Freitag, 21. September 1028 Sonder ⸗Nummer Nr. 3303— 139. Jahrgang Der Nachbarstadt und ilren Beziehungen 1 Mannhehm gewidmet —— * „SS 1 1 5 5—— 1 5 160 2. Seite. Nr. 4898 Nene Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗ Kummer Freitag, den. Septemder 1928 6 Mannheim— Heidelberg Ein Brief des Mannheimer Stadtoberhauptes an die Neue Mannheimer Seitung Ihrem Kürzlich geäußerten Wunſche, mich für eine Sondernummer Ihrer Zeitung über das künftige Ver⸗ hältnis der beiden Städte Mannheim und Heidelberg zueinander zu äußern, komme ich gerne nach, trotzdem ich nicht verkenne, daß meine Beobachtung der Dinge noch eine ſo kurzzeitige iſt, daß meine Ausführungen An⸗ ſpruch auf Vollſtändigkeit in keiner Weiſe machen können. Ich muß mir deswegen auch die Neviſion meiner Auffaſſung in dem einen oder anderen Einzel⸗ punkt vorbehalten, wenn ich auch glaube, die große Linie der Entwicklung beider Städte heute ſchon richtig zu ſehen. Es gibt nirgends in Deutſchland zwei nahe beieinander liegende Städte, die ſich ſo wunderbar ergänzen wie Mannheim und Heidelberg. Wer aus der fruchtbaren Ebene des Rheinſtromes bei Mannheim kommt, iſt überrascht von dem völlig veränderten Landſchaftsbild, das die den Neckar begleitenden Berge des Odenwalds bieten. Mannheim iſt ſeiner Verkehrslage nach und mit ſeinen großangelegten Häfen der gegebene Anfiedlungspunkt für Handel und Induſtrie, Heidelberg eine Wohn- gegend von beſonderem Neiz. Hart beieinander liegen Burgenromantik, heiteres Naturgenießzen, internatio⸗ nales Leben, rieſige Fabrikſchornſteine und die rauhe Wirklichkeit des proletariſchen Großſtadtdaſeins. In kultureller Beziehung hat jede Stadt Beſonderes aufzuweiſen. Iſt Heidelberg gekennzeichnet durch den ſchönen Bau ſeines Schloſſes, die altehrwürdige und doch gegenwartsfreudige Univerſität und neuerdings durch ſeine Sommer⸗Feſtſpiele, ſo kann ſich Mannheim mit dem Schloßmuſeum, der Schloß bibliothek, der Kunſthalle und ſeinem ausgebildeten Muſikleben dem Nachbarn getroſt zur Seite ſtellen. Langſam wachſen die beiden Städte in ihrer baulichen Entwicklung einander zu. Mannheim zumal hat faſt nur den Weg nach dem Oſten frei, der nach Heidelberg führt. Als eine der künftigen Mannheimer Hauptſtraßen wird ſich einmal die Auguſta-Anlage bis gegen Heidelberg ziehen. Wie werden ſich nun dieſe beiden Städte, die die natürliche Entwicklung räumlich und erbehrspolftſc immer näher zuſammenbringt und die ſich in ihren Werten ſo herrlich ergänzen, künftig e verhalten müſſen? Ich glaube, daß ſich Mannheim und Heidel- berg bei aller räumlichen Nähe und bereits vorhandener Verkehrsverbundenheit noch nicht völlig entdeckt haben. So ſcheinen mir beiſpielsweiſe für die Entwicklung der Heidel⸗ berger Univerſität in Mannheim Möglichkeiten vorhanden zu ſein, die erſt von wenigen erkannt ſind. Es würde hier zu weit führen, Einzelheiten zu erörtern, jedenfalls aber wäre es zweckmäßig, wenn die Ver⸗ antwortlichen von hüben und drüben mehr als bisher in ſtändige Sühlung kämen, um auf ein planmäßiges Suſammenwirken hinzuarbeiten. Man darf dabei freilich nicht von machtpolitiſchen Geſichtspunkten ausgehen und glauben, daß in abſehbarer Seit das Städteproblem Mannheim— Heidelberg etwa durch Eingemeindung zu löſen ſei. Wer wieich das fruchtlole Ningen zwiſchen Nürn⸗ berg und Fürth und zwiſchen Hamburg und Altona miter⸗ lebt hat, ſteht ſolchen Zingemeindungsbeſttebungen ſkep⸗ tiſch gegenüber, wobei noch ins Gewicht fällt, daß Heidel⸗ f berg aus leicht begreiflichen Gründen eine viel ſtärkere e 1 als etwa Sürth oder ſelbſt Altona. Im September 1928. Solchen Sielen nachzuſtreben hieße nur Kraft ver⸗ geuden. Dagegen ſcheinen mir Spezialberein- barungen zwischen Mannheim und Heidelberg ſchon heute erreichbar zu ſein. Ich denke zunächſt an die Herſtellung einer Verkehrseinheit im Straßen- bahn⸗, Omnibus- und Lokalbahn-Verkehr, dann an die einheitliche Verſorgung mit Gas und Elektrizität. Eine gemeinſchaftliche Löſung anderer wirtschaftlicher Aufgaben könnte ſpäter folgen. Von beſonderer Wichtigkeit erſchiene mir ein ge⸗ meinſamer Bebauungsplan und eine gemein- fame Bodenpolitik, die ſich vor allem auf das Gebiet zwiſchen Heidelberg— Wieblingen und Secken⸗ heim erſtrecken müßten. Möchte man nicht wünſchen, daß in dieſer breiten Ebene einmal eine weiträumige, geſunde und ſchöne Stadt entſtünde gartenſtadt⸗ ahnlichen Charakters mit Einzelwohnhäuſern, Grün⸗ anlagen, großen Gärtnereibetrieben, Schulſiedlungen im Flachbau und dergleichen! Nicht minder wichtig, wenn auch viel ſchwieriger wäre es heute ſchon, ſo etwas wie einen gemein⸗ amen Kulturplan zwischen den beiden Städten aufzuſtellen und durchzuführen. Außerordentliche Mög⸗ lichkeiten ſehe ich gerade auf dieſem Gebiete. Bei einem Zuſammenwirken könnte hier einzigartiges ge⸗ ſchaffen werden, insbeſondere wenn es gelänge, auch noch Schwetzingen mit ſeinem Schloß und Park in dieſes Kulturprogramm einzubeziehen. Univerſität Heidelberg und Handelshochſchule Mannheim können zum beiderſeitigen Vorteil engere Beziehungen knüpfen; die in beiden Städten immer brennender werdende Cheaterfrage kann in befriedigender Weiſe wohl nur gemeinſam gelöſt werden. Auf dem Gebiete der Verkehrswerbung, des Ausſtellungsweſens und anderer Veranſtaltungen könnte im öntereſſe der Kräftevereinigung und auch der finanziellen Ersparnis Vieles zuſammen unternommen werden. Ich möchte mich auch hier auf dieſe wenigen Andeutungen be⸗ ſchränken, die natürlich im Einzelnen noch einer ge⸗ nauen Durchprüfung bedürfen. i Was erreicht werden kann, wird zunächſt davon abhängen, ob es gelingt, in beiden Städten eine Geſamtatmoſphäre zu ſchaffen, die einer Kooperation günſtig iſt. Gerade die Preſſe kann hier ſehr viel tun. Darum iſt es zu begrüßen, daß die„Neue Mannheimer Seitung“ das Problem aufge⸗ worfen hat mit dem Wunſche, die Verbindung beider Städte enger zu geſtalten. In zweiter Linie kommt es aber auf die leitenden Perſönlichkeiten an, die, geſtützt auf eine in der Bürgerſchaft vorhandene günſtige Stimmung, großzügig und unvoreingenommen, mit der Verwirklichung ſolcher Pläne beginnen. In dieſer Hinſicht iſt auch für Mann⸗ heim die kommende Wahl des Heidelberger Oberbürgermeiſters von weſentlicher Bedeutung. Möge es den Heidelbergern gelingen, an die Spitze ihres Gemeinweſens eine Perſönlichkeit zu ſtellen, die bei aller Wahrung der beſonderen Heidelberger Intereſſen die Möglichkeiten und Notwendigkeiten eines Zuſam⸗ menarbeitens beider Städte ſieht und verwirklichen hilft. 8. Hochachtung e der Hauptſtadt Wann hei eee ä Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonber⸗Nummet. 8. Seite. Nr. 4893 7 das geiſtige Leben austrugen. Nahe beieinandergelegen, am gleichen Flußlauf nur 20 km von einander entfernt, ſind die beiden Städte Mannheim und Heidelberg. Durch die Natur aufeinander angewieſen, die geſchichtliche Entwicklung hat ſie jedoch zunächſt in einen ſcharfen Gegenſatz gebracht. Die alte Hauptſtadt der Churpfalz, die jahrhundertelang ſtolz darauf war, den Herrſcherſitz eines mächtigen Fürſtengeſchlechts zu bilden, mußte es um die Wende des 18. Jahrhunderts über ſich ergehen laſſen, daß der neugegründete Seſtungsplatz an der Neckarmündung an ihre Stelle vorrückte, daß Mannheim als Sürſtenſitz mächtig aufblühte, wogegen ſie ſelbſt in die Neihe Heidelberg Mannheim gewaltige Induſtrie entwickelte, während Heidelberg nur langſam vorwärts kam, allmählich neben der Univer⸗ ſitätsſtadt zur Fremdenſtadt entwickelt. Kein Gegenſatz beſtand nunmehr zwiſchen beiden Städten. Man erkannte bald allgemein, daß beide aufeinander angewieſen waren, daß Mannheim für Heidelberg die Stadt des Erwerbs wurde, und daß andererſeits der Genuß der Schönheiten des Neckar- tals den Mannheimern nach ſchwerer ernſter Arbeit Erholung und Erfriſchung brachte. n Die Ueberzeugung wurde herrſchend, daß Mann⸗ heim und Heidelberg ſich nicht feindſelig gegenüberſtehen können, daß ſie viel⸗ einer ſtillen Provinz⸗ ſtadt herabſank. Während Hei⸗ delbergs alte Hoch⸗ ſchule immer mehr verkümmerte, hatte der Churpfalz in Mannheim einen neuen Mittelpunkt gefunden, in dem Kunſtſtatten geſchaf⸗ fen wurden, die den Nuhm der neuen Neſidenz weit hin⸗ Die Aufteilung der alten Pfälzer Herrſchaft machte 1 auch die Hauptſtadt Mannheim, wenn ſie auch dieſen Namen noch weiterführte, zur Provinz⸗ ſtadt. Der Nachbarſtadt Heidelberg brachte ſie mit der Neugründung der Universität durch Karl Friedrich ein ungeahntes Geiſtesleben. Trotzdem übte noch jahrzehntelang Mannheim auf die gebildeten Kreiſe Heidelbergs eine Anziehungskraft aus, die durch den Nuhm des Hof- und Nationaltheaters um die Hof⸗ haltung einer badiſchen Fürſtenwitwe getragen wurde. Die Einführung der erſten badischen Eiſenbahn hat die Verbindung zwiſchen den beiden Städten enger ge⸗ knüpft. Doch ſchlug Mannheim mit dem Aufblühen des Wirtſchaftslebens in Deutſchland begünſtigt durch ſeine Lage am Juſammenfluß von Neckar und Nhein andere Wege ein, die es zu der Höhe einer hervorragenden Handelsstadt führte, in der ſich in Bälde auch eine Heidelbergs Heidelberg liegt an der Stelle, da der Neckar die ſtimmungsvolle Enge des Gebirgstales verläßt und in die Städte und Länder verbindende, von Strom und Straßen belebte Rheinebene eintritt. So war es Heidelbergs Schickſal in früheren Jahrhunderten, aus der Enge in die Weite zu ſtreben; und die Tat⸗ lache, daß vom Schloßberg Weltpolitik gemacht wurde, iſt dem alten Heidelberg zum Verhängnis geworden. Heute iſt die Eigenart Heidelbergs dadurch be⸗ dingt, daß neben der alten Nomantik, die Jahrzehnte hindurch ſein Weſen faſt allein beſtimmte, ein neuer Geiſt hervortritt; er zeigt ſich in dem Ausbau be⸗ ſtimmter wiſſenſchaftlicher Inſtitute von zeitgemäßer Bedeutung, in der immer ſtärker werdenden Ver⸗ bindung mit Mannheimer und Pfälzer Induſtrie, in Muſikfeſten und Feſtſpielen und im Fremdenverkehr. Die Sukunft Heidelbergs wird davon abhängen, daß beide Richtungen nicht unverbunden neben⸗ oder gar gegeneinander wirken, ſondern daß ſie einander befruchten. Heidelberg darf nicht zum gewöhnlichen internationalen Fremdenplatz entarten; das würde das Ende ſeines beſonderen Weſens bedeuten. i Das Schloß vom Kornmarkt aus gesehen 8 0 mehr als notwen⸗ dige Beſtandteile einer größeren Ge⸗ meinſchaft eng zu⸗ ſammen gehören. Der alten Heidel- berger Hochſchule trat als jüngere Schweſter die neue Handelshochſchule in Mannheim zur Seite. Die Semein⸗ ſchaft zwiſchen bei⸗ den Städten hat auf bereits rechtliche Formen angenom- men. Auch äußerlich kommt dieſelbe da⸗ durch zum Ausdruck, daß die Grenzen der beiden Gemarkungen ſchon nahe aneinander gerückt ſind. Die Gemeinſchaft der Waſſerverſorgung, die im letzten Jahre durchgeführt wurde, wird vielleicht ſpäter als der Ausgangspunkt einer Entwicklung angeſehen werden, die kommen wird und kommen muß, die aus den beiden Städten ein großes Gemeinweſen bilden wird,— in welcher Rechtsform, mag dahingeſtellt bleiben— zum Segen nicht nur der beiden Städte, ſondern auch all der Menſchen, die am unteren Lauf des Neckars zuſammen wohnen. Oberbürgermeiſter der Stadt Heidelberg Zukunft 8 Heidelberg kann heute auch nicht wieder ein welt⸗ abgeſchiedener romantiſcher Muſenſitz werden; aber wenn jetzt aufs neue Weltpolitik in Heidelberg ge⸗ macht wird, dann ſoll es geſchehen in der Weiſe des dies politicus der Univerſität, des Cages der Streſe⸗ mann-Shurman- Promotion und nicht in der Weiſe des pfälziſchen Erbfolgekrieges. f 5 Wenn alle Kreiſe der Bevölkerung einschließlich des uns äußerlich und innerlich immer näher kommen⸗ den Mannheim ſich der beſonderen Möglichkeiten Heidelbergs, aber auch der Grenzen ſeiner Miſſion mehr und mehr bewußt werden, dann iſt eine orga⸗ niſche und heilbringende Entwicklung der Eigenart Heidelbergs zu erhoffen. einzelnen Gebieten 8 4. Seite. Nr. 49a Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den 21. September 1928 Mannh eim-Heidelberg im Verkehr Von Bürgermeister Amberger Der kleine Bindbeſtrich zwiſchen den beiden Stäbte⸗ mamen hat eine tiefinnere Berechtigung. Er weiſt auf die Tatſache hin, daß es ſich hier um zwei Städte han⸗ delt, die nicht nur räumlich nahe beieinander liegen, ſondern auch durch die gegebenen Tatſachen lebhafte wechſelſeitige Beziehungen unterhalten. Die Ver⸗ knüpfung beider Städte iſt gerade deshalb ſo ſtark, weil durch ihre verſchiedenartige Struktur ſie ſich auf das glücklichſte ergänzen. Die Technik des modernen Verkehrs überwindet immer in früher ungeahnt raſchem Tempo Raum und Beit. Noch in den 70er Jahren bedeutete für den Heidelberger Bürger ein„Ausflug“ nach dem„ſchwar⸗ zen Schiff“ in Neuenheim ein Ereignis; man war am Sonntag„über Land gegangen“. Heute führt die Sountagsfahrkarte die große Maſſe der Städte 50 und mehr Kilometer Sonntags in das Land hinaus. Für das Auto wird faſt jede bdeutſche Ländergrenze, wenigſtens im Süden unſeres Vaterlandes für jeden Sonntagsausflug zu eng. Dieſe Tatſachen dürfen bei der Betrachtung der Dinge undinsbeſonders bei der Zielſetzung kommunalpolitiſcher Aufgaben nicht außer Acht gelaſſen werden. Es iſt für keine Gemeinde mehr möglich, Kirchturmpolitik zu treiben. Die Stadtmauern ſind in allen Städten ſchon ſeit langen, langen Jahren verſchwunden und die hin und da noch vorhandenen Ueberreſte werden höchſtens noch in„Fremdenführern“ erwähnt. Aber im ideellen Sinne beſtehen ſie noch manchmal, und es müß Aufgabe jeder modernen Verwaltung ſein, ſich von ſolchen Vorſtellungen radikal frei zu machen. Die Natur ſelbſt hat den beiden Städten ihre ver⸗ schiedenen Aufgaben zugeteilt. 55 K Mannheim, an der hervorragenden Waſſer⸗ ſtraße des Rheins und an der Mündung des Neckars gelegen, hat nach kurzem höfiſchem Glanze ſeine be⸗ deutſame Rolle als Handels⸗ und Induſtrieſtadt er⸗ kannt und im letzten Jahrhundert zielbewußt verfolgt. Die Umwandlung des deutſchen Agrarſtaates zum modernen Induſtrieſtaat, welche insbeſonders nach der Reichsgründung einſetzte, kam der Stadtentwick⸗ 8 7 e,, 1 0 U 152 8 75 455 5 a 2 775 5 W e d Scheffeldenkmal auf der Jchloßgartenterrasse lung Mannheims zu gute; ſo wurde ſte zu einem Karken Induſtrie⸗ u. Wirtſchafts zentrum. 5 8 eidelberg konnte der Nachbarſtadt nicht im gleichen Schritte auf dieſem Wege folgen. Seit vielen Jahrhunderten Univerſitätsſtadt hat ſie dieſen faſt ausſchließlichen Charakter noch lange Zeit bewahrt. Die landſchaftlich hervorragende und einzigartige Lage der Stadt machte ſie zu einer bevorzugten Wohnſtadt für viele, welche als Rentner die An⸗ nehmlichkeiten einer von Natur reich beſchenkten Untverſitätsſtadt genießen wollten. Das ſtarke Wachstum der Nachbarſtadt Mannheim war auch für die Entwicklung Heidelbergs bedeutſam. Heidelberg und das ſchöne Neckartal iſt noch ſtärker in Erſcheinung treten. die natlüeliche Erholungsſtätte der Mannheimer Andererſeits zieht der Induſtrieplatz Mannheim viele Arbeitskräfte von auswärts an. Nach einer Aufſtellung vom 10. Oktober 1927 zählte Heidelberg beinahe 2000 auswärtige Berufstätige. Die Mehr⸗ Der Glockenturm von der Scheffelterrasse gesehen zahl davon iſt in Mannheim und Ludwigshafen be⸗ ſchäftigt. Die hier erſt in den Anfängen ſtehende Ent⸗ wicklung wird in Zukunft weiterhin Fortſchritte machen. Mit der Verbeſſerung der Verkehrsmittel wird es immer leichter möglich, Wohnort und Berufs⸗ ort zu trennen. Heidelbergs Funktion als einer der bevorzugten Wohnplätze Mannheims wird in Zukunft Bei dieſem regen wechſelſeitigen Verkehr erklärt ſich leicht die Tatſache, daß die Lokalſtrecke Mannheim— Heidelberg die ſtärkſte Frequenz in ganz Südweſtdeutſchland aufweiſt. * Mannigfaltig ſind daher die Aufgaben, welche von beiden Städten zum Vorteil beider in gemein⸗ ſamer Zuſammenarbeit gelöſt werden müſſen. Allen voran ſteht die Ver beſſerung der Ver⸗ kehrs mittel. In dieſer Beziehung bleibt noch recht viel zu tun. Die Verkehrswege ſind noch faſt die gleichen wie vor 50 und mehr Jahren. Die Reichs⸗ bahnſtrecke, welche den Nahverkehr zu bewältigen hat, iſt gleichzeitig eine Fernbahnſtrecke mit ſtarken Ueber⸗ kreuzungen; daher begegnet die ſchon längſt als Not⸗ wendigkeit erkannte Durchführung eines ſtehenden Fahrplanes mit kurzer Zugfolge erheb⸗ lichen Schwierigkeiten. Die Elektrifizierung iſt gerade für dieſe Strecke zu fordern, weil damit der Lokal⸗ verkehr in erheblichem Maße verbeſſert werden kann. Einen weiteren Schienenſtrang zwiſchen beiden Städten zieht die O berrheiniſche Giſenbahn⸗ geſellſchaft. Bisher als Dampfbahn betrieben, konnte ſie durch die lange Fahrzeit für den Perſonen⸗ kehr keine erhebliche Rolle ſpielen; in der Hauptſache kam ſie dem Berufsverkehr der kleineren Gemeinden mit Mannheim zu Gute. Mit der nunmehr begon⸗ nenen Elektriftzterung wird hierin ein gewiſſer Wandel eintreten. Der große Vorteil gegenüber der Reichsbahn liegt darin, daß auf dieſer Linte ein Ver⸗ kehr von den Mittelpunkten beider Städte direkt möglich wird. * Das Verkehrsmittel der Zukunft für kleinere und mittlere Entfernungen iſt das Auto. Obwohl die be⸗ ſtehende Landſtraße durch ihre Enge und durch die Tatſache, daß ſie ſich durch eine Reihe von lang⸗ geſtreckten, kleineren Gemeinden zieht, für den modernen Autoverkehr nicht geeignet iſt, hat ſich der Autoverkehr in den letzten Jahren ſprunghaft ver⸗ größert. Es iſt nunmehr faſt allgemein anerkannt, daß es kaum eine Strecke in Deutſchland gibt, welche für den Bau einer reinen Autoſtraße geeigneter erſcheint als die Strecke Mannhelm⸗ Heidelberg. Durch die Gründung der„Nord⸗ badiſchen Autoſtraßengeſellſchaft“ haben die beiden Städte bie Ausführung einer ſolchen Straße als ge⸗ meinſame Aufgabe aufgenommen. Es wird hoffentlich bald gelingen, die noch beſtehenden Widerſtände und Hemmungen hinwegzuräumen und die im Plan bereits fertige Autoſtraße zur Ausführung zu bringen. Dann wird auf dem gleichen Gebiet, auf welchem vor beinahe hundert Jahren die erſte Eiſenbahn in Südweſt⸗ deutſchland erbaut wurde, auch die erſte Auto⸗ ſtraß e erſtehen und damit eine Entwicklung einleiten, welche erſt die richtige Ausnützung des Autos im modernen Verkehr ermöglicht. * Wirtſchaft und Technik mit ihrer kategoriſchen For⸗ derung der Rationaliſierung auf allen Gebieten er⸗ öffnet ein weites Feld gemeinſamer Arbeit und ge⸗ meinſamen Wirkens auf dem Gebiete der kommu⸗ nalen Wirtſchaft. Die Verſorgung der Bevöl⸗ kerung mit Waſſer, Wärme und Licht wird in Zukunft kaum mehr von der einzelnen Gemeinde ſelbſtändig durchgeführt werden. Auf dem Gebiete der Elektrizität iſt ſchon vieles getan. Gas und Waſſer werden und müſſen folgen. Der füngſt erfolgte An⸗ ſchluß Heidelbergs an die Waſſerverſorgung Mann⸗ heims dürfte Richtung gebend für weitere Maßnahmen auf dieſem Gebiet ſein. * Aber nicht allein bei rein wirtſchaftlichen Maß⸗ nahmen wird das Geſetz der Rationaliſierun.g ſich in Form enger Zuſammenarbeit geltend machen; auch auf dem weiten Felde der kulturellen Be⸗ trebungen drängt die Macht der Tatſachen zu einem verſtändnisvollen Zuſammenarbeiten. Schon haben ſich auch auf dieſem Gebiete zwiſchen den beiden Städten Anſätze bemerkbar gemacht, die zukunftsver⸗ heißend ſind. Gerade nach dem Kriege muß es eine vor⸗ nehme Aufgabe jeder Gemeinde ſein, die Pflege und Förderung des deutſchen Kulturgutes nicht zu vernach⸗ läſſigen. Die privaten Kreiſe, welche vor dem Kriege ſehr ſtark hier helfen konnten, haben zum größten Teile nicht mehr die Kraft dazu. Der oft ſchnell gebil⸗ dete Neureichtum fühlt und empfindet in ſolchen Dingen noch keine innere Verpflichtung. Aber die Laſt der Städte iſt groß, und ſo müſſen ſie darauf bedacht 7— 1 N 7— e 2 7 2 Schloßeingang im Torturm ſein, im Intereſſe dieſer kulturellen Beſtrebungen mit ihren Pfunden zu wuchern. Sorgſam müſſen die Ueberlegungen angeſtellt werden, ob es nicht möglich tſt, auch auf dieſen Gebieten zu rationaliſteren. Man kennt die erſchreckend hohen Ausgaben für das Theater, welche wie ein Bleigewicht jeden laufenden ſtädtiſchen Haushalt belaſtet. Die Aufgabe, welche ſich hier auf⸗ zeigt, iſt keine einfache. Künſtleriſche Dinge müſſen mit beſonders ſorgſamer Hand angefaßt werden; aber ſie bleiben von dem rauhen Zwang der Tatſachen nicht verſchont. Hier einen gangbaren Weg zu zeigen, würde hohes Verdienſt in ſich tragen. Die bisherigen Vor⸗ ſchläge konnten bis jetzt reale Geſtalt nicht annehmen. Doch kann damit die Sache nicht beiſeite gelegt werden; der gute Wille zum Weg wird auch den Weg ſchaffen. 5 Rene Mannheimer Jeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer B. Seite. Nr. 489a e er — BERLIN- DRESDEN Eigenkapital: RM 132000 000. 85 Niederlassungen u. a in: MANNHEIM HEIDELBERG LUDWIGSHAFEN a. Rh. Die Dresdner Bank wurde im jahre 1872 in Dresden gegründet. Im Jahre 1881 wurde eine Niederlassung in Berlin errichtet, wohin einige Jahre später auch die Zentraldirektion übersiedelte. Im Laufe der Jahre errichtete die Dresdner Bank im In- und Auslande eine große Anzahl von Filialen, sie ist heute an allen wichtigen Plätzen Deutschlands vertreten und an einer Reihe von anderen Bankinstituten maßgebend beteiligt und zwar u. a. bei der: DEUTSCH SUDAMERIKANISCHEN BANK A. G. IN BERLIN mit Niederlassungen in Hamburg, Madrid, Buenos-Aires, Rio de Janeiro, Sao Paulo, Santos, Asuncion, Santiago(Chile), Valparaiso, Mexico DEUTSCHEN ORIENITIBANK A. G. IN BERLIN mit Niederlassungen in Hamburg, Konstantinopel, Smyrna, Cairo, Alexandrien PRO EIN. O GUTMANN, AMSTERDAM, Commandite der Dresdner Bank AUSLANDISCEE NIEDERLASSUN GEN beßnden sich in: 1 DANZIG, BUKAREST, KAT TOWITZ, KONIGSTHNHTTTE, IAENO WITZ Gola. OS Auch in BADEN und der PFALZ bestehen schon Leit vielen Jahren Niederlassungen und zwar seit ca. 30 Jahren in MANNHEIM ferner in 1 HEIDELBERG, FREIBURG, KONSTANZ, LUDWIGSHAFEN Diese Niederlassungen haben es sich zur Aufgabe gemacht, der badisch- pfälzischen Industrie und dem Handel in weitgehendem Maße ihre Dienste zur Verfügung zu stellen. Ihr Hauptaugenmerk richtet sich auf die Pflege des Konto- Korrent- Geschäftes, insbe- sondere die Gewährung von Rembours · Krediten und Diskontierung von Wechseln. i Nach dem Kriege hat es sich die Dresdner Bank angelegen sein lassen, die alten Berienungen zum Auslande wieder anzuknüpfen,. um dadurch für die deutsche Wirtschaft ausländische Kredite zu günstigen Bedingungen zu erhalten. Eine weitere Aufgabe sah die Dresdner Bank insbesondere darin, die Finanzierung des deutschen Außenhandels auf eine breite Grundlage zu stellen, was ihr dank ihrer weitreichenden Beziehungen zum Ausland, in weitestem Maße geglückt ist. Es betrugen in Millionen Mark bzw. Reichsmark die Rembours- Kredite: * 1 Bei 5 Berliner Großbanken davon Presdhker Bank Dresdner Bank, Deutsche Bank, Disconto-Oes., Danat-Bank, Commerz.& Privat- Bank) in Millionen 1913 5060 i 1166 „ 440,1 138.8 199„ 128,8 1927 7720 6 1 31¹. 3. 28 e 224.0 Um die für die Kapitalbildung und den Wiederaufbau der Wirtschaft so wichtige Spartätigkeit zu tördem, hat die pee Bank vor einiger Zeit ais neuen Geschäftszweig die Errichtung von Sparkonten und die Ausgabe von Banksparbüchern eulgenommen, wodurch auch für kleinere Beträge eine e Anlage und Verzinsungsmöglichkeit geboten wird. 5„„ 8. Seite. Nr. 4802 Nene Nannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Kummen Freitag, den 21. September 1028 Die ſich überſteigernde Verbeſſerung der Verkehrs⸗ mittel hat in allen Staaten eine enorme Verkehrsent⸗ wicklung mit ſich gebracht, und die überzeugenden 1 Statiſtiken des Ausländerverkehrs klaſſiſcher Reiſe⸗ länder wie Italien, Schweiz reden eine eindringliche Sprache, dieſen Auslandsverkehr als„unſichtbaren Export“ im Intereſſe der Zahlungsbilanz jede mög⸗ Gäste in Heidelberg reiches Gebiet trotz denkbar günſtigſter Verkehrslage, in verkehrspolitiſcher Hinſicht nur ein Ausflugs⸗ und Durchreiſegebiet für den angrenzenden Schwarzwald und Rhein, die ſich als größeres Reiſeziel mehr den Dauergaſt ſichern konnten. liche Förderung zuteil werden zu laſſen. Auch Deutſchland beginnt wieder, ſich ſeinen Anteil an dieſem Verkehr zu ſichern, dem es dank ſeiner günſtigen geographiſchen Zentrallage, dank ſeines Reichtums an Heilquellen und Kurorten, an eigen⸗ artiger Landſchaftsſchönheit und hiſtoriſchen Städte⸗ bildern, dank ſeiner einzigartigen kulturellen Veran⸗ ſtaltungen, zu einer günſtigen Fortentwicklung bringen kann. Von den deutſchen Gauen iſt wiederum das Rhein⸗ tal beſonders für den Verkehr begünſtigt, durch ſeine Grenzlage und ſeine klimatiſchen und landſchaftlichen Vorzüge. Das obere und mittlere Rheintal beſitzt die traditionellen mondänen Kur⸗ und Fremdenzentren — Baden⸗Baden und Wiesbaden— zu denen ſich die „Muß“bäder Nauheim, Neuenahr, Ems, Kreuznach u. a. geſellen, es beſitzt ſeine klimatiſchen Kurgebiete — wie Schwarzwald und Taunus. Alles dies ſind für den Reiſenden bekannte Begriffe für Dauer⸗ aufenthalt als Stätten der Erholung. Eine weitere Gebietszuſammenfaſſung unter dem Begriffe„des Rheins“ ſchlechthin, iſt die durch die Rheindampfer er⸗ ſchloſſene Rheinſtrecke Mainz Köln. Während ſich ſo ſüdlich und nördlich vor uns Reiſegebiete für Dauer gäſte gebildet haben, die in ihrer Geſamtheit eine Vielfältigkeit von Intereſſantem den Reiſenden in Ausſicht ſtellen, und ihn veranlaſſen, ſeine Reiſe ganz auf dieſe Gebiete einzurichten, iſt unſere eigene Gegend, die man am beſten mit der ehe⸗ maligen„Kurpfalz“ umſchreibt, ein reines Durch⸗ reiſegebiet geblieben. Weder zum Schwarzwald noch zur traditionellen Rheinſtrecke gehörig, durch ungünſtige politiſche Grenzen ihres früheren wirtſchaft⸗ lichen Zuſammenhanges beraubt, iſt unſer an land⸗ ſchaftlicher Schönheit und hiſtoriſchen Stätten ſo über⸗ Wenn im Geſpräch der Name Heidelberg fällt, ſo denkt der Deutſche wie der kundige Ausländer wohl an„die ſchickſalskundige Burg“ der Matthiſon'ſchen f Elegie, an Scheffels Geſänge und die„Bruck“, vielleicht auch an die Suleika⸗Lieder oder an des Knaben Wunderhorn, an das ganze ſchöne Landſchaftsbild, nur S an rauchende Schornſteine denkt er ſicher nicht. Aber Heidelberg hat auch Induſtrie! Ees verfügt ſogar über ein Wirtſchaftsgebiet ganz eigener Prägung, das von einer eigenen Handels⸗ kammer tatkräftig betreut wird. Die Induſtrie Heidel⸗ bergs trägt keinen einſeitigen Charakter, ſondern iſt vielſeitig und reichhaltig, was den Vorteil hat, daß bei Konjunkturſchwankungen einzelner Geſchäfts⸗ zweige die Einwohnerſchaft davon nicht ſo hart be⸗ troffen wird, wie die Bevölkerung einer Stadt mit einer Spezialinduſtrie. Beim Beſuch einer größeren Anzahl der führenden Werke iſt es mir in perſönlichen Unterredungen gelungen, ausführliche Angaben zu alten, die hauptſächlichſte Unterſtützung für meine sführungen verdanke ich jedoch Herrn Handels⸗ ammerſyndikus Dr. Schupp, der mehrere Jahre emſiger Sammelarbeit auf die Beſchaffung von Unter⸗ agen für ſeine 1924 erſchienene Broſchüre über die In duſtrie des Bezirks der Handels⸗ a mmer Heidelberg verwendet und dieſes in⸗ wiſchen teilweiſe überholte Material in mehreren tückſprachen mit mir aktualiſiert hat. Mehrfach konnte ich Angaben auch dem Werk des Badiſchen Statiſtiſchen Landesamts über„Die Induſtrie in Baden“ ent⸗ ehmen. Verkehrspolitiſch liegt die Heidelberger Induſtrie nicht ungünſtig, da ſie infolge der Nachbarſchaft Frank⸗ furts in nächſter Nähe der deutſchen Hauptverkehrs⸗ der liegt und die Verkehrslinien des Rheines mit hren Ausſtrahlungen nach Württemberg, Heſſen, falz, Bayern, Schweiz und Oeſterreich, Heidelberg Friedrichsfeld zu einem nicht unbedeutenden Knoten⸗ zunkt geſchaffen haben. Der wichtigſte Fluß des In⸗ uſtriegebietes iſt der Neckar. Um ſeine Kanali⸗ ſierung, die zur Gewinnung von Waſſerkräften und zur Hebung des billigeren Waſſerverkehrs nötig war, wurde jahrzehntelang gekämpft. Die Strecke Mann⸗ Heidelberg iſt ber f d in eits für die Groß⸗Schiffahrt Goethes Lieblingsplatz im Schloßpgarten Heidelberg und seine Industrie Neckargemünd und Neckarſteinach zu arbeiten. Die durch die Kanaliſierung entſtandenen Neckarkraftwerke bei Wieblingen, die ihre Kraft hauptſächlich an das Badenwerk abgeben, gehören nebſt dieſem mit zu den größten Stromerzeugern des badiſchen Landes. Der Stromverbrauch in Baden beträgt jährlich jetzt bereits etwas über eine Milliarde Kilowattſtunden. Bei geeigneter Strompreispolitik iſt er noch ſehr ſteige⸗ rungsfähig. Nur dürfen die Dinge nicht ſo angefaßt werden, wie etwa bei Heidelbergs und damit zugleich Badens * älteſten induſtriellen Anternehmen, der nach den Angaben des Landesamts im Jahre 1340 entſtandenen Herren mühle, die Strom in ſteigen⸗ dem Maße bezieht. Von dieſem induſtriellen Unter⸗ nehmen ſprechen die Heidelberger nicht gerne, viele empfinden es als einen Schönheitsfehler in der Land⸗ ſchaft. Sein neueſter Silo⸗Bauplan, der altes Ge⸗ rümpel beſeitigen ſollte, wurde abgelehnt, weil er„ge⸗ eignet iſt, das Geſamtbild der Schloßruine, ſowie die landſchaftliche Schönheit des Neckartales auf das ſchwerſte zu beeinträchtigen.“ Die Heidelberger müſſen ihren Streit ſelber aus⸗ tragen, aber wie wäre es mit einer Heidelberger Schloß⸗Freiheits⸗Lotterie? Karlheinz, Kät⸗ chen und das in Heidelberg verlorene Herz werden überall in der Welt für den Losabſatz ſorgen. Vielleicht wäre hier eine dankenswerte Aufgabe für den neuen Heidelberger Oberbürgermeiſter. Vorläufig ſind Heidelbergs Induſtrie und dieſer Kampf nicht von⸗ einander zu trennen. i Wer ſich ob dieſes Kampfes in der Nahrungs⸗ und Genußmittel⸗Induſtrie erhitzt hat, kann ſich in der Heidelberger Aktienbrauerei vormals Kleinlein abkühlen, die 1870 gegründet, 1916 die „Kronenbrauerei Heidelberg G. m. b..“ und 1919 die Schroedl'ſche Brauereigeſellſchaft in ſich aufnahm, oder in der Heidelberger Brauereigeſellſchaft zum Engel ſtärken.— Senf zum Frühſtück(und Weineſſig) kann die 1863 gegründete Senf⸗Fabrik Fr. Reiſig liefern, die mit zu den 30 führenden Firmen unter den etwa 150 deutſchen Senf⸗Fabriken gehört.— Kirſchwaſſer oder We inbrand aus ſüdfranzöſiſchen, ſpaniſchen oder italieniſchen Weinen ürden d men Joſ. H Unternehmungen iſt zunächſt die Fa. P. J. Lan d⸗ [land& Co., Fr. Rei⸗ Von Fritz Gabler-Heidelberg Wenn man aber zielbewußte Verkehrspolitik treiben will, ſo iſt die Verlängerung der Aufent⸗ haltsdauer der Reiſenden eines der Haupt⸗ probleme. Der örtliche Handel und das Gewerbe ziehen nur wenig Gewinn aus den Reiſenden, der als Paſ⸗ ſant ohne Gepäck unſere Orte durchreiſt, die er nur als Ausflug von ſeinem Standquartier aus beſucht. Wir müſſen ſelbſt Standauartier werden, wir müſſen für das Gebiet der alten Kurpfalz mit ſeinen ſonnigen Hängen an der Haardt, ſeinen ſchönen 8 ö alten Domen in Speyer und Worms, dem ruinen⸗ 7 N reichen Neckartal, dem ſagenhaften Odenwald und der lieblichen Bergſtraße über die politiſchen Grenzen hinaus einen Reiſeſammelbegrtiff finden, der Reiſeziel für einen Daueraufenthalt wird. Hier finden Heidelberg und Mannheim ein Gebiet reicher Gemeinſchaftsarbeit, denn hier am Neckar und am Rheine in den alten Hauptſtädten der Kurpfalz ind die gegebenen Mittelpunkte dieſes Reiſegebietes. Heidelberg iſt heute ſchon ein internationales Reiſe⸗ ziel von Ruf, in ihm vereinigt ſich zu größter Inten⸗ ſität die Eigenart unſeres engeren Heimatgebietes zandſchaftszauber voll hiſtoriſcher und kultureller tomantik— es iſt unſer gegebenes Verkehrszentrum, hon dem aus die Rheinpfalz, der Odenwald und die gergſtraße mehr und mehr als das Reiſegebiet „Am Neckar und am Rheine“ 5 bropagiert werden müſſen, nicht zuletzt auch zum Nutzen unſerer Großſtädte am Rhein, denn Verkehrs⸗ belebung hat auch auf die Induſtrieanſiedlung, auf Handel, Wirtſchaft und Fahrplangeſtaltung die günſtigſten Auswirkungen. Solches Ziel hat ſich die„Verkehrskonferenz“ ge⸗ ſetzt, die Heidelberg und Mannheim als Hauptſtützen zählt. Weitſichtige Gemeinſchaftsidee anſtelle zerſplit⸗ ternder Kirchturmspolitik zu pflegen, unſerem pfälzerland„am Neckar und am Rheine“ die Geltung in großem Fremdenverkehr zu ſichern, die es dank ſeiner vielſeitigen Schönheit und Kultur verdient, iſt eine erfolgverſprechende Aufgabe, die volle Unter⸗ ſtützung aller Kreiſe verdient. N e 1. 2 1— „7700 J.!,]ĩ—“]³Ä ̃⁵˙—l1l. ¾w.] ꝗ., Von Georg Haller-Mannheim In Baden ſteht der Tabak unter den angebauten Handelsgewächſen bekanntlich an erſter Stelle. 62,3 7 des geſamten in Deutſchland gepflanzten Tabaks ſind badiſche Tabake und es iſt naheliegend, daß in dem Lande, das im Tabakbau des Reiches an der Spitze marſchiert, ſich auch eine ſtarke Tabak⸗Induſtrie entwickelt haben muß. Nach der letzten Erhebung von 1925 waren in der badiſchen Tabak⸗Induſtrie insgeſamt 823 Firmen tätig. Heidel⸗ berg iſt darunter ſtark vertreten. Von ſeinen Tabak⸗ fried zu nennen, die im Jahre 1810 von dem Urgroß⸗. vater der jetzigen Inhaber, Philipp Jacob Landfried,* gegründet wurde. Die Familie Landfried ſtammt ab von dem Pfälzer Johann Ludwig Landfried, der im Jahre 1680 aus Meiſenheim a. Glan nach Heidelberg kam. Nach der Zerſtörung Heidelbergs waren viele alteingeſeſſene Heidelberger Familien ausgewandert und nicht mehr zur Rückkehr zu bewegen, weshalb der Kurfürſt für die Bürger eine Reihe von Privilegien (darunter Steuerfreiheit) ſchuf. Dies brachte eine ziemlich bunt zuſammengewürfelte Geſellſchaft nach Heidelberg, der gegenüber Johann Ludwig Landfried bald, trotz der kurzen Zeit ſeines Aufenthaltes, zu den Eingeſeſſenen gehörte und als Beſitzer des„Goldenen Herz“ und des„Faulen Pelz“ es bis zum Stadthaupt⸗ mann brachte. Noch einige Generationen hindurch betätigten ſich die Landfrieds als Gaſtwirte, ſpäter waren ſie Kaufleute. Dieſe Kaufleute betrieben den Handel mit Kolonialwaren und Tabakerzeugniſſen. Die Firma wurde als Handelshaus gegründet, ſpäter wurde ſie offene Handelsgeſellſchaft und nahm die Her⸗ ſtellung von Rauchtabak auf; Mitte des vorigen Jahr⸗ hunderts ging ſie auch zur Zigarren⸗Fabrikation und zu deſſen Ende zur Kautabak⸗Fabrikation über; Zigaretten ſtellt ſie auch heute noch nicht her. In der Kautabak⸗Erzeugung hat ſie als die bedeutſamſte Fabrik in Süddeutſchland zu gelten, die in ganz Deutſchland nur übertroffen wird durch die Fabriken des Fabrikationszentrums für Kautabak, Nordhauſen, die ſich zuſammengeſchloſſen haben. Das Zentralbüro der Fa. Landfried und ihre Rauchtabak⸗ und Kautabak⸗ 71 77 ’nß. 2 45 1 Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer 5 5. Seite. Nr. 400% Fabriken auf dem Lande betrieben, nämlich in Rauen⸗ berg, Dielheim, Mühlhauſen und Rot, alle Bezirks⸗ amt Wiesloch, und in Kronau, Bezirksamt Bruchſal. Die Firma iſt für die Dezentraliſation der Zigarren⸗ Fabrikation in Baden beiſpielgebend geweſen, die im großen ganzen auf dem Lande betrieben wird, weil es ſich faſt ausſchließlich um Handarbeit handelt, was in ſozialer Beziehung den großen Vorteil hat, daß die Arbeiterſchaft ſeßhaft bleibt, da die von der Firma in ihren Fabriken beſchäftigten etwa 1500 Menſchen, wozu noch etwa 70 Angeſtellte kommen, größtenteils über Landbeſitz verfügen. Zur Verarbeitung gelangt Tabak aus der Pfalz, dem Hanauer Land und dem übrigen Baden, aus der Nürnberger Gegend und aus der Uckermark. Im großen Maß wird außerdem auslän⸗ diſcher Tabak für die Zigarren⸗Fabrikation verar⸗ beitet. Der ſteuerlich begünſtigte Feinſchuitt aus Pfälzer Tabak wird beſonders bevorzugt, ſodaß die mit dieſer Steuerbegünſtigung angeſtrebte Förderung des Pfälzer Tabakbaues erreicht wird. Als nächſtgrößtes Unternehmen gilt die Fa. M.& F. Liebhold AG., Zigarren⸗ und Rauchwarenfabrik in Heidelberg, mit 6 Filtal⸗Fabriken in Heidelberg⸗Kirchheim, Bammen⸗ tal, Rohrbach, Hockenheim, Rauenberg und Tairnbach (Amt Wiesloch), die als Zigarrenfabrik bereits 1869 gegründet wurde. Andere angeſehene und bedeutende Unternehmungen, die nur Zigarren herſtellen, ſind die 1 2 Firmen Gebr. Maier, Zigarrenfabrik in Heidel⸗ berg, mit 6 Filial⸗Fabriken, N. Marx Söhne mit 5 Filial⸗Fabriken, Gebr. Fiſch, J. M. Pfeiffer, Joſef Schönemann.m. b.., Marx& Schloß, Friedrich Erhard, Zigarrenfabrik in Heidelberg⸗ Leimen mit 5 Filial⸗Fabriken in Walldorf, Baiertal, Horrenberg, Mühlhauſen und Sandhauſen. Ins⸗ geſamt beſchäftigen ſich in Heidelberg 31 Firmen mit der Tabakverarbeitung. Inu der Induſtrie der Steine und Erden ſteht ihrer Bedeutung nach an erſter Stelle die Port⸗ land⸗Cementwerke Heidelberg⸗Mann⸗ heim⸗Stuttgart AG. mit dem Sitz in Heidelberg, Fabrik in Leimen. Dieſes Werk nahm ſeinen Ausgang von der im Jahre 1873 in Heidelberg gegründeten Portland⸗Cementfabrik vorm. Schifferdecker& Söhne. Als im Jahre 1895 die geſamte Heidelberger Fabrikanlage einem Schadenfeuer zum Opfer fiel, wurde die Fabrik nach Leimen verlegt. 1899 über⸗ nahm die Geſellſchaft die Portland⸗Cementfabrik Nürtingen(Württemberg), 1901 vereinigte ſich das Unternehmen zwecks Betriebsvereinfachung mit der Mannheimer Portland⸗Cementfabrik AG., wodurch der Grundſtein zu dem großen Konzern gelegt wurde, der ſich im Laufe der Jahre eine ganze Reihe wichtiger Werke in Baden, Heſſen, Württemberg und Bayern angliederte und ſeit 1918 die obige Firma führt. Zurzeit hat die Geſellſchaft 9 Werke in Betrieb, außer⸗ dem betreibt ſie noch 3 große moderne Dampfziege⸗ leten in Stuttgart⸗Cannſtatt und Lochhauſen bei München. Nach Produktion und Abſatz ſteht der Kon⸗ zern in der deutſchen Cementinduſtrie an erſter Stelle. Er hat 1927 rund 900 000 Tonnen Portlandcement ins In⸗ und Ausland zum Verſandt gebracht. Die Ge⸗ ſamtkapazität ſeiner Fabriken liegt zwiſchen 14 und 12 Millionen Tonnen. Das zweitgrößte Konzern⸗ werk liegt in Weiſenau bei Mainz, das wegen ſeiner frachtgünſtigen Lage einen großen Teil der Export⸗ geſchäfte ausführt. Nürtingen am Neckar verſorgt mit ſeiner Produktion von rund 100 000 Tonnen einen großen Teil des württembergiſchen Bedarfs um Stuttgart, während das kleinere und ältere Werk Münſingen, ſowie die große Fabrik in Schelk⸗ lingen hauptſächlich für den Bedarf des württem⸗ bergiſchen und bayeriſchen Schwabens eingeſtellt ſind. Für den unterfränkiſchen, mittelfränkiſchen und nordoſtbadiſchen Bedarf ſorgt die große Fabrik „Wenn ich den Rhein mit ſeinen Zergen der männlichen Schönheit vergleichen könnte, ſo oͤas Neckartal oͤer weiblichen; dort iſt alles in ſtarken, feſten Ketten, altöeutſchen Ak⸗ korden, hier alles in einer ſanften, ſingen⸗ den, provenzaliſchen Tonart.“ Robert Schumann(1830) Leungfurt a. M. Nahe der öſterreichiſchen Grenze, im öſtlichen Bayern, liegt die Fabrik Burglengenfeld und im füdlichen Bayern eine ältere und eine neuere Fabrik, nämlich Marienſtein bei Tegernſee und Kiefers⸗ felden, an der öſterreichiſchen Grenze gegen Kuf⸗ ſtein. Der Heidelberger Konzern hat auf dieſe Weiſe mit ſeinen Fabriken in den ſüddeutſchen Staaten alle die Punkte beſetzt, die unter dem Geſichtspunkt der Frachterſparnis von Wichtigkeit ſind. Etwa ein Viertel der Geſamterzeugung der Geſellſchaft, die mit einem Ast. von 25 Millionen RM. arbeitet, geht nach dem Ausland. Einen kleineren Teil verſchickt die Geſell⸗ ſchaft auch in das rheiniſch⸗weſtfäliſche Gebiet an den Weſtdeutſchen Cement⸗Verband, G. m. b. H. in Bochum. Der deutſche Cementabſatz iſt bekanntlich in feſten Syndikaten zuſammengefaßt; für Süddeutſchland beſorgt dieſen Verkauf der Süddeutſche Cement⸗ Verband Gem. b. H. mit der Zentrale in Heidelberg und mit ſieben weiteren Verkaufsſtellen in den ein⸗ zelnen Ländern. In dieſem ſüddeutſchen Syndikat hat der Heidelberger Konzern eine Quote von rund 40% In großzügiger Weiſe werden die mächtigen ſtein⸗Werk in Heidelberg, das aus einer 1857 QAuarz⸗Porphyr⸗Lager an der Bergſtraße zwiſchen Heidelberg und Weinheim als Schotter⸗ werke ausgebeutet. Der bisher von der Badiſchen Waſſer⸗ und Straßenbauverwaltung unterhaltene Porphyr⸗Steinbruch in Doſſenheim⸗Heidel⸗ berg iſt ſeit 1. Januar 1928 an einen Mannheimer Hoch⸗ und Tiefbau⸗Unternehmer(Vatter) über⸗ gegangen. Das andere Doſſenheimer Porphyr⸗Werk wird von der Fa. Gebr. Leferenz, Doſſen⸗ heimer Porphyr⸗Werk, Sitz Heidelberg, betrieben, deren Gründer urſprünglich gleichfalls Bauunternehmer waren. Gewonnen wird Quarz⸗ porphyr zur Herſtellung von Schotter und deſſen Nebenprodukten, geliefert nur an Behörden für Straßenbau, Bahnbau, Betonherſtellung uſw. Der Verſand beläuft ſich jährlich auf rund 200 000 Tonnen, er geht nach Baden, ſüdlich bis etwa Raſtatt, während weiter ſüdlich die Firma aus ihrem 1905 gegründeten Hartſteinwerk„Vulkan“, Gebr. Leferenz in Has⸗ lach im Kinzigtal liefert, woſelbſt das Geſtein teil⸗ weiſe unterirdiſch abgebaut wird.— Als die größte Gipsfabrik Badens(Abbau von Gips, Herſtellung von Gipsfabrikaten) gilt die Heidelberger Gipsinduſtrie G. m. b.., Sitz Heidelberg, mit Filialwerk in Seckach; die Schlackenſtein⸗ Fabrikation betreibt die Heidelberger Bau⸗ ſtoffge winnung,..b. H. in Heidelberg. Auch die Heidelberger Cementwareninduſtrie .m. b. H. beſchäftigt ſich mit der Herſtellung von Cementwaren im Zuſammenhang mit dem Bau⸗ geſchäft. Zu den bedeutendſten Werken der deutſchen Kachelofen⸗Induſtrie, das neben billiger gangbarer Ware für den Baumarkt künſtleriſch⸗tech⸗ niſch einwandfreie Oefen liefert, gehört das Hein⸗ gegründeten Hafneret hervorgegangen iſt. Nach dem Kriege hat dieſes Werk auch die Fabrikation von ſanitären Feuerton waren aufgenommen, die früher lediglich von England bezogen oder von Engländern in Deutſchland hergeſtellt wurden. Bei dieſen Artikeln liegt über der eigentlichen keramiſchen Maſſe eine dünne Porzellanſchicht, die mit Emaille⸗ Glaſur überzogen iſt. te badiſche Metall, und Maſchineninduftrie gehört mit zu den höchſt entwickelten Induſtrien in ganz Südweſtdeutſchland. In Heidelberg ſteht an der Spitze dieſer Induſtrie die H. Fuchs Waggon⸗ fabrik, AG. Heidelberg⸗ Rohrbach, die Salon⸗, Schlaf⸗ und Speiſewagen, Perſonenwagen hölzerner und eiſerner Bauart, Straßenbahnwagen, Hochbahnwagen, Güterwagen und Spezialwagen her⸗ ſtellt. Das Werk wurde 1862 mit einem Arbeiter⸗ ſtamm von 30 Mann von Heinrich Fuchs übernommen, ging 1884 nach deſſen Ableben auf Karl Fuchs über und wurde 1899 in eine Aktiengeſellſchaft umgewan⸗ delt. Die Zahl der Arbeiter hatte ſich bis dahin auf 630 erhöht. Bei der Errichtung des heutigen Werkes, außerhalb der Stadt bei Rohrbach, Bahuſtation Kirch⸗ heim gelegen, wurde in weiteſtem Maße den neueſten techniſchen Fortſchritten Rechnung getragen. Das Werk umfaßt heute eine Fläche von 200 000 qm, die höchſt erreichte Belegſchaft iſt 2400 Mann. Den Bedarf an geſchnittenen Hölzern liefert ein eigenes großes Sägewerk; es ſind große Trockenanlagen und aus⸗ gedehnte Holzlagerplätze vorhanden, um ſtets trockenes Holz in genügender Menge vorrätig zu haben. Die Schmiede iſt aufs modernſte eingerichtet, die Eiſen⸗ bearbeitungswerkſtätten ſind mit den neueſten Maſchinen verſehen. Das Werk beſitzt eine eigene Reparaturſchloſſerei, eine Maſchinenſchreinerei und eine Montagehalle mit großen Krananlagen. Die Nietung der Untergeſtelle erfolgt mittels Preßluft und elektriſcher Niet⸗Anlagen. Ein ausgedehntes Schmal⸗ ſpurnetz ſorgt für den Transport der Materialien in den verſchiedenſten Werkſtätten. * Als einzige Buchdruck⸗Maſchinenfabrik Badens beſteht in Heidelberg die 1850 gegründete, 1899 in eine Aktiengeſellſchaft umgewändelte Schnell⸗ preſſenfabrik AG. Heidelberg; zur gleichen Induſtriegruppe gehört die Vereinigte Fabri⸗ ken C. Maquet AG. Heidelberg, deren Spezia⸗ lität die Herſtellung von Operationsmöbeln und Krankenhaus⸗Einrichtungen bildet.— Klein ⸗ metallwaren aus Draht und Blech ſtellt die 1912 gegründete Metallwarenfabrik Heidel⸗ berg⸗Nürtingen.m. b. D. her. Sie deckt zu⸗ ſammen mit ihren Zweigbetrieben in Weſtfalen, Schle⸗ ſien und Thüringen mehr als die Hälfte des deutſchen Bedarfs in Drahtſackverſchlüſſen.— Draht und Nägel aller Art liefert nach Deutſchland, Luxemburg, Holland, England und Japan die Draht⸗ und Nägelfabrik Helmreich& Cie. in Hei⸗ delberg⸗Wieblingen mit einer täglichen Leiſtungs⸗ fähigkeit von 5000 kg Drahtſtiften und 6000 kg ver⸗ zinktem Draht.— International iſt auch die Ab⸗ nehmerſchaft der alten Firma Otto Anton Klotz in Heidelberg, die Berieſelungskühler und geſchloſſene Kühler für Bier, Milch, Oel und ſonſtige Flüſſigkeiten herſtellt.— Die Ja. R. Jung, Fabrik für Prä⸗ ziſtonsapparate AG. in Heidelberg ſtellt als Spezialitſtt Mikrometer und Oelprü⸗ fungsapparate her. Sie nimmt in dem Bau von Mikrotomen eine führende Stellung auf dem Weltmarkte ein; ihre Erzeugniſſe ſind in den Univer⸗ ſttätsinſtituten und in den techniſchen Großbetrieben aller Kulturländer zu finden. Das gleiche gilt von den chemiſchen und phyſikaliſchen Appa⸗ raten der Firma C. Deſaga..b. H. in Heidel⸗ berg und von den orthopädiſchen Erzeugniſſen und Bandagen der Fa. Friedrich Dröll⸗ Heidelberg. Aus der chemiſchen Induſtrie iſt zunächſt die Deutſche Bergin AG. zu nennen, die in der Bergin⸗Anlage in Mannheim⸗ Rheinau Kohle⸗ und Erdbl⸗Chemie betreibt. Die Lizenz auf das von Dr. Bergius ausgebildete Bergin⸗Verfahren iſt bekanntlich von der J. G. Farben AG. erworben worden.— Die Heidelberger Gelatine Fabrik Stoeß& Co. in Heidelberg⸗Ziegelhauſen erzeugt Gelatine in allen Arten und Qualitäten. Spezialität iſt die Stoeß'ſche Emulſions⸗Gelatine, die im In⸗ und Ausland bei der Herſtellung von photo⸗ graphiſchen Trockenplatten, Filmen und photographi⸗ ſchen Papieren an erſter Stelle ſteht; für photo⸗ chemiſche und photomechaniſche Verfahren, wie Helio⸗ gravüre, Tiefdruck uſw. dient die Stoeß'ſche Lichtdruck⸗ Gelatine. Die Fabrik hat unter der zielbewußten Lei⸗ tung ihres noch heute an der Spitze ſtehenden Mit⸗ begründers Kommerzienrat Heinrich Stoeß Weltruf erworben. Mit der Firma in engſter Perſonalver⸗ bindung ſteht die Chemiſche Werke Odin G. m. b. H. in Eberbach a. Neckar, an der auch der amerikaniſche Hauptabnehmer, die Eaſtman⸗Kodak⸗ Company, beteiligt iſt und deren Geſamterzeugung nach dem Auslande geht. Schließlich iſt Heidelberg noch der Sitz einer Son⸗ derinduſtrie, der Feder · und Füllfederhalter ⸗Fabrikation Von ſieben dieſer Spezialbetriebe haben drei die In⸗ flattonszeit überdauert, darunter zwei erſtklaſſige Großbetriebe. Die„Kaweco“, oder, wie ſie voll⸗ ſtändig heißt, die Heidelberger Federhalter⸗ fabrik Koch, Weber& Cie. AG., die zeitlich als die erſte Sicherheits⸗Füllfederhalter⸗ und Drehblei⸗ ſtifte⸗-Fabrik Deutſchlands zu gelten hat, ging aus einer kleinen Holzfederhalter⸗Fabrik hervor. In den Sder Jahren brachte ſie einige Modelle von Füllfeder⸗ haltern in den Handel. Großbetrieb wurde das Un⸗ ternehmen, als der Kaweco⸗Sicherheitsfüllfederhalter eine gänzliche Umwandlung in der Form dieſer Füll⸗ federhalter herbeiführte. Seine Form wurde nach⸗ träglich von faſt allen Fabriken übernommen. Die Fabrik fertigt auch die Sicherheitsklammern für die Füllfederhalter und Füllſtifte an. Die Kaweco⸗Gold⸗ federn, deren Herſtellung die Firma zuerſt in Deutſch⸗ land aufnahm, gelten als erſtklaſſig. Mit ihren Kaweco⸗Haltern macht ſie ein beträchtliches Geſchäft nach dem Auslande, was ſich daraus ergibt, daß ſie jetzt in 40 Ländern Vertretungen beſitzt. Von dem vorübergehenden Tiefſtand nach der Inflationszeit be⸗ ginnt die Firma unter neuer Leitung ſich kräftig zu er⸗ holen.— Die erſt nach dem Kriege, 1919, gegründete Fabrik Böhler& Co. hatte einen ſo raſchen Auf⸗ ſchwung genommen, daß Anfang 1924 ein mit den modernſten Einrichtungen ausgeſtätteter Fabrikneu⸗ bau in Heidelberg⸗Doſſenheim bezogen wurde. An der Firma hat ſich amerikaniſches Kapital beteiligt und ſte firmiert jetzt Parker⸗Osmia AG. Ihr Haupt⸗ erzeugnis iſt der Parker⸗Duofold⸗ Füllfederhalter, ein Sicherheits⸗Selbſtfüllfederhalter, bet dem zum Schrei⸗ ben eine„druckloſe Berührung“ der Feder mit dem Papier genügt. Der Halter wird neuerdings in den verſchiedenſten Farben geliefert. Die Nachfrage nach dieſen farbigen Haltern iſt ſo lebhaft geworden, daß rund 90% der Fabrikation in farbigen Erzeugniſſen hergeſtellt werden müſſen. Die beiden Fabriken dürften zuſammen etwa die Hälfte aller in Deutſchland überhaupt fabrizterten Füllfederhalter herſtellen. Daß angeſichts einer ſo umfangreichen über welt⸗ weite Beziehungen verfügenden Induſtrie, wie ſie aus unſerer auf Vollſtändigkeit keinen Anſpruch erheben⸗ den Darſtellung ſich ergibt, auch für die geldliche Ab⸗ wicklung der Geſchäfte Sorge getragen iſt, liegt auf der Hand. Außer einer Reihe kleinerer Bankfirmen und Genoſſenſchaftsbanken ſind die Rheiniſche Creditbank, die Süddeutſche Disconto⸗ „Wenn ein Unglücklicher mich fragt, wo ich leben müſſe, um dem lauernden Kummer dann und wann eine Stunde zu entrücken, ſo nenn ich ihm Heidelberg; und wenn ein Glücklicher mich fragt, welchen Ort er wählen ſolle um jede Freude des Lebens friſch zu krän⸗ zen, ſo nenn ich ihm abermals heidelberg.“ Kuguſt von Kotzebue(1803) 4 geſellſchaft und die Dresdner Bank durch Filtalen in eigenen großen Bankgebäuden in Heidel⸗ berg vertreten. * Eine Induſtrieſtadt iſt Heidelberg trotz alledem noch nicht, wenn auch einige Induſtriezweige in Het⸗ delberg arbeiten, die für die badiſche Wirtſchaft eine weſentliche Rolle ſpielen. Immerhin hat unſer Ueber⸗ blick gezeigt, daß Heidelbergs Steuerkraft nicht allein von ſeiner Fremdeninduſtrie, auf die hier auch noch einzugehen der Raum zu klein iſt, abhängt. Wenn ſich, was manche Heidelberger behaupten, Mannheim wirklich mit der Idee tragen ſollte, ſeinen Nachbar Heidelberg in einen Vorort Mannheims zu verwan⸗ deln, allerdings in ſeinen geſchätzteſten, und ſeiner wirtſchaftlichen Intereſſenſphäre anzugliedern, ſo. dürfte es ſich nur um einen begreiflichen Wunſch Mannheims handeln, wegen deſſen Erfüllung ſich die Heidelberger noch auf lange Jahre hinaus keine Sorge zu machen brauchen. Eine andere Frage bleibt es, ob nicht ſpäter nach Süden und Südweſten hin, wenn etwa einmal der neue Bahnhof Wirklichkeit werden ſollte, ein neues Verkehrs⸗ und Arbeitszentrum ent⸗ ſtehen wird. Keue Mannheimer Zeitung— heibelberger Sonber⸗Kummes Freitag, den 21. September 1928 O heidelberg, o heidelberg, Du wunderſchönes Ueſt, Darinnen bin ich ſelber Dereinſt Student geweſt. Scheffel. In heidelberg haben wir alle ſchon einmal Fremden- führer geſpielt. Ein guter Freund kommt aus dem Horden, ein lieber Verwandter von weither,— was zeigt man ihm? Das Mannheimer Schloß, den Rheinhafen, gewiß; aber dann: heidelberg! c, man hat ſeine Kniffe ſchon heraus, man weiß, von welcher Stelle unterhalb des Altans der Glockenturm ſich am wuchtigſten ausnimmt, wie man den Neuling vor jenes geheimnisvolle Käſtchen beim großen Faß geleitet, um ihn aus nächſter Uähe mit dem Fuchs⸗ ſchwanz bekannt zu machen. Es gibt ja ſo viel zu zeigen, zu ſehen. Hur wenn man ſich der Univerſität nähert, da wirds einem nicht ſo recht wohl. Der Begleiter fragt uns: „Das iſt die Univerſität?“ Aus dieſem erſtaunten„Das“ klingt durchaus kein Entzücken. Gewiß, mit den Univer- ſitätsgebäuden von Würzburg, von München, von Berlin Die Alma mater Heidelbergs ehrten Kollegen das eigene, allzu frühe Ende nahen fühlte. Auch Franz Boll ſtarb bald darauf. Auch er war für uns die Verkörperung des Geiſtes der Ruperto⸗ Carola. Ein- mal, in einem heißen Sommerſemeſter, deſſen Temperatur ihn nicht abhielt, ſich immer wieder in die mitreißende Be⸗ geiſterung über ſeinen Gegenſtand hineinzureden— er hielt ſein herrliches Kolleg über platon— wurde er und das Auditorium durch den CTärm von Schuljungen von der Straße her geſtört; die Fenſter mußten offen bleiben, weil es ſonſt zu heiß geworden wäre. Nun hatte Boll gerade damals einen ehrenvollen Ruf an die Berliner Univerſität erhalten, und Heidelberg befürchtete ſein Weggehen. Aber er blieb der alten Studentenſtadt am Ueckar treu. Als der Radau auf der Straße ſich immer noch nicht legen wollte, rief Boll:„Meine Damen und herren, jetzt ſage ich wie einmal Kuno Fiſcher: wenn der Tärm nicht aufhört, werde ich den Ruf nach Berlin annehmen!“ So war oll; der Schalk ſaß ihm im Nacken. Stets wußte er ein Sitat, ein geiſtvolles Wort, aber nie um der Worte willen, ſon⸗ dern immer nur, um den Gegenſtand, über den er ſprach. zu beleuchten, ihn in den großen Zuſammenhang des Wiſ⸗ Von Dr. Kayser-Mannheim der Heidelberger Wälder war Freiheit zum ſtudteren. Ihre wundervolle Melodie raunte uns von entſchwundenen Ca⸗ gen der Romantik zu. Droben, auf der Cerraſſe hoch⸗ gewölbtem Bogen des alten Schloſſes ſtehen auf dem Goetheſtein jene Worte Marianne von Willemers, die zel⸗ gen, daß dieſe Stadt und Landſchaft eine einzige alma mater ſind:„Zur Gegenwart wird die Dergangenheit“. Tiegt in dieſen Worten nicht auch der wahre Sinn alles Aka⸗ demiſchen beſchloſſen!? Und folgen wir weiter Goethes Spuren durch den Schloßpark, ſo kommen wir zu dem Gingkobaum, der Goethe zu dem wunderbar geheimnisvol⸗ len und doch ſo klaren Gedicht angeregt hat, das die ſinnige Frage nach der doppeleinigen Form des Blattes dieſes Baumes ſtellt: „Iſt es ein lebendig Weſen, das ſich in ſich ſelbſt geen Sind es zwei, die ſich erleſen, daß man ſie als eines kennt?“ Und dieſe Frage, mit den Worten Goethes vor ſein Syſtem geſtellt, iſt der Sinn der Lehre des großen heutigen Der⸗ treters der Philoſophie an der heidelberger Univerſität, heinrich Rickerts, deren lebendigen Zeugen aus der Der⸗ gangenheit wir da oben im Garten des Schloſſes begegnen. Das alte Unſversitatsgebäude darf man die heidelberger Hochburg der Wiſſenſchaften rade ſeine Einfachheit und klaſſiſche Ruhe ihm immer wie⸗ der ſtille Freunde wirbt. Aber man darf ihn nicht ein⸗ mal rechtfertigen; denn die Univerſttät ſtieht mit wachſender 5 Suverſicht dem Bau eines neuen Kollegtenhauſes entgegen, deſſen Konturen bereits durch die unvergeßliche Feier der Shurman⸗ und Streſemannpromotion hindurchſchimmerten. Dieſer Bau iſt dringend notwendig, und alle Mittel ſollten aufgebracht werden, ihn ſo bald als möglich erſtehen zu laſſen. Und dennoch darf man auf jene Frage 625 Fremden, ob„das“ die Univerſttät ſel, antworten: gewiß, das iſt die Mutter, der man nicht begegnen darf im gelegentlichen Heidelberger Aufenthalt, die man nicht anſchauen ſoll, um ſie als alten Kaſten in irgendeine Ecke der Reiſeerinne⸗ rung zu ſtellen, aus der man ſie hervorholt, wenn man gefragt wird, ob man„auch“ die Univerſität mit ihrem Karzer geſehen habe, die man vielmehr kennen muß, ob im Herbſt der Sturm um ihre Fenſter pfeift und das Taub des Cudwigsplatzes hochwirbelt oder der erſte Frühlingshauch om Heiligenberg herüberweht und die knarrenden Fenſter weit öffnet. Die alte„Unität“, wie wir ſie als Studen⸗ n nannten, muß man kennen, um ſie zu lieben,— und um 95 wiſſen, daß ſte nicht allein nur dies Gebäude iſt. Wie oft mußten wir eng zuſammengepfercht im gro- en Auditorium ſitzen, uns in die Aula drängen, ganze Semeſter lang vergebens nach einem Sitzplatz Umſchau hal⸗ ſte uns nicht zuweilen wie unſere akademiſchen Cehrer elbſt, äußerlich im ſchlichten Gewand, unſcheinbar, und doch von dem inneren Reichtum, den kein Architekt in ſeine Plüne und kein Baumeiſter in ſeine pfeiler legen kann. Räume, denen ſie in einer merkwürdigen Uebereinſtim⸗ mung glich. Still, in ſich gekehrt, ging er in den Pauſen im Sommer und Winter, trat in den hörſaal mit ſeinem abgemeſſenen Schritt und begann ſeine Dorleſung über Kulturgeſchichte, jenes Kunſtwerk der Rede, der Form und Selbſtverſtändlichkeit, das keiner vergeſſen ſchaftlicher nn, der es je erlebte. des Geiſtes dieſes Hauſes, ganz ſchlicht, aber getragen von er Kultur der Jahrhunderte, durch deren Wandel er mit klaren Auge eines ene ene und Ken⸗ ntlcht vergleichen. Das iſt kein ſtolzer Bau, wenngleich ge⸗ en, und wir haben ſie doch geliebt, unſere Unität! Erſchien erhard Gotheins wohlbekannte Geſtalt ſchritt durch dieſe . vor dem Kolleg draußen auf dem Cudwigsplatz auf und ab, des Gedächtniſſes, jenes unvergleichliche Schauspiel wiſſen⸗ Er war wie eine Verkörperung ſens und der Bildung im Sinne ſeines Meiſters Goethe zu ſtellen. humanismus hieß ſein Ideal, den Menſchen zu bilden, den menſchlichen Geiſt zu formen und ihn immer wieder zu den Vorbildern der Antike hinzuführen, das war das„humaniſtiſche“ Beſtreben dieſes überragenden Gelehr⸗ ten, dieſes unvergeßlichen Führers zur wahren Humanitas. Zu den ſchönſten Reden Bolls gehörte ſein in der hei⸗ delberger Akademie der Wiſſenſchaften gehaltener Vortrag über die vita contemplativa, über das betrachtende Le⸗ ben im Gegenſatz zum tätigen. Und wie ſein humanismus. Alma mater, die allmeiſe, allgütige, die lebenſpendende „ Das Karlstor * ſo war uns dieſe Tehre vom kontemplativen Leben ein Motto für die Heidelberger Studentenzeit. Welche Stadt vermag auch mehr zur Betrachtung der Dinge und der Welt anzuregen als gerade Heidelberg. Wie Bolls um⸗ faſſende Arbeit ſich zum Cieblingsgebiet die Welt der Sterne erwählt hatte und ihn zum beſten Kenner der Ge⸗ ſchichte der Sternennamen, ja ſogar zum Geſchichtſchreiber der Aſtrologie machte, ſo nahm er oft ſeinen Weg hinauf auf die Sternwarte des Königſtuhls, von der ſo manche neue Erkenntnis der unendlichen Sternenwelt herab zu den Menſchen drang. Und damit zeigt ſich, wie groß, wie um⸗ faſſend die alma mater Heidelbergs iſt, da ſich ihre pflege · ſtätten der Wiſſenſchaft bis hinauf auf die Bergwipfel er⸗ ſtrecken, wie ſie auch im Cal mächtig die Stadt umgreift. Als ſtolzer Bau ragt das phyſikaliſche Inſtitut auf der rechten Seite des Ueckars empor, die mediziniſchen Kliniken bilden einen ganzen Stadtteil für ſich; die Anatomie, das chemiſche Inſtitut, haben ihre Heimſtätten in der Stadt. So trifft man in ihr überall auf„Univerſität“. Aber der größte und ſchönſte hörſaal, das eigentliche auditorium maximum, beſteht ſchon unendlich viel länger i 5 als alle Baulichkeiten der Univerſität; das 8 die rau Blick auf die Stadthalle Damit haben wir endlich die eigentliche Antwort auf die Frage des Fremden, ob„das“ die Univerſität ſet, ge⸗ funden. Uein, nicht nur das alte, ehrwürdige Gebäude am Tudwigsplatz und ſeine Uachbarhäuſer bilden die Univerſt⸗ tät; auch nicht die Baulichkeiten, die verſtreut in der gan⸗ zen Stadt liegen,— ganz heidelberg iſt eine einzige alma mater, eine allliebende Mutter. So wollen wir uns der Eingangsverſe Hölderlins aus jener Ode erinnern, mit der er einſt als Maulbronner Kloſterſchüler die Ueckarſtadt grüßte: Tange lieb ich doch ſchon, möchte dich, mir zur Tuſt Mutter nennen und dir ſchenken ein 8 Lied, Du der Daterlandſtädte 5 Tändlich ſchönſte, ſo viel ich ſah. 4 i Joseph von Görres von Cörres theilt Sepp in ſeinem Werke„Görres und ſeine Zeitgenoſſen“ den Ausſpruch mit: „Heidelberg iſt ja ſelbſt eine prächtige Romantik; da umſchlingt der Frühling haus und hof und alles Gewöhnliche mit Leben und Blumen, und erzählen Blumen und Wälder ein wunderbares Mährchen der Dorzeit. als gäbe es nichts Gemeines auf der Welt.“— * Heidelberg Heidelberg! Studenten-Veſtel Stadt der Burſchenherrlichkeit! Ach, in deinem trauten Ueſte Blüht der Jugend Roſenzeit. Junger Mut und junge Ciebe, Friſches Wagen, Sturm und Drang, Coſe Streiche, flotte Hlebe, f Liederhall und Becherklang! 1 Zwar die goldnen Stunden rinnen; Und im Winde weht das Glück— Was dich liebte, muß von hinnen, Und kaum einer kehrt zurück. Doch wie deines Schloſſes Wismer Ueber dir bei Tag und Uacht Weben ihren Zauberſchimmer Einer längſt entſchwund'nen Pracht— So umwebt in Freud' und Leiden Deine Söhne ewig jung Der entſchwund'nen Burſchenzeiten Leuchtende Erinnerung — 68 * „ 57 r TDreitag, den 71. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Gelbelberger Sonber⸗Mummer a tem Nu Das Bergschloss In der Geſchichte der Kurpfalz läßt ſich als erſter Beuge nächtlichen Feuerſpieles der„Abriß des Triumpf⸗ feuerwerkes der Churfürſtlich Pfaltz heimführung, gehalten am 9. Juni 1615“ feſtſtellen. Es iſt dies eine darſtellung aus der wir ſchon die Ausgeſtaltung einer großen techniſchen Fertigkeit bewieſen ſehen. Es iſt dadurch zweifelsfrei er⸗ wieſen, daß damals die Pyrotechnik bereits den Kinder- ſchuhen entwachſen war. Das erwähnte Feuerwerk fand an dem Abend ſtatt, als Eliſabeth Stuart, die Tochter Jakobs J. von England, von dem ihr am 14. Februar 1613 zu Condon angetrauten Gatten, dem Kurfürſten Friedrich., dem nach⸗ maligen Winterkönig, nach dem heidelberger Schloß heim⸗ gebracht wurde. Auf der Ueckarbrücke ſowie in den um⸗ liegenden Berghalden ſehen wir Mann an Mann Schützen im kinſchlag, am Ufer werden Mörſer für Schlagfeuer eifrig bedient und am Fluß aufgeſtellte pauker und Trommler in Gluten Um das Schloß erwachte intime Höflichkeit, in ſeinem Schatten erblüht die blaue Blume der Romantik. Als die Geſchichte dem Herrſcher den Sitz in Rünchen anweiſt, findet hier die romantiſche Umſtellung des Emp⸗ findens ſtatt. Das in klaſſiziſtiſche Feſſeln gelegte Na- turgefühl erwacht in der Freiheit naturhafter Gegebenheit zu gefühlsmäßigem Erleben. Damit iſt die Umſtellung auf individuelles Empfinden von Juſchauern aller Klaſſen und Stände vollzogen. die Beleuchtung ſelbſt iſt Schloß beleuchtung geworden, dieſe iſt Selbſt⸗ zweck. Die erſte bis fetzt gefundene Beſchrei⸗ bung einer Schloßbeleuchtung iſt uns in dem Tagebuch eines Freundes Eichendorffs. Budde, erhalten. Nachdem er unterm 20. Juli 1807 aufgezeichnet, daß„auf dem Schloß ein herrlich Konzert und eine köſtliche Illumt⸗ 4 n f 0* 0 7 Uf 11 Un U N 8 S eee — 2 ere. ——— — 5 eee ce Kü N AA 2 1— 5 N 1 II 5 6 9 1 150 f 3 5 1— 10 955 N N 23222 8 Das Schloß vor seiner. Zerstörung um 1680 ſorgen für den von der damaligen Zeit gewollten hinter⸗ grund. Auf dem Ueckar ſelbſt waren ganze Burgen mit Türmen aufgebaut, aus deren Zinnen und Lucken Feuer⸗ zauber ſpielte, an dem ſich die Augen der illuſtren Hochzeits geſellſchaft, welche auf der Schloßaltane Platz genommen hatte, ergötzten. Es ſind auf der Darſtellung deutlich Leucht⸗ Kugeln, Schwärmer und Raketen zu erkennen. Die Wirren und Unruhen des 30jährigen Krieges, welche auch dem jungen Gemahl einige Jahre ſpäter den Traum von der böhmiſchen Königskrone zerſchlugen, löſchten die Feuer beſchaulicher Zaubernächte in heidelberg aus. Ein furchtbares Fanal leuchteten ſte 1689 unter den Pechkränzen und Brandfackeln Mélacs ſchaurig auf und vernichteten Stadt und Schloß. Wie ein phöniz aus der(iche wurde aus kurfürſtlichem Wollen nach kaum einem Jahrzehnt der Plan rieſigen Prunks und Pomps geboren, als Johann Wilhelm ſeine nach Herſailles orientierten Rieſenbaupläne ausarbeiten ließ. Zerwürfniſſe mit der Stadt ſchnitten die Pläne entzwei und verſchoben die Ausführung in die„gren⸗ zenloſe Ebene“ das„Bild des Sichauslebens“. Ein kleines Fünklein glühte ſeit 1718 zu Füßen des verlaſſenen Schlol⸗ ſes auf dem Kornmarkt auf, wo allſamstaglich ſtille Ampeln mit ihrem andächtigen Licht die heute noch an derſelben Stelle erhaltene Madonna mit dem Kinde umkoſten. Drunten aber in der Ebene erſtand 1720—29 das Rieſenſchloß zu Mannheim, das mit ſeinen 1500 Fenſtern das größte Schloß auf deutſchem Boden iſt. Illuminieren war eine Liebhaberei des Kurfürſten und wenn es ihm paßte, geruhte er es zu befehlen. Gefiel es den geladenen Herrſchaften, ſo durften die braven Mannheimer auf ihre Koſten die Sache wiederholen. Daß in dieſem Falle der Gefühlsanteil nicht durchweg luſtbetont war, iſt leicht zu erraten. Der Sohn ſeiner Cochter, ſein Uachfolger Karl Theo- dor, zündete in Churpfalz ein anderes Licht an. Die Leuchten der Kunſt, Citeratur und Wiſſenſchaft ſammelten ſich um den mißbegierigen Fürſten, dem jeſuitiſche Erzie⸗ hung den kidel vollendeter Geiſtesbildung hatte ſchätzen ler⸗ nen. Die Erzeugniſſe der von ihm gegründeten Akademten und Geſellſchaften ſind noch heute eine unerſchöpfliche Fund⸗ grube unſeres Wiſſens über längſt vergangene Zeiten und Derhältniſſe. Es ſei an dieſer Stelle dem Mannheimer Altertumsverein gedankt, der in ſo rühriger Weiſe in ſeinen „Mannheimer Geſchichtsblättern“ den Puls- ſchlag früherer Zeiten zu erfaſſen ſich bemüht und deſſen trek⸗ bende Kräfte in heimattreuem Wollen uns ununterbrochen vor Augen ſtellt. Die herrlichſten Bauten Mannheims, die Seele des Theaters, der Inhalt zahlreicher Sammlungen ſind aus Karl Theodors verſtändnisvollem Wollen geboren; er ſchuf das geſchichtliche Antlitz Mannheims. Aber auch in heidelberg ruhte man keineswegs. Da Ebene Mode war, wurde der Derſuch gemacht, eine ſolche in den Berghang einzugliedern, es wurde der Hortus Pala⸗ tinus geſchaffen. Damit war eine Geſellſchaftsfläche ge ⸗ funden, die die weſenhaften Dorteile von Berg und Cal mit. einander verband. Es entſteht weiter die Alte Brücke“, heute noch der Stolz Heidelbergs, ferner das„Karlstor“ und andere Bauten. Woher die Mittel genommen wurden, davon zeugt das aus derſelben Zeit ſtammende„große Faß“, ein Beweis für die drückende Laſt des Weinzehnten * zn den Kurfflrſten. nation ſtattgefunden und zahlreiche beaumonde ſich an dem erhabenen Anblick des brennenden Schloſſes gelabt“, ſchreibt er in einem Brief vom 27. Juli 1807 an eine Freundin: „... Hach dem Konzert war Illumination, alle Gänge und alle Terraſſen des Gartens brannten von kleinen Lichtern. Der Pavillon mit ſeinen Kaſtanienbäumen war vorzüglich ſchön erleuchtet. hohe Triumpfbogen mit unerträglich blen⸗ dendem Scheine am Eingang; alle Zweige der Kaſtanien mit kleinen Campen behängt, mit goldenen und glänzenden Blüthen. Aber nun laſſen Sie uns das Schloß ſehen. Welch ein fürchterlich ſchönes Schauſpiel! Aus den Fenſtern der alten Gemächer glüht das von innen brennende Feuer und ſpie⸗ lende Flammen kühlen ſich durch die grünenden Geſträuche an der Abendluft. Todernde Flammen brechen aus den verfallenen Türmen hervor. Ein wunderſchöner und blos durch das einzige Tokale möglicher Anblick. Erſt tönende und ſchwärmeriſch ſpielende Muſik, dann weiter die bren⸗ nende Burg und fern hinter dem Schloß ragen die klaren Von J. Ph. A. Kintz-Heidelberg Rheingebirge hervor, die matt vom Mondlicht beleuchtet den treffenden Kontraſt zu dem glühenden Kolorit im Dor⸗ dergrund bildeten. Unten der mit 1000 Funken im Mond⸗ ſchein flimmernde Ueckar und die Stadt, rechts der hetligen⸗ berg mit ſeinem wechſelnden Helldunkel. Alles dieſes ver⸗ einigte ſich zu einer ſeltſamen Gruppe, die ſich ſelbſt als Uatur zu übertreffen ſchien. O könnte ich Ihnen doch einmal Alles ſo zeigen, wie ſchön und herrlich die Uatur hier iſt...“ Aus dem Empfinden der Zeit geboren, tritt zu dem naturhaften Erleben in geſchichtlich bedeutender Zeit der vaterländiſche Gedanke. So fand nach dem Siege von Wa⸗ terloo 1815 zu Ehren der anweſenden ruſſiſchen und öſter⸗ reichiſchen Nonarchen eine Beleuchtung der Schloßruine und Ueckarbrücke ſtatt. Es war ein holzfeuerwerk, im Innern der einzelnen Bauten, durch das man die Silhouette heraus⸗ ſchälte und den Anblick eines Brandes erweckte. 1850 fand eine weitere größere Schloß⸗ und Brückenbeleuchtung zu Ehren des damaligen Landesherren Großherzog Leopold von Baden ſtatt. Am 21. April 1885 wurde die ſtfaſſade der Schloßruine beleuchtet. Hierzu ſteuerte die Kaiſerin von Oeſterreich 800 Mark bet„für Raketen auf beiden Thürmen“ und 100 Mark„für Feuerwerk auf den beiden Türmen“. Anläßlich der Jubelfeier der heidelberger Untverſität im Jahre 1886 fand eine feenhafte Be⸗ leuchtung ſtatt, die uns ein Augenzeuge mit folgenden Wor⸗ ten ſchildert.„Noch war des Feſtes ganzer Kreislauf nicht vollendet, und heidelberg, die ſchöne, bebte von heimlicher Ungeduld, die edelſten ihrer Reize den entzückten Augen ihrer Feſtgenoſſen darzuſtellen. Das alte kurfürſtliche Schloß, in ſeinem Zuſtande halber Zerſtörung,.. ſollte aus dem Dunkel der Nacht in bengaliſcher Beleuchtung hervortreten. Die alte Brücke in ihren mächtigen und edlen Formen an thre fernen Schweſtern auf dem Arno erinnernd, ſollte an dieſem Abend dem glühenden Schloſſe gegenüber unter eigen goldenen Feuerregen geſetzt werden. 8o waren gegen Abend alle Wege, Bergpfade, Weinberge und Schutthalden der ſtolzen Berge am rechten Ueckarufer mit einem ſchau⸗ luſtigen Gedränge erfüllt; die Villen und Gartenterraſſen an Ufer und Bergeshang hatten ſich gleich rieſigen durch⸗ ſcheinenden Bildern mittels weißer und farbiger Lichtpünkt⸗ chen in den ſamtſchwarzen Uachthimmel hineingezeichnet; auf dem von vielen angezündeten Feuerwerkskörpern und bengaliſchen Flammen matt und geiſterhaft erhellten Strome huſchten duntzle, große Schiffsrümpfe und mächtige Uachen und Gondeln und von allen Seiten klangen Tieder, und fröhliche Rufe zum lauwarmen, nächtlichen himmel empor. Und wiederum zogen ſich unwillkürlich Gedanken und Er⸗ innerungen hinüber zum Lande der Sehntucht Mignons hin: die auf der Terraſſe des reizenden v. Duhnſchen Candſitzes jenſeits der alten Brücke anweſenden italieniſchen Feſt⸗ genoſſen, Peruzzi von Florenz mit ſeiner geiſtreichen Ge⸗ mahlin, herr Stevenſon, der Abgeſandte des Papſtes, ge⸗ ſtanden mit Begeiſterung ein, daß man ſich hier an den Saum des Sees von Como verſetzt wähnen könnte, und ſelbſt der kauſtiſche RMommſen erhob kein Wort des Widerſpruchs. Be⸗ reits war es vorgerückte Uachtzeit gemorden; die mächtigen Bergrieſen, deren häupter das Schloß überragen, ſchienen einen dichten, geſättigt ſchwarzen Samtmantel über die ver⸗ wetterten Glieder derſelben gebreitet zu haben. Da, ein paukenwirbel aus einer Batterie. ein elektriſcher Schlag durch die Renge und ein Kufſchrei, und wie aus dem Nichts geboren in ganzer Fülle und Herrlichkeit ſtanden ſie da, dieſe zarten, hochragenden Giebel, diefe ſchweren Arkaden, bereits halb im Gebüſch verſteckt, der achtechige Curm zur Linken, dunkelrotes Gemäuer, zornig grellrot leuchtende Fenſter, der ſteinerne runde Turmrieſe zur Rechten, der nur noch die hintere, nach vorn geöffnete, zwölf Fuß mächtige Schale zeigt. Smaragoͤgrüner Feuerſchein wehte aus dem 6. 5 ——. ——— —— . 25 ——*—— — e 0—— f. f 2 7075 15 * 7 5— 8 — 7 55 1 82 —— —— 5 — 27— * 5 2. N— 5 2 2—. .— 5 — 8 Partie am Klingenteſch 10. Sekte. Nr. 4893 Nene Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den A. September 1928 Ui 2 ſepeff 2 * 2* ̃— eee L Mace gamaaaaggagm room Depositenkassen in Mannheim: Frliedriehsbrücke K 1, 9 Heidelbergerstr. P 7, 15 Seckenheimerstr. 72 Neckarau Marktplatz 2. umme Auswärtige. Niederlassungen. Alzey, Bad Dürkheim, Baden-Beden, Bruchsel, Deidesheim, Eberbôch l.., Ettlingen (Baden) Freiburg i. Br., Gernsbach i. B. Neidelber g, Kaiserslautern. Karlsruhe, Kehl 8. Nh., Konstanz, Lahr, Landau(Pfelz) Lörrach, Ludwigshafen d. Nh, Nelkemmer Neustadt 8. d. Hesrdt, Offenburg. Pforzheim, Pirmasens, Nästätt, Singen(Hohentwiel, Villingen, Worms. A Aa aaa h Besorgung aller bankmänigen Geschäfte. 1— 4.———— e e e eee tate ummmmamu mmm Hand U Aal i ö 5 Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer 11. Seite. Nr. 89a 8 * 7 Gehüſche und den Grotten und Höhlen zu Füßen der gewal⸗ tigen Ruine empor, das übrige erſchien wie rotglühendes Metall; die herrliche Dorderſeite des nach dem Kurfürſten Friedrich genannten Baues mit ruhig-klarem Schein alles andere beherrſchend und dem ganzen Bilde den Kugenpunkt gebend, das übrige Gemäuer, je nach ſeiner mehr oder min⸗ der künſtleriſchen Form oder der fortgeſchrittenen Zer⸗ ſtörung in wechſelnden Schattterungen des Lichtes und Tones bis zu unheimlichem Rotſchwarz, die Oeffnungen von Fen- ſtern und Bögen im Brillantglanz. Und wie deutlich zeich⸗ nete ſich das Maßwerk, die Bedachung des Pavillons, jegliche feine Zierform der Renaiſſance auf dem leuchtenden Unter- grund! Keines Künſtlers Hand hätte ein vollendeteres Bild hinzaubern können, und wie das ſo mit einem Schlage her⸗ vorſprang, eine Weile ruhig und ſtät leuchtete und dann verglomm, um ſchnell wieder in Uacht und Nichts zu ver⸗ ſinken, rieb man ſich die Hugen wie nach einem märchenhaf⸗ ten Traum. Und vom Fluſſe herauf ſpielten dann alle Kapellen, blieſen alle hörner und ſangen alle Stimmen in der bekannten, weichen, träumeriſchen Wetiſe: Alt Heidel⸗ berg, Du feine. . Im weſentlichen iſt das Zauberſpiel dasſelbe geblieben. Es iſt das Derdienſt der Heidelberger Familie Keſſel⸗ bach, ſeit über 100 Jahren die techniſche Seite zu der heu⸗ tigen Geſtaltung erarbeitet zu haben. Was uns Heutigen die glühende Burg am dunklen Hang in der Sommernacht ſagt, iſt individuellem Empfinden anheimgeſtellt. Alles ſeeliſche Tönen zuſammen aber mündet in dem mächtigen Akkord von der heimat, der ſich bei jeder Heldel⸗ berger Schloßbeleuchtung auslöst. Wer in lautlos gleitender Gondel die mitternächtige Schwüle Denedigs empfunden, wer in Sevillas endlosem Blütenmeer ſein verlangendes Auge in ſtlberner Mondnacht ergötzt, wer in Schiraz' duftbeſchwerten Straßen den leisen Fuß über die ſtillen Schatten phantaſtiſcher perſiſcher Kunſt⸗ bauten geſetzt, er hat gefühlt, geahnt, aber nicht gefaßt. Wer Heidelbergs Zaubernacht geſehen, iſt zutiefſt ergriffen und kehrt kraftdurchſtrömt aus urverwachſenem Erleben. Hinter den Kulissen der Festspiele „Euch grüß ich wieder, weite, lichtumfloſſne Räume, Dich alten, reichbekränzten Fürſtenbau. Ich grüße euch zu ungewohnter Stunde. Hoch iſt die Mitternacht fern, aber es ſpukt bereits in den Mauern des alten Schloſſes zu Heidelberg. Seltſame Geſtalten ſchreiten durch die Räume, merkwürdige Schatten ſpielen an den Wänden, Waffengeklirr erſchallt, und vom großen Altan vor dem Friedrichsbau klingt das Stampfen und Scharren feuriger Roſſe herauf. Kleiſts Närchen vom Heilbronner Käthchen iſt Wirk⸗ lichkeit geworden. Ein nicht alltägliches Spiel, ein gar ſelt⸗ ſames Spielzeug. Aber war es nicht ſchon in der Kinderzeit ſtets unendlich verlockend, ſo ein Spielzeug einmal von innen zu ſehen, wenngleich die Befriedigung dieſes Der- langens immer die Gefahr in ſich ſchloß, daß mit der Zer- ſtörung der ſchönen Oberfläche der Blick in den verborgenen Zuſammenhang nur allzuteuer erkauft wurde! Wie proſaiſch blieben faſt immer die Keſte des von außen ſo poetiſchen Spiels. Dieſe Gefahr mochte auch hier drohen, als ich gleichſam auf Schleichwegen den Spuren der Geiſterſchar folgte, die rund um das heil⸗ bronner Kind das nächtliche Pfalzgrafenſchloß belebte. Doch dieſer Blick in den Mechanismus des Märchens enttäuſchte nicht. Warum? Ganz einfach, weil es hier keine„Kuliſſen“ gibt; denn das, was man als ſolche be⸗ zeichnen kann, ſind in Wirk- lichkeit ja gar keine, und ſo blieb der, was man auch ſagen mag, ſtets ernüchternde Ein⸗ druck, den der Blick hinter die verſtaubten Kuliſſen ſonſt mit ſich bringt, von vornherein erſpart. Dafür lebten die alten verfallenen Räume, die Zeugen verſchwundener Pracht, in einem ſeltſamen Licht vor dem durch das Dämmer des Ge⸗ mäuers taſtenden Blicke auf. Zunächſt geht es überall höchſt ritterlich zu. Da tritt man in einen großen Raum des Saalbaus, und ſtehe da, er hat ſich in eine Rüſtkammer der Reiſigen verwandelt. Die ſich da in den harniſch wer⸗ fen, mögen in ihres Lebens Proſa ſchmucke Wächter der Heidelberger offiziellen Sicher⸗ heit ſein. Hier ſind ſie gewapp⸗ 8 nete Krieger aus des Kaiſers 8 Gefolge geworden, die in Waf⸗, fenrock, Helm und panzer her⸗. umſitzen, die hellebarden an— 5 die Wand gelehnt, und mit N heldiſcher Ausdauer warten, 2 225 bis ihr Stündlein zum Ein⸗ 0 5 greifen geſchlagen hat. Mit kriegeriſchem Lärm darf es dabei nicht zugehen, ſonſt hören es die da draußen, die ge⸗ kommen ſind, um ſich das lebendig gewordene Märchen an⸗ zuſchauen. So hängen denn auch züchtig warnende Cäflein an den Wänden, die das ſtramme Kriegsvolk zur Ruhe ge⸗ mahnen. Aber auch dieſe ſtummen Kufforderungen ſind in Schrift und Art jenen entſchwundenen Zeiten angepaßt, die dieſe Reiſigen im flackernden Schein erneuern. So geht es weiter im matten Dämmerlicht durch die Räume; überall ſitzt„Volk“ herum. hinter ſackleinenen 0 Dorhängen verwandelt es ſich aus Heidelbergern von heute in heilbronner und Wormſer aus der Zeit„Es war ein. mal“. In verborgenen Niſchen haben die Haarkünſtler ihre alchimiſtiſche Küche aufgeſchlagen, in der ſie ihre Salben und Tränklein kochen und brauen, um den Märchengeſtal⸗ ten Antlitz und Farbe zu geben. Gerade ſitzt der treue Knappe Gottſchalk da, um ſich aus einem liebenswürdig⸗ melancholiſchen Komikergeſicht eine richtige haudegenviſage machen zu laſſen. Die rechte Seite des Ottheinrichsbaus iſt ganz in magiſches Dämmer gehüllt. hier harren ſtillſchweigend die Herrſcher im Reich des Lichts, bis ſich der ſtolze Renaiſſance⸗ bau von innen erhellen ſoll, um die ſeinen Fenſterhöhlen hinzugedichteten Malereien hervortreten zu laſſen. Don draußen dringen Stimmen herein; Graf Wetter vom Strahl rechtfertigt ſich noch vor der Fehme. Weiter geht es durch den Ottheinrichsbau. Man merkt, daß man in Altheidelberg iſt. Scheffel hat ſeine poetiſche Einleitung zu den Tiedern„Aus dem Engeren und Weite⸗ ren“ mit der gewiß nicht nur auf die Waſſer des Ueckars gemünzten Bemerkung geſchloſſen:„Der Genius loct hei⸗ delbergs iſt feucht“. Das läßt ſich nicht etwa auf dieſe Kuliſſenwelt Käthchens anwenden, weil es oben zum Ott⸗ heinrichsbau hereinregnen kann; ſondern hier iſt plötzlich im gend, 7 N. 2 Gemäuer unter freiem himmel eine gaſtliche Schankſtätte erſtanden, in der ſich die großen Ritter und Herren wie die Vertreter des Fußvolks und aller anderen Kategorien der bunten romantiſchen Revue zuſammenfinden, um ſich bei Schwarzbrot und Leberwürſten, vor allem aber bei Reben⸗ und Gerſtenſaft die nötige Stärkung und den erforderlichen Mut zu holen. Der gehört nämlich wirklich dazu, wenn man durch dieſes verwunſchene Schloß als unerſchrockener Spte⸗ ler ſchreiten will. Die anmutigen Begleiterinnen Kuni⸗ gundens z. B. müſſen einen höchſt mühſamen, dunklen, niedrigen, durch allerlei geheime Gänge und Pforten füh⸗ renden Weg zurücklegen, bevor ſie mit der prunkenden Her- rin vor der harrenden Menge im bunten Reigen erſcheinen. Sie brauchen jedoch wenigſtens nicht an einen einzigen Ort feſtgebannt bleiben wie die Reiter, die auf ihren feurigen Roſſen hereinſprengen; die ſtehen nämlich wie der ver⸗ zauberte Troß des Dornröschenſchloſſes den ganzen Abend lang auf dem Altan, wo dann große Aufregung herrſcht, wenn die dienſtbaren Geiſter herbeieilen und rufen, daß es fetzt bald losgeht. Bei den Entfernungen, die in einem ſolchen Bühnen⸗ reich zurückzulegen ſind, heißt in Bereitſchaft ſein, dop⸗ pelt und dreifach aufpaſſen, um ja zur rechten Zeit zu kommen. So wiſſen denn auch die Helfershelfer der großen Vorgänge ihre Stichworte ganz genau, wie z. B. die vier Mann, die im Ludwigsbau poſtiert ſind, um den lichter⸗ lohen Brand von Schloß Thurneck zu entfachen. Die ein⸗ zelnen Phaſen der höchſt ſchwierigen Brandſtiftung kennen dieſe Feuerwerker bis ins kleinſte nach den Worten, die Ritter und Frauen vor dem Schloß ſprechen, und dement⸗ ſprechend ſetzen ſie mit ihren flammenden Kräften ein. Kurz vor Käthchens wunderbarer Rettung trete ich aus dem Feuerbereich heraus in den Raum unmittelbar vor der Burg Thurneck, ſonſt Cud⸗ wigsbau geheißen. Da ruhen friedlich ſchlummernd im Gras Bewaffnete in ihren Rüſtungen, die Tanzen in den Boden ge⸗ ſtellt. Und was ſchimmert mir da, ins gleiche Gras gelagert, zauberiſch glitzernd entgegen? Richtig, das iſt ja der Cherub, der Käthchens wunderbare Rettung begleitet. Grad wird er geſucht. Eine Stimme ruft gedämpft durch das Dunkel die gewiß nicht von Kleiſt ſtammenden Worte:„Wo bleibt denn nur der Cherub? Dor⸗ wärts, höchſte Zeit!“ Und in engelsgleicher Geduld erhebt ſich der Gerufene und ſchrettet hinter Käthchen die Stufen empor, um zu erſcheinen. Man ſollte nicht meinen, daß das irgendwie nüchtern wäre, im Gegenteil, es geht hier alles ganz myſtiſch zu. Jeder ſchreitet und ſpricht gedämpft, alle geiſtern herum, und als gewöhnlicher Siviliſt könnte man ſich ganz ver⸗ ſchämt vorkommen in dieſer völlig nach anno dazumal ausſehenden Umgebung, wenn nicht das romantiſche Dunkel, das hier alles einhüllt, dem Eindringling eine Tarnkappe aufſetzen würde. So kann ich ungeſtört im Dunkeln bewun⸗ dern, wie ein Jeder in dieſem großen Märchenreich genau den Weg kennt und weiß, wann er aus ſeinem Schlupfwinkel her⸗ vorkommen muß, oft über halsbrecheriſche Feitern, was dann ausſieht wie ein nächt⸗ licher Burgüberfall. Aber ge⸗ rade dieſe verwegenen Pfade durch das alte, nächtliche Ge⸗ mäuer ſind die ſchönſten. da ſteht man dann, während käth⸗ chens Geſchick ſich immer mehr 60 zum Guten wendet, hinab auf —— die ſchon bald in mitternächti⸗ a ger Ruhe ſchlummernde Stadt, 75 die Waſſer des Neckars glitzern herauf, und wieder kommen 5 mir jene unſterblichen Derſe in . den Sinn, mit denen ich mein 1 1 nächtliches Umherirren in dteſem ſeltſamen Zauberreich begann, und die das Wahrſte von ihm in die Worte kleiden:„Zur Gegenwart wird die Vergangenheit..“ A vom Wolfsbrunnen bei Heidelberg Von martin Spitz(1620) Du edler Brunnen du, mit Ruh und Cuſt umbgeben, Mit Bergen hier und da als einer Burg umbringt, Printz aller ſchönen Guell“, aus welchen Waſſer dringt, Anmutiger dann Milch, und köſtlicher dann Reben, Da unſers Landes Kron' und Haupt mit ſeinem Leben, Der werthen Uymph', oft ſelbſt die lange Zeit verbringt, Da das Geflügel ihr zu Ehren lieblich ſingt, Da nur Ergetzlichkeit und keuſche Wolluſt ſchweben. Vergeblich biſt du nicht in dieſes grüne Thal d Beſchloſſen von Gebirg' und Klippen überall: Die künſtliche Natur hat darumb dich umbfangen Mit Felſen und Gepüſch', auf daß man wiſſen foll, Daß alle Fröligkeit ſey Müh' und Arbeit voll, Und daß auch nichts ſo ſchön bes ſey ſchwer zu erlangen. 15 12. Seite. Freitag, den 2. September 1928 — E Wieisendu bei Minz Nr. 489 Nene Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer 2322 n 2 Aktiengesellschaft mit besonders hohen Anfengsfestigłkeſten Ahnen mennamgdndamanmnannanmungadnmdndgagcngſpbuganvblmpgmgmunhnsatcnnmn. Hamme 5 Seit mehr als 65 Jahren im Hande! 2 — fan nanmnmundnnndunnanmgunmunannnamnnamnnamunntunnanuuunnaunuuunnnaſnntdannunnannannuunaadndageſnalna Ab ihren Werken: Schelklingen). ttbg.) Nünsingen()ttbg.) Lengfurt(Payer) Leimen bei Heidelberg Nürtingen W /ttbg.) Export nach allen Ländern der Welt! Gesefmtliehteserzeugung en Cement ber/ Nmonen Tonnen 2 Haupfver waltung Heidelberg Burglengenfeld Beyer) Kiefersfelden(Bàyern) Narienstein PAyern) Unsere neuzeltilch eingerichteten Zlegelelen Stid deutsche Ziegel werke in Lochhausen bel NHünchen und Stuttgaft- Cannstatt sind von anerkannter Leistungsföhigkeit in Stein- und Dachmäterlel. * 4 * Freitag, den. Septemder 1928 Reue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Bonder⸗Nummer 13. Seite. Nr. 489 Heidelberg und seine Besucher Uralt iſt die Straße, die ſich den Weſtabhang des Odenwaldes entlang zieht, faſt gradlinig Frankfurt mit Heidelberg verbindend und ſüdlich von Heidelberg ihre Fortſetzung nach Baſel findend. Die Oſtweſtlinie dagegen, das enge Neckartal, iſt in der Vergangenheit nie eine Handels⸗ oder Kriegsſtraße geweſen, deshalb war Heidelberg auch nie ein Stapelplatz von Bedeutung für den Handel, nie ein ſtrategiſcher Punkt erſter Ord⸗ nung. Auf derſelben geographiſchen Breite nach Weſten lag ja auch kein Ort, wohin eine Landſtraße hätte ziehen können, an Stelle Man nheims ſtand in jenen Zeiten ein kleines Fiſcherdorf; Speyer da⸗ gegen, die wichtige Stadt in unſerer Rheingegend, fand ihre Verbindung mit Heilbronn und Nürnberg durch das offener daliegende Kraichgauhügelland. Heidelberg hat ſich entwickelt im Schatten ſeines Schloſſes, als der Vorort eines in ſich geſchloſſenen Territortums, als Hauptſtadt der Kurpfalz. Einer aus der Reihe ſeiner Kurfürſten, Rupprecht., gründete ſchon 1386 die Univerſität, die älteſte auf reichsdeut⸗ ſchem Boden. Dieſe Hohe Schule ſollte zum rocher de bronze für die Stadt werden, nicht nur in geiſtiger, ſondern auch in wirtſchaftlicher Hinſicht. Als ver⸗ derbenbringend die politiſchen Stürme über die Kur⸗ pfalz dahingebrauſt, als Heidelbergs Vormachtſtellung innerhalb des Territoriums dahingeſunken, da war es, ſelbſt zeitweiſe blutend und dahinkränkelnd, die Uni⸗ verſität, die Heidelberg Bedeutung ließ und wirtſchaft⸗ liches Leben überhaupt ermöglichte. Als ſpäter unbe⸗ laſtet von deutſcher Tradition Napoleons ſtarke Fauſt unſere Stadt dem Markgrafen von Baden zuſchlug, da lag für dieſen der Entſchluß nahe, als erſte Tat in den neugewonnenen nördlichen Landesteilen die Univer⸗ ſität, die mit Stadt und Schloß ſo viel gelitten, von Grund auf zu reorganiſieren. Eine gute Fügung, daß der mit äußerſt glücklicher Hand durchgeführte Ent⸗ ſchluß in die Zeit beginnender Romantik fiel, daß ge⸗ rade damals, als aus ganz Deutſchland die akademiſche Jugend herbeiſtrömte, um zu den Füßen der neuen Berühmtheiten zu ſitzen, der Sinn für Landſchaft er⸗ wachte, daß dem Volke allgemein und über ſeine Grenzen hinaus von Künſtlern die Augen geöffnet wurden für den beſonderen, heiteren Liebreiz der Hei⸗ delberger Landſchaft, und daß man anfing, auch in der Ferne zu erzählen von dem luſtigen, leichtlebigen und witzigen Pfälzer Völklein in Heidelberg. Mit der Feſtigung dieſes Rufes war Heidel⸗ berg von ſelbſt Fremdenſtadt geworden, zunächſt freilich immer noch in engem Anſchluß an die Untverſität. Mit Beendigung der Napoleaniſchen Kriegswirren hatten ſich die Verhältniſſe ſoweit konſo⸗ lidtert, daß man an Neuaufbau denken konnte— mit Erfolg. Denn bereits im Jahre 1834 ſchrieb K. C. von Leonhard über unſere Stadt:„Einer der keineswegs außerweſentlichen Vorzuge Heidelbergs iſt die für die Größe der Stadt nicht unbedeutende Zahl guter und mitunter vortrefflicher Gaſthöfe. Die lebhaften Heer⸗ ſtraßen, Frankfurt mit Oberdeutſchland verbindend, mit dem Elſaß und der Schweiz, die Eilwagen, die Poſtreiſenden, die vielen Badegäſte, welche während 5„ 1—— 7775 ————— —— ——— —— 55 . S Lacs S 2— * Peterskirche der Sommermonate, führt ſie ihr Weg durch Heidelberg, mehr oder weniger lang hier verwetlen, endlich jene Beſucher, die der Ort an und für ſich aus den verſchie⸗ denſten Gegenden herbeilockt; dieſer wechſelnde Strom von Fremden, dieſes Zuſammentreffen hat, ſelbſt bei geräumigen der meiſten unſerer Gaſthöfe, in gewiſſen Jahreszeiten Ueberfüllung zur Folge; in den ſehr ge⸗ wöhnlich beſuchten findet der Fremde nicht immer Un⸗ terkommen.“ Spendet der Verfaſſer der Heidelberger Hotellerie vor 90 Jahren ein hohes Lob, ſo muß man ſich doch wundern, wie ſolch eine— verhältnismäßige— Maſ⸗ ſierung der Fremden bei folgendem gleichzeitigen Eil⸗ wagenfahrplan möglich war: Richtung Darmſtadt, Frankfurt, Leipzig Ankunft 4 Uhr, Abfahrt 12 Uhr täg⸗ lich; Richtung Karlsruhe, Baden, Straßburg, Baſel An⸗ kunft 11 Uhr, Abfahrt 4 Uhr täglich; Richtung Heil⸗ bronn, Stuttgart Ankunft 9 Uhr, Abfahrt 5 Uhr täglich; Richtung Mannheim Ankunft 14 und 22 Uhr, Ab⸗ fahrt 5 und 12 Uhr täglich; Richtung Würzburg, Bam⸗ berg, Nürnberg Ankunft 4 Uhr, Abfahrt 15 Uhr, zwei⸗ mal wöchentlich. Bei dieſem herzlich einfachen und primitiven Geſamtfahrplan der Fremdenſtadt Heidel⸗ berg iſt bemerkenswert die immer noch geringe Befah⸗ rung des Neckartales auf der einen Seite, auf der an⸗ dern freilich die Doppelverbindung mit Mannheim, von wo Land⸗ und Waſſerverbindung mit Mainz—Rhein⸗ land beſteht; wir haben damit einen Fingerzeig dafür, daß Heidelberg damals ſehr ſtark in Verbindung mit einer Rheinreiſe, geradezu als weſentlicher Beſtandteil einer ſolchen, beſucht wurde. 5 ä ö — *— —. Unterm Schlohaltan Dieſe Tatſache wiederum iſt eines der Fundamente des heutigen Weltruhms Heidelbergs geworden. Bei den Engländern waren damals als„continental trip“, wie man heute ſagt, Rheinreiſen die große Mode. Auf dieſen Reiſen kamen ſte zum erſtenmal als„Fremde“ in unſerem Sinne hierher und— blieben ſpäter verein⸗ zelt hier wohnen; ſo kam Heidelberg auch zu zwei eng⸗ liſchen Schulen und einer engliſchen Kirche, von denen freilich nur ein Inſtitut, das„Heidelberg College“, zur deutſchen Schule umfriſiert, den Krieg überlebt hat. Die engliſche Wohnkolonie hat aber lange genug hier reſi⸗ diert, um durch die vielerlei engliſchen Familienbezie⸗ hungen über den ganzen Erdball hin Heidelberg be⸗ kannt und berühmt zu machen und ſeinem Namen an hervorragender Stelle einen Platz in der engliſchen Reiſeliteratur zu geben. Heute noch wirkt ſich dieſe ganze Entwicklung für uns beſtens aus, wenn auch Rn unterdeſſen die Bürger der Vereinigten Staaten, wie wir noch ſpäter ſehen werden, mit vielen Längen an die erſte Stelle unſerer ausländiſchen Beſucher ge⸗ rückt ſind. Die Verkehrsmittel von heute laſſen ven Eil⸗ wagenfahrplan von 1834 ſelbſtverſtändlich weit hinter ſich. Vorübergehend hat einmal die Neckar dampfſchiff⸗ fahrt eine Rolle als ernſtliches Verkehrsmittel geſpielt; mit dem Pfiff der Lokomotive war es vorbei, und nun ſind die Flußfahrten mit Motorboot nur noch als Aus⸗ flugsgelegenheiten anzuſprechen. Unſer Hauptbahnhof ſieht heute täglich 42 Schnellzüge und Eilzüge ein⸗ und auslaufen und daneben die Züge für Lokalverkehr, deren Zahl in die Hunderte gehen. Die Heidelberger Straßen⸗ und Bergbahn ⸗A.⸗G. ſtreckt ihre Gleiſe weit über die Stadtgrenzen bis unmittelbar vor den Ein⸗ gang des berühmten Schwetzinger Parks, bis Neckar⸗ gemünd im Neckartal und Wiesloch an den Kraichgau⸗ hügeln und betreibt eine Bergbahn nach Schloß, Molkenkur und Königſtuhl, deſſen Gipfel rund 500 Meter über der Stadt liegt. Autobus und Autotaxen neben den auch hier ſeltener werdenden Pferdedroſchken befördern unſere Beſucher mit z. B. kursmäßigen Fahrten in und um Heidelberg. Und wie ſchon 1834, ſo erfreuen ſich auch heute die Gaſthöfe, die vom Luxus⸗ hotel bis zur einfachen Bleibe ihre Tore gaſtlich öffnen, eines weiten, ja eines internationalen Rufes. Die Statiſtik des Heidelberger Fremdenverkehrs hier aufzuzeichnen, würde zu weit führen. Wir müſſen uns mit der Angabe beſchränken, daß die Zahl der vom Meldeamt erfaßten übernachtenden Beſucher Heidel⸗ bergs vor der Jahrhundertwende bis zum Kriege ſich auf einer Höhe von über 150 000 hielt. Die Eiſenbahnen haben vermocht, die Maſſen zu bewegen. Der Krieg brachte natürlich einen ſtarken Rückſchlag. Doch ſeitdem geht es wieder bergauf, abgeſehen von dem Inflations⸗ fahr 1923. Ausführlicher müſſen wir üns aber mit der Von Direktor Dr. Großmann Statiſtik des letzten abgelaufenen Jahres 1927 befaſſen: im ganzen zählten wir 188 500 einzelne Uebernachtende, das ſind, in Verhältnis geſetzt zur Einwohnerzahl Hei⸗ delbergs 2350 auf 1000 Einwohner. Mit dieſer Verhält⸗ niszahl ſteht Heidelberg weitaus und unerreicht an der Spitze ſämtlicher deutſchen Städte über 50 000 Ein⸗ wohner. Aber nach unſeren Erfahrungen(zu ſtati⸗ ſtiſcher genauer Erfaſſung fehlen bis jetzt die geſetzlichen Unterlagen) iſt die Aufenthallsdauer im Durchſchnitt nur 1,75 Tage. Mag der Grund dazu der allgemeine Geldmangel ſein, oder die moderne, nie Ruhe gebende Unraſt, das Autotempo unſerer Zeit: Wir müſſen und wollen über dieſen Punkt hinwegkommen; die eben aufgenommenen Bemühungen darum haben kleine Er⸗ folge ſchon gezeitigt. Ein neuer Bundesgenoſſe ſteht uns ſeit einem Monat zur Seite: Radium⸗Solbad Hei⸗ delberg. Ergänzend zum Beweis der wirtſchaftlichen Abhängigkeit der Stadt vom Fremdenverkehr muß noch eine Zahl hinzugefügt werden, die der Paſſanten, die nicht hier übernachten. Nach vorſichtiger Schätzung wird ſie mit ein und einer halben Million im Jahre angegeben. Wer nur einen Schloßbeleuchtungsabend hier erlebt hat oder nur einen ſchönen Ferientag durch Heidelberg bummelte, der iſt überzeugt von dieſer Schätzung, und er iſt erſtaunt, ſo viele fremde Idiome gehört zu haben. Unter den oben aufgezählten 188 500 waren nämlich nicht weniger als 33 000 Ausländer, alſo gut ein Sechstel oder 17,5 Proz. Der Zahl nach allen weitaus voran die Vereinigten Staaten mit 14200, dann folgen die Holländer mit 3900, dann England mit 3400 und Oeſter⸗ reich und Schweiz mit je 2200) ſeit 3 Jahren haben ſich die Ziffern für Holland und England verdreifacht und die andern ſtark verdoppelt. Sind heute die Beſucher Heidelbergs in der Mehr⸗ zahl Einzelreiſende und Familien oder kleinere Freun⸗ desgruppen, ſo haben doch die Reiſegeſellſchaften, be⸗ ſonders der Ausländer, die uns durch amerikaniſche, engliſche, holländiſche, neuerdings auch durch deutſche Reiſebüros zugeführt werden, ſtarke Bedeutung. Nicht vergeſſen dürfen wir die beträchtliche Anzahl von be⸗ deutenden Kongreſſen, oft von internationaler Bedeu⸗ tung, die alljährlich in unſern Mauern ſtattfinden; für ſie iſt neben unſerer Univerſität die Landſchaft der An⸗ ziehungspunkt; in das Schloß und die Umgegend Hel⸗ delbergs werden die geſellſchaftlichen Veranſtaltungen hineingepaßt. Einzig und unvergeßlich iſt den Teil⸗ nehmern eine Schloßbeleuchtung oder ein mit Pfälzer Humor geſättigtes Schloßkellerfeſt; lange leuchtet im Herzen eine Fahrt ins liebliche Neckartal oder ein Spaziergang in dem von der graziöſeſten und galan⸗ teſten Zeit erzählenden Schwetzinger Schloßpark zurück. Auch im Winter ſieht Heidelberg manche Gäſte, diesmal mehr freilich aus der näheren Umgegend; nicht nur die Natur iſt es, die ſie hierher zieht, auch die Kunſt, die Muſik, deren beſondere Pflege man ſich hier ſeit Fahr⸗ zehnten zur Pflicht gemacht. Der Höhepunkt dieſes muſikaliſchen Lebens iſt ſeit einigen Jahren das„Hei⸗ Heiliggeist-Kirche delberger Muſikfeſt“, das jeweils in der Woche vor Pfingſten abgehalten wird und gleichſam auch die Ouvertüre unſerer Sommerſatſon iſt. Wir haben die Genugtuung, zu leſen, daß berits die ausländiſche Fach⸗ und Tagespreſſe von dieſer Veranſtaltung ausführlich Notiz genommen hat. Der Hochſommer bringt die Feſtſpiele auf dem Schloß. Wenn die Sterne in den Heidelberger Schloßhof blinken und der Puck in Shakeſpeares unvergänglichem„Sommernachtstraum“ ſein tolles Treiben beginnt, oder der Schloßbrand im „Käthchen von Heilbronn“ grauſige Wirklichkeit wird, dann hält ein Auditorium von 1500 Menſchen den Atem an und läßt ſich willig innerlich forttragen in eine andere Welt. Noch einige Jahre ernſter Arbeit an dieſen Feſtſpielen, und wir werden vom Heidelberger Schloß aus ſo etwas wie eine Renaiſſance deutſcher dramatiſcher Kunſt erke en. Freitag, den 21. September 1928 14. Seite. Nr. 4892 Mit ehernem Griff zwingen Menſchentatkraft und Menſchenwille Naturgewalt zu dienendem Gehorſam. Vorbei ſind die Jahrhunderte, da noch der wild⸗ ſtürzende Fluß ſeinen eigenen Willen hatte, ein ſtär⸗ kerer regiert jetzt. Dynamit läßt Felſen verſchwinden, Menſchengeiſt legt dem Fluß Feſſeln an, macht ſich ſeine Kräfte dienſtbar— vorbei die Zeiten„freier Willkür“, Kanaliſation iſt Trumpf. Kleine, ſo beliebte 7 0 müſſen ruhigem Waſſer weichen, die Romantik der Ufer macht der eintönigen Gleichmäßig⸗ keit der Kais Platz, ein Glück, daß der Reiz des Geé⸗ birges Neckartouren⸗ und Wanderfahrten immer noch zu den beliebteſten Ausflügen zählen läßt. Noch rudert und paddelt zwar alles luſtig auf dem werdenden Neckarkanal, als ob nicht demnächſt hier eine eiſerne Schranke ein gebieteriſches Halt fordern würde, als ob das Waſſer nicht bald recht unbequeme„Balken“ erhielte. Doch wie überall ſind auch hier Licht⸗ und Schatten⸗ ſeiten vorhanden, von denen nunmehr vom Standpunkt der Waſſerſportler die Rede ſein ſoll. Suchen wir alſo die Freunde des naſſen Elementes auf, machen wir eine kleine Rundfahrt, um ihre Freuden und Leiden kennen zu ler⸗ nen. Natürlich ſind ſie alle am Waſſer zu finden, denn wer würde auch bei dieſer fffffff Hitze als vereinstreue Waſſeratte nicht 1 ern ſeinen Trainingspflichten nach⸗ ommen. So mancher vergebliche Gang iſt bei dem großen Entgegenkommen der 2 leitenden Herren ſchnell vergeſſen; überall herrſcht großes Intereſſe, gleich große Bereitwilligkeit zu jeder ge⸗ wünſchten Auskunft, hier haben durchweg Sportsleute die Führung, die gern jede freie Stunde für ihre Ideale und für ihren Verein opfern und die auch be⸗ ſtimmt die vielen Hinderniſſe— da lockt der Wald zu Spaziergängen, dort hält der Zwang der Korporationen ſo manches Talent von intenſivem Training fern— überwinden werden. Dazu, gleich erfreu⸗ lich, das gute gegenſeitige Einvernehmen unter allen Vereinen, ein edler, ſportlich fairer, ge⸗ ſunder Wettſtreit. f Doch beginnen wir mit der Reiſe. Da iſt in der Uferſtraße als älteſter Heidelberger Ruderverein der Heidelberger Ruder ⸗Mub Zunächſt ein wenig Vereinsgeſchichte. Die Grün⸗ dung des Klubs geht auf das Jahr 1872 zurück. Be⸗ reits im Jahre 1880 begannen die ſportlichen Erfolge, die bis heute die ſtattliche Zahl von 156 Siegen in offenen Rennen erreichten. Den erſten Erfolg er⸗ rangen 1891 Profeſſor Dr. Eduard Ullrich und der Gymnaſiaſt Carl Beck im Zweier ohne; es folgte 1913 die Glanzzeit des Skullers Graf, der deutſcher und Europameiſter wurde. In neueſter Zeit machte der 1924—27 ungeſchlagene Richter⸗Vierer auf nationalen und internationalen Rennen von ſich reden. Die Tradition im Zweier ohne wurde von Wild⸗Bender beſtens gewahrt, die 1927 und 28 im Zweier ohne zweiter deutſcher Meiſter wurden und auch als Erſatz⸗ leute für die Olympiſche Ruder⸗Regatta in Amſter⸗ dam gemeldet ſind.— Gleich groß ſind die Erfolge im ſport des Ruderers. 1927 und 1928 brachte die Fünf⸗ zehn des„Heidelberger Ruder⸗Klub“ die Deutſche Meiſterſchaft nach Heidelberg und ließ ſo Heidelberg wie ſchön es ſich hier lebt, iſt ſchwer zu glauben. Wer, wie ſch, phantaſtiſch an der Natur hängt, und ſtets ödieſe Berge ſieht, bald in Nebel und Wolken, bald rein und klar, bald halb umkränzt, dies friedliche DWaſſer, dies liebe Tal, oͤie ſtolzen Felſen, die thronende Burg, und wohin er geht hoch über die häuſer dies alles ſieht, und nur 8 15 um zu fühlen, wird er nicht glücklich Fr. Chr. Schloſſer über heidelberg(1818) e Hochburg des ſüddeutſchen und deutſchen Rugby⸗ 1 ts werden. In zahlreichen Repräſentativ⸗ und Länderkämpfen wirkten die Spieler des Klubs mit gutem Erfolg mit und feſtigten den großen Ruf, der dem hohen Können der Heidelberger vorausging.— Was Wunder, daß der Klub bei ſeinen zahlreichen ſportlichen Erfolgen über 700 Mitglieder zählt; bei 420 Paſſiven gliedert ſich die Aktivitas in 137 Herren, 40 Damen und 116 Schüler.— Der Bootspark weiſt zereinsboote auf, dazu 60 Privatboote, die zumeiſt dem Schiff beſtens untergebracht ſind. Nun geht es neckaraufwärts; wir müſſen das Waſſer verlaſſen, denn die Heidelberger Nuder⸗Geſellſchaft iudergeſ 05 MRugby, dem bevorzugten Winter- und Ergänzungs⸗ Nene Maunheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Neckarkanal und Wassersport des 30⸗fährigen Beſtehens bringen. Man muß den Mut der wackeren Ruderer bewundern, die am Tur⸗ binenhaus ihre„Notwohnung“ bezogen haben und mit aller Energie auch unter dieſen erſchwerten Umſtän⸗ den ihren geliebten Ruderſport aufrecht zu erhalten trachten. Immerhin bleibt der Troſt, daß die ſport⸗ freundliche Stadt Heidelberg der Ruder⸗Geſellſchaft als ſchönſtes Jubiläumsgeſchenk bei der Zuteilung eines neuen, geeigneten Geländes in weiteſtgehendem Maße entgegenkommen und behilflich ſein wird und hier ihr großes Intereſſe für die Belange des Ruderſports und insbeſondere für die ſportliche Ertüchtigung der Jugend durch tatkräftige Unterſtützung auch in der e 2 . Der Schleusenbau m Neckar Praxis bekunden wird.— Die Vereinschronik der Rudergeſellſchaft weiſt 34 Siege in offenen Rennen bei etwa ebenſovielen der Jugendlichen auf. In dieſem Jahr gelang es, einen hoffnungsvollen Jung⸗ mannenvierer herauszubekommen, der auf zahlreichen ſüddeutſchen Regatten als Sieger oder guter Zweiter einkam. Noch fehlt das letzte Eingeſpieltſein der Mannſchaft, aber das Material iſt gut und vielver⸗ ſprechend.— 25 Ruderboote bieten den 120 Aktiven der 450 Mitglieder Gelegenheit zu intenſivem, wenn auch auf Grund der bereits angeführten hemmenden Um⸗ ſtände etwas erſchwerten Training.— Der Rug by⸗ ſport hat auch hier eine Hauptpflegeſtätte; dem Tabellenzweiten gelang ein knapper:3⸗Sieg über den Deutſchen Meiſter und Lokalrivalen Heidelberger Ruder⸗Klub; ein gegen Frankfurt zu leicht genom⸗ menes Treffen ging durch zahlreichen Erſatz verloren und nahm der guten Fünfzehn die Möglichkeit, in die Endkämpfe einzugreifen. Dicht bei dem Notheim der Ruder⸗Geſellſchaft hat der 5 Akademiſche Ruderverein ſeinen Sitz. Bei den Akademikern hatte ſich der Bau der unteren Sthleuſe nachteilig bemerkbar gemacht; faſt drei Jahre ruhte der Betrieb, doch jetzt wird am Turbinenhaus eifrig trainiert. Der 1902 gegründete Verein zählt 20 Aktive und ebenſoviel Paſſive, dazu kommt jeweils eine große Zahl Studentinnen und Studenten, die im Einvernehmen mit dem Akade⸗ miſchen Ausſchuß für Leibesübungen, auch ohne Mit⸗ glied zu ſein, hier fachmänniſche Ausbildung im Rudern erhalten, hier praktiſche Vorkenntniſſe für das Ruderlehrerexamen bekommen; einen beſonderen Auf⸗ ſchwung brachte die Anerkennung des Ruderns als teſtierfähige Leibesübung.— Nun hofft der Akade⸗ miſche Ruderverein, daß ihm das Turbinenhaus er⸗ halten bleibt, ein Wunſch, den insbeſondere der Hei⸗ delberger Regattaverband teilt, da hier die ideale Einſteigelegenheit für die Regatta gegeben iſt und überdies die von der Stadt in entgegenkommender Weiſe ſtets zur Verfügung geſtellte Wilkensſchule ſich als Umkleideſtation beſtens bewährt hat.— Möge die Stadt Heidelberg auch weiterhin den Wünſchen des Regattaverbandes gleich freundlich gegenüberſtehen. Unweit vom alten Bootshaus der Heidelberger Ruder⸗Geſellſchaft iſt am Roſenbuſch in der Schlier⸗ bacher Landſtraße ſeit Juli dieſes Jahres das neue Heim vom 5 Heidelberger Kanu⸗Verein Im Herbſt 1920 wurde der Heidelberger Kanu⸗ Verein gegründet, der heute rund 80 aktive und 20 paſſive Mitglieder und faſt die gleiche Anzahl Boote zählt. Seine Aufgabe ſieht der Kanu⸗Verein vor allem in der Pflege des Wanderſports. Im Jahre 1924 wurde rhein⸗Mainkreiſes übertragen, deren Durchführung ihm auch für das kommende Jahr anvertraut ſſt.— Für Trainings⸗ und kleinere Abendſpazierfahrten wird ſich die Verlegung des Klubhauſes als äußerſt vorteilhaft erweiſen, dennoch werden ſich auch hier die irkungen des K ues, die nunme echen ſein werden, in ſtarkem M ihm die große Pfingſtwanderfahrt des Ober⸗ Von Hans Werner Baßler Vor- und Nachteile des Neckarkanals Nehmen wir das Angenehme vorweg. Da freut ſich der Regattaverband, der eine faſt ſtromloſe, durch⸗ aus einwandfreie Rennſtrecke erhält, ein Vorteil, der ſich in dieſem Jahre durch die untere Schleuſe bereits in günſtiger Weiſe durch neue Nennungen bemerkbar machte. Beſondere Freude herrſcht aber unter den Bootswarten und Kaſſierern, da die Zahl der durch Felſen verurſachten Bootsbeſchädigungen durch die Sprengungen auf ein kaum fühlbares Minimum herabgedrückt wird. Doch darüber darf man die Nachteile, die vor allem dem reinen Wanderſport erſtehen, nicht vergeſſen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um das „Unangenehme“ mit dem„Nützlichen“ zu verbinden. Man hat in überaus aner⸗ kennenswerter Weiſe den waſſerſport⸗ treibenden Vereinen weiteſtgehende Un⸗ terſtützung zugeſagt. Rollwagen ſollen und werden die Abwärts⸗ und Aufwärts⸗ fahrt erleichtern. Man hofft auch weiter⸗ hin auf größtes Entgegenkommen. Eine Floßgaſſe wird ſich wohl wegen des zu befürchtenden Energieverluſtes kaum ver⸗ wirklichen laſſen, auch die vom Main her bekannten, ſelbſt zu betätigenden kleinen Schleuſen können hier kaum zur Wirk⸗ lichkeit werden. Der Wanderſport wird eben Handel und Induſtrie ein nicht un⸗ erhebliches, aber unvermeidliches Opfer bringen müſſen. War es früher möglich, die Strecke Heilbronn— Heidelberg in einem Tage zurückzulegen, ſo wird ſie wohl jetzt nur noch in zwei Tagen zu be⸗ wältigen ſein; die ſonntäglichen und tionsradius, hoffentlich aber nicht an Zahl eine nicht unerhebliche Einbuße erleiden. Während die große Zahl der„nicht inkorperierten“ Schwimmer und Nicht⸗ ſchwimmer, die ſogenannten„Badenden“ ihr Lager bereits vorübergehend neckarauf⸗ oder ab⸗ wärts der Karlstorſchleuſe verlegen mußten, iſt der Schwimmverein Nickar von den Kanalbauten kaum in Mitleidenſchaft ge⸗ zogen worden. Hier ſcheinen denn auch die Vorteile ganz entſchieden zu überwiegen, erhofft man doch von einer faſt ſtromloſen Strecke die Möglichkeit einer Austragung von ſportlich einwandfreien Langſtrecken⸗ wettkämpfen.— Der 1906 gegründete Schwimmverein Nikar erreichte 1914 ſeine Höchſtzahl von rund 1000 Mitgliedern, verlor aber durch die Gründung von Waſſerſportabteilungen bei der Deutſchen und bei der Freien Turnerſchaft einen nicht unerheblichen Teil der Vereinsangehörigen.— Groß iſt die Zahl der er⸗ rungenen Erfolge, gehörten doch die Nikaren ſchon immer zu den führenden ſüddeutſchen Schwimm⸗ vereinen. Zahlreiche, zum Teil ſehr wertvolle Ehren⸗ und Wanderpreiſe wurden im Laufe der Jahre ge⸗ wonnen, dazu mehrere ſüddeutſche und auch Hoch⸗ ſchulmeiſterſchaften. In friſcher Erinnerung ſind noch die ſchönen Erfolge von Dörffel, Frank, Vogt und Watrin bei den deutſchen Hochſchulmeiſterſchaften in Darmſtadt, denen zufolge ſie zu den internationalen Hochſchulmeiſterſchaften in Paris gemeldet wurden.— Beſonderer Pflege erfreut ſich überdies das Waſſer⸗ ballſpiel, das mit zur Begründung des hohen ſportlichen Anſehens der Heidelberger Schwimmer bei⸗ „Was ich Ihnen wünſchte, wäre eine Stunde auf dem heidelberger Schloß. die impo⸗ ſanteſte Ruine, in die herrlichſte Natur hineingebaut, an die bedeutenſten Menſchen— und Vorgänge wie ein Kupferwerk deutſcher— SGeſchichte erinnernd. Gewiß ein Anblick, 5 der auf dieſer Welt nicht zum zweiten Mal wiederkehrt.“ Friedrich Hebbel(1836) trug. Mehr als zehnmal wurde die badiſche Meiſter⸗ ſchaft errungen, verſchiedentlich war Nikar als Meiſter auch Süddeutſchlands Vertreter in den Endſpielen um die deutſche Meiſterſchaft, bis es ihm 1921 gelang, deutſcher Waſſerballmeiſter zu werden, nicht zuletzt mit ein Verdienſt des auch in Fußballkreiſen(S. V. Wald⸗ hof und Amateure Wien) beſtens bekannten inter⸗ nationalen Torwart Lohrmann. Schließlich ſei in dieſem Zuſammenhang einmal eines immer wieder auftauchenden Wunſches der Nikaren gedacht: Es fehlt ein eigenes, neuzeitlichen, ſportlichen Vorſchriften und Anſprüchen entſprechendes Sommerbad. Geldknappheit zwang die entgegenkom⸗ mende Stadtverwaltung zur vorläufigen Zurück⸗ ſtellung der Projekte. So muß ſich der Verein mit einem kleinen Gelände zwiſchen den Blumſchen Frei⸗ bädern behelfen und ſeine Hoffnungen auf die Zukunft ſetzen, Hoffnungen, die f Stauſtufe am Karlstor e und gleich de N cht bald i rneut in verſtärktem Maße der Ruderer und Paddler Ullun ge 8 g. Wochenend⸗Ausfahrten werden an Ak⸗ mit der Fertigſtellung den * 8 0 NIEDERLASSUNGEN. NLA NDPD) AUSLAND: Berli— Prernen— Presa] Affen- BUEHOs-Hr es Dresder i PSS Ner- UHiss eber) Feu KU ST Melfi Heals e FHerrburg— Hermoever SSloruki- Sofie KOI— NU— Sterffir FF 5 Die Bauunternehmung Grün D Bilfinger A. G. in Mannheim ist entstanden aus dem 1880 in Mannheim gegründeten Wasserbaugeschãſt August Bernatz, nachmals Bernatz O Grün, dessen Leiter, Ingenieur Aug Grün, im Jahre 1892 sich mit dem Ingenieur Paul Bilfinger anstelle des ausscheidenden Herrn Bernatz ver ban und im jahre 1896 als weiteren Teilhaber den Ingenieur Bernhard Bilfinger gewann. Im Jahre 1906 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschalt mit 4 Millionen Mark Kapital, das nach Ablauf der Gele ent wertung auf 4,410 Millionen Goldmark umgestellt wurde.„„ 8 15 Die Unternehmung betätigt sich mit Ausführungen jeder Art des Iief- und Hochbaues im In- un Ausland. Hervorgehoben seien 80 Brückenbauten, darunter 11 über den Rhein, größtenteils mit Druckluft- gründung. 24 000 m Tunnel und Stollenanlagen für Eisenbahnen und Wasserkraſtwerke, schwierige Erdarbeiten und Bauwerksausführungen im Gebiete der Reichsbahn unter Aufrechterhaltung des Betriebs, 20 Personen- und Verschiebebahnhöfe, Eisenbetonhochbauten für Kraſt werke und Industriebauten, vielfach mit Gründungen auf Eisenbetonpfählen oder Brunnen, Schiffahrtschleusen und Kanalbrücken sowie umfangreiche Erdarbeitet am Nord- Ostsee- und Mittellandkanal und an den Rhein- und Ruhrhäfen, Straßenbauten, Seehäfen ut Verladeanlagen. ö F ˙.))) 8. Neben den Bauaus führungen wurden Entwürfe für Kunstbauten. Schiffahrtsstraßen und Ha enanlagen bei inter nationslen Meubewerben ausgearbeitet, denen eine große Anzahl erster Preise zufel. 35 3355ͤ C Sete. Nr. 4904 — 54 54 e de Stedt tes toser industrieerbeft TEE feger Hendelstätigkeit der zweſtgrob e Binnenhafen deutschlends J derdetedtensteUnschtgerpntt fl Sudvesideutschtand u. die Schwole — * 3* 5 1 der Witscheftstmittepundt eines telehge- Allederten Hintetlendes 5 der St der Badisch pfaleischen Luft- lens bdesünstist mit diesen Elgenscheften de Ansiedlung von Unternehmen jeder Att. 2 Aus taunt duch J88 Stätische Hafen- U. Industrigam 2 — e 17. Seite. Nr. 439 1 8 1 N 2 . GCC 5 55 diumquelle, die in Frage kommt Der Stand der Arbeiten auf der Strecke Seckenheim-Wieblingen ſtraße zur Fahrt nach Heidelberg benützt hat, wird er⸗ ſtaunt über die Veränderungen ſein, die ſich inzwiſchen vollzogen haben. Gleich hinter dem neuen ſchmucken Seckenheimer Stationsgebäude der OeEcg., das ein noch beſchäftigt. Muſterbeiſpiel neuzeitlichen Kleinbahnhofsbaues iſt, beginnen die Spuren der emſigen Tätigkeit der Grün u. Bilfinger.., die die Tiefbauarbeiten für die neue Strecke der elektriſchen Nebenbahn nach Heidel⸗ berg ausführt. Ein langer Zug ſchafft die Erde herbei, die zum Aufſchütten der neuen Straße benötigt wird, auf der das Doppelgleis von Seckenheim aus mächtiger Raupenband⸗Löffelbagger neueſter Kon⸗ ſtruktton, der in acht Stunden bis zu 600 Kubikmeter Erde bewegt, iſt hier in Tätigkeit, um Platz für die neue Straße zu ſchaffen, die durch den Bahndamm be⸗ reits hindurchgedrungen iſt. Die Arbeiten zur Her⸗ im Zuge der Kreisſtraße 10 errichtet wird, geht ihrer ſtellung der Unterführung geſtalteten ſich beſon⸗ ders ſchwierig, weil der Zugverkehr in vollem Um⸗ fange aufrecht erhalten werden mußte. Der einzige 22 Grad er Anterſchi i 5 i Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Heidelberg Die Itaut deutscher Romantik, älteste Univer- sität Deutschlands in wunderbarer Lage am Heidelberg die muierne Musik- und Festsnielstadt, frem- dennlatz Il. Ranges von internationaler Be- deutung mit jeder Bequemlichkeit, das ideale bis jetzt bekannten typischen Ra- in erster Linie zur Heilung von rheumatischen und gichtisehen Er- krankungen, Neuralgien, Ischias, Nervenkrankheiten, Arteriosclerose. Ganzjährige Kurzeit, modernstes Badehaus. Auskunft durch Stctsches Verlehtsòrnt Elektrische Bahn Mannhelm-leldelberg L Vocka- 50 en 4 2. .%% 0 ſchwindigkeit auf d gegen den no: e Sa Welten 0 mac Neckar, gekrönt von der weltberühmten Schloß- ö ruine durch sechs Jahrhunderte Residenz der Standquartier für Ausflüge in die landschaftlich Kurfürsten der Pfalz. 1 hervorragende, an Kulturdenkmalern überreiche Umgebung, den Ring um Fleidelberg. Kongreßstadt Heidelb Heidelberg Die Häderstadt mit der stärksten die hævurzugte Wohnsindt in hervorragend mildem Klima mit seinen 5 3600 ha großen, durch ein weites Netz von Spazierwegen zum Park umgestalteten Stadtwaldungen, ganz modernen Villenvierteln am Wolfsbrunnenweg hinter dem Schloß, im Neuenheimer Feld nördlich der neuen Ernst Walz-· Brücke und an der Bergstraße. Ausgezeichnete Schulverhaltnisse, Gymnasium, Oberrealschule mit Real- Gymnasium, Mädchenrealschule mit Mädchen- Realgymnasium und gymnasialer 5. Abteilung. Handelsschule mit Hotelfachschule, sowie einer ganzen a 8 Reihe von ausgezeichneten Privatschulen, Pensionaten für Knaben und Mädchen. Hervorragendes Theater, lebhafte Sporthetatigung. 5 E Ain ge D ieee daß die gute befm Selber, ber Baltſtelle die Ge⸗ Man iſt erſtaunt, Waun man das Gerüſt ſieht, da 8 Stundenkilometer ermäßigen Brücke bis zu ihrer Vollendung trägt. Die Fahrbe müſſen. Beim Bau 0 Unterführung ging man in der Straße erhält hier eine Breite von 7,5 m mit beid ö der Weiſe vor, daß man quer durch den Bahnkörper ſeitigen Gehwegen von 1,5 m Breite. Die Eiſenbet Wer ſchon ſeit längerer Zeit nicht mehr die Land⸗ Schlitze trieb, in denen Widerlager und Mittelpfeiler decke der Ueberführung, die gegenwärtig fertiggeſt hochbetoniert wurden. Als dieſe Arbeiten vollendet wird, muß 28 Tage liegen bleiben, die Normalzeit waren, wurden die mächtigen Deckenträger in T= die Erhärtung der Eiſenbetondecken. a Schienenform verlegt. 1 iſt man gegenwärtig Nach dem Paſſteren 8 Unterführung, die in beſeitigt, der bei dem ſtarken Kraftfahrze 3,5 m Tiefe durch den Bahnkörper führt, wendet ſich die kehr zu großen Unzuträglichkeiten Veranlaſſung g neue Strecke wieder der alten Landſtraße zu und weil ſich öfters zu beiden Seiten eine Anzahl Wage ſchneidet ſie etwa in der Mitte zwiſchen Bahnwärter⸗ anſammeln, wenn die Schranken geſchloſſen ſind. D haus und der Kreisſtraße 10, die von Friedrichsfeld Bauwerke auf der Strecke Seckenheim⸗Wie Hier trennt ſich der Bahn⸗ werden bis Ende des Monats September ferti Während die neue ſein, ſämtliche Erdarbeiten bis gegen Ende des weitergeführt wird. Die neue Straße läuft, wie aus Straßenſtrecke zur alten zurückkehrt, hat ſich der Bahn⸗ 1928. Sämtliche Bautermine wurden nicht n der Skizze zu erſehen iſt, eine Strecke auf der linken körper von neuem tief in die Erde gegraben, um durch gehalten, ſondern ſogar unterſchritten, weil i Seite der alten entlang, ſchneidet ſie dann, führt eine die Ueberführung der Kreisſtraße 10 auf Schichten gearbeitet wird, vom grauenden kurze Strecke auf der rechten Seite und kehrt hierauf die andere Seite zu gelangen und auf der rechten Seite ohne Unterbrechung bis zum Eintritt der Dun wieder auf die linke Seite zurück, um ſich allmählich durch die Felder in ſchnurgerader Linie dem Edinger Die örtliche Bauleitung iſt Ingenieur Stadel zum Damm der Main⸗Neckarbahn herabzuſenken. in Bahnhof zuzuſtreben, der ſüdlich des Ortes errichtet übertragen. Das Hauptverdienſt an der n wird. Er erhält außer dem Aufnahmegebäude einen Linien⸗ u. Straßenführung kommt Direktor Weſ ch Güterſchuppen, eine 150 m lange Wagenhalle und eine von der OCE. zu, der mit ſtarker Initiative 8 Ein Zubringergleis verbindet die Verwirklichung des Profekts eingeſetzt un ihn mit dem alten Edinger Bahnhof. Die Brücke, die nach Neckarhauſen führt. körper von der Landſtraße. Reparaturwerkſtätte. Vollendung entgegen; ſie iſt inſofern eigenartig, als ſie durch die Linienführung der Straße 1 Winkel von ven R. N nan. ratz bens: BAHN 9 3 changer turm. 2 1 8 775 Durch die Unterführung wird der ſchi gleiche Uebergang der Main⸗Necka die notwendigen Geländeabtretungen mit viel bewerkſtelligt hat. Es kann damit gerechnet 5 1 zum nich e e Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonber⸗RNummeꝛ 18. Seite. Nr. 439a Musik- und Theaterfragen Es gab einmal eine Zeit— noch iſt kein Jahrhundert darüber verſtrichen—, da ſind Heidelberger muſikliebende Studenten nach Mannheim zu den großen Konzerten gekom⸗ men, um als Muſikanten mitzuwirken, und ein großer Strom von Heidelberger Einwohnern folgte ihnen am Konzertabend nach; die großen Konzerte in Mannheim waren für Heidel⸗ berg ein Ereignis. Das heutige muſikaliſche Leben der beiden Städte kennt bleſen Grad der Verbundenheit nicht mehr. Während Mann- heim als Stadt alter Muſikkultur gilt, hat Heidelberg ver⸗ ſucht, nicht etwa aus dieſer Uähe zu profitieren, ſondern ſich ſelbſtändig zu machen. Dabet ging es ſogar noch um Einen Schritt über die Mannheimer Gepflogenhetten hinaus. Die Muſiker ſeines Orcheſters ſind ſtädtiſche Beamte, was die Uliitglieder des Mannheimer Uationaltheaterorcheſters nicht wurden. Und während dieſe in ihrer Cätigkeit ſich naturgemäß auf Oper und Konzerte beſchränken, haben ihre Heidelberger Kollegen außerdem noch in den Gartenkonzerten zu fungieren; ſeitdem es ein Bad Heidelberg gibt, ſozuſagen als Kurkapelle. Man wäre alſo verſucht zu ſagen, daß es in Heidelberg wohl eine Kurkapelle gibt, eine Kurpfalz Kapelle, die beide Orcheſter der Städte Mannheim und Heidelberg zu⸗ ſammenfaſſen könnte, jedoch nicht exiſtiert. Uur gelegentlich Kommt das einmal vor; ſo erinnert man ſich gewiß ſehr gern einer Aufführung der achten Brucknerſinfonie unter Franz von Hoeßlin, bei der beide Orcheſter zuſammenwirkten oder einer anderen Gelegenheit, bei der das geſchah: beim Preſſe⸗ feſt 1924 in Mannheim. Außerdem beſteht eine gelegentliche IIllitarbeit einzelner Mannheimer Orcheſtermuſiker bei den Sinfoniekonzerten, die die Stadt Heidelberg zuſammen mit dem Bachverein veranſtaltet. Und dieſer ſelbſt iſt ein will⸗ kRommener Gaſt in Mannheim, wenn ein großes Chorwerk im Nibelungenſaal aufgeführt wird. Dieſes gemeinſame Wirken entbehrt jedoch das Weſent⸗ lichſte, das den eigentlichen Zuſammenhalt in einem ſolchen Fall bietet: die Planmäßigkeit; es iſt bisher nicht möglich geweſen, wenn auch in noch ſo beſcheidenem Maß, in beiden Städten nach einer beſtimmten Marſchroute vorzugehen, die ein, wenn auch nur teilweiſes, Zuſammenwirken ſtchert. Man bedenke, wieviele Werke großen Ausmaßes dadurch dem Publikum beider Städte nahe gebracht werden könnten. Das Gleiche iſt der Fall in den Fragen des Theaters. Es gibt kaum zwei Städte, die ſich in ihren Theaterbauten ſo ergänzen wie heidelberg und Mannheim. Hier großes, dort kleines Haus. Doch nicht dieſer äußere Rahmen ermög⸗ licht eine entſprechende Aufteilung— man kann nicht un⸗ bedingt verlangen, daß die Heidelberger ſich in Mannheim die große Oper und die Ulannheimer in heidelberg die Kammeroper anſehen ſollen— es wäre vielmehr für eine rationelle Theaterwirtſchaft äußerſt zweckmäßig, wenn beide Theater mit einem gemeinſamen Enſemble ar⸗ beiten könnten. Das iſt ſchon oft angeregt worden, aber die Heidelberger haben erſt jetzt wieder durch die Wahl eines eigenen neuen Intendanten gezeigt, daß ſte für ſich bleiben wollen. Wir ſind weit entfernt, das mißzuverſtehen; die Heidelberger lieben ihr Theater, das ſie aus einem alten Bau, den wir einſt als Studenten beſonders ins Herz ge⸗ ſchloſſen hatten, in einen ſchmucken Raum verwandelt haben. Dieſe Selbſtändigkeit in allen Ehren; es bleibt nur die Frage, od die Zukunft des deutſchen Theaters überhaupt es hei ihr bleiben läßt. Die finanzielle Tage der Bühnen wird eines ſchönen Tages doch das Zuſammengehen benachbarter Städte nötig machen, und wenn ſolche Fragen z. B. zwiſchen Nannheim und Karlsruhe oft erörtert und ebenſo oft wieder hinaus⸗ geſchoben wurden, ſo beweiſt das nur, daß das Zuſammen⸗ leben zweier Städte eben noch nicht dazu reif iſt, eine ſolche Union zu vollziehen. Da es aber ſchon rein äußerlich Beine Frage mehr darſtellt, daß ſich die beiden Städte Mann⸗ heim und heidelberg immer näher kommen, ſo kann es nicht von Schaden ſein, wenn man dieſe künftige An⸗ näherung zur Grundlage einer Ueberlegung macht, die ſich auf lange Sicht mit einer gemeinſamen Theaterkultur be⸗ ſchäftigt. Wilen m Gang Rb Unternehmer der Heidelberger Schloßg- Beleuchtung seit 1863 Heidelberg Uebernahme von Haupt-Straße Nr. 110 Telephon 2731 Man muß in dieſem Zuſammenhang an die Heidel⸗ berger Feſtſpiele erinnern, nicht als an eine reprä⸗ ſentative Heidelberger Angelegenheit, vielmehr weil ſich in dem Feſtſpielgedanken dieſer Art etwas Ueues in der Theaterkunſt überhaupt ankündigt: das landſchaftlich ge⸗ bundene Schau-Spiel, das nur an dieſer Stelle, unter dieſen Bedingungen ſein kann wie es iſt, und das ſich an keinen anderen Schau-Platz übertragen läßt wie ein beliebiges En⸗ ſembleſpiel. Es gibt eine Bühne im Umkreis Heidelberg⸗ , eee een f Altes Heidelberger Barock-Portal Mannheim, die geeignet erſcheint, dem Feſtſpielgedanken dieſes Kulturkreiſes noch eine viel feſtere Form zu geben als er ſte jetzt ſchon beſitzt; ſie liegt weder in Mannheim noch in heidelberg, ſondern in der Stadt, die zu den beiden als unzertrennbares Kulturganzes gehört, in Schwetzingen. Wenige, allzu wenige wiſſen, daß wir in der Schwetzinger Schloßbühne eines der ſchönſten Barocktheater beſitzen; aller⸗ dings verbietet es ſeine gegenwärtige techniſche und feuer⸗ Von Dr. Kayser-Mannheim ſichere, bzw. unſichere Beſchaffenheit, daß man ſo darin ſpielen kann wie es jetzt iſt. Es gehören auch gewiß größere Mittel dazu, den wundervoll gegliederten Raum und ſeine, die reichſten Möglichkeiten bietende, Bühne den heutigen Anforderungen entſprechend herzurichten. Aber in einem Kul⸗ turprogramm auf lange Sicht, das den Schwetzinger Schloß⸗ garten und deſſen außerordentliche Möglichkeiten für die Herbeiziehung der Fremden in den Kreis der Betrachtung zieht, darf das Schwetzinger Theater ſehr wohl als weſent⸗ licher Faktor gelten. Eine entſprechende Wahl von Werken, ſei es die Oper Händels, die Komödie Goldonis oder Molie⸗ res, die„Ariadne“ von Richard Strauß, der ſich ſelbſt ſehr für das Schwetzinger Theater intereſſtert, könnte hier das Repertoire für Feſtſpiele ergeben, wie ſie einzig in ganz Deutſchland ſchon rein durch die äußere Bedingung ihres Milieus daſtänden. Die vielen Derſuche ähnlicher Art, 3. B. die KAufführug einer händeloper durch das Stuttgarter Landestheater im Schloß Solitude, haben gezeigt, daß ein außzerordentliches Intereſſe an ſolchem Theaterſpiel beſteht, das über das Uebliche hinausgeht und dem Sttklempfinden anders Rechnung trägt als es in unſeren gewöhlichen Thea⸗ terbauten der Fall ſein kann. Warum wir bieſen Ausflug nach Schwetzingen mitten in unſerer Mannheim⸗ Heidelberger Betrachtung unter⸗ nahmen? Um zu zeigen, daß es in dieſer Kulturecke auch auf dieſem Gebiet Aufgaben gibt, die nur gemeinſam zu löſen ſind; denn das kann keine Frage ſein, daß die Zuleitung des Fremdenſtromes nach den Schwetzinger Er⸗ innerungsſtätten nur von Mannheim und heidelberg aus geſchehen kann. Der Heidelberger Straßenbahnverbindung nach Schwetzingen wird Mannheim auf irgendeine Art als⸗ bald folgen müſſen. In der Theaterfrage, die Schwetzingen als eine Forderung an das Kulturbewußtſein von Heidel⸗ berg und Mannheim ſtellt, werden beide Städte ſich zu ge⸗ meinſamer Arbeit vereinen. Auch hier wie im Ruſtkleben, iſt ein plan erforderlich, an dem beide Städte arbeiten. Das Schwetzinger Beiſpiel zeigt am heſten, daß es ſich um keine Bevormundung durch dite eine oder andere Stadt handeln kann; es kommt nur auf die geeignete Perſönlich⸗ keit an, die dem künſtleriſchen Leben und den Zukunfts- aufgaben die Richtung gibt. Heidelberg hat jetzt für ſeine Sinfoniekonzerte den ſoeben zum Profeſſor ernannten Uni⸗ verſttätsmuſikdirektor Dr. poppen als Leiter gewählt, nachdem er ſich bisher mit Gaſtdirigenten in dieſes Amt geteilt hat. Was es braucht, iſt eine Perſönlichkeit, die dem ganzen Muſikleben, in Konzert und Theater, das Gepräge gibt. Doch wir glauben nicht, daß dies anders ge⸗ ſchehen kann als durch eine gemeinſame Arbeit der beiden Städte. Das Heidelberger Muſikfeſt, das auch im Sommer 1929 in irgendeiner Form wieder ſtattfinden ſoll, hat ge⸗ zeigt, wie weit das Intereſſe des Publikums beider Städte gemeinſame Wege geht. Soll das nur auf die drei Tage Muſikfeſt im Jahr beſchränkt bleiben? Wieviele Heidel⸗ berger gehen zu ihrer weiteren muſikaliſchen Ausbildung regelmäßig nach Mannheim! Es beſtehen alſo bereits Der⸗ bindungen, man muß ſie nur im Intereſſe beider Städte er⸗ greifen und ausbauen. Wir ſind überzeugt, daß darin die Zeiten vieles ſchaffen werden. So wie das Theater immer mehr auf die große Organiſation ſeiner Beſucher angewieſen iſt, ſo wird in der Kunſt überhaupt nur der große Zuſammenſchluß den us gleich zwiſchen dem Bedürfnis des Publikums und den Exiſtenzmöglichkeiten der Ausführenden ſchaffen können. So wird ſich eine Vereinigung ſchließlich von ſelbſt ergeben. Daß dabei manche Widerſtände und Dorurteile zu über⸗ winden ſein werden, iſt ſelbſtverſtändlich, doch hat bereits das Beiſpiel des Ludwigshafener Theaterbaus gezeigt, daß man ſich den gegebenen Uotwendigkeiten im rechten Augen-“ blick doch nicht verſchließt: das Mannheimer National- theater wird im neuen Tudwigshafener Theater Vorſtel⸗ lungen geben. Nicht gegeneinander, nicht nebeneinander, ſondern miteinander muß auch in der Kunſt die Foſung ſein, deren Wege doch ſchließlich keine andere Richtung verfolgen als die des allgemeinen Lebens, beim einzelnen Menſchen wie in der großen Gemeinſchaft der Städte. Untere-Straße Nr. 29 Telephon 842 Telephon 1593 Feuerwerſten 5 Bengal.-Beſenchifungen Illuminationen Programme jederzeit bereitwilligst EInzelmöbel, Dlillgste Prelse. J. baux& Sühne Fabrik und Ausstellungsräume Handschuhshelmerlandstraße 89 und 71 Neuzeitliche Wohnupgsefnrichtungen in 8 lHſlen prelslagen. Innenausbau, Cöfé-, Hotel- und WIrtschefts- Einrichtungen in zeſtgemößer und puünktſicher Ausführung. Möbelfabrik Heidelberg Gegr. 1873 Telephon 1593 Schaufenster- Anlagen, Laden-, Erstklassige Afrbeſten und Ffonko-Lleferung. — L. Frettag, den 21. September 1028 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Rummer 19. Seite. Nr. D Eine lustige Studentengeschichte n heidelberg war's, in ſeliger Studentenzeit, wo einem der himmel noch alle Tage voller Geigen zu hän⸗ gen ſchten. Da hauſte ich im erſten Semeſter in einer ge⸗ mütlichen Bude in der Bienenſtraße. Auf dem verblaßten Holzgeſtell meines wackligen Schreibtiſches, an dem ich mehr Ciebesbriefe dichtete, als Kolleghefte ausarbeitete, klebte auf dem wurmſtichigen hölzernen Aufbau als kleiner Seitungsausſchnitt der Merkſpruch des ſeligen Dichters Martin Greif:„Murre nicht, wenn Dich die Plage harter Arbeit nicht verläßt! Küirchweth iſt nicht alle Cage, und nur ſchön ein ſeltenes Feſt.“ Dadurch, daß hier„Kirch⸗ weih“ als ein beſonders ſchönes Feſt hingeſtellt wird, das man nicht alle Tage haben kann, wurde in den geheimnis⸗ vollen Ciefen meiner Seele der Wunſch erweckt, einem Kirchweihvergnügen der Heidelberger Umgegend einmal perſönlich beizuwohnen. Selbſtverſtändlich nur ſtudienhalber! Damals hatte ich einen lieben Freund und Gönner Adular mit Uamen, der als angehender Lebemann ſeit langen Jahren auf jeder Kirchweih im Umkreis von 50 Kilometer in voller Tebensgröße vertreten war. Als ich dieſem von meiner Abſicht, ihn auf eine Kirchweihfahrt zu begleiten, Mitteilung machte, brach der erſtaunt und be⸗ geiſtert in die klaſſiſchen Worte aus:„Menſch, Mann, Jüng⸗ ling, Freund und Genoſſe. du haſt noch keine badiſche Kirchweih mitgemacht?! So einen fidelen Kirchweihbum⸗ mel, den muß man miterlebt haben, da muß man hinein- getreten ſein, das muß man ſeinen Kindern gezeigt haben oder man hat kein herz in der Bruſt!“ Don dem Schwung und der mitfortreißenden Gewalt dieſer Worte aus Kenners Munde überzeugt und erſchüttert, willigte ich gern ein in die parole:„Huf zur Kirch⸗ weih!“ 5 35 Flugs wurde nun die Zeitung herbeigeholt, um nach⸗ zuſchauen, welches von den zahlreichen Tanzlokalen der Um⸗ gegend wir mit unſerem Beſuch beehren wollten. Alle⸗ wetter, was ſehen meine Augen! Eine volle Seite iſt be⸗ deckt mit Kirchweihankündigungen. Und zu jedem dieſer verheißungsvollen Inſerate iſt ein kleines Bildchen ein⸗ gezeichnet, auf dem ein ſich luſtig im Tanze drehendes Pär⸗ chen dargeſtellt iſt. und was dieſe Gaſthäuſer, die hier zum Kirchweihfeſt ihren„ſelbſtgebauten bein, ſelbſt⸗ gebackenen diverſen Kuchen, prima ſelbſtgeſchlachtetes Wild und Geflügel und fein gewichſten Parkett⸗Tanzboden“ empfehlen, alle, für ſympathiſche amen haben! Die Gaſt⸗ häuſer„zum Cöwen“,„zum Kuckuck“,„zum Eichhorn“,„zum TCamm“,„zum Bären“,„zum ſchwarzen Adler“,„zum Strauß“,„zum grünen Baum“,„zur ſchäumenden Alb“,„zur Roſe“,„zum Schnapsjörg“, ſtehen in friedlicher Eintracht neben- und hintereinander auf der großen Inſeratenſeite. Aus dieſem reichhaltigen zoologiſchen Gaſthauspark batte ich für den Kirchweihbeſuch gerade eins ins Ausſicht genommen und überlegte nun, ob ich zur Feier des Abends beſſer Frack mit weißer Binde und Zylinder oder nur den Schmoking anziehen ſollte, da ſtürmte mein Freund in meine Junggeſellenbude.„Komm fiz, mein Söhnchen“, ſagte er,„ſonſt ſind die beſten Mädels ſchon weggeſchnappt, wenn wir hinkommen.“ Das war allerdings ein ſolch ſchrecklicher Gedanke, ich Frack und Schmoking ruhig im Schranke hängen ließ und ſo, wie ich ging und ſtand, mit hinunter kam, wo das Auto ſchon ratternd und ſchnatternd ſtand, das uns in ſau⸗ ſender Fahrt hinausbrachte zum fröhlichen Kirchweihfeſt Am Stele unſerer Fahrt wohlbehalten angelangt, tön⸗ ten uns ſchon vor dem Lokale Stimmengewirr und jubelnde Walzerklänge entgegen:„Duun biſt's, lachen—des Glück, daß Du Du Du. Ua. wollen mal ſehen. Alſo, rinn ins Der⸗ gnügen!. ö Dichte Dunſt- und Cabakſchleier, durch die das weiße Licht der von der Mitte des Saales herabhängenden Gas. Krone nur ſchwach durchdringen konnte, empfingen uns. Dazu ein ohrenbetäubender Tärm, ſchmetternde Walzer⸗ melodien des Blasorcheſters und brodelndes Stimmgewirr. Zwiſchendrein gellende Jodler und flötende, quietſchende, kreiſchende Mädchenſtimmen. Als ich mich nach geraumer Seit in dieſem Cohuwabohn einigermaßen zurechtgefunden hatte, war mein Freund und hatte ich das hübſche Kind um die ſchlanke und ſchwebte mit ihr hinein in den Saal nun meine entzückende Tänzerin. Führer ſpurlos verſchwunden Während ich noch ſo, ſchüchtern wie ich nun einmal bin, daſtand und überlegte, wie ich mich an dem allgemeinen Jubel und Crubelfeſt am beſten beteiligen Könnte, nahte mir der rettende Engel in Geſtalt eines blonden, lieb lichen Mägdeleins 5 „Wolle Se net tanze?“ fragt mich das nette Ding in ihrem anheimelnden badiſchen Dialekt mit ſolch ſüßer Stimme und treuherzigem Aufſchlag ihrer dunkelblauen Hleuglein, daß mir an der Stelle, wo ich das Herz in meiner Männerbruſt klopfen hörte, ordentlich ganz ſchwummelig wurde. 8 f „iber gern, mein Goldkind“, ſagte ich Kühn, und ſchon Taille gefaßt Raſch waren wir mitten drin im ärgſten Strudel, wurden gedrängt und geſchoben, gepufft und auf die Abſätze getreten. a Immer an die Wand lang“, ſagte ich,„da iſt's Ge⸗ dränge nicht ſo groß.“ „lich ja“, flötete ſie,„das haben die Mädchen ſo gerne.“ Schließlich hatten wir uns bis zur perlpherie des Saa⸗ les durchgekämpft, wo wir etwas mehr Platz hatten.“ »Fräulein, können Sie links rum tanzen?“ fragte ich „Kind, Du kannſt tanzen, wie meine Frau, ſchmiegſt Dich und biegſt Dich, wie ſie genau“, ſchmeichelten juſt in dieſem Augenblick die Walzerklänge Ich war ganz verſchoſſen in das reizende Geſchöpfchen, als es plötzlich das füße, kirſchrote Mündchen öffnete und mich jäh aus all meinen Himmeln riß durch die banalen Worte:„Jeſſes, jetzt hab' ich aber e Mordshunger!“ „Hunger?“ ſtotterte ich ganz entgeiſtert,„Hunger, ja wieſodenn, Hunger auf Kuß, meinſt Du gewiß, mein Engel⸗ chen?“ „J wo“, ſagte das herzloſe Mägdelein,„keine Ahnung. Zunächſtemal hab' ich e koloſſale Appetit auf e ſaftiges Schweineripple mit Kraut und Bratkartöffelche..“ In verhältnismäßig kurzer Zeit hatte ich mich von meinem Entſetzen erholt und eingeſehen, daß mein blonder Schatz von der dicken Tuft im heißen Saale und von meiner noch heißeren Ciebe nicht leben konnte. Kaltlächelnd bot ich meiner Dame den Arm und führte ſie in das vom geſchäftstüchtigen Wirt anläßlich des Kirch⸗ weihfeſtes eingerichtete Weinabteil. Das gewünſchte„Ripple“ mit allem Zugehörigen war bald beſtellt und ſerviert worden, dazu auf beſonderen Wunſch auch noch eine Flaſche edlen Traubenblutes. Meine kleine Freundin ſuchte den Wein ſelbſt aus und nahm, wie ſich's von ſelbſt verſteht, natürlich den teuerſten auf der Karte: Markgräfler Ausleſe aus dem geſegneten Weinjahre 1850, acht Em die Flaſche ohne Glas rein netto Kaſſa. Unglaublich raſch war Speiſe und Trank zwiſchen den blendend-weißen Perlzähnchen meines holden Diſavis ver⸗ ſchwunden. „Du“, flüſterte dann das appetitliche Kind und neigte ihren ſüßen Kirſchenmund meinem Ohre,„Du, ſei lieb und beſtelle Deinem kleinen Frauchen zu Gefalle noch e Fläſchle Schampus!“ Kein Herz hätte ich in der Bruſt haben müſſen, um bei ſolch lieblichen Flötentönen aus holdem Mädchenmunde nein ſagen zu können. Von H. A. Meissner Ich beſtellte alſo die gewünſchte Pulle Krabbelwaſſer, und als die alle war, noch eine zweite Süßen Lohn dankte meine Freigebigkeit. Der ſchöne Blondkopf beugte ſich zu mir und zwei friſche Mädchenlippen preßten ſich heiß und innig auf meinen Mund a Dann aber riß ſich das herzige Ding los aus meinen Armen und war, ehe ich noch recht wußte, wie mir geſchah, ebenſo plötzlich, wie ſie aufgetaucht war, verſchwunden. Dergebens ſuchte ich meine liebreizende Tänzerin im ganzen Saale, ſpähte in alle Winkel, fragte alle Kellner und den Wirt nach der ſchönen Unbekannten, das liebe, füße 5 f Mädel war und blieb verſchwunden f Drinnen im Saale aber ſpielte die Muſtk zur Polka- Mazurka auf: f 85 »kich, wie ſo trügeriſch, ſind Weiberherzen“„„„ 4 5 „ Tang, lang iſt's her! Dorbei die herrliche Studenten⸗ zeit, vorübergerauſcht die Tage der Jugend. Doch wie Jeder von uns, ſo denke auch ich noch gerne zurück an jene Zeit, wo man ſich„ſtolz in der Bruſt, ſiegesbewußt“ ſchon als gewaltig geſcheiter Kerl vorkam und dabei in Wirklichke 35 doch nur ein naives Füchslein war.. Inzwiſchen ſind faſt zwei Jahrzehnte vergangen. Man hat gelebt, gejubelt und gelitten, iſt älter und kälter geworden, aber nicht viel klü⸗ ger als damals. Doch das Herz iſt jung geblieben und die Augen ſchauen noch immer voll ſtarker Erwartung vor Kommenden guten Dingen hoffnungsvoll in die entgötterte Welt hinein. Und das iſt die Hauptſache. Noch heute ſinge ich wie damals: 5 „Das ſoll ich um die Zukunft ſorge, verfolgt mich auch des Schickſals Neid. Ich denk an meiner Jugend Morgen, ich denk an Dich, Du roſ'ge Maid, an Ciebesluſt und Becherklingen, an Waldesduft und Rebgeländ. 5 Ein Wort gibt meiner Seele Schwingen: 855 Ich war in Heidelberg, in heidelberg Student!“ 2 N e D — 5 der Feder mit dem Papier. Vollkommenheit ist. n kein Tintenfass Der Farlter Duqfold schickt das Anten fass und die alleꝛeit durstigu Sünder in die Gerumpelammær Beim modernen Sdhreibtisdh ist alles darauf eingerichtet, die Arbeit zu vereinfachen und zu erleichtern. Kein veraltetes Gerät hat darauf Platz.— Auch kein Tintenfass! Denn Sie brauchen heute Zeit und Konzentratlonskraft nicht mehr damit zu verlieren, eine allezeit durstige Stahlfeder hundertmal am Tage ins Tintenfass zu tauchen. Leicht und ohne abzusetzen, in einem Zuge durch, schreiben Sie heute mit Parker Duofold, dem Füllhalter für Schreibtisch und unterwegs. Nie mehr wird der Fluss Ihrer Gedanken durch eine störrische Feder unterbrochen; nie mehr verden Sie von einer ermüdenden Hand ans Ausruhen gemahnt. g 5 Der Parker Duofold schreibt schon bei Leicht und bequem liegt der ausbalancierte Halter in Ihrer Hand, leicht und gleichmässig fliesst die Tinte, leicht und glatt gleitet die Osmlumiridium-Spitze der Parkerfeder über die Papierfläche. Jeder Parker Duofold ist so sorgfältig gearbeitet, dass er noch nac 25 Jahren täglichen Gebrauches im Besitze seiner mechanischen Lassen Sie sich im Geschäft die herrliehe Parker-Auswalll; vorlegen und machen Sie eine Schreibprobe. 5 5 a 8 h Tagen— die 20. Seite. Nr. 489 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den A. September 1928 f Die Heidelberg Er Radium- Quelle Von Oberbaudirektor Dr. Kuckuk Als am 29. Auguſt 1918— wie faſt immer in jenen Naturſchönheit Heidelbergs von der Sonne herrlich beſtrahlt und in glühende Farben ge⸗ taucht war, bemächtigte ſich um 4 Uhr nachmittags einer kleinen Schar wackerer Menſchen unbeſchreibliche Freude. „Glück auf“ jubelte der Führer dieſer Arbeiter, denn um ſolche handelte es ſich,„Glück auf“ rief er dem Schreiber dieſer Zeilen, auf dem die Sorge um das Gelingen eines techniſchen Problems ſeit 6 Jahren laſtete, zu. Naturwiſſenſchaftliche Erkenntnis und techniſche Schöpfung hatten ſich in dieſem Augenblickdie Hand gereicht: Unſere Heilquelle war geboren! Ein Dezenium iſt ſeit jenem Tage verfloſſen; heute feiern wir den 10. Geburtstag der Radium⸗Sol⸗ quelle. Wären die Zeiten damals nicht ſo furchtbar ernſt geweſen, ſicher hätte man den Geburtsakt nach Heidelberger Sitte feſtlich begangen. Aber an ein Feſt dachte im Auguſt 1918 kein Menſch. Nur ein Gedanke beſeelte Alle, die mitgearbeitet hatten an der Löſung einer durch die Not der Zeit erſchwerten techniſchen Aufgabe:„Unſere Arbeit iſt endlich von Erfolg ge⸗ krönt“. f Heute nach zehn Jahren iſt auch das letzte Ziel er⸗ reicht. Ein ſchönes mit allen modernen Einrichtungen ausgeſtattletes„Furbadehaus“ iſt entſtanden. Welch eine gewaltige Fülle von Erinnerungen tritt uns am heutigen 10. Geburtstage der Quelle ent⸗ gegen. Ungezählte Seufzer ſind in den 6 arbeitsreichen Jahren von 1913 bis 1918 ausgeſtoßen worden; die Geduld wollte manchmal nicht mehr halten. Vom frühen Morgen bis zur hereinbrechenden Nacht und manche Nacht hindurch, nichts wie ſchwere Arbeit und — wie es ſchien— erfolgloſe Mühe. Wir möchten die ſaueren Tage und ſchweren Stunden nicht noch einmal durchleben. Die Sorgen haben wir inzwiſchen ver⸗ geſſen; die Erinnerung aber an jene Zeit iſt geblieben. Ste iſt wert, daß man ſte niederſchreibt, damit nichts verloren gehe, was den ſpäteren Geſchichtsſchreiber des Bades und unſerer Stadt und ſpätere Genera⸗ tionen intereſſieren wird. Am 12. November 1912 hat der damalige Bürger⸗ uusſchuß beſchloſſen, dem Vorſchlage des Geologen der Neben der Alhambra in Granada iſt das heidelberger Schloß die großartigſte Ruine aus mittelalterlicher Jeit.“ Longfellow(1830) Univerſität Heidelberg, Geh. Rat Prof. Dr. Salo⸗ mon⸗ Calvi, entſprechend in der Nähe der früheren Bergheimer Mühle zum Zwecke der Erſchließung einer Thermalquelle einen Tiefbrunnen zu erbohren. Was eine Tiefbohrung bedeutet, braucht hier nicht definiert zu werden, da das Wort ſich ſelbſt genügend erklärt. Mit der techniſchen Durchführung der geplanten Ar⸗ beiten wurde der Schreiber dieſer Zeilen beauftragt. Nach langwierigen Verhandlungen mit mehreren namhaften Bohrunternehmungen wurde im Juni 1913 mit der Internationalen Bohrgeſellſchaft in Erkelenz ein Vertrag geſchloſſen und am 9. Auguſt 1913 mit den Arbeiten begonnen. Vorher wurde von Arbeitern des ſtädtiſchen Waſſerwerks ein von Prof. Dr. Salo⸗ mon⸗Calvi angegebener, aber ſchon vor Jahren zuge⸗ ſchütteter Brunnen der früheren Bergheimer Mühle geſucht und freigelegt. In dieſem Brunnen ſollte nämlich nach Mitteilung des verſtorbenen Ehrenbür⸗ gers der Stadt Heidelberg, des Medizinalrats Dr. Mittermaier, während der ſogenannten Groß⸗Gerauer Erdbeben(1869—1871) das Waſſer längere Zeit auf⸗ fallend warm geweſen ſein; an dieſer Stelle ſollte die Bohrung angeſetzt werden. Die Aufſuchung des Brunnens verurſachte einige Schwierigkeiten, und erſt nach mühevoller bergmänniſcher Arbeit gelang es, den Brunnen freizulegen. Hier wurde der Bohrer augeſetzt. Ueber der Bohrſtelle wurde ein 23 Meter hoher mit dem alten Wahrzeichen des Bergmannes„Schlegel und Eiſen“ gezierter Bohrturm mit Bohrgerüſt auf⸗ geſtellt. Der geſamte„Bohrapparat“, denn als ſolcher muß er infolge ſeiner großen Vielſeitigkeit genannt werden, beſtand aus einer genial ausgedachten, von einer Lokomobile angetriebenen Maſchine, welche ſo⸗ wohl das Bohren mit aufgehenden Schlagmeißeln, als auch mit rotierenden Bohrkronen geſtattete. Neben dem eigentlichen Turm war eine Werkſtätte mit Schmiedefeuer und Werkbank errichtet, in welcher die 1 Das Radium-Solbad Bohrwerkzeuge dauernd in Stand geſetzt und erneuert wurden. Es iſt nicht möglich, die zahlreichen Inſtru⸗ mente und deren Zubehör an dieſer Stelle zu be⸗ ſchreiben und zu ſagen, wie und bei welcher Bohrtiefe ſie Verwendung fanden; nur einige ſeien hier auf⸗ geführt. Die Schappe, ein 1 Meter langer hohler, ſeitlich aufgeſchlitzter Stahlzylinder, in eine löffelähnliche Bodenſchneide auslaufend, oberhalb mit einem Vor⸗ ſprung verſehen, der das Herausfallen des aufgenom⸗ menen zerkleinerten Geſteins verhindert. Zum Bohren in Ton wurde zeitweiſe ein Löffel mit weitem Spalt, in Sand ein ſolcher mit engem Spalt verwendet. Eine Abart des Löffelbohrers, die Schappe mit Scharnier, Erdbohrer von ſpiraler Form als Drehbohrer, Meißel und Stoßbohrer, Kronenbohrer, Diamantbohrer, Schrotbohrer, überhaupt alle in der Praxis anwend⸗ baren Bohrgeräte ſind in Tätigkeit getreten. Die Wirkſamkeit des Stoßbohrers wurde durch Vermeh⸗ rung ſeines Gewichtes verſtärkt, dadurch, daß man oberhalb des Meißels eine dicke, ſchwere eiſerne Stange anbrachte. Bei der ſogenannten Spülbohrung wurde hohles Bohrgerät, aus ſtarkwandigem Stahlrohr, be⸗ nutzt und durch Einführung eines Waſſerſtrahles in das Bohrloch der beim Bohren entſtandene Bohr⸗ ſchlamm fortgeſpült, um ſo die Bohrſohle ohne Unter⸗ brechung dauernd frei und rein zu halten. Dann wurde wieder mit der Bohrkrone gearbeitet; die dabei gewonnenen zuſammenhängenden Bohrkerne ließen die Beſchaffenheit des durchbohrten Materials genau erkennen. Nur mit den beſten Bohrgeräten war es möglich, die außerordentlich großen Schwierigkeiten, die ſich im Laufe der Zeit einſtellten, zu überwinden. Die Bohrung wurde mit einem Durchmeſſer von 21¼ Zoll(= 552 mm) begonnen. Um aber den mit zunehmender Tiefe ſteigenden Gebirgsdruck von den Bohrrohren fernzuhalten, war es nötig, ſobald ein Rohr, ſelbſt bei Aufwendung großer Kräfte nicht mehr tiefer getrieben werden konnte, mit einem kleineren Rohrdurchmeſſer die Arbeiten fortzuſetzen. Auf dieſe Weiſe entſtand ein Syſtem von ineinander geſchobenen Rohren. Als am 26. Juli 1918 die größte Tiefe von 1022 m erreicht war, betrug der lichte Durchmeſſer des in⸗ nerſten Bohrrohres noch 4½ Zoll(= 110 mm). Hier endigte die ebenſo ſchwierige wie langwierige Boh⸗ rung, die ſowohl in bohrtechniſcher wie in wiſſenſchaft⸗ licher Beziehung eine Fülle von Erfahrungen und Tatſachen geliefert hat. Nach Beendigung der Bohr⸗ arbeiten begann die Entſandung des Bohrloches und damit die vollſtändige Freilegung der in einer Tiefe von 990 m erſchloſſenen Mineralquelle. Viele fleißige Hände hatten ſich geregt vom frühen Morgen bis zur ſinkenden Nacht, ja oft ſogar die Nächte hindurch im Kampf gegen die ſtarre und wider⸗ ſpenſtige Erdkruſte, um ihr das in der Tiefe ſchlun⸗ mernde Kleinod abzuringen. Nun begann nochmals eine ſchwierige, mit aller⸗ hand Sorge verknüpfte Arbeit, nämlich die Faſſung und praktiſche Ausnutzung der Quelle. Dieſe ſtellte wiederum an Wiſſenſchaft und Technik eine Reihe hoher Anforderungen und ſchwieriger Probleme. Denn jede Mineralquelle iſt ein Individuum für ſich, im Entſtehen, im Erſchließen, im Hervortreten aus dem Gebirgsinnern und im Verhalten beim Austritt an die Erdoberfläche. Aber alle Schwierigkeiten ſind überwunden worden, dank der Ausdauer aller, die mit der Er⸗ ſchlteßung der Radium⸗Solquelle beauftragt waren. Am 29. Auguſt 1918, nachmittags 4 Uhr, läuft die Quelle dauernd aus. Die Frage der Quellfaſſung und praktiſchen Ausnützung des Mineralwaſſers trat in ein neues Stadium ein. Auch dieſe Aufgabe wurde gelöſt. Die Technik hat hier Hervorragendes geleiſtet. Ein Mahnwort allen denen, die berufen ſind und es in Zukunft ſein werden, die Radium⸗Solquelle zu — „Anvergeßliches heidelberg, willſt du mir weit und breit und unverwelkt vorkommen! Mit deinen Blüten, mit deinen herzen, und mit allem, was oͤu noch beglückſt und be⸗ lohnſt.“ Jean Paul — ſchützen und ſie der leidenden Menſchheit nutzbar zus zuführen: „Drum wird ein ſolches Kleinod dir beſchert, 0 O trübe ſeinen Glanz nicht, halt es wert“. Ein großes Stück Idealismus mußte aufgebracht werden, um die ſich dauernd einſtellenden Hemmniſſe zu beſeitigen und die geſtellte Aufgabe in ſchwerer Kriegszeit zu löſen. Einen idealen Zug bringt wohl jeder Techniker der an eine derart ſchwierige Aufgabe herantritt, vo vornherein mit. Prof. Plank, Karlsruhe, hat zwei⸗ fellos recht, wenn er ſagt:„Die menſchliche Kultur wäre ohne die Mittel der Technik weder entſtanden noch könnte ſie weiter beſtehen.“ Wir Ingenieure glauben an die Worte Max Eyths:„In der Technik, in dieſem Ringen des Geiſtes mit der Materie liegt genug Idealismus, genug Poeſie, um unſer ganzes Zeitalter für künftige Geſchlechter zu vergolden.“ Glück auf! Modernes Bedehneus,; neuzelſſiche Emzelbedezellen mil bequemem Ruhebeff abu du, 1022 Ma lau liuſ uuboſu lun Uuumolopun lla u m Form von BA dern: Rheuma, Ischles, Arferiosklerose, Schwächezusfände, Freuenkrenkheifen m Form von Trin K Kuren: Kaferhe des Magen- und Dermkenels, Verstopfung, Zuckerkrankheit Pedezeit: Wocheriegs(uber Sernsfeg)- Uhr, Sernsfag 17 Uhr Auskunft durch: B a d Heidelbperꝗq A.., Heidelberg Vergerowsfrebe 2— Telephon SO/ Hellkreftf der Thermelquelle Self 1018 „ Pleklisch erprobf 2 VVV VFC. ———— E. 4 9 „ Freitag, den 21. September 1928 Neue Maunheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗KNummer 21. Seite. Nr. 48a Kleine Romantik Vorſpruch von Schiller. Wollt ihr in meinen Kaſten ſehn? Des Lebens Spiel, die Welt im Kleinen, Gleich ſoll ſie eurem Aug' erſcheinen; Aur müßt ihr nicht zu nahe ſtehn, Ihr müßt ſie bei der Liebe Kerzen Und nur bei Amors Fackel ſehn.“ Die ſommerlichen Schloßfeſtſpiele ſind wiederum zu Ende. Diele ihrer Beſucher haben nicht verſäumt, in den ſtädt. Bibliotheken das Dargebotene zu leſen. Die Jahl der fremden Beſucher war ſo groß, daß künftighin eine be⸗ ſondere Abteilung vorgeſehen wird, die alljährlich die aus⸗ gewählte dramatiſche Poeſte an den Aufführungstagen zur örtlichen Einſichtnahme bereithält. Erläuternde Beiwerke und bezügliche, theatergeſchichtliche Bücher ſollen nicht feh⸗ len. Denn auch die über einer Stiftung des verstorbenen Konſuls Kellner 1910 aufgebaute Cheaterbücheret die einzige ihrer Art im Fande Baden— erfreute ſich eben ⸗ falls eines recht ſtarken Zuſpruchs. Als neueſter Zugang war da die plaſtiſche Drehbühnenausſtattung zu Shake⸗ ſpeares„Sturm“ zu ſehen. Dieſes Jauberluſtſpiel wird in Schlegels Derdeutſchung an einem der winterlichen, literari⸗ ſchen Sonntagsabende von dem eigens hierfür kKonſtruterten Figurentheater aufgeführt. a Bald 00 Jahre find es her, ſeit die erſten mechaniſchen und Martonettentheater bei uns ihre Schaubuden auf⸗ geſchlagen haben. Die einheimiſchen Tagesblätter aus da⸗ maliger Zeit enthalten intereſſante Beiträge zur Chronik der Herbſtmeſſe. Was an Flugſchriften, Spielanzeigen, Pla⸗ katen, Abbildungen u. dergl. mehr noch zu beſchaffen war, iſt aufgehoben und geordnet worden. Da die Dienſträume längſt zu klein geworden ſind, werden die vielerlei Beſtände gelegentlich zu Einheitlichem gerundet.(Coethe und das Fauſtpuppenſpiel 17741924, Graf Pocci 18761926; Hauff 18271927 u. ähnl.). Für den hHerbſt iſt eine Zuſammen⸗ ſtellung der Weihnachtspuppenſpiele geplant. Eine große, bürgerliche Figurenkrippe aus dem Jahre 1830 wird dabei im Mittelpunkte ſtehen. Hoch ältere Originaldekorationen, Schattentheater, ſowie mannigfache Kleinkunſtgebilde aus Wachs, Holz, Ceim-⸗Gipsmaſſe, auch Papierpreſſungen werden gezeigt, um das in den aufgelegten Schriften Feſtgehaltene zu veranſchaulichen. Modelle und krinnerungsgegenſtände vervollſtändigen dieſe Auswahl chriſtlicher Poeſte. Die No- ten zur Begleitmuſtk fehlen nicht und leiten über zu all denen, welche ſich durch Geſang oder Rezitation hilfsbereit gezeigt haben. Bilder und handſchriftliche Widmungen hal⸗ ten für immer die Derbindung mit der Künſtlerſchaft, die 19081928 Miniaturbühne und Volksbildung verbündet ge⸗ weſen. Diele davon find bereits in den 3500 deutſchen und aus⸗ ländiſchen Werken zu finden, welche über die Entwicklung des großen Theaters und des Kinos belehren. Mancher iſt als Derfaſſer der angegliederten Cheaterromane zu nennen. Mehr als einer ruht unter feindlicher Erde und wehmuts⸗ voll fällt der Blick auf die Abteilung: Krieg, die um ein Miniaturſchlachtenpanorama angeſammelt worden iſt. Don Altheidelberg, der einſtigen Kurpfalz und von der badiſchen Heimat berichten 12000 Bände, darunter Drucke aus dem frühen 16. Jahrhundert. Derroſteter Waffenſchmuck, vergilbte Stiche und gebräunte Oelgemälde zieren die Re⸗ gale. 24 000 Bücher und Seitſchriften allgemein⸗wiſſen⸗ ſchaftlichen und unterhaltenden Inhaltes— voran das in und über Heidelberg Geſchriebene— bilden die nach neu⸗ zeitlichen Grundſätzen arbeitende Volksbibliothek, 1906 ge⸗ gründet. Sonntägliches Dorleſen aus den beſten Neuerſchei⸗ nungen will dieſen geiſtigen Worten den Weg ins breite „Old Heidelberg“ Scheffels Meiſtergeſang„Alt heidelberg, Du feine“ kam bet der bedeutſamen Ehrenpromotion des amerikaniſchen Botſchafters Shurman zu einer beſonderen Auszeichnung durch die Ueberſetzung ins Engliſche, die der Dichter und Bereits im vergangenen Jahrhundert gab es eine Ueberſetzung des Tiedes ins Engliſche von Trancis Brünnow, die wir hier zum bergleich der Auchdichtung Shurmans gegenüberſtel⸗ len. Die feine Einfühlung, die aus Shurmans Derſen ſpricht, dürfte durch dieſe Gegenüberſtellung beſonders deut⸗ Diplomat der Feſtverſammlung vorlas. lich werden. Shurman Old Heidelberg, dear city, With honors crowned, and rare, 'er Rhine and Neckar rising, None can with thee compare. City of merry fellowis, With wisdom laden and wine; Clear flow the river wavelets Where blue eyes flash and shine. When spring from Southlands milder Comes over field and down, She weaves for thee of blessoms A shimmering bridal gown. On my heart too thy image Is graven like a bride, In thy dear name the accents Of youthful love abide. And if with thorns'm piereed And all the world seens stale, III give my horse the spurs then And ride to Neckar vale. 8 7 5 N * AEG 8 N 7. 5 Alusldunrung dchtriscer Industrie- Aniaden Motoren, Transformatoren Schalttafelbau Dampfturbinen 8 Kohlenstaubfeuerung Elektro-Karren Schweißmaschinen, Härteôfen AEG Allgemeine 5 0 Hlannhelm Von Stadtbibliothekar Georg Zink-Heidelberg Hentricitats Gcsclsatt Telefon: Sammel-Nr. 34931 2 Ceſepublikum erleichtern. Bei literaturgeſchichtlichen Gedenktagen finden in den mit lokalhiſtoriſchen Sammlun⸗ gen allenthalben ausgeſtatteten Leſezimmern Gedächtnisaus⸗ ſtellungen oder dichterabende ſtatt, wobei Cichtbild⸗ Miniatur- und Schattenſpielbühne mitzuwirken haben. „Dann geht es, wie das Sprüchlein rühmt: Gebt jedem das, was ihm geziemt.“— 5 Spricht Puck mir vor? 5 Uun Schluß, denn ſeine Cage hier— ich ſagte es, als ich begann— ſind wieder um. Auf Wiederſehn'n im näch⸗ ſten Jahre und noch oft; denn: 5 5 Edle Dichtung ſei wie ein Sommernachtstraum; in Heidelberg verbleibe allzeit die Romanttk. 8 9 8 Brünnow Old Heidelberg, thou beauty, With many honours crouned: Along the Rhine and Neckar, No town like thee is found. 5 Thou town of merry fellows, Of wisdom full and Wine, Clear flows thy placid river, Blue eyes therein do shine. When from the south is spreading Spring's swile oer hill and lea, He out of blossoms weaveth A bridal robe for thee. Thee as a bride J fondly Enshrine Within my heart; Like early love s sweet echoos, Thy name doth joy impart. Become life s cares too burning And all abroad looks bare, J U spur my good hors homeward To the Neckar vale 30 far. 22. Seite. Nr. 439 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den 21. September 1928 Alt-Heidelberger Studentenleben Von Dr. W. Hoenninger In der Gundtei In den Soer Jahren verkehrten die Schwaben viel in der Gundtei beim Frühſchoppen und zur Erkneipe. Die Gundtin, die ſehr beliebt war, erſchien beſonders an Sonn⸗ und Feiertagen„merſchdendeels“ in Couleur, beſtehend aus einem gelben Halstüchelch en mit ſchwarzen und weißen Rän⸗ dern. Sie war jedoch ein ſchwaches Frauchen, deshalb er⸗ ſchien bald der ſchönen Roſa Lichtgeſtal, damit der Schwabe dann und wann an Würſten ſich erfreuen kann. Beſagtes Mägdelein brachte nämlich auf ihren ſtarken Armen die „Speiſekarte“, eine rieſige Präſentierplatte, worauf in lieblichem Derein eine„Blütenleſe“ von allerlei„Schweine⸗ reien“ prangte, wie Blut-, Leber-, Brat- und Knackwürſte, Schwartemagen, Schweinekotelettes und anders mehr. Da ſpießte dann jeder mit ſeiner Gabel heraus, was ſeinem Geſchmack entſprach. Der Herbergsvater Gundt zeigte ſich niemals im Schwabenzimmer; ſein Bereich war die große Bierſtube, wo es manchmal ſehr unruhig zuging. und alsdann einer herausgeſchmiſſen werden mußte, ein Vorgang, der namentlich von den Füchſen ſtets mit großem Intereſſe verfolgt wurde. Der Mittagstiſch war nicht obli⸗ gatoriſch, die meiſten aßen in der Förſteret, wo es ſehr fidel und geräuſchvoll zuging und häufig der Jagdgeſang angeſtimmt wurde, der jedoch vom muſikaliſchen Stand- punkt aus viel zu wünſchen übrig ließ. Die Mediziner, von der Anatomie kommend, erlaubten ſich dann und wann den nicht appetitlichen Scherz, einen Finger oder ſo etwas mitzubringen und ihn„kaltlächelnd“ neben das Beſteck des Nachbars zu legen, eine Untat, die jedoch von den andern Fakultäten entſetzt und mit Proteſt zurückgewieſen wurde.— Gundt war übrigens der erſte Bierbrauer in heidelberg, der auch bayeriſches Bier ver- ſchenkte. Es ſoll nach heutigem Geſchmack furchtbar ge⸗ weſen ſein. Einſt kam ein Corpsburſche in die Wirtſchaft und teilte Gundt offtziell mit, daß er wegen eines Dorfalls vier PN 8 Jelep hon 1620 F AR g S Db l ND e 1 CC 1 Wochen in den Verruf geſteckt ſei. Gundt nahm die Strafe ehrerbietig entgegen. Als aber nach beſagten vier Wochen die Corps wieder in der Wirtſchaft erſchienen, erklärte er ſeinerſeits:„Meine Herren, da Sie mich in den Derruf ge⸗ ſteckt haben, ſtecke ich die Corps ebenfalls vier Wochen in Verruf. Ich werde Anweiſung geben, daß während dieſer Zeit keiner der Herren in meiner Wirtſchaft bedient wird!“ Gundt konnte ſich dieſen Tuzus geſtatten, da ſein Tokal immer ſehr beſucht war. Pedell Krings und Jorſter Der Pedell Krings war ein höchſt merkwürdiger Gegen⸗ ſatz ſeines gutmütigen Kollegen Ritter, der fortwährend an den Don Juanſchen Gerichtsdiener erinnerte und ſein Amt auch, bis zu einem recht hohen Alter in ſteter Unbeſinnlichkeit verwaltete. Krings kannte die Studenten durch und durch, ihre Duelle, ihre Ciebſchaften, ihre Väter, ihre etwaigen Erblaſſer, und heimlich zuſteckenden OCheime und Großmüt⸗ ter, ſowie ihre Kenntniſſe. Er verlieh viel Geld, nahm zwar eine ziemliche Propiſion, aber mäßige Sinſen, im Gegenſatz zu dem Wucherer., der ſich kaum mit 20 Prozent be⸗ gnügte und ſich dabei das Ehrenwort zur Hypothek ſetzen ließ. „Ich werde“, pflegte Krings z. B. von dieſem oder jenem zu ſagen,„vielleicht erſt mein Geld in acht Jahren bekom- men. Dann wird herr v. F. mehrere gute Examina gemacht haben und durch eine gute Anſtellung in den Stand geſetzt ſein, mir alles mit Zinſen zu vergüten. Herr R. wird wohl nicht ſein Examen machen, aber den halten die Frauenzim⸗ mer über Waſſer. Herr T. hat vielzupiel Derſtand, um nicht einmal ſein rüdes Leben aufzugeben und dann noch Kopf und Kraft genug, allen ſeinen Candsleuten im Lernen und Wiſſen zuvorzukommen.“ Don dem reichen unglück⸗ lichen v. W. ſagte er ſchon damals, die ſpäter über ihn ver⸗ hängte Kuratel voraus. Ich werde mich im himmel danach ſofort erkundigen, was er von mir(Robbe) geſagt, wenn er ſich darüber gegen keinen meiner Freunde ausgeſprochen hat, der es mir vor meiner Sterbeſtunde offenbart. Damals ſcheute ich mich vor ſeiner Prädeſtinationsgabe. — Wenn Krings ein Duell witterte, ſo war er redlich be⸗ müht, dasſelbe zu vereiteln. Seine körperlichen Anſtrengun⸗ gen, um einen Zweikampf auf Piſtolen bei Ueckarſteinach zu vereiteln, der aber doch ſpäter bei Speyer vollzogen wurde, und ein dadurch eingetretener Rheumatismus, der ſich ſpäter auf ſeine Tungen warf, ſind die Urſachen ſeines frü⸗ hen Todes geworden. Indeſſen war die Konfiskation der Schläger zu ſeinem Benefiz auch ſehr ermunternd für ſeine Menſchenrettung. Es war oft ſehr komiſch, wenn man einen Paukanten in voller Rüſtung mit farbiger Binde, den Schläger in der Hand, bergauf in den Odenwald hinein vor dem ihm nachſetzenden Pedell fliehen ſah.— Bei einer Ge⸗ legenheit, wo er ein Duell vermutete, aber ſonſt keine In⸗ dizien hatte, war er klug genug, von dreien zur Hirſchgaſſe wandernden Muſenſöhnen den mittelſten herauszunehmen und ihn auf gut Glück als einen der Kämpfer in dem bevor⸗ ſtehenden Duell zu arretieren oder beſſer geſagt zum Pro- rektor zu entbieten. Krings hatte ſich nicht geirrt.„Ich dachte es mir gleich“, ſagte der große Pſychologe,„daß der Paukant in der Mitte geht. Es liegt in der menſchlichen Natur, daß die feurige Einbildungskraft der Herren Stu- denten einen Duellanten wie einen Abreiſenden betrachtet.“ * Ein origineller Kauz war auch der pedell Forſter. Am Stammtiſch erzählte er:„Heut hawe mer wieder en Doktor gemacht.“ Ein andermal:„Heut hawe mer ähn hämg'ſchickt, abgezoche is er mit abgeſägte Hoſſe, garniz hot er gewißt.“ — Bei einem Streit mit dem Gymnaſitumsdiener, wer von beiden mehr ſei, ſagte letzterer:„Eigentlich ſind wir die wichtigeren, denn wir legen doch die Grundlag.“ Gelegent⸗ lich erklärte Forſter:„s ſtudiere koſcht nit viel— awer 3 Nitſtudiere, des koſcht Geld.“ EI RISC HOFFE färbt reinigt- plissiert- schnell, gut und billig Läden: Hauptstraße 151, Kettengasse 17, Brückenstraße 12. Rohrbacher Straße 16, Bergheimer Straße 35, Mannhelm: 5 4, 10 Mühe eRabrik Telhamn. neidelhern ee e in 5 een am Bahnhof— Bismarckplatz — Arkaden Erstes und einzigartiges Bilderwerk vom Neckar! DER NECKAR Ein Lebensbild von Alfons Paquei zu 36 Kupfertlefdrucken, 4 Bildern in Schwarz- und Vierfarbendruck und 15 Textbildern von Joachim Lutz Preis 12 RM., in Halbleder geb. und numeriert 28 NM. Zu beziehen durch jede e ee und vom Verlag q. HORNING in Heidelberg Soeben erschienen: Aussteuerôrtikel Damenkleiderstoffe Teppiche Spezielgeschieff für Gardinen Unoſeum NMerbſi NMeueiſen Woffstoffe für Kleider u. Jumper Nostum- n. Mantefstoffe Samt- und Feidenstoffe für elegante Anzüge Paletots Kostüme/ etc. finden Sie bei mir stets in größter Auswafil zu billigsten Preisen Neun amfgenom mem: Dogne Lefinitt- Muster M Ar tin We ber,. Heidelberg Maumpfs trage 159 sone NMerrensfoffe NMaptstra e I e rage Das gediegene Spezial-BGeschäft für rr . —— . NIKOLAUS LEINEN/ WASCHE-AUSSTFEUFN BETTEN/ HERREN-WꝰASC HE näch Naß— Eigene Nöherel und Stickerel 10 FE 5 Rohrbacher-Straße 56 ..7 Min. vom Bahnhof) Heidelberger Volksbank e. G. m. b. H. GeSgruürddetf 1875 Hauptstraße 113 — * * E Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Nr. 4392 23. Seite. Rundfunkgeräte, Lautsprecher, Heiz- anoden, Anodenbatterien, Sperrkreise, Netzendstufen, Verstärker- Anlagen, Kopfhörer, Protostrockengleichrichter fuünrt jeder guie Nundfunkhändler ) enen a hach.. bäld. Man. Aeuntein. J 7 f. Enn S Tonabnehmer, „ dilche Hf)notheten-Bant Gegründet 1871 Altienkapftal und fleserven. ca. 13 000 000 Reichsmark gesamter Darlehensbestan e iber 219000 000 Soldmark biesamtumlauf d. Goldpfanübriefe u. Goldschuldverschreihungen, über 213 000 000 Goldmark Wir sind Abgeber unserer in Baden und Hessen mündeisidieren nach den Vorschriften des Hypothekenbankgesetzes erststellig sichergestellten 0% gen Gold- Hypotheken- Pfandbriefe (Reihen 26 und folgende)— mit januar— juli Zinsscheinen— erster Zinsschein am 2. Januar 1920 fallig f i — nieht rückzahlbar vor dem 2. Januar 1934 zum Vorzugskurs von 97,75%, Die Börseneinführung der Reihe 26 ist beantragt. Voraus sichtlicher Einführungskurs 98¼%, Im Anschluß hieran wird als- bald die Lombardfähigkeit herbeigeführt werden. Ferner unsere i 8 eigen Goldschuldverschreibungen gedeckt gemäß 8 41 des Hypothekenbankgesetzes durch Darlehen an in- ländische öffentlich rechtliche Körperschaften usw.— mit Januar— Juli— Zinsscheinen— Reihe III— nicht rückzahlbar vor dem 2. Januar 1933 5 Zum Vorzugskurs von 94, 25%. Nach durchgeführter Börseneinführung in Berlin und Frankfurt a. M. wird diese Serie mit den bereits amtlich eingeführten Reihen I und l (Börsenkurs z. Zt. 95%) einheitlich notiert werden. Stückelung der Goldpfandbriefe und Goldschuldverschreibungen 100, 200, 500, 1000, 2000 und 5000 Goldmark. 8 Unsere Pfandbriefe und Schuldverschreibungen sind eine wertbeständige Anlage und lauten ebenso wie die zu deren Deckung dienenden erststelligen Hypotheken bezw. Darlehen auf Goldmark(1 Goldmark= 0,35842 Gramm Feingold). Demgemäß richtet sich der Geldwert von Kapital und Zinsen nach dem amtlich festgestellten Londoner Goldpreis. Bestellungen werden von allen Banken und Bankiers, Spar- und Giro- kassen sowie von uns selbst entgegengenommen. MANNHEIM, den 20. September 1928. Rheinische Hypothekenbank Telephon-Sammelnummer: 269 55 Telegramm-Adresse: Hyp otheken Fahnen- u. Kunst- Stidkerei Inh.: CLARA BAAIZ Rohrbacherstrage 20 Hohlsaum-, Mleider-, Wäsche-Stidkerei Pokale, Diplome, Kränze, Abzeichen feitabener Hadtum Helvaser kaun. Jatevasse ) Das radigaktive Heilwasser wird von ärztlichen Autoritäten ver- ordnet bei: Rheumatismus, Gicht, Ischias, Asthma, Magen- und Darm- leiden, Zucker, Nieren- und Gallen- steinen, bei Arterienverkalkung, Skro- Phulose, besonders bei Frauenleiden aller Art. Prospekte gratis. 9 -Aabiümipaper ) Dag raduaktue akew⸗aser von hervorragendem Wohlgeschmack gesundheitlich von höchster Bedeu- tung, wird ärztlich empfohlen als Vor- beugungsmittel, sowie zu Nachkuren. Es reinigt das Blut und erfrischt den Körper. Heidelberger Nadiumwasser G. mn. b. H. Alte Güterbehnhofstrage-13 Telephon-NMummer 3434 J AB HidklbkR Ee Welnbrandbrennerei Likörfabrik Gegründet 1863 2 ö 5 L Seite Nr. 200 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den 2. September 1928 Die älteste Bahnhofswirtschaft in Baden am Heidelberger Hauptbahnhof Wo man auch Heidelberg anpackt, iſt es intereſſant. Nicht zum mindeſten von der gaſtlichen“ Seite. Bei der Entwicklung der Stadt im Zuſammenhang mit dem Reiſe⸗ verkehr ſpringt vor allem der„Zug nach Weſten“ in die Augen, der ſich hier ja leicht aus der Tage der Stadt in dem engen, oſtweſtlich gerichteten Tal des Ueckars erklären läßt. Immerhin iſt es reizvoll, Einzelnes zu erfahren. Der bekannte mittelalterliche, dürch Scheffels Tleder verklärte„Zirſchen“ ſtand am Marktplatz im Mittel⸗ punkt der klltſtadt, wo der Verkehr von Fränkfurk Baſel durch die Alte Brücke und auch der von Würzburg her ein⸗ mündete. Als in ſeiner Blütezeit die Ritter der Umgegend, wie z. B. Götz von Berlichingen(1525), auf ihren Gäulen angeritten und die Kaufleute mit den Planwagen angefahren kamen, da konnte der hirſchwirt den Betrieb mit„ſeinem Weib, einer Tochter, 2 Hausknecht und 3 Magdt“ bewältigen (1588). Don den Ueberfällen des ſagenhaften Rodenſteiners finden wir allerdings nichts in den Akten. Um ſo lebhafter 5 hat, ſte uns der Dichter veranſchaulicht: Wer reit mit zwanzig Knappen ein Zu heidelberg im hirſchen? Das iſt der herr von Rodenſtein, Auf Rheinwein will er pirſchen. Um 1588 ſtand die hälfte der Heidelberger Gaſthöfe in der engen Semmelgaſſe, Pfaffengaſſe und Haſpelgaſſe, wo auch die Vornehmſten der Stadt wohnten. Hoch bis zur Er⸗ öffnung der Badiſchen Bahn heidelberg Mannheim 1840 lagen die bedeutendſten Gaſtſtätten heidelbergs— Foldener Hecht, Prinz Karl, Dreikönig, König von Portugal— in der Altſtadt, nur„Karlsberg“ und„Badiſcher Hof“ in der Vor⸗ ſtadt. Die heutigen großen Gaſthöfe in der Nähe des Bahn⸗ hofes am Weſtend der Stadt ſind erſt nach 1870 entſtanden bzw. zu ihrer Bedeutung gekommen mit Ausnahme vom Gaſthof„Schrieder“. Ud dieſer iſt es, der uns mit ſeiner Geſchichte über die Entwicklung des Derkehrs, die Ent- ſtehung des Hauptbahnhofes und der Bahnhofswirtſchaft einigen Aufſchluß gibt. „Der Wirt zum„Roten Ochſen“, Ph. CTCudwig Ernſt, hatte in ſeinem, etwa eine halbe Stunde entfernt liegenden Wingert(Deingarten) im Gewann„Mittlere Schlechten“, zwiſchen Kirchheimer⸗ und Entenpfuhler Weg und anderer ſeits Mannheimer Chauſſee, ſchon um 1836 ein haus gebaut, das der Verpflegung der Reiſenden am zukünftigen Bahnhof dienen ſollte. Da er 1859 den ganz im Oſten der Stadt ge⸗ legenen„Roten Ochſen“ verkaufte(an Albrecht Spengel) und wiederholt im Bahnhofsgebiet zu ſeinen CTiegenſchaften HEIDELBERG Had pTSIN 11 noch andere erwarb, ſo ſcheint er ſeine ganze Zukunft auf einer raſchen Entwicklung des Derkehrs im Weſten der Stadt aufgebaut zu haben, die ſich dann allerdings für ihn als trügeriſch erwies. Insbeſondere die Wirte in der Stadt bekämpften mit ausgeſuchter Hartnäckigkeit ſeine Geſuche um Erteilung der„Realſchildgerechtigkeit“ und gingen, über Gemeinderat, Oberamt und Kreisregterung beſchwerdefüh⸗ nend, bis zum ⸗Miniſtertum des Innern vor. Der Gemeinde⸗ rat unter dem bekannten, verdtenſtvollen Bürgermeiſter Spenerer war im allgemeinen für Ernſt, befürwortete aber nur die Erteilung einer„perſönlichen Konzeſſion zur Errichtung einer Reſtauration“. So Rönne den Wirten in der Stadt nicht viel Schaden geſchehen, auch wäre das Haus für einen Gaſthof doch nicht groß genug. In einem anderen Gutachten heißt es: Das Haus am Bahnhof vereinigt nicht nur die Erforder⸗ niſſe eines Wohnhauſes, ſondern macht die Einrichtung zu einem Gaſthauſe möglich. Es enthält nach dem plane drei „Stockwerke(Oſtflügel an der Rohrbacherſtraße) nebſt Bel⸗ vedere und Papillon. In der unteren Etage bekommt es einen für wenigſtens 100 Perſonen eingerichteten Speiſe⸗ ſaal, außerdem eine Wirtsſtube, Wohnſtube, Stallung, Remiſe etc. Im 2. Stock einen etwa 60 Perſonen faſſenden Salon für eine geſchloſſene Geſellſchaft mit Balkon, Zimmern und Mägdkammern, ebenſo im 5. Stock. Im Souterrain eine geräumige Küche, Speiſekammern, einen großen Weinkeller. Rings um das Haus werden Garten⸗ anlagen gemacht. Es enthält einen beſonderen Eingang von dem Dorplatz des Bahnhofes aus. Der Platz des Ueu⸗ baues befindet ſich gerade am Ende der Leopoldſtraße und der Sophienſtraße, welche die ſtark beſuchte Promenade von der Stadt zum Eiſenbahnhofe bilden.“ hinſichtlich der perſönlichen Derhältniſſe des Bittſtellers bemerkt der Gemeinderat am 14. Februar 1840: Er ſei 29 Jahre alt, verheiratet, beſitze das Bürgerrecht und ein Vermögen von etwa 12 000 fl., habe im In- und Ausland das Wirtſchaftsgeſchäft gelernt und ſpreche die engliſche wie die franzöſtſche Sprache. um die erwähnten Schwierigkeiten wegen der Erlaub⸗ nis zu umgehen, kaufte Ernſt die„Realſchildgerechtigkeit zum Tiergarten“, die auf einem hauſe der Hauptſtraße (heute Ur. 136) ruhte, aber auch beſtritten wurde. Seit die Bahn nach Mannheim am 12. September 1840, als die erſte in Baden(fünf Jahre nach der erſten deutſchen Fürth⸗UHürn⸗ berg) eröffnet war und während der fünf Jahre, da die Prozeſſe um die Genehmigung dauerten, ſcheint Ernſt die Wirtſchaft und die Gaſtwirtſchaft betrieben zu haben, da des KODCIfO rei- Cee — Von W. Zähringer bald von Reſtauratton, bald von Hotel die Rede it. 80 finden wir in der Fremdenliſte vom 1/2. Juli 1842 ver⸗ zeichnet: hotel Ernſt: Baron von Erlach, Rentier aus Breslau; Dr. Maas mit Fam. aus Hamburg; Gell aus England; Wallwit mit Fam. aus England. Im hinblick auf den Derkehr wie auch aus menſchlicher Teilnahme blättern wir in den mehrfachen vom Gemeinde⸗ rat warm befürworteten Geſuchen Ernſts: „Alsbald nach Errichtung der Eiſenbahn hat das Gaſt⸗ haus einem Bedürfnis geſteuert. Zis zum„Badiſchen Hof“ (Dolksbank) iſt es eine Diertelſtunde Weges. Der„Bayriſche Hof“ beherberge die Fuhrwerke, die von Frankfurt, Baſel und Würzburg kommen. Der„Darmſtädter Hof“ ſei in ſeinem oberen Stockwerk an eine Familie vermietet. Für die beſſeren Stände ſei eine bequem eingerichtete Gaſtwirt⸗ ſchaft in der Nähe des Bahnhofes notwendig.“ Dann leſen wir wieder: „Seit die Bahn nach Freiburg fortgeſetzt wird, wird das Bedürfnis für die Reiſenden, am Bahnhofe übernachten zu können, immer dringender. den Wirten in der Stadt liege das eigene Intereſſe näher als das öffentliche.“ Anfangs Sommer 1845 ſchreibt der Gemeinderat: „Seit die Eiſenbahn landaufwärts eröffnet iſt, iſt der Zugang aus den oberen Gegenden bedeutend. Für die, die abends ankommen, iſt es ein Bedürfnis, bald ein Unter⸗ kommen zu finden. Ebenſo bringt uns der letzte Zug von Mannheim um 10½ Uhr die mit den Rheindampf⸗ ſchiffen anlangenden Reiſenden, die in gleicher Cage billige Rückſicht verdienen.“ Erſt am 6. Juni 1845 genehmigte das Mminiſterium des Innern das neue Gaſtwirtſchaftsrecht, nachdem Ernſt inzwiſchen das haus 1844 um 36 000 Gulden und auch die „Realſchildgerechtigkeit zum Ttergarten“ an Joſeph Schrieder von Birkingen bei Waldshut, bisher Kellner in der Schweiz, verkauft hatte. Es iſt bezeichnend, daß der Gemeinderat das letzte Geſuch in der Angelegenheit u. a. damit begründet hatte, daß Ernſt, Vater von 2 Kindern, namentlich durch langjährige teure Krankheit der Ehefrau unglückliche Familienverhältniſſe habe und dadurch genötigt ſei, ſein haus zu verkaufen.— Wir wiſſen nicht, was weiter aus dem Manne geworden iſt, der nach den beſagten Angaben augenblicklich verdienſtlos und nur auf den Ertrag ſeines kleinen Kapitals angewieſen war. Am 30. Juli wird dann vom Miniſterium Schrieder erlaubt, das Gaſtwirtſchaftsrecht auf ſeinem haus am Bahn⸗ hof auszuüben, bald darauf auch, das Schild umzuändern, und zwar in„Schöne Ausſicht“ und dann in„Hotel Schrie⸗ der“. Schrieder verkaufte das Anweſen— ein vierſtöckiges Se Pe 82 NIANNHEINI N 9 8 20 Mollkenkur Heidelbere Das bevorzugte Haus der auserlesenen Küche errassen- estaurant Höhenresteurônt Cnlgstünt n Endstation der Bergbahn 53094 tr. ü. d. Neere inheber: Al FRFED SCHlA fel. 144 Elstllessſge Küche o Elgene Konditorei Erstklassiges Kaffee mit eigener Kondltorel Heinrid Damm Ullttag- u. Abendtisch Stets lebende Fiche Terrasse mit Ausblick au das Haerdtgebitge. Das gehze Jahr geöffnet Schönster Herbstaulenthalt im PDark-Calé-Restaurani Haarlass Heidelberg Tol. 2009 Tel. 200 Diners— Eigene Konditorel— Soupers Kindersplelplätze— Soctsllbeffabrt— Tlerpark Hotelzimmer mit fllesendem Wasser— Pension D/ · p p rr— Mittvock und Samstag Gesellschafts-Janz NOTETADTLER Ziegelhausen b. Heidelberg Groge staubfreie Terrasse direkt am Neckar guhlger, vornehmer Wochenend- Aufentnelt! Näßige Preise! Gute Verpflegung in den neuen Salen Sonntags von ½4 Uhr Tanz- Tree Beliebter Ausflugsort des Mannheimer Publikums Inh.: Frau Ag. Fritzsche Lala und Restaurant Iklaaban dd Marherlein fuld l 10 Autogaragen— Autoplatz W. Schneider NMenzers griechische Weinstube e Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Numnter 25. Seite. Nr. 4892 * e eemacete faadacmdngammmmanmngmnngmnanmpgn m Wohnhaus mit zweiſtöckigem hintergebäude, ein im Jahre 1855 neu erbautes dreiſtöckiges Wohnhaus und einen im Jahre 1855 erbauten Flügel mit Glashalle— ſchon 1860 an den Gaſtwirt Otto Kühn aus Frankfurt a. M. um den Preis von 255 000 Gulden und zog nach Baden-Baden. Später kam er wieder, kaufte das vom Bahnhof ein wenig entferntere, aber doch nahe genug gelegene Gelände des St. Annenfriedhofes am Anfang der Ceopoldſtraße und erbaute 1870 den„Europäiſchen Hof“, für den er auf einem Umweg die Schildgerechtigkeit vom„Rieſen“ käuflich erwarb. Da er auf ſein Schild ſchrieb:„Schrieders Hotel Europäiſcher Hof“, ſo fühlte ſich der Beſitzer des Hotels Schrieder am Bahnhof benachteiligt und pries ſein Anweſen in den Anzeigen an:„Hotel Schrieder— nicht zu verwechſeln mit dem auf dem Friedhof“, worauf dann Schrieder auf den ſtrittigen Zuſatz verzichtete. Wie wir aus zuverläſſiger Ueberlieferung erfahren, war anfänglich die Bedienung der Reiſenden am Dorplatz des Bahnhofes(perron, Bahnſteig)— die wir heute fliegen⸗ des Büfett nennen— noch ſehr einfach. Unter Schrteder habe man jeweils bei Ankunft der Züge vom Gaſthof aus einen Ciſch mit den etwa nötigen Erfriſchungen hin- und hergetragen, bis dann die Odenwaldlinie 1862 das unmög⸗ lich machte. Als Schrieder wegzog, ermunterte er den Wirt zur„Weißen Roſe“(bei der hetliggeiſtkirche) Teonhard Geiger, die Verpflegung am Bahnſteig zu übernehmen. Wie deſſen Ehefrau, die etwa 40 Jahre den Betrieb leitete und erſt 1898 ſtarb, öfter ihren Angehörigen erzählte, iſt ſie die erſten Jahre täglich früh morgens von der Altſtadt mit dem Omnibus herausgefahren und brachte jeweils den ganzen Tagesbedarf für die Wirtſchaft an Wein und Lebens- mitteln in einem Korbe mit. Etwa um 1866 wurde das erſte Büfett, nach 1870 die dauernde Wirtſchaft mit einer Wirts- ſtube eingerichtet. 1880/81 trat an Stelle des früheren ein⸗ fachen Holzbaues das jetzige Bahnhofsgebäude, das ſeither wieder Deränderungen erlitt. Damals wurde erſt eine ge⸗ räumige Küche eingebaut. Als 1898 Frau C. Geiger ſtarb, die ſeit 1871 im wit⸗ wenſtand, ununterbrochen die Wirtſchaft am Hauptbahnhof Zeidelberg geführt hatte, zog ſich ihr Sohn und getreuer Mitarbeiter, Wilhelm Geiger, mit ſeiner Gattin von dieſem Geſchäft zurück, um ſich nur noch ſeiner Weinhand⸗ lung zu widmen. Zum erſtenmal wurde jetzt die Bahnhofs⸗ wirtſchaft im Wettbewerbe vergeben und ſeither der Reihe nach von K. Link und K. Stuck verwaltet, bis ſie vor einem halben Jahre an P. Roth überging. Ein alter Fachmann des Gaſtgewerbes hebt bei ſeinen behaglichen Schilderungen der vollen Geſchäftsjahre am Ende des vorigen Jahrhunderts hervor, wie gut und billig man damals am Heidelberger Bahnhof gegeſſen und getrunken habe. Wie man ſonſt in die Dororte von Heuenheim und Handſchuhsheim ſpazierte, lenkte der Heidelberger Bürger auch gerne einmal ſeine Schritte nach dem Bahnhof. Und hier bevorzugte er die Wirtſchaft der 3. Klaſſe. Da konnte man die Genußfreude der Pfälzer, ihre Trinkfeſtigkeit, ihre Sprache und Lebhaftigkeit in allen Stufen und in der höchſten Steigerung erleben. Ich abonnſere hiermit die„Neue Mannheimer Zelkung“ ab 1. Oktober unter der Bedingung, daß mir Ihr Blatt ſchon von morgen ab koſtenlos bis zum 1. Oktober zugeht. i Den Bezugspreis für Oktober(34 Zeitungen flir M..—, bei käglich zweimaliger koſtenfreier Zuſtellung) ſoll Ihre Trägerin Anfang Oktober einziehen. Vor⸗ und Zuname: Beruf: Wohnort: Straße und Hausnummer: (genaue Anſchriftj Sie wollen, bitte, den Beſtellzettel im Umſchlag unfrankiert in den Briefkasten werfen oder ihn der Trägerin übergeben. Sitte ausfüllen und unfranklert in den nllehsten Briefkasten werfen! an das Poſtamt(Zeitungsſtelle) hier. Unterzeichneter beſtellt hiermit die Neue Mannh Maunheimer& ab: Name: Wohnort: Straße und Hausnummer: Datum: unn 2 IN amannunmmnwmnnmnnmnmnmmn 7 3 7 Mix I nelullienen 7 Licht. u. Rraftanlagen, eee, 1757 11 Klingelleitungen, 2„e N N fundfunxanlagen. , ö. 2 4 I Stadtgeschafte. 5. 8 7 5 2 r Mannheim, Heidelbergerstr., P7, 25 pernsprecher 28087 * N(Ae 1 N Heide/ berg, Sofienstr. 7, kernsprecher 2033/34 Beleuchtungskörper, f 1 5 N 9 2 Koch- u. Heizgerdte, D— Haus haltmaschinen,— a NRadio-Apparate 1 67 1— 1 und Einzelteile. A ee N 75 20 20210765 Weitere Niederlassungen an allen größeren Plätzen 447 2 2* 7 8 7 N 5 9 N 75 Süd- und Wesideutschlands 0„„ elektrischen Apparate 2 75 und Maschinen . Rheinische 5 eh Elektrizitäts- Aktiengesellcialt U münt 2 2 5 0. . . Seite. Nr. 480 Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗Nummer Freitag, den 21. September 1928 Von Heidelberg nach Mannheim Einem 1808 in der Cotta'ſchen Buchhandlung zu Tübingen erſchienenen Buch„heidelberg und ſeine Umgebungen in Briefen“ von G. Reinbeck, der offenbar ein ſehr ſtreitbarer Mann geweſen iſt, entnehmen wir die nachſtehende Schilderung: An Dergnügungen großer Städte, oder auch nur an Oertern, wo der Gebildete den Abend angenehm zubringen Könnte, hat Heidelberg gänzlich Mangel. Es gibt keine Reſſourcen, oder Klübben, die Gaſthäuſer und Billarde ſind voll Studenten, die Concerte, welche zuweilen von den Mit⸗ gliedern der Mannheimer Bühne oder von durchreiſenden Muſikern hier gegeben werden, ſind ziemlich mittelmäßig im Ganzen und die Theilnahme daran ſelten ungeſtört, an Theater iſt nicht zu denken, die Winterbälle auf Abonne⸗ ment müſſen Alles erſetzen und beſtehen größtenteils aus Studenten.. Dadurch wird das Leben in der Stadt ſelbſt, beſonders im Winter, etwas einförmig. Es iſt verſchiedenemal im Antrage geweſen, daß die Hof⸗ ſchauſpieler⸗Geſellſchaft des zwei kleine Meilen entlegenen Mannheims wöchentlich einige Dorſtellungen in heidelberg geben wollte; allein dem hat ſich, wie behauptet wird, der academiſche Senat widerſetzt. Die Gründe an ſich mögen zu ehren ſeyn und würden unter andern Umſtänden auch wohl gelten; ob ſie aber auch hier anwendbar ſind, wo die Nähe Mannheims die Jünglinge mit ſeinen großſtädtiſchen und zum Theil ſehr frivolen Dergnügungen anlockt, ſo daß ſte häufig dahin wandern und der Aufwand an Zeit und Koſten dreimal ſo groß wird?— Was für größere Uachtheile wür⸗ den denn daraus entſtehen, wenn das Vergnügen des Thea⸗ ters einigemal in der Woche zu ihnen käme, ſtatt daß ſie jetzt ihm zuwandern? Zugleich könnte heidelberg für die Mannheimer Bühne, deren öconomiſche Derhältniſſe eben nicht die glänzendſten ſeyn ſollen, einen ſehr guten Zuſchuß leiſten. Die Gelegenheiten zu Zerſtreuungen und Ausgaben, deren es hier doch ſchon im nachtheiligſten Ueberfluſſe gibt, würden für die Studenten dadurch eher vermindert als ver⸗ Poſtkarte An das Poſtamt(Seitungsſtelle) Unfranklert in den nächsten Briefkasten werfen. woe? Im Jahre 1807 mehrt werden und die übrigen Einwohner dürften nicht eines Genuſſes entbehren, der ihnen jetzt nur mit bedeuten⸗ den Schwierigkeiten und nur ſelten zu Theil werden kann. Für die Bequemlichkeit nach Rannheim zu kommen iſt übrigens dadurch ſehr geſorgt, daß täglich faſt zu allen Stunden, vorzüglich aber beſtimmt des Morgens um ſieben Uhr, Wagen dahin abgehen und des Abends um die näm⸗ liche Zeit wieder zurückkommen, worin für den Platz 48 Kreuzer gezahlt wird. Für Männer iſt dieſe Gelegenheit recht gut zu benutzen, obgleich die Geſellſchaft, welche ſich oft ſechs Perſonen ſtark in dem nicht gar zu geräumigen Wagen zuſammen findet, eben nicht jedesmal die gewäghlteſte iſt. Ich hatte vor einigen Tagen das außerordentliche Dergnü⸗ gen, mit einem ſchmutzigen Juden, einem Diehknecht, einem Wollbereiter und einem Großknechte die Tour von Mann⸗ heim zurück zu machen, von denen der Letztere, ein treuher⸗ ziger Böhme, ſich den Ueberrheiner zu gut hatte ſchmecken laſſen und ſich's zur Pflicht machte, die reſpectable Geſell⸗ ſchaft zu unterhalten. Zuweilen, wenn es ihm dünken mochte, daß meine Zufmerkſamkeit, an der ihm unglück⸗ licherweiſe vorzüglich zu liegen ſchien, nicht gehörig ge⸗ ſpannt ſey, faßte er mich zutraulich am Knopfe und wiegte ſich zu mir herüber, daß er mir beinahe auf dem Schoße lag. Dabei dampfte eine Wolke des köſtlichſten Fuſels um mich her... Die Freiheit und Gleichheit der Tandkutſch e wollte mir doch nicht recht behagen... Auch in der großen Cand⸗ Kutſche, die wir Leben nennen, möchte ſie ihre eigenen Un⸗ bequemlichkeiten mit ſich führen.— Einem Fuhrmann be⸗ zahlt man mit zwei Pferden nach Mannheim und zurück mit Gulden. dem Trinkgelde und den 7 Hier . 3 Gewölbe unter der Schloßterrasse Heidelberger Malzfabrik AFP. ee und* Niehtel- u, Gabelarbeit Geiränke n Ueririeh Von RM..— Wochenraten an.— Gratis Unterricht Al bert Do TH 7 Hirschstraße 21 Beines Bedeutend vergrögerte Verkaufsräume und Reparaturwerkstätte aller Systeme A ee eee e 5 Vertretung der. Brauerei Durlacher Hof Mannheim, Reichelbrãu 1 Kulmbach, Pilsner Urqnell, Mathäser- Brau— HR 55 München, Dortmunder Actien-Brauerei C 1 E 1 E F Taunus- Brunnen, Rhenser Mineral- gelle, 1 8 klereaaber Sprudel Lebensmittel Feinkost ſacobi Weinbrand jacobiner, Deinhard- Sect 5 Kohlensaure Ste Gmalif aten Sillige 1 Llaudchdaddaagaaanmtdaddddadaedddacagaaacoadcaadaädonggmngdaamdacdagahſaggdead g nagt N Stets neue Saison-Artikel Casthauszums cpp E 8 Schreiber feAPITO TT im. Ie duan- Alen Schönstes Llentspieſtneater Süddeutschlanas(Bornekamp) g 12 Mann Orchester Spezlal-Ausschank: 1250 Sitzplätze fieichelbräu Kulmbach— pilsner Urduell 5 8 dune e, kite Boot, Aab: 5 1 e Sergheimerstr 101 Tel. 162 1 ö 1 — * Freitag, den 21. September 1928 Neue Mannheimer Zeitung Heidelberger Sonder⸗Nummer Seite. Nr. 439a dee eee decem eee... eſſſetſiiuʒ.. N f N— 1 2 8 1 FFF I dg fü — 5 Nic iard i Aufomoßiſe Aulortserter Notots- Bemghelmerstt. /I Generel 855 Hlencler Chevroſei eee eee 8 5 5 8— 2 5 A I fend gaga 18 in Hannheim u. Umgebung 1 8 Plissioranstalt Lodofärberei N 2 eigene L8den: 5 Hau 1 5 61. I dancer. 4% i Tel. 108 5 168 4 Brückenstraße 6 . Gegr. 1882 10 eusw/ ärtige Falen WAS EH 1 * 28. Seite. Nr. 49a Neue Mannheimer Zeitung— Heidelberger Sonder⸗NRummer Freitag, den 21. September 1928 7 e. TN n 5 eee 8 5— 8 2— 8 5 5— 8 22 f ö f f 5 Neckartal I staasenbann- i Schloß Straßenbahn- Neckargemünd Uiaie 2 N Molkenkur gebenen Neckarsteinach strasenbenn- 9 22 ergbahnen l Unie 8 4 Kön igstu nl(Station Kornmarkhj Di Isberg nie „ Schöner Rundblick vom Königstunlturm personsnautzud(Schöne Fubwanderung) Schwetzingen Gchios u. Far Bergstraße Stragenbahn-Linle ff Straßenbahn- Llnſe! Hlmuskunft ertellen dle Stragenbahn- Schaffner * O. E. G. zur Bergstrasse und zum Odenwald 4 flüge mit zer D. E. G 1 8 2— 8 Nadi Weinheim: ch Seektrische bahn Manheim Parateplatz- Wankel zum Besuche des Odenwaldes und der Bergstrasse 5 Nad Heidelberg: I) blektrischg Bahn Maunbeim-Paradeplatz lach deckenhelm-Reckarhausen-Zalngen: den Neckar entlang mit schöner Fernsicht nach der Bergstrasse 5. 4 ) Autabusverbindung Mannheim paradeglatz Hach badendurg-Schrieshelm u. Atenbach. zur Strahlenburg-Schriesheimerhof- Naturfreundehaus-Heiligenberg I) Dampfpahn Eahgen-eldetberg- Weihen nach den beliebten Orten Dossen- heim Schriesheim Leutershausen- Großsachsen-Lützelsachsen 8 (Telephon- Anmeldung in Mannheim unter Nr. 53610, 53611 und 53887 in Schriesheim unter Nr. 20) 1 ** Autobusse zu Oesellschaftsfahrten stehen jederzeit zur Verfugung. 1 Den 7 2— C „