden und feuerten und bajonettierten und kämpften in den ffl. ſagte er und wieder riefen alle Leute:„Ja, Eure Majeſtät.“] Straßen. Ich war immer vorn in dem Lärm, Rauch und Ge⸗ Ich war der. Fahnenträger, und da ich die Fahne hielt, rieff wirr. Andere Regimenter ſtürmten in das Dorf und nach 155 mich der König heraus, nahm mich beim Arm und führte einer Weile— ich kann nicht ſagen, wie lange es war—er——5‚ Weiger UN nt 18 75 Das Regiment wird ſeine Fahne ver⸗ der Platz unſer. Wie ich das ſo erzähle, ſo ſcheints vielleicht 1 Stuttgart und 8⁰ů keidigen, ſagte er, und dieſer Mann hier wird ſie wieder eine einfache Sache. Aber bei der Parade vor der Schlacht, Ullg 215 zurückbringen. Und die, Knia lächelte ſehr gnädig, beugte da waren wir mehr als 2900 Mann und mehr als 50 Offiziere— Würtlemberg. 874 11 55 ſagte:„Ja„„ ſtolz, daß der König geweſen und wir verloren in dem Kampf 40 Offisiere und f ſn. üind die Königin ſo mik mir geſprochen hatten. Wir marſchier- mehr als 1000 Soldaten. Mörderiſch war es geweſen, aber es Hbonnentenzahl 2225 ten nun nach dem Elſaß und gegen den Marſchall Mae Mahon war notwendig..“ 1 en e benn Friedrich— Eine Krokodilbändigerin. Eine ganz 8 1 0 FJirka 28 Larl. Er war ein breitſchulteriger kräftiger Mann mit einem führung fand in dieſen Wochen in einem Pariſer Zirkus ſtatt: 1 ſun Backenbart. Auf dem Marſch gab es oft einen prächtigen An⸗ eine iunge Indierin, Mlle. Siva, wie ſie ſich nennt, zeigte ſich Bestes Insertionsorgan. 75 blick, wenn man von einem Hügel aus Meilen und Meilen mit einer Anzahl lebender Krokodile, die ſie gebändigt und zum Meistgelesene Tageszeitung del. hin weit und breit Infanterie und Kavallerie und Artillerie großen Teil ſelbſt aufgezogen hat. Die phlegmatiſchen und heim⸗ W ürtt dergs. 1 und Wagen ſah und dazu die Muſik der Kapellen und Trom⸗ tückiſchen Tiere 10— 9 0 U 105 5 3 115 meln hörte. Man hätte glauben können, es ginge zu einem ihr zutraulich und laſſen ſich von ihr liebkoſen. Ueber die Her ö Gbe K enrpi 50 großen Feſt. Jede Nacht biwackierten wir, 1925 wenns bei] kunft und das Schickſal der Dame, die einen ſo eigentümlichen und 10 ransch 0e K05 gefährlichen Beruf zu ihrer Lebensaufgabe gewählt hat, werden intereſfante Mitteilungen gemacht. Mlle. Siba Hindus und zwar gehört einer Manöverübung wäre. Es war Sommer und wir brauch⸗ 8 8 8 0 5 15 ten keine Zelte. Dann kochten wir unſer Eſſen und unſeren in„Jeſals tout Kaffee, ſpielten und rauchten und ſangen Soldaten⸗ und Volkslieder und Choräle. Allmählich da bekamen wir her⸗ aus, daß um Metz herum das große Fechten ſein würde, denn unſere Heere ſamelten ſich um die Stadt und auch eine große Es war um die Mitte entſtammt einer vornehmen Kaſte der ihre Familie zu der Prieſtergemeinſchaft, die noch in beſonders ſtrengen und konſervativen Formen lebt. Das junge Mädchen verbrachte einige Jahre in einem von Engländern geleiteten Pen⸗ ſionat in Kalkutta und gewann eine große Vorliebe für euro⸗ Als ſie nun nach ihrer Heimat⸗ Wachen Sie über die Reinht“ ues Wässer, Welches Sie und Ihre Armee Franzoſen ſollte dort ſein. äiſche Kultur und Bildun 85 Auguſt, da begannen wir lange und harte Märſche. Die feant Bn zurückkehrte, hatte ſie ſich von den Vorurteilen ee Offiziere waren ſtill und auch wir wußten, daß etwas Wich⸗ der Kaſte freigemacht, und ihr emanzipiertes Weſen wurde mit Kristalllklares Wasser tiges geſchehen würde, aber wir waren leichten Herzens, denn Mißtrauen und Feindſeligkeit betrachtet. Da geſchah es eines Für Hansgehrane mit unſerem König und in unſerer guten Sache mußten wirTages, daß eine reiſende Engländerin nach Mirzapur kam und gratis und franko von 4520 ja gewinnen. Ich wünſchte, ich könnte Ihnen erzählen, wie hier plötzlich ſtarb. Niemand wollte den Körper der Toten be⸗ Bernk. Helbing Hanuhelm, öbl. weit und wie raſch wir in dieſen wenigen Tagen mar(jerten. rühren, weil alle ſich dadurch zu verunreinigen glaubten, nur 8 6, 35. 4450 Tel. 1048. 303 Wir mußten nicht genau, wo es hingeht, aber der König war] die junge Emanzipierte wagte, der Engländerin die letzte Wohl⸗ 175 ja mit uns und wir waren ſtolz, daß er uns fechten ſehen tat zu erweiſen und begrub ſie mit einer alten Dienerin in einem ner wollte für ihn und das Vaterland, denn wir liebten ihm und abgelegenen Garten. Als dieſe Tat bekannt wurde, erregte ſie —35 wußten, er würde für uns tun, was er könnte. Und wir waren unter der Bevölkerung der kleinen indiſchen Stadt allgemeines . froh, daß er dem General von Moltke die Führerſchaft über⸗ Entſetzen eine Empörung erhob ſich gegen die Verletzerin der e ene d 55 15 f„„Iheiligen Sitten, und mit Ekel wandten ſich alle, ſelbſt ihre nächſten** eeeee e eg tragen hätte. Manchmal hörten wir den dumpfen Hall der„ 1 1 Kanonen, aber wir konnten nur ahnen, daß um uns herum en 0 v N 8 85 2 oh Siva na a u 5 9 2H 2145 10 1 715 1 8 110 77 ich mehr beſtand, in einem Zirkuseine kleine Stellung an⸗ Erlo Ungs⸗ Hzelgen deß 5 Wir de 5 8508 friſch 1 89 5 15 8 1 1 915 55 7 111 VUeoefert ainell und billg 8 1 5 8 a 8 S ät ehung un üchtun 5 5 aufgeworfenen Gräbern und auf der Spitze eines jeden Hügels 567 5 15 155 aumil chlafrig bie der 888 0 1 5 Dr. B. Badsche Bucfidruckerei S. m. b. B. lez ſtand ein hölzernes Kreuz und wenige Worte, daß in Gott hier ſehen, ſo gefährlich und bösartig ſind ſie, und die furchtbare—— Kkuhten ſechzig oder hundert oder hundertzwanzig Soldaten.] Kraft, die dieſe Tiere im Rachen und im Schwanz beſitzen, hat S0II Saben ihn, Doch wir dachten nicht an die Toten und die Verwundeten und ſchon mehr als einem ihrer Bändiger das Leben gekoſtet. Auch eene Uans- 900 fümerten uns auch nur wenig um die Gräber. Durch die Mlle. Siva iſt ſchon öfters dem Tode nur mit knapper Not ent⸗ eee ſech Reihen ging die Nachricht, daß wir wieder eine Schlacht ger gangen. Erſt vor kurzem ſpielte ſich eine ſolch ſpannende und ge⸗ aller Seteme. 19250 an wonnen hätten und daß der König dageweſen ſei; da waren fahrvolle Szene zwiſchen ihr und den Krokodilen ab. Mlle. Siva 5 Bücher- 6VIsor wir vergnügt und garnicht müde und ſangen unſere Lieder.] füttert alle ihre Tiere ſelbſt und beſondere Liebe wendet ſie den um icenen Haok. Büehner Worms a. Rü. 551.* Am Morgen des 18., an dem die große Schlacht bei Grave⸗ jungen Alligatoren zu. So ſaß ſie denn auf einer⸗ Bank nahe Pfiſſee das eeeee eeeeeee ptte ſtattfand da waren wir fräh auf. Wir hatten wenig ei dem Waſſerbebeller in den die alten Krotte Jihe⸗ 1895 79 7 geſchlafen, und als wir einen Adſutanten zu einem unſererf hielt eines der Jungen auf ihren Knien und fütterte es liebe N 9 17 Offiziere ſagen hörten:„Beſſer nicht in Maſſen formieren“, voll mit kleinen Fleiſchſtücken, als das Tier ihr plötlich entglitt N Soda- 15 % da wußten wi ch die Jüngſten, was damit gemeint war. und zu den Alten hineinſprang. Da die Krokodile ihre Jungen Wasser Sphon deee: e e, j mit Vorliebe auffreſſen, ſo war das kleinere Tier vor dem lulstr. Pruchirutdlog gratis. es Wir kriegten unſeren Kaffee an dieſem Morgen nicht vor 97 5 20 F..20 19 8 2 1e 1725 ppetit der alten Herren kaum noch zu retten. Aber die L. Splegel& Sohn ſieben und dann merkten wir, daß es zur Schlacht ging, denn Dom 17 95 ires kleinen Liepli 11 i 8 8* 9 pteuſe wagte die Rettung ihres kleinen Lieblings mit eigener Pianken. 155 die Mannſchaften wurden in Proteſtanten und Katholiken Lebensgefahr! Sie ſtürzte ſich in das Baſſin, auf die guten ſüt geteilt und der Pfarrer und der Paſtor ſprachen jeder zu] Manieren ihrer Krokodile vertrauend, doch ſie vergaß dabei die ſeinen Leuten. Viele gaben ihnen Briefe und krugen ihnen Anweſenheit eines Neuankömmlings, eines fünfzigjährigen, etwa 0 Grüße an die Ihren auf. Ich nahm die Fahne aus ihrer Hülle zwei Meter langen Krokodils, das ihrem Blick und Wort noch 786 und entſaltete ſie, da wir in Schlachtordnung anden. Der nicht gehorchte. Dieſes Tier erhob ſich mit weit geöffnetem 55 Kanonendonner wurde ſchwerer und lauter; es war ein wildes furchtbaren Rachen gegen die Bändigerin und bätte ſie ſicher Dröhnen, aber noch war es nicht nahe bei uns. So ſtanden zwiſchen ſeinen Zähnen zermalmt, wenn nicht ihr treueſter und 410 an Wir, aber noch war unſere Stunde nicht gekommen. Als ſie älteſter Zögling, der mehr als ſiebzigjährige Jack, der noch länger Phonographen-Walzen Agg nien 7 kam, war es furchtbar. Es muß etwa nier Uhr nachmittags und noch ſtärker war als der Ruheſtörer, ihr Lebensretter ge⸗] Pxtra-Offerte Stück 40 PIg. E 6 geweſen ſein, als der Oberſt an die Spitze des Regiments ritt] worden wäre. Jack, der ſoaleich die Gefahr erkannte, in der 60088 5 43821T

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