ee * * 4 Bezugspreiſe: In Mannheim und Umgebung durch Träger frei Haus monatlich RM..—, in unſeren Geſchäftsſtellen abgeholt RM..50, durch die Poſt ohne Zuſtellgebühr RM..—. Einzelverkaufspreis 10 Pfg.— Abholſtellen: Waldhofſtraße 6, Schwetzinger⸗ ſtraße 19/0, Meerfeldſtraße 13, Ne Friedrichſtraße 4, Fe Hauptſtraße 63, Erſcheinungsweiſe wöchentlich 12 mal. W Oppauerſtraße 8. Neue Mannheimer Zeitung Mannheimer General-Anzeiger Verlag, Redaktion und Hauptgeſchäftsſtelle: R 1,—6.— Feruſprecher: Sammel⸗Nummer 249 51 Poſtſcheck⸗Konto Nummer 17590 Karlsruhe.— Telegramm⸗Adreſſe: Nemazeit Mannheim Einzelpreis 10 Pf. Anzeigenpreiſe: Im Anzeigenteil RM.—.40 die 32mm breite Colonel⸗ zeile; im Reklameteil RM..— die 79 mm breite Zeile.— Für im Voraus zu bezahlende Familien⸗ und Gelegenheits⸗Anzeigen be⸗ ſondere Sätze.— Rabatt nach Tarif.— Für das Erſcheinen von Anzeigen in beſtimmten Ausgaben, an beſonderen Plätzen und für telephoniſche Aufträge keine Gewähr.— Gerichtsſtand Mannheim. Beilagen: Sport der N. M. J.* Aus der Welt der Cechnik* Kraftfahrzeug und Verkehr* Die fruchtbare Scholle Steuer, Heſetz und Recht„Neues vom Film Mannheimer Frauenzeitung* Für unſere Jugend* Mannheimer Neiſezeitung» Mannheimer Vereinszeitung* Aus Seit und Leben„ Mannheimer uſikzeitung Mittag⸗ Ausgabe Mittwoch, 15. Oktober 1930 141. Jahrgang— Nr. 477 Wer wird Präſident des Reichstags? Wahrſcheinlich Löbe, doch auch Scholz hält noch an ſeiner Kandidatur feſt- Treviranus ſoll ſein Miniſteramt niederlegen Die Schwierigkeiten für Brüning wachſen Streik von 140000 Mekallarbeitern Schlechte Ausſichten Drahtbericht unſeres Berliner Büros Berlin, 15. Okt. Die heutige Präſidentenwahl im Reichstag iſt, wie wir bereits betonten, für die Weiterentwicklung der Dinge von weſentlicher Bedeutung. Die Mehrzahl der Fraktionen beriet geſtern im Reichstag über ihre Haltung zu dieſer Frage. Nachdem das Zentrum und die Bayeriſche Volkspartei ſich für Löbe entſchieden haben, iſt die von den Nationalſozialiſten an⸗ geregte Kandidatur Scholz' ſo gut wie ausſichtslos geworden, zumal die Chriſtlich⸗Sozialen mit wenigen Ausnahmen gleichfalls für Löbe votieren wollen. Sie begründen ihren Standpunkt damit, daß es ſich bei der Präſidentenwahl nicht um eine politiſche, ſon⸗ dern um eine techniſch⸗parlamentariſche Angelegen⸗ heit handle. Es iſt aber unverkennbar, daß bei dieſem Beſchluß auch perſönliche Verſtimmungen gegen die Volkspartei, die noch aus dem Wahlkampf ſtammen, mitgeſpielt haben. Sicher ſind Herrn Löbe alſo die Stimmen der Sozialdemokraten, des Zen⸗ krums, der Bayeriſchen Volkspartei, der Staatspartei und der Bauernbündler. Ungewiß iſt noch die Hal⸗ tung der jungdeutſchen Abgeordneten. Die Entſcheidung des Zentrums beſtätigt nur, daß der überwiegende Teil der Fraktion nach wie vor für ein Zuſammenarbeiten mit der Sozialdemokratie iſt und daß in die⸗ ſem Sinn ſtark auf 925 Kanzler eingewirkt wird. In ſolchem Zuſammenhang muß wohl auch die geſt⸗ rige Beſprechung betrachtet werden, die Herr von Hindenburg mit dem preußiſchen Miniſter⸗ präſidenten Braun hatte. Bezeichnend iſt ferner, daß im preußiſchen Landtag eine Sitzung der Zen⸗ trumsfraktion ſtattfand, zu der von der Reichstags⸗ fraktion der Gewerkſchaftler Joos entſandt wor⸗ den war, der als ausgeſprochener Vertreter eines Linkskurſes gilt. Obwohl ſomit für die Volkspartei kaum noch Chancen beſtehen, damit durchzudringen, wird ſie an ihrer Kandidatur Scholz feſthalten. Sie iſt bereit, eine Nieder⸗ lage hinzunehmen, weil ſie es für wichtig hält, ſich gegen die Stellungnahme des Zentrums abzudrängen. Es tritt immer deutlicher zutage, daß die volksparteiliche Fraktion es für untragbar hält, daß die Hauptentſcheidungen bei den kommenden politiſchen Auseinanderſetzungen durch die Sozialdemokratie herbeigeführt werden. Man ſtrebt aus der ſozialdemokra⸗ tiſchen Abhängigkeit heraus und ſcheint im Eruſtfall entſchloſſen zu ſein, ſich zur Oppo⸗ ſition zu ſchlagen. Jedenfalls läßt ſich ſchon heute erſehen, daß die Volkspartei eine Minderheitsregierung Brüning, die von den Sozialdemokraten geſtützt wird, nicht mitmachen will, wenn ſie auch dem Ueber⸗ brückungskredit, wie wir anzunehmen Grund haben, noch zur Annahme verhelfen wird. In der Fraktion der Volkspartei war man aller⸗ dings geſtern abend in Bezug auf die Präſidenten⸗ wahl noch hoffnungsvoll. Man glaubte dort, neben den Deutſchnationalen und den Nationalſozialiſten auch der Wirtſchaftspartei ſicher zu ſein und meinte, die Chriſtlich⸗Sozialen durch verſöhn⸗ liche Erklärungen zu einer Aenderung ihrer Haltung beſtimmen zu können. Man zählte ſchließlich auf die Unterſtützung der Jungdeutſchen und Volkskonſervativen. Nach unſerer Kenntnis dürfte indes dieſe Rech⸗ nung nicht ganz ſtimmen. Von der Wirtſchaftspartei werden, wie wir hören, nur etwa zwei Drittel der Abgeordneten ſich für Scholz entſcheiden. Von den vier Volkskonſervativen heißt es, daß ſie mit Ausnahme des Grafen Weſtarp für Lö be ſtim⸗ men wollen und von den Chriſtlich⸗Sozialen und Jungdeutſchen iſt es zum mindeſten äußerſt zweifel⸗ haft, ob ſie ſich für die Kandidatur Scholz' einſetzen werden. Die Kommuniſten ſcheiden bei der Arith⸗ metik dieſer Präſidentenwahl, die äußerſt ſpannend zu werden verſpricht, aus. Sie werden vermutlich weiße Zettel abgeben. Drahtbericht unſeres Berliner Büros i Berlin, 15. Oktober. Heute früh beginnt alſo nun doch der Streik in der Berliner Metallinduſtrie, der aus einer ohnehin nur noch mühſam, unluſtig arbeitenden Wirtſchaft 140000 Menſchen herausnimmt. Die Gewerk⸗ ſchaften— und die gedankenloſe Berliner Großpreſſe ſpricht es ihnen nach— ſind mit dem ſtaatlichen Schiedsſpruch unzufrieden, weil dieſer einmal gegen ihre Wünſche ausgefallen iſt. Sie vergeſſen, daß in den früheren Jahren auch die Arbeitgeber Grund genug gehabt hätten, Schiedsſprüche abzulehnen, durch die jeder Aufſchwung, jeder Aufſtieg ſchleunigſt erwürgt wurde. Die Arbeitgeber haben ſich dann aber doch immer wieder der ſtaatlichen Auto⸗ rität gefügt, auch wenn ſte mit der wirtſchaftlichen Vernunft ſicher nicht im Bunde war. Die Berliner Metallarbeiter aber greifen zum Streik, alſo juſt zu dem Mittel, das durch das an ſich keineswegs unbe⸗ denkliche ſtaatliche Schlichtungsweſen überflüſſig ge⸗ macht werden ſollte. In einem Augenblick, wo wieder einmal, im Reich wie in Preußen, von un⸗ logiſchen Köpfen die Sozialdemokratie als die ein⸗ zige ſtaatserhaltende Partei und bewährte Hüterin aller Ordnung angeprieſen wird, wird es nicht un⸗ nütz ſein, das feſtzuhalten. Der„Berliner Börſencourſer“, ein demokratiſches Blatt, nennt den Streik ſinnlos und verantwortungslos. Er iſt es umſo⸗ mehr, als alle wichtigen Produkte der Branche aus freier Entſchließung der Unternehmer, wenn der Schiedsspruch durchgeführt wird, vom 1. Noyem⸗ ber abum 5 Proz. geſenkt werden ſollen. Man darf ruhig annehmen, daß das nur der Anfang wäre, ſozuſagen das befreiende Beiſpiel, das auch auf anderen Gebieten Nachfolge wecken würde. Durch all das machen die Berliner Metallarbeiter mit ihrem ſturen Beſchluß einen Strich. Es gibt für dieſen Beſchluß, der den nicht gerade an Ueberauf⸗ trägen leidenden Induſtriellen nicht einmal ſehr un⸗ willkommen ſein mag, nur eine einzige Erklärung: Die ſchlotternde Angſt vor der kommuniſti⸗ ſchen Konkurrenz, der der Klamauk ja auch noch nicht ſchnell genug geht und die deshalb ſchon am Dienstag früh mit Teilſtreiks begonnen hatte. Sozialiſtiſcher Druckverſuch auf die Reichsregierung Drahtbericht unſeres Berliner Büros J Berlin, 15. Oktober. In einem Aufruf des„Vorwärts“ wird der Berliner Metallarbeiterſtreik, der heute anhebt, als Abwehrkampf gegen einen„Angriff brutaler Unternehmerwillkür“ zu kennzeichnen verſucht. Es gelte,„den erſten Stoß der großen Lohnabbauoffen⸗ ſive des deutſchen Unternehmertums aufzufangen“. Ueber die verheerenden Folgen der Aktion iſt ſich das ſozialdemokratiſche Hauptorgan nicht im Zweifel, aber—„das alles haben die Unternehmer gewollt“. Nachdem Sozialdemokratie und Gewerkſchaften die Erwägungen der Vernunft hinter ihre agitatoriſchen Bedürfniſſe haben zurücktreten laſſen, ſoll nun die Reichsregierung regelnd eingreifen. Der„Vorwärts“ verlangt von ihr, daß ſie vermit⸗ telnd zwiſchen die Parteien trete. Eine Verbind⸗ lichkeitserklärung des Lohnabbauſchiedsſpru⸗ ches würde von den kämpfenden Metallarbeitern als eine Parteinahme für das Unternehmer⸗ tum empfunden werden und den Weg zu einer Löſung des Konflikts verſchließen. Die Sozialdemokratie glaubt alſo mit anderen Worten, einen Druck auf die Regierung aus⸗ üben zu können, weil das Kabinett Brüning auf die Unterſtützung der Sozialdemokraten bei der Auf⸗ rechterhaltung der Notverordnungen angewieſen iſt. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit Herr Ste⸗ gerwald ſich ſolchem Druck fügen wird. PCC ç0çCCC00b0b00T0GPT((TCbTPTGTbTb(bbb... ͤ ͤ ͤ/'ꝓßꝓßꝓvꝓVbꝓbVkukbPVvVvVvvVvVͤGvGTT17ꝓ+—1T7T7T7T7TWTWWTVTTꝓTPTcTEh⸗ÿ ß. In der Deutſchen Volkspartei denkt man ſich das Zahlenverhältnis für Scholz ſo, daß er mit etwa 250 gegen 244 Stimmen durchs Ziel geht. Im Zentrum und der Sozial⸗ demokratie iſt man dagegen überzeugt, daß Löbe mit einer Mehrheit von 10 bis 20 Stimmen das Rennen macht. Aber der volksparteilichen Fraktion kommt es ja, wie ſchon erwähnt, weniger auf das Gelingen des Experimentes, als darauf an, klare Fronten zu ſchaffen. Bemerkenswert iſt übrigens, daß, wie wir hören, von den Landesorganiſationen der Volkskonſervativen an den Mi⸗ niſter Treviranus das dringende Erſuchen gerichtet worden iſt, ſein Min iſter amt nieder⸗ zulegen. Soweit wir unterrichtet ſind, glaubt Treviranus auch, ſich dieſer Aufforderung nicht ent⸗ ziehen zu können. Es iſt alſo damit zu rechnen, daß er auf ſeine Stellung à la suite des Kabinetts verzichten wird. Bei der beſonderen Ver⸗ trauensſtellung, die Herr Treviranus bei Dr. Brü⸗ ning einnimmt und den vielerlei— verſteht ſich: moraliſchen— Opfern, die der Kanzler ohne Frage mit dem ſchnell mit dem Wort fertigen Miniſter ohne Geſchäftsbereich gebracht hat, wäre das von Herrn Treviranus freilich nicht eben edel. Daß, wie es heißt, Herr Treviranus geneigt ſein ſoll, den Poſten des Oſtkommiſſars beizubehalten, iſt kaum ein Ausfluß beſonderer Herzensgüte. Auf alle Fälle wird ſich der Kanzler nach der Abgabe der Regierungserklärung außerordentlichen Schwierigkeiten gegenüberſehen. Es be⸗ ſteht durchaus die Möglichkeit, daß einer der Mißtrauensanträge eine Mehrheit findet. Frankreich in größter Sorge Drahtung unſeres Pariſer Vertreters y Paris, 15. Oktober. Die franzöſiſchen Blätter befaſſen ſich weiter mit den Ereigniſſen in Deutſchland. Ueberſchriften, wie „Die deutſche Kriſe“,„Die Gefahr der nattonalſozia⸗ liſtiſchen Diktatur“,„Vor dem deutſchen Chaos“, „Frankreich braucht eine Verſtärkung der Rheinarmee“ uſw. wechſeln ſich in bunter Reihenfolge und mit immer größeren Schlagzeilen ab. Bemerkenswert iſt ein Artikel der natio⸗ naliſtiſchen„Victoire“, der die Angſt in die Glieder gefahren iſt. Deutſchland werde ſich niemals aus der Gefolgſchaft Sowjetrußlands befreien kön⸗ nen. Der Bruch dieſer Allianz ſei aber die unbe⸗ dingte Vorausſetzung für die franzöſiſche Sicherheit. Die franzöſiſchen Staatsmänner und die Politiker der Welt müßten die Gefahr erkennen und den Preis prüfen, den ſie anlegen können, um dieſe Ge⸗ fahr zu bannen. Die erſte Bedingung des alldeut⸗ ſchen Deutſchland werde ſicherlich eine völlige Aunullierung der Reparationszählungen ſein. Ein ſolches Opfer könnte Frankreich nicht auf ſich nehmen, wenn die Vereinigten Staaten nicht ihrerſeits die interalliierten Kriegsſchulden ver⸗ ſchwinden ließen. Es ſei alſo eine große Geſte der Solidarität Amerikas für Europa erforderlich. Der Dienſt, den Amerika der Ziviliſation damit erweiſen würde, wäre ſicherlich ebenſo groß wie ſein Eingreifen in den Weltkrieg. Es würde nicht nur Polen, Rumänien und die Bal⸗ kanſtaaten vor der bolſchewiſtiſchen Welle ſchützen und Rußland ſelbſt einen tödlichen Schlag verſetzen, ſondern Amerika würde für Europa eine politiſche Entſpannung und Beſſerung der wirtſchaft⸗ lichen Situation bringen, von der es ſelbſt weitgehend profitieren könnte. Werk Valikan und Nationalſozialismus Von unſerem römiſchen Vertreter Der Ausgang der deutſchen Reichstagswahlen vom 14. September mit dem über alle Erwartungen hinausgehenden Sieg der Nationalſozialiſten, rief im vatikaniſchen Staatsſekretariat die größte Be⸗ ſtütrzung hervor. Doch die Konſternation des erſten Augenblicks wich ſchnell einer grundlegenden Orientierung und damit einer aktiven Anteilnahme an den innenpolitiſchen Geſchehniſſen in Deutſchland. Man ſah im Vatikan, geſchult an den negativen Er⸗ fahrungen, die man jahrelang mit dem italieniſchen Faſzismus gemacht hatte, ſofort die große geiſtige Gefahr voraus, die der Kirche mit einem weiteren Anwachſen der Hitlerbewegung e r⸗ wachſen muß. Man glaubte in den Befürch⸗ tungen nicht zu weit zu gehen, wenn man im Nationalſozialismus die Möglichkeit oder gar Wahr⸗ ſcheinlichkeit eines kommenden„Kulturkampfes“ er⸗ blickte, vorausgeſetzt, daß es dem deutſchen Faſzis⸗ mus überhaupt gelingen ſollte, die Leitung des Staates an ſich zu bringen und ein Regime der Dik⸗ tutur zu ſchaffen. Denn immer— wie dies an ge⸗ ſchichtlichen Beiſpielen nachzuweiſen iſt— droht der Kirche ihr ſtärkſter Widerpart aus der Ueberzüchtung des nationalen Geiſtes, ſteht die antiliberale Staats⸗ auffaſſung im direkten Gegenſatz zu ihrem eigenen univerſellen Charakter. So wird es ohne Weiteres verſtändlich, daß der Vatikan den Nationalſozialis⸗ mus, der ſein neues Heidentum offen zur Schau ſtellt und den„Kampf gegen Rom“(gemeint iſt damit der Kampf gegen den katholiſchen Univerſalismus) zugleich mit ſeinem Antiſemitismus proklamiert, als künftige Gefahr für die politiſchen und geiſtigen Intereſſen der Kirche in Deutſchland überaus ernſt nimmt und Alles aufbietet, um dieſer Gefahr recht⸗ zeitig zu begegnen. Heute unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß Monſignore Pacelli, der Kardinalſtaatsſekretär der Kirche, die drei ſeit den Wahlen verſtrichenen Wo⸗ chen bereits zu einem wirkſamen Vorſtoß aus⸗ genutzt hat. Sein ſogenannter Erholungsaufenthalt am Bodenſee war für ihn in Wirklichkeit die erſte bedeutende politiſche Miſſion nach der Einſetzung in ſein Amt. Es iſt nunmehr auch kein Geheimnis mehr, daß der deutſche Zentrumsführer Prälat Kaas die Anweiſungen für die Einſtellung des Zentrums zu der nationalſozialiſtiſchen Bewe⸗ gung direkt von Rom erhielt. Rom hat jetzt ſeiner⸗ ſeits dem deutſchen Faſzismus den Kampf angeſagt, einen unerbittlichen Kampf, bei der die Kirche alle ihr zu Gebote ſtehenden, geiſtigen Macht⸗ mittel benutzen wird. Das Verbot des Biſchofs von Mainz, das jedem überzeugten deutſchen Ka⸗ tholiken den Beitritt zur nationalſozialiſtiſchen Par⸗ tei unmöglich macht, iſt als das erſte offene An⸗ zeichen dieſer intranſigenten Gegnerfchaft zu wer⸗ ten. Bei der gegenwärtig ungeklärten Lage in Deutſch⸗ land ſteht für den Vatikan Alles auf dem Spiel, was in vielen Jahren die geſchickte Politik des früheren Nuntius Pacelli zu erreichen gewußt hat. Man er⸗ innere ſich nur an das für die Kirche unter den gün⸗ ſtigſten Bedingungen abgeſchloſſene Preußen⸗Konkor⸗ dat, das unter dem ſozialdemokratiſchen preußiſchen Miniſterpräſidenten Braun zuſtande kam. Die poli⸗ tiſchen Verhältniſſe der letzten Jahre, die dem Zen⸗ trum eine ungeheure Bedeutung zugeſpielt hatten— denn es wurde als Bindeglied zwiſchen der Sozial⸗ demokratie und den rechtsgerichteten bürgerlichen Parteien zur ſtärkſten Stütze des parlamentariſchen Syſtems und beherrſchte dadurch faſt unbeſchränkt die innere Lage— dieſe ſelben politiſchen Verhältniſſe geſtatteten es gleichzeitig der Kirche, ihr Einfluß⸗ gebiet ungeheuer zu erweitern. Eine Diktatur, mag ſie nun von Rechts oder von Links drohen, ſtellt die heutige Bedeutung der Kirche in Deutſchland wieder erneut in Frage und vernichtet damit das mühſame eines Jahrzehnts vatikaniſcher Außenpolitik. Dies ſieht Monſignore Pacelli klar voraus, und mit ihm ſelbſtverſtändlich auch das Zentrum, deſſen heu⸗ 2. Seite/ Nummer 477 Neue Mannheimer Zeitung/ Mittag⸗Ausgabe Mittwoch, 15. Oktober 1930 tige Ablehnung gegenüber dem Nationalſozialismus ebenſo ſchroff ſein muß wie gegenüber dem Kommu⸗ nismus. Der Nationalſozialismus wird höchſtwahrſchein⸗ lich dieſe Kampfanſage, die ihm aus demſelben Rom kommt, das ihm mit ſeinem faſziſtiſchen Geſicht bei⸗ fällig zunickt, ſtark unterſchätzen. Auch der Faſzismus unterſchätzte zeitweilig die Macht des Vatikans und mußte ſich dann zu den weitgehendſten Zugeſtändniſſen bequemen, nach einem langen un⸗ erfreulichen Streit. Aber ſelbſt wenn jetzt bereits Hitler und ſeine Parteianhänger für den Fall einer etwaigen nationalſozialiſtiſchen Diktatur in Deutſch⸗ land ähnliche Zugeſtändniſſe verſprächen(was jedoch kaum geſchehen dürfte), im Staatsſekretariat der Kirche würde man jede Beſprechung dieſes Themas ſtrikt ablehnen, nicht nur deshalb, weil überhaupt eine ſichere, rechtsgültige Verhandlungsbaſis fehlt, ſondern vor allen Dingen, weil man grundſätzlich eine nationaliſtiſche Bewegung ablehnen muß, deren Tendenzen einen neuen K ulturkampf als unvermeid⸗ bar erſcheinen laſſen. Es darf bei Vergleichen nicht überſehen werden, daß Italien ein katholiſches Land iſt, mit einer ſtarken katholiſchen Tradition, ſo daß es alſo in ſeiner mentalen Einſtellung die Gegen⸗ ſätze zwiſchen Kirche und Staat, die nie ganz aus⸗ geſchaltet werden können, wenigſtens äußerlich über⸗ brücken konnte. Im deutſchen Faſzismus, mag er auch in der ſozialen Struktur aufs Haar dem itaͤlie⸗ niſchen ähneln, erblickt der Vatikan jedoch einen anderen herrſchenden Geiſt, der auf einer Tradition aufbaut, die immer der Kirche feindlich geweſen iſt. Deshalb treffen auch hier die oberflächlichen Vergleiche nicht mehr zu. Und ſomit wird es auch verſtändlich, daß in der vatikaniſchen Politik das vom Faſzismus bekämpfte parlamentariſche Syſtem, der demokratiſch⸗liberale Geiſt, als einzige Vorausſetzung einer gedeih⸗ lichen Zuſammenarbeit zwiſchen Staat und Kirche in Deutſchland und überhaupt anerkannt wird. Die Ausſchreitungen in Verlin vor dem Schnellrichter Telegraphiſche Meldung Berlin, 14. Oktober. 19. der Demonſtranten, die im Verlauf der geſtri⸗ gen Ausſchreitungen in der Nähe des Reichstages und vor allem in der Innenſtadt von der Polizei feſtgenommen worden waren, wurden bereits heute dem Schnellrichter vorgeführt. Die Feſtſtellung der Perſonalien der Angeklagten ergab, daß ſich darunter zwei Jugendliche von 17 Jahren, und zwar ein Schüler, der die Unterſekunda des Werner⸗ Siemens⸗Gymnaſiums beſucht, und ein Bäckerlehr⸗ ling befanden. Der älteſte iſt ein 30fähriger Ar⸗ beiter. Unter den Angeklagten befinden ſich zahl⸗ reiche Arbeitsloſe, bis auf vier ſind ſie ſämtlich un⸗ beſtraft. Der Staatsanwalt formulierte die Anklage, die ſämtlichen Angeklagten Landfriedensbruch, Bann⸗ kreisverletzung und Widerſtand gegen die Staats⸗ gewalt, einen großen Teil der Angeklagten tätliche Beleidigung gegen Polizeibeamte und Zivilperſonen und einem von ihnen Körperverletzung und Verſtoß gegen die Notverordnung des Reichspräſidenten über den Waffenbeſitz zur Laſt legt. Das Arteil Erſt nach 2 Uhr nachts wurde in dem Verfahren gegen die Ruheſtörer vor dem Schnellgericht das Urteil gefällt. Das Verfahren gegen zwei jugendliche Angeklagte iſt abgetrennt worden. Die Angeklagten ohm, Huhn und Bröſele wur⸗ den freigeſprochen, und das Verfahren gegen Hüne⸗ mondt eingeſtellt. Von den übrigen Angeklagten erhielten Trentz 6 Monate Gefängnis, Gir ow 6 Monate Gefängnis, Bartell 6 Monate Gefäng⸗ nis, Schober 5 Mongte Gefängnis, Tetzlaff 3 Monate 2 Wochen Gefängnis, Blitzner 3 Monate 2 Wochen Gefängnis, Stellmacher 3 Monate 2 Wochen Gefängnis, Droßbeck 3 Monate Gefängnis, Wipperling 3 Monate Gefängnis, Urban 2 Wochen Gefängnis, Wolfram 2 Wochen Gefängnis, von Eiſenach⸗Rothe 100/ Geldſtrafe. Das Verfahren gegen den Angeklagten Konſtan⸗ tin wurde vertagt. Braun an Frankreich, Killer an England Anterredungen mit Vertretern der Preſſe Drahtung unſeres Pariſer Vertreters V Paris, 15. Oktober. Die Pariſer Zeitung„La Volonté“ veröffent⸗ licht ein Interview ihres Berliner Vertreters mit dem Miniſterpräſidenten Otto Braun, in dem ſich dieſer in der ihm eigenen energiſchen und überlegten Weiſe für eine Herabſetzung der Repara⸗ tions zahlungen einſetzt. Otto Braun erklärte, daß die Fortſchritte der extremen deutſchen Reichs⸗ tagsparteien vor allem auf die außerordentlich ſchlechte Wirtſchaftslage und die wachſende Arbeits⸗ loſigkeit zurückzuführen ſeien. Es ſei verſtändlich, daß Menſchen, die ſeit Monaten keinen Lebensunterhalt verdient hätten und auch keine Ausſicht auf Beſſe⸗ rung ſähen, ihre Stimme jedem geben, der vor ihnen ein phantaſtiſches Programm erglänzen läßt. Von den elf Milliarden des deutſchen Reichshaushalts die⸗ nen ſieben Milliarden den dringenden, aber un⸗ produktiven Zwecken. Solange dieſe in jeder Hin⸗ ſicht ungeſunden Bindungen die Verhandlungsfrei⸗ heit der deutſchen Regierung zunichte machen, ſei nicht an eine Herabſetzung der erdrückenden Steuern zu denken. Mit erhobener Stimme forderte Braun eine Erleichterung der ſchweren Haushaltslaſten, die vor allem aus den Zah⸗ lungen an das Ausland herrühren. Andernfalls müſſe der Kampf gegen Nationalſozia⸗ liſten und Kommuniſten ohne dauerhafte Reſultate bleiben. Es ſei doch klar, ſo fügte Braun hinzu, daß auf die ausgehungerten, niedergeſchlagenen und hoff⸗ nungsloſen Menſchen die beſten Gründe keinen Ein⸗ druck mehr haben. Einen Ausweg ſieht Braun in der Wirtſchaftserholung und finanziellen Re⸗ organiſation. Zu den Möglichkeiten einer ſtabilen Regierungsbildung im Reich äußerte Braun, daß die Sozialiſten auf keinen Fall die Verantwortung für ein Verſagen des Reiches übernehmen werden. Die Sozialiſten werden alles tun, um unter Achtung der Verfaſſung und der Rechte des Parlamentes ein vollſtändiges, aber auch in jeder Beziehung ſoziales Programm zur Annahme zu brin⸗ gen. Die Sozialiſten ſeien überzeugt, ſo fuhr der Miniſterpräſident fort, daß man Europa kein beſſeres Friedenspfand geben könne als eine unbeſchränkte deutſch⸗franzöſiſche Verſtändigung. Nichts könne den Kampf der deutſchen Sozialiſten zugunſten einer ſol⸗ chen Verſtändigungs⸗ und Friedenspolitik mehr er⸗ leichtern als eine Verſtändigung der ganzen Welt ütber die Kardinalfrage des deutſchen Problems. Heute handle es ſich nicht darum, zu fragen, ob dieſe oder jene Partei in Deutſchland gefährlich für Europa ſei. Heute ſei eine Herabſetzung der deut⸗ ſchen Reparationslaſten nötig. Auf dieſe Weiſe werde man die Mehrheit des deutſchen Volkes daran hindern, zu den extremen Parteien zu gehen. Staatsſekretär Weismann fügte ergänzend hinzu, daß die ſchwierige Reparationsfrage mit Frank⸗ reich ſich wohl noch löſen laſſen ſollte. Die noch ſchwer⸗ wiegendere Frage ſei der Danziger Korridor. Die Abtrennung des Korridors wurde von Menſchen vorgenommen, die keine Ahnung hatten. Hitler an die Aoͤreſſe Englands Drahtung unſer. Londoner Vertreters 8 London, 15. Okt. Die Ausſchreitungen auf den Straßen Berlins haben in England ſtarken Widerhall gefunden und vielfach Nervoſität ausgelöſt. Herr Hitler hat jedoch keine Zeit verloren, der engliſchen Oeffent⸗ lichkeit mitzuteilen, daß ſeine Partei mit dieſen Dingen nichts zu tun habe. In einer Unterredung mit dem Berliner Korreſpondenten der„Times“ verſichert Hitler, daß die Nationalſozialiſten eine viel zu ordentliche Organiſation ſeien, um ſich mit dem Einwerfen von Fenſterſcheiben und ähnlichen Dingen abzugeben. Die nationalſozialiſtiſche Be⸗ wegung brauche ſolche Methoden gar nicht anzuwen⸗ den. Es werde höchſtens noch zwei Jahre dauern, bevor Hitler auf legalem Wege die Herrſchaft in Deutſchland erlangt haben werde. Vorläufig werde er die Dinge an ſich herankommen laſſen. Hitler hofft dabei beſonders auf die Verſchlechterung der wirtſchaftlichen Lage im kommenden Winter, der Deutſchland zu einem Pulverfaß machen werde, in dem ein geringfügiger Funke eine Exploſion hervor⸗ rufen könnte. Die Mittelparteien des Reichstages würden ſich immer ſtärker zerſplittern und die Welt werde bald die Wahl haben zwiſchen einem bolſchewiſtiſchen oder einem national⸗ ſozialiſtiſchen Deutſchland. Man brauche durchaus nicht zu befürchten, daß eine nationalſozialiſtiſche deutſche Regierung die Auslandsauleihen nicht zurückzahlen werbe. Auch hinſichtlich der Reparationszahlungen werde man vielleicht mit ſich reden laſſen. Aber„wenn die Welt darauf beſteht, daß die poli⸗ tiſchen Zahlungen gemacht würden, werde Deutſch⸗ land unter der Laſt zuſammenbrechen“. Im übrigen gibt Herr Hitler die beruhigende Verſicherung ab, daß ſeine Partei nur theoretiſch antiſemi⸗ tiſch ſet und mit Pogromen nichts zu tun haben wolle. Eines Tages werde aber die weſtliche Welt ſehen, daß die Nationalſozialiſten die weſtliche Zivi⸗ liſation vor dem Bolſchewismus gerettet hätten. Es erübrigt ſich, dieſem Interview hinzuzufügen, daß die engliſche Oeffentlichkeit bereits gemerkt hat, wie verſchieden Hitlers Aeußerungen gegen⸗ über dem Auslande von ſeinen Plänen im Inland ſind. Man wird ſeinen Beruhigungen kaum beſon⸗ dere Bedeutung beimeſſen, ſondern ſich abwartend verhalten. Die vorherrſchende Auffaſſung in eng⸗ liſchen politiſchen Kreiſen iſt nach wie vor, daß die unmittelbare Zukunft in Deutſchlanb nicht zur Beunruhigung Anlaß gebe, daß aber die Entwicklung für die nächſten Jahre ganz außerordentlich problematiſch ſei. Ganz England erwartet daher nicht mehr große Ereigniſſe in weni⸗ gen Wochen, ſondern richtet ſich auf Schwierigkeiten in etwas fernerer Zukunft ein. Neues Volksbegehren des Stahlhelms Drahtbericht unſeres Berliner Büros 5 Berlin, 15. Oktober. Der Stahlhelm hält es für angebracht, ein neues Volksbegehren vorzubereiten. Diesmal ſoll es ſich nach den Ankündigungen einiger Rechtsblätter um die Forderung auf Auflöſung des Preußiſchen Land⸗ tages handeln. Gleichzeitig wird die Schaffung des Amtes eines preußiſchen Staatspräſi⸗ denten, das vom Reichspräſidenten in Perſongl⸗ union mit zu verwalten ſei, verlangt werden. Der Zerfall der Stagtspartei Drahtbericht unſeres Berliner Büros Berlin, 15. Oktober. Wie der„Berliner Börſenkurier“ mitteilt, ſteht eine weitere Schwächung der Staatspartei inſofern bevor, als auch die jungen Volksparteiler, die ſich ihr anſchloſſen, dem Verband wieder den Rücken kehren wollen. Bet dieſem Beſchluß hat offen⸗ bar die Mißſtimmung darüber mitgeſprochen, daß ihrem Vertreter Dr. Windſchu kein ſicherer Platz auf der Reichsliſte eingeräumt worden iſt, ſo daß er ein Mandat nicht erlangt hat. — London, 14. Okt. Anſtelle des bei der Kata⸗ ſtrophe des„R 101“ getöteten Lord Thomſon iſt Lord Amulree zum Miniſter für Luftfahrt er⸗ nannt worden, Vadiſche Politik Beleidigung des Miniſters Remmele Das Schöffengericht Karlsruhe verurteilte den verantwortlichen Schriftleiter der„Badiſchen Zeitung“, des Landesorgans des Stahlhelms und der Deutſchnationalen, Walther Weiß, wegen öffent⸗ licher Beleidigung des Miniſters Dr. Remmele zu 2 Monaten Gefängnis. Es handelte ſich um die Wiedergabe eines falſchen Gerüchtes über Dr. Remmele, wonach dieſer zu einer zweifelhaften Frauensperſon in Beziehungen geſtanden haben ſollte. Bombenattentat auf einen Gerichtsarzt Telegraphiſche Meldung — Beuthen, 14. Oktober. Im Amtszimmer des Beuthener Gerichtsarztes Medizinalrat Dr. Spiecker im Strafgerichtsge⸗ bäude erſchien heute mittag gegen ½12 Uhr deſſen Gatbin mit ihrem vierjährigen Töchterchen, um ihrem Mann ein dͤurch die Poſt in der Wohnung zugeſtelltes Päckchen zu überbringen. Als Dr. Spiecker die Verſchnürung der Poſtſendung löſte, ertönte ein ohrenbetäubender Knall, und faſt in demſelben Augenblick glich das Zimmer einem Trüm⸗ merhaufen. Dr. Spiecker und ſeine Familienangehörigen blie⸗ ben wie durch ein Wunder ſo gut wie unverletzt. Der Gerichtsarzt hat nur durch einige Splitter unbedeu⸗ tende Verletzungen am Unterarm erlitten. Daß die drei Perſonen mit dem Leben davongekommen ſind, iſt wohl nur dem Umſtand zuzuſchreiben, daß die Exploſion der Höllenmaſchine ihre volle Wirkung nach unten ausübte und eine über 10 Zentimeter dicke Tiſchplatte durchſchlug. Von dem Urheber des Attentats fehlt bisher jede Spur, doch kann mit Sicherheit geſagt werden, daß dem Anſchlag jeder politiſche Hintergrund fehlt. Es dürfte ſich um einen Racheakt aus den Kreiſen handeln, die ſich durch ein Gutachten des Arztes be⸗ Rachtetligt fühlten. Ein zweiter Höllenmaſchinen-Anſchlag — Beuthen, 14. Okt. Außer dem Gerichtsarzt Dr. Spiecker hat auch der Knappſchaftsarzt Dr. Wilhelm ein in braunes Papier gepacktes Poſt⸗ paket in die Wohnung geſandt erhalten. Beim Oeff⸗ nen des Deckels der Zigarrenſchachtel züngelte eine Flamme empor. Der Arzt warf die Kiſte von ſich und ſprang in den Nebenraum. Gleich darauf eine Exploſion, die die Jenſterſcheiben zer⸗ trümmerte und die Einrichtung be⸗ ſchädigte. Die Höllenmaſchine iſt ähnlicher Kon⸗ ſtruktion, wie die Dr. Spiecker zugeſandte. Letzte Meloungen Feiger Ueberfall r — Berlin, 14. Okt. Wie der Polizeibericht bekannt gibt, iſt geſtern abend in der Marburger Straße, einer Nebenſtraße der Tauentzinſtraße, im Berliner Weſten gegen 21 Uhr der holländiſche Staatsangehörige Leon Huymann von etwa 10—12 jungen Burſchen mit dem Ruf„Schlagt die Juden tot!“ über⸗ fallen und niedergeſchlagen worden. Die Täter ſind unerkannt entkommen. Weitere Entlaſſungen bei Krupp — Eſſen, 14. Okt. Die Einſchränkungen in den Feuerbetrieben der Gußſtahlfabrik Friedrich Krupp AG. Eſſen, die in der Vorwoche den Antrag einer Belegſchaftsverminderung beim Regierungspräſiden⸗ ten veranlaßten, haben nunmehr, wie die Verwal⸗ tung der Krupp AG. mitteilt, die Notwendigkeit ergeben, auch für die zugehörigen Hilfsbetriebe und mechaniſchen Werkſtätten eine Herabſetzung der Belegſchaft vorſorglich zu beantragen. Es handelt ſich dabei um rund 1500 Arbeiter und An⸗ geſtellte, deren Entlaſſung erfolgen muß, falls nicht in den nächſten Wochen Aufträge eingehen, die eine Weiterbeſchäftigung ermöglichen. Richard Strauß in Ludwigshafen Erſtes Sinfoniekonzert der J. G. Farben⸗ induſtrie A. G. Die J. G. Farbeninduſtrie gehört, was wohl wenige wiſſen, zu den größten Konzertunternehmern in Deutſchland, wenn ſie nicht gar dem zahlenmäßigen Ausmaße nach der allergrößte iſt. Den Meiſter ſelbſt, Richard Strauß, hatte ſie für geſtern und für die heutige Wiederholung des Konzerts zum Be⸗ ginn ihrer Sinfonieabende nach Ludwigshafen ver⸗ pflichtet. Der große Saal des Vereinshauſes der J. G. zeigte feſtliches Gepräge und feſtliche Stim⸗ mung. Als der Meiſter am Pult erſchien, wurde er mit ſtürmiſchem Begrüßungsbeifall empfangen, und das Publikum erhob ſich von ſeinen Sitzen. Ein vorbildliches Programm nahm ſeinen Anfang. Richard Strauß kam zunächſt als Dirigent klaſ⸗ ſiſcher Muſik. Die g⸗moll⸗Sinfonie von Mozart, mit der er den Abend eröffnete, bildet für ihn nicht nur ein Werk, das er dem Publikum vermittelt, ſon⸗ dern ein muſikaliſches Bekenntnis, das er vor dem Hörer ablegt. Die Meiſterſchaft der thematiſchen Ausbreitung, die in dieſem Werk ſich von einer ganz beſonderen Seite darſtellt, hat es Richard Strauß, der gleichſam mit Mozart aufwuchs, von jeher angetan. Dieſe völlige Uebereinſtimmung der Form mit dem Gehalt, die in Mozart den eigentlichen Vertreter der klaſſiſchen Kunſt in der Muſik erblicken läßt, hat über dieſer Formſchönheit gar oft die tief empfindſame Seele, das Tragiſche in ihr aus der eigentlichen Wir⸗ kung verdrängt. Die g⸗moll⸗Sinfonie läßt gerade dieſe Saite des Mozartſchen Weſens in wunderſam herber Anmut erklingen. Sie bildete das Kennzeichen dieſer Wiedergabe, die ſogleich im erſten Satz die außerordentliche Reife des Pfalzorcheſters gerade für dieſe form⸗ vollendete und deshalb anſpruchsvollſte Muſik zeigte, Die vortreffliche Schulung ließ das tadellos einge⸗ ſpielte Orcheſter unter der Führung des Meiſters zu einem köſtlichen Inſtrument werden. Die lückenloſe Themattk, die Beſchwingtheft, die bei aller Tragik in der Grundſtimmung auch dieſes Mozartwerk aus⸗ zeichnet, ging in die Wiedergabe mit wunderbarer Schlichtheit und Einfachheit ein. Der Dirigent Richard Strauß unterſcheidet ſich weſentlich von den ſogenannten modernen Kapell⸗ meiſtern mit ihren Verrenkungen und ihrem nervöſen Taktieren, das zum großen Teil nichts anderes iſt als eine krankhafte Steigerung des Selbſtbewußt⸗ ſeins. Das Kennzeichen der Direktionsweiſe des Meiſters iſt die Ruhe der äußerſten Konzentration. Er dirigiert, wo das Orcheſter geleitet werden muß und er gibt den Takt, wo das Orcheſter keinen andern Weg als den vorgezeichneten nehmen kann. Dabei iſt dieſe ganz ſchlichte, nur dem Werk dienende Art ver⸗ bunden mit einer höchſt perſönlichen Empfindung und Auffaſſung. Das zeigte ſchon rein äußerlich das Menuett, das Strauß gegen die ſonſtige Gewohn⸗ heit mit einer Wiederholung des Trios abſchloß. Ein ausgezeichneter Gedanke der ſinfoniſchen Drama⸗ turgte; denn dieſer Abſchluß des Satzes in Dur läßt den Beginn des Finales in Moll nur umſo reizvoller erſcheinen und liegt im Ideenbereich des Werks durchaus begründet. Eine beſondere Feſtgabe des Dirigenten Strauß wurde dann die große Leonorenouvertüre (Nr. 3) von Beethoven. Auch ſie ein perſönliches Bekenntnis des Meiſters, perſönlich nicht zuletzt in manchen Teilen des herrlichen Stückes, die in den Stärkegraden und in der Haltung des Zeitmaßes die individuelle Färbung zeigten. Vor allem aber auch ein Meiſterſtück des Pfalzorcheſters, von der erſten verhaltenen Stimmung bis zum Aufſchwung der Streicher am Schluß. Die Holzbläſer zeigten aus⸗ gezeichnete Disziplin und entfalteten die innige Wärme des Tones, den dieſe aus banger Tiefe der Seele aufſteigende Muſtik fordert. Das Exakte der Wiedergabe verband ſich mit dem Geiſt echten Muſi⸗ zierens; das in ein einziges Orcheſterwerk gebannte, unvergleichliche Muſikdrama wurde zur Feierſtunde, die die Hörer nach dem jubelnden Abſchluß in einen Taumel der Begeiſterung verſetzte, Man muß es den Ludwigshafenern laſſen: ſie haben einen echten Muſtkenthuſtasmus, der in der heutigen Zeit immer ſeltener wird. Mit der klaſſiſchen Muſik verbindet den Kom⸗ poniſten Strauß die unbedingte Hingabe an die Form. Wie er in ſeiner Domeſtica die Gegenüber⸗ ſtellung der beiden Themen des klaſſiſchen Sinfonie⸗ aufbaus zur ſtärkſten Herausarbeitung der Grund⸗ idee gebracht hat, ſo ſind auch ſeine Tongedichte nichts anderes als immer neue Verkörperungen des klaſ⸗ ſiſchen Formgedankens. Der„Don Juan“ hatte dieſe Reihe eröffnet. Der 25fährige Richard Strauß ſchrieb dieſes Werk, das bei all ſeiner aufrauſchenden Leidenſchaft doch die Bändigung des von der muſika⸗ liſchen Idee getragenen formvollendeten Muſikers iſt. Das hinreißende Werk, deſſen Thematik zu den er⸗ ſtaunlichſten Konzeptionen aller Orcheſtermuſik ge⸗ hört, erſtand in leuchtenden Farben. Der Geſamtklang des Orcheſters zeigte jene Pracht und jenen Glanz, den dieſe Muſik aus ſich heraus entfaltet, wenn ſie nur das notwendige gegen⸗ ſeitige Abwägen der Klangſtärke in den einzelnen Inſtrumentengruppen erfährt, die die Vielfältigkeit der Straußſchen Partituren erfordert, Die gewaltige Steigerung, die Grundſtimmung, brechen am Ende, das alles war aufs feinſte abge⸗ wogen; das Erklingen des wunderbar kühnen Horn⸗ themas mag als Hervorhebung genügen. Mit dem eingängigſten aller Orcheſterſtücke des Meiſters, mit„Tod und Verklärung“, ſchloß der Abend. Wohl wenige, die das ſchöne Gedicht aus der Feder des Komponiſten Ritter auf der Rückſeite des Programms laſen, werden ſich gedacht haben, daß dieſes Gedicht nach der Kompoſition des Werkes entſtanden iſt. Ein Zeichen für ſeinen rein muſikalt⸗ ſchen, von keinem nur gedanklich beſtimmten Ueber⸗ legen beeinträchtigten Gehalt. Die myſtiſchen Strei⸗ cherakkorde des Anfangs, das Aufzucken der Flöte, — dieſer Beginn zeigte bereits die wahrhaft werk⸗ gerechte Wiedergabe unter der Führung des Meiſters,. Die gewaltige Steigerung bis zum Erklingen der Poſaunen, die Verklärung in ihrem ſieghaften An⸗ ſteigen, der in herrlicher Akkordik erklingende Schluß waren Höhepunkte des Orcheſterſpiels. Der Konzert⸗ meiſter Joſef Sauer, dem die zauberhaften Geigen⸗ ſolt in dieſem Werk wie vor allem auch im Don Juan zugefallen waren, ſei mit beſonderer Anerken⸗ nung genannt. Wir können es nicht glauben, daß die verant⸗ wortlichen Stellen ein Orcheſter wie dieſes im Stiche laſſen, das nicht nur zehn ſchwere Jahre hin⸗ durch treu der Kunſt gedient, das ſich vielmehr zu einem Klangkörper entwickelt hat, der den höchſten Anforderungen zu entſprechen weiß. Der überfüllte Konzertſaal hallte wieder von be⸗ geiſterten Ovationen für den Meiſter und das Orcheſter. Er ließ als ſchöne Anerkennung ſeine Muſiker an dieſen Beifallsbezeugungen beſonderen Anteil nehmen. Die Ueberreichung einer Blumen⸗ gabe an den Meiſter begleitete das Orcheſter mit einem Tuſch. Ein großer, ſchöner Konzertabend hatte ſeinen Abſchluß genommen. Dr. K. .— * das Zuſammen⸗ ene ir eie. e.„ 18 . — 1 TTT. 2—. 8 95 2 res„ 2 51„.„ 1 u„eee bee ene nan au 8 2 4 n n Seen eee ee 1* rn. — * en„ee 1 1 Schnell⸗ und Eilzüge bevorzugt! Mittwoch, 15. Oktober 1930 Neue Mannheimer Zeitung/ Mittag⸗Ausgabe 3. Seite/ Nummer 477 .—. Auf der kürzlich in Ilſenburg abgehaltenen Tagung des Harzer Verkehrs verbandes machte Reichs bahnoberrat Urban von der Reichs⸗ bahndirektion Magdeburg intereſſante Angaben über die Entwicklung des Perſonenverkehrs der Deutſchen Reichsbahn. Infolge der ſchlechten Wirtſchaftslage ſei die Zahl der be⸗ förderten Perſonen im erſten Halbjahr 1930 um 6 v. H. zurückgegangen. Die Beſetzung der Perſo⸗ nenzüge habe allgemein abgenommen. Auch die Aufwanderung in die 2. Klaſſe habe aufgehört. Da⸗ gegen werden die Schnell⸗ und Eilzüge gegen⸗ über den Perſonenzügen bevorzugt. Im Mai dieſes Jahres wurden beiſpielsweiſe in den D⸗Zügen rd. 217000 Perſonen oder 11,6 v. H. mehr befördert, als im gleichen Monat des Vorjahres. Bei den Eilzügen war die Zunahme mit 16,6 v. H. ſogar noch größer, während die Beſetzung der zerſonenzüge um.6 v. H. zurückgegangen ſei. Auf eine gemeinſame Baſis gebracht, ſtehen bei den Schnellzügen 7,30% Einnahmen 6,41/ Ausgaben und bei den Eilzügen 5,22/ Einnahmen 5,10%¼ Ausgaben gegenüber, während die Perſonenzüge bei 5,03„ Ausgaben nur 3,53/ Einnahmen auf⸗ wieſen. Die Reichsbahn müſſe aus dieſen Zahlen ihre Folgerungen ziehen und wahrſcheinlich in erſter Linie den Schnell⸗ und Eilzugverkehr fördern. Bis⸗ her teilt ſich der Perſonenverkehr bei der Deutſchen Reichsbahn in 77,3 v. H. Perſonen⸗, 17 v. H. Schnell⸗ und 5,7 v. H. Eilzüge. f Verwendung von Lehramtsaſſeſſoren gegen Monatsvergütung In der„Breisgauer Zeitung“ war in einem Arti⸗ kel zum Ausdruck gekommen, ſeit vielen Monaten werde im Unterrichtsminiſterium offenkundiger Tarifbruch gegen Lehramtsaſſeſſoren begangen. Da⸗ zu ſchreibt das Miniſterium des Kultus und Unter⸗ richts der„Karlsruher Zeitung“ u..: Ein Tarifvertrag zwiſchen dem Miniſterium und den Lehramtsaſſeſſoren beſthe nicht; er kann alſo nicht gebrochen werden. Richtig ſei allerdings, daß zur Zeit einige Lehramtsaſſeſſoren an Höhe⸗ ren Lehranſtalten gegen eine Monats ver⸗ gütung von 200/ 20—24 Stunden Unterricht er⸗ teilen. Ueber die Gründe dazu ſagt das Miniſterium: Hätte man mit den vorhandenen Mitteln auskommen wollen, ſo hätte man die Deputate der planmäßigen und nichtplanmäßigen Lehrkräfte erhöhen müſſen. Davon glaubt man aber bei der großen Zahl von Jungaſſeſſoren abſehen zu ſollen. Es richtete deshalb an verſchiedene Herren die Anfrage, ob ſie gegen eine Vergütung von monatlich 200/ verwendet werden wollten. Ausnahmslos bejahten ſie dieſe Anfrage. Zwiſchen dem Miniſterium und den betreffenden Herren wurde ſodann ein freier Dienſt vertrag geſchloſſen. Hiernach habe das Unterrichtsminiſterium verſucht, der Notlage der als freiwillige Hilfskräfte an den Höheren Schulen beſchäftigten Jungaſſeſſoren im Rahmen der ſtaatsvoranſchlagsmäßig verfügbaren Mittel ſo weit als möglich Rechnung zu tragen. Da aber dieſe Maßnahme in Philologenkreiſen Wider⸗ ſpruch finde, ſehe ſich der Miniſter des- Kultus und Unterrichts genötigt, in Zukunft von dieſer wieder Ab ſtand zu nehmen. * 1 *Der Rhein ſinkt. Durch die Schönwetterlage, die nach dem Urteil der Meteorologen längere Zeit anhalten ſoll, iſt das Hochwaſſer des Rheins wieder im Fallen. Der Pegelſtand iſt heute in Waldshut, Baſel, Schuſterinſel, Kehl und Maxau durchſchnittlich 20 Zentimeter niedriger als geſtern morgen. Nur in Mannheim iſt der Rhein um einen Zeuti⸗ meter geſtiegen, der Neckar dagegen um 8 Zentimeter gefallen. Die Blinkaulagen der Schnellbahn Mannheim Heidelberg werden ſtörbefreit. Den Bemühungen der Funkhilfe des Süddeutſchen Rundfunks iſt es gelungen, die Reichs ⸗ Rundfunk ⸗Geſellſchaft zu einem größeren Zuſchuß zu den Stör⸗ befreiungskoſten bei den rundfunkſtörenden Blinkanlagen der Schnellbahn Mannheim—Heidel⸗ berg zu bewegen. Auf Grund dieſes Zuſchuſſes und der getroffenen Abmachungen werden nunmehr von der O..G. die Entſtörungsarbeiten beſchleunigt durchgeführt. Großfeuer in der Mittelstraße Ein Dachſtuhl ausgebrannt— Durch ſchnelles Eingreifen der Feuerwehr gelöſcht Im Hauſe Jean Beckerſtraße 2, einem Eckhaus der Mittelſtraße, brach geſtern äbend kurz nach halb ſieben Uhr im Dachſtuhl Feuer aus, deſſen weithin ſichtbare Flammen bald die ganze Neckar⸗ ſtadt in Aufregung verſetzten. Zum Dachſtock und einem Ecktürmchen ſchlugen die Flammen heraus. Die entſetzten Straßenpaſſanten glaubten ſogar, daß Meuſchenleben in Gefahr wären. Man hatte den Eindruck, als ob die Flammen auch aus dem unter dem Speicher gelegenen fünften Stock züngelten. Kurze Zeit, nachdem der Brand bemerkt worden war, ratterte ſchon die Feuerwehr an. Es folgte im Stabswagen Brandoberingenieur Mikus, der ſo⸗ fort die Anweiſung gab, auch die zweite mechaniſche Drehleiter an die Brandſtelle zu bringen. Von drei Seiten aus bekämpfte man den Brand. Die eine Drehleiter wurde auf der Mittelſtraße aufgeſtellt — die Straßenbahndirektion hatte ſofort den Strom der Oberleitung abgeſtellt und die Wagen der Linie 5 durch die Waldhofſtraße dirigiert— und von dort ein Strahlrohr gegen den brennenden Dach⸗ ſtuhl gerichtet. Der zweite Angriff erfolgte auf der anderen Drehleiter, die am Eingang der Jean Beckerſtraße aufgeſtellt war. Von hier konnte haupt⸗ ſächlich das brennende Ecktürmchen in Angriff ge⸗ nommen werden. Indes waren die Wehrleute mit zwei Schlauch⸗ leitungen im Treppenhaus hinaufgeſtiegen, um auch vom Hof her den Brand anzugreifen. Mit einer Leitung drang man die Speichertreppe hinauf. Dich⸗ ter Qualm und das rauchende Sparrenholz hinderten hier die volle Wirkung des Strahls. Eine zweite Schlauchleitung wurde am Dach entlang lein Feuerwehrmann mußte den ſchwindelnden Weg auf der Dachrinne nehmen) gelegt. Schnell war ein Loch in das Dach gehauen und die Schlauchleitung eingeführt. Dem vereinten Be⸗ mühen gelang es in einſtündiger, zäher Arbeit, den Brandherd einzudämmen. Beſonders war das Haus der Niederbronner Schweſtern in der Mittelſtraße 30 bedroht. Mehrmals mußte das Dach beſprengt wer⸗ den, um das Uebergreifen zu verhüten. Die ſtarke Giebelwand erwies ſich als ausgezeichneter Schutz für das Nachbarhaus. Eingeſetzt waren insgeſamt vier Fahrzeuge, d. h. zwei Motorſpritzen, die bei der Höhe des Brand⸗ herdes beſonders zur Verſtärkung des Waſſerdruckes notwendig waren und zwei mechaniſche Drehleitern. Außer den Mannſchaften der Berufsfeuerwehr be⸗ teiligten ſich an den Löſcharbeiten Wehrleute der Freiwilligen Feuerwehr und Sanitätsmannſchaften. Die Polizei, verſtärkt durch das Ueberfallkommando, beſorgte die Abſperrung des Geländes. Zeitweiſe war das ſehr nötig, da durch den Waſſerdruck Zie⸗ gelſteine und Dachteile weggeſchleudert wurden und mit deurlich hörbarem Schlag auf das Pflaſter fielen. An der Brandſtätte weilten Beigeordneter Dr. Zei⸗ ler und Regierungsrat Dr. Heim. Oberſtleutnant Winterer hatte den Befehl über die Polizei übernommen. Ausgebrannt iſt vor allem der Dachſtock. Hier war das überflüſſige Mobiliar der Hausbewohner untergebracht. Auf den Seilen ſoll ſich auch ziemlich viel Wäſche befunden haben. Die Speicherabteilun⸗ gen find nicht mehr wiederzuerkennen. Ein einziger Haufen verkohltes Holz und Aſche! Die Brandurſache iſt völlig ungeklärt. Ein Kaminbrand kommt nicht in Frage, da der Kamin vollkommen intakt iſt. Durch den Waſſerſchaden wurden hauptſächlich die beiden im fünften Stock wohnenden Familien Schäfer und Hundsdorf betroffen. Neben der furchtbaren Aufregung noch dieſer Schaden, da durch die Decke ſtändig Waſſer tropft. Ein Schreckenstag für die Hausbewohner! Der Hausbeſitzer, Kaufmann Wal⸗ ter, ſoll verſichert ſein. Der Geſamtſchaden kann auf mehrere tauſend Mark geſchätzt werden. Als wir den Branderd beſichtigen, ſind die Wehrleute mit dem Ausräumen des Speichers beſchäftigt. Ueberall kräuſell ſich noch leichter Rauch. Gegen neun Uhr wurden noch die einzelnen Stellen abgelöſcht und eine Brandwache aufgestellt. Und wenig ſpäter zeigt die Mittelſtraße wieder ihr gewohntes abendliches Bild. Nur die Menſchenmenge vor dem Eckhaus der Jean Beckerſtraße und die im Licht der Scheinwerfer vor⸗ überhaſtenden Feuerwehrleute weiſen darauf hin, daß ſich hier Ungewöhnliches begeben hat. el. FFPFPbbbCUUbUUbUCCUCUVCbCVCVCDVCVCVCbCDUDVDVCVCDVDVCVUVUVDUVUVDVDVDVDVDVDVDVUVUVUVUVUVUVCVCVCVCVCVCVCVCVCVCVCVCVCVCV˖VCVVVCVVVVVVVVVVCVV Achtung! Runodfunkleitung Stuttgart! Wenn wir von Zeit zu Zeit auf die unzulängliche Programmgeſtaltung des Stuttgarter Rundfunkſen⸗ ders hinweiſen, geſchieht dies nicht aus Luſt am Kritiſieren, ſondern aus dem Gedanken heraus, auf Dinge aufmerkſam zu machen, die einer dringenden Abänderung bedürfen und die bei anderen Sendern zu einer Selbſtverſtändlichkeit geworden ſind. Die Stuttgarter Sendeleitung wird ſich noch ſehr anſtren⸗ gen müſſen, um das Programm auf ein⸗ Höhe zu bringen, die einem deutſchen Sender würvig iſt. Die Anforderungen müſſen in erhöhtem Maße geſtellt werden, wenn der neue Sender in Mühlacker in Be⸗ trieb genommen wird. Durch die ungeheure Reich⸗ weite der neuen Sendeanlage muß das Programm deutſche Belange, deutſche Kultur und deutſche Kunſt in einem Maße berückſichtigen, daß der Sender wirk⸗ lich zu einem Repräſentant Deutſchlands wird. Es mögen heute zwei Dinge erwähnt werden, die im Zuſammenhang mit dem vorher Geſagten unan⸗ genehm aufgefallen ſind. Die Huldigungs⸗ feier der Trierer Jugend für den Reichsprä⸗ ſidenten wurde am Samstag nicht nur von den deutſchen, ſondern auch von den öſterreichi⸗ ſchen Sendern übernommen. Die Verſpätung der Feier warf das ganze Programm der Sender über den Haufen und trotzdem wurde die Uebertragung durchgeführt, an der ſich ſogar die bayeriſchen Sen⸗ der beteiligten, die ſonſt gerne eine Ausnahmeſtel⸗ lung einnahmen. Nur Stuttgart hatte für die Ueber⸗ tragung der Huldigungsfeier keine Zeit. Das Schall⸗ plattenkonzert war anſcheinend wichtiger! Am Sonntag fand in Klagenfurt eine Erin⸗ nerungsfeier zum 10jährigen Abſtimmungstag in Kärnten und die Enthüllung einer Ehrentafel ſtatt. Außer dem Landeshauptmann von Kärnten und von Tirol ſprachen der öſterreichiſche Bundespräſident und ein Vertreter des Deutſchen Reiches. Von den deutſchen Sendern hatte Frankfurt die Veranſtal⸗ tung übernommen, trotzdem dadurch eine Programm⸗ verſchiebung eintreten mußte. Stuttgart, das zu der gleichen Zeit keine Darbietungen auf dem Pro⸗ gramm hatte, ſetzte lieber den Sender außer Betrieb, als hier ausgleichend einzugreifen. 0 Tränen auf Vahnſteig 4 Das iſt kein geheimnisvoller Filmtitel, ſondern dieſe Tränen floſſen wirklich, als geſtern abend einige Dutzend Auswanderer, Badener und Pfälzer, mit einem Sammeltransport des Nord⸗ deutſchen Lloyd die Fahrt nach Bremen antraten, um von dort mit dem Dampfer„Europa“ nach den Ver⸗ einigten Staaten auszuwandern. Greiſe und Kinder, junge Männer und bejahrte Damen bilden auf einige Tage eine buntgemiſchte Reiſegeſellſchaft mit einem Ziel: Amerika. Lange bevor der Schnellzug mit dem ſchon in Baſel eingeſtellten Sonderwagen ankam, ver⸗ ſammelten ſich im Hauptbahnhof unzählige Gepäck⸗ ſtücke mit dem Etikett des Norddeutſchen Lloyd, eben⸗ ſoviele Freunde, Bekannte und Anverwandte mit Blumen. Zum unwiderruflich letzten Mal nahm man Abſchied, Vater einen kräftigen Händedruck, Mutter einen Kuß und„Männe“ ein Pfötchen. Um 18.50 Uhr gab der Mann mit der roten Mütze das Abfahrts⸗ ſignal. Hinaus rollte der Zug, begleitet von winken⸗ den Tüchern und vielen, vielen Tränen. Die Aus⸗ wanderer werden morgen in Bremerhaven ein⸗ geſchifft. Profeſſor Hugo Drös 7 Das Realgymnaſium J hat einen ſchweren Verluß erlitten. Ein bewährtes und beliebtes Mitglied des Lehrkörpers, Profeſſor Hugo Drös, iſt in der Nacht zum Dienstag unerwartet im 52. Lebensjahr ver⸗ ſchieden. Einer Alt⸗Mannheimer Familie entſtam⸗ mend— ſein Vater war Hofmuſiker am National⸗ theater— kam Drös von der Leſſingſchule, wo er zu⸗ nächſt ſeine Lehrtätigkeit ausübte, an das Realgym⸗ naſium. Es iſt ihm nachzurühmen, daß er es in vor⸗ bildlicher Weiſe verſtand, ſchnell den Kontakt her⸗ zuſtellen, der zu einem erfolgreichen Unterrichts⸗ betrieb erforderlich iſt. Unzählige Schüler, die im Laufe der Jahre aus dem Borne ſeines reichen Wiſſens ſchöpften, werden ihm ſchon deshalb ein dankbares Andenken bewahren. Zu dem herzlichen Verhältnis zwiſchen Lehrer und Schüler trug auch der Umſtand bei, daß Drös als Altphilologe dem griechiſchen Ideal nachſtrebte, einen Ausgleich für die geiſtige Arbeit durch Turnen und Sport zu ſchaffen. In tiefe Trauer iſt auch der Mannheimer Alter⸗ tumsverein verſetzt worden. Gehörte Drös doch zu den eifrigſten Mitarbeitern der„Mannheimer Geſchichts⸗ blätter“. Sein Spezialgebiet war die Unterſuchung der Mannheimer Grabſteine in Kirchen und auf Friedhöfen. In Gemeinſchaft mit Pfarrer Klein und Profeſſor Ahlbecker hat er eine Beſchreibung der Mannheimer Friedhöfe herausgegeben. Viel trug zu der Beliebtheit des Verſtorbenen auch ſein urwüchſiger Humor bei, der ihm viel dazu verhalf, das Leben zu meiſtern. Beiſetzung von Fatob Herrmann In der mit Lorbeerbäumen reich ausgeſchmückten Trauerkapelle des Mannheimer Friedhofs wurde geſtern nachmittag die Einſegnung des am Samstag verſtorbenen Kaminbaumeiſters Jacob Herr ⸗ mann unter großer Anteilnahme von Verwandten und Freunden vorgenommen. Nach dem Vortrag des Bachſchen„Ave Maria“ durch Muſikdirektor Lenz(Harmonium) und Kammermufiker Anger (Cello) vollzog Stadtpfarrer Matt von der Heilig⸗ geiſtpfarrei die kirchlichen Zeremonien. Eine Fülle von Kränzen wurden an der Bahre niebergelegt. Die Angeſtellten, Arbeiter und Polierer der Firma Chriſtoph Herrmann u. Co., die Arbeiter der Bau⸗ ſtellen Deſſau und Grenzach, die Belegſchaft des Lagerplatzes, das Tonwerk Biebrich, die„Vereint⸗ gung Mannheimer Baugeſchäfte“, die Verkaufsſtelle Heidelberg, Geſchäftsfreunde und die Mannheimer Bauhütte hatten des allſeits geachteten Geſchäfts⸗ mannes gedacht. Für die Mannheimer Bauhütte ſprach Meiſter Krüger: Ueber dreißig Jahre war der Verſtorbene Mitglied der Hütte. Aus dieſem Anlaß wurde er im vergangenen Frühjahr zum Ehrenmitglied ernannt. Unvergeſſen wird ſein lau⸗ terer Charakter und ſein fachmänniſches Wiſſen ſein. Mit dem Vortrag„Pax vobiscum“ fand die Feier in der Kapelle ihren Abſchluß. Am offenen Grabe trug das Hornquartett der Kapelle Mohr die Cho⸗ räle„Wie ſie ſo ſanft ruhn“,„Ueber den Sternen“ und„Jeſus meine Zuverſicht“ vor. Zahlreiche An⸗ gehörige der katholiſchen Gemeinde, Geiſtliche und Schweſtern hatten ſich dem Trauerzuge zugeſellt. Veranſtaltungen 3 Wiederholung der Dollarprinzeſſin. Leo Falls Ope⸗ rette„Die Dollarprinzeſſin“, deren Melodien beim letzten Gaſtſpiel des Sander⸗Enſembles im Roſengar⸗ ten wieder einmal ſtürmiſche Da Capo⸗Erfolge ernteten, gelangt am kommenden Sonntag, den 19. Oktober mit dem Berliner Operettentenor Mario Heinsdorf, der Soubrette Lydia Petry, Friedel Gierga, Ellen van Kaik und W. Schieu als Volksvorſtellung zur einmali⸗ gen Wiederholung im Nibelungenſaal. * Lernt ſtenographieren! Der Stenographen Verein Stolze⸗Schrey⸗Einheit eröffnet am morgigen Donnerstag einen neuen Anfängerkurs in Einheits kurz⸗ ſchrift in der Friedrichſchule J 2(Mädchenabtetlung), (Näheres Anzeige.) Schluß des redaktionellen Teils nhabin- alsenfzügdu (aeridinlumdervat) und Frhälfung O dieſe Graphologen! Etwas wie eine Ironie von Herbert Leiſegang Da liegt ſie vor uns in den Magazinen, unſere neue Leidenſchaft! Das Kreuzworträtſelraten iſt tot (oder windet ſich jedenfalls in letzten Zuckungen), Handſchriftdeuterei wird modiſcher Zeitvertreib, wird dernier cri. Nun meinen Sie, ein Aufatmen gehe durch die Menſchheit. Sie träumen ſich wohl gar genießeriſch in ſelige Vor⸗Kreuzworträtſel⸗Zeiten zurück, glauben vielleicht, die paradieſiſche Ungeſtört⸗ heit kehre wieder, wo Sie noch nachmittags eine Taſſe Kaffe zu ſich nehmen konnten, ohne in der fort⸗ währenden Gefahr zu leben, daß Sie in der nächſten Minute von einem mit der Rätſelecke fanatiſch an⸗ ſauſenden Familienmitglied überrumpelt werden, ſich über einen Erzvater oder himmliſchen Poſaunen⸗ bläſer mit ſechs Buchſtaben den Kopf zu zerbrechen? Ihr, die Ihr aufatmet, laßt alle Hoffnung fahren! Der neue„Schrei“ iſt ebenſo markdurchdringend; ach was ſage ich, iſt fürchterlicher, gräßlicher, der abge⸗ feimteſte Angriff auf Nerven und Gehirn, wie ihn kein Caliban erſinnen konnte. Vorbei ſind die Zeiten, wo ein Balzac ſeinen Schülern raten konnte: Schreibt fleißig Liebesbriefe, ea forme le style! Was heißt Stil? Das angebetete Mädchen entnimmt ge⸗ mächlich dem Bücherſchrank einen Folianten von be⸗ ängſtigendem Format, in dem mit der Genauigkeit eines„summa eum laude“ promovierten Philologen die erleſenſten Handſchriften zuſammengetragen ſind, um Dich mit Hilfe dieſes elenden Schmökers als den bedenklichſten Ehrenmann zwiſchen beiden Weltpolen zu entlarven. Und das trotz Deinem Stil, den blu⸗ miger ſelbſt der höflichſte aller Chineſen nicht ge⸗ ſtalten konnte. Du ſtellſt einen Volontär ein. Nach drei Tagen fliegt er wegen Untauglichkeit wieder auf die Straße Schon naht ſich mit gewichtigem Schritt der Hand⸗ ſchriftdeuter, unterſucht mit einer ungeheuer beacht⸗ lich ausſehenden Lupe die Runen des Delinquenten, prophezeit ihm aus dem J⸗Punkt eine bevorſtehende Bruchbildung, anglyſtert aus dem„G“ einen heim⸗ lichen Selbſtmordverſuch, der dieſem Schurken mit 18 Jahren leider mißglückt war, ja, klagt ihn aus dem Grundſtrich des„A“ der ſchmächlichſten Kultur⸗ ſchande von heute an: Die Nachbarn durch raffinierte Rückkopplungsgriffe und die ſich daraus ergebenden Pfeiftöne bei der letzten Opernübertragung mit ſchamloſem Wohlbehagen in Schreikrämpfe verſetzt zu haben. Und folgert ſo aus dieſem und jenem, daß der Kerl für Dein Geſchäft das ungeeignetſte Indivi⸗ duum geweſen iſt, auf das ſchon ſeit Jahren der „elektriſche Stuhl“ ſehnſüchtig warte; hält Dir wiſſen⸗ den Lächelns mit dieſem Spruch, der ſich ſeinem orphiſchen Munde entwindet, die Tafel mit dem Eſelskopf um den Hals, daß ausgerechnet Du auf dieſes volontierende Monſtrum hereinfallen mußteſt. Nenne mir eine mißglückte Ehe, deren Schiffbruch nicht der Schriftdeuter wie ein anderer Seher Theireſias aus der Wahl einer Gold⸗ oder Kugel⸗ ſpitzfeder vorausgeſagt hätte. Ich wage mich nicht mehr auf die Straße. Bei jedem Hutgriff vor einem Bekannten, der ein Auto⸗ gramm von mir beſitzt— ſei es, weil er mir beim Legen ſeiner Hochantenne ein Loch in meinen Dach⸗ boden getreten hat, ſei es, weil er mir das ihm in der Inflation gepumpte Geld nicht aufwerten will—, knicke ich unter dem Bewußtſein zuſammen: Der weiß was von mir! Ja, als mir neulich meine Braut„von ſachmän⸗ niſcher Seite unterrichtet“ meine Briefe poſtwendete und mich zu meinem maßloſen Erſchrecken mit eini⸗ gen heimlichen Laſtern bekannt machte, denen rettungslos zu fröhnen man mir aufoktroyierte, da ſah ich, um nicht in aufdämmerndem Verfolgungs⸗ wahn zu enden, die letzte Rettung darin, ſelbſt zwei dieſer dämoniſchen Sherlock Holmes um mein in der Geſchichte ſchwankendes Charakterbild zu befragen. So ſandte ich ihnen mit der zierlichſten Sonntags⸗ nachmittagshandſchrift eine eigenhändige Abſchrift des nicht gerade tiefſinnigen Poems ein: „Mein Papagei frißt keine harten Eier, Nein, harte Eier frißt er nicht...“ uſw. Umgehend traf die Antwort ein, daß 1. Schönheitsſchrift als Ausdrucksmittel der der Handſchrift innewohnenden Charateriſtik ungeeignet, 2. ein ſolches Gedicht wegen ſeiner Unperſönlich⸗ keit nicht genügend, daß vielmehr ein zwanglos ge⸗ ſchriebener Brief einzuſenden, 3. im übrigen der Betrag von einer Mark im voraus zu entrichten ſei. So ſchrieb ich denn meinen zweiten Brief mit den Allüren eines Großmoguls orakelte dunkle ſibylli⸗ niſche Sprüche in die Welt hinein, die ich gleich der auf dem Dreifuß ſitzenden Pythia ſelber nicht ver⸗ ſtand. Das Ergebnis war über alle Maßen über⸗ raſchend: Befähigt mit den edelſten Gaben eines Dichters(eines Dichters ſogar, der ein Künſtler iſt), wollte es mein unglückſeliges Schickſal, daß ich vor den meine Ergüſſe prüfenden(und leider auch rich⸗ tenden) Redakteuren ein verkanntes, elendiges Schein⸗ daſein zu führen verdammt ſei. Ich jubelte auf, es gab noch einen Menſchen, der an meinem Genius glaubte, einſt würde eine Zeit kommen, wo mir die Welt wie einem anderen Stendhal den Dichter⸗ lorbeer ſtreute, langſam begann ſich in mir eine Wandlung zum begeiſterten Anhänger der ehemals ſo verläſterten graphologiſchen Kunſt vorzubereiten. Mitten unter dieſer Vorbereitung ſtürzte mich die Antwort des zweiten Graphologen aus den ſüßen Armen der himmliſchen Muſe brutal in mein profanes Daſein zurück: Nüchtern, nicht gerade unbe⸗ deutend, aber guter Durchſchnitt, juste milieu, rech⸗ nend, in kleinen Anſchauungen befangen(d. h. aus dem Graphologiſchen ins Chriſtliche überſetzt: ein beſſerer Idiot), das waren die Prädikate, die meine Zornesader ſchwellen ließen. Und dabei hatte ich nur einen Brief eingeſandt, in dem ich mit derſelben göttlichen Dichterhand meinen Lieferanten um Zahlungsverlängerung der letzten Staubſaugerrate gebeten hatte. Der Beelzebub ſchütte die Schwarzkünſtler, dieſe teufliſchen Hexeriche, im und mit dem Bade aus; ich kaufe mir eine Schreibmaſchine. Das Nationaltheater wird am 25. Oktober die deutſche Uraufführung von Janaceks Oper„Aus einem Totenhaus“ bringen. Die gegen die Aufführung dieſes Werkes des verſtorbenen Komponiſten erhobenen Bedenken ſind nach Anſicht der Inten dauz hinfällig, nachdem die Prager tſchechiſchen Komponiſten in einem Schreiben an das Prager Deutſche Theater ihrem Bedauern über die antideutſchen Kundgebungen Ausdruck gegeben haben, und nachdem die tſchechoſlowakiſche Regierung ſcharfe Maßnahmen gegen die Urheber dieſer Kundgebungen ergriffen hat.— Intendant Maiſch hat die neue Ko⸗ mödie von Bruno Frank„Sturm im Waſ⸗ ſerglas“ zur Aufführung im Nationaltheater er⸗ worben. Sie wird im Laufe des November im Spiel⸗ plan erſcheinen. Zehn Jahre pfälziſcher Volksbildungsverband. Der pfälziſche Verband für freie Volksbildung be⸗ geht am Samstag und Sonntag die Feier ſeines 10 jährigen Beſtehens. Am Samstag nach⸗ mittag findet im Saalbau zu Neuſtadt a. H. die Hauptverſammlung ſtatt. Am Abend gibt das Landestheater, das am 1. November gleich⸗ falls auf ein 10jähriges Beſtehen zurückblicken kann, „Hamlet“ in der neuen Ueberſetzung von Walter Joſten. Am Sonntag morgen wird die Oeffentlich⸗ keit an einer Feierſtunde im Saalbau teilneh⸗ men. Das Programm nennt Begrüßungsanſprachen, einen Vorſpruch von Leopold Reitz, einen Feſtvor⸗ trag von Dr. Weiher, Kaiſerslautern, und Muſik⸗ vorträge. An beiden Tagen iſt eine Ausſtellung aus der Arbeit des Verbandes und eine Wander⸗ ausſtellung im Spiegelſaal des Saalbaus zu ſehen. (Die Bücherſpende für das Grenz⸗ und Aus⸗ laudsdeutſchtum. Für die deutſchen Grenz⸗ Büchereien und die Auslandsbibliotheken wirbt ein von zahl⸗ reichen Perſönlichkeiten des geſellſchaftlichen und politiſchen Lebens unterzeichneter Aufruf für eine Bücherſpende. Die deutſche Buchgemeinſchaft hat bereits 3000 Bücher dem Ehrenausſchuß zur Ver⸗ fügung geſtellt. Der Bücherſpendenwerbung, die von der Buchgemeinſchaft unter ihren 400 000 Mitgliedern jetzt weiter betrieben wird, haben eine Reihe deut ⸗ ſcher Schriftſteller ein Geleitwort mit auf den Weg gegeben. Das Geleitwort iſt unter⸗ zeichnet von Rudolf Hans Bartſch, Waldemar Bon⸗ ſels, Georg Engel, Gerhart Hauptmann, Hermann Heſſe, Heinrich Mann, Thomas Mann, Walter von Molo, Joſef Ponten, Jakob Schaffner, Wilhelm von Scholz, Hermann Stehr, Frank Thieß und Leo Wets⸗ mantel. 4. Seite/ Nummer 477 Neue Maunheimer Zeitung/ Mittag⸗Ausgabe Mittwoch, 15. Oktober 1930 efälſchte Bürgſchaftserklärung Große Strafkammer des Landgerichts Mannheim Vorſitzender: Landgerichtspräſident Dr. Wetzlar Mit 41 Jahren, nach einer 16jährigen Dienſtzeit, wurde der Polizeibeamte J. B. aus dem Dienſte ent⸗ laſſen. Ein bitteres Los, an dem es aber nichts zu ändern gab, denn der ſuspendierte Polizeibeamte war des Betruges beſchuldigt und wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Der Staat, ſo wird ümmer wieder verſichert, könne nur Beamte ohne Fehl und Tadel gebrauchen! Nun hatte ſich B. neuerdings wegen gewinn⸗ ſfüchtiger Urkundenfälſchung zu verant⸗ worten. Dazu konnte man folgendes erfahren: Der Angeklagte wurde im e 1924 Mitglied der Be⸗ amtenbank Mannheim. hatte ein eigenes Konto, auf das ſein ſpärliches Beamtengehalt überwieſen wurde. Ein Konto dient aber nicht nur dem Zwecke, daß man Geld einzahlt, es hat vielmehr den unſchätz⸗ baren Vorteil, daß man auch Geld abheben kann, mitunter ſogar mehr als man einbezahlt hat. Fach⸗ und banktechniſch ſpricht man dann von einem über⸗ zogenen Konto. Ein ſolch überzogenes Konto war auch Eigentum des Polizeibeamten B. Auf einmal waren 2500 Mk. abgehoben. Um neuen Kredit zu erhalten— der An⸗ geklagte brauchte ihn zum Neubau ſeines Hauſes— mußte B. Bürgen haben. Seine beiden Neffen waren bereit, ihre Namen auf eine Bürgſchaftserklä⸗ kung zu ſetzen. Leider wurden die Neffen, biedere Maurer, die im Sommer glückliche Beſitzer eines Wochenlohnes, im Winter zufriedene Empfänger der Arbeitsloſenunterſtützung waren, nicht als bürg⸗ ſchaftsfähig anerkannt. Dem Angeklagten blieb von nun an jeder Kredit hartnäckg verſagt. Im Jahre 1927 verſuchte er es noch einmal mit den Bürgen. Es waren wieder die beiden Neffen dazu auserſehen. Der Einfachheit halber ſetzte B. auf die Bürgſchaftserklärung die Namen der Neffen mit eigener Hand, damit die Bank, wie er entſchul⸗ digend dem Gerichte ſagte, jederzeit die Adreſſen der Bürgen habe. Die Strafkammer, vor der er ſich, nachdem ihn das Schöffengericht freigeſprochen hatte, in der Berufungsverhandlung zu verantworten hatte, glaubte ihm nicht. Es ſtellte vielmehr den Tatbeſtand der gewinnfüchtigen Urkundenfälſchung feſt und ver⸗ urteilte den Angeklagten zu einer Gefängnis⸗ ſtrafe von einem halben Jahre. Das Unterſtützungsformular Der Gelegenheitsarbeiter Karl Roſenzweig aus Kaiſerslautern wurde am 8. Auguſt 1930 vom Schöffengericht Mannheim wegen Betrug und Ur⸗ kundenfälſchung zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Dagegen legte er Berufung ein, da ihm die Strafe zu hoch ſchien. Er hatte ſich deshalb am Dienstag vor der Großen Strafkammer nochmals zu verant⸗ worten. Der Angeklagte, ein zerknillter und verwitterter Mann von 39 Jahren, iſt bereits 23 mal mit Zucht⸗ haus und Gefängnis beſtraft. Urkundenfäl⸗ chung, Betrug, Diebſtahl wechſeln in bunter Reihe. Zur Zeit verbüßt er wieder eine Gefängnisſtrafe von 4 Monaten wegen Betrug. Um die Halbjahreswende wurde Roſenzweig aus Saarbrücken ausgewieſen. Er ging nach Man n⸗ heim, der Stadt, in der es ſich nach ſeinen Ausſagen noch ämmer„ganz gut leben“ ließe. Sein erſter Gang war zum Fürſorgeamt. Dort erklärte man ihm, daß er einen feſten Wohnſitz haben müſſe, wenn er Anſpruch auf Unterſtützung erhebe.„Nichts leichter als das“, dachte ſich Roſenzweig, nahm ein Antrags⸗ formular des Fürſorgeamtes, füllte es aus und ſchrieb einen falſchen Namen darunter. Der Beamte entdeckte aber den Schwindel des Angeklagten und erſtattete Anzeige. Der Angeklagte war geſtändig und machte Not als Urſache ſeiner Tat geltend. Die Strafkammer verwarf die Berufung und verurteilte ihn unter Einbeziehung einer früheren Strafe zu zehn Monaten Gefängnis. B. Film⸗Nundſchau Univerſum:„Ein Tango für Dich“ Es iſt ein Vorzug dieſer hübſch gemachten Tonfilm⸗ pperette, daß ſie ein flottes Tempo entwickelt, die Vor⸗ gänge leicht und luſtig abrollen läßt und in Miltenfülle und lockerer Szenenführung den Vorſprung, den ſie vor der Bühnenoperette hat, ausnützt. Robert Stolz hat dazu eine prickelnde Muſik geſchrieben, hat ſogar ein paar Schlager gefunden, die außerordentlich gut gefallen. Regiſſeur Geza von Bolvary hat, mit Ausnahme der dilettantiſchen Penſionatsſzene, die ganze Geſchichte wirkungsvoll inſzentert, läßt den feineren Szenenwirkun⸗ gen den Vortritt und bemüht ſich, in das ſchon ſehr ver⸗ brauchte Motiv der Kabarettvorſtellung eine eigene Note zu bringen. Die Handlung iſt geſchickt den Anſprüchen des Ton⸗ films angepaßt. Ein Penſionsbackfiſch verltebt ſich in die Stimme eines berühmten Jazzſängers, den ſie nicht nur auf der Schallplatte, ſondern auch in Wirklichkeit an⸗ ſchmachten möchte. Ein Gaſtſptel des Metſters ſoll ihr die Gelegenheit verſchaffen, doch ſie weiß nicht, daß der Jazz⸗ ſänger im letzten Augenblick abgeſagt hat und ein unbe⸗ kannter Jüngling mit einem Tango für ihn einſpringen muß. Die übliche Verwechſlungskomödie geht nun vor ſich, bis ſich zum Schluß herausſtellt, daß des Mädels eige⸗ ner Vater die weltberühmte Kanone iſt. Willi Forſt ſpielt den Jüngling, der für den Mei⸗ ſter gehalten wird, recht temperamentvoll, und es gelingt ihm, das Unwahrſcheinlichſte auf eine natürliche Art glaubhaft zu machen, daß es zur Selbſtverſtändlichkeit wird. Er ſpricht recht gut, tanzt gut. Fee Malten, die lieb und nett auszuſehen hat, kommt dieſer Aufgabe nach, läßt aber in ſprachlicher und darſtelleriſcher Hinſicht manchen Wunſch offen. Seine feine Charakteriſierungs⸗ kunſt beweiſt Paul Otto, wie auch die wirklich köſtliche Anne Goberling ſowie Oskar Karlweis, Ernſt Verebes und Paul Vincenti beſonders erwähnt werden müſſen. Die Muſik wird von den Kapellen Lewis Ruth Band und Juan Lloſſes bar⸗ geboten. 0 Vom Waſchen und von ber Wäſche Der am Samstag von uns angekündigte Fllm⸗Vortrag, den Herr Parr aus Kaiſerslautern im Auftrag der Firma Henkel u. Cie., Düſſeldorf, Montag abend im Central⸗Theater im Vorort Waldhof veranſtaltete, hatte einen ſtarken Beſuch aus allen Schichten der Bevölkerung aufzuweiſen. Beſonders zahlreich war die Hausfrauen⸗ welt vertreten. Die Darbietungen vermittelten einen intereſſanten Einblick in das Arbeitsfeld eines rheiniſchen Groß⸗Unternehmens, deſſen Waſch⸗ und Reinigungsmittel — wir nennen nur Perſil, Henko, Ata und„iMi“ weit über die Grenzen unſeres Vaterlandes hinaus be⸗ kannt und geſchätzt ſind. Der erſte Film führte die Anweſenden an den Rhein. Im Kreiſe froher Jugend erlebte man eine Dampferfahrt und ſah Deutſchlands Strom in ſeinem Lauf von Mainz bis Düfſeldorf. Schöne Städte und vertraute Weinneſter zogen bei herrlichem Sommerwetter in klaren Bildern vorüber, Vor Beginn des nächſten und Hauptfilms bot der Ver⸗ treter längere, von Sachkenntnis getragene Ausführungen über die Perſil⸗Waſchmethode. Ebenſo war ſeine Schilderung des Aufbaues und der ſoztalen Ein⸗ richtungen des Unternehmens, das im Jahre 1876 von Kommerzienrat Fritz Henkel, dem leider inzwiſchen ver⸗ ſtorbenen Seniorchef, gegründet wurde, außerordentlich intereſſant. In einer geſchichtlichen Darſtellung der Haus⸗ wäſcheret, beginnend mit den Zeiten der Römer, zeigte der„Vom Waſchen und von der Wäſche“ be⸗ titelte Biloſtreifen heitere Szenen aus dem mittelalter lichen Leben in Deutſchland, um ſchließlich länger bei dem ebenſo anſtrengenden wie die Wüſche angreifenden Reini⸗ gungsverfahren unſerer Großmütter zu verweilen. Den größten Raum nahmen die Bilder vom Werdegang und von der ſachgemäßen Anwendung des ſelbſttätigen Waſch⸗ und Reinigungsmittels Perſil ein. U. a. wurde ein ganzer Waſchtag, ferner die Behandlung von ſeidenen und kunſtſeidenen Sachen vorgeführt. Reizvolle Aufnah⸗ men zeigten die Heimat der Vaimkerne, die ſpäter in den Anlagen des Henkelwerkes ſorgfältig verarbeitet werden. Der Herſtellungsprozeß, der ſich unter ſtändiger Ueber⸗ wachung durch einen Stab wiſſenſchaftlicher Mitarbeiter vollzieht, iſt ſehr abwechſlungsreich. Eine automatiſche Etikettter⸗, Füll⸗ und Packmaſchine verrfet Höchſtleiſtungen deutſcher Präziſionsarbeit auf techniſchem Gebiet. Daß Perſil nicht allein für die Wäſche ein hervorragend ge⸗ eignetes Mittel iſt, ſondern auch bei vielen anderen Haushaltsarbeiten, ſei es die Reinigung eines Felles oder Teppichs, ſei es der große Hausputz oder die Pflege der vierbeinigen Lieblinge, der Hunde und Katzen, deren Fell bei Behandlung prächtig und ſauber wird, gute Dienſte leiſtet, erfuhren die Beſucher gleichfalls. Sogar zum Präparieren eines Geweihes iſt Perſil zu verwenden, Nicht unerwähnt bleiben ſollen der Flug über das Fabrik⸗ gelände, der eine Vorſtellung von der gewaltigen Aus⸗ dehnung des Welthauſes gab, und das Aufſteigen des Himmelsſchrift⸗Flugzeuges, das in 4000 Meter Höhe den Namen„Perſil“ ſchreibt. Um auch dem Frohſinn Geltung zu verſchaffen, liefen zum Abſchluß der Veranſtaltung einige Scherz⸗ filme, die dieſe Bezeichnung mit Recht tragen, denn ſie waren die Urſache ſtürmiſcher, ſich immer miederholender Heiterkeitsausbrüche. Kommunale Chronik Feſtſitzung des Pirmaſenſer Stadtrats * Pirmaſens, 14. Okt. In dem mit Lorbeerbäu⸗ men reich geſchmückten Sitzungsſaale fand heute mit⸗ tag die Feſtſitzung des Pirmaſenſer Stadtrats anläßlich des 25jährigen Jubi⸗ läums des Oberbürgermeiſters Strobel ſtatt. Stadtrat Rheinberger hielt die Feſtan⸗ ſprache, in der er auf die Entwicklung der Stadt Pirmaſens in den letzten 25 Jahren einging und im Zuſammenhang damit die hohen Verdienſte würdigte, die ſich der Oberbürgermeiſter auf allen Gebieten um das Wohl der Stadt in dieſer Zeit erworben hat. Er ſagte ihm den herzlichſten und aufrichtigſten Dank des Stadtrats und der ganzen Bevölkerung und wünſchte ihm auch für die ferneren Tage eine ebenſo ſegensreiche Wirkſamkeit. Der Ober bür⸗ germeiſter hielt eine bewegte Dankesanſprache, in der er der verdienſtvollen Mitarbeit des Stadt⸗ rats und der Beamten gedachte. Er ermahnte zum Schluß ſeiner Ausführungen die Stadträte, in aller Zukunft einig und nur von dem Beſtreben, dem Wohle der Stadt zu dienen, zuſammenzuarbeiten. Aus Anlaß des Jubiläums wurde der Ober⸗ bürgermeiſter von allen Körperſchaften und Ver⸗ bänden der Stadt Pirmaſens und vielen hohen Per⸗ ſönlichkeiten mit herzlichen Glückwunſchſchreiben und Telegrammen bedacht. Regierungspräſident Dr. Pfülf würdigte die Verdienſte des Oberbürger⸗ meiſters. Insbeſondere dankte er ihm für ſeine un; vergeßlichen Verdienſte als Präſident des Kreis⸗ tages, die er für das Vaterland und für die Pfalz geleiſtet hat. Gleich herzlich anerkannte der bayeri⸗ ſche Staatsminiſter des Innern Dr. Stützel in einem Schreiben die Tätigkeit des Oberbürgermei⸗ ſters. Er wies darauf hin, daß dieſer in den langen, ſchweren Jahren ſeiner Amtsführung nicht nur mit opferwilliger Hingabe und unermüdlicher Sorge die Stadt Pirmaſens betraut und ſie nach jeder Richtung in weitblickender Weiſe gefördert, ſondern daß er auch in ſeinem Wirken als Kreistagspräſident der Pfalz, indem er ſich ohne Rückſicht auf ſeine Perſon nur von warmer Vaterlandsliebe hat leiten laſſen, in dem Kampf um den deutſchen Rhein und für die deutſche Sache unvergeßliche Verdienſte erworben hat. Es ſei ihm deshalb ein Herzensbedürfnis, ihm für dieſe Pflichttreue, vorbildliche und mit ſchweren perſönlichen Opfern verbundene 25fährige Arbeit für die Stadt Pirmaſens und die bayertſche Pfalz höchſte Anerkennung und wärmſten Dank auszuſprechen. Möge es ihm vergönnt ſein, noch lange in ſegens⸗ reicher Arbeit zum Beſten der Stadt Pirmaſens und unſerer lieben Pfalz zu wirken und dann ſchöne, lichtere Zeiten in unſerem Vaterland zu erleben. * .. Reilingen, 14. Okt. Dieſer Tage fand unter dem Vorſitz von Bürgermeiſter Eichhorn eine Bürgerausſchußſitzung ſtatt. Die Tages⸗ ordnung wurde bis auf die letzte Vorlage mit ein⸗ ſtimmiger Annahme der vorliegenden Punkte er⸗ ledigt. Die Gegenſtände betrafen: 1. Die Ueber⸗ nahme der Gemeindebürgſchaft in Höhe von 5000 Mk. für den Wohnhausneubau der Fabrikarbeiter Leo Klein Eheleute bis zur Bauvollendung. 2. Kanaliſie⸗ rung des Bierkellergrabens mit einem Aufwand von 4000 Mk., zum beſſeren Abfluß der Abwaſſer und Vertilgung der Schnakenbrutſtätten. 3. Aufhebung der abgeſonderten Gemarkung„Untere Lußhardt“ und Gemarkungsbereinigung, wobei das Protokoll über die der Gemeinde zufallende Gebietsfläche be⸗ kanntgegeben wurde. 4. Gehaltsregelung für Spar⸗ kaſſenrechner Johann Klotz und Sparkaſſenkontrol⸗ leur Weißbrodt J. Am die Meiſterſchaft der Oberliga im Ringen Stemm⸗ und Ringklub Ludwigshafen beſiegt V. f. Sp. und K. Schifferſtadt 12:8 Die erſte Begegnung in den Serienkämpfen der Ober⸗ liga zwiſchen Stemm⸗ und Ringklub Ludwigshafen und Verein für Sport⸗ und Körperpflege Schifferſtadt brachte am Sonntag abend im Geſellſchaftshaus in Ludwigshafen vor etwa 400 Zuſchauern den erwarteten Rivalenkampf, aus dem Ludwigshafen als verdienter Sieger hervorging. Hüben wie drüben wurde äußerſt hart um den Sieg ge⸗ kämpft, bis ſich das beſſere Geſamtkönnen der Ludwigs⸗ hafener Mannſchaft durchgeſetzt hatte. Das ſehr objektive Publikum verfolgte die durchweg intereſſanten Vorgänge auf der Matte mit großer Aufmerkſamkeit, ihm entging auch nicht, als ſich K. Stahl zu einer nicht gerade ſport⸗ lichen Geſte im Kampfe mit Sturm, Schifferſtadt, hin⸗ reißen ließ. Für Ludwigshafen holten Gehring, Kreimes, K. Stahl und Babelotzki und für Schifferſtadt R. Kolb, Heißler und W. Kolb die Punkte. Nach der Begrüßung durch den 2. Vorſitzenden Hand⸗ werker vom Stemm⸗ u. Ringklub begannen die Kämpfe unter der einwandfreien Leitung des Kampfrichters Drees⸗ Mannheim. Der Verlauf der Kämpfe Bantamgewicht: Impertro, Ladwigshafen— R. Kolb, Schifferſtadt. Die erſten Angriffe von Kolb endigen am Rande der Matte, jedoch in der 5. Minute wurde Im⸗ pertro in die Bodenlage gezwungen. Kolb gelingt ein Ausheber, der von J. pariert werden konnte. Impertro verteidigte ſich geſchickt bis zur 15. Minute am Boden, von da ab ging der Kampf offen im Stande weiter, ſo baß ſich Kolb mit einem Punktſieg begnügen mußte. Federgewicht: Babelotzki, Ludwigshafen— Krauſe, Schifferſtadt. Während des Standkampfes in den erſten 10 Minuten landete ein Hüftſchwung von Babelotzki außerhalb der Matte. Dank ſeiner körperlichen Vorteile konnte Krauſe in der Bodenlage jeden Angriffsverſuch ſeines Gegners unterbinden. Nach dem Wechſel in der Bodenlage gelang Babelotzki bei der Abwehr eines Griffes durch doppelte Armfeſſelung ſeinen Gegner in 14% Min. auf die Schultern zu legen. Leichtgewicht: K. Stahl, Ludwigshafen— Sturm, Schifferſtadt. Die erſten 10 Minuten zeigten einen in⸗ tereſſanten, wechſelvollen Standkampf, wobei Stahl durch Hüftſchwung ſeinen Partner in eine gefährliche Lage brachte. Dieſer aber übertrug Stahl in blendender Weiſe. Ein Untergriff von Sturm ſah Stahl in die Bodenlage ge⸗ zwungen, wo aber erſterer nichts auszurichten vermochte. Einem ſchnell ausgeführten Armzug von Stahl war Sturm nicht gewachſen und mußte ſich in der 12. Minute geſchlagen bekennen. Weltergewicht: Kreimes, Ludwigshafen— Bug, Schif⸗ ferſtadt. Nach ebenbürtigem Standkampf der erſten Halb⸗ zeit beſtimmte das Los Bug in die Bodenlage, wo ihm Kreimes durch Armſchlüſſelgriff in 12 Minuten eine Niederlage bereitete. Mitttelgewicht: Meixner, Ludwigshafen— Heißler, Schifferſtabt. Heißler⸗Schifferſtadt griff wuchtig an und zwang ſeinen Gegner in der fünften Minute in die Bodenlage, wo ſich dieſer tapfer zur Wehr ſetzte. In der 10. Minute ging Heißler durch Aufreißer, der Meixner bereits auf den Schultern liegen ſah, weiter in Führung. Mit dem gleichen Griff ſiegte Heißler nach 13 Minuten. Halbſchwergewicht: Th. Stahl, Ludwigshafen— W. Kolb, Schifferſtadt. Nach lebhaftem gleichwertigem Sdand⸗ kampfe beſtimmte das Los Kolb in die Bodenlage, wo er durch doppelten Armzug in der 11. Minute Stahl über⸗ rumpelte und auf die Schultern legte. Schwergewicht: Gehring, Ludwigshafen— Berkrünt, Schifferſtadt. Bertram zeigte ſich gleich angriffsfrendig und bekam den Meiſter mit Untergriff zu faſſen ohne gher oleſen Griff vollenden zu können. Daun ging Gehring zum Angriff über und ſchraubte ſeinen Gegner in einige gefährliche Lagen, aus denen ſick dieſer jedesmal wieder befreien konnte. Doch nach 57 Minuten gab es für Betram kein Entrinnen mehr, Gehring ſiegte durch Halb⸗ nelſon. K. C. Aus dem ſuͤboͤeutſchen Verbands ⸗Gericht Unregelmäßigkeiten bei den Verbandsabgaben Das Verbands⸗Gericht des ſüsdeutſchen Fußball⸗ und Leichtathletik⸗Verbandes hatte ſich bei ſeiner letzten Sitzung mit verſchiedenen intereſſanten Fällen zu beſchäf⸗ tigen, Zunächſt ſtanden Unregelmäßigkeiten des F K. Pir⸗ maſens bei den Verbandsabgaben zur Verhandlung. Das Verbandsgericht kam dabei zu der Feſtſtellung, daß Pirmaſens bei den Verbands⸗Schlußſpielen einmal Kar⸗ ten zu höheren Preiſen verkaufte als mit dem Verband abgerechnet wurde und ferner auch vereinseigene Karten verkaufte, über die eine Abrechnung mit dem Verband überhaupt nicht ſtattgefunden hat, ein Vorgehen alſo an den Tag legte, das den Verband ſchädigte und Pirmaſens unrechtmäßig bereicherte. So wurden in Pirmaſens bei den dort ausgetragenen 7 Schlußſpielen nicht weniger als 8926 Schülerkarten verausgabt. Das Urteil lautete daher auf eine Geldſtrafe von 900 Mark. Kratochville bleibt Amateur In dem nächſten Fall, der vor dem Verbandsgericht ver⸗ handelt wurde, hatte Germania⸗Union Pforzheim gegen den Spieler Otto Kratochpille, gegen deſſen jetzigen Verein BfR. Pforzheim und gegen ſich ſelbſt Anzeige wegen Ver⸗ letzung der Amateurbeſtimmungen erſtattet. Trotz dieſer Selbſtbezichtung kam das Verbandsgericht zu dem Be⸗ ſchluß, daß Kratochville, VfR. Pforzheim, ſowie Germania⸗ Unien Pforzheim kein derartige Vergehen ſich zu Schulden kommen ließen und legte dem Anzeigeerſtatter Germania⸗ Union Pforzheim die Koſten dieſes Verfahrens auf. Fußball im Kreis Südheſſen Der Sonntag ſollte eigentlich in unſerem Kreiſe eine Art Vorentſcheidung in der Meiſterſchaftsfrage bringen. Stand doch das Spiel der beiden Spitzenreiter Olym⸗ pia Lorſch und F V. Biblis auf dem Programm. Aber leider kam die erwartete Begegnung nicht zu ſtande, lodaß man auch heute noch nicht recht klar ſieht. Der Dauerregen der letzten Tage verwandelte alle Plätze in einen regelrechten See. Die Austragung der Spiele war daher in Frage geſtellt. Vernünftigerweiſe ließen die meiſten Schiedsrichter die einzelnen Mannſchaften über⸗ haupt ſchon garnicht antreten. Nur in zwei Spielen wurde zum Spielbeginn gepfiffen. Aber hier mußte man das Unvernünftige bald einſehen, und nach einer gewiſſen „Spielprobe“ den Kampf wieder abbrechen, Olympia Lorſch und der F V Biblis verſuchten auch den Dampf auszutragen; bei ſtrömendem Regen begann das Spiel. Nach einer halben Stunde Spielbeginn wurde der Kampf beendigt. Auch das Spiel Hochheim— Hey⸗ genheim wurde angefangen und nach 15 Minuten Spieldauer wieder abgesrochen. Nur aus Neuhauſen kommt eine unerfreuliche Funde; dort ſoll das Treffen des Platzbeſitzers gegen den S.⸗V. Horchheim ſtattfinden. Unter ſchlechten Platz⸗ verhältniſſen pfiff der Schiedsrichter das Spiel an. Bis zur Halbzeit ging es noch leidlich, obwohl beide Mann⸗ ſchaften nicht auch bis zur Pauſe ein Tor. Nach Wiederbeginn wird durch Elfmeter ein weiteres Tor errungen. Dann artet der Kampf aus. Ein Spieler von Neuhaufen leiſtete dem Platzverweis keine Folge, ſodaß der Schiedsrichter ſich ge⸗ nötigt ſah, das Spiel abzubrechen. Alle anderen Spiele wurden gleich garnicht angefangen. Am kommenden Sontag finden folgende Spiele ſtatt: Heppenheim— Worms; Hochheim— Olympia Lampert⸗ heim: Bürſtadt— Neuhauſen; Gernsheim— Pfiffligheim; Lorſch— Horchheim; Biblis— Vs. Lampertheim.—a * Motorradrennen in Mannheim. Im 6. Rennen. Ro⸗ bert Manes⸗Rennen, fuhr der Sieger Bertram⸗Berlin nicht AD ſondern Standard 500 cem. ganz aus ſich herausgingen. Horchheim erzielt Ein Veſchluß der Tennisſpielerinnen Gegen die Rangliſte Dem Deutſchen Tennis⸗Bund iſt ein Schreiben zugeleitet worden in dem die bekannteſten deutſchen Tennisſpieler⸗ innen mit Ausnahme von Cilly Außem ſich gegen die wei⸗ tere Veröffentlichung einer Tennis⸗Rangliſte ausgeſprochen. Ste begründen dieſen Schritt damit, daß dieſe Zenſur am Saiſonende ihnen die Freude am Sport nehme und die Kameradſchaftlichkeit zerſtbre. Unſere Damen meinen, daß es völlig genügen würde, wenn fünfzehn oder zwanzig der beſten Damen alphabetiſch und unnummeriert in einer Gruppe zuſammengefaßt werden. Man kann dieſen Ein⸗ wendungen nicht jede Berechtigung verſagen. Es iſt ja auch bekannt, daß die Rangliſtenfolge ſtets Gegenſtand lebhafter Erörterungen in der Oeffentlichkeit war. Für den Tennis⸗ bund iſt die Situation nicht leicht, will er den Einwendun⸗ gen mit Erfolg begegnen. Vorläufig nimmt der Bund zu dem Brief keine Stellung, ſondern überläßt das weitere der Rangliſtenkommiſſion. Pferöeſport Hoppegarten(14. Okt.) 1. Robert le Diable⸗Rennen: 2800, 1600 Meter: 1. Weinbergs Aulos(O. Schmidt), 2. Rhapfodie, 3. St. Hu⸗ bertus. Toto: 48. Platz: 17, 15. Ferner: Irländer. 2. Eaſtern⸗Keunen. Für Zweijährige, 3300, 1000 Meter: 1. Hönwalts Landjunker(Grabſch),, 2. Roſenau, 3. Mauſi. Toto: 51. Platz: 21, 11. Ferner: Page, Gdel⸗ knobe, Elbrus. 3. Biniou⸗Rennen. Ausgleich 2, 3300 /, 1600 Meter: 1. Stahls Francesko(Huguenin), 2. Tedoy, 3. Orenburg. Toto: 46. Platz: 20, 422, 33. Ferner: Lehnsherr, Anskar, Laute, Favorit, Fenelon, Kriegsspiel, Musketier. 4. Hertefeld⸗Rennen. Dreijährige, 10 400, 8000 Meter: 1. Weinbergs Gregor(O. Schmidt), 2. Grauwacke, 3. Libe⸗ ratox. Toto: 18. Platz: 11, 18. Ferner: Putz, Osmunda. 5 Nnage⸗Reunen. Für Zweijährige, 3900 /, 1200 Meter: 1. v. Opels Gafron(Narr), 2. Idylle, 3. Vichy. Toto: 67. Platz: 23, 21, 18. Ferner: Briſſago, Oceanus, Oſtkind, Erich, Kamerad, Ferrari, Adoͤi. 5 6. Ulſter King⸗Rennen. Verkaufsrennen für Zweijäh⸗ rige, 2800, 1000 Meter: 1. Perskes Feſtkönigin(Sauer⸗ land), 2. Beryll, 3. Vialta. Toto: 64. Platz: 17, 22, 84. Ferner: Varro, Bellus, Elvira, Rawa, Amtmann, Attis, Vinguliſt, Pelex, Ingwelde, Perſiflage, Soldat, Olympio⸗ nike, Götterſage, Floggenlied. Ausgleich 3, 2900 1, 1800 7. Diadumenos⸗NRennen. Meter: 1. Lauriſchs Roxana(Huguenin), 2. Eleazar, 9. Iſola, 4. Rotbuche. Toto: 43. Platz: 17, 118, 20, 151. Ferner: Strona, Tarnſchild, Teutobod, Hartſchier, Pelle⸗ grino, Eilig, Tramonto, Torrone, Patras, Gulbrand, Orgie. Briefkaſten Wir bitten für den Briefkaſten beſtimmte Einſendungen auf dem Umſchlag als ſolche kenntlich zu machen. Münd⸗ liche Auskünfte können nicht gegeben werden. Beantwor⸗ tung juriſtiſcher, mediziniſcher und Auf wertungs⸗ fragen iſt ausgeſchloſſen. Jeder Anfrage iſt die Bezugs⸗ quittuna beizufügen. Anfragen ohne Namensnennung werden nicht berückſichtigt. B. S. Im allgemeinen wird es üblich ſein, die ſonſtige Arbeitszeit e i e Sie doch eine gütliche Einigung mit Herrn Untermieter. Th. Erkundigen Sie ſich wegen Form und Farbe des Wimpels bei der Direktion des Schloßmuſeums. A. M. Rh. Nach dem Geſetz über Lohn⸗ und Gehalts⸗ pfändung vom 27. 2. 1928 iſt der Arbeits⸗ und Dienſtlochn vom 1. April 1928 ab bei Auszahlung für Monate oder Bruchteile, von Monaten bis zur Summe von monat⸗ Uiich 195., bei Auszahlung für Wochen bis zur Summe von wöchentlich 45.,, bei e Kü Tage bis zur Summe von täglich 7,50.“ und ſoweit er dieſe Beträge überſteigt zu einem Drittel des Mehr⸗ betrags der Pfändung nicht unterworfen. B. M. Käfertal. Vielleicht erkundigen Sie ſich unter Vorlage der genauen Unterlagen beim Amtsgericht. Friedrichsfeld. Großherzog Friedrich I. trug faſt immer die Uniform der roten Dragoner. Sageshaleucles Mittwoch, 15. Oktober Nationaltheater:„. Vater ſein dagegen ſehr“, Komödie von E. C. Carpenter, Miete E 5, Anfang 20 Uhr. Apollo⸗Theater: Gaſtſpiel der Berliner Rotterbühnen⸗ „Das Land des Lächelns“, 20 Uhr. Volkshochſchule:„Menſchenkenntnis“, Vortrag von Prof. Dr. R. Müller⸗Freienfels, Berlin, im Alten Rathaus, 20,15 Uhr. Lichtſpiele: Alhambra:„Der Sohn der weißen Verge“ Capitol:„Der Kampf mit dem zweiten Ich“.— Univerſum:„Ein Tango für Dich“.— Scala: „Der unſterbliche Lump“.— Schauburg:„Das Kabinett des Dr. Larifari“.— Gloria:„Der grüne Holzſchuh“.— Rory:„Die Kaviorprinzeſſin“,— Palaſt⸗Theoter:„Hokuspokus.— Univer⸗ ſum⸗Kindervorſtellung:„König Droſſelbart“, nachm. 2,30 Uhr. f Ufa⸗Palaſt⸗Pfalzbau:„Die verkaufte Braut“, Kom. Oper von Smetang, ohne Kartenverkauf, Anfang 20 Uhr. Autobusrundfahrt: Täglich nachm. 2 Uhr ab Paradeplatz: Pfalzrundfahrt zur Wein leſe. 5 Sehens würdigkeiten: Schloßmuſeum: Geöffnet täglich von 10—183 uhr und 157 Uhr: Sonntags von 11—17 Uhr Lurchgehens. Ausſtellung„Kupſerſtiche und Handzeichnungen der Carl⸗ Theodor⸗Zeit“— Muſeum für Natur⸗ und Völkerkund⸗ im Zeughaus: Sonntag vormittags von 11—13 Uhr und nachmittags von 15—17 Uhr; Dienstag 15—17 Uhr; Mittwoch 15—17 Uhr; Freitag 17—19 Uhr.— Stüdtiſche Kunſthalle: Geöffnet werktags(mit Ausnahme Montags) von 10—13 und 14—16 Uhr, on Sonn⸗ und Feiertagen von 11—16 Uhr durchgehend. Ausſtellung:„Die Kunſt der Höhlen und Felſen“.— Plauetarinm: 15 Uhr Beſich⸗ tigung; 17 Uhr Vortrag. Waſſerſtandsbeobachtungen im Monat Oktober Ahein Pegel] 9, 10 fl. 14 15 Nedar-Bege![ 10. 18 f 14 18. Bafel 511707 T8 100180 5 Schuſterinſe 25,522 902,83 705 Mara 8 220 15 Fehl.668.504 40484 4,17 Jaaßttel.798.092. 855 Maxau.118.046,93 386% Blochingen.39168 129 180 Mannbeir.475 836,086,866, Hellbronn 1822,86.20 5% Zaub.70 08 50550 88 Kön.78.83.065.878, 59 Chefredakteur! Kurt Fiſcher Verantwortlich für Politik: 5. A. Meiner„ Feuilleton: Dr. Stefan Rayſer Kommunalpolitik und Lokales: Richard Schönfelder Sport und Vermiſchtes: Willy Müller- Handelsteil: Kurt Ehmer— Gericht und alles übrige Franz Kircher— Anzeigen und geſchäftliche Mit⸗ ellungen: Jakob Faude, ſämtlich in annheim— Herausgeber, Drucker und Verleger: Druckerei Dr. Haas. Neue Mannheimer Zeitung . m. b.., Mannbeim. R 1.—8 Für urverlangte Beiträge keine Gewähr— Rückſendung erfolgt nur bel Rü porto Geſchaftliche Mitteilungen 80 Gramm 2 Pfundl Die Firma Knorr bringt jetzt Bratenſoße in Würfeln heraus.— Ein Würfel Knorr⸗ Bratenſoße gibt ſoviel Soße wie ⸗2 Pfund Bralen. Die Hausfrau hat es nicht mehr nötig, bei den vielen Fleiſch⸗ gerichten, die wenig oder gar keine Soße geben(Beefſteak, Bratwurſt, Schnitzel, Leber uſw.) erſt mühſelig eine Tunke zuzubereiten. Knorr⸗Bratenſoße enthält alles— von der Mehlſchwitze bis zum feinſten Gewürz— und ſchmeckt auch ohne Fleiſch vorzüglich. Ein Würfel koſtet 15. B39 „ de la e Cc A ß cc „ enen + SUD WESTDEUTSeHE UMSeE U Mittwoch, 15 Oktober 1930 Aus Baden Staatliche Perſonal veränderungen Ernannt wurde Hauptlehrer Wilh. Zwecker an der Volksſchule in Heidelberg zum Rektor da⸗ ſelbſt. Feuerwehrtagung in Ladenburg T. Ladenburg, 15. Okt. Dem Bericht über die Tagung des Landesausſchuſſes der Badiſchen Feuerwehren in Ladenburg iſt ergänzend nachzutra⸗ gen, daß ſowohl der Tagung als auch der Haupt⸗ übung der Ladenburger Wehr am Sonntag als Vertreter der Hauptſtadt Mannheim in Verhinde⸗ rung des Oberbürgermeiſters Beigeordneter Dr. Zeiler und als Vertreter der Mannheimer Be⸗ rufsfeuerwehr Oberbrandingenieur Mikus an⸗ wohnten. Beide Herren wurden beim Mittageſſen im„Ochſen“ in herzlicher Weiſe von Bürgermeiſter Koch begrüßt und willkommen geheißen. Es fand allgemeine Zuſtimmung und Anerkennung, daß die Stadt Mannheim und die Berufsfeuerwehr bei der Tagung vertreten waren. Schüſſe auf ein Auto Schwetzingen, 14. Okt. Geſtern abend gegen halb 10 Uhr wurden auf ein in Richtung Mannheim fahrendes Laſtauto zwei Schüſſe abgegeben. Der Wagenführer hielt ſofort an, um den Täter zu ſuchen, doch entkam dieſer unerkannt in der Dunkelheit. Verleger Pfeffer 75 Jahre alt * Heidelberg, 15. Okt. Der Verleger des Heidel⸗ berger Tageblattes, Karl Ludwig Pfeffer, feiert am heutigen 15. Oktober ſeinen 75. Geburtstag. Gebürtig aus Zuzenhauſen, wo ſeine Familie ſchon ſeit dem 17. Jahrhundert anſäſſig iſt, machte er ich mit 28 Jahren ſelbſtändig. Seines Buchdruckerei, in der das Heidelberger Tageblatt hergeſtellt wird, ver⸗ größerte ſich von Jahr zu Jahr, wurden Herrn Pfeffer zu Teil. So ernannten ihn die badiſchen Verleger zu ihrem Ehren⸗Vorſtands⸗ mitglied. Infolge ſeiner Tatkraft und ſeiner nim⸗ mermüden Arbeitskraft nahm das Heidelberger Tageblatt einen raſchen Aufſchwung. Herr Pfeffer, der ſeinen Geburtstag fern von Heidelberg bei einer ſeiner verheirateten Töchter verbringt, erfreut ſich in hieſigen Bürgerkreiſen allgemeiner Wertſchätzung. Tödlicher Ausgang einer Schlägerei * Pforzheim, 12. Okt. In der Samstag⸗Nacht ge⸗ gen 12 Uhr rannte der 26jährige Richard Morlock einen Kriegsinvaliden aus unbekanntem Grunde an. Es kam zu einer Schlägerei, nach deren Beendigung Morlock in eine nahegelegene Wirtſchaft ging, um ſich zu reinigen. Die inzwiſchen herbeigerufene Polizei ging mit dem Kriegsinvaliden in den Hausgang der Wirtſchaft, um die Perſonalien feſtzuſtellen. Mor⸗ lock kam hinzu, und der Kriegsinvalide ſtürzte, als er ſeinen Widerſacher erkannte, auf dieſen zu und würgte ihn am Halſe. Anſcheinend hatte er dabei mit einem Schlüſſel die Halsſchlagader Mor⸗ locks verletzt, noch ehe die Poltzeibeamten eingreifen konnten. Morlock wurde ſofort ins Krankenhaus verbracht, wo er früh 5 Uhr ſtar b. Der Kriegs⸗ invalide wurde verhaftet und ins Bezirks⸗ gefängnis eingeliefert. Ermäßigte Krankenkaſſenſätze W. Triberg, 13. Okt. Die hieſige Ortskranken⸗ kaſſe hat in einer Ausſchußſitzung beſchloſſen, den Beitrag mit Wirkung vom 1. November 1930 ab von 6 auf 5,5 v. H. herabzuſetzen. Ab 1. Januar 1931 ſoll eine weitere Ermäßigung des Satzes auf 5 v. H. erfolgen. Der Ausſchuß folgt damit im weſentlichen den Vorſchlägen des Vorſtandes; doch hatte dieſer die erſte Herabſetzung der Beiträge erſt auf 1. Januar 1931 vorgeſehen, dabei aber gleichzeitig in Ausſicht genommen, daß je nach dem Ergebnis des letzten Vierteljahres 1930 auf 1. Januar eine we i⸗ tere Senkung des Beitrages erfolgen ſollte. Kleine Nachrichten Goldene Hochzeit und Tod (Grünberg(Oberheſſen), 14. Okt. Im benachbar⸗ ten Großeichen beging am Sonntag der Einwohner Konrad Wolf III. mit ſeiner Frau das Feſt der gol⸗ denen Hochzeit. Die Aufregungen des hohen Tages müſſen aber wohl für die alte Frau zugroß geweſen ſein, denn am Abend erlitt ſie einen Herz ⸗ ſchlag, der den ſofortigen Tod herbeiführte. Selbſtmord auf den Schienen ( Darmſtadt, 14. Okt. Heute früh wurden von einem Perſonenzug, der in Eberſtadt.34 Uhr abfährt, zwei Perſonen überfahren und ſofort ge⸗ tötet. Der 35jährige Poſtſchaffner H. aus Darm⸗ ſtadt, Kranichſteinerſtraße, und ein ungefähr 25 Jahre altes Fräulein E. B. hatten ſich die Hände zu⸗ ſammengebunden, auf die Schienen ge⸗ legt und ließen ſich von dem Zug überfahren. Der Grund zu der Tat iſt noch nicht geklärt, man vermutet, daß er in Liebeskummer zu ſuchen iſt. Bei der Arbeit zu Tode geſtürzt (Wiesbaden, 14. Okt. Der mit Anſtreicherarbei⸗ ten im Hauptbahnhof beſchäftigte 24jährige Tüncher tenau aus Hanau iſt geſtern nachmittag a b⸗ geſtürzt. Durch ein nachfallendes Brett wurde er ſo ſchwer verletzt, daß er auf dem Transport nach dem Krankenhaus geſtorben iſt. * * Wellesweiler(Saar), 14. Okt. An ihrem Ge⸗ burtstage erlitt die 19 jährige Brunhilde Müller von hier, auf der Straße einen Herzſchlag, der ihren ſofortigen Tod zur Folge hatte. Viele Ehrungen „Graf Zeppelins“ Beſuch in Karlsruhe * Karlsruhe, 14. Okt. Die Nachricht, daß das Luft⸗ ſchiff„Graf Zeppelin“ nach einer Mitteilung des Luftſchiffbaues in Friedrichshafen nunmehr endgül⸗ tig eine Landungsfahrt nach Karlsruhe unternimmt umd der badiſchen Landeshauptſtadt am Sonntag, 9. November, einen offiziellen Beſuch abſtattet, hat in allen Kreiſen der Bevölkerung große Freude her⸗ vorgerufen. Die Landungsfahrt nach Karlsruhe, die als letzte des diesjährigen Fahrtenprogramms des Luftſchiffbaues ausgeführt wird, da ſämtliche Ter⸗ mine in dieſem Jahre infolge der ſtarken Nachfrage der Städte nach dem Zeppelinluftſchiff vergeben waren, erfolgt aus Anlaß des 20jährigen Beſtehens des Karlsruher Luftfahrtvereins. Der Luftſchiffbau in Friedrichshafen wollte eigentlich bereits im Ok⸗ tober ſeine Fahrten abſchließen, hat ſich dann aber doch im Hinblick auf die Verdienſte der Karlsruher Luftfahrtkreiſe um die Zeppelin⸗Eckener⸗Spende ent⸗ ſchloſſen, die Landungsfahrt nach Karlsruhe in die⸗ ſem Jahre noch durchzuführen. Der Start in Fried⸗ richshafen wird vorausſichtlich in den ſpäten Mor⸗ genſtunden erfolgen, ſo daß mit der Landung auf dem Karlsruher Flugplatz zwiſchen 1 und 2 Uhr mittags gerechnet werden kann. Es iſt ein etwa ein⸗ ſtündiger Aufenthalt in Karlsruhe mit Paſſagier⸗ wechſel geplant. Der Aufenthalt iſt jedoch, wie über⸗ haupt die ganze Landung, vom Wetter abhängig. Bei der vorgeſchrittenen Jahreszeit muß das Luft⸗ ſchiff bei Einbruch der Dunkelheit wieder in ſeinem Heimathafen ſein. Tägliche Berichte der Neuen Mannheimer Zeitung 10. Land wirtſchaftliche Herbſtwoche * Freiburg i. Br., 14. Okt. Zum 10. Male wird dieſes Jahr die bereits traditionell gewordene Land- wirtſchaftliche Herbſtwoche in der Zeit vom 23. bis 26. Oktober in Freiburg im Breisgau zur Durch⸗ führung gebracht. Sie wird auch heute wieder ihre Anziehungskraft auf weiteſte Kreiſe der landwirt⸗ ſchaftlichen Bevölkerung ausüben. Zum erſten Male findet dieſes Jahr neben dem allgemeinen Pferde⸗ markt auch eine ſtaatliche Stutenſchau mit ge⸗ noſſenſchaftlicher Fohlenprämiierung der Schwarzwälder Pferdezuchtgenoſſenſchaft ſtatt. Für Prämiierungszwecke ſtehen nicht unerhebliche Bar⸗ gelder und Diplome zur Verfügung. Der Zuchtviehmarkt, der ſich letztes Jahr eines regen Zuſpruchs erfreute, findet auch dieſes Jahr auf dem Platze vor dem ehem. Artilleriedepot an der Hug⸗ ſtetterſtraße ſtatt. Für 85. und 26. Oktober iſt der übliche Kleintiermarkt nebſt Ausſtellung und Schweineſchau vorgeſehen. * I Weinheim, 14. Okt. Der Gautag des Süd⸗ deutſchen Gauverbandes für Volks⸗ und Ge⸗ birgstrachten wurde anläßlich des 10jährigen Jubiläums des Vereins„Alt⸗Weinheim“ auf Anfang Juli 1931 nach Weinheim anberaumt. Mit dem Gautag wird ein großer Trachtenfeſt zug ver⸗ bunden ſein. * Walldürn, 14. Okt. Zum Großfeuer auf dem Geiſenhof erfahren wir, daß der Schaden ſich auf etwa 80 000/ beläuft. Es handelt ſich dabei um etwa 3000 Zentner an Futtervorräten, um große Mengen ungedroſchenen Getreides uſw. Anfallhilße bei der Reichsbahn * Karlsruhe, 14. Okt. „Schnellzug D 185 iſt im Bahnhof Mingolsheim⸗ Kronau infolge Schadens an der Gleisaulage eut⸗ gleiſt. 3 Wagen umgeſtürzt. Tote, Verletzte. Großer Schaden. Durchgehende Gleiſe geſperrt.“ So lautete die Annahme, nach der am Sonntag im Bahnhof Mingolsheim⸗Kronau ein unvermuteter Probealarm durchgeführt wurde. Gegen 11 Uhr wurde der nichts ahnende Fahrdienſtleiter von der Sachlage unterrichtet. Raſch und ſicher traf er an⸗ hand eines Fragebogens, der für ſolche Fälle auf je⸗ dem Bahnhof bereit liegt, ſeine Anordnungen. Der Bahnhofsvorſtand wurde beigeholt, der ſofort die pon ihm zat ergreifenden Maßnahmen durchführte. Die Unfallſtelle wurde geſichert, ſchon nach wenigen Minuten war ein großer Rettungskaſten mit Tragbahre zum Verbringen nach der Unfallſtelle verladen und der Warteraum behelfsmäßig für Ver⸗ wundete hergerichtet. Das dienſtfreie Perſonal wurde beigeholt und von Heidelberg und Bruchſal unter Mitteilung des Unfalls wegen Umlenkung von Zügen Hilfszüge beigerufen. Aerzte, Sanitätskolon⸗ nen und ſonſtige Helfer wurden aufgeboten und auch das nächſtgelegene Krankenhaus Bruchſal wegen Her⸗ ſendung des Krankenautos und Aufnahme der Ver⸗ letzten verſtändigt. Schon wenige Minuten nach dem Alarm war der in der Nähe des Bahnhofs wohnende. Arzt zur Hilfeleiſtung auf dem Platz. Um halb 11 Uhr traf hereits der erſte Sanitäter der alarmierten Sanitäts⸗ kolonne Kronau auf dem Fahrrad ein Ihm folgten in Kürze weitere, ſodaß ſchließlich die Kolonnen Min⸗ golsheim, Kronau und Oeſtringen in Stärke von 50 Mann mit ihren Aerzten zur Stelle waren. Auch das Bruchſaler Krankenauto war anweſend. Die Gendarmerie war mit einem Polizeihund zur Stelle. Kurz nach halb 12 Uhr waren der Gerätezug aus Bruchfal und der Hilfszug mit dem Arztwagen, Mannſchafts⸗ und Beleuchtungswagen aus Heidel⸗ berg eingetroffen. Dieſen folgte bald ein Zug mit dem Bahnarzt, Sanitäts⸗ und weiteren techniſchem Perſonale. Die Sanitäter legten Verbände an. Das Bahnperſonal hatte die ihm geſtellten Aufgaben zu erledigen. Der autogene Brennſchneider wurde bereitgeſtellt und die Preßluftgeräte für Metall⸗ und Holzbearbeitung(Meiſel, Bohrer, Sägen uſw.) aus dem Gerätewagen beigebracht, während der Arztwagen auf ſeinen Zuſtand und ſeine Brauchbar⸗ keit geprüft wurde. Nun gings daran, an einem ausgemuſterten Eiſenbahnwagen die Apparate und ihre Handhabung zu erproben. Große Stücke wurden aus den Wänden und aus dem Dache herausgeſchnitten. Auch der Be⸗ leuchtungswagen, der mit Benzinmotor u. Dynamo⸗ maſchine, etwa 400 Meter Kabel, den nötigen Lampen für Freibeleuchtung, elektriſchen Handlampen, Ben⸗ zin⸗Benzol⸗Glühlichtlampen und auch mit einer trag⸗ baren Akkumulatorenbatterie, die eine Beleuchtung auch an ſchwer zugänglichen Stellen möglich machen, wurde ausgeprobt. Im Bahnhofbüro waren die Beamten indeſſen nicht müßig. Züge wurden umgeleitet, die nach einem ſtändig bereitgelegten Plan vorgeſehenen Telegramme und Maßnahmen wurden durchgeführt und das Nötige wegen Räu⸗ mung der Unfallſtelle veranlaßt. Die Uebung war gegen 13 Uhr beendet. Sie hat gezeigt, daß Aerzte und Sanitäter mit den Eiſen⸗ bahnern des Bahnhofs⸗ und des Rettungsdienſtes voll auf der Höhe waren. Die techniſchen Einrichtungen haben ſich bei der Uebung gut bewährt. Der ſKrö⸗ mende Regen hatte es nicht vermocht, die Leiſtungen der Mannſchaften und der getroffenen Einrichtungen irgendwie nachteilig zu beeinfluſſen. Ein früherer Mannheimer Amtsrichter als Angeklagter § Heidelberg, 14. Oktober. Eingangs der Nachmittagsverhandlung erſtattete Prof. Dr. Gruhle das mediziniſche Gutachten. Er verneinte die Vorausſetzungen des Str. G. B. 8 51 und bemerkte, daß der Angeklagte leicht abnorme Züge trage, die erbliche Belaſtung ſein könnten. Nach der Entlaſſung des Sachverſtändigen wurde eine Näherin gehört, die für ihren Bräutigam einen Gnadenakt erwirken wollte. Ihr wurde vom Ange⸗ klagten mit Geld geholfen, das ſie noch nicht zurück⸗ gab. Der Zeugin iſt St. nicht aufdringlich geworden. Ste blieb unvereidigt. Dann wurden Juſtizbeamte und ehemalige Referendare vernommen. Im all⸗ gemeinen kam zum Ausdruck, daß die Tür des An⸗ geklagten meiſt offen ſtand. Die Wäſche habe der An⸗ geklagte wegen ſtarkem Schweiß zweimal am Tag ge⸗ wechſelt. Mehrere Beamte ſind der Ueberzeugung, daß St. in ſeinem Zimmer nichts habe tun können, was nicht unter allen Umſtänden aufgefallen wäre. Bei den Beamten gab ſich der Angeklagte unge⸗ zwungen und leutſelig. Der zahlreiche Damenbeſuch machte einen Referendar ſtutzig, er will aus dem Mund des An⸗ geklagten ebenſo wie ein jetziger Rechtsanwalt(der bei St. als Referendar Verwendung gefunden hatte) ſchlüpfrige Reden und teilweiſe auch anzügliche Witze gehört haben. Anzügliche, ins Sexuelle gehende Reden gebrauchte der Angeklagte gegenüber einer Gerichtsaſſeſſorin. Zu einer Zeugin hatte er ge⸗ ſagt, daß er ſie ehelichen würde, wenn er noch ledig und ſie geſchieden wäre. Mit einem Kuß wurde eines Tages im Gang des Amtsgerichts eine Kanzleiaſſiſtentin plötzlich von St. bedacht, der ſich bald darauf entſchuldigte. Eine zweite Kanzleiaſſi⸗ ſtentin will verhältnismeßig viele unſittliche Reden aus dem Mund des Angeklagten gehört haben. Unter der Vorausſetzung umgehender Rückzah⸗ lung hatte er zwei weiteren Zeuginnen Geld ge⸗ liehen. Nach ihren Ausſagen blieben ſie von St. ſo gut wie unbehelligt. Die nächſte Zeugin wurde vom Angeklagten berührt, worüber ſie ſich aber keine Gedanken machte. Günſtig äußert ſich ein frühe⸗ rer Untergebener des St. Ein Mannheimer Krimi⸗ nalbeamter verbreitet ſich über die Glaubwürdigkeit einzelner weiblicher Zeugen. Die erſte war bis 1923 elfmal beſtraft. Schon glaubte man an das nahe Ende der Be⸗ weisaufnahme, da wurde der Eingang einer Poſt karte bekannt, die von einer Mannhei⸗ mer Frau geſchrieben worden war. Sie hatte in der„Neuen Mannheimer Zeitung“ am Montag abend von der Verhandlung geleſen und in deſſen Verfolg dem Schöffengericht mitgeteilt, daß ihr auch etwas mit dem Angeklagten vorgekommen ſei. Nach Schmeicheleien habe St. ſich ihr zu nähern verſucht, aber vergeblich. Die Zeugin hatte den Angeklagten in Angelegenheit ihrer Beleidigungsprozeſſe aufge⸗ ſucht. Wohl habe ſie die Prozeſſe gewonnen, doch aber auch die Koſten zahlen müſſen. Von einer Seite habe ſie gehört, daß St. den Leuten helfen würde. Die Zeugin behauptet unter ihrem Eid, daß der Angeklagte die Türen geſchloſſen habe (mit dem Schlüſſel). Ein Zeuge will beweiſen, daß eine Türe, die ver⸗ ſchloſſen geweſen ſein ſoll, überhaupt nicht ſch ließ bar war. Zu den weiteren Ausſagen der Zeugin wurde ein Beamter gehört, der entgegen⸗ geſetzte Behauptungen aufſtellte. Inzwiſchen iſt es 10 Minuten über 9 Uhr gewor⸗ den. Die Verhandlung wird infolgedeſſen auf Mitt⸗ woch morgens 10 Uhr vertagt. Von der endgültigen Schließung der Beweisaufnahme kann jetzt noch nicht mit Beſtimmtheit geſprochen werden. Bis zum Abend darf mit der Urteils verkün dung ge⸗ rechnet werden. 141. Jahrgang/ Nr. 477 Aus der Pfalz Landgerichtsdirektor Gelbert 7 * Frankenthal, 13. Okt. Geſtern vormittag ſtar b nach 14tägigem Krankenlager Landgerichtsdirektor Karl Gelbert im Alter von 57 Jahren. Gelbert wurde 1903 Amtsrichter in Kaiſerslautern und Zwei⸗ brücken, 1905 2. Staatsanwalt in Zweibrücken, 1920 Landgerichtsrat in Kaiſerslautern und 1924 1. Staats⸗ anwalt in Zweibrücken. Am 1. März 1929 wurde er als Landgerichtsdirektor an das Landgericht Fran⸗ kenthal verſetzt. Große Verkehrsſtockung auf dem Rhein. nd. Speyer, 13. Okt. Wie uns zu dem hieſigen Zuſammenſtoß zwiſchen einem Schleppdampfer einer franzöſiſchen Schiffahrtsgeſellſchaft und der Schiffs⸗ brücke noch ergänzend mitgeteilt wird, iſt durch das Unglück eine empfindliche Verkehrsſtockung auf dem Rhein bei Speyer eingetreten. Das Unglück entſtand durch den gefahrvollen Stromlauf, der ſich nament⸗ lich bei reißendem Hochwaſſer nachteilig auswirkt. Da die Reparaturarbeiten durch den ſtarken Wellen⸗ gang ſehr gehemmt ſind, iſt neben einem beträcht⸗ lichen Sachſchaden vor allem auch die unerwünſchte Verkehrsſtörung zu beklagen. Der Schiffs⸗ brücken⸗ und damit auch der Eiſenbahn verkehr muß eine mindeſtens 8⸗ bis lotägige Unter ⸗ brechung erfahren. Zahlreichen Schiffen iſt die Durchfahrt geſperrt; ſie mußten deshalb hier ihre Anker werfen. Die Ueberſetzung von Perſonen betreibt jetzt die Reichsbahn mit einem Motorboot. Die Verkehrsſtockung auf dem Rhein iſt um ſo bedauerlicher, als zur gleichen Zeit auch bei Rheinhauſen der Fährenbetrieb wegen des Hoch⸗ waſſers eingeſtellt werden mußte. Der Eiſenbahn⸗ verkehr wird in etwas umſtändlicher Weiſe über Mannheim und Heidelberg umgeleitet wer⸗ den, während der Fuhrwerks⸗ und ſonſtige Fahrzeug⸗ verkehr wegen der Unzulänglichkeit der Germers⸗ heimer Brücke ſo viel wie unterbunden iſt. Schadenfeuer 2: Queichheim bei Landau, 14. Okt. In der Kraft⸗ gaſſe entſtand in dem Anweſen des Landwirts Vogel⸗ ſang heute nachmittag ein Brand, der die Scheune vollkommen einäſcherte. Zwei Nachbarhäuſer und das eigene Wohnhaus waren gefährdet, doch konnte die herbeigeeilte Landauer Feuerwehr das Feuer auf ſeinen Herd beſchränken. Als Entſtehungsurſache wird bekannt, daß beim Anzünden einer für das Anwerfen eines ſogenannten Bulldogg benötigte Lampe ein Strohhaufen ergriffen wurde, von dem das Feuer ſich auf die angefüllte Scheune über⸗ trug. Ein Schmuggler erwiſcht * Zweibrücken, 14. Okt. Bei der Zugkontrolle am hieſigen Bahnhof wurde ein Fabrikarbeiter aus St. Ingbert beim Schmuggeln erwiſcht. Er hatte 29 Schachteln Zigaretten zu je 20 Stück, 153 Büchel⸗ chen Zigarettenpapier und ein Paket Feinſchnitt bei ſich, die er unverzollt über die Saarlandgrenze ge⸗ bracht hatte. Wegen Zoll⸗ und Tabakſteuerhinter⸗ ziehung wurde er in Unterſuchungshaft genommen. Saarkreistagung des DHB. * Friedrichsthal(Saar), 14. Okt. Am Sonntag fand hier der diesjährige Kreis⸗ tag des Saarkreiſes im D. H. V. ſtatt. In der Be⸗ grüßungsanſprache bedauerte Kreisvorſteher Bal⸗ tes, daß die Rückgliederung des Saargebietes noch nicht erfolgt ſei. Die Saarländer würden jedoch auch in den Jahren, die ihnen als letzte Prüfung noch auferlegt ſeien, die alten, d. h. Deutſche bleiben, die in Glück und Unglück zum Vaterland ſtehen.— Das Schlußwort des Vormittags ſprach Gauvorſteher Meuth⸗ Mannheim. Er nahm insbeſondere Stellung gegen das Pro⸗ gramm der Reichsregierung, das auf eine Senkung der Löhne und Gehälter abziele. An die Stelle die⸗ ſer Maßnahmen müſſe eine Lockerung der Kar⸗ tellbin dungen treten. a Einſtimmig wurden Entſchließungen zu Gehalts⸗ politik, Sozialpolitik und Berufsausbildung angs⸗ nommen.* In öffentlicher Kundgebung ſprach am Nachmittag Kreisgeſchäftsführer Münnich ⸗Saar⸗ brücken über„Der Zukunftswille der ſaarländiſchen Kaufmannsgehilfen“. Er führte u. a. aus: Für die ſaarländiſchen Arbeitnehmer gelte es, ſich auf den Tag der Rückgliederung und die ihm folgende Zeit vorzubereiten. Im Intereſſe einer Steigerung der Leiſtungsfähigkeit der kaufmänniſchen Angeſtellten trete der D. H. V. ganz entſchieden für die Gin⸗ führung des Berufsausbildungsge⸗ ſetzes ein. Dem mangelnden ſozialpolitiſchen Wil⸗ len der Regierungskommiſſion müſſe durch ein Zu⸗ ſammenarbeiten aller Wirtſchaftskreiſe ent⸗ gegengetreten werden. Gloy Hamburg behandelte das Thema: „Der Kaufmannsgehilfenſtand in Gefahr.“ Die organiſchen Gliederungen des deutſchen Volkes liefen im Zeitalter der Maſchine Gefahr, zerſtört zu werden. Von dieſer Entwicklung ſei auch der Stand der Kaufmannsgehilfen erfaßt worden; ſeine Exi⸗ ſtenz ſei bedroht. Die Angriffe würden auch leider von den Seiten herangetragen, die für die organiſchen Gliederungen des deutſchen Volkes Ver⸗ ſtändnis aufbringen müßten. Für dieſes Verſtänd⸗ nis gelte es zu werben. Stützen könne ſich der Stand nur auf die eigene Kraft, und dieſe Kraft werde er zum Wohle ſeiner ſelbſt und des Vaterlan⸗ des einſetzen. Mittwoch, 15. Oktober 1930 fler Neuen Mannheimer Zeitung DELS- Uu WIRTSCHAFT-ZETTUNG Mittag-Ausgabe Nr. 477 Die Sanierung der Frankfurſer Gasgeſellſchaft Die heutige gemeinſchaftliche Sitzung des Haupt⸗ und des wirtſchaftspolttiſchen Ausſchuſſes kam den zur Sani e⸗ rung der Frankfurter Gasgeſellſchaft ge⸗ ſtellten Wünſchen der Deutſchen Volkspartei inſoweit ent⸗ gegen, als ein Antrag angenommen wurde, wonach der Verkaufs wert der von der Frankfurter Gas A. G. einzubringenden Vermögenswerte um 3 Mill. V er mä⸗ ßigt wird. Dementſprechend erhält die Frankfurter Gas AG. 3 Mill.„/ Aktien der Main⸗Gas AG. weniger. Das Kapital der Main⸗Gaswerke wird demnach 30 Mi l l. 4 betragen. Der Wert der Konzeſſion der Frankfurter Gas Ach. iſt in der Bilanz der Main⸗Gaswerke mit 2 Mill. Mark einzuſetzen. Dagegen iſt eine offene Reſerve von 2 Mill.„ zu ſchaffen. Der danach verbleibende Gewinn iſt in eine ſtille Reſerve dürch Abbuchung der Vorräte bei der Main⸗Gas AG. aufzunehmen. Der Konzeſſionsvertrag iſt dahin zu äudern, daß außer der feſtgeſetzten prozentualen Abgabe der Ueber⸗ ſchuß über 77 v. H. Dividende ganz oder zum Teil als zu⸗ ſätzliche Konzeſſionsabgabe an die Stadt abzuführen iſt. Desgleichen wurde ein ſozialdemokratiſcher Antrag an⸗ genommen, der für die Verwaltung der der Stadt Frankfurt gehörenden Aktien bezw. Anteile von ſtädtiſchen Geſellſchaften und für die Vorbereitung der Beſchlüſſe über die Vertretung in den Generalverſammlungen dieſer Geſell⸗ ſchaften, ſowie für die Feſtlegung der Inſtruktionen dieſer Vertretung die Bildung einer Deputation vorſieht, die aus ſechs Magiſtratsmitgliedern und aus neun Stadtver⸗ ordneten beſtehen ſoll. Der Aufſichtsrat der neuen Main⸗Gas AG. ſoll aus 20 Mitgliedern beſtehen, die ſich zuſammenſetzen aus je acht Mitgliedern des Magiſtrats und der Stadtverordnetenverſammlung und vier Mitgliedern, die die Stadt Offenbach entſendet. Nach einem weiter angenommenen ſozialdemokratiſchen Antrag kann eine Verpfändung oder ein Ver⸗ kauf von Main⸗Gas⸗Aktien, die der Stadt gehören, durch ausdrücklichen Gemeindebeſchluß erfolgen. Einen breiten Raum nahm die Erörterung über das von den RE W. zurückgekaufte Aktienpaket von 8 Mill. Mark zum Preiſe von 13,5 Mill./ ein. Aus dieſer Er⸗ örterung ging hervor, daß das Optionsrecht auch heute for⸗ mell noch nicht ausgeübt worden iſt, ſondern daß die Aktien ſich noch im Beſitz der REW. befinden. Es ſoll nunmehr der Stadtverordnetenverſammlung vorgeſchlagen werden, zuzuſtimmen, die Option auf 10 001 Aktien zu 1000/ der Frankfurter Gas AG. vom REW. auszuüben. * Deutſche Verkehrskreditbank., Berlin. Die HV. beſchloß, aus einem Reingewinn von rund 1,08 Mill. eine Dividende von 12 v. H. zu verteilen. Neu in den AR. gewählt wurden Direktor Götz(Commerz⸗ und Privatbank), Generaldirektor Silverberg(Harpener Bergbau Ac.) und Dr. Jeidels(Berliner Handels⸗ geſellſchaft). * Liquidierende Automobilbank. In der HV. der Deutſchen Automobilbank AG. in Berlin wurde der Abſchluß für des am 31. März 1930 abgelaufene G. 1929⸗30, der einen Verluſt von 342 938/ auſweiſt, um den ſich der Verluſtvortrog aus dem Vorjahre auf 769 695 ¼ erhöht, vorgelegt. Im Geſchäftsbericht wird darauf hin⸗ gewieſen, daß ſich die Geſellſchaft unter ſtrikter Innehal⸗ tung ihrer beſtehenden vertraglichen Finanzierungsver⸗ pflichtungen in einem Stadium der tatſächlichen ſtillen Liquidation beſindet. Der Abſchluß wurde gegen die Stimme eines Opponenten, der Proteſt zu Pro⸗ tokoll gab, genehmigt. Die Verſammlung nahm Mitteilung gemäß 8 240 HGB. entgegen. * Al. für Eiſeninduſtrie und Brückenbau(vorm. Jo⸗ hann Caſpar Harkort in Duisburg. In dem erſt jetzt vor⸗ liegenden Jahresabſchluß für 1929 ſind keine Mitteilungen über die zu treffenden Sanierungsmaßnahmen enthalten. Der aus dem Vorjahr übernommene Verluſt vortrag Tabalmonopol? Zur Frage eines deutſchen Tabakmonopols wird uns von unterrichteter Seite geſchrieben: Es gibt in Deutſchland faſt kein Programm einer Reichs⸗ finanzreform, die nicht irgendwie den Tabak„bluten“ läßt. Auch das Programm der Regierung Brüning ſieht Er⸗ höhung der Tabakſteuer um 165 Millionen Reichsmark vor. In der Tat iſt der Tabak ein ſehr geeignetes Beſteuerungs⸗ objekt. Als an ſich entbehrliches Genußmittel iſt ſeine Be⸗ ſteuerung gerecht. Jedes Mal, wenn eine Tabakſteuererhöhung zur Debatte ſteht, beſchäftigt man ſich allenthalben mit der Frage eines Tabak monopols. Darum erſcheint es angezeigt, die derzeitigen Verhältniſſe einer wirtſchaftspolitiſchen Betrach⸗ tung zu unterziehen. Im letzten Jahre betrug in der Zigarettenindu⸗ ſtriſe der Produktionswert 457 Millionen, dagegen wur⸗ den dem Fabrikat an Steuer und Zoll 750 Millionen I hin⸗ zugeſchlagen. Legt man auf den Produktionswert von ca. 460 Millionen/ den 25proz. Händlerzuſchlag, ſo ergibt ſich, daß auch dann noch Steuer und Zoll 130 v. H. höher ſind als der Produktionswert einſchließlich dem Bruttohändler⸗ nutzen. Weſentlich geringer iſt der Steuer⸗ und Zollanteil bei der Zigarreninduſtrie. Hier ſteht einem Pro⸗ duktionswert von 438 Millionen/ ein Steuer⸗ und Zoll⸗ betrag von 230 Millionen 1 gegenüber. Beim Nauch⸗ tabak gar beträgt der Produktionswert 236 Millionen J, der Steuer⸗ und Zollbetrag indeſſen hierbei nur 60 Mil⸗ lionen J. Zuzüglich Händlerzuſchlag verraucht das deutſche Volk im Jahre für ungefähr 3 Milliarden 4. Etwa 1 Mil⸗ liarde„ hiervon kommt unmittelbar dem Steuerfiskus zu⸗ gute. Die diesmalige Tabakſteuererhöhung ſoll, wie verlautet, nur die Zigarre und den Rauchtabak treffen, aber nicht die Zigarette. Ob das gerecht iſt oder nicht, darüber ſoll hier nicht geredet ſein. Dagegen ſei einmal unterſucht, wie ſich ein Tabakmonopol in Deutſchland auswirken würde. Es hat zahlreiche Befürworter, der Reichsfinanzminiſter Diet⸗ rich iſt Gegner. Die entſchiedenſte Löſung wäre zweifellos die monopoliſtiſche Uebernahme von Fabrikation und Ver⸗ trieb durch das Reich. Das Problem iſt jedoch ſchwer lös⸗ bar. In der Zigaretten in duſtrie liegen die Dinge verhältnismäßig einfach. Hier produ⸗ zieren einige wenige Großbetriebe etwa drei Viertel der Geſamtherſtellung. Die Zigarette iſt in Deutſchland faſt völlig Markenartikel. Die größere Schweſter in⸗ deſſen, die Zigarre, erſcheint noch ſo ziemlich anonym. Hier gibt es 7000 Firmen der Zigarrenfabri⸗ kation, angefangen vom maſchinellen Großbetrieb bis hinunter zum Handwerksbetrieb und der winzigſten Heim⸗ arbeit. Anders als bei der Zigarette übernimmt bei der Zigarre der Händler die Propaganda. Beim Marken⸗ artikel obliegt dieſe koſtſpielige Aufgabe der Induſtrie. Völlig zerſplittert iſt der Handel. In Deutſchland gibt es 500 000 Läden, die Tabakwaren vertrei⸗ ben. Zwar können nur etwa 10 v. H. hiervon als Spezial⸗ geſchäfte angeſprochen werden, weil die übrigen ſich auch mit anderen Dingen befaſſen(Wirtſchaften, Kolonialwaren, Friſeure, Gemiſchtwarenbetriebe). Sicherlich liegt hier eine ganz außerordentliche Ueberbeſetzung vor. Für unzählige Menſchen iſt der Kleinhandel mit Tabakwaren die letzte Ge⸗ legenheit einer wirtſchaftlich ſelbſtändigen Exiſtenz. Würde hier ein Eingriff zum Zwecke der Beſchränkung erfolgen, ſo ginge es gewiß nicht ohne erhebliche Härten ab. Außerdem iſt es ein gefährliches Beginnen, immer mehr bisher ſelb⸗ ſtändige Exiſtenzen auf dem Opfertiſch der Rationaliſierung hinzuſchlachten. Ganz beſonders aber dann, wenn niemand vorausſagen kann, ob der fiskaliſche Gewinn das privat⸗ wirtſchaftliche Opfer verlohnen würde. Außerdem: Wie ſoll das Reich ſo zahlreiche Exiſtenzen ent⸗ ſchädigen? Könnte es ihnen Obligationen geben, die bei dem heutigen Kapitalmarkt nahezu nicht zu veräußern wären? Was monopoliſiert werden könnte, wäre allen⸗ falls aus den aufgezeigten Gründen die Zigaretteninduſtrie. Da aber ſchon der Handel mit Zigaretten ſich unter den ob⸗ waltenden Verhältniſſen nur ſehr ſchwer verſtaatlichen ließe, käme beſtenfalls auch nur eine halbe Sache hierbei heraus. Es könnte ſich ergeben, daß das Monopol nicht mehr einbringt als ſeither Steuer und Zoll. Vielleicht brächte der ſtaatliche Eingriff eine beträchtliche Abwan⸗ derung zur Zigarre. Belaſtet aber wäre das Reich allein mit dem Riſiko der Fabrikation und des Vertriebs. Man ſieht, daß in Deutſchland die tabakwirt⸗ ſchaftliche Entwicklung grund verſchieden iſt von der des Aus lands. Man wird gewiß die Auf⸗ faſſung hegen können, daß in der Zukunft auch Deutſchland wohl ſchwerlich die Regie wird vermeiden können. Im Augenblick erſcheint ſie höchſtens für das Teil ⸗ gebtet der Zigarettenfabrikation möglich, im übrigen verbietet ſie ſich in abſehbarer Zeit aus finan⸗ ztellen, wirtſchaftspolitiſchen und organiſatoriſchen Grün⸗ den. Je öfters aber und einſchneidender das Reich die Steuern und Zölle erhöht, deſto raſcher mag auch der Augenblick kommen, wo der Fiskus zu der Erkenntnis ge⸗ langen könnte, daß im günſtigſten Falle ihm das Monopol auch keine größeren Gewinne abwerfen würde als die Steuern und Zölle. Dr. L. ieee een von 761588, der zum Teil eine Folge des Arbeitskamp⸗ fes Nordweſt wor und ſich nach Sonderabſchreibungen, hohen Zinsaufwendungen und Berüchſichtigung eines Ver⸗ luſtvortrages von 196 970/ aus dem Jahre 1927 ergab, iſt im Berichtsjahr auf 720913 vermindert wor⸗ den. Hierbei iſt jedoch zu berückſichtigen, daß in einer Zwiſchenbilanz per 30. Juni 1929 bereits eine Verluſt⸗ minderung von 239 524„ ausgewieſen war, ſo daß alſo im zweiten Halbjohr wieder mit Verluſt gearbeitet wurde. Der Verluſt ſoll erneut vorgetragen werden. Wie im Be⸗ richt mitgeteilt wird, konnte die Moderniſierung der inne⸗ ren Organiſation mit Erfolg abgeſchloſſen werden. * Deutſch⸗franzöſiſche Handels beziehungen. Die Aus⸗ fuhrſtatiſtik der erſten 8 Monate weiſt den Wert der nach Frankxeich eingeführten Waren mit 5 29 128 000 Franken gegen 4 189 624 000 Franken im gleichen Zeitraum des Vorjahres auf. Deutſchland ſteht als Einfuhrland an er⸗ ſter Stelle vor Amerika und England. Der Wert der Aus⸗ fuhr franzöſiſcher Waren nach Deutſchland belief ſich in den erſten acht Monaten des Jahres auf 2 897 258 000 Fran⸗ ken gegen 3 125 347 000 Franken im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gläubigerverſammlung der Holzgroßhandlung Ad. Meſſerſchmitt, Mannheim In der erſten Gläubigerverſammlung dieſer zahlungs⸗ unfähig gewordenen Firma erſtattet RA. Dr. Freund Bericht über die Entwicklung der letzten Jahre des bereits 1840 gegründeten Unternehmens und über die Gründe der Zahlungseinſtellung. Man habe keinen Quoten vor⸗ ch ag gemacht, weil man gemeinſam mit den Gläubigern heroten wolle, was geſchehen ſoll. Alle Unterlagen und Bücher ſeien vollſtändig in Ordnung. Irgendwelche pri⸗ vate Mittel des Herrn Korl Meſſerſchmitt oder der Frau Meſſerſchmitt ſind nicht vorhanden. Nach Anſicht Dr. Freunds liegen die Verhältniſſe bei der Schuldnerin durchaus klar. Es ſeien weder Verpfändungen noch Uebereignungen vorgenommen worden. Die einzige Uebereignung erfolgte vor zwei Jahren, als der Bankkredit in erhöhtem Maße in Anſpruch genommen werden mußte. Es wurde ein Teil der Holzvorräte ungefähr 100 000%— übereignet. Davon ſeien noch rund 74 000„ vorhanden. Mit Eigentums vor beh alt beloſtete Ware ſei nur wenig vorhanden; eine Differenz mit einem Lieferanten wurde nicht anerkannt. Sobald ſich die Schuldnerin über ihr Zahlungs ⸗ un vermögen klar war, habe ſie ſofort zum Schutze der Lieferanten die ſchwimmenden Waren nicht mehr auf⸗ genommen, um die Maſſe nicht ungerechtfertigt zu be⸗ reichern. Die Zahlungs unmöglichkeit trat plötz lüch ein, weil die Bank, nachdem die Unmöglichkeit ſich ergab, wei⸗ teres Kapital für die Firma zu beſchaffen, erklärte, ſie diskonttiere keine Wechſel mehr. Das Zahlungsunvermö⸗ gen hänge auch zuſammen mit dem Vorgehen der ehe⸗ maligen Stiftung Pratteln in der Schweis. „Dr. Freund ging dann näher auf die Geſchichte Her Firma ſelbſt ein, die urſprünglich in Mainz er⸗ richtet wurde; ſpäter ſei dann das Geſchäft in Mann⸗ heim dazugekommen und 1908 wurde die Zentrale nach Mannheim verlegt, wobei Herr Karl Meſſer⸗ ſchmitt Leiter dieſer Zentrale wurde. Im Krieg habe man teilweiſe andere Geſchäfte betrieben, nach dem Krieg wurde der Holzhandel wieder forciert und die Lager ergänzt. Als 1923 der Einbruch der Franzoſen in die Mannheimer Häfen erfolgte und das Holz beſchlagnahmt wurde, hatte das Lager einen Wert von 850 000/ und war nur mit 54 000„ belaſtet. Das Reich zahlte zwar Entſchädigung, aber in Papiermark, die in Beträgen von 300—400 000 4 überwieſen wurden und, bis ſtie angelegt werden konnten — eine Anlage in Deviſen war nicht möglich— ſich immer im Werte verminderten, ſodaß die Firma erheblich an Subſtanz verlor. Zwiſchen den Brüdern Carl Meſſer⸗ ſchmitt in Mannheim und Adam Meſſerſchmitt in Mainz beſtanden ſeit langen Jahren auf perſönlichem Gebiete lie⸗ gende Gegenſtrömungen, die ſich nicht überbrücken ließen, weshalb ſie 1906 beſchloſſen, ſich zu trennen. Die Stif⸗ tung in Pratteln in der Schweiz bekam von beiden Firmen Ware, woraus ſpäter Differenzen entſtanden. Im Jahre 19286 wurde ein Vergleich dahingehend abgeſchloſſen, daß die ganze Differenz, die Mannheim an Pratteln zu tragen Hat, 150 000 Schw.⸗Fus. betrage, was von Mainz monſert wird. Die Schweizer Stiftung fordert einen Be⸗ trag von 880650 Schw. ⸗Frs. Die Mannheimer Firma ſteht auf dem Starcpunkt, eine Forderung in dieſer Höhe ſei unter keinen Umſtänden begründet, nach dem früheren Abkommen würden nur noch 150 000 Schw.⸗Frs. geſchuldet, Das Schiedsgericht hat in einem ſehr koſt⸗ ſpieligen Verfahren entſchieden und dieſe Entſcheidung der tannheimer Firma am 22. Sept. d. J. zugeſtellt, daß die Mannheimer Firma 502 000 Frs. zu zahlen habe. Damit war das Geſchick der Mannheimer Firma beſiegelt. Die Schweizer Stiftung ſelbſt iſt aufgelöſt worden und erſt aus den Zeitungen hat die Mannheimer Firma erſehen, daß in der Schweiz eine Firma Admeß AG. mit 700 000 Frs. gegründet worden iſt. Die Entſcheidung des Schledsgerichtes ſei leider unanfechtbar. Die Verwandten ⸗ Forderungen— 107 000 4 — kämen nur in Betracht, wenn das Unternehmen in Mannheim liquidiert werden würde, die Verwandten er⸗ klären jedoch für den Fall, daß das Unternehmen aufrecht⸗ erhalten würde, daß ſie mit ihren Auſprüchen zurücktreten würden. Eine Gläubigerliſte habe man dem Rund⸗ schreiben an die Glänbiger nicht beigefügt, weil der Wunſch ausgeſprochen worden ſei, dies nicht zu tun, um nicht bekannt werden zu laſſen, welche Beträge einzelne Firmen zu fordern haben. Seit dem Augenblick, in dem die Zahlungen eingeſtellt worden ſind, ſeien keine Zah⸗ lungen mehr geleiſtet worden. Man habe ein Treuhand⸗ konto errichtet, auf dem ſämtliche Mittel feſtgelegt ſind und nur diejenigen Forderungen beglichen, die auch im Verfahren bevorzgt werden müßten. Die Firma ſchlage vor, die Gläubiger unter 2000 4 oder die, die ihre Forderungen auf 2000 4 ermäßigen, voll zu befriedigen. Es handle ſich im Ganzen nur um die geringe Summe von etwa 24000&, was gegenüber den übrigen Gläubigern keine große Rolle ſpiele. Der beeidigte Bücherreviſor Dr. Fluch ſprach dann über die buchtechniſche Seite und erläuterte den Status im einzelnen. Die Schulden betragen bekanntlich 1549 447 4, das Rohvermögen 952 853, die Ueber ⸗ ſchuldung ſonach 596 594 /, ſo daß etwa 48 v. H. in der Maſſe liegen würden. In der Ausſprache wurde zunächſt der Fall Prat⸗ teln aufgegriffen, der unbedingt weiter geklärt werden müſſe, insbeſondere ſetzte ſich ein Vertreter der DD⸗Bank für eine reſtloſe Klärung dieſes Punktes ein. Ferner wurde bemängelt, daß keine Gläubigerliſte ausgegeben wurde. Dr. Freund ließ dann eine ſolche zirkulieren, auf der 20 Namen bezw. Firmen der Höhe ihrer Forderungen nach verzeichnet waren. An der Spitze ſteht die DD Bank, wozu zu bemerken iſt, daß 178 848„ Bank⸗ ſchulden abfonderungsberechtigt ſind und daß darüber hinaus Banken mit 696 890„ am Verfahren beteiligt ſind. Demgegenüber ſind 231 753„ Vermögenswerte verpfändet. Von den auf der Liſte ſtehenden Firmen wurden die erſten 14 als Großgläubiger bezeichnet; insgeſamt handle es ſich um rund 60 Gläubiger, wovon 48 unter 2000 l, 17 über 2000„ zu erhalten haben; unter den 14 Großgläubigern ſind 8 holländiſche, engliſche und ſchweize⸗ riſche Firmen. Die Verſammlung wählte einen Gläubigeraus⸗ ſchunß, beſtehend aus den Herren Dr. Rieſterer, DD.⸗Bank, Mannheim; RA. Dr. Roſenfeld, Mann⸗ heim(Vertreter der Forderungen der an zweiter Stelle ſtehenden Firma Rudig u. Veder, Rotterdam; Dr. Köhler, Mannheim(Vertr. der Firma Price u. Pierce, London); Gratenau i. Fa. H. u. A. Gratenau⸗Bremen als Vertreter der Großgläubiger und Langenſtein i. Fa. Sägewerk Langenſtein als Vertreter der kleinen Gläubiger. Der Gläubigerausſchuß wurde beguftragt, die Verträge, Akten und Protokolle, ſowie die Schſedsgerichts⸗ entſcheidung wegen Prattels nachzuprüfen und bevollmäch⸗ tigt, nötigenfalls das Vergleichsverfahren zu beantragen, um die Maſſe vor Zugriffen zu ſchützen und das Ergebkhis ſeiner Prüfung einer neuen Gläubigerverſammlung, gleichzeitig mit etwaigen Vorſchlägen vorzulegen. * Dampfziegelei Kirchheimbolanden Ach. in Kirchheim⸗ bolanden.— Wieder Verluſtabſchluß. Nach der vorliegen⸗ den Bilanz per 1. Dez. 1929 beträgt der Geſamteingang ſür Waren im verfloſſenen Geſchäftsfjahr 57 961 /, ſo daß nach Abdeckung der Betriebsunkoſten von 56 761/ und der Zinſen, Steuern, Verſicherung uſw., die insgeſamt 15 796 erforderten, ſich bei einem Ask. von 100 000/ ein Ver luſt von 15 196 4 ergab, der ſich durch den letzt⸗ jährigen Vortrag auf 48318 erhöhte. In der Bilanz erſcheinen neben dem AK. 44.651/ Hypotheken und 1534„ Akzepte, u. a. ein Darlehen auf ſeſte Termine von 50 000, Bankſchulden mit 38 658/ und Kreditoren mit 34 374 /, denen an Aktiven Warenvorräte mit 19 950 4, Debitoren mit 18 282/ und das mit 182 298, bewertete Fabrikanweſen gegenüberſtehen. Die Bilanz iſt ſomit ſtark angeſpannt. Erwähnt ſei, daß bereits im Jahre 1927 ein Zuſchuß der Aktionäre von 10 000 4 er⸗ forderlich wurde und trotzdem ein Verluſt von 6459 1 verblieb. Bemerkenswert iſt auch, daß das Fabrik⸗ anweſen heute mit 182 000 4 eingeſchätzt wird gegen nur 135 0060/ Ende 1927. “ Neußer Papier- und Pergamentpapierfabrik AG., Neuß. Die Geſellſchaft, die im Vorjahre eine Dividende von 8 v. H. verteilte, hat auch im abgelaufenen Geſchäfts⸗ jahr befriedigend gearbeitet, ſo daß mit einer Dividenden⸗ denerhöhung gerechnet wird, trotzdem das AK. von 1 auf 3» Mill.„ erhöht wurde. * Ammendorfer Papierfabrik zu Ammendorf bei Halle a. d. S. Aus einem Reingewinn von 586 788 /, gegen⸗ über 563 910„ i.., wird der HV. vorgeſchlagen, auf die alten 4 Mill.„ StA. 10(i. V. 12) v. H. Dividende auszuſchütten. Durch die Verbeſſerungen und Erweite⸗ rungen der Anlagen konnten laut Bericht oduktion und Leiſtungsfähigkeit weſentlich erhöht werden. Trotz des Konjunkturrückgangs, von dem die Papierinduſtrie und deren Abnehmer ſchwer betroffen würden, konnte der Be⸗ trieb voll aufrechterhalten und ein verhältnismäßig nicht unbefriedigender Abſatz erzielt werden. a f 0 Aktieninder„ wee Der vom Statiſtiſchen Reichsamt errechnete Aktien⸗ index(192428— 100) ſtellt ſich für die Woche vom 6. bis 11. Okt. 1990 auf 94,3 gegenüber 97,7 in der Vorwoche, und zwar in der Gruppe Bergbau und Schwerinduſtrie auf 90,2(94,3), in der Gruppe verarbeitende Induſtrie auf 82,8(86,0) und in der Gruppe Handel und Verkehr auf 117,8(121.). * Verzugszinserhöhung der Deutſchen Tuchkonvention. Infolge der Erhöhung des Reichsbankdiskonts hat, wie „Der Konfektionär“ mitteilt, die Deutſche Tuchkonvention auf Grund der Beſtimmungen des§ 23 ihrer Verkaufs⸗ bedingungen den Satz für Verzugszinſen von 6 auf 7,5 v. H. und denjenigen für Vorzinſen von 6 auf 7 v. H. erhöht. Dieſe Abänderung gilt ab 10. Oktober 1930. Die Kraftfahrzeugproduktion im Auguſt Produktion und Abfatz der Kraftfahrzeuginduſtrie ſind im Auguſt lt.„Wirtſchaft und Statiſtik“ weiterhin beträcht⸗ lich zurückgegangen. Am größten iſt die Abnahme in der Kraftradinduſtrie, deren Produktion nur noch ein Drittel der im Vormonat erreichten Höhe beträgt. Ein Vergleich mit dem entſprechenden Monat des Vorjahres zeigt, daß die Produktion von Perſonen⸗ und Laſtkraftwagen nur rund die Hälfte der damals erzeugten Stückzahl aus⸗ macht. Die Produktion von Krafträdern iſt ſogar auf 18 v. H. des Standes vom Auguſt 1928 geſunken. Die Abſatzverminderung in der Perſonenwagenindu⸗ ſtrie entfällt zum größeren Teil auf die deutſchen Werke. Ihr Anteil am Geſamtabſatz iſt von 79,5 v. H. auf 79,0 v. H. im Berichtsmonat zurückgegangen. An der Abnahme des Abſatzes von Laſtkraftwagen ſind die deutſchen Fa⸗ briken ebenfalls ſtärker als die ausländiſchen Montage⸗ betriebe beteiligt. Der Anteil der Montagewerke am Ge⸗ ſamtabſatz von Laſtkraftwagen iſt von 37,0 v. H. im Juli auf 37,6 v. H. im Auguſt geſtiegen. Die Inderziffern für die Produktionsentwicklung der Kraftfahrzeuginduſtrie(Monatsdurchſchnitt 1928 100) ſtellten ſich im Auguſt 1930 für Perſonenkraftwagen deut⸗ ſcher Fabriken auf 55,7 gegen 70,8 im Juli d.., auslän⸗ diſcher Montagefabriken auf 42.0(53,1), für Laſtkraftwagen deutſcher Fabriken auf 44,0(47,8), ausländiſcher Montage⸗ fabriken auf 53,7(80,5) und für Krafträder deutſcher Fa⸗ briken auf 15,0(44,2). .—— 5 Warenhausmſätze im Auguſt.—.5 v. H. kleiner als im Vorjahr. Während die Umſätze im Einzelhandel im erſten Halbjahr um rund 5 v. H. unter Vorjahrshöhe, im. Auguſt um rund 9 v. H. unter denen im Auguſt 1929 lagen, gingen bei den Warenhäuſern im er ſten Halb⸗ fahr 1930 die geſamten Umſätze gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahrs um 3 v. H. zurück, im Auguſt um 55 v.., in Nahrungs⸗ und Genußmitteln hielten ſich die Umſätze im Auguſt ebenſo wie im Juli ſogar um rund 5 v. H. über Vorjahrshöhe. Am günſtigſten lagen die Umſätze in Damenkonfektion mehr 8 p..) Den ſtärkſten Rückgang haben die Umſätze in Herren⸗ wäſche(—15 v..) und in Damenwäſche(10 v..) zu verzeichnen. Der Rückgang der wertmäßigen Umſätze in der letzten Zeit iſt zum Teil durch Preisſenkungen zu erklären. Darüber hinaus dürfte in dieſen Monaten mit einem Rückgang der Mengenumſätze zu rechnen ſein. Der Schweizer Außenhandel im September. Die ſchweizeriſchen Außenhandelsziffern für die erſten 9 Monate ds. Is. zeigen das Anhalten der Wirtſchafts⸗ depreſſion, wenn ſie auch in der Schweiz noch kein bedroh⸗ liches Ausmaß angenommen hat. Die geſamte Ausfuhr ging von 1524 Mill. Sfr. auf 1323 Mill. Sfr. zurück. Der Import verminderte ſich von 1974 auf 1881 Mill. Sfr. Der Goldimport betrug im September 106 Mill. Sfr. Der Paſſivſaldo der Handelsbilanz beläuft ſich auf 558 Mill. Sfr. gegenüber 450 Mill. Sfr. in den erſten 99 Monaten des Jahres 1929. * Englands Außenhandel weiter rückläufig. Der eng⸗ liſche Außenhandel geht immer weiter zurück. Obwohl der September einen i eg mehr hatte, iſt der Wert der Importe im Vergleich zum Auguſt von 79,0 auf 78,6 Pfd. Sterl. zurückgegangen, während ſich der Wert der Ausfuhr engliſcher Produkte von 22,77 auf 42,74 Mill. Pfö. und der Wiedergusfuhr von 6,34 auf 5,39 Mill. Pfd. vermin⸗ dert hat. Im Vergleich zum September vorigen Jahres iſt der Wert der Einfuhr um rund 19,7 Mill., der Ausfuhr engliſcher Produkte um rund 12.4 Mill. und der Wieder⸗ ausfuhr um rund 1,4 Mill. Pfd. geſunken.— Während der erſten neun Monate hat ſich der Wert der Importe im Vergleich zur gleichen Zeit 1929 um 112 Pfd. verringert, während der Wert der Ausfuhr engliſcher Produkte um 102,3 Mill. und der Wert der Wiederausfuhr um 16,7 Mill. Pſö, Steßl. zurückgegangen iſt. Die Paſſivität der engliſchen Handelsbilanz iſt demnach um 7 Mill. auf 274,4 Mill. Pfd. Sterl. geſtiegen. 2b ge be f. * Neuer Fünfjahresplan der Sowjethandelsflotte. Di Sowjetruſſiſche Seetransportverwaltung hat wie der Dod erfährt, einen Fünfjahresplan ausgearbeitet, wonach die Be⸗ teiltgung der Sowjettonnage am Export 25 v. H. anſtatt der bisherigen—8 v. H. betragen ſoll. Im Verlaufe des Jahr⸗ fünfts ſoll die Sowjethandelsflotte nach dem neuen Plan 551 Schiffe von insgeſamt 2,5 Mill. To. erhalten. Die ruſſiſchen Werften können indes bis zum Ende des Jahr⸗ fünfts nur 224 Schiffe von insgeſamt 950 000 To. fertig⸗ ſtellen. Das hierdurch entſtehende Defizit erreicht alſo 57 v. H. des Bedarfs und ſoll durch den Bau einer neuen Werft und der dazugehörigen Maſchinenfabriken gedeckt werden. Infolgedeſſen erwägt man zur Zeit den Bau einer neuen Werft und zwar in Mariupol am Aſowſchen Meer und zwar zur Herſtellung mittlerer und großer Schiffe. Pb õõã ĩ ͥ VVV ã Vb ã ͤ Die Zukunft des Roggens Im Rahmen der Vierteljahreshefte zur Konjunkturforſchung, erſcheint jetzt als Sonder⸗ heft 20, eine Arbeit von Herrn N. Jasny, über das Roggenproblem unter obigem Titel. Der Verfaſſer führt zunächſt in die biologiſchen und techniſchen Grundlagen des Roggenbaus und der Roggenverwendung ein. Er behandelt alsmann die Roggenwirtſchaft in außerordeutſchen Ländern und ſehr eingehend in Deutſchland. In einer Zuſammen⸗ faſſung wird die Stellung des Roggens in der Weltwirt⸗ ſchaft illuſtriert. Die Arbeit ſchließt mit einem Geſamt⸗ überblick, in dem feſtgeſtellt wird, daß der Roggen von an⸗ deren Getreidearten mehr und mehr zurückgedrängt wird. Dieſe Zurückdrängung ſei darauf zurückzuführen, daß ar! allen Verwendungsgebieten andere Getreidearten immer mehr vorgezogen werden. Am widerſtandsfeſteſten iſt die Verwendung des Roggens als Futtermittel, obwohl auch dieſe gewiſſe Nachteile aufweiſt. Seine im Vergleich zu den begrenzten Verwendungs möglichkeiten immer noch relativ, große Verbreitung verdankt der Roggen ſeiner Anſpruchs⸗ loſigkeit; doch ermöglicht die Verbeſſerueg der Bodenarbeit den Anteil des Roggens am Getreidebau immer mehr zu vermindern. Mit Verringerung des Anteils der Roggen⸗ produktion, der zu Brotzwecken Verwendung findet, ver⸗ ringere ſich auch der Anſpruch darauf, als Brotgetreide ver⸗ wertet zu werden. Die Preiſe des Roggens müßten als⸗ dann entſprechend ſeiner geringeren Eignung, als Futter⸗ mittel, unter die Preiſe der Futtergetreide abſinken. In Deutſchland konnten ſich dieſe in der ganzen Welt wirk⸗ ſamen Tendenz nicht voll auswirken durch den Antrieb, den die durch das Zollſyſtem geſchaffenen Preisverhältniſſe gaben. Dem Einfluß der Welttendenzen könne ſich Deutſch⸗ land heute nur noch durch ſtarke Verteuerung aller Futter⸗ mittel, ſowie alle Erzeugniſſe der landwirtſchaftlichen Ver⸗ edelungs induſtrie entziehen. Im übrigen erreichen ſolche Maßnahmen nur einen Aufſchub, nicht die Löſung des Roggenproblems. Dieſe könne nur erreicht werden durch ſolche Aenderungen in den Preisrelationen, die die Rog⸗ genproduktion im Einklang mit dem Bedarf bringen, ohne die Lage der landwirtſchaftlichen Veredelungsinduſtrie zu beeinträchtigen. Der nicht ganz geſunde Aufbau der deutſchen Landwirtſchaft(zu ſtarke Abſtellung auf Roggen und Hafer) ſei heute gegen den Anſturm der rationgliſierten Auslandskonkurrenz ohne Umſtellung nicht mehr zu halten. Soll nicht die landwirtſchaftliche Veredelungsinduſtrie preisgegeben werden, werde von der unbedingten Aufrecht⸗ erhaltung der Roggenpreiſe abgeſehen werden müſſen. * Offizielle Zink⸗Terminnotiz an der Berliner Metall⸗ börſe noch im Oktober. Wie wir hören, iſt mit der Ein⸗ führung der offiziellen Zink⸗Notierung an der Berliner Metallbörſe noch im Laufe des Oktober zu rechnen. Der Börſenvorſtand, der nach der Genehmigung zur Ein⸗ führung des offiziellen Terminhandels durch das RWM. lecialich noch die formelle Entſchließung über den Zeit⸗ punkt der Einführung vorzunehmen hat, wird ſeine Sitzung über dieſe Frage in der zweiten Oktobechälfte abhalten. Mit der Einführung des offiziellen Termin⸗ handels gehen die bisher dem Vorſtand des Vereins der Intereſſenten der Metallbörſe zuſtehenden Funktionen auf den Börſenvorſtand über. Der Heebſt 1930 im Lellertal Pp. Zell, 15. Okt. Während der Portugieſerherbſt in den weinbautreibenden Ortſchaften des Zellertales, dem äußer⸗ ſten Zipfel des pfälziſchen Weinbaugebietes an der heſſiſchen Grenze, mengenmäßig einen Vollherbſt erbrachte, fällt der Weißherbſt nicht ganz ſo gut aus. Trotzdem iſt man mit dem Geſamtertrag, der etwa einer/ Ernte entſpricht, zu⸗ frieden. Die Trauben waren gut ausgereift, doch etwas dickhäutig, ſodaß man für ein Fuder Wein zwiſchen 29 und 30 Logel Moſt gebrauchte. In Harxhei m, wo der Weiß⸗ herbſt bereits ſeit acht Tagen im Gange iſt, ſchreiten die Leſearbeiten nur langſam vor ſich, da die meiſten Winzer in Erwartung einer beſſeren Qualität ſich nicht allzu ſehr beeilen. Die Moſtgewichte gehen hier von 65 bis 80 Grad. Im Vexkaufsgeſchäft iſt es bisher ziemlich ruhig geblieben. In Niefernheim, wo es die erſten Tage ebenfalls ge⸗ ſchäftlich ruhig blieb, trat ſeit Freitag eine verſtärkte Nach⸗ frage auf, die ein Anziehen der Preiſe im Gefolge hatte. Vom ortsanſäſſigen Großhandel wurden größere Poſten Weißmoſte aufgekauft, wobei als höchſter Preis 15/ je Logel angelegt wurde. In Einſelthu m, wo der Herbſt bereits beendet, wurde bisher noch wenig verkauft. Die Moſtgewichte lauten hier auf 60 bis 75 Grad. In Zell iſt nun der Ertrag der Portugieſerernte vollſtändig verkauft, wobei zuletzt für die 1000 Liter zwiſchen 200 und 250/ be⸗ zahlt wurden. Auch der Weißherbſt, der mengenmäßig ſehr gut ausfällt, ergeben doch die meiſten Weinberge je Morgen (4200 Rebſtöcke) bis zu 2500 Liter Moſt, geht langſam zu Ende. Die kleineren Winzer ſind bereits fertig mit den Leſearbeiten. Die Moſtgewichte ſind nicht ſo hoch wie 1929. Sie betragen aus mittleren Lagen bis 70 Grad, aus beſſe⸗ ren Lagen bis 80 Grad. Nur vereinzelt, ſo bei Tokayer, der hier in größeren Mengen angebaut iſt, wurden bis 85 Grad ermittelt. Die Nachfrage war bisher gut, das Ge⸗ ſchäft trotzdem ſchleppend, da die Erzeuger vielfach ihre Er⸗ träge einlagerten. Bezahlt wurden für das Viertel(gleich 8 Liter).40 bis.50 4. In den Orten Bubenheim und Ottershe im, wo der diesjährige Rot⸗ und Weiß⸗ herbſt die Erwartungen übertraf, merkte man noch wenig von einem Herbſtgeſchäft. Einiges wurde zum Herbſtmittel⸗ preis abgeſetzt, zu feſten Preiſen dagegen noch nichts. Die Moſtgewichte gehen hier von 60 bis 78 Grad je nach Lage. Devisenmarkt Im beutigen Früß verkehr notieren Pfunde gegen New Vork 485,85 Schweiz 25. Stockholm 189.09 Paris 123 91 Holland. 12.05 ¾ Madrid 50,29 Brüssel 8 34.85 Oslo 16,16 ¼] Dollar geg. Rin..2070 Mailand 8260] Kopenhagen 16.16% Pfunde, 20.8% Frachtenmarkt Duisburg⸗Ruhrort 14. Okt. Das Geſchäft war an der heutigen Börſe wieder ſehr ſtill. Es wurden verſchiedene Kähne ab Kanal nach hol⸗ ländiſchen Stationen angenommen. Die Frachten nach Amſterdam wurden auf 50 Cents ab hier und 60 Cents ab Kanal inel. Schleppen erhöht. Das Berggeſchäft war wieder ſtill. Die Frachten blieben tal⸗ wie bergwärts unverändert. Im Talſchleppverkehr herrſcht noch immer großer Bodenmangel. —. 1 1 n renne „„„ 2 rn eee e Mittwoch, 15. Oktober 1930 Neue Mannheimer Zeitung Mittag⸗Ausgabe 7. Seite/ Nummer 477 4 1 Goldbedarf und Goldproduktion Das Inſtitut für Konjunkturforſchung ſetzt ſeine Ausführungen über das Goldproblem in ſeinem teſten Wochenbericht mit folgenden Darlegungen fort: Macht man den Verſuch, die Goldproduktton dem erfaß⸗ baren Goldbedarf gegenüberzuſtellen, dann ergibt ſich, daß zu Beginn des Jahrhunderts die Produftion den erfaß⸗ baren Bedarf überſchritt, in den letzten Jahren vor dem Krieg deckte ſie den Bedarf gerade noch. Seit 1920 iſt ein beträchtlicher Fehlbetrag entſtanden, der aus den„laten⸗ ten“ d. h. nicht näher erfaßbaren Goldvorräten der Welt⸗ wirtſchaft gebeckt werden mußte. Für die nächſten Jahre wird ein allmähliches Anwachſen des Goldbedorfes erwar⸗ tet; dagegen iſt bei der Goldproduktion eher eine minderung als eine Zunohme wahrſcheinlich. Südafrika liefert gegenwärtig weit über die Hälfte der jährlichen Goldproduktion der Welt. Die abbauwürdigen Erzvorräte Südafrikas haben jedoch in den letzten Jahren raſch abgenommen. Bei einer jährlichen Förderung von durchſchnittlich etwa 30 Mill. To. Erz werden die Erzvor⸗ räte in etwa 15 Johren erſchöpft ſein. Nach Schätzungen der füdafrikoniſchen Behörden würde die füda ikaniſche Golöproduktion 1949 nur noch 204 Mill./(gegenüber 904 Mill.„ im Jahr 1920) betragen. Auch in den anderen Goldgebieten der Welt iſt— nach einer Berechnung des Völkerbundes— keine weſentliche Zunahme der Gold⸗ erzeugung zu erwarten. Nur in Kanada iſt eine leichte Zunahme wahrscheinlich(von 167 Mill.„/ im Jahr 1929 auf 195 Mill.„ im Jahr 1940), die jedoch für die Geſamt⸗ verſorgung der Welt keine entſcheidende Rolle ſpielen wird. Eine Schätzung des Goldbedarfs in den nächſten zehn Jahren hat in füngſter Zeit der Völkerbund vorgenom⸗ men. Bei dem Goldbedarf für Währungszwecke werden dabei als Grenzfälle angenommen, daß die zu Währungs⸗ zwecken erforderlichen Goldbeträge etwa 33 bis 40 v. 5. des jeweiligen Beſtandes an Noten und anderen deckungs⸗ pflichtigen Verbindlichkeiten betragen werden. Die jähr⸗ liche Zunahme der monetären Goldbeſtände wird mit 2 und 3 v. H. angenommen. Für die einzelnen Noten⸗ banken iſt dabei für währungspolitiſche Zwecke ein Spiel⸗ raum an freiem Gold von etwa 7 bis 10 v. H. als not⸗ wendig erachtet. Selbſt unter den günſtigſten Voraus⸗ ſetzungen ergibt ſich ſpäteſtens in der zweiten Hälfte des laufenden Johrzehnts ein erheblicher Fehlbetrag, wenn man berückſichtigt, daß für nicht monetäre Zwecke jährlich für rund 750 bis 850 Mill./ Gold benötigt wird. Ver⸗ Draht⸗ und Schraubenfabrik Falkau AG., Falkau. Das kürzlich ſtillgelegte Unternehmen(AK. 160 000 4) ſchloß das Geſchäftsfahr 1929⸗860(30..) mit 165 940 Verluſt(i. V. 12 774) einſchließlich 10 520, Verluſtvor⸗ trag aus 1928⸗29. Innerhalb Jahresfriſt wurde alſo über das ganze AK. eingebüßt. Der Rohgewinw ging(vermut⸗ lich infolge Abgobe der Abteilung Holzſchraubenfabrikatiyn noch Neuß a. Rh.) auf 347 560(i. V. 669 991) 4 zurück; demgegenüber ſanken die Unkoſten nicht ausreichend auf 484519(657 865), Abſchreibungen wurden entſprechend ermäßigt vorgenommen mit 18 468(27 155). In der Bi⸗ lanz änderten ſich(in): Liegenſchaften 77 479(109 157), Fabrikeinrichtung 11 122(70 000), Waren 51 008(116 785), Bücheraußenſtände und Wertpapiere 170 116(221651); on⸗ dererſeits Rücklagen 40 000(unv.), Hypothekenſchuld 75 000 (86 500), Gläubiger 191 895(233 444). Das Werk hat hun⸗ dertunddrei Jahre beſtanden. Gewinnverringerung bei der Grammophongeſellſchaft 20 v. H. Stammdividende gegen 60 v. H. im Vorjahr. Die Phone Company ſchüttet für das Geſchäftsjahr bis 90. Juni 16 v. H. Schlußdividende aus(mithin 20 v. H. auf für das Jahr), während im Vorjahr die Dividende be⸗ das damals allerdings halb ſo große Kapital 60 v. H. trug. Der Rohgewinn iſt um 0,33 auf 0,87 Mill. Lſtr. zu⸗ rückgegangen(i. V. 1,2 Mill. Sſtr.) Das Ergebnis hat, obwohl man verſtändlicherweiſe mit einer Verringerung der Dividende gerechnet hat, an den Börſen ſehr enttäuſcht. * Fr. Kammerer A.., Pforzheim. Die HV. genehmigte die Bilanz für das Geſchäftsjahr 1930. Nach dieſer wurde ein Bruttogewinn von 43 939,22(81 265,71)% erzielt, der zu den geſetzlich erlaubten Abſchreibungen Verwendung fin⸗ det. Darüber hinaus entſtand aber ein Verluſt von 22 652,35 Mark, der durch Preisſtürze am Metallmarkt— hauptſäch⸗ lich durch den Kursrückgang für Feinſilber— hervorgerufen wurde. Er wird auf die neue Rechnung vorgetragen. Eine Dividendenverteilung kann daher nicht ſtattfinden. * Weiterer Produktionsrückgang bei Ford. Die Geſamt⸗ produktion der Ford Motor Co. im September 1930 belief ſich auf 97885 Wagen gegenüber 161 305 Wagen im Sept. v. Js. * Voransſichtlich keine Divibendenreduktion bei der Jul. Berger Tiefbau AG. Von der Verwaltung der Julius Berger Tiefbau AG., Berlin, wird mitgeteilt: Der erhebliche Kursrückgang unſerer Aktien veranlaßt uns, den Aktionären der Geſellſchaft zur Kenntnis zu bringen, daß der Gang und das Ergebnis unſerer Ge⸗ ſchäfte, die zum größten Teil im Auslande liegen, trotz der ſchlechten Lage des Baumarktes in Deutſchland, durch⸗ aus befriedigend iſt, ſo daß eine Herabſetzung der in den letzten Jahren ausgeſchütteten Dividende(1929: 20 v..) nach menſchlicher Vorausſicht nicht eintreten wird. * Nordödeutſche Tricotweberei vorm. Leonhard Sprick u. Co. AG., Berlin.— 5 v. H. Dividende. Die Verwal⸗ tung der Norddeutſchen Tricotweberei hat auf den 29. Oktober ihre ordentliche Hauptverſammlung ein⸗ berufen. Im Geſchäftsjahr 1929/30 konnte nach Infor⸗ mationen des DHD. ein Gewinn von rd. 109 000 1 er⸗ zielt werden, der nicht nur die Deckung des Verluſtvor⸗ trages von 55 485/ ermöglicht, ſondern darüber hinaus noch die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung mit 5 v. H. auf das AK. von 800 000 4 geſtattet. Ein noch verbleibender Reſt von 13 500/ wird vorgetragen werden. § AG. für ſchleſiſche Leinen⸗Induſtrie(vorm. C. G. Kramsta u. Söhne) Freiburg i. Schl. Die HV. genehmigte nach langen Auseinanderſetzungen den Abſchluß für 1929. Der für 1929 ausgewieſene Ver luſt von 1 290 827 J, der ſich um die Vorjahrsverluſte auf insgeſamt 4 175 433 4 er⸗ höht, wird nach Inanſpruchnahme des Reſervefonds von 31 927„ mit 4 143 505 4 vorgetragen. In den letzten Mo⸗ naten haben ſich die Umſätze wieder gebeſſert, ſo daß man die Lage zuverſichtlicher beurteilt, wenn nicht neue Kon⸗ junkturverſchlechterungen eintreten. Die Zuſammenſchluß⸗ beſtrebungen in der ſchleſiſchen Textilinduſtrie gehen weiter. * Guano ⸗Werke Ac.(vorm. Ohlendorfſſche und Merck⸗ ſche Werke), Hamburg— Produktivnsrückgang. Der Ge⸗ ſchäftsgang in dem bisher verfloſſenen Teil des Geſchäfts⸗ jahres 1990 war infolge der ſchwierigen Lage der deutſchen Landwirtſchaft wenig befriedigend. In der Produktion von künſtlichen Düngemitteln(Superphosphat), iſt lt. „B. B..“ obſatzmäßig ein Rückgang um—10 v. H. gegen⸗ über der gleichen Vorjahrsperiode zu beobachten. Auch das Herbſtgeſchäft habe den Erwartungen bisher nicht ganz entſprochen. Man hofft für die nächſten Monate auf eine Belebung des Geſchäftes. Großes Schöffengericht Mannheim Vorſ. Amtsgerichtsdirektor Dr. Kley. Vertreter der Anklagen Erſter Staatsanwalt Dr. Frey Hochſtapler auf Reiſen Immer kürzer werden die Pauſen im Wechſel zwiſchen Gefängnis und Freiheit bei dem 47 Jahre alten Techniker Adolf Blau aus Neidach. Im vorigen Jahre kam er aus dem Zuchthauſe. Jetzt hat er im Gefängnis einen Sprengſtoff erfunden, mit dem er die Reichswehr beglücken will. Er war nämlich kurze Zeit bei der Sprengkolonne auf der Zugſpitz⸗ bahn und nennt ſich Dr. chem. und Diplomingenieur. Bei ſeinen fortwährenden Betrügereien operiert er mit falſchen Schatzanweiſungen und einer Firma „Induſtrie⸗Union für Baubedarf“, die aber nur in ſeiner Phantasie beſteht. Seine Frau hat ſich von ihm getrennt, der Vater will nichts mehr von ihm wiſſen. In Maunheim legte er einen Bankdirektor mit 10 Mk. herein, angeblich weil ihm das Reiſegeld nach Stuttgart ausgegangen war. Er hatte ja, wie er ſagte, geſchäftliche Beziehungen mit dieſer Bank in Köln. Bei der Filiale in der Heidelbergerſtraße gelang ihm dieſer Schwindel nicht mehr: ein Rund⸗ ſchreiben der Zentrale der Bank warnte vor dem Schwindler. In Wiesbaden war der Verſuch eben⸗ falls vergeblich. In Bonn erſchwindelte er einen Photographenapparat im Werte von 150 Mk. und verſteigerte ihn in einer Wirtſchaft für 25 Mk., ein Schuhmacher, den er anpumpen wollte, wies ihn ab. In Mannheim ſtellte er ſich einem Wohnungsinhaber als ein Dr. chem. von der J. G. Farben vor und er⸗ ſchwindelte ſich dabei zwei Mittageſſen, um dann zu verſchwinden. Es iſt ihm ſcheinbar ganz recht, daß er jetzt zur Winterzeit wieder ein„Heim“ hat. Er wurde zu einem Jahr Gefängnis, ab 1 Monat Unterſuchungshaft, verurteilt. Ein gefährliches Früchtel Selbſt der Vater nennt ſeinen 22 Jahre alten Sohn Karl R. einen Stromer und Tagedieb und wünſcht ihm eine angemeſſene Strafe. Unter Eigen⸗ tumsvorbehalt kauft Karl R. eine Uhr und einen Ring auf Abzahlung und verkaufte Beides für 2 Mark. Einem Bekannten ſchwindelte er vor, er verſchaffe ihm ein Auto und lockte ihm Beträge von 10, 8 und 5 Mk. heraus, dann noch einmal 3 Mk. mit dem Verſprechen, er werde ihm ein Leumundszeugnis für einen Führerſchein beſchaffen. Am Friedrichs⸗ platz holte er aus einem Auto einen Leica⸗Photo⸗ graphenapparat im Werte von 250 Mk. und verſetzte ihn im Pfandhauſe für 25 Mk. Den Pfandſchein ver⸗ kaufte er für 3 Mk. an eine Frau Martha Sch. Dieſe verkaufte den Schein durch den Kaufmann Martin., der wieder die Auftraggeberin um 5 Mk. betrog, in⸗ dem er angab, er habe von dem Althändler Eugen B. nur 10 Mk. erhalten. In Wirklichkeit hatte er 15 Mk. erhalten. B. mußte den Apparat bald wieder dem Eigentümer zurückgeben. Das Gericht ſprach gegen den Hauptangeklagten eine Gefängnisſtrafe von 2 Jahren aus, ab 4 Wochen Unterſuchungs⸗ haft, gegen M. vier Wochen wegen Hehlerei und Betrug, gegen Sch. und gegen B. je 3 Wochen. Die Strafe des letzteren wurde in 150 Mk. Geldſtrafe um⸗ gewandelt. Ein Rohling von Vater In anonymen Briefen an die Staatsanwaltſchaft wurden dem 36 Jahre alten Arbeiter Joh. B. aus Neulußheim Handlungen im Sinne des 8 1783 an ſeiner Tochter im Jahre 1926 vorgeworfen. Mutter und Tochter fürchteten ſich vor dem gewalttätigen Menſchen. Dem Mädchen hatte er mit Hals⸗ abſchneiden gedroht, wenn ſie der Mutter etwas verrate. Aber ſie verriet es doch und in der erſten Erregung erzählte ſie es einem Bekannten. Vor Gericht verweigern Mutter und Tochter das Zeugnis. Der Beweis muß durch den Mann und Arbeiterinnen geführt werden, die mit der Mutter in der Fabrik ar⸗ beiten. Oft ſagte ſie:„Ich geh nicht mehr heim, ich häng mich auf“. Nach dem Gutachten von Med.⸗Rat Dr. Götzmann iſt der Angeklagte im Kriege durch eine Minenexploſion nervös, reizbar und jähzornig geworden. Unmöglich könne aber eine Handlung wie die Beſchuldigung der Tochter aus ſeinem Gedächtnis entſchwunden ſein. Der Angeklagte beſchwörte wiederholt mit erhobenen Fingern den Allmäch⸗ tigen, daß er es nicht getan habe. Durch hark⸗ näckiges Leugnen verſcherzte er ſich auch die mil⸗ dernden Umſtände. Das Gericht erkannte auf 1 Jahr Zuchthaus. p. § Zuchthaus für einen Stadtbaumeiſter. Vor dem Großen Schöffengericht Gießen hatte ſich der Leiter des Butzbacher Stadtbauamtes, Stadtbaumeiſter Scherer, wegen Vergehens im Amt zu ver⸗ antworten. Nach der bis in die ſpäten Abendſtun⸗ den dauernden Verhandlung, zu der ein großer Zeugenapparat aufgeboten war, wurde der Ange⸗ klagte zu einem Jahr zwei Wochen Zucht⸗ haus verurteilt. Ein MHaupttreffer der Staatslotterie und hr Glück ist gemacht aft Lose bei den stsetl lotterile-Finnshmen in Mannheim Näh- u. Ffickarbeiten werden angenommen. H 5. 1, 1 Tr. rechts *6884 Geldverkehr ypofheken, Darſehen Bau⸗ und Kaufgeld, 8442 BUneER 81.8 (ERZ GRABEN d.9 D* MARTIN Ci. A[MöHlER K. STURNMER OT TI böchen erlernen? Wo kann funge Dame den Haushalt und Angeb. u. U I 69 an die Geſchſt. KHorblische. und sessel in großer Auswahl billigſt! Teilhaber wenden ſich an B. Richards, Maunheim, N 7. 2 a. 6814 Zur Geſchäftserwet⸗ terung ſuche ich einige 1000 Mark B4525 Schlaganfalles unser lieber Amtsgenosse Prolessor Haago Drös nahen Unterricht. halten wird. Mannheim, 14. 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Der Todeskandidat hatte jedoch nur eine Bitte, er wollte möglichſt viel Polenta eſſen, ein Gericht, das aus Maismehl be⸗ ſteht und mit Käſe überbacken wird. Dieſe Bitte wurde ihm auch gewährt, und der Delinquent ver⸗ ſpeiſte beträchtliche Men gen. Nach der aus⸗ giebigen Mahlzeit wünſchte er allein zu bleiben, er duldete nicht einmal den Beſuch eines Geiſtlichen. Am nächſten Morgen ließ er ſich ruhig, ja beinahe apa⸗ thiſch, zur Richtſtätte führen, und er ſteckte den Kopf in die Schlinge, ohne ſich auch nur die geringſte Ge⸗ mütsbewegung anmerken zu laſſen. E Vor einigen Tagen wurde auf der Eiſenbahnlinie, die von Paris nach Chantilly führt, die Leiche eines Mannes gefunden. Man glaubte zunächſt an ein Verbrechen, aber die ärztliche Unterſuchung er⸗ gab, daß der Mann verhun gert war. Da die Leiche in Lumpen gekleidet war, glaubte man, einen Landſtreicher vor ſich zu haben. Man fand jedoch bei näherer Unterſuchung einen Brief in der Taſche des Toten, der an einen Pariſer Anwalt gerichtet war. Ein zweiter Brief, den der Tote bei ſich trug, war an eine Frau adreſſiert, und dieſes Schreiben beſtand nur aus einem Satz:„Du haſt mich zugrundegerich⸗ tet.“ Nach längeren Nachforſchungen ſtellte ſich heraus, daß der Tote ein gewiſſer Paul Big uelly war, der ein großes Vermögen beſeſſen und zu den bekann⸗ teſten Erſcheinungen des Pariſer Nachtlebens gehört hatte. Biguelly ſtammte aus einer ſehr reichen Familie, er beſaß eine eigene Villa und zwet Luxusautos. Außerdem war er ein leidenſchaftlicher Spieler, der jedoch faſt immer unglücklich operierte. Als ſeine Verluſte eine beträchtliche Höhe erreicht hatten, griff Biguelly zu einem Betrugsmanöver. Er zeigte in den großen Pariſer Zeitungen den Tod ſet⸗ nes Vaters an und überſandte außerdem an alle Be⸗ kannte die Trauernachricht. Daraufhin benutzte er den angeblichen Tod ſeines Vater 8, um eine Bank zur Gewährung eines größeren Kredits zu be⸗ wegen. Später ſtellte ſich dann heraus, daß der Vater noch lebte und nicht daran dachte, die Schulden ſeines leichtſinnigen Sohnes zu bezahlen. Aber trotzdem vermochte es der geſchickte Betrüger, immer wieder beträchtliche Summen aufzutreiben, die ihm ein Verbrecherkönig Diamond niedergeſchoſſen Jack Diamond, der vielgehaßte amerikaniſche Verbrecherführer, der vor ſeinen Feinden nach Europa geflüchtet war und von der Polizei wieder nach Amerika ausgeliefert wurde, iſt in Newyork von unbekannten Tätern durch Revolverſchüſſe ſchwer verletzt worden. Wohr⸗ ſcheinlich handelt es ſich um einen Anſchlag des Verbrecher⸗Gegenkönigs Al Capone. luxuriöſes Leben ermöglichten. Erſt in letzter Zeit ſcheinen ihm die Mittel ausgegangen zu ſein, denn die Aerzte, die den Toten unterſucht haben, ſind der An⸗ ſicht, daß er buchſtäblich verhungert iſt. Vor einiger Zeit wurde in Rotterdam eine junge Frau ermordet, und dieſes Ver⸗ brechen rief umſo größeres Aufſehen hervor, als man in Holland nur verhältnismäßig ſelten von Kapitalverbrechen hört. Das merkwürdigſte an dieſer Mordtat jedoch iſt, daß der Mörder durch ein zwölf jähriges Mädchen entdeckt wor⸗ den iſt, und daß der Indizienbeweis aus einem Zigarrenſtummel beſteht. Als Mörder der Frau iſt ihr Schwager verhaftet worden, der auch bereits ein Geſtändnis abgelegt hat. Er haßte ſeine Schwägerin, denn er vermutete, daß ſein Bruder ihn auf ihr Betreiben aus ſeiner Stellung entfernt habe. Ueberdies befand ſich der junge Mann in Geldſchwierigkeiten, und ſo beſchloß er denn, ſeinen Bruder zu beſtehlen. Da er aber zufällig in der Wohnung die Frau antraf, ermordete er ſie mit einem Beil. Kurz nach der Tat wollte ein zwölf⸗ jähriges Mädchen die Ermordete beſuchen. Das Kind fand die Wohnungstür verſchloſſen. Da ihr auf mehrfaches Läuten niemand öffnete, bat das kleine Mädchen eine Nachbarin, die Tür zu öffnen. Zufällig beſaß dieſe einen Schlüſſel, der auch zur Wohnung der Ermordeten paßte. Sie öffnete alſo die Tür und ging dann fort. Das Kind ging in die Wohnung und ſah die Leiche der Getöteten in einer Blutlache. Das erſchreckte Mädchen lief nach Hauſe, ging dann aber zur Polizei und berichtete, was es geſehen hatte. Dabei erzählte das Mädchen, daß ihr folgendes aufgefallen ſei. Vor dem Bett des Kindes der Ermordeten habe es einen Zigarrenſtummel gefunden. Bei näherer Unterſuchung ergab es ſich, daß dieſer Zigarren⸗ ſtumpf aus einer beſonderen Tabakſorte beſtand, und da man wußte, daß der Schwager der Ermorde⸗ ten derartige Zigarren rauchte, kam man ſogleich auf die richtige Spur. Es gelang, den inzwiſchen ge⸗ flüchteten Mörder zu verhaften und zu einem Ge⸗ ſtändnis zu bringen. Ein merkwürdiges Preisausſchreiben hat ſoeben — wie die„Literariſche Welt“ berichtet— die Brüſſe⸗ ler Zeitſchrift„Le Rouge et le Noir“ veranſtaltet. Vom 1. September ab will dieſe Zeitſchrift einmal wöchentlich einen Artikel einer Zeitung oder Zeitſchrift bringen, den ſie für den lächerlichſten und dümmſten dieſes Zeitabſchnitts hält. Die Leſer der Revue werden aufgefordert, am Ende jedes Monats zu entſcheiden, welcher von den vier Artikeln der dümmſte geweſen iſt. Am Ende des Jahres ſoll dann entſchieden werden, welcher Artikel den Preis der Dummheit erhalten ſoll, und der Preisträger— oder, wenn deſſen Name nicht bekannt iſt, ſein Verleger— wird ein Diplom erhalten, das kunſtvoll aus Eſelshaut verfertigt werden ſoll. Aber auch die Leſer ſollen ſich daran beteiligen, denn der⸗ jenige, der ungefähr die Rangordnung vorſchlägt, die ſpäter die Jury annimmt, ſoll einen Preis von 160/ erhalten, und ebenſo ſoll derjenige Leſer mit demſelben Betrag bedacht werden, der erraten hat, welches der wirklich dümmſte Artikel iſt. Man nimmt an, daß Journaliſten von dieſem Publikumswett⸗ bewerb ausgeſchloſſen werden, denn es iſt ſonſt zu befürchten, daß viele Einſender die günſtige Gelegen⸗ heit benutzen würden, um verhaßten Kollegen den Preis der Dummheit zuzuweiſen. Man muß den Amerikanern zugeſtehen, daß ſie es wirklich verſtehen, alle Angelegenheiten des menſch⸗ lichen Lebens praktiſch auszunutzen. So gibt es ſeit längerer Zeit in Nevada ein kleines Städtchen, Reno, deſſen Einwohner beträchtlichen Nutzen aus der Tatſache ziehen, daß in Reno Scheidungen am laufenden Band vorgenommen werden. In keiner Stadt der Welt kann nämlich eine Ehe mit ſolcher Schnelligkeit getrennt werden, wie in Reno. Für die Prodezur ſelbſt gibt es ein beſtimmtes Schema, das in wenigen Minuten erledigt iſt. Der Richter befragt beiſpielsweiſe die Gattin nach ihrem Wohn⸗ ort und nach dem Scheidungsgrund. Gewöhnlich wird dann grauſame Behandlung als Scheidungs⸗ urſache angegeben, und wenn die Dame noch ver⸗ ſichert, daß ein weiteres Zuſammenbleiben mit dem Gatten ihr geſundheitlichen Schaden zufügen würde, wird die Scheidung ausgeſprochen. Allerdings haben die geſchäftstüchtigen Stadtväter dieſe angenehme Scheidungsart mit einer Bedingung verknüpft: wenn man in Reno geſchieden werden will, muß man unbe⸗ dingt drei Monate in dieſem Ort gewohnt haben. Selbſtverſtändlich verſuchen die Leute, die es ſich lei⸗ ſten können, ſich dieſen unfreiwilligen Aufenthalt möglichſt angenehm und abwechſlungsreich zu ge⸗ ſtalten. Bälle und Geſellſchaften werden veranſtaltet, Ausflüge arrangiert, und ſo verfliegt denn die Zeit mit Windeseile. Aber nicht nur Scheidungen werden in Reno ausgeſprochen, auch neue, zarte Bande wer⸗ den angeknüpft, ſodaß zwiſchen Scheidung und Wieder⸗ verheiratung oft nur wenige Tage liegen. Ein Transport durch das über⸗ ſchwemmte Ufergebiet der Moſel. 2 Schweres Hochwaſſer im Moſelgebiet Die völlig überſchwemmten Promenaden⸗ anlagen der Stadt Cochem. Im Hinter⸗ grund Burg Cochem Von Trier bis Koblenz iſt das Ufer längs der Moſel durch den wochenlangen Regen vom Hochwaſſer ſchwer überſchwemmt. Beſonders ſtark ſind die Ueberſchwemmungen bei Cochem, wo das Waſſer oft metertief in Uferſtraßen und tiefer gelegenen Stadtteilen ſteht. Die Vombe im Poſtwagen Um neue Tricks ſind die amerikaniſchen Verbrecher nie verlegen. Sie erbringen auf dieſem Gebiete Be⸗ weiſe von weit größerer Erfindungsgabe, als die phantaſiereichſten Kriminalnovelliſten ſte beſitzen. Hier der jüngſte Fall: Der Pullmanzug S 204 befand ſich auf der Fahrt nach Newyork kurz hinter Chicago. Es war Nacht, und ſelbſt der Telephoniſt döſte ein wenig. Da rüttelte ihn der Anruf wach:„Hier Streckendienſt Chicago. Wir erfahren, daß Verbrecher in Ihrem Poſtwagen eine Bombe nieder⸗ gelegt haben. Sie wird um 22 Uhr explodieren. Das Verſteck ſelbſt wiſſen wir nicht. Sie haben nur noch zehn Minuten Zeit. Laſſen Sie ſofort den Zug hinter dem Poſtwagen abkuppeln! Die Maſchine ſoll den Wagen mindeſtens einen Kilometer weiter fah⸗ ren, auf offener Strecke ſtehen laſſen, und flüchten. Paſſagiere im Zuge laſſen und beruhigen! Schluß“. Der Telephoniſt ſtürzte aus ſeiner Zelle, zog die Notbremſe, alarmierte den Zugführer. End⸗ lich ſtand die Wagenſchlange.„Was iſt denn los?“ ſchrie der Maſchiniſt.„In acht Minuten fliegt der Poſtwagen in die Luft!“ brüllte ihm der Telephoniſt entgegen. Das Perſonal arbeitete um ſein Leben. Die Poſtſchaffner ſtürzten aus ihrem Wagen, der Zug⸗ führer kuppelte den Zug ab, die Maſchine raſte mit ihrer unheimlichen Gefolgſchaft davon. Die Reiſenden waren wach geworden und konnten nur mühſam davon überzeugt werden, daß die fürch⸗ terliche Gefahr beſchworen war. Endlich ſtand der Po ſtwagen einſam und verlaſſen auf offe⸗ ner Strecke, und das Zugperſonal wartete auf die Exploſton. Der gefürchtete Augenblick kam. Der Poſtwagen flog— nicht in die Luft. Eine weitere Viertelſtunde verſtrich. Da meldete ſich wieder der Fernſprecherz, Hier Streckendienſt Chicago. Wo ſtecken Sie denn mit Ihrem Zug? Sie haben ſchon 25 Minuten Verſpätung“. Das Geſicht des Telephoni⸗ ſten zog ſich bedenklich in die Länge, und es dauerte geraume Zeit, bis er dem Streckendienſt mitteilen konnte, er ſei zweifellos einem Gaunerſtreich zum Opfer gefallen. Seine Anſicht wurde be⸗ ſtätigt, als die Lokomotive nach einiger Zeit mit dem Poſtwagen zurückkam. Keine Exploſton hatte ſeine Eingeweide aufgeriſſen, aber der Inhalt aller Poſt⸗ ſäcke für Wertſendungen fehlte. Die Gauner hatten ja Zeit genug gehabt, die Tür des verlaſſenen Wagens aufzubrechen und fein Inneres gründlich zu unterſuchen. Der Tiger rettet dem Dompteur das Leben Zu einem aufregenden Zwiſchenfall, von dem je⸗ doch das Publikum kaum etwas merkte, kam es in Leipzig während einer Vorſtellung des Zirkus Hagenbeck aus Stellingen, der zurzeit in Leipzig auf dem Meßplatz gaſtiert. Als ſich der Dompteur Kaden kurz vor Beginn ſeiner Nummer zum Her⸗ austreiben der Tiger und Löwen in den einen der großen Tigerwagen begeben hatte, wurde er plötz⸗ lich von einer Inſeltigerin angefallen und gegen die Käfigwand geſchleudert. Die Tigerin ſprang auf den am Boden liegenden Dompteur und verſuchte, ihn am Hals zu faſſen. Ehe er jedoch die im Stallzelt anweſenden Wärter um Hilfe rufen konnte, hatte ſich im Käfig ein Schauſpiel ereignet, das Zeugnis ablegt von der Treue eines anderen Tigers gegenüber ſei⸗ nem Dompteur. Im Augenblick der großen Gefahr hatte ſich ein Tigermännchen auf das raſende Tiger⸗ weibchen geſtürzt und es durch einige Biſſe ins Ge⸗ nick auf der Stelle getötet. Der Dompteur Kaden er⸗ litt nur einige leichte Abſchürfungen, konnte jedoch mit unmerklichlicher Verzögerung die Vorführung beginnen. Dieſes ſeltene Eingreifen eines Tigers iſt wahrſcheinlich damit zu erklären, daß Kaden das Tier ſelbſt aufgezogen hat. Die erſte Dreigurtbrücke der Welt in Düren(Ruhr) 2 Die 78 Meter lauge Brücke über die 8 Ruhr bei Düren, die dieſer Tage dem Verkehr übergeben wurde, ſtellt die erſte Dreigurtbrücke der Welt dar. Die eigenartige Konſtruktion ſtammt von Reichsbahnoberrat Dr. ing. Tils. Die Kleidung der weiblichen Abgeoroͤneten Nach langwierigen und ernſten Ueberlegunges wurde in England ein Beſchluß in Bezug auf die Hüte, die die weiblichen Abgeordneten im engliſchen Parlament zu tragen haben, gefaßt. Wie bekannt, gehört der hohe Zylinder ſozuſagen zur Uniform der männlichen Mitglieder des engliſchen Parlaments. Man konnte aber von den Damen kaum verlangen, daß ſie ſich eine ſolch monſtröſe Kopfbedeckung auf⸗ ſetzten. Es wurde deswegen die Frage geſtellt, ab man den weiblichen Abgeordneten irgendeine andere Kopfbedeckung aufzwingen oder ob man es ihrem freien Bemeſſen überlaſſen ſollte, im Hut oder ſogar ohne Hut auf den Bänken des Unterhauſes Platz zu nehmen. Das Prinzip der freien Wahl hat geſiegt, und die Damen ſitzen im engliſchen Parlament in beliebigen Hüten oder tragen ihre ondolierten Locken zur Schau. Eine ähnliche Frage auf dem Gebiete der Klei⸗ dung der weiblichen Abgeordneten entſtand vor kur⸗ zem in den Vereinigten Staaten. Eine Abgeordnete im Repräſentantenhaus des Staates Maſſachu⸗ ſetts erſchien eines Tages zur Sitzung in ein⸗ facher Arbeitskleidung. Ein gewöhnlicher Arbeitsrock aus billigem Satin verhüllte ihre ele⸗ gante Nachmittagstoilette. Die mutige Frau Edith Rogers, die als erſte Abgeordnete dieſe ſimple Mode einführte, erklärte, daß das Repräſentantenhaus für ſie keine Stätte des geſellſchaftlichen Verkehrs, ſon⸗ dern eine Arbeitsſtätte ſei, und für eine ſolche eigne ſich der gewöhnliche Arbeitsrock am beſten. Die Beſtürzung der erſten Tage wich einer Aner⸗ kennung, und nach einiger Zeit iſt es im Staate Mafſachuſetts zu einem ungeſchriebenen Geſetz ge⸗ worden, daß die weiblichen Abgeoroͤneten im Staats⸗ parlament im Arbeitsrock zu erſcheinen haben. Frau Rogers iſt ſtolz darauf, ihren praktiſchen Gedanken durchgeſetzt zu haben. Eine lebende Ameiſenfalle Auf der Sunda⸗Inſel Borneo lebt das ſoge⸗ nannte Schuppentier, ein Ueberbleibſel einer entſchwundenen Epoche der Erdgeſchichte. Statt der Haare beſitt ſein ganzer Körper einen Panzer von Hornſchuppen, die ihm Schutz gegen die Unbilden der rauhen Welt gewähren. Die Schuppen können auch hochgeſtellt werden, z. B. um der Haut Luft zu⸗ zuführen. Der ſchwediſche Zoologe Erie Miöberg erzählt in ſeinem bei F. A. Brockhaus, Leipzig, er⸗ ſchienenen Buch„In der Wildnis des tropiſchen Ur⸗ waldes“ von einer intereſſanten Liſt, bei der er das Schuppentier beobachten konnte. Das Tier lebt nur von Ameiſen, die es zu Hunderten mit ſeiner langen, klebrigen Zunge aufleckt. Dann und wann fällt es ihm aber ſchwer, ſich an dieſen kleinen und ſchnell beweglichen Tieren ſatt zu eſſen. Dann greift das Schuppentier zu einem geriſſenen Kniff. Im ſanften Trab erforſcht es die Umgegend und überzeugt ſich davon, wo gerade ein Ameiſenzug durch den Urwald wandert. Dort legt es ſich ruhig mitten in das Gewimmel, ſtellt ſich tot und richtet alle ſeine Schuppen hoch auf. Die Ameiſen ſtrömen herbei, begeiſtert über dieſes„gefundene Freſſen“ und krabbeln ohne Ahnung emſig zwiſchen die Schuppen. Merkt das Schuppentier, daß genug Ameiſen für eine reichliche Mahlzeit auf ihm herum⸗ kriechen, ſo legt es mit jähem Ruck ſeine Schuppe nieder und trabt mit den wie im Schraubſtock ge⸗ fangenen Ameiſen zum nächſten Waſſerpfuhl. Darin nimmt es ein Bad und hebt die Schuppen. Die Ameiſen verlaſſen ihre Gefängniszellen und kom⸗ men an die Waſſeroberfläche. Das Schuppen⸗ tier aber ſchöpft mit ſeiner klebrigen Zunge all das kleine Gewimmel ab, das da auf dem Waſſerſpiegel in Seenot zappelt. Hier gibt es nicht wie im Ur⸗ wald Rettung durch haſtige Flucht. Auf dieſe ein⸗ fache und findige Weiſe kommt das haar⸗ und zahn⸗ loſe Foſſil zu einem reichlichen Mahl. Der fürſtliche Brautmarkt Nach der Verlobung des bulgariſchen Königs Boris mit der dritten Tochter des italieniſchen Königspaares Prinzeſſin Giovanna, iſt der fürſtliche Brautmarkt Europas um eine glänzende Partie ärmer geworden. Die europäiſchen Herſcher⸗ häuſer werden ſich wohl, infolge der Knappheit der ebenbürtigen Ehepartnern gleich gezwungen ſehen, mit der uralten Tradition zu brechen, nach welcher nur Ehen von Angehörigen regierender fürſtlicher Häuſer untereinander als ſtandesgemäß gelten. Die Zahl der fürſtlichen Bräutigame und Bräute, die den regierenden Häuſern Europas angehören, iſt ſehr beſchränkt. Von den Thronfolgern ſind nur noch der Prinz von Wales und der däniſche Kron⸗ prinz Friedrich unverheiratet. Der letzte ledige König Europas war eben König Boris von Bul⸗ garien. Der italieniſche Thronfolger Umberto hatte ſich vor kurzem mit der Tochter des belgiſchen Herr⸗ ſcherpaares verheiratet. An fürſtlichen Bräuten herrſcht gleichfalls großer Mangel. Nach der Verlobung der Prinzeſſin Gio⸗ vanna von Italien verbleibt im italieniſchen Königs⸗ hauſe nur die jüngſte Prinzeſſin, die 16jährige Maria. Dabei iſt es intereſſant, feſtzuſtellen, daß die beiden älteſten Töchter des italieniſchen Königspaares keine ebenbürtige Partien gemacht hatten. Die Prinzeſſin Jolanda hat den italieniſchen Grafen Calvi di Ber⸗ golo, die Prinzeſſin Mafalda den heſſiſchen Prinzen Philipp geheiratet. Die Prinzeſſinnen des ſpaniſchen Kö⸗ nigshauſes, die 21jährige Infantin Beatrix und die 19 jährige Infantin Maria Chriſtina, haben be⸗ reits das Heiratsalter erreicht, haben aber auf eine königliche Partie ſehr wenig Ausſicht. Die rumäniſche Prinzeſſin Jleana machte vor kurzem von ſich reden: ſie wollte ſich mit einem einfachen adligen Mann verheiraten, und nur mit Mühe gelang es ihrer Mutter, ſie von dieſer Idee abzubringen. Große Schwierigkeiten bereitet der holländiſchen Königin Wilhelmine ihre einzige Tochter und Thronerbin Prinzeſſin Juliana, die ſich ener⸗ giſch weigert, einem der in Ausſicht genommenen Prinzen das Jawort zu geben. Von den jüngeren Prinzen ſind noch zu haben: die zwei jüngſten Söhne des engliſchen Königs Georg, der zweite Sohn des belgiſchen Königs Karl Theodor, der zweite Sohn des däniſchen Königs Knut und der Enkel des däni⸗ ſchen Königs Prinz Guſtav Adolf. Sollte man den älteſten Sohn des deutſchen Exkronprinzen, den Prinzen Wilhelm von Preußen noch hinzurechnen, ſo ergibt ſich die ziemlich troſtloſe Perſpektive: auf acht Bräutigame nur fünf Bräute. 2 — 1 8 erregen. 9. Seite/ Nummer 477 Mittwoch, 15. Oktober 1930 Neue Mannheimer Zeitung/ Mittag⸗Ausgabe Till 0 * Noch nie ist die überwältigende Reute letzter Tag Schönheit der Schweizer Alpen so e e Jie Kabfarpfinzes8 n noch nie erlebte der Beschauer so unmittelbar eine Filmhandlung in mit ANN ONDRA allen Phasen mit wie in[Verursachi Lachsiurme 55 Ein Groß- Lustsplel voller Shuationen u. Tempo mit dem ersten Ton- u. Sprech- Siegfr. 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