E Ahonnement: GGadiſche Volkszeitung.) 70 Pfennig monatlich. Bringerlohn 25 Pig. monatlich, durch die Poſt bez. inel. Poſt⸗ aufſchlag M..42 pro Quartal. Einzel⸗Nummer 8 Pfg. der Stadt Mannheim und Umgebung. Unabhängige Tageszeitung. Erſcheint wöchentlich zwölf Mal. Geleſeuſte und verbreitelſte Zeitung in Mannheim und Amgebung. (Mannheimer Volksblatt.) Telegramm⸗Adreſſe: „Journal Mannheim“. — Telefon⸗Nummern: Direktion u. Buchhaltung 1449 Druckerei⸗Bureau(An⸗ E 6, 2. Zu ſerate: E 6, 2. nahme v. Druckarbeiten 341 Die Colonel⸗Zeile. 25 Pfg. Schluß der Inſeraten⸗Annahme für das Mittagsblatt Morgens 9 Uhr, für das Abendblatt Nachmittags 3 Uhr. Redaktion 3877 Auswärtige Inſerate.. 30„ 2 2—„12 Expedition und Verlags⸗ e brteegen. t Eigene Redaktions⸗Bureaus in Berlin und Karlsruhe. daheens. s Nr. 217. Montag, 13. Mai 1907. Aus Stadt und Land. * Maunheim, 1˙ Mai 1907. Erſte große Blumenbinderei⸗Ausſtellung. Am Samstag nahm die erſte große Blumenbinderei⸗ und Schnittblumen⸗Ausſtellung ihren Anfang. Die zwei letzten Blumenhallen wurden zu dieſem Zwecke beinahe vollſtändig aus⸗ geräumt und alles ſteht in einem neuen Arrangement und in neuer Blütenpracht da. Die ſtark verblühten Pflanzen wurden ganz entfernt und aus den Arten welche noch nichts von ihrer Friſche eingebüßt haben, wurden nur ſehr wirkungsvolle Gruppierungen gebildet, ſodaß man wirklich glauben könnte, man befinde ſich in einer abſolut neuen Blumenausſtellung, ſo ver⸗ ändert ſieht alles aus. Unter Blumenbinderei verſteht man die handelsgärtneriſche Induſtrie, welche uns für heitere oder ernſte Stunden des Lebens die Freude erhöhen oder den Schmerz lindern ſoll. Bei feſtlichen Veranſtaltungen wie Verlobungen, Hoch⸗ zeichtsfeierlichkeiten, bei Kindstaufe, Geburtstagsfeierlichkeiten, bei Jubiläen jeglicher Art lieben wir es ja, die Feſträume im Blumenſchmuck erſtrahlen zu laſſen und zu dieſem Zwecke ſieht man ja auf unſerem Wochenmarkt eine ganze Reihe von Ver⸗ kaufsſtänden aufgeſtellt, auf welchen der glückliche Beſitzer des nötigen Baargeldes ſich ſeinen Blumenſchmuck auswählen kann. Aber auch wenn der Todesengel in einer Familie ſeinen Einzug gehalten hat oder wenn des Lebens Ernſt auf eine andere Weiſe an uns herangetreten iſt, ſo pflegen wir den Schmerz unſerer Freunde mit geeigneten Blumen zu lindern und ſo ſieht man oft biele Räume in herrliche Blumentempel umgewandelt und der Schmerz und die Trauer werden durch dieſe ſinnige Teil⸗ nahme gelindert. Mit Blumen wird der Geneſene begrüßt und in vielen Lebenslagen kann man mit ſchönen Blüten Lebensfreude und Lebensmut erwecken. Für Trauerfälle hat die Gärtnerei eigene Blumenarten gezüchtet, die ſich durch ihre tiefe, dunkel⸗ kote Farbe gut eignen und zu dem ganzen Bilde vorzüglich paſſen. So ſieht man manchmal eine großblütige Iris ausgeſtellt, deren Blumen faſt vollſtändig ſchwarz ſind und eine Scabioſenart weiſt dieſelbe Farbe auf, die zu der ganzen Gemütsſtimmung vorzüg⸗ lich paßt. Merkwürdigerweiſe haben wir von dieſen eigentlichen Trauerblumen in der ganzen Ausſtellung nichts gefunden und es iſt ſchade, daß nicht irgend eine große Blumenzüchterei uns die⸗ ſelben vor die Augen geführt hat. Aus Blumen werden dann die Buketts, die Kränze und die Guirlanden hergeſtellt, welche die feſtlichen Räume ſchmücken ſollen. Den tiefſten Eindruck kufen dieſe Arrangements hervor, wenn ſie aus dem geeigneten Material hergeſtellt werden und wenn ſie zu dem Stil der Wohnung paſſen. Um nun dieſe Kunſt in künſtleriſcher Weiſe guszuführen, muß der Gärtner Verſtändnis für die Geſetze der Farbenharmonie und einen feinen Geſchmack für edele Formen beſizen. Am meiſten gefällt und wirkt die Einfachheit der Kom⸗ poſition und ein ſchönes Blumenarrangement muß wie ein Ge⸗ dicht auf unſere Sinne einwirken. Wenn wir nun die erſte Blumenhalle jenſeits des Palmenhauſes betreten, ſo haben wir links ein wunderbares Arrangement aus der Mannheimer Kunſt⸗ und Handelsgärtnerei von„Preſtinari“. Die berühmte Firma hat die Ausſchmückung eines Speiſe⸗ zimmers übernommen. In der Mitte ſteht eine reich gedeckte Tafel. Das Tiſchgeräte wurde von der Würktembergiſchen Metallwarenfabrik Geislingen⸗Stadt geliefert. Es glänzt in Silber und Kriſtall, daß das Auge ganz geblendet wird und alles iſt in den ſchönſten, künſtleriſchen Formen ausgeführt. Der Raum um die Tafel iſt ſehr praktiſch eingeteilt, ſo daß trotz der genauen Ausnützung doch Platz genug vorhanden iſt, daß der Einzelne durch ſeine Umgebung an der Bewegung nicht gehindert iſt. Ein feines Batiſtgewebe deckt die Tafel und ein prachtvoller orientaliſcher Teppich breitet ſich auf dem Boden aus. Die Stühle und die übrigen Ausſtattungsſtücke des Raumes ſind in hochmodernem Stile gehalten und zeigen einen feinen Ge⸗ ſchmack. An der Längsſeite der Taſel iſt an der Wand eine Büſte der heitern griechiſchen Dichterin Sappho angebracht und wahr⸗ lich kein anderes Standbild iſt ſo ſehr geeignet, die Feſtgäſte heiter zu ſtimmen und frohe Laune zu wecken. Der ganze Raum macht den Eindruck großer Intimität und er iſt ja auch nur für einen Kreis von 8 bis 10 Perſonen beſtimmt und ſo kann man ja aunehmen, daß nur die ganz naheſtehenden Freunde zum frohen Male eingeladen ſind und dieſer Eindruck muß ja auf jedes für Schönheit empfängliche Gemüt doppelt angenehm ſein. Die Wände ſind mit großen Blattpflanzen dekoriert und einige ſchön gearbeitete Silberſchränke verraten uns den guten Ge⸗ ſchmack des Arrangeurs. Da ſind wunderbar ſchöne Kunſtgegen⸗ ſtände aufgeſtellt, wie ſie die glückliche Entwicklung der leßten Jahre in der Kunſtinduſtrie in ſo reichem Maße erzeugt hat und man bekommt hier eine Ahnung von dem großartigen Auf⸗ ſchwung dieſer Induſtrie in den letzten Jahrzehnten, beſonders wenn man ſich in die kunſtloſe Periode der erſten Hälfte des borigen Jahrhunderts zurückverſetzt. Für jedes Couvert iſt ein lleines Orchideenbukett hingelegt und das liebliche Rot dieſer Blumen, die wir ja in der Orchideen⸗Ausſtellung in ihrer ganzen Herrlichkeit kennen gelernt haben, weckt die angenehmſten Er⸗ innerungen an dieſe unbeſchreibliche Blütenpracht. In einem ſil⸗ bernen Gefäß als Tafelaufſatz gedacht iſt eine herrliche Samm⸗ lung von roten Nelken aufgeſtellt und in einer Ecke leuchtet eine aus Meſſing wunderſchön geformte Jardinisre mit Hortenſien, Spireen und Farnen geſchmückt, hervor. Weiter im Hintergrunde des Saales hat dieſelbe Firma noch ein zweites Arrangement von Blumen ausgeſtellt. Es ſind die edelſten Arten, welche wir hier ſehen und die Calla, Lilien, Spireen, Orchideen, Roſen, Rhododendron, weiße Nellen, und Kränze aus gelben Roſen oder gemeine Bewunderung. Hier iſt auch eine Kollektion von ſo⸗ genannten Papageitulpen aufgeſtellt, die mit ihren zerſchlitzten Blumenblättern und durch ihre Buntſcheckigkeit der Blumenfarbe allgemein angeſtaunt werden. Prachtvolle Blattpflanzen bilden einen entzückend ſchönen Hintergrund und geben dem ganzen ein ſehr vornehmes Ausſehen. Die Firma Fritz Liefhold iſt in dieſer Ausſtellung auch ganz hervorragend beteiligt. Ein großes Geſtell iſt mit Schnitt⸗ tulpen in ſarbenſprühender Weiſe geſchmückt und die Wirkung dieſer Farbenmaſſe iſt für unſer Auge ſaſt zu ſtark. Es ſind alle Farben vertreten; dann ſieht man einfache und gefüllte Kor llen und es entſteht eine Farbenharmonie in den reinſten Tönen. Die Mitte iſt mit glühend roten Azaleen ausgefüllt und eine Einfaſſung eus grünen Tannenzweigen bietet dem Auge eine angenehme Gelegenheit, um ſich an dem dunklen Grün zu erholen, von der un⸗ beſchreiblichen Farbenpracht. Dazwiſchen ſchimmert noch das himmliſch reine Weiß der Narziſſe und erhöht ſo die ganze Wir⸗ kung. An einer anderen Stelle hat Herr Liefhold noch eine eigene Sammlung von gelben und weißen Narziſſen ausgeſtellt und das goldige Gelb von Doronicum, das liebliche Roſa der Apfelblüte, das duftende Veilchen und der hellblaue Farbenton einer Iris laſſen erkennen, daß der Reichtum an Blumen ein ſehr großer iſt. Herr Georg Karcher⸗Mannheim hat große Kränze aus gelben Roſen gusgeſtellt und einen Korb angefüllt mit Myoſotis bringt einen helleuchtenden Farbenton in den Saal. Andere Kränze ſind aus ſchneeweißen Blüten hergeſtellt und zeigen uns, daß ſie beſtimmt ſind, einen Sarg zu ſchmücken. Für einen Künſtler iſt ein rieſiger Lorbeerkranz beſtimmt und wer weiß, ob er nicht moraen für ein Mitglied unſeres Theaters zur Verwendung kommt. Herr Herm. Koche r⸗Mannheim hat das morphologiſch ſo in⸗ tereſſante Anturium ausgeſtellt, eine hochrote und roſarote Varietät, die wie Blut ir den Saal hineinleucht Die ganze Einfaſſung dieſes Arrangements iſt aus runden Säulen, die vollſtändig mit Lorbeerblättern bedeckt ſind, hergeſtellt und im Hintergrund ſind die Bilder des Großherzogs und der Großherzogin ganz im herr⸗ lichſten Grün zu ſehen. Die Rahmen dieſer ſchöynen Bilder ſind ebenfalls aus Lorbeerblättern hergeſtellt und das Ganze bildet eine ſehr ſinnige und ebenſo originelle Huldigung. Die Firma Roſenkränzer hat einen ſehr ſchönen Hinter⸗ grund aus Tannenzweigen und aus Palmen hergeſtellt, auf welchem ſich die Blumen prachtvoll abheben. Hier ſind es vor allem die wunderbaren Roſen in allen Farben, die den Beſucher lange feſ⸗ ſeln. Dann ſind Nelken, Orchideen, Primeln und andere Arten zu ſehen. Ein Korb iſt mit duktenden Maiglöckchen angefüllt und die große weiße Lilie ſieht eus der Höhe ſtolz auf ihre ganzen Raum aus und große Kränze aus verſchiedenen Blumen⸗ arten zeigen die Leiſtungsfähigkeit dieſer rührigen Firma im ſchönſten Lichte. Zum Schluß unſeres heutigen Artikels müſſen wir noch einen kurzen Blick auf den Blumenſchmuck von drei großen Feſttafeln werfen. Die Mitte wird von einem großen Arrangement in Anſpruch genommen. Das Silber⸗ und Porzellan⸗ geſchirr und die Kryſtallgläſer wurden von Herrn Melchior aus dem Roſengarten geſtellt. Der Blumenſchmuck der Tafel iſt faſt ein zu reicher und wenn die Mahlzeit beginnen ſollte, ſo müßte ein großer Teil entfernt werden, weil ſonſt kein Platz vor⸗ handen wäre zur Aufſtellung der Platten und Schüſſeln. Der Tafelſchmuck iſt hochmodern und nach den Zeichnungen von Pro⸗ feſſor Hoffmann in Wien ausgeführt. Das iſt alles ſehr vornehm und man dürfte nur in einem fürſtlichen Hofe und auch dort nur bei beſonderer Veranlaſſung einen ſolchen Luxus und eine ſolche Pracht zu ſehen bekommen. Die Kunſt⸗ und Handelsgärtnerei n Herm. Scheurer⸗Heidelberg hat zur Ausſchmückung der Wachbarten Feſttafel ſogar die Chemie zu Hilfe genommen. Er hat als Blumenſchmuck die bekannte Glyeine verwendet und um ſo iſt das Waſſer in die hohen Kryſtallvaſen auf chemiſche Weiſe genau ſo gefärbt, wie die Blumen, welche darin enthalten ſind und das iſt eine ſolche wunderbare Farbenharmonie, die gewiß ir Zukunft viel zur Anwendung kommen dürfte. Eine dritte Tafel iſt mit ſogenannten Kapuzinerkreſſen ausgeſchmückt, wir konnten aber nicht erfahren, welche Gärtnerei dieſe Ausſchmückung vor⸗ genommen hatte, da nirgends ein Name angebracht war. An der linken Wand ſind noch von der Handelsgärtnerei Seyler aus Bonn wunderbare Kränze, Bouquetts und andere Arrange⸗ ments ausgeſtellt und dieſe Abteilung gehört zu den reichſten und ſchönſten der ganzen Bindereiausſtellung. Hier ſieht man ganze Maſſen von Glockenblumen, unter welchen eine rotblühende Art allgemeines Aufſehen erregt. Hier ſind viele Naturblumen ver⸗ wendet, die gerade in ihrer Farbenreinheit und Einfachheit eine große Wirkung erzeugen. Leider geſtattet es der Raum nicht, auf alle einzelne Ausſtellungen näher einzugehen. Der Reich⸗ tum iſt zu groß und die Geſamtwirkung iſt geradezu überwälti⸗ gend. Wer Zeit hat, der ſollte ſich dieſe zweite Sonderausſtellung anſehen; ſie ſchließt ſich ganz würdig an die Orchideenausſtel⸗ lung an. AHus dem Grossherzogtum. (JHeidelberg, 10. Mai. Bei der Einweihung einer Schutzhütte auf dem ſogenannten Mönchberg, einem Vor⸗ ſprung des Heiligenbergs und oberhalb des Neuenheimer Mönchhofsplatzes gelegen, hat Oberbürgermeiſter Dr. Wilckens Mitteilung über einige bemerkenswerte Vorhaben der Stadt ge⸗ macht. Vor allezn folle jetzt die Freilegung der beiden Buketts aus Orchideen mit andern Blumen vermiſcht, erregen all⸗ Schweſtern herab. Ueppige Blattpflanzen und Palmen füllen den dieſe liebliche hellblaue Blütenfarbe noch wirkſamer zu geſtalten, (2. Mittagblatt.) Ringwälle auf dem Heiligenberge in die Wege geleitet wer⸗ den. Dem Bürgerausſchuß würde vorausſichtlich bald eine Vor⸗ lage über deren Freilegung und nächſtdem eine ſolche über die Ausgrabung der alten Kloſterruine auf dem Heiligen⸗ beige zugehen. Die uralte Handſchuhsheimer Kirche ſoll nach Löſung des Simultaneums ſehr pietätvoll reſtauriert werden, und die neue evangeliſche Kirche ſo plaziert und gehalten werden, daß ſie den maleriſchen Eindruck der alten Tiefburg dieſer bedeutendſten Sehenswürdigkeit Handſchuhsheims, in keiner Weiſe beeinträchtige. Es beſtehe die Abſicht, die neue Hand⸗ ſchuhsheimer Mittelſtraße, welche ſich als die ſchnurgerade Ver⸗ längerung der Neuenheimer Werderſtraße darſtellt und welche mit ihrer Achſe gerade auf die Mitte der Burg ſtoße, mit zwei Armen um die als maleriſch grün berankte Ruineninſel mit ihrem alten Waſſergraben zu erhaltende Tiefburg herum⸗ zuführen. Dann werde Handſchuhsheim in dieſem z. Z. noch ſehr verborgenen, nach der Straßendarchlegung aber weithin ſicht⸗ baren Blickpunkt ein ebenſo ehrwürdiges Schloß beſitzen, wie die Altſtadt Heidelberg. Ferner ſolle am jetzigen„Grahamſchen Schlößchen“ eine Gedenktafel für den hier in Handſchuhsheim am 11. Januar 1798 geborenen Maler Kerl Rottmann angebracht werden. oe, Baden⸗Baden, 10. Mai. Die Erſtellung eines Kur⸗ hauſes iſt in ein neues Stadium getreten. Bürgermeiſter Fieſer hat über die Angelegenheit eine Denkſchrift verfaßt, die die Sachlage wie folgt zuſammenfaßt: Ein Neubau des Konſervations⸗ houſes wird in abſehbarer Zeit notwendig; er iſt indes weder im gegenwärtigen Augenblick noch in den nächſten Jahren ausführ⸗ bar. Die Inangriffnahme des Neubaues einer Kurhausreſtaura⸗ tion iſt unaufſchiebbar und bedingt durch den Zwang der Ver⸗ hältniſſe. Pfalz, Heſſen und Umgebung. * Oggersheim, 10. Mai. Auf der Fahrt nach Wiesbaden paſſierte am Mittwoch Abend um ½5 Uhr der Kaiſer auch unſer Städtchen. Herr Palm, der Vorſtand der Hilfsfabrif Dagersheim, der Mechaniſchen. Weherei zu Linden, der von der bevorſtehenden Durchfahrt des Kaiſers Kenntnis erhalten halte, peſtierte dargufhin ſeinen zweiälteſten. 17jährigen Sohn Wilhelm vor der Wohnung und ließ ihn einen Blumenſtrauß, der aus Blumen aus dem eig. Garten beſtand und der mit einem ſchwarz⸗ weiß⸗roten Band zuſammengehalten wurde, in das vorbeiſauſende kaiſerliche Automobil werfen. An dem Strauß war eine Karle mit einigen Begeiſterungsworten befeſtigt. Obgleich das Auto⸗ mobil ziemlich raſch fuhr, glückte es dem Knaben, dem Kaiſer den Strauß in die Hände zu werfen. Aus den Fenſtern des Fabrik⸗ wohnhauſes grüßten das vorbeifahrende Reichsoberhaupt die an⸗ deren Kinder Palms und die Jugend aus der Nachbarſchaft mit Fähnchen in den deutſchen und duperiſchen Farben und lauten Hochrufen. Der Kaiſer war über die Ovation ſichtlich erfreut, grüßte ſortwährend freundlich und winkte Jung und Alt lächelnd mehrmals zu. Noch den gleichen Abend erhielt Herr Palm aus Wiesbaden(Schloß) folgendes Telegramm:„Se, Majeſtät der Kaiſer haben ſich über den Blumengruß ſehr gefreut und laſſen Ihnen und Ihrer Familie allerhöchſt ſeinen Dank ausſprechen. v. Reumann, Kaiſerl. Flügeladjutaut vom Dienſt.“ * Haßloch, 11. Mai. Als am Himmelfahrtstage das Rennen beendet war, ereignete ſich auf der Heimfahrt ein tötlicher Unfall. Der 113jährige ohn Heinrich des Tagners Adam Müller hing ſich, wie Knaben dies häufig tun, an eine Chaiſe. In demſelben Moment, als er ab⸗ ſpringen werk des Herrn Nenninger aus Neuſtadt. Beide Räder gingen dem Bedauernswerten über den Leib, ſo daß der Tod ſchon nach drei Stunden eintrat. Auch zwei andere Knaben er⸗ litten auf ähnliche Weiſe Verletzungen, jedoch ſoll keine Gefahr vorhanden ſein. 115 *St. Ingbert, 11. Mai. Ein hier wohnender Zinn⸗ gießer beſuchte mit ſeinem Lehrling den Jahrmarkt in Pirma⸗ ſens. Nach der geſtern morgen erfolgten Rückkehr klagte der Lehrling über Unwohlſein und ſtarb(t.„Pf. Pr.“ ſchon am Nachmittage unter Vergiftungserſcheinun gen, welche wahrſcheinlich auf den Genuß von verdorbener Wurſt zurückzuführen ſind. Die Leiche wurde behufs Obduktion gerichtlich beſchlagnahmt. eee,traNν — pbegrenz/“ sind die Vorzüge von HOHRA im Carton Dergerine fur ATatel ung Kiehe. ee ——— —— 7* Fabrik-Niederlage: Paul Eirk, Mannbeim, 1* 7, 3. 70304 7 wollte, überfuhr ihn das raſch nachfolgende Fuhr⸗ 15 Stenographiſcher Reichstagsbericht Mannheimer Generalanzeigers Parlamentariſche Verhandlungen. Nachdruck ohne Vereinbarung nicht geſtattet. Deutſcher Neichstag. 51. Sitzung vom 11. Mai, 11 Uhr. Am Bundesratstiſch: Frhr. v. Stengel, Krae Poſadowsky u. a. Auf der Tagesordnung ſteht zunächft die erſte Beratung der Rechnungen über den Haushalt der afrikaniſchen Schutzgebiete für die Rechnungsjahre 1897/98. Die Vor⸗ lage wird der Rechnungskommiſſion überwieſen. Desgleichen eine weitere Rechnungsſache. Es folgt die erſte Beratung der Vertragsurkunden, die aus den Beratungen des im vorigen Jahre in Rom ſtattgehabten Weltpoſtkongreſſes hervorgegangen ſind. Staatsſekretär Kraetke: Mit einigen wenigen Worten möchte ich Ihnen die l zur Annahme empfehlen. Der Weltpoſtverein, der bei ſei Gründung 22 Staaten mit 250 Millionen Einwohnern umfaßte, umfaßt jetzt 75 Staaten mit 1150 Millionen Einwohnern. Mit des Innneren von China und einiger Staaten vdon Zentral⸗Afrika gehört ihm jetzt bie ganze ziviliſierte Welt an. Seine Entwickelung hat naturgemäß auch eine große Steigerung des Verkehrs zur Folge gehabt. Die Briefſendungen betragen pro Jahr nicht weniger als 81 Milliarden Stück, der Poſtanweiſungs⸗ verkehr belief ſich auf 30 Milliarden. Die Organiſation hat ſich ke, Graf durchaus bewährt, und auf dem eben beendeten Kongreß in Rom iſt es gelungen, noch einige weitere Verbeſſerungen zu treffen. Vor allem iſt die Brieftaxe ermäßigt worden, und damit ein alter Wunſch erfüllt. Das Briefporto im Weltpoſtverein betrug früher, wie Sie wiſſen, für je 15 Gramm 20 Pf., ſo daß ein ſchwerer Brief unter Umſtänden 5 Mark koſten konnte. Wir haben nun er⸗ reicht, daß 1. die Gewichtsgrenze von 15 Gramm a F 20 Gramm heraufgeſetzt wurde und daß 2. je 20 Gramm mehr nicht 20 Pf., ſondern nur 10 Pf. koſten. Die Taxe iſt alſo um die Hälfte er⸗ mäßigt. Eine weitere Verbeſſerung iſt auch im Poſtanweiſungs⸗ verkehr getroffen worden, ſowie für Briefſendungen für Kriegs⸗ gefangene. Das Wort wird nicht weiter verlangt, die Vorlage wird in erſter und zweiter Beratung er ledigt. Ohne Debatte wird definitiv in dritter Beratung verabſchiedet die Uebereinkunft zwiſchen Deutſchland und Frankreich betreffend den Schutz von Werken der Literatur und Kunſt und von Photographien. Es folgt die erſte Beratung der Zuſatzübereinkunft zum Handels⸗ und Schiffahrtsbertrage zwiſchen dem Deutſchen Reiche und der Türkei. Staatsſekretär von Tſchirſchky begründet die Vorlage. Um in den drei mazedoniſchen Statt⸗ halterſchaften von Saloniki, Monaſtir und Koſſowo Ruhe zu ſchaffen, iſt durch das Mürzſteger Programm die türliſche Regie⸗ zung geswungen worden, eine Reorganiſation ſämtlicher dortiger Verwaltungszweige und namentlich der garniſonierten Truppen durchzuführen. Bei der ſchlechten Finanzlage der Türkei wäre das nicht möglich geweſen, wenn ihr nicht neue Einnahmequellen er⸗ öffnent worden wären. Deshalb kamen die europäiſchen Staaten überein, der Türkei die Erhebung eines Einfuhrzolles von 8 Prozent auf alle eingeführten Waren zu geſtatten. Da dieſe öffnet worden wären. Deshalb kamen die europäiſchen Staaten des Mürzſteger Programmes überein, den Zoll von 8 Prozent auf 11 Prozent zu erhöhen. Es war notwendig, um einem guin de türkiſchen Finanzen vorzubeugen und vor allem in Mazedonien Ruhe zu haben. Wir ſind zuſammen vorgegangen und haben der Pforte gegenüber die Politik verfolgt, jede Verwickelung zu ber⸗ meiden. Durch die Zollerhöhung leidet der deutſche Handel nicht; denn ſie beſteht in gleichem Maße für ſämtliche andere ausführende Staaten; außerdem iſt ſie ſo gering, daß kaum ein Schaden ent⸗ ſteht. Wir haben überdies weſentliche Konzeſſionen erreicht, die geeignet erſcheinen, unſeren Handel noch weiter zu fördern. Das Wort wird nicht weiter verlangt, die Vorlage wird in erſter und gzweiter Veratung erledigt. Es folgen die beiden Interpellationen: Dr. Will(Ztr.) u. Gen.: Iſt der Reichskanzler bereit, Mitteilungen über die Urſachen des Grubenunglücks in Klein ro ſſeln zu machen? Sind insbeſondere auf Grund des Redener Gruben⸗ unglücks Vorſichtsmaßregeln gur Verhütung von Schlagwettern und Kohlenſtaubexploſionen in den lothringiſchen Gruben ge⸗ troffen worden? Welche Maßnahmen ſind beabſichtigt, um in Zukunft ſolche Kataſtrophen zu verhüten? Was gedenkt der Reichskanzler zu tun, um die Be⸗ ſtimmungen des Berggeſetzes dom 16. Dezember 1878 zur vollen Durchführung zu bringen? Und Albrecht und Gen.(Soz.): Iſt der Reichskanzler bereit, nähere Mitteilungen zu machen über die in Verfolg des Reichstagsbeſchluſſes:„Unterſuchungen über die beſtehenden Einrichtungen und Vorſchriften zur Ver⸗ „hütung von Feuers⸗ und Exploſions⸗ gefahren im Bergbau zu veranſtalten“ eingeleitete Unterſuchung? Welche Maßnahmen gedenkt der Reichskanzler zur Ver⸗ Hütung von Kataſtrophen, wie die auf den Zechen „ oruſſia“ bei Dortmund,„Reden“ bei Saarbrücken und „Vuillemin“ bei Kleinroſſeln zu ergreifen? Staatsſekretär Graf Poſadowsky erklärt ſich bereit, die Inter⸗ pellationen ſofort zu beantworten. Abg. Giesberts(Zentr.) begründet die Zentrumsinterpellation. Trotzdem uns immer ge⸗ ſagt wird, daß in den Bergwerken die beſten Einrichtungen be⸗ ſtehen, ſind doch gerade in letzter Zeit wiederholt große Gruben⸗ unglücke vorgekommen, ich erinnere nur an das Unglück auf der Zeche Boruſſſa und in Kleinroſſeln und Reden. Da müſſen wir uns doch fragen, ob es denn gar nicht möglich iſt, ſolche entſetz⸗ lichen Unglücksfälle zu vermeiden. Man hat geſagt, die letzten Un⸗ fälle ſeien entſtanden durch übermäßige Arbeitszeit und mangelnde Berieſelung der Gruben. ganz vermeiden laſſen. Kleine Unfälle werden ſich ja leider nie in der Meinung, daß e Aber große Kohlenſtoffexploſionen und vor darauf dringen, in s einen Einfluß aus⸗ Er gab offen zu, daß der Steiger ſeine Schuldigkeit nicht getan und daß der Oberſteiger es auch an der nötigen Aufſicht hatte fehlen laſſen. Wenn Arbeiterkontrolleure da wären, würden ſolche Un⸗ fälle nicht paſſieren. Denn die Arbeiter werden ſich nur ſolche Leute wählen, von denen ſie wiſſen, daß ſie ihre Schuldigkeit tun. In Elſaß⸗Lothringen fehlt es auf vielen Gruben noch an Knapp⸗ ſchaftskaſſen und Vereinen. Und dabei handelt es ſich nicht um kleine Gruben, die die Laſten nicht tragen können, ſondern um reiche Geſellſchaften, die Millionendividenden verteilen. Die Statuten der Knappſchaftsberbände weiſen die allerreaktionärſten Beſtimmungen auf; da müßte der Reichstag eingreifen. Zum min⸗ deſten müßte dafür geſorgt werden, daß die Wahlen zu den Kaſſen geheime ſind und daß die Statuten der Knappſchaftskaſſen rück⸗ wirkende Kraft bekommen, damit auch die in früheren Kataſtrophen Verunglückten Unterſtützung erhalten. Abg. Sachſe(Soz.) begründet die zweite(ſozialdemokratiſche) Interpellation. Die Regierung ſtellt ſich ſtets auf den Standpunkt der Grubenbarone, der Intereſſenſtandpunkt der Arbeiter exiſtiert für ſie nicht. Der breußiſche Handelsminiſter empfahl den Arbeitern, ſich erſt das Wohlwollen der Beſitzer zu erwerben!! Bei ſolchen Anſchauungen kann man ſich über das ganze Syſtem nicht wundern. An den hörde ſelber mit ſchuld, da ſie es an der bei dem Erlaß von Unfall⸗ Preußen hinke in dieſer Be⸗ Im deutſchen Bergbau herrſcht j er Inſpektionsbeamte kommt, wird es vorher angekündigt. Dann richtet man alles ſchnell her und verdeckt die größten Uebelſtände. Der Bergbeamte kommt, ſieht und findet alles in Ordunug. Sehr oft wird es unterlaſſen, Berieſelungsanlagen einzurichten, weil dieſe zu viel Geld koſten. Auch wenn Berieſelungsanlagen vorhanden ſind, wird die Berieſe⸗ lung trotz der Vorſchrift oft unterlaſſen. Wenn dann Kohlenſtaub⸗ exploſionen vorkommen, beſchwört der Oberſteiger, daß alles in Ordnung war, und dann wundert ſich alle Welt, daß ſolche Explo⸗ ſionen vorkommen konnten. Es geht hierbei ebenſo wie bei Streiks, wo der Staatsſelretär auch keine Zeugen finden konnte. Redner führt dann eine Anzahl von Fällen an, bei denen Verſtöße gegen die Unfallverhütungs⸗ und Berieſelun ten vorgekommen ſein ſollen. ordnung. Beſichtigung des Unglück haben einen zater von 9 Ki traße g direkt eine Schlamp cbeit ande er 2 orgen hatte, wurde auf glied war. Ein Beamter ßen nur eine kl dern, der Leichen g rfen, weil er Verband delſchen Gruben, auf denen die gröbſten Mißſtände herrſchen ſollten. Dabei ſeien dort die Löhne geradezu ſe zeußlich niedrig. Und dabei habe Herr de Wendel noch den päpſtlichen Segen bekommen. Staatsſekretär Graf Pofadowsky: Ich habe die Interpellationen dem preußiſchen Handelsminiſter mitgeteilt; er hat die darin geforderten Erhebungen angeſtellt, aber ihr Ergebnis wird nicht vor Ablauf von 3 Monaten vorliegen. Ge⸗ wiß ſind wir durch die Grubenkataſtrophen auf das Tiefſte er⸗ ſchüttert worden; aber die Berggeſetzgebung iſt Sache der Einzel⸗ ſtaaten und die Landesregierungen und Bergpolizeibehörden tragen die vollſte Verantwortung für alle Fälle, wo eine Nachläſſigkeit nach⸗ gewieſen wird. Es iſt ihre unzweifelhafte Verpflichtung, darauf zu halten ohne Anſehen der Perſon, daß alle techniſchen Einrich⸗ tungen, die durch Wiſſenſchaft und Praxis gegeben werden, auch wirklich zur Durchführung kommen. Bei den Kataſtrophen der letzten Zeit iſt der Beweis nicht geführt, daß irgend eine reichsgeſetz⸗ liche Vorſchrift verletzt iſt. Auf den fiskaliſchen Gruben ſoll eine be⸗ ſondere Kommiſſion gebildet werden, die unter Heranziehung der Vertrauensmänner der Arbeiter die einzelnen Gruben befahren und ſie auf das Vorhandenſein etwaiger Mißſtände unterſuchen und Vorſchläge zur Beſſerung machen ſoll. Daß die Knappſchafts⸗ berufsgenoſſenſchaft von ihrer Befugnis zum Erlaß von Unfallver⸗ hütungsvorſchriften keinen Gebrauch gemacht hat, liegt daran, daß es im Bergtperksbetriebe überaus gefährlich iſt, ſolche Vorſchriften von zwei Seiten zu geben und damit auch die Kontrolle von zwei Stellen zu führen. Das Reichsverſicherungsamt iſt gegenwärtig mit der Reviſion der Gefahrentarife beſchäftigt. Der Staats⸗ ſekretär bemerkt, indem er die weiteren Ausführungen dem preußi⸗ ſchen und dem elſaß⸗lothringiſchen Regierungsvertreter überläßt, daß bei der Ausführung der Beſtimmungen über die Knappſchafts⸗ kaſſen, worin es heißt,„ſie ſollen eingerichtet werden“, die Re⸗ gierung und die Bergwerke das„ſollen“ nicht als Mußbeſtimmung aufgefaßt haben.(Hört! Hört!) Neuerdings iſt es aber der elſaß⸗lothringiſchen Regierung gelungen, einen allgemeinen Knapp⸗ ſchaftsverein zu gründen. Preußiſcher Geh. Rat Meißner erwidert auf die einzelnen Ausführungen der beiden Interpel ten, wobei er in der Hauptſache die Erklärungen der Regte aus dem preußiſchen Abgeordnetenhauſe widergibt. Unterſtaatsſekretär Mandel: Die Sache iſt bereits im elſaß⸗lothringiſchen Landesausſchuß beſprochen worden. Wir haben die Sache der Staatsanwaltſchaft mitgeteilt, dieſe iſt ſich aber noch nicht ſchlüſſig geworden. Eine ſtrafrechtliche Verantwortung iſt nicht feſtzuſtellen. Wenn ich jetzt die Ergebniſſe der Unterſuchung mitteile, ſo bitte ich die Inter⸗ pellanten, nicht mit der Argumentation zu kommen: wenn das ſchon zugegeben wird, wie mag es dann gar in Wirklichkeit ſein. Redner verlieſt dann einen Bericht und bemerkt: Der eine Steiger hat gewiß ſorglos gehandelt, als er mit einer Lampe in der Hand in den mit Grubengaſen gefüllten Schacht trat. Aber er tat es gefahrlos ſei. Er iſt auf dem Felde der Arbeit, alſo auf dem Felde der Ehre geſtorben, und ich wäre der letzte, der einen Stein auf ihn werfen wollte! Man hat ſich darüber beſchwert, daß wir ſtreifende Italiener ausgewieſen haben. Die Regierung kann ſich doch nicht unter die Direktive der Herren Ge⸗ werkſchaftsführer begeben.(Gelächter.) Wenn unter jenen un⸗ ruhigen Elementen ein Streik entſteht, dann müſſen wir dafür ſorgen, daß Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten bleiben. Und wenn ſich die Leute nicht fügen wollen, dann machen wir eben von dem uns zuſtehenden Recht Gebrauch. Man hat ſich weiter darüber beſchwert, daß auf den Wendelſchen Gruben ein Direktor der deut⸗ ſchen Sprache nicht mächtig war. Der Direktor wird von der FJirma angeſtellt und die Regierung hat kein Recht, ihn zu entlaſſen, Jener Direktor befand ſich noch aus der franzöſiſchen Zeit im Dienſt der Firma. Man hat es uns ferner zum uae gemacht, daß wir erſt in letzter Zeit dazu gekommen ſind, Knappſchaftskaſſen einzurichten. Das kommt daher, daß die ganze Gewerbeordnung erſt 1889 in Elſaß⸗Lothringen eingeführt worden iſt. Faſt gleich⸗ geitig mit der Gewerbeordnung kamen auch die großen ſoziglen Geſetze, die Kranken⸗, Unfall⸗ und Invaliditätsverſicherung. Alles auf einmal konnte man doch nicht machen.(Zuruf des Abg. Emmel.) Ich freue mich, daß ich Sie hier wiederſehe, Herr Emmel.(Große Heiterkeit.) Wenn auch jetzt noch nicht überall Knappſchaftskaſſen ſind, ſo haben doch die größen Geſellſchaften er⸗ hebliche Summen für die Verunglückten gegeben. Auf Antrag des Abg. Singer(Soz.) findet die Beſprechung der Interpellation ſtatt. Abg. Dr. Will(Zentr.) wünſcht, daß die Unfallverhütungsvorſchriften ſchärfer durchgeführt würden, da es ſich um das Leben von Hunderttauſenden handelte, Die Bergwerksverhältniſſe im Elſaß ſeien keineswegs ideale, die Gewerbeordnung ſei dort viel zu ſpät eingeführt worden. Hoffent⸗ lich würde die Reichsregierung dafür ſorgen, daß jetzt beſſere Zu⸗ ſtände eintreten. Abg. Hausmann⸗Hannover(natl.): Es iſt ganz natürlich, daß bei dem allgemeinen Bedauern über die beklagenswerten Unfälle auch die Frage erörtert wird, ob ſie nicht hätten verhindert werden können. Es iſt hierüber in den Verhandlungen des preußiſchen Abgeordnetenhauſes am 22.,ö28. Februar ſo gründlich geſprochen worden, daß ich heute hier kein einziges neues Argument gehört habe. Jedenfalls ſind nach meiner Ueberzeugung die hygieniſchen und ſanitären Einrichtungen in Deutſchland nicht ſchlechter als in anderen Staaten, ja ich möchte ſagen, Deutſchland ſteht in dieſer Beziehung allen voran. Ich freue mich darüber, daß es der Wiſſenſchaft gekungen iſt, die Gefahren der ſchlagenden Wetter zu vermindern. Die elektriſchen Lampen ſind ja wegen der Akkumulatoren gegenwärtig noch zu ſchwer für den allgemeinen Gebrauch. Hoffentlich gelingt es im Laufe der Zeit, ſie ſo zu konſtruſeren, daß ſie allgemein benutzt werden können. Man hat auch ſog. Sicherheitsabteilungen eingerichtet, in welche ſich die Bergarbeiter bei Gefahren flüchten können. Es wäre intereſſant, wenn die Regierung ſich über die damit gemachten Erfahrungen äußern wollte.— Auch ich bin ganz der Anſicht, daß eine eingehende Unterſuchung ſtattfinden muß. Ergibt ſich dann, daß es an Sicherheitsvorrichtungen gefehlt hat, ſo müſſen ſolche ſo ſchnell als irgend möglich ohne Rückſicht auf die Koſten getroffen werden. Ich möchte auch, daß dem Reichstag fortgeſetzt Mitteilung gemacht wird ütber das, was die Regierung auf dieſem Gebiet getan hat.— Seilbrüche müſſen unter allen Umſtänden vermieden werden. Sollte es wahr ſein, was von dem Seilbruch auf dem Mathildenſchacht geſagt wird, ſo iſt dort allerdings ſehr nachläſſig gehandelt worden.— Bezüglich der Arbeiterkontrolleure ſtehe ich ganz auf dem Standpunkt, welchen der preußiſche Handelsminiſter im Abgeordnetenhauſe eingenommen hat. Solche Inſtitute kann man nicht im Wege des Geſetzes und zwangsweiſe einführen. Sie können nur funktionjeren bei gegenſeitigem Vertrauen zwiſchen Arbeitern und Verwaltung.— Die Familie de Wendel kenne ich nicht. Ich bin aber von einem Kollegen gebeten worden, hier aus⸗ drücklich zu betonen, daß de Wendel nur aus zwingenden Gründen der Verhandlung fern geblieben iſt. Außerdem glaube ich, daß er zu ſcharf und ungerecht hier angegriffen worden iſt. De Wendel hat biel für Arbeiter getan. Das beweiſt ſchon die große Stimmen⸗ zahl, die er bei den letzten Wahlen erhalten hat.(Lärm bei den Sozialdemokraten.) Ich ſchließe mit der Erklärung, daß meine Freunde immer zu haben ſind für geſetzliche Maßnahmen, die ge⸗ 1 5 ſind, Leben und Geſundheit der deutſchen Bergarbeiter zu be⸗ üten. Abg. Henning(konf.) meint, wenn die Kontrollvorſchriften ſtrikte befolgt und jeder bis zum letzten Atemzug ſeine Schuldigkeit täte, dann würden die Un⸗ glücksfälle ſich bedeutend vermindern. Leider würden die Arbeiter in der Befolgung der Unfallverhütungsvorſchriften oft läſſig. Die Hauptſache ſei, daß ein gegenſeitiges Vertrauen zwiſchen Verwal⸗ tung und Arbeitern herrſcht. Abg. Behrens(wirtſch. Bgg.) führt zaus, daß die elſaß⸗lothringiſche Regierung anſcheinend ohn⸗ mächtig ſei gegenüber dem Unternehmertum, denn ſie hätte nicht getvagt, überall die Bildung von Knappſchaftsvereinen zu fordern, obwohl ſie nach dem Geſetz dies hätte tun können. Auf bielen lothringiſchen Gruben wären ſich die Bergleute der Gefahr wohl bewußt geweſen, ſie hätten jedoch nicht gewagt, ihre Beobachtungen kundzugeben, aus Furcht vor Maßregelungen und wirtſchaftlichen Nachteilen. Ferner würde dort in ſchärfſter Weiſe gegen die Ge⸗ werkſchaften vorgegangen, zum Schaden der Bergarbeiter und des Bergbaus ſelbſt. In England, wo man die Gewerkſchaften aner⸗ kannt habe, kämen weit weniger Unfälle vor als bei uns. Es würde nicht eher beſſer werden, bis nicht die Arbeiter auch mit die Verantwortung für die Sicherheit der Betriebe trügen. Abg. Gyßling(freiſ. Vp.) bemerkt, die zahlreichen Unfälle deuteten doch auf Mißſtände hin, die beſeitigt werden müßten. Volles Lob und alle Anerkennung bverdienten die Bergleute, die unter Gefahr des eigenen Lebens ihre Kameraden zu retten verſucht hätten. Die Bergarbeiter hätten Anſpruch darauf, daß von Staatswegen alles geſchehe, was die Sicherheit im Bergwerksbetriebe erhöhen könne. Mit dazu beitragen würde ſicherlich die Ausführung einer Reſolution des Abgeordnetenhauſes, die eine Trennung der Betriebs⸗ und Auf⸗ ſichtsbehörden forderte. ö Hierauf wird ein Antrag auf Vertagung ange nommen. Nächſte Sitzung: Montag, 11 Uhr: Handelsproviſorium mit Amerika, Relikten⸗Geſetze und dritte Etatsberatun g. Schluß 4% Uhr. Kleine Vorlagen, Beamten⸗ 50 . ern E. et. für Kleider dide für Slusen Nur solde deutsche Er- in allen von Mode bevorzugten zeugnisse der Webartenn M. Schneider MA F l, l, Breitestr. General⸗Anzeiger. WMittagblatt.) 70344 für Besätze NNHEIM e vSt dq,t Besie Ceifanwullun, Fomn, 2 aumedi 5 68173 limax Hackmaschine hackt, schneidet, zerreibt grob, mittel, fein Fleisch, Semüse, Brot, Zucker ete. 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