Abonnement: 70 Pfennig monatlich. Bringerlohn 25 Pfg. monatlich, durch die Poſt bez, inel. Poſt⸗ auſſchlag M..42 pro Quartal. Einzel⸗Nummer 5 Pfg. In ſerate: Die Colonel⸗Zeile.. 25 Pfg. Auswärtige Inſerate. 30„ Die Reklame⸗Zeile. 1 Mark Geleſenſte und verbreitetſte Zeitung in Mannheim und Umgebung. Schluß der Juſeraten⸗Annahme für das Mittagsblatt Morgens ½ 9 Uhr, für das Abendblatt Nachmittags 3 uhr. Alnabhängige Täglich 2 Ausgaben (ausgenommen Sonntag) Eigene Redaktionsbureaus in Berlin und Aarlsruhe. Telegramm⸗Adreſſe: „General⸗Auzeiger Mannheim“, Telefon⸗Nummern: Direktion u. Buchhaltung 1449 Druckerei⸗Bureau(Aan⸗- nahme v. Druckarbeiten 341 Redaktioann 87¹ Expedition und Verlags buchhandlung.. 218 Nr. 308. Montag, 1. November 1909. (Mittagblatt.) Die heutige Mittagsausgabe umfaßt 16 Ssiten. Aderheiligen wegen die nächſte Nummer Dienstag Vormittag. CLelegramme. Ein furchtbares Automobilunglück * Darmſtadt, 31. Okt. Heute morgen.40 Uhr ſich hier ein folgenſchweres Automobilunglück. Ein Frankfurter Automobil ſtieß auf dem Uebergang der Chauſſee nach Griesheim mit großer Geſchwindigkeit mit dem Zuge Nr. 7 der Dampf⸗ ſtraßenbahn zuſammen. Das Automobil wurde vollſtändig zertrümmſert, es explodierte und iſt verbrannt. Zwei In⸗ ſaſſen wurden ſofort getötet, die beiden anderen ſchwer verletzt, davon einer lebensgefährlich. Die Namen der Verunglückten konnten noch nicht feſtgeſtellt werden; das Automobil trug die Bezeichnung IJ T 2332. *Darmſtadt, 31. Okt. Die Süddeutſche Eiſenbahngeſell⸗ ſchaft veröffentlicht über das Automobilunglück folgende Mitteilung: Als der Zug Nr. 7 der bi Griesheim⸗Darmſtadt(ab Griesheim.25 Uhr vorm.] ſich der Kreuzung des Gleiſes mit der Darmſtadt⸗ Griesheimer Chauſſee am Baſſin Käherte, kam ihm von Darmſtadt her ein Automobil in raſemesr. Geſchwindigkeit entgegen. Die Geſchwin⸗ digkeit wuss He trotz wiederholter, von der Maſchine des Zuges abgegebener Glocken⸗ und Pfeifenſignale nicht vermindert. Der Lokomotivführer brachte deshalb den Zug an dem Bahnübergang über die Straße vor Erreichung der Straßenmitte zum Stehen. Auf den nun haltenden Zug fuhr das Automobil ſo heftig auf, daß ſich der hintere Teil desſelben überſchlug und die Inſaſſen mit großer Wucht gegen die Lokomotive geſchleudert wurden. Ein Mann und eine Frau ſtarben alsbald an den erlittenen Verletzungen, während der Chauffeur und der 4. Inſaſſe ſchwer verletzt in das Darmſtädter Krankenhaus gebracht wurden. Die Schuld an dieſem Unglück iſt nach den als⸗ baldigen Feſtſtellungen hauptſächlich der raſenden Geſchwindig⸗ keit des Automobils und der Nichtbeachtung der Zugſignale zu⸗ zuſchreiben. * Darmſtadt, 31. Okt. Bei dem heutigen Automobil⸗ anglück wurden getötet: Frau Wolfſturm aus Darmſtadt, Inhaberin eines Weinreſtaurants, Ingenieur Müller von den Adlerwerken in Frankfurt a. M. Schwer verletzt ſind der Ingenieur Grünig, ebenfalls von den Adlerwerken Frankfurt a. M. und der Chauffeur des Automobils Schmidt⸗ Ein ſtarkes Erdbeben. „ Jugenheim, 31. Okt., 12.45 Uhr mittags. Die ſeis⸗ miſche Station meldet: Soeben zeigt der große Seismograph ein Fernbeben aus etwa 10 000 Kilometer Entfernung an. Das Ma⸗ ximum war 12.15 Uhr. Das Beben iſt noch nicht vorüber. Die lange Dauer der Markierung läßt auf ein ſtarkes Beben ſchließen Klerikalismus und Republik. * Paris, 31. Okt. Bei einem Bankett der Liga für Unter⸗ richt hielt Miniſterpräſident Briand eine Rede, in der er darauf hinwies, daß die Klerikalen mit ihren Angriffen auf die Laien⸗ ſchule am Vorabend der Wahlen tatſächlich auf die Republik ab⸗ zielten. Sicherlich wünſche die Republik Beruhigung, aber mit den Republikanern werde ſie kräftig und auf geſetzlichem Wege die Schule verteidigen, ohne je Gewalttätigkeiten zu begehen, die man hervorzurufen ſuche, um die franzöſiſche Republik in Miß⸗ kredit zu bringen. Die Katholiken ſelbſt würden niemals die An⸗ regungen befolgen, die von außen lämen und ſie gegen die Ein⸗ richtung des Landes hetzten. Die Ausführungen des Miniſter⸗ präſidenten fanden lebhaften Beifall Der Wettbewerb der Mächte im fernen Oſten. * London, 31. Okt.„Newyork Herald“ meldet aus Peking, daß als Ergebnis des Beſuches des ruſſiſchen Finanzminiſters in Charbin Rußland den Mächten vorgeſchlagen habe, eine kleine internationale Anſiedlung außerhalb Charbins zu ſchaffen. Hier geht die diplomatiſche Meinung dahin, daß dieſer Vorſchlag un⸗ annehmbar iſt, weil in ſeiner Annahme eine Anerkennung des von der ruſſiſchen Eiſenbahnverwaltung erhobenen Anſpruchs liegen würde, die politiſche Macht über alle Bewohner der Eiſen⸗ bahnzone in der Nordmandſchurei auszuüben. ereignete Die Militärrevolte in Griechenland. * Athen, 31. Okt. In der Bucht von Phaleron ſind 2 weitere engliſche Kriegsſchiffe eingetroffen, ſo daß gegenwärtig vier engliſche und ein ruſſiſches Kriegsſchiff dort vor Anker liegen. Die Garniſon Athen bezog wieder die Kaſernen. * Athen, 31. Okt. Hier erhält ſich das Gerücht, daß unge⸗ fähr 80 Marineoffiziere, die mit den Forderungen Ty⸗ paldos ſich einverſtanden erklärt hatten, aber ſich nicht mit ihm im Arſenal hatten vereinigen können oder wollen, beſchloſſen haben ſollen, ihre Entlaſſung zu fordern, wenn nicht gewiſſe höhere Offiziere penſioniert würden, wie ſchon Typaldos ver⸗ langt hatte. * Athen, 31. Okt. Von den meuternden Marine⸗ offizieren befinden ſich jetzt 9in Haft. Typaldos coll ſich mit einigen anderen ins Gebirg geflüchtet haben, aber von der Gendarmerie umſtellt ſein. Unter den Unteroffizieren der Ma⸗ rine macht ſich eine gewiſſe Erregung geltend, doch hofft man, ſie zu beruhigen. Die Beſchädigungen des Torpedobootszerſtörer „Sfendoni“ ſind nicht ſehr ſchwer. Insgeſantt ſind bei dem geſtri⸗ gen Kampf 4 Mann getötet worden; die aufſtändiſchen Be⸗ ſatzungen der Torpedoboote haben ſich ergeben. **** * Prades(Dep. Pyrenees⸗Orientales), 31. Okt. Auf der elektriſchen Bahn von Villefranche bis Bourg⸗Madame ent⸗ gleiſte ein Zug, der Schnelligkeitsverſuche anſtellte. Bei dem Unfall ſollen eine Anzahl Perſonen verletzt worden ſein, unter ihnen ungefähr 10 tötlich. Zeitgemäße Eriunerungen. JIn der Katholiſchen Rundſchau, Verbandsblatt der Ver⸗ eine deutſcher Katholiken im Oſten(Nr. 14) veröffentlicht ein Katholik„Zeitgemäße Erinnerungen“, in welchen er eine treffliche Beleuchtung des deutſchfeindlichen und polenfreundlichen Verhaltens der Zentrums⸗ preſſe und des Zentrums überhaupt gibt. Als im Jahre 1902 der Kölniſchen Volkszeitung die Gründung eines Vereins deutſcher Katholiken in der Oſtmark mitgeteilt wurde, habe dieſe den Bericht mit der Begründung zurückgeſandt, daß man„in Weſtdeutſchland wenig Intereſſe für die oſtdeutſchen Verhältniſſe habe“. Dabei habe dasſelbe Blatt ſich nicht genug tun können in Veröffentlichung polenfreundlicher Artikel. Dieſe Haltung habe die„K..“ in dieſen 7 Jahren auch un⸗ verdroſſen beibehalten. Zu dem vom im Munde ge⸗ führten Märchen:„Germaniſierung iſt Rrotepantſierung. be⸗ merkt der Verfaſſer, daß die Geſetze Logik verbieten, einen ſolchen Ausſpruch unter allen Umſtänden und für alle Zeiten als wahr hinzuſtellen und daß Schorlemer⸗Alſt, welcher dieſen Spruch vor einem Menſchenalter geprägt habe, der letzte ge⸗ weſen wäre, der eine gegen das Deutſchtum gerichtete Polen⸗ politik des Zentrums gutgeheißen hätte.„Wenn dem Weſten nicht fortgeſetzt die Wahrheit über die oſtmärkiſchen Verhält⸗ niſſe vorenthalten würde, wenn die Katholiken im Weſten er⸗ führen, daß nicht die Polen die verfolgte Unſchuld ſind, ſondern die deutſchen Katholiken fortgeſetzt drangſaliert und in ihren elementarſten Forderungen eingeſchränkt würden, wäre das Zentrum bald gezwungen, eine andere Polenpolitik einzu⸗ ſchlagen.“ Weiterhin macht der Einſender dem Zentrum zum Vorwurf, daß ihm„die Erhaltung und Stärkung des Polen⸗ tums nicht nur mehr als das Deutſchtum, ſondern auch als ſeine Parteiangelegenheiten am Herzen liegt. Daß bei ſolchen Anſchauungen auf den katholiſchen Glauben erſt recht keine Rückſicht genommen wird, iſt klar. Man ſpricht ſo gern von der Proteſtantiſierung. Kann das Zentrum wirklich im Ernſt glauben, daß das Bündnis mit den Polen die Regierung ver⸗ anlaſſen wird, deutſche katholiſche Anſiedler hier anzuſiedeln, wenn ſie ſieht, wie durch dieſes Bündnis die angeſiedelten deutſchen Katholiken dem Polentum zugeführt 11 555 kann hier mit Recht ſagen:„Politik Hauptſache, R ſion Nebenſache.“— Das Zentrum als rein interkonfef münele Partei, die zu ſein es behauptet, ſolle die deutſchen Katholiken in der Oſtmark mit der Behauptung verſchonen, als ob es die berufene und einzige Vertreterin der Katholiken ſei.„Dann möge es die Oſtmark mit ſeiner Agitation verſchonen und dieſe in rein proteſtantiſche Gegenden verlegen, wo es ja noch ein großes Feld für ſeine Tätigkeit findet.“ Für die Aufftellung von Wahlkandidaten ſtellt der Artikelſchreiber der Katholiſchen Rundſchau die erſte Forderung auf, daß die Deutſchen zuſam⸗ mengehen, daß aber die Wahlkreiſe, die über 50 Prozent katholiſch ſind, das Recht darauf hätten, katholiſch vertreten zu ſein.„Es kann ja auch den Liberalen oder Konſervativen einerlei ſein, ob eines ihrer Mitglieder katholiſch oder pro⸗ teſtantiſch iſt. Die Hauptſache iſt, daß auf dieſe Weiſe der Sieg an die deutſche Sache geheftet wird. In dieſem Sinne muß, falls die Zentrumsorganiſation vernichtet werden ſoll, bei 05 8 und Landtagswahlen verfahren werden. Kritik verzeichnet worden. iſt der einzige Weg zu einer Geſundung unſerer Verhäl Solange das Zentrum im Bunde mit den Polen iſt, kann Zentrumsmann nicht in Frage kommen. Dasſelbe muß abe⸗ auch für alle Parteien, die ein Bündnis mit bn Polen ei gehen, gelten. Der einzige Wahlſpruch muß ſein:„Hie deutſch allewege!“ —— oltische Ulebersiehn. Maunheim, 1. November 1909 Leopold Sonnemann. r. Frankfurt a.., 1. Nov. Der Gründe „Frankfurter Zeitung“ Leopold Sonne iſt geſtern abend nach mehrjährigem ſchweren Leiden, 78jäh verſchieden. Sonnemann iſt unweit Würzburg gebor kam mit ſeinem Vater zunächſt nach Offenbach, mach väterlichen Warengeſchäft eine kaufmänniſche Lehre du übernahm dann das Geſchäft, verlegte dieſes nach Frank und wandelte es in ein Bankgeſchäft um. Mit einem Bankier begründete er 1856 die„Frankfurter Handelszeit um 3 Jahre ſpäter unter dem Titel„Neue Frankf. Zei ein politiſches Blatt daraus zu machen. Sonnemann 9 damals angefangen, ſich mit Politik zu beſchäftigen, er hörte der radikalen Demokratie an, kämpfte im Nationalverein gegen die dort vorherrſchende Propagierung eines Deu lands mit preußiſcher Spitze, bekämpfte ſpäter in ſei Blatt aufs Schärfſte die preußiſche Politik Bismarcks mußte deswegen 1865, als die Preußen Frankfurt beſetz nach Stuttgart fliehen. Weiterhin galt ſein Kamp preußiſch⸗deutſchen Aegie ung und als deren Rep dem Bismarck. Im dem er gegen 912 Annexion Elſaß⸗ Lothringens. Er war der Führer der Deutſchen Volkspartei. meindeleben nahm Sonnemann eine hervorragende jahrzehntelang ein, nicht nur in der Stadtverordneten lung, ſondern auch als Förderer aller möglichen gem ig und künſtleriſchen Beſtrebungen. Die Frankfurter Ele techniſche Ausſtellung war bezüglich der kaufmänniſchen ſein Werk. Der Zeitung, die er begründet hatte, ſtand vor wenigen Jahren als Chef vor, ſeine verwaltungstech Qualitäten bewährten ſich auch hier glänzend. Seit Jahren war er körperlich vollkommen gebrochen, ſode nur noch mit einer Pflegerin im Wagen fahren konnte das hatte in der letzten Zeit faſt ganz aufgehört, ſodaß den eine Erlöſung für den geiſtig bis zuletzt friſchen Ma ſtellte. Konfeſſionelle Vergiftung um jeden Prei Die Stveichung des Kanzelparagraphen in den wurf für die Reform des Strafgeſetzbuches iſt von alle nalen Blättern ohne jeden Einſpruch und ohne ein W Man ſollte meinen, daß die montane Preſſe damit zufrieden ſein könnte. Die„ ſtellt denn auch feſt:„In den nationalliberalen Blätte in den Organen des Evangeliſchen Bundes, die kulturkämpferiſchem Standpunkte ſtehen, iſt die Ankü der Streichung des Kanzelparagraphen ſehr gelaſſen jetzt ohne allen Widerſpruch aufgenommen worde aber heißt es weiter:„Das ſchließt indeſſen nicht aus, trotzdem kulturkämpferiſche Abgeordnete im Reichstag werden, die für die Beibehaltung des Kanzelparagra einzutreten den traurigen Mut beſitzen“ Das iſt ein ech Jeſuitenſtückchen, durch das die Friedensliebe der ultra tanen Seite hübſch beleuchtet wird. Deutsches Reſch. — Hanſabund. Wie wir aus zuverläſſiger Quelle zum Direktor lerſten Geſchäftsführer) des Hanſabundes Kurt Vosberg, Oberbürgermeiſter von Potsdam, gew worden. — Die Norddeutſche Allgemeine über den Großblock. Mit Block aller Parteien der Linken für die Stichwahlen in Bade die„Nordd. Allg. Zig.“ ſehr wenig einverſtanden. Das offi, Organ ſpricht in ſeinem Wochenrückblick ſeine Freude darüber daß„gewiſſen Elementen, die nationalliberalen Wählern die nehmlichkeiten eines Großblocks ſchildern wollten, bei guter Zeit Handwerk gelegt“ worden ſei, und erklärt alsdann: G zweifellos zu den dringendſten Sonderaufgaben der nation ralen Partei, mit ſolchen Möglichleiten für die e räutmen. Der Großblock in Baden iſt denn—80 ehwas nur ein Schönheitsfehler. eeer 2. Seite. Senerabulnzeiger. MNittagblatt) Kanuheim, 1. November Wahlanfechtung in Schwetzingen? OSchwetzingen, 31 Okt. Nach den letzten Extra⸗ blättern der„Schwetzinger Zeitung“ ſoll die Wahl des ſozial⸗ demokratiſchen Blockkandidaten Kahn angefochten werden. Die Gegenpartei behauptet, daß von der Wahlkommiſſion des zweiten ſtädtſchen Wahlbezirks Schwetzingen der Wahlvorſtand und Protokollführer auf eine halbe Stunde zu gleicher Zeit das Wahl⸗ lokal verlaſſen hatten, was nach den Wahlrechtsbeſtimmungen unſtatthaft iſt. Der tatſächliche Sachverhalt iſt folgender: Der Wahlvorſtand begab ſich auf kurze Zeit nach Hauſe zum Mittag⸗ eſſen. Er beauftragte aber vor ſeinem Weggang den erſten Bei⸗ ſitzer mit ſeiner Stellvertretung, die dieſer bis zur Ankunft des Wahlvorſtandes gewiſſenhaft übernahm. Noch ehe der Wahl⸗ borſtand wieder zurückkehrte, nahm auch der Protokollfühver die wahlſtille Zeit als Gelegenheit, um ebenfalls das Mittageſſen ein⸗ zunehmen. Auch er ſorgte für einen Stellvertreter, den zweiten Beiſitzer. So waren in Wirklichkeit Wahlvorſtand und Protokoll⸗ führer für einige Zeit abweſend, aber durch zwei geſonderte Wahl⸗ kommiſſionsmitglieder vertreten. Der dritte Beiſitzer war ſtän⸗ dig zur Stelle, ſodaß von einer Störung oder Unterbrechung der Wohl nicht im leiſeſten die Rede ſein kann. Während der ganzen Wahlhandlung waren unausgeſetzt die nötigen drei Kommiſſions⸗ mitglieder anweſend. Vorſtands⸗ und Protokollführeramt waren ſtets getrennt. Uebrigens hört man nachträglich, daß Karliſten und Zentrum noch weitere 6 Gründe für Wahlanfechtung zu kon⸗ itruieren ſuchen ——— Die Stichwahlen Gewiunne und Verluſte. Die Nationalliberalen haben behauptet: 2. Meß⸗ kirch⸗Stockach, 6. Donaueſchingen⸗Engen, 14. Müllheim⸗Lörrach⸗ Staufen lim erſten Wahlgange), 20. Stadt Freiburg 3, 23. Emmendingen, 30. Kehl(im erſten Wahlgange), 35. Stadt Baden, 40. Karlsruhe⸗Land, 42. Stadt Karlsruhe 2, 61. Stadt Mannßbeim 4, 68. Weinheim⸗Mannheim lim 1. Wahl⸗ gange), 64. Stadt Heidelberg 1, 65. Stadt Heidelberg 2, 66. Ep⸗ pingen-Sinsheim, 67. Sinsheim lim 1. Wahlgange), 71. Box⸗ berg-⸗Adelsheim. Im ganzen 16 Sitze.— Sie haben infolge des Blockabkommens aßbgegeben: 13. Schopfheim⸗ Schönau an die Sozialdemokratie, 26. Triberg⸗Villingen⸗Wol⸗ ſach an die Demokraten, 37. Stadt Raſtatt an die Demokraten und 47. Pforzheim 1 an den Freiſinn. Im ganzen 4 Sitze.— Sie haben gewonnen: 5. Engen⸗Konſtanz vom Zentrum.— Sie habenm verloren 12. Lörrach⸗Land, 25. Lahr⸗Stadt und 68. Heidelberg⸗Gberbach an die Sozialdemokraten. Ihr Man⸗ datsbeſitz beträgt mithin 17 Sitze ſtatt 23 wie bisher. Die Demokraten haben behauptet: 3. Konſtanz, 27. Lahr⸗Land, 29. Offenburg⸗Stabt, 60. Mannheim 3 lim 1. Wahl⸗ gang). Im ganzen 4 Sitze.— Sie haben verloren 56. Schwetz⸗ ingen an die Sozialdemokratie.— Sie gewinnen infolge des Bloyckabkommans: 26. Triberg⸗Villingen, 37. Stadt RNaſtatt. Im ganzen 2 Sitze.— Ihr Mandatsbeſitz beträgt mit⸗ hin 6 Sitze ſtatt 5 Sitze wie ſeither. Die Freiſinnigen haben behauptet: leinen Sitz.— Sie haben infolge des Blockabkommens gewonnen: 47. Pforz⸗ heim 1.— Ihr Mandatsbeſitz beträgt mithin 1 Sitz wie ſeither. Die Sozialdemokraten haben behauptet: 11. Stadt Lörrach; 10. Stadt Freiburg 2: 41. Stadt Karlsruhe 1 lim 1. Wahlgange); 44. Stadt Karlsruhe 4 lim 1. Wahlgange); 45. Durlach⸗Stadt(im 1. Wahlgange); 48. Stadt Pforzheim 2 lim 1. Wahlgange]); 49. Pforzheim⸗Land(im 1. Wahlgange); 55. Hei⸗ delberg⸗Land; 57. Mannheim⸗Schwetzingen(im 1. Wahlgange); 58. Stadt Mannheim 1 lim 1. Wahlgange); 59. Stadt Mann⸗ heim 2 lim 1. Wahlgange); 62. Stadt Mannheim 5 lim 1. Wahl⸗ gange). Im ganzen 12 Sitze.— Sie gewinnen infolge des Blockabkommens: 13. Schopfheim⸗Schönau von den Nationalliberalen; 50. Bruchſal⸗Land von den Konſervativen; 56. Schwetzingen von den Demokraten. Im ganzen 3 Sitze.— Sie gewinnen weiter: 12. Lörrach⸗Land von den National⸗ liberalen, 25. Stadt Lahr von den Nationalliberalen, 39. Ett⸗ lingen⸗Raſtatt⸗Karlsruhe vom Zentrum, 43. Karlsruhe 3 von den Freiſinnigen; 68. Heidelberg⸗Eberbach von den National⸗ liberalen. Ihr Mandatsbeſitz beträgt mithin 20(12) Sitze. Das Zentrum hat behauptet: 1. Pfullendorf-Überlingen; . Konſtanz⸗Stockach⸗Ueberlingen; 7. Villingen⸗Donaueſchingen; 8. Bonndorf⸗Waldshut; 9. St. Blaſien⸗Waldshut; 15. Staufen⸗ Schönau⸗Freiburg; 16. Breiſach⸗Emmendingen; 17. Neuſtadt⸗ Triberg⸗Villingen; 2l. Waldkirch⸗Freiburg; 22. Freiburg⸗Em⸗ mendingen; 24. Ettenheim Emmendingen⸗Lahr; 28. Wolfach⸗ Offenburg; 31. Offenburg⸗Kehl; 32. Oberkirch⸗Offenburg⸗Achern; 33. Achern⸗Bühl; 34. Bühl⸗Baden; 36. Raſtatt⸗Baden; 38. Ra⸗ ſtatt⸗Bühl: 52. Bruchſal⸗Land; 54. Wiesloch⸗Bruchſal; 69. Buchen⸗Adelsheim; 72. Tauberbiſchofsheim; 73. Wertheim⸗Tau⸗ berbiſchofsheim. Sämtlich im erſten Wahlgange. Im ganzen 23 Sitze.— Es hat im 2. Wahlgange behauptet: 10. Säckingen⸗ Waldshut⸗Schopfheim, 18. Freiburg 1, 51. Stadt Bruchſal. Im ganzen 3 Sitze.— Es hat verloren: 5. Engen⸗Konſtanz an die Nationalliberalen; 39. Ettlingen⸗Raſtatt⸗Karlsruhe an die Sozialdemokratie. Im ganzen 2 Sitze.— Sein Mandatsbeſitz beträgt mithin 26(28] Sitze. Die Konſervativen haben behauptet: 46. Durlach⸗ Land; 70. Mosbach.— Sie haben verloren 50. Bruchſal⸗Land an die Sozialdemokratie.— Ihr Mandatsbeſitz beträgt mithin 2(3) Sitze. Der Bund der Landwirte hat behauptet: 53. Bret⸗ ten-Bruchſal.— Sein Mandatsbeſitz beträgt mithin wie bisher 1 Sitz. ***. Die Abgeordneten nach Parteien. Nationalliberale Partei: 2. Bürgermeiſter Weiß⸗ haupt?; 53. Gemeinderat Schmid; 6. Landwirt Hilbert; 14. Bürgermeiſter Koger*; 20. Fabrikant Göhring“; 23. Apotheker Pfefferle; 30. Bürgermeiſter Sänger; 35. Buchdruckereibeſitzer Kölblin*; 40. Bürgermeiſter Neck; 42. Geh. Rat Rebmann; 61. Rechtsanwalt König; 63. Landwirt Müller; 64. Prof. Rohr⸗ hurſt; 65. Oberamtsrichter Dr. Koch“; 66. Wirt Geiger*; 67. Bürgermeiſter Neuwirth; 71. Ratſchreiber Leiſer.(9 Abgeordnete gehörten dem alten Landtage an, 8 ſind neugewählt.) Demokraten: 3. Rechtsanwalt Venedey; 26. Profeſſor Hummel; 27. Prof. Heimburger; 29. Rechtsanwalt Muſer; 37. Rechtsanwalt Vogel“, 60. Meſſerſchmied Vogel.(Vier alte, zwei neue Abgeordnete.) Freiſinn: 47. Fabrikant Odenwald⸗. Sozialdemokratie: 11. Schriftſetzer Röſch; 12. Ge⸗ meinderat Breitenfeld“; 13. Sattlermeiſter Müller*; 29. Feilen⸗ hauer Kräuter; 25. Stadtrat Monſch*; 39. Gewerkſchaftsbeamter Schwall*; 41. Rechtsanwalt Dr. Frank; 43. Arbeiterſekretär Willi“; 44. Redakteur Kolb; 45. Metallarbeiter Weber; 48. Reichstagsabg. Geck; 49. Stadtv. Stockinger!: 50. Gemeinderat Kurz!; 55. Expedient Pfeiffle; 56. Expedient Kahn*; 57. Gaſt⸗ wirt Bechtold; 58. Stadtv. Geiß; 59. Kaſſenbeamter Kramer; 62. Prokuriſt Süßkind; 68. Parteiſekretär Maier*.() alte, 11 neue Abgeordnete.) Zentrum: 1. Brauereibeſitzer Weißhaupt; 4. Oberamts⸗ richter Büchner; 7. Schloſſermeiſter Görlacher; 8. Landgerichts⸗ rat Wittemann; 9. Realſchuldirektor Blümmel; 10. Geiſtl. Rat Dieterle; 15. Rechtsanwalt Kopf; 16. Freiherr von Gleichenſtein; 17. Gutsbeſitzer Duffner; 18. Rechtsanwalt Fehrenbach; 21. Ar⸗ beiterſekretär Reinhardt!; 22. Reichstagsabg. Schüler; 24. Ger⸗ bermeiſter Henninger“; 28. Betriebsſekretär Seubert 31. Landwirt Morgenthaler; 32. Weinhändler Geppert; 33. Pfarrer Röckelk 34. Poſtinſpektor Schmunk; 36. Landgerichtspräſident Dr. Zehnter; 38. Landgerichtsrat Schmidt; 51. Hauptlehrer Wie⸗ demann; 52. Bürgermeiſter Ziegelmaiern; 54. Freiherr von Mentzingen: 69. Stadtpfarrer Knebel“; 72. Benefiziat Dr. Schofer; 73. Fabrikant Neuhaus.(20 alte, 6 neue Abgeordnete.) Konſervative: 46. Mühlenbeſitzer Gierich; 70. Land⸗ wirt Banſchbach.(2 alte Abgeordnete.) Bund der Landwirte: 53. Rechtsanwalt Bretten.(1 alter Abgeordneter.) Dem elten Landtag haben bereits 45 Abgeordnete angehört;: nen ziehen in den Landtag 28 Abgeordnete. Schmidt⸗ Preßſtimmen über den Ausfall der badiſchen Landtags⸗Stichwahlen. Bis jetzt haben ſich über den Ausfall der Samstags⸗Stich⸗ wahlen in der Hauptſache erſt badiſche Blätter geäußert, von denen meiſt Extrablätter oder Extranummern ausgegeben wor⸗ den ſind. Wir laſſen nachſtehend die wichtigſten Preßäußerungen folgen: 5 Die„Breisg. Itg.“ konſtatiert zunächſt, daß das Zentrum bei den Wahlen zwei für unbedingt ſicher gehaltene Bezirke ver⸗ loren hat und ſagt dann: Beſonders ſchmerzlich wird das Zentrum den Verluſt des Wahlbeiſes Engen⸗Konſtanz⸗Land empfinden, wo der Zen⸗ trumsführer Gießler mit einer Minderheit von über 500 Stim⸗ men gegenüber dem liberalen Kandidaten unterlegen iſt. Der politiſche Kampf wurde in dieſem Wahlkreis vom Zentrum in der denkbar ſchofelſten Weiſe geführt, denn man ſcheute ſich dort nicht, in einem Flugblatt die inter nſten Privatverhältniſſe des politiſchen Gegners in die De⸗ hatte zu ziehen mit der unverkennbaren Abſicht, denſelben wirt⸗ ſchaftlich zu ruinieren. Die Niederlage des Zentrums⸗ kandidaten iſt um ſo blamabler, als ein großer Heerbann katho⸗ liſcher Geiſtlicher mit Herrn Wacker an der Spitze aufgeboten war, um den Erkorenen in der Stichwahl herauszuhauen... Und * bedeutet neugewählt. der Krücken bedurfte, mit denen z. nur einige Dutzend Stimmen hätten gefehlt, um auch den halb⸗ offiziellen Parteichef Herrn Fehrenbach in Freiburg 1 ſchachmat zu ſetzen. Freiburg hätte ihn überhaupt nicht gewählt, wenn nicht das ſchwarze Zähringen unter Führung des Herrn Wacker für ihn eingeſprungen wäre. Er iſt ſomit gewiſſermaßen der Ab⸗ geordnete von Zähringen, ein Abgeordneter von Wackers Gnaden. Die„Breisg. Ztg.“ behauptet dann ferner, daß das Zentrum in manchen Bezivken für die Sozialdemokratie geſtimmt habe. Oder kann, ſo fährt das Blatt fort, es vielleicht in Abrede geſtellt werden, daß z. B. im Bezirk Lörrach, in Lahr, in Karls⸗ ruhe, in Durlach uſw. nicht Zentrumsſtimmen für den Soziaf⸗ demokraten mobil gemacht wurden? Etwas ſehr leicht nimmt die„Breisg. Zig.“ die ſchwere Ekn⸗ buße, welche die nationalliberale Partei erlitten hat, indem ſie ſchreibt: Den Nationalliberalen wurden einige Mandate abgejagt, aber ohne ſie in ihrem Kern ſchwächen zu kön⸗ nen. Tief bedauerlich iſt es nur, daß eine ſo tüchtige Kraft wie der Chef der nationalliberalen Partei, Herr Dr. Obkircher, durch den Wahlausfall in Lörrach⸗Land einige Zeit dem ba⸗ diſchen Landtag ferngehalten wird. Doch werden ſich Mittel und Wege finden, dieſen Wahlausfall auf andere Weiſe zu korrigie⸗ ren. Mit Freude zu begrüßen iſt es, daß unſere linksliberalen Freunde in dieſem Wahlkampf ſo vorzüglich abgeſchnitten haben. In einer Zeit, wo die Reaktion allenthalben ihr Haupt erhebt, wo man ſich in Regierungsregionen emſig darauf einrichtet, der Rechten und der Reaktion Konzeſſionen auf Konzeſſionen zu machen, iſt eine Stärkung des linken Flügels des Liberalismus als Gegengewicht gegen alle rückſchrittliche Tendenzen vom Standpunkt des Geſamtliberalismus aus als außerordentlich wünſchenswert zu bezeichnen. Er baut auch die Brücke der Ver⸗ ſländigung zur äußerſten Linken in kulturellen und politiſchen Fragen, die gemeinſame Intereſſen für alle Parteien des Fort⸗ ſchritts in ſich bergen. Der ultramontane„Freiburger Bote“ ſagt folgendes: Das Ergebnis der Landtagswahlen hat über die Taktik der Nationalliberalen das Todesurteil geſprochen. Die Politik Ob⸗ kirchers, der einem Sozialdemokraten zum Opfer fiel, hat ledig⸗ lich der Umſturzpartei Vorſpanndienſte geleiſtet! „Badiſche Das Hauptorgan des badiſchen Zentrums, Beobachter“, äußert ſich u. a. wie folgt: Erfreulich an dem Ergebnis iſt die Tatſache, daß das Zen⸗ trum, obwohl es auch in dieſem Stichwahlkampfe allein ſtand, noch 3 Mandate zu retten vermochte, während es bei der Stich⸗ wahl 1905 vollſtändig leer ausgegangen iſt. Bedauerlich iſt es, daß es nicht gelang, Herrn Amtsgerichtsdirektor Gießler(Ztr.), der eine hervorragende parlamentariſche Arbeitskraft war, dem Landtag zu erhalten. Erfreulich iſt ferner, daß die Konſerbativen und der Bund der Landwirte nur ein Mandat zu hekle haben. Die Gegner hatten wohl ſchon darauf gerec zſervati⸗ der ven und en Bund der Landwirte ganz auszuſchg Un⸗ erfreulichſte an der ganzen Wahl iſt die Verdoppe* Sitze der Sozialdemokratie, die der ganzen Wahl de gibt. Die ſchwerſten Verluſte an die Sozialdemokrati en die Na⸗ tionalliberalen zu beklagen. Nachdem dann das Blatt in echter Zentrumsmanier ſeiner hölliſchen Freunde über den Durchfall des nationalliberalen Füh⸗ rers Obkircher Ausdruck gegeben, kann es doch nicht umhin, nach einer Richtung hin ſein Ausſcheiden aus dem Landtag zu be⸗ dauern,„daß nämlich in ihm eine tüchtige Arbeitskraft verloren gegangen iſt, die gerade jetzt um ſo notwendiger geweſen wäre, als mit dem Anwachſen der Sozialdemokratie und dem bedeuten⸗ den Rückgang der Nationalliberalen die Arbeitsfähigkeit des Landtags keineswegs gefördert, ſondern eher vermindert wurde.“ Am Schluſſe ſeiner Wahlbetrachtung ſagt dann das Wacker⸗ organ: Die„Sonne einer neuen Zeit“, die mit dem Ergebnis dieſer Wahl nach der„Bad. Landesztg.“ aufgehen ſollte, ſie iſt ſtark rot gefärbt! Ein roter Sonnenaufgang weiſt aber nach alter Bauernregel auf einen ſicheren Platzregen, der dem Jande nicht immer von Vorteil ſein wird. Vielleicht wird die Freude der „Bad. Landesztg.“ über dieſe„neue Zeit“, die mit dieſer Wahl beginnt, etwas gedämpft, wenn einmal im Landtag die unfrucht⸗ baren, manchmal auch gewitterhaften Platzregen der Sozial⸗ demokratie niedergehen. Daß die Nationalliberalea ſo recht die Geſchlagenen ſind bei dieſer Wahl, iſt nur das Schickſal, das ſie ſich redlich verdient haben ſowohl durch ihre Vergangenheit, wie insbeſondere auch durch die Art und Weiſe, wie ſie ſich in dem verfloſſenen Wahlkampf benommen haben. Sie haben ſich ihr Grab ſelbſt geſchaufelt. Noch ein paarmal ſo und ſie können ſich als Partei begraben laſſen. Wenn das Zentrum auch nicht in ſeiner alten Stärke wiederkehren konnte, ſo bleibt es doch trotz des konzentrierten Angriffs der geſamten Linken die ſtärkſte Partei im Landtag und das iſt um ſo ehrenvoller, als das Zen⸗ trum dieſes Ergebnis aus eigener Kraft herbeiführte und nicht B. die Nationalliberalen Theater, Kunſt und Wiſſenſchaft. Hroßh. Bad. Hof⸗ und Nanonalthegtzr in Raunheim. Die Jungfran von Orleans. Leipizger Verahrer und Ver⸗ ehrerinnen hatten dem jugendlichen Schiller Briefe„voll Wärme und Leidenſchaft für ihn und ſeine Schriften“ ge⸗ ſchrieben. In einem Briefe von Mannheim vom 7. Juni 1784 ſchreibt Schiller an Henriette Freifrau von Wolzogen: „Und wenn ich das nun weiter verfolge, und mir denke, daß in der Welt mehr ſolcher Zirkel ſind, die mich unbekannt lieben, und ſich freuten, mich zu kennen, daß vielleicht in 100 und mehr Jahren— wenn auch mein Staub ſchon lange verweht iſt, man mein Andenken ſegnet, und mir noch im Grabe Tränen und Bewunderung zollt, dann, meine Teuerſte, freue ich mich meines Dichterberufes, und verſöhne mich mit Gott und meinem oft harten Verhängnis.“ Was der jugendliche Dichter erſehnte, er hat es ge⸗ funden. Tränen freilich zollen wir ihm heute nicht mehr, Wir ſind nicht mehr ſentimental, aber Bewunderung und ſtatt Tränen Liebe, die Zuſchauer und die Darſteller, ſofern letztere nicht der üblen Gewohnheit huldigen, Schillers glänzende Rhetorik in die ſchöne, aber leere Poſe, in die edle, aber hedeutungsloſe Geſte zu überſetzen, ſich ſelbſt zu beſtrahlen, ſtatt nach den Lebensquellen der Geſtalten zu ſuchen. Den echten Zoll der Liebe und Bewunderung für den Dichter und ſeine Schönheitsideale brachte Frau Ullerich geſtern wieder⸗ um als Jungfrau dar, ganz ſicher eine ihrer ſtärkſten und derſönlichſten Leiſtungen. Befreit von aller tönenden Schön⸗ dederei ſteht ihre Jungfrau in Lebensgluten und Tatenſturm da, heldiſch, fortreißend, die Verkörperung des gewaltigen Stromes der Vaterlandsliebe in Stimmung und Willens⸗ kraft, der die Heere der Enaländer von Frankreichs Boden ſchwemmt. In einer fein durchdachten, überlegenen Art ver⸗ bindet ſie Johannas Myſtik und ihren ſtarken, heiligen Taken⸗ drang, ganz wunderbar, wie die religiöſen Stimmungen leiſe und fein, und ſicher ſchwellend ſich erheben zu der glühendſten, tatenfroheſten Begeiſterung. Dieſe Jungfrau iſt das lebendige Symbol der ſieg⸗ und ſterbebereiten vaterländiſchen Kraft. Die reifelleberlegenheit der Künſtlerin, die die Sprache wunder⸗ bar zu handhaben woeiß, ſpürt man ſchon im erſten Monolog. Den baut ſie ganz prachtvoll auf, der lodert am Ende über die Lande hin wie ein mächtiger Flammenbrand, der aus dem reinſten, noch aber in myſtiſche Schauer verſunkenem Herzen urgewaltig ſich hervordrängt. Es iſt ganz beſonders reizvoll, wie Frau Ullerich es verſteht, an Seele und Kraft und Entſchluß das Hirtenmädchen vor unſerm Auge zur Heldin emporwachſen zu laſſen. Fräulein Blankenfeld ſpielte die Agnes in ihrer ſchönen und liebenswürdigen Art, die ja manches Beſtrickende hat, wenn auch der Mangel einer wirklich eigenen künſtleriſchen Individualität ſich immer fühl⸗ bar macht. Jedenfalls ſpielte ſie die Rolle bei weitem beſſer als Fräulein Zampach. Herr Walberg gab wieder den König, noch unfertiger faſt und bedeutungsloſer als das erſte Mal. Die Entwicklung des Organs wie des Spieles ſtecken noch in den Kinderſchuhen. Und man dachte wiederum viele ſind berufen und wenige auserwählt. Und gerade in dieſem Winter hat der Intendant ſo viele Nichtauserwählte berufen, daß es dem Kritiker ganz ſchwül wird, wie er noch höflich bleiben ſoll— Ueberſchüſſe allein tuns freilich nicht. ***** „Frohſinn⸗Konzert. Anläßlich ſeines 52jährigen Stiftungsßfeſtes veranſtaltete der Männergefangverein„Frohſinn“ am Samstag abend im Saale des „Friedrichsparks“ ein Konzert, das, ſoweit ich der Veranſtaltung anwohnen konnte, einen hübſchen Verlauf nahm. Der muſikaliſche Chöve von W. Sturm, Beines, Pfeiffer, M. Neumann und Gottfried Angerer— gum Gedächtnis des am 19. Auguſt in Zürich verſtorbenen Kompo⸗ niſten— mit vokalen und inſtrumentalen Solodarbietungen ab⸗ reichhaktiges Programm aufgeſtellt, in welchem wechſelten. Der ſtattliche und nur im erſten Tenor etwas ſchwech beſetzte Chor bewältigte ſeine Aufgabe in recht anderennenswerber Weiſe. Zeigte der Eröffnungschor, W. Sturms„Unter der Linde“, eine merbliche Detonation, ſo ſtand die Durchführung anderer Chöve, wie gleich der beiden Chöve im Volkston„Geſpeihte Liebe“ von R. Beines und Th. Pfeiffers„Das vexrlaſſene Mägdlein“ auf durchaus achtbarer Höhe. Insbeſondere war mir das ſchöne Piano am Schluſſe dieſer beiden Geſänge ein Beweis dafür, daß Herr Lorbeer neben der muſikaliſchen eine geſchmackvolle dyngmiſche Durchführung der Chöre erfolgreich anſtvebt. Als Vokalſoliſtin war die Konzertſängerin Fräulein Tia Lüde⸗ mann aus Dortmund gewonnen, eine Schülerin von Schulz⸗Dorn⸗ buſch in Köln. Die junge Dame verfügt über ſympathiſche Mittel, die indeſſen in Hinſicht auf Deutlichkeit der Textbehandlung noch einige Wünſche offen ließen. Herr Fritz Lor beer ſpendete einige Celloſolis und zwar mit reiner Intonation und ſchöner, warmer Tongebung. Die Beglet⸗ tungen führte anſtelle des erkrankten Herrn Adolf Schmitt Herr Hofmuſikus Anger diskret und auſchmiegend durch. Dor Verein „Frohſinn“ darf mit Vefriedigung auf ſein Konzert zurückblicken. ck. ** Gedächtnisfeier für Adolf Hausrath, Adalbert Merx und Heinrich Baſſermann. N. Heidelberg, 31. Okt. Der heutige erſte Univerſitäts⸗ gottesdienſt im neuen Semeſter am Sonntag vor Allerſeelen galt dem Gedächtnis der drei großen Toten, welche die theologiſche Fa⸗ kultät der Univerſität und mit ihr gonz Heidelberg betrauert. Ein außerordentlich zahlreiches, zum größten Teil akademiſches Publi⸗ kum füllte die Peterskirche bis auf den letzten Platz. Die weihe⸗ volle, ergreifende Feier hatte Abſtand genommen von jeder Predig; 8 * 8 Wramtheim, 1. November. —— 85— Seueral-Auzesger.(lhagblag, Das Zentrum wird auch in der Arbeit auf ſich nehmen A Nus Stadt und Land. Mannheim, 1. November 1909. Mannheimer Schwurgericht. Prozeß Schweizer(5. Tag.) 8 Am letzten Verhandlungstag war der Andrang des Pub⸗ litums wieder gewaltig. Viele mußten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Den Geſchworenen ſind fünf Haupk⸗ 15 agen vorgelegt. Die erſte Hauptfrage bezieht ſich auf die Begünſtigung des Geldgebers des Angeklagten und Gläubigers, des Bauunternehmers Ludwig Reiß in Karlsruhe und iſt in 7 Unterfragen gegliedert. Die zweite Hauptfrage, in drei Unterfragen ſpezialiſtert, hat zur Unterlage den Tatbeſtand des Verheimlichens und Beiſeiteſchaffens von Vermögensſtücken, erfüllt durch den Verkauf der Grundſtücke Langerötterſtr. 6, Lanz'ſches Terrain 4997a und des Hauſes Elfenſtraße 18. Frage 8 handelt von dem Verkauf des Hauſes Elfenſtraße 18 unter dem Geſichtspunkte der Begünſtigung eines Gläubigers. Die 4. Frage bezieht ſich auf den übermäßigen Aufwand, die Freige 5 lautet: Sind mildernde Umſtände vorhanden. Kurz nach 9 Uhr ergreift Staatsanwalt Kuenzer das Work. Er wies eingangs darauf hin, daß die Handlungen, denen der Angeklagte bezichtigt ſei, an ſich nicht unerlaubt eien, wenn nicht das Moment des Falliſſements hinzuge⸗ tommen. Der Fall wird erſchwert dadurch, daß keine Bücher geführt wurden, aus dem Poſitives über Einnahmen und Aus⸗ gaben des Angeklagten zu erſehen wäre und dadurch, daß Ver⸗ lräge über Verträge geſchloſſen und wieder annulliert wurden. Der Angeklagte leidet an einer faſt krankhaften Selbſtüber⸗ ſchätzung. Er glaubte allein der Mann zu ſein, der die Matexrie beherrſcht. Zu Zeiten war er fleißig, aber die Neigung zum Wohlleben überwog immer wieder bei ihm. Mit 27000 M. Schulden kam er im Jahre 1904 nach Mannheim und ſeiner Ueberredungskunſt gelang es, den Bauunternehmer Reiß, den er ſchwer geſchädigt hatte, zu beſtimmen, ihm Geld und wieder Geld zu geben. Einem Andern hätte ein Kredit, wie ihn Schweizer genoß, zum Glück gereichen können, aber Schweizer war ein gewiſſenloſer Lebemann, der weit über ſeine Ber⸗ hältniſſe lebte. Seine Zahlungen an einzelne Gläubiger hatten nur den Zweck, den Konkurs hintanzuhalten. Reiß er⸗ mäßigte ſeine Forderung von 27 000 M. an Schweizer auf 8600 M. Wie ſicher Schweizer ſeines Hintermanns ſich fühlte, beweiſt der Vorgang, wo Schweizer mit Wertpapieren, die ihm Reiß zum Veräußern gegeben hatte, ein Haus eintauſchte und es auf den Namen ſeiner Frau eintragen ließ. Der Staats⸗ nwalt ging nun auf die Einzelheiten der geſchäftlichen Bezie⸗ Hungen zwiſchen Reiß und dem Angeklagten ein und unter⸗ ſuchte dann die Frage der Zahlungseinſtellung. Die Zahlungs⸗ einſtellung beſtand ſchon im November 1906. Obwohl er am 15. April 1907 gegen ſich ſelbſt Konkursantrag geſtellt hatte er wurde wegen mangelnden Vorſchuſſes abgelehnt— hat er die Stirn, zu behaupten, er habe ſeine Zahlungen nie eingeſtellt. Ug! rel ſiegten“ und geſchlagen wurden. dieſem Landtag den Löwenanteil müſſen. Geſchäftsmann. Die Transaktionen mit Frau Schweizer mannte der Staatsanwalt den offenbarſten Schwindel, einge⸗ leitet, um die Bauhandwerker neben hinunter ſallen zu laſſen. Bei dem Lanz'ſchen Terrain kam es Schweizer darauf an, weitere Zwangseinträge unmöglich zu machen. Bezüglich der Punkte 4 und 5 läßt der Staatsanwalt die Anklage fallen. Sie betreffen die Abtretungen von Kaufpreisforderungen aus den Grundſtücken 49978, b, c und d des Lanz'ſchen Terrains. Es iſt hier eine Strafbarkeit nicht begründet, weil vor der Deckung ein Vertrag abgeſchloſſen war. Es war ein Zug⸗ um Zug⸗Geſchäft. Die Hotelanteile waren nicht wertlos, wie der Angeklagte behauptet, er hat auch ſelbſt zu Reiß geſagt, damit ſei ein ſchönes Stück Geld zu ver⸗ dienen. Der Zeuge Feiſtel hat ihren Wert auf 33 Proz. ge⸗ ſchätzt. Schweizer ſelbſt wollte ja auch das Hotel um 1 Million Mark erwerben. Den Punkt mit dem kleinen Geſchäftsanteil der Volksbank Heidelberg hat mein Vorgänger nur deshalb in die Anklage aufgenommen, um zu zeigen, wie der Angeklagte auch die kleinſten Vermögenswerte zu Reiß ſchaffte. Bezüglich des Zeitpunktes der Abſendung des Buches an Reiß hat der ßiſt ein ehrlicher Mann, aber ein ſchlechter und zerfahrener Ee koſtet Geld und viel Geld. In ſchamloſer Weiſe hat er außer⸗ Angeklagte in ſeinem Offenbarungseid ſicher falſch geſchworen, wie er auch ſeine eigene Frau in gewiſſenloſer Weiſe beinahe gezwungen hätte, bezüglich ihren Angaben in der Vorunter⸗ ſuchung einen Meineid zu leiſten. Mit unerbittlicher Schärfe rechtete der Staatsanwalt mit dem Angeklagten hinſichtlich der Schuldfrage des„übermäßigen Aufwands“. Schweizer iſt ein innerlich durch und durch unwahrer Menſch, ein gewiſſenloſer Lebemann, der mit anderer Leute Geld ein Schlemmerleben führte. Seinen Bekannten pflegte er zu ſagen, daß er 20—30 000 Mark jährlich verbrauche. Im Herbſt 1906, als Tag für Tag bei ihm gepfändet wurde, ſchaffte er ſich eine neue koſtſpielige Wohnungseinrichtung an, darunter ein Lederſofa für 400 Mark. Ich weiß nicht, ob das notwendig war für einen Mann, der andere Leute um Hunderttauſende bringt. Allerdings verfolgte er damit einen Zweck. Zum Zeugen Feiſtel ſagte er:„Wenn ich die Leute in meine luxuribſe Wohnung führe, ſo habe ich ge⸗ wonnen.“ Für 5500 M. kaufte er Pariſer Teppiche, be⸗ zahlte allerdings nur 400 Mark an und gab für das übrige Akzepte. Innerhalb zwei Jahren gibt er bei einem einzigen Schneider für Anzüge 1457 M. aus. Er beſitzt bier mit Seide gefütterte Paletots. Er muß einen Smoking mit Seidenfutter haben, um an einem Familienfeſte in Berlin teilnehmen zu können. Ich habe keinen Smoking für 130 Mark. Was das für ein Familienfeſt in Berlin war, können wir uns vorſtellen. Es gibt verſchiedene Unterhaltungen in Berlin und im „Kaiſerhof“ iſt es gut, wenn man in einem ſeidengefütterten Smoking auftreten kann. Wenn man das Geld fremder Leute auf ſolche Weiſe verputzt, ſo iſt das eine grenzenloſe Gewiſſenloſigkeit, wenn man mit anderer Leute Geld ſo lumpt und in den Tag hinein lebt, ſo iſt man ein ge⸗ wiſſenloſer Lebemann.(Der Angeklagte ſchaut wäh⸗ rend dieſer Ausführungen den Staatsanwalt mit haßerfüllten Blicken an). Wenn man Stammgaſt im Apollo⸗Cabaret, bei der Centa Maier, ſo wiſſen die Mannheimer Herren Geſchwo⸗ renen, was das ſagen will. Zum Teil werden ſie die Lokale auch von innen kennen. In der„Auſtria“ rechnete man mit einer täglichen Zeche von 30—40 Mark, im der Apollo⸗Bar kamen Zechen von 80 und 150 Mark vor. Im September 1906 ſpendierte Schweiger dort, wie uns die Buffetdame Griesfelder(bei deren Einvernahme die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen war) erzählte, einer Geſellſchaft vom Varitee 8 Flaſchen Sekt àa 16 M. und zwei Portionen Kaviar à 7 M. und gab einem Kellner 20 M. Trinkgeld. Der Abend koſtete über 200 M. Herr Schweizer kann ſich das leiſten, es geht ja von anderer Leute Geld. Schließlich nimmt Herr Schweizer noch eine Droſchke und fährt mit einem der Mädchen ins Hotel. Was dort geſchehen iſt, will ich nicht erörtern. Aber auch in ſeinem Haushalt treibt der Angeklagte einen grenzenloſen Auf⸗ wand. Innerhalb eines halben Jahres hat er von einer Mainzer Champagnerfabrik 60 Flaſchen Sekt bezogen. Ich kann mir keinen Sekt in den Keller legen, mit fremdem Geld aber fällt das nicht ſchwer. Enorm iſt, was er mit Frauen⸗ zimmern für Geld verbraucht hat. Er fand nichts darin, in der ehelichen Wohnung Dirnen zu beherbergen und ſehr häufig Damen vom Varitee mit nach Hauſe zu nehmen, und das dem ſeine Dienſtboten beläſtigt. Die blutjunge Kontoriſtin⸗ Kühner ſuchte er zu hypnotiſteren und als ſie ihm nicht zu Willen war, warf er ſie auf die Straße. Einen moraliſch verkommeneren Menſchen kann ich mir nicht denken. Ein der⸗ artig gewiſſenloſer Menſch, der mit dem Geld und der Ehre ſeiner Nebenmenſchen ſo umgeht, kann nicht ſcharf genug verur⸗ teilt werden. Eine Nachbarsfrau ſucht er ſich wiederholt mit 20 Mark zu kaufen. Auf einer Partie nach Heidelberg fällt ihm ein, daß er daheim ein Mädchen eingeſperrt hat und er gibt einem Bekannten 10 Mark, damit er heimfährt und die Gefangene befreit. Im Kaiſerhof in Berlin hielt er ſich mehrere Tage mit der Sängerin Chriſtianſen auf. Er ſagt, er habe 500 M. dafür aufgewendet, ich glaube, dieſe Summe reicht nicht. Die Frage der mildernden Umſtände ſtellt der Staatsanwalt dem Ermeſſen der Geſchworenen an⸗ heim. Sympathie habe Schweizer wohl bei niemanden hervor⸗ gerufen, vielmehr habe ihn auch während der Verhandlung durch ſein arrogantes Weſen, das einer grauſigen Selbſtüber⸗ ſchätzung entſpringe, keinen Augenblick verlaſſen. Vier Stunden hatte der Staatsanwalt geſprochen. Die beiden Verteidiger machten es nicht kürzer. Nach einer halb⸗ ſtündigen Pauſe nahm Süü PPPPPbPPPPPPpPpPPpPGPpPpPGPPPPGpPGGpcococpccccccccccccc N7 und Anſprache. Der feinſinnig komponierbe liturgiſche Gottesdienſt, der in ſeinem vielgliedrigen Aufbau mit wunderbarer Kraft und Klarheit den großen, ewigen Menſchheitsgedanken von dem Ringen der Menſchenſeele, ihrer inneren Erlöſung und ihrem Frieden in Gott zum Ausdruck brachte, ließ vielmehr die drei großen unver⸗ geßlichen Lehrer ſelber noch ein letztes Mal aus ihren Werken zu den Hörern ſprechen. Alternierend mit dem Geſang der Gemeinde, den à capella geſungenen, meiſterhaft vorgetragenen Chören und den von Herrn Muſikdirektor Ph. Wolfrum in künſtleriſcher Voll⸗ endung dargebotenen Orgelchorälen, verlas Herr Geh. Kirchenrat v. Schubert vom Altar aus außer einigen Bibeltexten herrliche, beſonders charakteriſtiſche Abſchnitte aus den Werken der drei ver⸗ ewigten akademiſchen Lehrer. Er las das mit dichteriſchem Schwung und genialer Kraft in freie Rhythmen übertragene 14. Kapitel von Hiob aus der Ueberſetzung von Adalbert Merx, die von tiefſtem evangeliſchen Geiſt erfüllten Ausführungen Hausraths über Luthers ſieghafte Erfaſſung der Gerechtigkeit durch den Glauben (Römer 5) und die is ihrer ſchlichten Größe gewaltigen und er⸗ habenen Betrachtungen Heinrich Baſſermanns über den Tod. Den Schluß bildete das Siegesbekenntnis des chriſtlichen Glaudens aus dem Römerbrief, des Glaubens der Tod überwindet. Tiefe Ergriffenheit und Andacht weihevolle Trauer lag auf der Ver⸗ ſammlung ** Erſte Muſikvereinskouzert. Werke von J. Brahms. Der Muſikverein eröffnete geſtern im großen Nibelungenſaal die Reihe ſeiner dieswinterlichen Darbietungen mit einem Programm, das ausſchließlich Brahms' ſche Tondichtungen verzeichnete und in ſiuniger Bezugnahme auf die Allerheiligenfeiertage nur Kompoſi⸗ tionen tiefernſten religiöſen Charakters enthielt. Es waren dies „Das deutſche Requjem“,„Vier ernſte Geſänge“ und dſe„Tragiſche Ouvertüre“. Das„Regqulem“ ſchrieb Brahms im 33. Lebensjahre, und es entſtand ganz unter dem Eindruck der Gefühle, die der Tod ſeiner inniggeliebten Mutter auf das zartfühlende Herz des Kom⸗ voniſten hinterlaſſen. Und wahrlich ein ſchöneres Denkmal wurde einer Mutter von dankbaren Kinderherzen nie geſetzt. Das„Requiem“ bearündete den Weltruf des bis dabin ziemlich unbekannten Ton⸗ — Werkes war in der Wiedergabe trefſend charakteriſiert, die Stim⸗ Herz und Ohr. dichters, und dieſer zeigte ſich in dieſem tief und echt empfundenen Werke auch auf dem Gebiete geiſtlicher Kompoſitionen wie in ſeiner Kammermuſik als würdiger Nachfolger der großen Tonherben Bach und Beethoven. Ein„d‚deutſches Requiem“ neunt Brahms ſeine Schöpfung, und das mit gutem Recht. Iſt doch dieſe herrliche Ton⸗ dichtung ganz aus ſeinem kerndeutſchen Empfindungsleben geſchaffen. ein Werk, in welchem mit den einfachſten Kunſtmitteln tiefſte Wir⸗ kungen erzielt, das bei höchſter techniſcher Meiſterſchaft eine warme Sprache des Gefühls, bei einer Fülle großer Gedanken Schlichtheit und Natürlichkeit des Ausdrucks aufweiſt. Von ſolchen Ideen durch⸗ drungen mußte Brahms auch jeder ſormelle konventionelle Zwang läſtig ſein. Er wählt deshalb ſtatt des lateiniſchen Ritualtextes deutſche Bibelworte aus der poetiſch bilderreichen Sprache der Pſalmen und Propheten wie aus dem„Neuen Teſtament“. Brachte die erſte bruchſtückweiſe Aufführung im Jahre 1867 wie ein damaliger Kritiker ſchrieb„ein Requiem auf den Anſtand und die gute Sitte in einem Wiener Konzertſaale, inſofern ein Halbdutzend grauer Fanatiker der alten Schule die Unart begingen die applau⸗ dierende Majorität und den vortretenden Komponiſten mit anhalten⸗ dem Ziſchen zu begrüßen“, ſo wurde dieſem in der glänzenden Auf⸗ führung des Werkes im Bremer Dome 1868 hierfür eine volle Genug⸗ tuung zuteil. Seitdem hat Brahms„Deutſches Requiem“ ſeinen Siegeszug angetreten, nicht nur durch die deutſchen Gane, ſondern über die deutſche Grenze hinaus, Trauernde tröſtend, Bedrückten Troſt ſpendend und allen jene Seligkeit gewährend, welche nur reine Schön⸗ heit zu geben vermag. Die Aufführung war von Herrn Hofkapellmeiſter Bodansky, der zum erſten Male als Dirigent des Muſikvereins fungierte, mit der Gründlichkeit und Sorgfalt vorbereitet, die ein weſentlicher Zug des Kunſtſchaffens unſeres neuen Kapellmeiſters zu ſein ſcheint. Die Chöre wurden rein und präzis geſungen. Einige Tontrübungen im Sopran und Tenor des Eingangschores und eine rhythmiſche Diver⸗ genz zu Beginn der Fuge im vorletzten Satz ändern nichts an dem günſtigen Geſamteindruck. Der Stimungsgehalt der ſieben Sätze des mungsgegenſätze wurden ſorgfältig hervorgehoben, das kunſtvolle thematiſche Gefüge erſchien in plaſtiſcher Klarheit, und mit mächtigen Steigerungen wirkten die Fugen und übrigen polyphonen Sätze auf Das melodtöſe Sopranſolo in dem nochkomponierten fünften Satze ſang Frau Hafgren⸗Waag mit ſchöner Stimme und gutem Ausdruck, und im Baritonſolo des dritten und ſechsten Satzes bewährte Herr Kromer ſeine längſterprobte Zuverläſſigkeit. Das Abonnement) ſtatt. Rechtsanwalt Dr. Gentil 5 das Wort. Ich bin mir bewußt, führte er u. a. aus, daß ie allein die Anklage des Staatsanwalts zu entkräften, ſondern gegen die Stimme des Volkes zu kämpfen habe. Denn di⸗ Geſchädigten haben eine natürliche Antipathie gegen den klagten. Ueber die Verhandlung liegt ein Schatten, der noch dichtet wird durch das unnatürliche Ende der erſten VB lung. Wir haben verſucht, die Verhandlung möglichſt abz und alles Störende zu beſeitigen. Hören Sie nicht auf die men von außen. Der Angeklagte ſoll verantwortlich gemacht den für die Mißſtände und Auswüchſe im Mannheim werbe im Allgemeinen. Es iſt ihm in der Verhandlung Rede des Staatsanwalts nichts geſchenkt worden. Der An⸗ hat keine Angaben gemacht. Ich will verſuchen, die Ged Angeklagten für ſeine Handtungen zu übermitteln. Der Aß klagte war kein Spelulant. Bei ſeinen großen Untern hat er Kleinigkeiten, wie es die zahlreichen Betreibu waren, überſehen. Wenn Herr Reiß die Lage, in der Angklagte infolge ſeiner vielen Geſchäfte befand, gekä hätte er ihn wohl nicht ſo ſtark auf Gewährung von Stiche⸗ gedrängt. Die Ausſagen von Reiß ſind wohl auch ni zweifellobs. Hätte der Angeklagte gewußt, daß die Stellu Sicherheiten juriſtiſch nicht einwandfrei ſei, ſo hätte er Wege gefunden, gegen die das Geſetz nichts einzuwen Beim Verkauf der ſechs Hypothekenbriefe hat Schweizer tereſſe des Reiß gehandelt. Die Gewährung der Hypot man nicht als unkorrekte Deckung anſehen. Die Hotelan nahm Schweizer in Tauſch, um ſeine Tüchtigkeit zu prüfen dieſen Scheinen iſt nichts in den Beſitz des Reiß übergega denn jede geſetzmäßige Urkunde fehlt. Wenn der Sta den Angeklagten wegen ſeiner Angabe über das Buch der Hei berger Vocksbank auf den Offenbarungseid des Meineid digt, ſo dünkt mich das doch zu grobes Geſchütz. Das mit ſeinem Verzicht zugunſten des Reiß für ihn wertlos Bei der Uebertragung der Häuſer an ſeine Frau 9 klagte in gutem Glauben gehandelt. Die Angaben de dem Unterſuchungsrichter ſind in ſeeliſcher Not ge Uebertragung der Liegenſchaften geſchah im Inter klagten, ſeiner Frau und ſeiner Gläubiger. Als Geſa aller Beweiſe kann man ſagen, daß die Grundſtücke ſ. waren, eine Benachteiligung der Gläubiger alſd aus war. Das Haus Elfenſtraße 18 wurde zu einem gu berkauft, Reiß genoß keinerlei Vergünſtigung. Was mäßigen Aufwand betrifft, ſo hat Schweizer ſelber zu er eben auch wie manche Andere Zechen gemacht, die Tags bereute. Und nicht immer waren es Baug ausgab, er hatte auch eigenen Verdienſt. Erwieſener er einmal an einem einzigen Tage 9000 Mk. verdient. geklagten geht die Selbſtbezwingung ab, es mag das Jugend zurückzuführen ſein, die er im ſernen Balkan Er glaubte i Extravag dere zu bee ſich in keinen ch edfree 15 liche S Rechtsauwalt Rödiger, der ſeine Ausführungen mit einem unſeres Eracht unmotivierten Ausfall gegen die Zeitungsberichte Nachleſe nach Momenten, die den Angeklagten zu ent! wären. Er beſtritt insbeſondere die Zahlungseinſte⸗ tonte, daß bei der ſtarken Ueberlaſtung der Grundſtück rungen wertlos geweſen ſeien. Alsdann unterzog er d Punkte der Anklage einer Kritik von vechtlichem Stan kam gloichfalls zu dem Antrag, die Schuldfragen neinen. Nach der Replir des Staatsanwaltes und nachdem klagte erklärt hatte, daß er auf das letzte Wort v ſolgte die Rechtsbelehrung, die ſich durch Faßlichkeit heit auszeichnete.— Die Geſchworenen berieten eine h lang. Sie bejahten alle Schuldfragen m der Unterfragen 4 und 5 von Frage 1 und die Unterf auf den Verkauf des Hauſes Elfenſtraße 18 bezog Die den Umſtände wurden verſagt.— Der Staatsanwalt eine Zuchthausſtrafe nicht unter zwei Jahn klagte empfahl ſich der Gnade des Gerichtshofes. Beratung wird gegen 6½ Uhr abends das 5 5 Urteil wegen betrüs deuen ſich der Komponiſt einſt bewußt oder unbewußt ſein Ster weſungen. Ende der neunziger Jahre gelegentlich einer muſikal Jeier auläßlich der Vorführung der neugebauten Saalbanorgel Dr. Felix Krauß aus Wien dieſe Geſänge in einem eng erſtmals hier zu Gehör, und ich exinnere mich noch lebh Eindrucks, den dieſelben in jeuen Tagen des Schmerzes u luſt des Meiſters hervorriefen. Nach Inhalt und Charak verwandt, werden ſie mit Recht Brahm's„zweites Nequin Herr Fenten brachte dieſe Geſänge, deren Schönheiten Oberfläche liegen und die an ihren Iuterpreten 1 990 drucksfähigkeit und Geſtaltungskraft die höchſten Auft ſtellen, mit Hingebung, charakteriſtiſchem Ausdruck und gr ſchönheit zu Gehör. Herr Korreptitor Schmidpeter, de „Nequiem“ die Orgelpartie oblag, begleitete den Soliſten Flügel. Das Hoftheaterorcheſter eröffnete das Konzert „Tragiſcher Ouverture“, welche die Stimmung werke ſinnig vermittelte und in ihrem teils leidenſchaft ſchwermütigen Charakter trefflich erfaßt, ſehr charakteriſtiſ abgetönt zur Wiedergabe gelangte. Das Konzert war g und aun ermunterndem Beifall fehlte es nicht. 1*.* Theater⸗Notiz. Die Intendanz beilt mit: Die erſte rung in dieſer Spielzeit von Richard Wagners„Lohengrin“ ff am Mittwoch den., zugunſten des Hoftheater⸗Singchors Als Lohengrin gaſtiert Jacques Stadttheater en Hamburg auf Engagement. Schillers 150. Geburtstag. N. Heidelberg, 31. Auf Anregung des Herrn Oberbürgermeiſters Dr. W zwiſchen dem Stadtrat und der Theaterdirektion die ung getroffen, daß am., 9. und 11. November im hieſige theater Tellauffühxrungen für die Schulen ſta ſollen zur Feier von Schillers 150. Geburtstag. Die am 8. iſt für das Gymnaſium und die Oberrealſchn diejenige am 9. für die Höhere Mädchenſchule und der Volksſchule, diejenige am 11. ausſchließlich fü ſchule(7. und 8. Schuljahr). Den Schülern und Schüleri 52 Hoftheaterorcheſter führte den inſtrumentalen Part trefflich durch, und in den Höhepunkten griff die Orgel ſehr wirkſam ein. letzteren werden Eintrittskarten gratis ver 5 4. Seite. General⸗Auzeiger.(Mittagblatt) — Mannheim, 1. November. Zuchthausſtrafe von 2 Jahren, pbzüglich 6 Monate der Unterſuchungshaft verurteilt Die bürger⸗ ichen Ehrenrechte werden ihm auf die Dauer von 5 Jahren ab⸗ rleant. Die Anrechnung der Unterſuchungshaft geſchah in der uwägung, daß der Angeklagte ein Opfer ſeiner frühen Selbſtän⸗ igkeit gervorden ſei. Verſetzt wurde Handelslehrer Joſeph Zimmermann in fannheim in gleicher Eigenſchaft an die Gewerbeſchule in Villingen nd Handelslehrer Theodor Buch in Villingen in gleicher Eigen⸗ Haft an die ſtädtiſche Handelsſchube Mannheim. LLXKRairchlich⸗poſitive Vereinigung. Auf die am Mittwoch den „November im großen Saale des Hotels„Prinz Berthold“(chriſt⸗ ches Hoſpiz) ſtattfindende Monatsverſammlung mit Vor⸗ vag ſei an dieſer Stelle hingewieſen.(Näheres ſiehe im heutigen nſerat.) *Sondernummer des„Mannheimer General⸗Anzeiger“. leber den Ausfall der Landtagswahlen haben wir in einer am eſtrigen Sonntag erſchienenen Sondernummer des„Mann⸗ eimer General⸗Anzeiger“ berichtet. Sollte ein Abonnent aus krgend einer Urſache dieſe Nummer nicht erhalten haben, ſo bitten zir um Nachricht, damit wir die Nachſendung veranlaſſen können. Kranzniederlegung. Der 2er⸗Klub ließ am geſtrigen auge am Kriegerdenkmal einen Kranz niederlegen und die Ge⸗ enktafel mit Guirlanden ſchmücken. Der Friedhof war ſchon geſtern das Ziek vieler Tauſende, e zu den Gräbern von lieben Verwandten und Freunden pilger⸗ en. Die Totenſtadt trägt wieder würdigen Schmuck. Man finbpet ur hein und wieder ein ungeſchmücktes Grab. Und wenn es auch up ein ſchlichtes Aſternſtöckchen iſt, das davon zeugt, daß man den pten, der darunter ruht, nicht vergeſſen hat. Die Aſtern, dieſe zten Herbſtblumen, ſind hauptſächlich auch wieder zum Grav⸗ hmuck verwendet worden, weil ſie den Unbilden der Witterung am fugſten Widerſband leiſten. Und da iſt es wieder die weiße Farbe, ie dominiert. Wie ein weißes Tuch breiten ſich tauſende und aber⸗ zuſende von Blüten über das weite Gräberfeld. Bis zur Dunzdel⸗ eit war der Menſchenſtrom, der ſich in die Totenſtadt ergoß, von nbverminderter Stärke. Beſonders groß war der Andrang zu den kuüheſtätten, die ſich immer durch ganz außergewöhnliche Aus⸗ Ihmückung auszeichnen. Wer lange nicht mehr auf dem Friedhof eweſen war, umterließ es auch nicht, das Denkmal des f Ober⸗ ürgermeiſter Dr. Beck zu bewundern. Die neugeſchaffene Fähre egenüber der Otto ZBeckſtraße wurde bereits geſtern ſtark benützt. gzer Weg zum Friedhof wird durch dieſe neue Verbindung nicht un⸗ eträchtlich abgelürgt. Gedächtnisfeier der militäriſchen Vereine Mannheims. 5iſt ein ſchöner Akt der Pietät, wenn die militäriſchen fereine Mannheims alljährlich am Sonntag vor Allerheiligen ie Verdienſte der 1870/71 gefallenen Söhne Deutſchlands urch eine Gedenkfeier am Kriegerdenkmal und an dem Frabmonument auf dem Friedhofe würdigen. So ver⸗ immelten ſich auch geſtern morgen gegen 10 Uhr die mili⸗ ſriſchen Vereine Mannheims zu dieſem Zweck auf dem Zeug⸗ Ausplatz, von wo punkt 10 Uhr unter Vorantritt der hieſigen egimentsmuſik und einem Tambourkorps der Abmarſch nach ent Kriegerdenkmal erfolgte. Ein Mitglied des hieſigen eſerveoffizierkorps betrat den Sockel des Denkmals, um mit er Kranzniederlegung eine Anſprache zu verbinden, in der Guf die unvergänglichen Verdienſte der gefallenen tapferen ameraden hinwies, die als Symbol der Aufopferung und ichttreue den jüngeren Generationen dienen ſollen. Der ſetzte ſich alsdann nach dem Friedhofe in Bewegung. Dort rde unter den Klängen des Chopinſchen Trauermarſches gach dem Grabdenkmal der gefallenen Krieger gezogen. Hier Hielte zuerſt die Muſik das Niederländiſche Dankgebet. Als⸗ ann trat Herr Direktor Dr. Blum vor und widmete in imer herzlichen Anſprache ſchöne Worte des Gedenkens den efallenen Vaterlandsſöhnen. Im weiteren Verlaufe ſeiner ſede tat Herr Dr. Blum in bedeutſamen Ausführungen des eutigen politiſchen Verhältniſſes Erwähnung und legte ſo⸗ ann einen Kranz nieder. Das hieſige Grenadierregiment ebenfalls durch einen Offizier einen Kranz niederlegen. dach dieſer Feier begab man ſich zu dem Grabe des in der lacht von Nuits gefallenen hieſigen Regimentschefs, Oberſt Rewmz, an dem Herr Zirkel von der hieſigen Sanitäts⸗ onne einen Kranz niederlegte und zugleich in einer kurzen ſprache den edlen Sinn und die hohe Gerechtigkeit des fallenen Regimentskommandeurs rühmte. Alsdann bewegte ich der Zug nach den Franzoſengräbern. Hier hielt Herr Direktar Hieronymi eine von Herzen kommende und zu zen gehende Gedenkrede, in der er hervorhob, daß auch e hier gebetteten franzöſiſchen Soldaten für des Vaterlandes Ihre geſtritten haben. Die hier Ruhenden, die, wie die Grab⸗ ine auſweiſen, aus allen Gegenden Frankreichs ſtammen— ſei einigen habe ſelbſt die Wiege in der heißen Zone Afrikas tanden— hätten ſicher auch nie geglaubt, daß ſie dereinſt fremder Erde den ewigen Schlaf ſchlafen würden. Vor er Zeit habe er, ſo führte der Redner weiter aus, Ge⸗ egenheit gehabt, an der Gedenkſtein⸗Enthüllung auf dem Schlachtfelde bei Metz teilzunehmen. Da ſah man die franzö⸗ ſche Trikolore neben der deutſchen Flagge wehen, ein ſchönes geichen der gemeinſamen Ehrung der für das Vaterland Lfallenen. Als beſondere Ehrung für die gefallenen Fran⸗ ſoſen ſpielte die Regimentskapelle den franzöſiſchen National⸗ ſch. Ein Vertreter des hieſigen franzöſiſchen Konſulaks im franzöſiſcher Sprache für die Ehrung ſeiner ge⸗ ſallenen Landsmänner und legte gleichfalls einen Kranz eder Sodann marſchierte der Zug nach dem Kaiſer⸗Wilhelm⸗ en„wo Herr Bezirkstierarzt Ulm, in begeiſterten rben den alten Kaiſer als den Begründer des einigen iſchlands feierte und eine Kranzſpende niederlegte. Die ſik ſpielte hierauf„Deutſchland, Deutſchland über alles!“ dieſem Akt hatte die ſchön verlaufene Feier ihr 1 55 reicht. im Holzgewerbe. Da ſeit Frühjahr 1908 Tarif⸗ konumen im ſüdweſtdeutſchen Holzgewerbe nicht mehr beſtanden nd die Verhandlungen über Abſchluß des Normalvertrags zu einer Einigung auch in der Lohnfrage nicht geführt hatten, kam es be⸗ kannflich in den Städten Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg und Pforzheim zum Streik, in Frankfurt aber, das ſich im Früßfahr dem Arbeitgeber⸗Verband angeſchloſſen hatte, zur Als die Lohnbewegung größere Dimenſionen anzu⸗ ahmen drohte, wurde in Frankfurt vom Magiſtratsſyndikus Dr. Hilker die Initiative zu einer gütlichen Beilegung ergriffen. Zu⸗ ſt wurde in Frankfurt verhandelt und es gelang, einen Eini⸗ gungsvorſchlag zu finden, deſſen Annahme die Vertreter der Par⸗ teien ihren Organiſationen empfehlen wollten. Schwieriger ge⸗ ltete ſich die Situation in Mannheim, Ludwigshafen Heidelberg, da hier die örtlichen Verhandlungen bereits zwei zal geſcheitert waren. Die Mannheimer Arbeitgeber erſuchten cher Dr. Hiller, auch in dieſen Orten die Verhandlungen zu iten, und auch hier gelang es dem Frankfurter Mittelsmann, einen beide Teile befriedigenden Vorſchlag zu gewinnen. Der neue Arbeits⸗Tarifvertrag wurde von dem Südweſtdeutſchen Arbeit⸗ geber⸗Verband und den örtlichen Unterverbänden, der Schreiner⸗ Zwangsinnung Frankfurt und den Arbeiterorganiſationen ange⸗ nommen, ſodaß Montag, ſpäteſtens Dienstag, die Arbeit an allen dem Verband angehörigen Plätzen wieder aufgenommen wird. Aus dem neuen Tarifabkommen iſt hervorzuheben, daß die Arbeiter im Lauf der Vertragsdauer bis Frühjahr 1912 überall eine Zulage von 3 bis 4 Pfg. pro Stunde erhalten und daß auch die ſeitherigen Akkordſätze entſprechend aufgebeſſert werden. Die Arbeitszeit erfährt im Laufe der Vertragsdauer eine Verkürzung um 1 bis 2 Stunden. Zur Behebung von Streitigkeiten iſt eine Schlichtungskommiſſion neu gebildet worden. Maßregelungen dürfen unter keinen Umſtänden erfolgen. Schwere Unglücksfülle Ein Opfer ſeines Berufes wurde der 69 Jahre alte Fabrikarbeiter Heinrich Sohn von Ludwigshafen, wohnhafr Mundenheimerſtraße 246, noch in ſeinem hohen Lebens⸗ alter. Er war in der hieſigen Gummi⸗ und Aſbeſtfabrik beſchäftigt. Am Freitag nachmittag geriet er beim Einſchieben eines Blocks mit der linken Hand in die Preßwalze, wodurch ihm der ganze Arm hineingezogen wurde. Der Arm wurde ihm vollſtändig zer⸗ quetſcht und der bedauernswerte Mann erhielt derartige Ver⸗ letzungen, daß er am Samstag nachmittag gegen 5 Uhr im Allg. Krankenhauſe, wohin man ihn verbracht hatte, verſtar b.— Bei der Rheinſchiffahrts⸗Aktiengeſellſchaft vorm. Fendel u. Co. ereignete ſich Samstag wieder ein neuer ſchwerer Unfall. Der 30 Jahre alte Hafenarbeiter Karl Autz, wohnhaft Kirchenſtraße 18, geriet bei dem Einladen von Lumpenballen in ein Schiff unter die Pritſche und erlitt einen komplizierten Unterſchenkelbruch. Der ſchwer verletzte Mann wurde mit dem Sanitätswagen in das Allg. Krankenhaus gebracht. * Ein aufregender Vorfall ſpielte ſich geſtern nachmittag 5 Uhr an der Ecke der Friedrichsbrücke, gegenüber dem Bahnhof der Preußiſch⸗Heſſiſchen Eiſenbahn, ab. Ein Mann wollte in dem Moment über die Fahrſtraße eilen, in dem eine Droſchke um die Ecke bog. Der Mann wurde von dem Pferde umgeworfen und kam auf die Bruſt zuliegen. Der Kutſcher konnte nicht mehr Herr über ſein Pferd werden und ſo gingen beide Räder dem Mann über den Rücken. Einige Männer trugen den Verletzten in den Bahnhof, woſelbſt er ſpäter vom Krankenwagen abgeholt und ins Krankenhaus verbracht wurde. Dort ſtellte es ſich heraus, daß es ſich nur um einige unbedeu⸗ teude Verletzungen am Hinterkopfe handelte. Der Ueberfahrene iſt der Glaſer Holz von hier. Der Mann soll betrunken ge⸗ weſen ſein. Ein Teil der Weinvorräte der hieſi⸗ gen Jubiläumsausſtellung, die nach Schluß der Ausſtellung von der Stadtgemeinde übernommen wurden, ſoll nunmehr der Verſteigerung ausgeſetzt werden. Wie die Beſucher der Ausſtellung ſich jedenfalls noch mit Freuden erinnern, war die offizielle Weinkarte der Ausſtellung mit ganz beſonderer Sorgfalt zuſammengeſtellt und enthielt von den billigen bis zu den teueren Sorten hervorragende— und was vor allem in Betracht kommt— abſolut naturreine Qua⸗ litätsweine, die das uneingeſchränkte Lob gar manchen feinen Ken⸗ ners fanden. Die noch im Roſengartenkeller lagernden Reſtbe⸗ ſtände ſollen Mittwoch, den 3. d. M. von 11 Uhr vormittags ab in der Wandelhalle des Roſengartens öffentlich verſteigert werden, worauf wir alle Intereſſenten unter Bezug⸗ nahme auf das Inſerat ganz beſonders aufmerkſam machen wollen. Polizeibericht vom 1. November. Unfälle. Auf dem Luiſenring geriet am 30. v. M. vormittags ein 8 Jahre alter Volksſchüler zwiſchen zwei ſich kreuzende Straßenbahnwagen und wurde von einem derſelben erfaßt und auf die Seite geſchleudert. Der Knabe erlitt da⸗ durch einige Verletzungen am Kopfe, konnte ſich aber allein nach Hauſe begeben. Wegen fahrläſſiger Körperverletzung gelangte ein verhei⸗ rateter Schreiner von hier zur Anzeige, weil er geſtern nach⸗ mittag auf der Straße zwiſchen U 5 und 6 mit ſeinem Fahr⸗ rad das 7 Jahre alte Kind eines Bierkutſchers umfuhr, ſo daß es auf den Boden ſtürzte und einen doppelten Unter⸗ ſchenkelbruch davontrug.- Tötlicher Unglücksfall. Ein ſeit 18 Jahren in einer hieſigen Asbeſtfabrik beſchäftigter, 69 Jahre alter verwit⸗ weter Fabrikarbeiter brachte auf bis jetzt auf noch unaufge⸗ klärte Weiſe ſeinen linken Vorderarm zwiſchen die Einführungs⸗ leitwalze und Zylinder eines Plattentrockenapparates; es wurde ihm hierbei der Vorderarm doppelt gebrochen, außerdem erlitt er erhebliche Verbrennungen an beiden Armen. Der Schwer⸗ verletzte iſt am 30. d. M. im allgem. Krankenhaus dahier ge⸗ ſtorben. Gefährlicher Einſchleichdieb. Geſtern abend 7% Uhr ſchlich ſich ein vielmals vorbeſtrafter Fabrikarbeiter von Helmbrecht, welcher erſt am 19. v. M. aus der Strafanſtalt Lichtenau nach Verbüßung einer längeren Gefängnisſtrafe ent⸗ laſſen worden iſt, in der Abſicht, einen Einbruchdiebſtahl zu begehen, auf den Speicher des Hauſes S 5, 3. Hin daſelbſt wohnender lediger Schloſſer betrat ihn dabei und hielt ihn feſt, worauf der Dieb zwei ſcharfe Revolverſchüſſe auf den Schloſſer abfeuerte, wovon einer ihm die Uhrkette, Hoſe, Weſte und Unterhoſe durchſchlug und ihn am Unterleibe leicht berletzte. Der Verletzte hielt jedoch den noch mit einem Dolch bewaffneten Täter ſolange feſt, bis 2 Schutzleute ihn in Empfang nahmen. Ein größerer Menſchenzuſammenlauf ent⸗ ſtand geſtern abend anläßlich des Transports zweier wegen Hausfriedensbruchs feſtgenommener Metzgerburſchen vor der Wirtſchaft zum Speyerer Brauhaus J 1, 8 zur Polizeiwache R 1, 4. Der Auflauf mußte durch die Schutzmannſchaft zer⸗ ſtreut werden. Zwei ſcharfe Revolverſchüſſe feuerte in ver⸗ gangener Nacht ein 19 Jahre alter Schriftſetzer aus Ludwigs⸗ hafen im hieſigen Schloßgarten aus Mutwillen ab, er gelangte deshalb zur Anzeige. Verhaftet wurden 12 Perſonen wegen verſchiedener ſtrafbarer Handlungen. Theater, Runſt und Wiſſenſchaft. Rebner⸗Quartett. Am 3. Dezember veranſtaltet das Rebner⸗ Quartett unter Mitwirkung der Pianiſtin Fräulein Marie Kauf⸗ mann einen Kammermuſikabend im Kaſinoſaal. Eintrittskarten à M. 4, 3, 2 1 in der Hofmuſikalienhandlung Heckel(10—1 und 38—6 Uhr). Ein Großfeuer in Nadolfzell. oe. Radolfzell, 31. Okt. Unſere Stadt wurde, wie bereits kurz mitgeteilt, am Frei⸗ tag von einem großen Brandunglück heimgeſucht. Nachmittags 4 Uhr erſcholl der Ruf„Feuer“ durch die Straßen und bald darauf ertönten die Sturmglocken. Aus noch nicht feſtgeſtellter Urſache brach im Dachſtock eines Hauſes in der Poſtſtraße Feuer aus, das mit raſender Schnelligkeit um ſich griff. Der bedrohte Straßenteil beſtand aus alten, zuſammen⸗ gebauten, 2⸗ und Zſtöckigen Häuſern, die meiſt von Landwirten bewohnt waren, welche die Speicher mit Heu und ſonſtigen Erntevorräten vollgepfropft hatten. Das Feuer fand deshalb reichliche Nahrung und haushoch ſchlugen die Flammen empor. Nachdem 3 Häuſer der Poſtſtraße in Brand geraten waren, griff das Feuer auch auf die Seeſtraße über und ſetzte dort ſein Zerſtörungswerk fort. Die Feuerwehren waren machtlos und mußten lediglich auf den Schutz der Nachbarhäuſer bedacht ſein. Dies gelang bei den gegenüberliegenden Häuſern. Doch von den angrenzenden Gebäuden mußte trotz energiſchen Ein⸗ greifens der Feuerwehr Haus um Haus dem Feuer preis⸗ gegeben werden. Zeitweilig herrſchte auch Waſſermangel. Man ſchafft das Waſſer in Butten, Kübeln und Güllenfäſſern aus dem See herbei. Geſtern ½11 Uhr war der Brand lokaliſiert und die auswärtigen Feuerwehren konnten wieder abziehen. Abgebrannt ſind die Wohnhäuſer von Landwirt Ellenbaſt und Häußler, Schneidermeiſter Beck, Kath. Reutebuch, Schmied Knobelſpris, Schneidermeiſter Grabler, Jakob Schmid und Stoß. Das nächſte Haus wurde ſtark mit Waſſer beſchädigt. Desgleichen wurden mehrere Rückgebäude ſamt Inhalt zerſtört. Ein Glück war es, das Windſtille herrſchte, ſonſt hätte un⸗ abſehrbares Unglück entſtehen können— ein zweites Donau⸗ eſchingen. Der Schaden dürfte ſich auf 200 000 Mark be⸗ laufen. Eine Hauseigentümerin, eine alte Jungfer, wollte durchaus nicht aus ihrem ſchon brennenden Haufe. Als ſte ſchließlich mit Gewalt herausgebracht wurde, ſchrie ſie:„Mein Geld, holt mir mein Geld!“„Sie ſoll 50 bis 60 000 Mark bar Geld gehabt haben, das wahrſcheinlich verbrannt iſt. Von Jag zu FJag. — Das Spiel mit dem Revolver. Frankfurt a.., 1. November. In einer Mitglieder⸗Verſammlung des Heddern⸗ heimer Fußballklubs ſpielte das Vereinsmitglied Eduard Genz von Eſchersheim mit einem Revolver, der ſich entlud und den 18 Jahre alten Karl Rübſamen in die Bruſt traf. Rübſamen ſtarb kurz darauf. Letzte Nachrichten und Telegramme. Königsberg, 1. November. Ju der Cholerabaracke Lappienen iſt geſtern die weibliche Perſon aus Skoepen an Cholera geſtarben. Die Vergleichsfahrten in Köln. * Köln, 21. Okt. Heute Nacht ſind drei Militärluft⸗ ſchiffe zu einer Dauerfahrt in der Richtung auf Weſel auf⸗ geſtiegen.„P. 1“ machte um 11 Uhr 55 Min. den Aufang. Um 12,10 Uhr folgte„M.“. Um 12 Uhr 25 ſtieg„Z. 2“ auf. Ein Scheinwerfer beleuchtete das Aufſtiegsfeld. Trotz der ſpäten Nachtſtunde und der kühlen Witterung hatte ſich eine zahlreiche Menge eingefunden, die die Ballons mit Hochrufen begrüßten. Nach den vorliegenden Depeſchen paſſierte„Z. 2“ um 1,35 Uhr in etwa 300 Meter Höhe und mit er⸗ heblicher Geſchwindigkeit Düſſeldorf. In Uerdingen wurden alle drei Luftſchiffe heute morgen nach 8 Uhr geſichtet. Im Laufe des Vor⸗ mittags ſind wieder die Luftſchiffe vor der Halle glatt gelandet, „Z. 2“ um 8¼½ Uhr,„M. 2, um 11,20 Uhr und„P. 1“ gegen 10 Uhr. Der in Privatbeſitz befindliche„P. 3“ ſtieg ebenfalls kurz vor 12 Uhr von der Ballonhalle in Leichtlingen auf. Er landete heute Vormittag um 11 Uhr in Welldorf bei Jülich infolge ſtarken Nebels, ſtieg um 12 Uhr wieder auf, erſchien um 1 Uhr über Köln, querte hier den Rhein und verſchwand im bergiſchen Land.— Der offizielle Berich meldet: Die Aufſtiege der drei Schiffe erfolgten innerhalb 27 Minuten; „P. 3“ fuhr von Leichlingen um 11 Uhr 50 ab. Alle vier Schiffe nahmen den Kurs auf Weſel.„P. 3“ erreichte Weſel um 4 Uhr 45,„M. 2“ um 6 Uhr;„Z. 2“ kehrte um 4 Uhr 50 zwanzig Kilometer vor Weſel um. Die Orientierung war infolge dichten Nebels und zeitweiſen Sprühregens ſehr ſchwierig, auch wehte ein erheblicher Nordoſt.„P. 3“ ſichtete unterwegs„P. 1“ und„M. 1“ auf hundert Meter. Die größte Höhe betrug bei„Z. 2“ 700,„P. 3“ 780,„M. 2“ faſt 700, „P. 1“ 350 Meter Die Zeit der Landung in Köln war bei„P. 1“ 9 Uhr 55,„Z. 2“ 7 Uhr 52,„M. 2“ 11 Uhr 10;„P. 3“ kam nach einer Zwiſchenlandung um 1 Uhr 25 in Leichlingen an. Des Reichskanzlers Poſitik. * Berlin, 30. Okt. Die Nat.⸗Ztg. meldet: Wie jetzt feſt⸗ ſteht, wird der Reichshkanzler nach Zuſammentritt des Reichs⸗ tags, der Ende November erfolgt, als einer der erſten Redner das Wort ergreifen und in ausführlichen Darlegungen die Richt⸗ linien ſeiner Politik mitteilen und damit zur Diskuſſion ſtellen. Dabei dürfte der Kanzler irgendwelchen Parteikonſtellationen nicht vorgreifen, auch beſtimmte Gruppierungen der Parteien weder empfehlen noch kritiſieren. Ihm werden vielmehr, wie offizibs verſichert wird, alle bürgerlichen Elemente zur poſitiven Arbeit willkommen ſein und von ihm ausdrücklich dazu eingeladen werden. In der auswärtigen Politik dürfte die bisher innegehal⸗ tene Bahn auch von dem neuen Reichskanzler als die bezeichnet werden, auf der er den Reichswagen weiter vorwärts zu lenken beabſichtigt. Fürſt Bülow in Rom. Rom, 31. Oktober. Die„Tribuna“ veröffentlicht einen Artikel, in dem ſie den Fürſten von Bülow als den aufrichtigen Freund Italiens und als illuſtren Vertreter eines Volkes be⸗ grüßt, das in der Vergangenheit mit dem italieniſchen viele Berührungspunkte hatte und beſtimmt zu ſein ſcheint, auch in der Zukunft viele zu haben. Die revolutionäre Bewegung in Griechenland. * Athen, 1. Novbr. Der Verband der Korporationen nahm in ſeiner außerordentlichen Sitzung eine Reſolution an, in der die Meuterei der Marine⸗Offiziere, welche die Intereſſen und die Ehre der Nation ſchwer verletzt habe gebrandmarkt wird. Die Bevölkerung wird ſodann zur Wachſamkeit er⸗ mahnt und eine ſchnelle Unterdrückung ähnlicher Bewegungen ſowie insbeſondere die Beſtrafung der Schuldigen gefordert. Der Miniſterrat hat nach ſeiner heute Morgen abgehaltenen Sitzung den Staatsanwalt des Areopages mitgeteilt, daß nach ſeiner Meinung die Rebellen wegen politiſcher Verbrechen vor das Schwurgericht zu ſtellen ſeien. Peking, 1. Novbr. Eine Kaiſerliche Verordnung ſetzte die Kreiſe feſt, aus denen die Mitglieder der in Vorbereitung befindlichen Reichsverſammlung gewählt werden ſollen. Die Provinzial⸗Verſammlungen widerſetzten ſich der Erhebung neuer Steuern, beſonders der Stempelſteuer auf auswärtige Anleihen. Die chineſiſche Preſſe unterſtützt die Oppoſitions⸗ bewegung. 3 Manuhein, 1. November. General⸗Auzeiger.(Mittagblaru., Seite. Der Enifcheidungsflug u um den Tanzpreis. Ueber den Entſcheidungsflug, den Ingenieur Grade am Samstag nachmittag in Lilienthal um den Lanzpreis unternahm und der, wie bereits mitgeteilt, einen ſo glänzenden Erfolg hatte, bringt die„Tägl. Rundſchau“ folgende anſchauliche Schilderung: Hans Grade hat am Samstag nachmittag den Lanzpreis der Lüfte“ in Höhe von 40 000 Mk. gewonnen. Ohne Schwie⸗ rigkeit auf den erſten Anhieb. Es war eine famoſe Leiſtung, weniger, daß er den vorgeſchriebenen Flug machte ſondern wie er ihn machte. Hierin liegt der Schwerpunkt. Wir haben in der „Großen Berliner Flugwoche“ die erſten Aviatiker der Welt in Johannisthal geſehen, haben ihr Apparate kennen gelernt und haben geſehen, was ſie damit leiſten Um ſo ſtolzer können wir als Deutſche darauf ſein, daß ein Deutſcher es iſt, deſſen Flug⸗ apparat inbezug auf leichte Lenkbarkeit und gute Gleichgewichts⸗ zuge der Preis zugeſprochen werden muß. Dazu kommt, daß es Grade als einziger bis heute gewagt hat, direkt von ſeinem Schuppen zu ſtarten und dreißig Meter davon entfernt ſchon in Er ſtartete auf demſelben Boden, über den die der Luft zu ſein. Franzoſen ihre Maſchinen kaum zu führen wagten. Für 3 Uhr nachmittag war die Austragung des„Lanz⸗Preiſes der Lüfte“ angeſetzt. Zu vielen Tauſenden waren die Beſucher er⸗ ſchienen, dank dem Entgegenkommen der Deutſchen Flugplatzgeſell⸗ ſchaft, die ſämtlichen Mitgliedern des„Berliner Vereins für Luft⸗ ſchiffahrt“ und des„Deutſchen Luftflottenvereins“ freie Startplatz⸗ karten zur Verfügung geſtellt hatte. Man ſah zahlreiche bekannte Aviatiker und Freunde der Luftſchiffahrt, viele Offiziere der Ver⸗ kehrstruppen und des Generalſtabes. Pünktlich erſchien die Prü⸗ fungskommiſſion, darunter der Vorſitzende des Berliner Vereins für Luftſchiffahrt Geheimrat Bus ley und der Stifter des Lanz⸗ Preiſes Herr Dr. Kar! Lanz aus Mannheim. Faſt eine Stunde währte die genaue Prüfung des Gradeſchen Eindeckers in dem mit einen weißen Leinenſtreifen verhängten Schuppen. Er wurde unterſucht und feſtgeſtellt, daß ſämtliche Teile des Apparates aus deutſchem Material in Deutſchland hergeſtellt und damit die Vor⸗ ausſetzungen für Grades Bewerbung um den Lanzpreis erfüllt waren. Unterdes waren Tauſende der Startplatzbeſucher auf den Fliegerſchuppenplatz gekommen und umbagerten in dichten Mauern den Grade⸗Schuppen. Kurz vor 4 Uhr fiel der das Innere des Hangars verhüllende Leinwandſtreifen, der Grade⸗Flieger wird herausgezogen. Noch ein alles umfaſſender prüfender Blick, dann ſetzt ſich Grade, die Automobilbrille über die Augen gezogen, auf ſeinen Sitz. Dieſer iſt— wie das aus Abbildungen ja bekannt iſt— nicht in gleicher Höhe mit den Flügeln, wie beiſpielsweiſe bei Blérjot und Latham ſondern hängt darunter und gleicht einem der bekannten Faulen⸗ zer⸗Liegeſtühle. Grade ſitzt alſo außerordentlich bequem, vorn über ſich den Motor mit dem an der Stirn angebrachten Propel⸗ ler, rechts und links über ſich die zu einer Tragfläche vereinten Flügel, hinter ſich den Benzinbehälter. Durch dieſe Verlegung des Schwerpunktes aus der Höhe der Flügel nach unten erzielt Grade ſeine große Stabilität und ſichere Gleichgewichtslage. Der Motor wird angedreht, rattert einige Sekunden mit halber Kraft. Dann ein kleiner Hebeldruck, und er ſurrt mit voller Tourenzahl. Gleichzeitig läuft der Apparat auf den Rädern vorwärts. Zehn Meter weiter ein Wippen des Lathamſchwanzes, und der Grade⸗ Flieger kommt vom Boden frei. Leicht und ſicher geht der Flug ſchräg aufwärts in etwa 15 Meter Höhe über die Startlinie hin⸗ weg, hinüber zum erſten Markpfeiler. Bewunderungswürdig ſicher und elegant geht der Flug. Nun umkreiſt Grade den erſten Pfei⸗ ler, fliegt ſchnurgerade bis zur 1000 Meter entfernten zweiten Marke, wendet hier in kurzem ſcharfem Bogen und kommt in gro⸗ ßer Kurve zur Startlinie, die gleichfalls Ae iſt, zurück. Brauſender Jubel Ttönt ihm entgegen. Den Lanz⸗Preis der Lüfte hat er gewonnen. Nur zwei Minuten 45 Sek. dauerte der Flug, der ihm 40000 Mark einbringen ſollte. Kurz vor ſeinem Schuppen landet der zierliche Aefe Stolz und Freude leuchtet dem erſten ſiegreichen deutſchen Flieger aus den Augen, als er jetzt von ſeinem Sitz ſteigt und für den ihn umbrauſenden Jubel dankt. Dr. Karl Lanz drückt ihm warm die Hand und überreicht ihm den bewußten Scheck, den ſich Grade ſpeben erſtritten. Dann bringen Herren vom„Verein deutſcher Flugtechniker“ einen rieſigen Lorbeerkranz, um auch äußerlich den Steger zu krönen. Als Extrapreis der deutſchen Flugplatz⸗ geſellſchaft kann Hans Grade dann noch eine prächtige goldene, mik Diamanten beſetzte Uhr in die Taſche ſtecken. Stolz und Freude bewegt den Kösliner Ingenieur; er iſt gerührt über die Begeiſterung, obgleich er es nicht wahr haben will. Er kann es aber getroſt eingeſtehen, er hat ein Recht, ſtolz zu ſein. Die Flug⸗ maſchine wird darauf in den Schuppen gebracht und von neuem unterſucht. Dann fällt abermals der Leinenvorhang, und Grade rüftet ſich zu neuem Aufſtieg. Wieder ſtartet er unmittelbar von dem Schuppen aus, und wieder gelingt ihm der Start ſchnell und leicht. Diesmal fliegt er ſieben Minuten und zeigt von neuem, wie ſicher er ſeinen Apparat beherrſcht. Die Nachmittags⸗ ſonne iſt ſchon niedergegangen, da ſtartet Grade zum dritten Male und fliegt jetzt etwa acht Minuten in verſchiedenen Hö⸗ hen und in verſchiedenen ſcharfen Kurven und eleganten Schleifen. Tag zu Ende, der große Tag, der am Sonntag ſeine Wiederho⸗ lung finden ſoll. Wahrſcheinlich werden heute ſo viel Zehntauſende hinauswandern, wie es geſtern Tauſende waren. Sie mögen es immerhin tun, denn dieſe prächtigen Leiſtungen des erſten erfolg⸗ reichen deutſchen Fliegers ſind ein Ereignis nationaler Art. Es iſt die erſte junge aber kernige Frucht, die aus der ausländiſchen Saat der franzöſiſchen„Berliner Flugwoche“ auf deutſchem Bo⸗ den erſtanden iſt. Deutſchland auch in der Luft voran! Die geſtrigen Flüge. Vor ſeiner Abreiſe nach Homburg, ſo meldet uns unſer kier Bureau, gab geſtern nachmittag der Gewinner des Lanz⸗ breiſes, Ingenieur Hans Grade, in Johannistal noch einige Proben ſeines Könnens. Etwa 5000 Menſchen waren Augenzeugen der geſtrigen ſchönen Flüge. Der lleine Eindecker, deſſen Motor tadellos arbeitete, bewährte ſich wieder glänzen d. Das Wetter war den Vorführungen Fur günſtig. Es war zwar küthl, aber der Wind wehte nur ſchwach. Erſt gegen Abend wurde er etwas ſtärker. Grade erſchien gegen 3½ Uhr bei ſeinem Schuppen, deſſen Falltütren gleich darauf niedergingen. Die Pforte war zu Ehren des Lanzpreisſtegers reick bekränzt. Als der Apparat im Schuppen noch nachgeſehen worden war, wurde er herausgebracht. Grade beſtieg den Führerſitz. Sauſend wirbelten die Propeller herum. Im nächſten Augenblick ſchoß der Aeroplan über den Boden dahin, um ſich nach ganz kurzem Anlaufe zu 10 Meter Höhe zu erheben. Grade umfuhr zweimal die Lanzpreisſtrecke, ſauſte dann nach einer Wendung quer über das Flugfeld und lan⸗ dete direkt vor ſeinem Schuppen nach einer Flugdauer von 7 MNinuten. Beim zweiten uuf g führte Grade ſeinen Apparat * 85 vor. Er flog in einer bon noch nicht gefaßt ſind. jetzt noch nicht verſtändigen konnten. etwa 15 Metern ſehr ſchnell zwei Runden. Dann ſtieg er zu 30, 40, ſchließlich ſogar zu 50 Meter Höhe, um gleich darauf kaum einen Meter über dem Boden dahinzukriechen. Er wendete dann kurz, flog in entgegengeſetzter Richtung über das Feld und landete vor den Tribünen ganz ſanft nach 13 Minuten, da der Motor etwas heiß geworden war. Grade ließ ihn abkühlen und ſtartete dann ohne fremde Hilfe vom Fleck weg, um bei einem 37 Minuten währenden ſchönen Flug in mittlerer Höhe noch einige Schleifen zu be⸗ ſchreiben. Stürmiſcher Beifall lohnte dieſe ſchönen Leiſtungen. Grade gab ſich aber damit nicht zufrieden. Eine Viertelſtunde ſpäter ſtartete er abermals und flog ca. 3 Minuten. Der Apparat wurde alsdann ſofort in den Schuppen gebracht, in dem er noch geſtern abend auseinandergenommen wurde, um zur Reiſe nach Hamburg verpackt zu werden. Volkswirtschaft. Salzwerk Heilbronn. Nach dem Geſchäftsbericht über das Jahr 1908⸗09 beirägt der Bilanzgewinn M. 688 788, aus dem eine Dividen de von 12 Prozent wie in den Vorjahren verteilt, und Mark 1516 auf neue Rechnung vorgetragen werden. In der Bilanz ſtehen: Aktiva: Bergwerkseigentum M. 90 165(100 183), Grundeigentum M. 162227(162 2269, Werksanlagen unter und über Tag M. 1 631628(M. 1707 204), 0 M. 72580(M. 74010), Geſchäftshaus M. 8605(M. 68 776), Arbeiterwohnungen M. 106 541(M. 108 715) ee M. 61102(M. 61 409), Beamtenwohnhaus M. 34 823(M. 34997), Hafen M. 207 100, Eiſenbahn M. 50 292, Maſchinen M. 161 406(M. 135 183), Schacht⸗ und Mühl⸗Einrich⸗ tungen M. 190 889(M. 183 292), Salineeinrichtung M. 25 954 (M. 30 534), Wechſel M. 12 789(M. 14011), Kaſſa M. 9 999 M. 13 766), Effekten M. 640832(M. 619 553), Vorräte M. 111 42ʃ (M. 176 239), Beteiligung(Gewerkſchaft Amslie) M. 747 024, Debitoren M. 438 889(M. 951 360). Paſſiva: ktienkapital M. 3 Millionen, Salzſteuer M. 194 862(M. 202 669), Reſerde⸗ fonds M. 300 000, außerordentliche Reſerve M. 302312(beide M. 181 652(M. 176 264), Kreditoren M. 172 233(M. 33 510). Die Betriebs⸗ und Verwaltungsunkoſten belaufen ſich auf M. 1060 135(M. 1 076 887). Die Einnahmen auf M. 1 7ʃ8 923 (M. 1776 073). Zur Geſchäftslage im rheiniſch⸗weſtfäliſchen Induſtriebezirk. (Vom rheiniſch⸗weſtfäliſchen Eiſenmarkt.— Aus der Ruhrkohlen⸗ Induſtrie.) Die Grundſtimmung iſt auf demrheiniſch⸗weſtfäli⸗ ſchen Eiſenmarkt auch in dieſer Berichtswoche eine durchaus feſte und zuverſichtliche geblieben, wenn auch der teure Geldſtand auf die Unternehmungsluſt nicht ohne Ein⸗ fluß bleiben konnte. Die Verteuerung des Geldes bezw. des Geldleihwertes, ermutigt nicht, weitſichtige Verpfli chtungen einzugehen, ſodaß bei Händlern und Verbrauchern eine gewiſſe erklärliche Zurückhaltung ſich bemerkbar macht vor längeren Abſchlüſſen. Man befürchtet mit Recht, daß eine längere Dauer der Geldverſteifung wahrſcheinlich die Unternehmungs⸗ luſt im Baugewerbe, die gerade in jüngſter Zeit allenthalben wieder zutage trat, neuerdings eindämmen werde und iſt deshalb nicht mehr zu größeren Abſchlüſſen auf längere Liefe⸗ rungstermine ſo geneigt, wie noch vor Monatsfriſt. Wenn unter ſolchen Verhältniſſen die inländiſchen Käufer wieder mehr zurückhalten, ſo zeigt ſich Amerika erfreulicherweiſe an⸗ dauernd ſehr aufnahmefähig. Von dort kamen denn auch wieder namhafte Aufträge und weitere Anfragen an den deutſchen Markt, ſowohl in Roheiſen, wie in Halbzeug. Der Roheiſenmarkt bekundet deshalb auch große Feſtig⸗ keit, namentlich, weil infolge des ſtark geſtiegenen Eigen⸗ verbrauchs die großen gemiſchten Werke nicht mehr, wie noch vor kurzer Zeit, mit ihren Angeboten mit den reinen Hochofen⸗ werken in ſtarken Wettbewerb treten.— Die Halbzeug⸗ produktion der großen Stahlwerke findet flotten Abſatz. Wenn man kürzlich im Stahlwerksverbande noch die Erhöhung des Halbzeugpreiſes für das erſte Vierteljahr 1910 ernſtlich in Erwägung zog, ſo iſt jetzt wohl anzunehmen, daß man von einer ſolchen, in der Zeit einer erheblichen Geldteuerung für die geſunde Weiterentwicklung des Geſchäftes recht bedenk⸗ lichen Maßnahme bis auf weiteres Abſtand nehmen wird. Von der gleichen Erwägung wird ſich auch wohl der Walzdraht⸗ verband leiten laſſen. In Zeiten wie den jetzigen, wo ſich einer erfreulichen Beſſerung der geſamten Marktlage wieder als hemmendes Moment die ſtarke Anſpannung des Geld⸗ marktes entgegenſtellt, muß mit größter Sorgfalt alles ver⸗ mieden werden, was die Käufer wieder zu erneuter Zurückhaltung beſtimmen könnte.— Der Stabeiſenmarkt, von welchem die endlich eingetretene Beſſerung der Eiſeninduſtrie ausging, iſt durchaus feſt geblieben. Die Werke haben zum Teil ſchon anſehnliche Abſchlüſſe für das erſte Viertel 1910 getätigt. Die Händler haben nicht gezögert, ſich zu don jetzigen, noch immer verhältnismäßig niedrigen Preifen, für die nächſte Zeit zu decken.— In Eiſenbahnbedarf warten die großen Stahlwerke immer noch auf die Zutei⸗ lungen der Verwaltung der Preußiſchen Staatsbahnen für das kommende Jahr. Man ſcheint ſich ſeitens der Staats⸗ bahnverwaltung noch nicht entſchließen zu können, den jetzigen für ſie höchſt günſtigen Zeitpunkt zu benutzen, um noch Nutzen zu ziehen aus den bisherigen niedrigen Preiſen, die zu lang⸗ friſtigen Abſchlüſſen geradezu verlockend erſcheinen. Im Frithjahr kann ſich das Bild unter der Einwirkung des ſtarken Auslandbedarfs in Eiſenbahnmaterial zu Ungunſten des Eiſenbahnfiskus gründlich verändert haben. Der Geſchäfts⸗ gang in unſerer Ruhrkohleninduſtrie hat ſich weiter gehoben. Der weſentlich vermehrte Bedarf der Eiſeninduſtrie in Induſtriekohlen und Koks und der jetzt ftärker einſetzende Herbſtbedarf für Hausbrand haben den Abſatz des Kohlen⸗ ſyndikats günſtig beeinflußt. Kohlenverſandt recht lebhaft. Die Oberrheiniſche Backſtein⸗Verkaufsſtelle G. in. b. H. in Mannheim teilt uns in Hinſicht auf die durch die Blätter gegangene Nachricht von einer Auflöfung der Vereinigung der Ziegelwerke des Mittelrheins, ſowie daß keine beſonders günſtigen Erfolge in der Backſtein⸗ und Ziegelfabrikation erzielt wurden, mit: 1. Daß die Möglichteit vorliegt, daß ſich unſer Syhndikat auf 1. April nächſten Jahres auflöſt, daß Beſchlüſſe in dieſer Hinſicht aber 2. Die Gründe dafür würden lediglich darin zu ſuchen ſein, daß ſich die unſerer Vereinigung angeſchloſſenen Werke über die Ouotenzuteilung eines jeden einzelnen bis 3. Daß das Syndikat„keine Hahe beſonders günſtigen für die Backſtein⸗ und Ziegelfabrikatton Reſerven wie im Vorjahre), Penſions⸗ und Aerſin ungefct ids über; nicht allein, daß das Syndikat den ihm angeſchloſſene Werken rund 25 Prozent höhere Preiſe als diejenigen vor Beſtehen desſelben gebracht und während ſeiner Exiſtenz ſe Mitglieder vor Ka bib e ehn hat, iſt es ihm gelungen, aus erſparten Koſtenbeiträgen 12 Prozent Diy dende zu zahlen und auf ein eingezahltes Stammlapital vo R. 67 500 M. 12 000 oder faſt 30 Prozent Reſerven anguſamm *** 5 Telegraphiſche Handelsberichte. Deutſche Mineralöl⸗Induſtrie.⸗G. Köln. m. Köhn, 30. Okt. Die heutige Hauptverſammlung der Deu ſchen Mineralöl⸗Induſtrie.G. Köln genehmigte d Abſchluß für 1908/09, erteilte der Verwaltung Entlaſtung un ſetzte 6 Proent Dividende feſt. Vom amerikaniſchen Baumwollmarkt. m. Köln, 30. Okt. Von 5 Newporker waunee meldet die„Köln. Volks⸗Ztg“: mit um—1 ps. niederen Preiſen Der geſtaltete ſich bei anziehenden Preiſen erregt. den Hochunternehmern günſtige laufende Ernteſchätzungen, an regende Nachrichten aus Mancheſter, Ausweiſe der in Sicht ge brachten Mengen und damit außerordentlich ſtarke Deckungen, wie Käufe hieſiger Unternehmer und derjenigen New⸗Orlean asgKGyorks.⸗bö.lig. aS ßtkaßvzawadd ch' OspSkhHHa enia m. Newyork, 30. Okt. Auf dem Baumwollenmarkt das trockene Wetter allgemein vorherrſchend. Das Pfluü hat gute Fortſchritte gemfacht und iſt in einigen Sekti beendet. Das zu Marktebringen erfolgt reichlich. Gothaer Waggonfabrik. * Gotha, 30. Okt. In der Generalverſammlung der Gochoer Waggonfabrik waren 808 000 Mark Aktien vertreten. Die Dio dende wurde für auf 10 Prozent(wie im 1 1 und für Stammaktien auf 7½ Proz.(wie im.) feſtgeſetzt. Au eine Anfrage über das neue Geſchäftsjahr teilte die Direktion die Lage ſei noch unverändert und die vorliegenden and in A 1 Aufträge berechtigten zu der Annahme, daß der er ungünſtigen Konjunktur ſich nicht ſo ſehr bemerkbar ma —(Irß tg.) Waſſerſtandsnachrichten im MRonaf dier Ve Pegelſtationen Datum vom Rhein: 22. 23. 29. 30. 31. 1. Honſtaunz 33,40 3,37 3,30 Waldshut 22,13 2715 Hüningen) 1,75 1,78 1,70 1,70 1,70 1,55 2414 2,12.11 2,11 2,14 2 12 Lauterburgg.,55.68 3 63 Maxgau 13,85 3,85 3,85 3,84 3,91 3,90 Germersheim.44 3,45 Manuheim 2,4 2,96.95 2,93 2,98 3,01 Maingzgz J0,,68.67 0,66 0,8 iihen JIß 5 5 Kaub.„.74 1,68.70 1,69 1,69 1,69 HKoblenz 192 1,89 1,89 70 1,73 1,95 Nuhrort 0,91 0,90 0,87 vom Nedar: MWaunheim 2,91 2,95 2,93 2,91 2,94 2,98] V. Heilbronn 0,46 0,43 0,45 0,44 0,30 0,45 V. ) Windſtill. Bedeckt. Witterungsbeobachtung der meteorologiſchen Station Mannh eim. „„% 3866 Datum Zeit 32 2*ö˙ͤ e I 31. Okt. Morg.%%742, 7½ N2 356 31„ Mittg. 2758, 10,2 ſtill 31l.„(Abods.%755,9.0 ſrill 1. Novr Morg.%758,0 8,6 ſtill Höchſte Temperatur den 31 Okt. 10,5e2 Tiofſte 8 vem 31./1. Nov. 6,6 Geſchäftliches. *Dr. Cook, der Entdecker des Nordpoles, erbeiet an Sichtung des reichlichen wiſſenſchaftlichen Materials, welche auf ſeiner außerordentlichen Reiſe geſammelt. Dr. Coo dieſer fremden Gegend„dem Gipfelpunkt der Erde“, k Wegen gefunden, ſelbſt nicht unter dem Mikroſkope. Al; der ideale Ort zu ſuchen, wo Krankheitsübertragu kleinſte Lebeweſen ein Unmöglichkeit wäre. Anders uns ſchon die Mundhöhle eine wahre Brutſtätte ſolhher Bakte'en die unſerer Geſundheit ſchädlich ſind. Nur eine chemif gung der Zähne mit einem guten Reinigungsmittel wi⸗ Kalodont darſtellt, kann As bor den Mufbede terien ch. —— ——j————— 0 N Für Politik: Dr. Fritz Goldenbaum: für Kunſt und Feuilleton: Georg Chriſtmann: für Lokales, Provinzielles u. Gerichtszeitung: Rich. Schönſeld für Volkswirtſchaft und den übrigen redakt. Teil Franz Kit für den Inſeratenteil und Geſchäftliches: Fritz J Druck und Verlag der Dr. H. Haas'ſchen G. m. b..: Eruſt Müler. LECIEERRIN anerkannt als das vorzüglichſte Präparat und ärztlich von Bleichſucht und Blutarmut. Augeneh s Preis die Flaſche, in den wo nicht, 35 ma au„Galenus“, Chem. Induſtrie, G. m.„Frankfurt a. M. Trotz der grossen Doe 1900 Verbrauchern bietet, können die Fabrikanten durch vorteilha aften einkauf der betr. Gegengände, ihren treuen Kunden eine Pr in Geſtalt bübſcher Geſchenke zukommen laſſen. 8887 Winterstallon für Tungengrangg. Sanatorium Wehrawa bei Todtmos, radl. Schwarzzrald, 301 m, höchstgeleg ne Mellanstalt für Lungenkrank Möchster Kaomfort. Voilhkommen 1 5 ieee e Dirig. 4 8. Seite General⸗Anzeiger. Mittagblatt.) Weinversteigerung. Zur teilweiſen Räumung der Veſtände des Regiekellers im Roſengarten ſoll eine größere Partie Flaſchenweine verſchiedener Marken und Jahrgänge in billigen und höheren Preislagen einer Verſteiger⸗ ung ausgeſetzt werden. Zum Ausgebot kommen Weiß⸗ und Rotweine, und zwar: Badiſche, Pfälzer, Moſel⸗, Saar⸗ und Mheinweine. Steigerungs⸗ und Zahlungsbedingungen ſind beim ſtädtiſchen Rechnungskontrollburean Kaufhaus, Zimmer Nr. 155, bei der Roſengartenverwaltung und beim Verbrauchsſteuerinſpektor i Rathaus zu erhalten. Die Weine werden in Mengen von fünf und zehn Flaſchen ausgeboten. Die Verſteigerung findet in der Wandelhalle des Roſengartens am Mittwoch, den 3. November 1909, vormittags von 11—1½½ Uhr, und nach Bedarf zu gleichen Stunden an den folgen⸗ Spalte 6 Von · c) dD ihre wärtigen ſchaffung deſtens In den unter c bis g aufgeführten Fällen ſind vom Bürgermeiſteramt legen, denen bei hochtragenden Stuten(Ziffer ch auch der Deckſchein beizufügen iſt. ſind ausgenommen: 2) die aktiven Offiziere und Sanitätsofſiziere, bezüg⸗ 170 0 von ihnen zum Dienſtgebrauch gehaltenen erde, b) Aerzte und Tierärzte hinſichtlich der zur Ausübung notwendigen eigenen Pferde, welche von ihnen zur Beförderung der Poſten kon⸗ traktmäßig gehalten werden muß. d) die ſtädtiſchen Berufsfeuerwehren. Alle Beſitzer von Pferden werden hiermit aufgefordert, ſämtlichen hiernach geſtellungspflichtigen Pferde pünkt⸗ lich zu der beſtimmten Zeit auf den bezeichneten Plätzen zur Muſterung vorzuführen. ſtellungspflichtigen Pferde nicht rechtzeitig oder vollzählig vorführen, haben außer ſtellenden Pferde ſind abgeſchirrt und ausgeſpannt min⸗ Pſerd iſt durch einen Mann vorzuführen. Mannheim, den 7. September 1909. Nr. 43902. Vorſtehendes bringen wir hierdurch zur öffenr⸗ Maunheim, den 1. November 1909 ausgefertigte Beſcheinigungen vorzu⸗ Die Beſcheinigungen können in (Bemerkung) der Vorführungsliſte erteilt werden. der Verpflichtung zur Vorführung ihrer Pferde Handelshochſchule. Am Dienstag, den 2. November ds. Is., hres Berufes am Tage der Muſterung unbedingt ie Poſthalter hinſichtlich derjenigen Pfſerdezahl, Pferdebeſitzer, welche ihre ge⸗ der geſetzlichen Straſe zu ge⸗ „daß auf ihre Koſten eine zwangsweiſe Herbei⸗ der nicht geſtellten Pferde erſolgt. Die vorzu⸗ 32950 Großherzogl. Bezirksamt Abt. I: gez. Dr. Clemm. nnheim, den 28. Oktober 1909. Bürgermeiſteramt: 5 Dr. Finter. den Tagen ſtatt—— 32930 lichen Kenntnis. Ro engartenkommiſſion: Ma Ritter. Bekanntmachung. Die Pferdevormuſterung im Jahre 1909 betr. 15 Ende Oktober und Anfang November ds. Is. wird eine Vormuſterung des Pferdebeſtandes im Bezirke Mannheim durch den militäriſchen Pferdevormuſterungskommiſſär ſtattfinden und zwar: J. Am Donnerstag, den 4. November, vorm. 9 Uhr in Maunheim im ſtädtiſchen Viehhof für die Quadrate A, B, Claußer C7 L, M. N, O, die Schwetzingervorſtadt, Lindenhof und öſt⸗ liche Stadterweiterung. 2. Am Freitag, den 5. November, vormittags 8 Uhr in Maunheim auf dem Meßplatz für die Neckarvorſtadt und Wohlgelegen. J. Am Samstag, den 6. November, vorm. 8 Uhr in Maunheim auf dem Meßplatze für die Quadrate C 7, Je5 und das GMes Spezi „ Tüdt für Lüsebtsgeranung. englisch Sachgemässe Faradisgilon, Galvanisatlon, Vibratlon, Dampfungen, Slektrisch Massage, Manuell Mesiehtshaare Sprechstunden von 4A—5; Mittwochs von 11—12 Unr. Erstelassſges, Sinslges dleser Art am latze. Methode französlsch gegen Pickel eto. 6114 werden entfernt unter Garantie ohne Narben. Nonsuitation frei. chw. Petersen, F 5, 13 (früher G 2, 26). alistinnen für Gesichtspflege ganze außerhalb der Ringſtraße vom Rhein bis zum Neckar nach der Haſenſeite zu gelegene Gebiet. 4. Am Montag, den 8. November, vorm. 8 Uhr in Maunheim guf dem Meßplatz für die Quadrate D, E, F, G, H, J, ., S,. 5. Am Dienstag, den 9. November, vorm. 8 Uhr in Maunheim⸗Käfertal für die Stadtteile Käfertal und Waldhof(Muſterungsplatz weſtlich der Lampertheimerſtraße in Käfer⸗ al.) 6. Aut Mittwoch, den 10. November, vorm. 8 Uhr in Maunheim⸗Neckarau auf dem Marktplatz für dieſen Stadtteil. Zu dieſen Vormuſterungen müſſen ſämtliche vorhau⸗ dene Pferde geſtllt werden mit Ausnahme: a] Der unter vier Jahre alten Pferde, b) der Hengſte, c der Stuten, die entweder hochtragend ſind oder noch nicht länger als 14 Tage abgeſohlt haben. d) der, Vollblutſtuten, die im„Allgemeinen deutſchen Geſtütbuch“ oder den hierzu gehörigen offtziellen — vom Unionklub geführten— Liſten eingetragen und von einem Vollbluthengſt laut Deckſchein 1 4 gute ſind, auf Antrag des Beſitzers, e) der Pferde, welche auf beiden Augen blind ſind, der Pferde, welche wegen Erkrankung nicht marſch⸗ fähig ſind oder wegen Anſteckungsgefahr den Stall nicht verlaſſen dürfen, L) der Pferde, welche bei einer früheren. in der be⸗ treffenden Ortſchaft abgehaltenen Muſterung(etzte Vormuſterung im Jahre 1908) als dauernd kriegs⸗ unbrauchbar bezeichnet worden ſind.(Die vorüber⸗ gehend Kriegsunbrauchbaren ſind von der Vor⸗ ſührung nicht befreit), h die Pferde unter 1,50 m Bandmaß. Anna Maria Müller nach langem, schwerem Leiden heute Nachmittag zu sich zu nehmen. Alannheim, Heilbronn a.., 31. Oktober 1909. vember, nachmittags 4 Uhr von der Friedhof. kapelle aus. Prospekt ſrei. Angebots die der 10 des-Anzeige. geben werden. Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, unsere Schwester und Schwägerin, Fräulein der ſpäteſtens 2952 Um stille Teilnahme bitten Der tieftrauernde Bruder Fhilipp Müller u. Frau geb. Klinkowstroem 9796 Die Beerdigung findet statt Dienstag, 2. No- Erſatz der Schloſſer⸗ Deulsche Woerner-Werke eine halbe Stunde vor der feſtgeſetzten Beſich⸗ 8 iü ̃ tigungszeit auf dem Muſterungsplatz aufzuſtellen. Jedes 161 98 ſa880 Alnd Mbeitsbegebunn. Für den Neubau des Schul⸗ hauſes Wohlgelegen II. Teil ſoll im Wege des öffentlichen Ausführung Schreinerarbeiten Angebote hierauf ſind ver⸗ ſchloſſen und mit entſprechen⸗ Aufſchrift verſehen bis Dienstag, 9. November 1909, vormittags 11 Uhr an die Kanzlei des unter⸗ zeichneten Amts(Kaufhaus 3. Stock, Ztmer Nr. 125) ein⸗ zureichen, woſelbſt auch die Angebotsformulare Umdruckkoſten (.10) erhältlich ſind und die Eröffnung der Angebote in Gegenwart etwa erſchiene⸗ ner Bleter erfolgt. Mannheim, 27. Okt. 1909. Städt. Hochbauamt: Perrey. Städt. Rechtsausfunftsſtelle erteilt Unbemittelten in al⸗ len Fragen des privaten und öffentlichen Rechts koſtenlos 1 Auskunft. Lehrlinge Sgal 11 des alten Rathauſes bei ſofortiger Vergütung(parterre! geſucht. 11533] Sprechſtunden: Montag abend—8 lihr. Freitag abend—8 r. beginnen folgende Vorleſungen: 32956 Stunde CThema Dozent Sual vorm. 11 Uhr Verkehrspolitik allgem. Teil Hauptamtl. Dozent Reg. 5 Rat a. D. Endres nachm. 7„ Eiſenbahnfrachtrecht derſelbe 2 Mannheim, den 29. Oktober 1909. Der Studiendirektor: Dr. Behrend. U. Neform-Pnterkleiderf bewährte Qualitäten zu den billigsten Preisen. Damen-Hemden Damen-lacken Damen-Untertaillen Herren-Hemden Herren-lacken Herren-Beinkleider Leibbinden, Kniewärmer, Lungenschlützer Prof. Ur. Gust. 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TTTTTTTT 2 arbeit an den Tſſch, bis die Minna vom Einkaufen zurſſckkehrte.“ Nachdem ſich die Portierfrau wieder entfernt hatte, ließ der „Wie lange ſaßen Sie im Wohnzimmer?“ Staatsanwalt die in der Küche voll Unruhe kartende Frau Tiede⸗ e taatsahcHalf.„Ungefähr eine halbe Stunde.“ mann hereinkommen, Herr Falk begrüßte die ihm ſeit langen „Die Minna kam doch wieder über die Hintertreppe?“ Jahren bekannte alte Frau freundlſich mit einem Händedruck, Roman von Artbur Zapp.„Jawohl.“ aber ſein ungewöhnlich ernſter, bekümmerter Blick verriet ihr (Nachdruck verboten.)„Sie öffnete vermutlich ſelbſt mit dem Drücker?“ daß ſich etwas Beſonderes, etwas außergewöhnlich Unangenehmes 3[Fortſetzung).„Nein, ſie mußte klingeln, denn ich hatte die Sicherheitskette Betrübendes ereignet haben mußte. „Und nun waren Sie ganz allein in der Wohnung?“ fragte der Staatsanwalt, der den Worten des jungen Mädchens aufmerk⸗ ſam folgte, ſie unausgeſetzt dabei ſcharf beobachtend. Es fiel ihm auf, daß ſie wieder mit der Antwort zögerte und an ihre Stirn faßte, als müßte ſie zunächſt ihre Gedanken ſammeln. Endlich bejahte ſie. „Was taten Sie? Wo bielten Sie ſich auf?“ forſchte der Hausherr weiter. „Ich begab mich in das Wohnzimmer und räumte das Früh⸗ ſtücksgeſchirr ſort. Von da ging ich wieder in Ihr Arbeitszimmer, um das leere Waſſerglas, das noch auf dem Schreibtiſch des Herrn Staatsanwalts ſtand—“ „Ja, ich erinnere mich“, fiel der Zuhörende ein,„daß ich mir von Ihnen ein Glas Waſſer bringen ließ, bevor ich fortging. Und nun?“ „Als ich das Glas fortnehmen wollte, bemerkte ich das Küpert mit den Banknoten—“ „Ah! Und Sie ſchloſſen nun das Geld ein?“ Ia.“ „Und vermahrten den Schtüſſel, den ich in der Eile ſtecken laſſen, in Ihrer Taſche?“ Ja.“ „Und dann?“ „Das junge Mädchen ſenkte ihre Augen vor den forſchend auf ſie gerichteten Blicken des Hausherrn. Es lag etwas Zögern⸗ tes, Unſicheres, Unentſchloſſenes in ihren Mienen und in ihrem ganzen Verhalten. Sie griff mit dem Zeigefinger ihrer Rechten in den hohen Kragen ihres geſchloſſenen Kleides, reckte ihren Hals und ſchluckte, als fiel ihr der Atem ſchwer. Aufmerkſam, kopf⸗ ſchüttind beobachtete ſte der Staatsanwalt. „Ich fordere Sie dringend auf, mir nichts zu verſchweigen, Erna!“ ſagte er ſtreng, eindringlich. Sie richtete zangſam ihren Kopf auf; ihr Geſicht war noch um einen Schatten hlaſſer geworden, aber um ihre Lippen lag ein Zug von Entſchloſſenheit.„Ich habe nichts zu verſchweigen“, erklärte ſie mit feſterer Stimme als vorher. Alſo, wo hielten Sie ſich auf, nachdem Sie das Gerd per⸗ ſchloſſen hatten?“ „Ich ging ins Wohnzimmer und ſetzte mich zu einer Näh⸗ hatte vorgelegt, weil ich doch allein in der Wohnung war.“ „Sie begaben ſich alſo in die Küche und ließen die Köchin ein?“ „Und blieben dann in der Küche?“ „Ja. Ich ſprach mit der Minna und beſichtigte die Ein⸗ käufe.“ „Wie lange dauerte das ungefähr?“ „Etwa eine Viertelſtunde.“ „Und kehrten darauf in das Wohnzimmer zurück?“ „Nein. Während ich mich noch mit Minna unterhielt, kam meine Mutter, die die Plättwäſche für den Herrn Staatsanwalt und für Herrn Gerhard brachte.“ „Ah! Und Sie blieben nun weiter in der Küche?“ „Ja. Meine Mutter erzählte allerlei Neuigkeiten von der Familie, und ich teilte ihr mit, daß die Herrſchaften alle nach dem Bahnhofe ſeien, um Fräulein Ada von Rohrſcheidt zu empfan⸗ gen.“ „Und alles das in der Küche im Beiſein der Köchin?“ „Wie blange mag das ungefähr gedauert haben?“ „Ebenfalls eine Viertelſtunde, bis der Herr Staatsanwalt mich plötzlich riefen.“ „Ihre Mutter iſt alſo noch da?“ 5 Während das junge Mädchen auf das Geheiß des Haus⸗ herrn in ſeinem Arbeitszimmer zurückblieb, eilte er ſelbſt nach dem Korridor und rief nach der Köchin. Im Wohnzimmer richtete er ein paar Fragen an ſie; ihre Antworten beſtätigten die An⸗ gaben, die ihm Erna gemacht hatte. Danachy ſchied alſo die Kö⸗ chin oder irgend ein anderer im Haushalt von jedem Verdachte aus, und nur Erna oder ein Fremder konnte den Diebſtahl be⸗ gangen haben. Herr Falk ließ die Portierfrau heraufholen und befragte ſie, ob ihr aufgefallen wäre, daß verdächtige fremde Perſonen das Haus betreten hätten. Die Frau konnte jedoch darüber keine Auskunft geben, da ſie für den Hausbeſitzer eine Beſorgung hatte machen müſſen, von der ſie ſoeben erſt zurückgekehrt war. Die Haustür, die ſonſt immer geſchloſſen gehalten wurde, habe ſie in⸗ zwiſchen aufgelaſſen, „Mein Gott, Herr Staatsanwalt“, fragte ſie beklommen— „iſt denn was— hat ſich denn die Erna was zu ſchulden kommem laſſen?“ Der Angeredete machte eine Bewegung des Bedauerns und zuckte mit den Schultern. „Ob Ihre Tochter die Schuld trifft, weiß ich noch nicht.“ Mit kurzen Worten ſetzte er ſie von dem Vorgefallenen in Kenntnis. Die alte Frau ſtand wie vom Donner gerührt. Mit mechaniſcher Bewegung ſchlug ſie ihre Hände zuſammen und ſank wie vom Blitz getroffen auf den nächſten Stuhl nieder. „Mit gütiger Erlaubnis, Herr Staatsanwalt, mir zittern ordentlich die Kniee. Mein Gott, mein Gott!“ Herr Falk klopfte der wie wie betäubt Daſitzenden beſchwich⸗ tigend auf die Schulter. „Faſſung, Ruhe, meine liebe Frau Tiedemann! Kommen Sie, ſprechen Sie einmal mit Ihrer Tochter!“ Die alte Frau rappelte ſich mühſam auf. „Mein Gott, Herr Staatsanwalt“, ſtammelte ſie verzweffelt und vorwurfsvoll,„Sie glauben doch um Himmelswillen nicht, daß mein Kind eine gemeine Diebin iſt?“ „Meine liebe Frau Tiedemann“, erwiderte der Staatsanwalt herzlich,„wenn ich von Ihrer Tochter eine ſolche Meinung hätte würde ich ſie dann mit der Anweiſung nach der Bank geſchickt, würde ich ſie dann überhaupt in mein Haus aufgenommen haben?“ „Freilich, freilich. Das haben Sie Herr Staatsanwalt und es war für uns alle eine große Ehre—“ Herr Falk führte die immerfort Redende, deren Herzens⸗ angſt ſich nicht genug in Worten Luft machen 3u können ſchien. in ſein Arbeitszimmer, wo Era, auf einem Stuhl ſitzend, leiſe weinend verharrte. Frau Tiedemann eilte, ſo ſchnell es ihre Korpulenz geſtattete, zu ihrer Tochter hin. „Mein Gott, Erna, ſo ſprich doch! Wenn Du zu Hauſe ge⸗ weſen biſt, dann mußt Du auch wiſſen, dann mußt Du auch ge⸗ hört haben, wenn wer Fremdes in der Wohnung geweſen iſt?“ Aber das junge Mädchen ſchüttelte mit dem Kopf, ohne ihre Mutter anzuſehen und weinte nur immer in ihre Hände⸗ Frau Tiedemanns Aufregung wuchs. (Fortſetzung folgt. Mannheim, 1. Novemver 1909. Wenerai⸗unzeiger. trtagplatt.) FFF00000 7* Farbige Paletots. T Scharze IUch-Padelots: Paletot aus gestreiſtem Stoff, in englischem Geschmack mit Sammt-Kragen Paletot aus meliertem, homespunartigen Stoff, 120 m lang mit Knopfverzierung Paletot aus einfarbigem, homespunartigen Stoff mit Sammetschalkragen, 2reihig 9⁰ 25 50 Kostüme. Jacken-Kleid 3 2 00 Jacken.Kleid Blusen. Bluse Bluse Bluse ——— Jacken-Kleid 9⁰⁰ Paletot 110 em lang, gefüttert, 2 aus reinwollenem Kammgarn-Cheviot, Paletot 120 cm lang auf Seide gefũttert aus prims Diagonal, Faletot 120 em lang 48 auf Seide gofuitertmit Seiden-Schalkragen ———— aus modern gestreiſtem Popelinstoff. 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Gerichtszeitung. * Dresden, 30. Okt. In dem Bombaſtusſchwindel⸗ prozeß wurde heute das Urteil geſprochen. Es lautete gegen Bergmann auf 2 Monate Gefängnis. Die Verurtei⸗ Unug erfolgte lediglich wegen Konkursvergehens. Von der Anklage des Betruges wurde Bergmann freigeſprochen. oc. Karlsruhe, 29. Okt. Der Buchhalter Wilhelm Jauda aus Würzburg und der Kaufman Bernhard Herrmann aus Bruchſal hatten ſich wegen Meigetds und Anſtiftung hierzu vor dem Schwurgericht zu veraänt⸗ worten. Erſterer erhielt unter Einſchluß einer wegen Wechſel⸗ fälſchung erkannten Gefängnisſtrafe von 8 Monaten 1 Jahr 4 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverluſt. Gegen Herr⸗ mann wurde auf 1 Jahr Gefängnis und 3 Jahre Ehrverluſt, ſowie dauernde Zeugenunfähigkeit erkannt. Stuttgart, 29. Okt. Wie dies bei vielen berühmten Zeitgenoſſen der Fall iſt, ſo muß ſich auch Graf Zeppelin ge⸗ fallen laſſen, daß ſein Name vielfach für Zwecke der Reklame ver⸗ wendet wird und mit ſeinem Bild eine ganze Reihe von Artikeln in den Handel gebracht werden. Der Graf, der allen in dieſer Beziehung an ihn gerichteten Anſuchen mit der größten Liebens⸗ würdigteit und Zuvorkommenheit begegnet, iſt, wie ein bei Zivilkammer II des hieſigen Landgerichts anhängig gemachter Progeß, der zugleich eine grundſätzliche Bedeutung für die Ver⸗ wendung von Warenzeichen hat, zeigt, aber doch nicht geneigt, ſeinen Namen und ſein Bild gewiſſermaßen als vogelfrei anſehen zu laſſen. Der Graf hatte am 8 Noveenber 1908 dem Kaufmann Friehmelt die Erlaubnis erteilt, das Wort⸗ und Bildzeichen „Graf Zeppelin“ oder ein gleichbedeutendes Zeichen für Zigaretben anzumelden. Eine Firma in Mannheim war aber zuvor⸗ gekommen und hatte, ohne die Erlaubnis des Grafen einzuholen, für Tabakfabrikate ebenfalls das Wortzeichen„Graf Zeppelin“ mit ſeinem Bruſtbild ſich eintragen laſſen und gegen Entgeld zwei wei⸗ teren Stuttgarter Zigarettenfirmen die Erlaubnis erteilt, den Namen„Graf Zeppelin“ für ihre Erzeugniſſe zu führen. Hier⸗ gegen hatte Graf Zeppelin durch.⸗A. r. Exlanger Klage erheben laſſen und die Zivilkammer II1 des Stuttgarter Landgerichts hat ſeinem Antrage entſprochen und die beiden erwähnten Firmen dazu verurteilt, den Namen und das Bildnis des Grafen auf ihren Verpackungen zu beſeitigen. In der Urteilsbegründung heißt es u.: Das Intereſſe des Klägers wird dadurch verletzt, daß die Beklagten unbefugt den Namen Zeppelin gewerblich zur Bezeichnung ihrer Waren gebrauchen Ein gewerblicher Gebrauch birgt die Gefahr des Mißbrauchs in ſich. Der Name kenn zur Bezeichnung ſchlechter Ware verwendet werden und der Gewerbe⸗ 9 AulnaO0. 20, der betrieb kann ſich unreell und marktſchreieriſch geſtalten. Mit Recht verſagt der Kläger den Beklagten auch den Gebrauch ſeines Bildes. Die Regel des Geſetzes geht in§ 22 dahin, daß Bildniſſe nur mil Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau geſtellt werden dürfen. Der Kläger gehört zwar unſtreitig als genialer Erfinder dem Bereich der Zeitgeſchichte im Sinn der Ziffer 1 des§ 23 des Geſetzes an, wonach ausnahmsweiſe die Ein⸗ willigung nicht nötig iſt. Die Ausnahme erſtreckt ſich aber gemäf Abf. 2 nicht auf eine Verbreitung und Schauſtellung, durch die eit berechtigtes Intereſſe des Abgebildeten cletzt wird. Aus denſelben Gründen, aus denen das Namensrecht beeinträchtigt wird, wird auch das berechtigte Intereſſe am Schutz des Bildes verletzt. Aus dem Großherzogtum. M. Güttersbach, 29. Okt. Bei der am 23. Oktober d. 5 dahler abgehaltenen Treibjagd wurden von ca. 20 Schützen Rehe und 4 Haſen erlegt. Auch wurde ein Jagdhund ein Opfer des Pulvers. Weiter ereignete ſich noch ein bedauerlicher Unglücksfall. Einem Lehrer von Mainz, der ſich bei der Treib⸗ jagd als Schütze beteiligte, wurde ein Auge ausgeſchoſſen. Der Verletzte wurde ſofort in eine Klinik verbracht⸗ 8. Seite. Heneral⸗Anzefger. den 1. November 1909 Rein leinen für Wälche in größter Zussahl zu den billigsten Preisen. Otto D 2, 1, Planken. fr Hof-l. Mational- ürnte annheim. den 1. Nov. 1909. Vorstellung in Abonnement C. TIEFLAND. Muſikdrama in einem Vorſpiel und 2 Aufzügen. Text nach N. Guimera von Rudolph Lothar. Muſik von Eugen'Albert. Regiſſeur: Eugen Gebrath.— Dirigent: Albert Coates. Verßonen: Sebaſtiano, ein reicher Grundbeſitzer Hans Bahling. Tommaſo, der Aelteſte der Gemeinde, 80 jährig Karl Marx. Moruccio, Müghlknecht Hugo Voiſin. Martha Margarete Brandes. Pepa Elſe Tuſchkau. Antonia im Dienſte Noſe Kleinert. 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Sergeant als Ael⸗ teſter erhält einen ganz ſchönen Poſten von vier Talern und 20 Silbergroſchen. Als er ſein Geld in die Taſche gleiten läßt, ver⸗ folgt ihn ein träumeriſcher Blick des Einjährig⸗Freiwilligen Schott. Die Stunde, welche das Ende des Dienſtes ſchlägt. Für heute darf der Dragoner tun und laſſen, was er will. Nach verſchiedenen Richtungen ſtrömen die Soldaten in die nahegelegenen Kneipen, um dort ſo ſchnell wie möglich einen Teil der Löhnung in Bier und Wurſt umzuſetzen und dieſe dann dem geliebten Ich einzuverleiben. Sinnend an der Stalltür ſtaht Meyer und genießt, halb die Abendluft, halb den jedenfalls kräftigen Stallduft. Sicher überlegt er, was er dieſen Abend zur Beglückung der Menſch⸗ heit vornehmen ſoll und für einen Mann, der die Sache ſo ernſt nimmt wie Sergeant Meyer, iſt die Entſcheidung hierüber nicht verkündet, leicht. Auftaucht das Geſicht eines allerliebſten kleinen Ein⸗ jährigen. Er grüßt, er nähert ſich dem nachdenkenden Unter⸗ offtzier und fragt ihn freundlich, ob er ihm nicht ein wenig Ge⸗ ſellſchaft leiſten wolle. Der innere Menſch des Sergeanten iſt wfort hierzu bereit, der äußere aber ſträubt ſich etwas, damit dem Einjährigen die Ehre, die man ihm erweiſt, auch klar werde. Endlich aber wendet Meyer nichts mehr ein und die beiden wan⸗ dern zuſammen in die„Rabenfeder“. Der betreffende Ein⸗ jährige heißt Schott, was zu wiſſen den Leſer vielleicht in⸗ tereſſieren möchte. Einige Freiwillige ſind ſchon am Stammtiſch verſammelt, an⸗ dere kommen noch; außerdem erſcheinen noch ein paar ebenfalls geladene Unteroffiziere. Meyer benimmt ſich mit aller Frechheit eines ſicheren Welt⸗ mannes. Er weiß, er kann auftreten, denn er bezahlt ja auch. Er macht es nicht ſo wie viele ſeiner Kollegen und ſchmarotzt; CCCCCCoCC— Weitem bezahlt. Der Kunde kauft unvorteilhaft weil er sich auf Jahre hinaus verpflichtet die grosse Anzahl Platten der 8 Chr.-Ges. abzunehmen, und dadurch eine Schuld eingeht, die unter Umständen recht drülckend empfunden wird. Die marktschreierische Reklame der Chr.-Ges, die so bezeichnend ist durch die Worte:„Echte Schall-⸗ platten?— Unechte gibt es nicht— beabsichtigt, dem Publikum Sand in die Augen zu streuen. Stuttgart, den 29. Oktober 1909. Der Verband Deutscher Musikwerke- und Automaten-Industrie Section Suddeutschland. darum greift er auch ohne Umſtände nach der Karte, beſtellt ſich eine leckere Portion, nach dieſer die folgende und leert manchen Schoppen. Mit Zigarren läßt er ſich von ſeinen Nach⸗ barn verſorgen; denn eine ſolche Kleinigkeit anzunehmen ſtreitet nicht gegen ſein Prinzip. Er führt das große Wort an der Tafel, erzählt bald von ſeinen Feldzügen, bald von ſeinen Reitkünſten, bald von ſeiner Bildung. Letztere iſt der intereſſanteſte Punkt, auf den er nur gebracht werden kann. Da er ſchon manches Glas getrunken hat, fängt er auch an, das Innere ſeines Gemütes herauszukehren und jeden der Einjährigen, der Reihe nach zu verſichern, daß ſein Grundprinzip in allen Dingen der Anſtand ſei; ſo haſſe er 3. B. nichts mehr als das eſſen und trinken auf anderer Leute Koſten— die übrigen Unteroffiziere ſtoßen ſich unter dem Tiſch an—, wie dies bei den übrigen Schwadronen des Regiments Mode ſei; er ſchätze ſich glücklich, daß er unter anſtändigen Kameraden diene und ſchmeichle ſich, daß er nicht wenig zur Be⸗ förderung dieſer Geſinnung in der Eskadron beigetragen habe. Es wird 10 Uhr, es wird 11 Uhr, es wird Mitternacht, nie⸗ mand denkt an den Zapfenſtreich, der Weg von der Kneipe zur Kaſerne iſt ſo kurz, daß man ihn bequem überſehen kann, alſo wohl imſtande iſt, etwaigen Patrouillen aus dem Wege zu gehen. Endlich aber dünkt es dem Sergeanten Meyer, daß man nunmehr dem Grundſatze weiſer Mäßigung folgen könne; er ſchnallt den Säbel um, ſetzt die Mütze auf und ſagt zu ſeinen Kameraden, es wäre nunmehr die höchſte Zeit, daß ſie gingen. Unter den Einjährigen macht ſich einige Bewegung bemerk⸗ lich; Schottchen bleibt allein ſitzen, als ſei er demfenigen, welches ſich nunmehr entwickeln wird, ſo fremd wie der liebe Mond am Himmel. „Kinder, nun wollen wir bezahlen und dann gehen— Karl, ruft Sergeant Meyer, daß es durch das ganze Lokal tönt, Karl heißt der Kellner. Er erſcheint, hinter ihm der Wirt„zur Raben⸗ feder“. „Was befehlen Sie, Lerr Sergeant?“ „Wieviel habe ich zu bezahlen?“ Schottchen ſitzt noch immer ganz ruhig. 11376 Geldverkehr. 5 Belliehsfapital Darlehen von 100 Mark an ſchnell u. diskret über 160 000 ausbezahlt, Ja. Referenzen. Näheres durch Joſ. Wigand, E 1, 8, Sprechzeit von 10 bis 12 u. von 3 bis 6 Uhr. 11444 „Vier Schoppen macht zwanzig Groſchen, ein Beefſteak mit Beilagen ſind zehn, eine Portion Fleiſch mit Kohl ſind eben⸗ falls zehn— macht zuſammen einen Taler zehn Silbergroſchen. Und dann, verzeihen Sie Herr Sergeant, von geſtern bekomme ich auch noch einen Taler fünfzehn.“ „Ja, es iſt richtig, Herr Sergeant“ miſchte ſich der Wirt ein. Bezahlen Sie bitte die Kleinigkeit— der Kellner muß es auslegen und—“ „Was?“ ſtößt Meyer mehr hervor, als er fragt. 0 Kellner Karl zählt mit großer Zungengeläufigkeit die diverſen Poſten noch einmal auf.„Macht alſo zuſammen zwei Taler fünfundzwanzig Silbergroſchen,“ ſagt er. Jetzt ſteht Schottchen auf, und meint ganz gemütlich, ſo laut, daß es alle hören: „Aber wie können Sie nur dem Herrn Sergeanten Rechnung machen, Karl, ſchreiben Sie mir auf, was er zehrt hat.“ „Schott!“ ruft einer von den ein maliziöſes Lächeln zuckt dabei ein ſo maliziöſes, daß wir wohl dürfen, er iſt ein Verbündeter des 2026 aber eine ver⸗ übrigen Unteroffizieren und um die Lippen des Mannes, nicht mit Unrecht annehmen kleinen Einjährigen.„Schott! wie können Sie nur wagen, einem königlichen preußiſchen Unteroffizier ſo etwas anzubieten?“ Schott ſtammelt einige Worte hervor; er bittet den Sergeanten um Verzeihung mit eindringlichen Worten. Meher wird bald blaß, bald rot; endlich öffnet er die Börſe, zahlt zwei Taler fünfundzwanzig Silbergroſchen auf den Tiſch— dann dreht er ſich um, geht binaus, ſchweigend. Furcht⸗ bar kracht es eine halbe Minute darauf— das war der Sergeant, als er die Haustür zumachte. Nun aber brach ein lautes Gelächter aus in der Gaſtſtube zur Rabenfeder. Alle lachten, die Unteroffiziere lachten, die Ein. jährigen lachten, der Wirt lachte, der Kellner lachte, Schottchen lachte. Endlich aber ſagte letzterer:„Nun aber ins Quartier, ſonſt holt er die Patrouille.“ So trennte ſich die Geſellſchaft. Ob Sergeant Meyer je⸗ mals wieder eine Einladung angenommen hat? 8 Mannheim, 1. Novembcr. General⸗Anzeiger.(Mittagplarr., 11. Seite. ter strengster Kontrolſe der K das ist gierung in reinen welches von allen Brunnen mit Selters Namen, so wie es der Quelle gefüllt und versandt wird: atürlichem Zustande gefüt.— Zur Uermeſdung von nur entfliesst, Für Zahnleiende Habe mich in Mannheim 9 2, 1, im Hause des Herrn Dröll niedergelassen und empfehle mich für alle vorkommenden Arbeiten einem titl. Publikum von hier aufs Beste. 2791 Arno Peetz, Dentist. Sprechstunden von 9 bis 6 Uhr. Ankauf. Sch kaufe zu jeder Seit gelfagene fhefre-I. Damenckeidef 6Tahle die höchsten Preise. Poſtkarte genügt. Komme ins Haus, auch außerhalb. 2592 E. 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Es müſſe berückſichtigt wer⸗ den, daß Kolander die Mädchen in beſtialiſcher Weiſe mißhandelt Habe und ſie dann noch zu einem ſchweren Verbrechen verleiten wolkte. Andererſeits müſſe auch als mildernd berückſichtigt wer⸗ den, daß er au eine Stelle geſtellt wurde, der er in keiner Weiſe gewachſen war, und daß er ſeine ganze Erziehungsmethode nach der ſeines Vaters, des Korvektionsanſtaltsdirektors, einrichtete. Es ſei ihm an ſich gu glauben, daß er die Abſicht hatte, aus dem Aſyl eine ſtalt zu machen. Nach etwa einſtündiger Beratung ver⸗ kümdet das Gericht das Urteil dahin, daß die zwölf angeklagten Mädchen freigeſprochen werden und der Angeklagte Ko⸗ lander zu einem Jahr drei Monaten Zuchthaus verurteilt wird, die zuſammen auit den acht Monaten Gefängnis, zu denen er wegen Körperverletzung und Nötigung verurkeilt urrde, zu einem Jahr ſechs Monaten Zuchthaus zuſammengeleg: werden. Außerdem wird auf drei Jahre Ehrverluſt erkannt. Bei der Ausmeſſung der Strafe ſei von vornherein von den körperlichen Mißhaändlungen, die ſich Kolander zu ſchulden kommen kieß und für die er ja bereits beſtraft ſei, vollſommen abgeſehen worden. Als mildernd iſt in Betracht gezogen, daß Kolander bei ſeinem Vorgehen für ſeine Exiſtenz kämwpfte, daß dann die Verſuchung für ihn, der zu Unrecht nach Eröffnung des Verfahrens in dem Aſyl belaſſen wurde, außerordentlich groß war, ſodann daß er noch nicht vor⸗ beſtrafk ſei und daß er bei der Verleitung zum Meineid nicht zu beſonders groben Mitteln gegriffen habe. Andererſeits mußte als ſtraferſchwerend in Betracht kommen, daß er ſich der Verleitung zum Meineid ſeinen Zöglingen gegenüber ſchuldig gemacht hat, die ihm zur Erziehung und Beſſerung anvertraut waren. * Bliſſinger Route. Wir wollen nicht verfehlen, das nach England reiſende Publikum mit Inkrafttreten des Winterfahrplaus nochmals auf die Vliſſinger Route aufmerkſam zu machen. Dieſe Route, welche einen Tages⸗ und Nachtdienſt hat, bietet dem reiſenden Publikum viele Bequemlichkeiten und iſt zudem die ſicherſte Verbindung zwiſchen Großbritannien und dem Kontinent. Ein nicht genug zu ſchätzender Vorteil iſt wohl, daß die zwiſchen Queenboro und London verkehrenden Expreßz die Reiſenden nach drei verſchiedenen Teilen Londons befördern und zwar nach Herne Hill, nach Viktoria⸗Station(dem Weſtende Londons) und nach Holborn und St. Paul's Station(dem Handelszentrum dieſer Weltſtadt). Ein bedeutender Vorteil liegt ſpeziell im Winter auch hierin, daß die Ueberfahrt größtenteils unter Schutz der holländi⸗ ſchen und belgiſchen Küſte und auf der Themſe ſtattfindet. Die Reiſedauer MannheimLondon über Vliſſingen beträgt nur 1084 Stunden.— In den direkten Zügen befinden ſich durchgehende Korridor⸗Speiſe⸗ und Schlafwagen nach Vliſſingen. 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Man bedenke nur, daß die gelehrigen Vierhänder ſich ſelbſtändig an⸗ und ausziehen, eſſen und trinken wie gebildete Menſchen, auf dem Einrad und auf dem Dandem die ſchwierigſten Produktionen als Kunſtrad fahrer ausführen. Man bedenke weiter, daß die Tiere ſich pie Gentlemen im Reſtaurant verköſtigen laſſen und Zigaretten rauchen. An zwer⸗ ter Stelle ſteht Erneſto Bellini, das telepathiſche Phänomen, der anderweitigen Verpflichtungen wegen ſein Gaſtſpiel im Januar dieſes Jahres im Saalbautheater zum größten Bedauern aller Wiſſenſchaftler ſowie des geſamten Pubkikums von Mannheims ab⸗ brechen mußte. erregt hat, geht wohl daraus hervor, daß der ihm von Direktor Zacharias hier geſtiftete goldene Stock in Wien mit den Widmungen des öſterreichiſchen Thronfolgers, des Prinzen von Lichtenſtein, des Hergogs von Braganza und anderer hoher und höchſter Herrſchaften geſchmückt wurde. bilden. Arthur Schmelzkopf von den 5 Olympiern, das kaſſiſche Profeſſor Reinhold Begas, iſt der Leiter dieſer Darb Humoriſten, Karl Bernhard und Engelbert Saſſen, ſorgen für gemütliche Unterhaltung. Beſond rs Karl Bernhard wartet mit einem Repertoir auf, wie es ſolbſt für Mannheim zur Selten⸗ heit gehört. Auf wolcher Stufe die übrigen Programmmummern ſtehen, geht wohl daraus hervor, daß die jetzige Attraktion des Koloſſeums in Karlsruhe den Abend eröffnet. Die muſikaliſche Lel⸗ tung kiegt in den Händen des Herrn Kapellmeiſters Prager, der eigene Kompoſitionen zum Vortrag bringt. Hoffen wir, daß ſich das Publikum durch ſtärkſten Beſuch für das Senſationsprogramm exkenntlich zeigen wird. Briefkaſten. (Alle Anfragen, jedoch nur von Abonnenten unſeres Blattes, müſſen ſchriftlich eingereicht werden; ſchriftliche, mündliche oder telephoniſche Auskunft wird nicht er⸗ teilt. Die Ausküufte erfſolgen ohne jede Rechtsverbindlichkeit.] Abonnent F. J. 12. Der Antrag iſt nur ſo lange bindend, als der Offerent den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umſtänden erwarten kann etwa—4 Tage). Stammtiſchgeſellſchaft R. L. 1. Graf Walderſee wurde im Jahre 1900 zum Generalfeldmarſchall ernannt. 2. Dex Kaiſer trägt ſchon ſeit einer Reihe von Jahren den Marſchallſtab. Die Marſchallwürde iſt ihm von niemanden angeboten worden, ſondern er nahm ſie ſelbſt an. Abonnent M. Ein Bureandiener erhält in der Regel 120 bis 150 Mark Gehalt. Die Dienſtleiſtungen erſtrecken ſich öfters über die Bureauſtunde hinaus. Erbſchaft. Der Schwiegertochter ſteht gegenüber ihrer Schwieger⸗ mutter kein geſetzliches Erbrecht zu. Abonnent A. Sch. 1. Der beſtraften Perſon kaun von der Be⸗ Modell von Bellini wird aufs Neue das Tagesgeſpräch Antibe und moderne Kunſt firmiert die dritte Attraktion. etungen. Zwei Welche Senſation Bellini inzwiſchen anderwärts hörde der Kolportagehandel unterſagt werden, weun ſie ihn im Um⸗ i und der Behörde die Beſtrafung als ſo ſchwer⸗ — 2ů5 herziehen betreibt 2 KATT nenker& Cie. annſeim, Binnenhafen. Geutrale Wien I. Aeuthorzaſe l. pedition u. Spezlaldienſte nach Frankreich, Oeſterreieh u. Orlent. Tarifbureau für Frachten⸗ und Zoll⸗Auskünfle aller Art. Mlen-Industrie. Frikef Jraunkoklen-Industrie.Brigels pro 1910. Ein grosses Quantom besonderer Verhältnisse 3 wegen sehr hillig abzugeben. 8 Reflektanten belieben ihrs Adresse unt. Nr. 54 an Daube& Co., U. m. b.., Anuenéen-Expeditien, lannbeim autzugeben. 18185 75 —.———.————— wiegend erſcheint. 2. Zur ſtändigen Mitführung einer Piſtole bedarf man polizeiliche Erlaubnis, es ſei denn, daß kein Verbot des Waffen⸗ tragens beſteht. Abonnent A. M. Wir nennen Ihnen: Säuglingsheim Caſſel; Kinderheim E.., Frankfurt a.., Böttgerſtraße 22, Säuglingsheim Dresden, Wormſerſtraße 4. Abounent R. Sch. 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Nittagbiatt.] 18 Seite ekanntmachung. Die verehrl. Lehrherrn ſerer Schüler ſetzen wir n Kenntnis, daß mit dem Inkrafttreten des Winter⸗ ſtundenplans(1. Nopbr. 1909) der Unterricht künftig vor⸗ mittags von—12 Uhr und nachmittags von—7 Uhr ſtattfindet. Am 1. u. 2. No⸗ vember 1909 fällt der Unter⸗ richt aus. Der Vorbereitungskurs für die Meiſterprüfung beginnt am Mittwoch den 3. Novem⸗ ber 1909, abends ½8 Uhr Saal 11, II. Obergeſchoß); Aumeldungen hierzu können noch auf dem Rektorat er⸗ folgen. 32945 Mannheim, 28. Okt. 1909. Gewerbeſchulrektorat. — Vergebung von Fimmerarbeiten Die Ergänzung des Lager⸗ bodens in der Werfthalle III, Werithallenſtraße Nr. 18, ſoll nach der Verordnung des Gr. Miniſteriums der Finanzen vom 3. Januar 1907 öffentlich vergeben werden. Arbeite beſchriebe, in die von den Bewerdern die Einzelpreiſe einzutragen ſind, werden auf unferem Hochbaubureau, Große Merzelſtraße Nr, 71. St. links, woſelbſt auch die Vergebungs⸗ bedingungeu aufliegen, auf Verlangen abgegeben. Die Angebote ſind ſpäteſtens bei der öffentlichen Verding⸗ ungsverhandlung am 2940 10. November 1909, vormittags 10 Uhr. verſchloſſen, portofrei und mit der Aufſchrift„Zimmerarbeiten in der Werfthalle III“ verſehen, bei uns einzureichen. Für den Zuſchlag bleibt eine Friſt von 14 Tagen vorbehalten. Mannheim, 29. Oktbr. 1909. Gr. Bahnbauinſpektion, Berſteigerung. Im Auftrage des Pflegers verſteigere ich 11569 Dieustag, 2. November 1909, nachmittags 2 Uhr K 3, 17(Hof links) öfeutlich gegen bar: 2 kompl. Betten m. Federbetten, 1 Aür. Schraunk, 1 Küchen⸗ ſchrauk, 1 Tiſch, 1 Kommode, 1 Nachttiſch, 1 ſchöner Regu⸗ lator, 1 Stehlampe, Spiegel, Jdilder, Stühle, Frauenklei⸗ „Wetßzeng, 1 Kruzifix, 1 KLinderwagen, 1 Kinderſport⸗ N + 1 wagen, 1 Taſchenuhr, 3 Kof⸗ 15 Küchengeſchtrr; ferner: borde aus Wachstuch, verſch. Materialwaren, leere Stand⸗ u. Medizingläſer verſchied. Größe, 2 Geſucht küchniger jnugerer Laufmann m. gut. allgemein. u. eben⸗ ſeolch. Fachbildung f. große Firma. 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Als er, noch ein Jüngking, gemeinſam mit vier Alters⸗ genoſſen den kühnen Vorſatz faßte, Japan zu verlaſſen, um im fernen Weſten die Ziviliſation der überlegenen„Barbaren“ zu ſtudieren und zu prüfen, ſetzte er ſich zum exſten Male furchtlos dem Fanatisanus des Volkshaſſes aus, denn das Verlaſſen des Vaterlandes galt als Verrat. Ein engliſcher Kaufmann, Mr. Keswick, half den jungen Japanern bei der Ausführung ihres ge⸗ fahrvollen Planes; Ito ſelbſt erzählt von den Aufregungen und Wechſelfällen dieſer patriotiſchen Flucht aus der Heimat:„Wir verſteckten uns im äußeren Hofe, indes Mr. Keswick die nötigen Vorbereitungen traf; dort verkleideten wir uns, ſehnitten uns die Zöpfe ab und legten grobe Kleidung an, wie Seeleute ſie tragen. Plötzlich wurde Keswick ängſtlich er erklärte, er könne uns nicht an Bord des Schiffes helfen, denn das wäre wider das Geſetz. Wir drohten, Selbſtmord zu begehen: da gab er endlich nach und half uns an Bord. In vier Monaten erveichten wir London. Dr. Williamſon, ein Profeſſor der Londoner Univerſität, nahm ſich unſerer an. Wir ſtudierten emſig, lernten alles, was wir lernen konnten, engliſch, Mathematik, Elektrizität, Fabrikationsmethoden, Induſtrie, Oekonomie, Geſchützgießen und Se.“ Die fünf jungen Japaner, die damals auszogen, Ito, Hirobumi, Inouye, Kaoru, amao Pogo, Pendo Kaiſuke und Inouhe Maſaru, waren die erſten Bürger des„neuen Javan“. Als Ito dann heimkehrte, ein unerſchrockener Vorkämpfer entſcheidender Reſormen, empfing ihnt und Inouhe der Haß und die Wut des verblendeten Volkes. Er galt als Verräter, und fanatiſche Patrioten ſannen darauf, dieſen unwürdigen Sohn Japans zu vernichten, der europäiſche Kleidung und europäiſche Waffen auf Koſten der altgeheiligten Tradition einführen wollte. Es war im Jahre 1864, daß Ito nur durch die Geiſtesgegenwart eines Mädchens dem Haß ſeiner Feinde entging. Er war damals 25 Jahre alt, ehrgeizig, roman⸗ tiſch und vielleicht ein wenig ſentimental: er war verliebt in eine Geiſha, die er täglich beſuchte. Eines Abends, kurz vor Sonnen⸗ untergang, hörte Ito, wie vbor dem Haufe eine witend brüllende Menge ſich ſammelte.„Tod Ito!“ ſchrieen wilde Stimmen. Die kleine Geiſha aber verlor nicht die Geiſtesgegenwart; haſtig riß ſie eine verborgene Falltür auf, der Geliebte kroch in eine Höhlung unter dem Fußboden, die Tür ward geſchloſſen und ſchnell ſchleppte die kleine Japanerin ein Badegefäß herbei das ſie über der Falltür aufſtellte und mit Waſſer füllte. Als die blutgierige Horde ein⸗ drang, fand man das Mädchen im Begriffe, ſich zum Bade zu ent⸗ kbeiden. Sie habe Ito ſeit 24 Stunden nicht geſehen. Mit ſolchem Ton der Wahrhaftigkeit ſprach ſie die Worte, daß die Schergen der Volkswut glaubten und wieder abzogen. Ito konnte ſich dann nach Kobe flüchten. Seitdem war ſein Leben dreimal durch Atten⸗ tate gefährdet, die alle glücklich abliefen, bis nun doch ein gewalt⸗ ſamer Tod ihn überraſchte. Die kleine unerſchrockene Geiſha aber, die damals dem jungen Ito das Leben retlete, betrauert heute als Fürſtin Ito den blutigen Tod ihres geliebten Gatten, den zum stvweiten Mal zu retten ein bitteres Schickſal ihr verſagte — Fürſt Bülow auf ſeinem römiſchen Ruheſitz. In einer lebenspollen Charakteriſtik des Fürſten Bülow als Menſchen und Staatsmannes entwirft der Chefredakteur des Temps André Tar⸗ dien in der Deutſchen Revue ein Bild von dem römiſchen Ruheſitz, Ein grosser Posten Kleidlerstoffe 1* 2² in dem der frühere Reichskanzler nun bald ſein Heim aufſchlagen wird. Schweren Herzens war er vor 12 Jahren aus der ewigen Stadt geſchieden, um einen ficheren Poſten und ein angenehmes Leben mit ſeiner unruhpollen politiſchen Tätigkeit zu vertauſchen; er verglich ſich damals mit Odyſſeus, der friedliche Küſten verließ, um auf ein ſtürmiſches Meer hinauszuſteuern. Nun iſt„der viel⸗ erfahrene und vielumgetriebene Dulder“ nach der Stadt ſeiner Sehnſucht zurückgekehrt; nach veiflicher Ueberlegung hatte er ſich die Villa Malta zum Sitz auserwählt, um künftig hier den Winter zu verbringen. Die Villa Malta, die an der Nordſeite des Monte Pincio, zwiſchen dem Park der Villa Mecidis und der Villa Siſtina, am Ende der Villa Ludoviſi, wie der moderne Römer ſagt, ſich erhebt, liegt in dem alten Collis hortorum, der mit Gärten u. Villen— Villa Ludoviſi, Villa Buoncompni, Villa Torlonia, Villa Borgheſe, Villa Medivis und Villa Malta, auch Roſenvilla genannt — bedeckt iſt. Beliſar ſoll ſchon in dem Garten dieſer Villa ein Haus gehabt haben; Goethe iſt bekanntlich darin ſpazieren ge⸗ gangen, was dem gegenwärtgen Beſitzer ſicherlich Freude machen wird. Die Villa gehörte dann dem Maltheſerorden, der ſich ſpäter auf dem Aventin niederließ, ging in den Beſitz König Ludwig J. von Bayern über und wurde von dem Fürſten Bobrinski reſtau⸗ riert und vergrößert, wodurch ſie ihre heutige Geſtalt erhielt. Kaiſer Wilhelm dachte daran, ſie zu kaufen, um darin eine Maler⸗ akademie zu begründen, doch er entſchied ſich für die Villa Fal⸗ eonieri. Im Anfang des Jahres 1907 erwarb ſie Fürſt Bülow. Eine bedeutende Erbſchaft geſtattete es ihm, und dieſe Erwerbung wurde eine der Freuden ſeines Lebens. Ein wundervoller Gar⸗ ten, in dem der zweite Akt der„Parzifal“ einen ſeiner würdigen Rahmen fände, ein elegantes, in den Verhältniſſen beſcheidenes Haus, herrliche Plafonds, Holzſchnitzereien, alte Möbel, ein van Dyck und eine Veroneſe, die der jetzige Beſitzer ſogleich mit dem Hauſe gekauft hat, das ſind einige der Reize des Wohnſitzes, den der Fürſt ſich erwählt hat. Die Fürſtin, die das düſtere Palais in der Wilhelmſtraße zu einem angenehmen Aufenthalt zu machen verſtanden hat, wird wenig Mühe haben, der Villa Malta alle Vorteile abzugewinnen. Wenn Fürſt Bülow ſich hier niederläßt, ſo berechtigt alles zu der Annahme daß er die öffentlichen Angele⸗ genheiten ohne den Gedanken an eine Rückkehr ins Amt betrachtet. Man hat ſich gefragt, ob er nicht ſeinen Sitz im preußiſchen Her⸗ renhauſe dazu benutzen wird, neuerdings eine politiſche Rolle zu ſpieſen. Er verwahrt ſich entſchieden gegen dieſe Abſicht.„Sehen Sie“, ſagte er kürzlich zu einem ſeiner Freunde, ich habe zwölf Jahre dort drinnen gelebt. Ich bin jetzt üüberglücklich, die Ereig⸗ niſſe von der andern Seite der Rampe aus anſehen zu können, als Zuſchauer, dem es auf ſeinem Platz behagt— beſonders, wenn dieſer Platz die Villa Malta ſein wird. Seit meinem Eintritt ins Miniſterium habe ich niemals einen wirklichen Urlaub gehabt. Die Geſchäfte haben mich überallhin verfolgt. Genug der Mühen! Der Alpdruck iſt vorüber.“ Die retroſpektiven Polemiken, in die einge deutſche Blätter ihn im September 1909 zu verwickeln ver⸗ ſuchten, haben ihm nur ein kurzes Dementi entlockt. Sein Ent⸗ ſchluß, auszuruhen, ſcheint unumſtößlich zu ſein. Seine Bücher ſind nach Rom abgegangen, und wenn er manchmal unter den Bäumen ſeines Gartens Sehnſucht nach den Jahren der Tätigkeit hal, kann er in der Sammlung der Karikaturen ſeiner eigenen Perſon, die er angelegt hat, blättern— einer Sammlung, deren erſter Band die von ſeiner eigenen Hand geſchriebenen Worte Paletots, Hosen, Militär-, u. Beamtfen- unfformen, Sehuhe, Damenkleider ete. benstige dringend für meine Geschälte und Versand, dafür bezahle reelle, hohe, von keiner noch 830 prahlenden Kenkurrenz exreichte Proise. 2631 loh kaufe auch Möbel. Bettfedern Antiquen, Gold, Süber, Tressen, Partlewaren ete. Gefl. Oflorten exbeten per Post oder Telephon an Seligs, E4, G, nur fclladen. „Hufaummer 22 18. e nac nsedg, 5 Mk. Goethes trägt:„Sollen dich die Dohlen nicht umſchrein, mußt du nicht Knopf auf dem Kirchturm ſein.“ — Die Siſyphusarbeit am Panamakanal, die ſeit dem Jahr 1904 von den Vereinigten Staaten von Nordamerika fort⸗ geführt wird, ſchreitet allen Schwierigkeiten zum Trotz lang⸗ ſam vorwärts, und ſchon iſt über die Hälfte der Ausſchachtungs⸗ arbeiten erledigt. Man hofft, im Jahre 1915 den Rieſenkanal dem Verkehr übergeben zu können. Jetzt läßt ſich mittler⸗ weile auch über die Koſten⸗ und Ertragsfrage etwas ſagen. Anfänglich waren die Koſten auf 184 Millionen Dollar, 50 für den Ankauf, 134 für den Bau, beziffert worden. Heute bereits belaufen ſich die Etatsüberſchreitungen auf mehr als 30 Millionen Dollar, und von ſachmänniſcher Seite wird das erforderliche Geſamtkapital auf mindeſtens eine halbe Mil⸗ liarde Dollar geſchätzt. Dabei iſt freilich zu berückſichtigen, daß die Abmeſſungen des Werkes Erweiterungen erfahren haben, die eine ſtarke Erhöhung der Koſten unumgänglich machten. So mußte z. B. die Tiefe des Kanals, um die Durchſchleuſung der neuen Kriegsſchiffe vom Dreagnoght⸗ typ zu ermöglichen, auf 10,7 Meter, die Breite auf 45 Meter geſteigert, mußten die Maße der Drillingsſchleuſe bei Gatun auf 13 Meter Tiefe, 33,5 Meter Höhe und 305 Meter Länge gebracht werden. Auf der andern Seite iſt es aber wohl ſicher, daß an all den in Newyork erhobenen Anklagen und Verdäch⸗ tigungen wegen Durchſtechereien, Verſchenkungen wertvpoller Landkonzeſſionen und andern Schachergeſchäften manches Wahre iſt. Mit dieſer ſtändigen Steigerung und Verſchwen⸗ dung des Anlagekapitals ſinken natürlich die Ausſichten auf die Ertragsfähigkeit des Unternehmens in gleichſtarkem Maße. Die Bauleitung nimmt an, daß der Kanal fähig ſei, die Durch⸗ fahrt von jährlich 15000 Schiffen gegen 4500 Schiffe, die den einer höheren Leiſtung nicht mehr fähigen Suezkanal durchlaufen, zu vermitteln. Es iſt aber, ſo urteilt Dr. Lindſay Martin im Dezemberheft von„Weſtermanns Monats⸗ heften“, kaum zweifelhaft, daß ſelbſt die Stärke des Ver⸗ kehrs am aſiatiſchen Iſthmus auf abſehbare Zeit hinaus in Panama nicht erreicht werden wird. Denn die Weſtküſte Amerikas iſt wenig gegliedert, ihr Hinterland wegen der zum Meer nahe ſich hindrängenden Gebirgsketten ſchmal, ihre Kul⸗ kur jung und zum Teil noch ſehr rückſtändig. Der Stille Ozean aber iſt eine inſelarme Waſſerwüfte, und das End⸗ ziel und Zukunftsdorado des Handels, die oſtaſiatiſchen Häfen, werden wohl den amerikaniſchen, nicht aber den europäiſchen Häfen durch den Durchbruch bei Panama nähergerückt. Für die Vereinigten Staaten freilich ſind es nicht nur wirtſchaft⸗ liche, ſondern faſt mehr noch politiſche Intereſſen, die zur Vol⸗ lendung des Kanals drängen. Rooſevekts und Tafts imperia⸗ liſtiſche Politik wird nach dem Durchſtich des Iſthmus von Pa⸗ nama Weltbedeutung erlangen. Dann erſt werden die kultur⸗ rüickſtändigen Länder des amerikaniſchen Weſtens aufgeſchloſſen und der nordiſchen Vormacht wirtſchaftlich angegliedert wer⸗ den, dann erſt wird dieſe ihre Kampfmittel an jeder ihrer ſtrategiſchen Fronten zur See, an der öſtlichen wie weſtlichen, ſchnell konzentrieren können, dann erſt wird ſie ihre Machk⸗ erweiterungsideen, die nach dem Oſten, nach Hawai, Samoa und den Philippinen weiſen, energiſch vertreten können „„——— Beachten Sie Zefl. meine Auslagen! 5 DDeerreeerernr— Von Montag, den l. Novbr. bis W den 8. Novbr. bringe ich verschiedene, äusserst vorteilhafte Warenposten zu wirklich wohlfeilen Preisen zum Angebot! meiner Angebote! dute Gelegenheit, Aussteuern und praktische Weihnachtsgeschenke billig einzukaufen 75 Prüfen Sie die Vorteile Sin grosser 5fri 55 Grosse Posten Ein 17 GSummigürteln. ISSq Slfeston Joldtrissgürte!]“ Johwofzer- und deutscne Stiakepeien D 75 pig. swert! Stel 40 10 50 kig. Cret kbenhal, aus Cretonne mit 55 75 pig. 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