0 anee Abonnement: e een 70 Wiennig monatlich. Bringerlohn 20 Pig. monatlich durch die Boſt bez. inel. Poſt⸗ auſſchlag M..4 pr Quartal. Einzel⸗Nummer 8 Pfg. E E 6, 2. Inſetate: der Stadt Mannheim und Umgebung. Unabhängige Tageszeitung. Erſcheint woͤchentlich zwolf Mal. Seleſeuſte und nerbreitelſte Jeitung in Maunheim und Amgebung. (Mannheimer Volksblatt.) Telegramm ⸗ Areſſe: „Journal Maunheim“ Telephon⸗Nummern: Direktion u. Buchhaltung 1449 Druckerei⸗Bureau(An⸗ nahme v. Druckarbeiten 341 E 6, 2. ſchon am 25. Februar ſtatt und nahm nur eine einzige Sitzung in Anſpruch; auf dieſem Landtage kam der 23. Juni 1904 ins Land, und in fünf Vor⸗ und Nachmittagsſitzungen wurde das Kultuspenſum bewältigt. Dabei erklärten alle Redner, daß ſie auf die Geſchäftslage des Hauſes alle mögliche Rückſicht nehmen und„bei allen Leidenſchaften eine große und geſetzte Seele“ zeigen wollten. In der Tat muß man, wenn man alles nur in allem nimmt, geſtehen, daß die Kultusdebatte von 1904 ihre Jubiläums⸗Vorgängerin von 1902 an Wahrheit und Klarheit 27 bei weitem übertraf, daß auch die allgemeine Tonlage und Far⸗ bengebung eine relativ hohe geweſen.„Edle Einfalt und ſtille Größe“ darf man ja nur von den Kunſtwerken der Antike ver⸗ langen. Von den drei beherrſchenden Fragen iſt die Dotationsfrage bereits„berührt“ worden. Die Aufhebung des§ 2 des Je⸗ ſuitengeſetzes dürfen wir wohl in dieſem Juſammenhange als eine vollendete Tatſache hinnehmen. Somit bleibt uns nur übrig, ein Wort über die ſpezifiſch badiſche Kloſterfrage zu ſagen, ehe wir die Stellung der Regierung und der Parteien von unſerem Standpunkte zu rekognoszieren ſuchen. Bekanntlich hatte die Regierung am 3. Juli 1902 die Er⸗ Härung abgegeben, daß ſie der Zulaſſung von Niederlaſſungen männlicher Orden nicht grundſätzlich ablehnend gegenüberſtehe, daß ſie noch eingehende Erwägungen über die Modalitäten an⸗ ſtellen wolle, unter denen den Anträgen der Abg. Zehnter und Genoſſen entſprochen werden könne. Dieſe Unterſuchung beſtand in Erhebungen über die einſchlägige Geſetzgebung und Verwal⸗ kungspraxis aller deutſcher und auch auswärtiger Länder. Nach dieſer Vorbereitung trat die Regierung in Verhandlungen mit Kurie ein, wobei ſich eine Reihe„ſchwerwiegender“ Fragen ob. Darunter befanden ſich auch ſolche geſetzlicher Natur, wbbie z. B. das Geſetz vom 19. Februar 1874, die wiſſenſchaft⸗ liche Vorbildung der Geiſtlichen betreffend. So lautete denn die neueſte Regierungserklärung vom 21. Juni 1904: 8. 4 Pfg· Schluß der Inſeraten⸗Annahme ſür das Mittagsblatt Morgens 9 Uhr, für das Abendblatt Nachmittags 3 uhr. Redaktion 36377 2„ Expedition 2¹ — 23 00„*„ 8 Oie Nerlame⸗Zeile. 60„— Für unverlaugte Manuſeripte wird keinerlei Gewähr geleiſtet. Filiale(Friedrichsplatz) 815 —— „ Nr. 298 D St i 8 N onnerstag, 50. Juni 004.(Abendblatt.) —— wohl noch lange die Diagonale im Parallelogramm der ſtreiten⸗] Chemnitzer Genoſſen bitten, mich von meinem Mandat zu enk⸗ 8. Stimmungsbilder aus dem bad. Landtag. den Kräfte bilden wird.“ binden.“ Im 1 Schippel den Genoſſen äge. Don unferem Spezialkorreſpondenten) Als wir dieſe Zeilen niederſchrieben, war Eiſenlohr noch] Kautsky und damit auch die auf Kautskys Anſchauungen ſchwö⸗ 7589 LXVII. 625 1 55 5 und Nokk führte noch ein Jahr lang die rende offzielle Sozialdemokratie als vollſtändig befangen in Während der Seſſton von 1901/02 fand die Kultusdebatte eſchäfte des Kultusminiſteriums. Wir dachten an eine künftige„überkommenen Schablonen“. Ferner wird Kautsky von Schip⸗ 8 ungen die Zulaſſung von Männerklöſtern in Baden unter Wahrung aller dabei zu berückſichtigenden ſtaatlichen Intereſſen erfolgen könnte, iſt die Großh. Regierung im Sinne der am 3. Juli 1902 in der Zweiten Kammer abgegebenen Erklärung mit dem Herrn Erzbiſchof in Verhandlungen eingetreten. Dieſe Verhandlungen befinden ſich noch in den erſten vorbereitenden Stadien, und über den Gang der⸗ elben kann zur Zeit näheres nicht mitgeteilt werden. Von deren Ergebnis wird es abhängen, ob und unter welchen Bedingungen die Errichtung einiger Männerklöſter genehmigt werden kann.“ Indem wir dazu übergehen, ſelbſt Stellung zu der vorlie⸗ genden Streitfrage zu nehmen, ſchicken wir die Bemerkung vor⸗ aus, daß wir auch heute noch auf dem Grund und Boden ſtehen, den wir anno 1900 im 12. Briefe unſeres„politiſchen Er⸗ ziehungsproblems der badiſchen Gegenwart“ gezeichnet haben. Wir ſchrieben damals nach einem Rückblick auf die kirchen⸗ Naene Geſetzgebung Badens:„Nach langen und leidenſchaft⸗ ichen Kämpfen kam endlich das Geſetz vom 9. Oktober 1860 zuſtande, ein Werk, das nach allem, was vorausgegangen war, als eine relatio glückliche Löſung bezeichnet werden kann, das „Nach eingehender Prüfung der Frage, unter welchen Beding⸗ Regierung, die in echt konſtitutioneller und fortſchrittlicher Po⸗ litik auf allen Gebieten des modernen Staatslebens voranſtreben und die in dieſem Bewußtſein auch den Mut und die Kraft betätigen werde, die dazu gehören, wenn man einigen ſchweren Ballaſt aus der badiſchen Vergangenheit aufräumen will. Wir wären denn auch die Allerletzten geweſen, die gegen den neuen Kultusminiſter den Vorwurf der Illiberalität erhoben hätten, wenn er etwa bald nach dem Rücktritte ſeines Vorgängers das badiſche Land mit ein paar Klöſterlein überraſcht und zu gleicher Zeit nicht nur der bekannten„Rechtsauffaſſung“ der Kurie die Türe gewieſen, ſondern auch eine kräftige Initiative in der Schulfrage bekundet hätte. Es iſt aber ganz anders gekommen. Insbeſondere die Behandlung der Kloſterfrage war geeignet, einen leichten Schnupfen, der im Jahre 1901 eingetreten wäre, in einen heftigen Katarrh zu verwandeln. Durch dieſen hier nur leiſe angedeuteten Werdegang der Dinge von 1900—1904 iſt auch unſer Urteil zwar nicht im Grund alteriert, aber doch in ſeinen Schlußfolgerungen etwas modifiziert worden. Wir ſtehen nach wie vor auf dem Boden des Geſetzes von 1860. Aber wir ſagen: zur Zeit als dieſes Geſetz gegeben wurde, war die Regierung ſtark, die ultramontane Strömung ſchwach. Man konnte alſo damals dem Miniſterium Lameh recht wohl eine ſolche Blankettvollmacht geben. Heule liegen die Dinge umgekehrt. Angeſichts dieſer politiſchen Kon⸗ ſtellation müſſen auch wir dafür plädieren, daß die Genehmigung in die Hand der geſetzgebenden Faktoren gelegt werde. Nur eine geſetzliche Regelung ſcheint uns dem Geiſte der verfaſſungs⸗ mäßigen Freiheit zu entſprechen und eine Garantie dafür zu bieten, daß der Staat Herr in ſeinem Hauſe bleibe. politische lebersicht. *Mannheim, 30. Juni 1904. Schippel und die Agrarzölle. Der ſozialdemokratiſche Abgeordnete Schippel ſetzt in einem ſechsten, anderthalb Seiten langen Artikel in der„Volksſtimme“ in Chemnitz die Verteidigung ſeiner ketzeriſchen zollpolitiſchen Anſchauungen fort. Schippel leitet ſeinen neuen Artikel ein mit der Bemerkung, daß ihm und wahrſcheinlich auch anderen „die ganze Affäre Kautsky⸗Schippel höchſt langweilig und gleichgiltig geworden“ ſei.„Ich bin, in irgendwelchen Streit mitverwickelt, garnicht in der Lage, den Handel auszufechten. Andere können das, und ich gönne es ihnen von Herzen; was wäre für viele die Partei überhaupt ohne Händel? Für mich iſt jede derartige Beteiligung zugleich ein Stück ſicheren öko⸗ nomiſſchen Ruins, und damit ſcheide ich für dieſe Art Parteibetätigung ein für alle Mal aus. Und wenn's nach an⸗ P gung deren ginge, ſo würde ich dieſes Vergnügen, wegen eines von mir in keiner Weiſe provozierten, vollkommenen überflüſſigen Zankes meine ganze Exiſtenz preiszugeben, viellecht rettungslos preiszugeben, noch ein paar weitere Monate genießen können. Dazu habe ich jedoch nicht die geringſte Luſt und nicht den gering⸗ ſten Anlaß. würde vielmehr alles einfach die pel verglichen mit einem„friedliebenden bürgerlichen Schreiner⸗ lein und Keſſelflickerchen“, der als Hüter der Grundſätze gut daran täte, recht beſcheiden und nachſichtig aufzutreten, denn er ſtecke ſein Prinzip jedesmal ruhig in die Taſche, nach rückwärts wie nach vorwärts, gegen dieſes Land und gegen jene Verhält⸗ niſſe,„ohne daß je etwas von Skrupeln und Beſchwerden an ihm zu merken geweſen wäre. Zum Schluß verhöhnt Schippel das von Kautsky und deſſen Freunden vertretene offizielle zoll⸗ 5 che Syſtem wie folgt, als ein Syſtem, das überhaupt keins ei. „Es iſt bei aller Selbſtgefälligkeit und Ueberhebung gegen An⸗ dersdenkende nichts wie ein unreifes, ratloſes Hin⸗ und Hergerede zwiſchen„Prinzip“ und„Verhältniſſen“, ein ewiges Möchtegern und Kanndochnicht. Und ich denke, man vermag dem deutſchen Arbeiter gar keine ſchlimmere Beleidigung an⸗ zutun, als wenn dieſes erbarmungswürdig hilfloſe Hin und Her, das den Spott jedes einigermaßen ſachkundigen Gegners ge⸗ radegu herausfordert, auch noch„proletariſche Handels⸗ politik“ nennt. Das fehlte gerade noch.“ Mit dieſem Hohn über die Haltung der ſozialdemokratiſchen Fraktion in der Zoll⸗ und Handelsfrage ſchließt Schippel vor⸗ läufig die Verteidigung ſeiner ketzeriſchen Anſichten, die im Fe⸗ bruar der ſozialdemokratiſchen Reichstagsfraktion zur Stellung⸗ nahme unterbreitet worden waren und nach Unterſuchung des Falles Schippel“ durch den Fraktionsvorſtand die Reichstags⸗ fraktion zu der Veröffentlichung der Erklärung veranlaßten, inn der es u. a. heißt: EEs iſt erforderlich, daß Schippel ungeſäumt Veranlaſſung nimmt, auf eine klare, unanfechtbare Weiſe der Oeffentlichkeit gegen über feſtzuſtellen, welche grundſätzliche Stellung er den Agrarzöllen gegenüber einnimmt. Die Fraktion fordert in Rückſicht auf die Not⸗ wendigkeit einheitlicher und übereinſtimmender Propagierung dern Parteibeſchlüſſe Schippel auf, Zollfragen fortan nur in einer jede Mißdeutung ausſchließenden Weiſe zu behandeln. Die Antwort auf dieſe Aufforderung der Reichstagsfraktion gibt Schippel jetzt in der Chemnitzer„Volksſtimme“. Sein Spott über das von der ſozialdemokratiſchen Reichstagsfraktiog vertretene zollpolitiſche Syſtem läßt keinen Zweifel darüber, daß er die ihn vom Parteivorſtande geſtellte Aufgabe, Zollfragen fortan nur in einer jede Mißdeutung ausſchließenden Weiſe zu behandeln, glänzend gelöſt hat, freilich in einem ganz anderen Sinne, als die Fraktion erwartet hat. Schlimmer iſt kaum je die offizielle Sozialdemokratie von einem ihrer Gegner ber⸗ höhnt und verſpottet worden, als ſeit Anfang dieſes Jahres durch den ſozialdemokratiſchen Reichskagsabgeordneten Schippel Fluß⸗ und Küſtenſchiffahrt. In den amtlichen Vierteljahrsheften zur Statiſtik des Deutſchen Reichs wird eine ſehr intereſſante Statiſtik über die Entwicklung der deutſchen Fluß⸗ und Küſtenſchiffahrt von 18838 bis 1902 gegeben auf der Grundlage der in jedem fünften Jahre Zuletzt am 31. Dezember 1902) ſtattgehabten Schiffszählung. Was die beiden hauptſächlichen Schiffsarten anlangt, ſo iſt, wie es ſich bei der modernen Entwicklung von ſelbſt verſteht, die Zahl der Segelſchiffe in viel geringerem Maße gewachſen, als die der Dampfer. Im Jahre 1882 wurden 17 885 Segel⸗ Tagesneuigkeſten. — Im Lager des Briganten. Ganz romantiſch klingt die Schilderung, die der jetzt befreite Amerikaner Perdicaris von ſeinen Erlebniſſen im Lager des marokkaniſchen Briganten Raiſuli einem engliſchen Korreſpondenten gegeben hat.„Raiſulis Feſtung“, ſo er⸗ ſählte er,„gleicht einem Adlerhorſt; ſie liegt auf dem Gipfel eines gewaltigen Felſens, der ſich ſteil über der Umgebung auftürmt. Weite Rnatürliche Zinnen unterbrechen den Kamm. Ein ſchmaler gewundener Pfad führt in Zickzacklinien vom Fuße des Berges bis zum Gipfel dgwiſchen faſt ſenkrechten Felſen entlang. Auf dem flachen Gipfel dieſer natürlichen Feſtung liegen die Hütten der Räuber inmitten einer grünen Haſe. Es iſt wirklich ein Paradies der Erden.. In der erſten Woche wurden wir in einer kleinen, unbeſchreiblich⸗ ſchmutzigen Hütte von etwa neun Quadratfuß gefangen gehalten. Das Dach war ſo niedrig, daß wir nicht aufrecht ſtehen konnten, und da wir nichts zu tun hatten, blieben wir im Bett. Als wir ſchließlich herauskamen, beſtand Raiſuli darauf, daß wir Turbans und Gala⸗ beahs trugen, damit wir nicht die Aufmerkſamkeit der Dorfbewohner Kuf uns lenkten; denn ſie wußten von unſerer Anweſenheit im Dorfe ichts, Solange wir bei ihm weilten, behandelte er uns mit der ltſam vornehmen Höflichkeit eines Mauren. Wiederholt ſuchte er unſere Befürchtungen über unſere Sicherheit zu zerſtreuen und ver⸗ cherte uns, daß unſer Leben in Sicherheit wäre, ſo lange kein Ret⸗ tungsverſuch gemacht würde. Jeden Tag beſuchte er uns in unſerer ütte. Er beſitzt einen bemerkenswerten Anſtand und iſt einer der intelligenteſten Mauren, die ich kenne. Seine Stimme iſt leiſe und angenehm, ſeine Manieren ſind höflich und zurückhaltend. Er gibt einen Befehl immer nur einmal, ſeine Anhänger ſind ihm blind er⸗ geben. Nie werde ich den Abend unſerer Gefangennahme dergeſſen. Es war eine jener ſchönen Mondſcheinnächte, in denen die Schatten der Vorübergehenden zwiſchen den Winkeln der überhängenden Ge⸗ bäude Verſtecken ſpielen. Wir waren gerade mit dem Eſſen fertig, unſere deutſche Wirtſchafterin plötzlich zu ſchreien begann. Sie zankte ſtets mit den anderen Dienern, und ich ging hinaus in der Erwartung, ſie wieder in einem ſolchen Streit zu finden. Sie war von vier bewaffneten Mauren umgeben, die ich zunächſt für unſere Wache hielt, aber als ich mir kaum über meinen Irrtum klar war, ſprangen mehrere andere herzu und griffen mich an. Mr Varley ſtürzte heraus, packte einen der Männer an der Kehle und ſchleuderte ihn gegen die Wand, aber ihn überfielen andere, wobei er einen ſchweren Schlag auf den Kopf und eine Meſſerwunde erhielt. Er kämpfte verzweifelt, wurde aber ſchließlich überwältigt, und wir beide wurden geknebelt und gebunden. Dann wurden wir in das nächſte Zimmer geſchleppt, wo ſich uns ein gut gekleideter Maure näherte und uns mit ſanfter wohltönender Stimme ſagte:„Ich bin Raiſuli. Sie ſind ganz ſicher, ſolange Sie keinen Fluchtverſuch machen.“ Dann wandte er ſich an die anderen Inſaſſen des Hauſes und ſagte voll⸗ kommen höflich:„Leiſtet keinen Widerſtand, ſonſt zwingt Ihr mich, Euch zu töten.“ Während des ganzen Vorgangs war Raiſult völlig ruhig und geſammelt, aber natürlich ſuchte er eiligſt fortzukommen. Dann wurde ich ſchnell auf eines meiner eigenen Pferde geſetzt auf einen höchſt unbequemen Sattel. Wie Geiſter ſtahlen wir uns dann in den Schatten des Mondlichts hinaus und begannen die qualvolle 24ſtündige Reiſe auf einem unbeſchreiblich rauhen Wege. Mr. Varley machte die Räuber darauf aufmerkſam, daß unſere Kleidung für eine ſolche Reiſe kaum geeignet wäre. Das ſchien Raiſuli ſich zu Herzen zu nehmen; er entſchuldigte ſich und ſandte ſogleich einen Mann zurück, um andere Sachen holen zu laſſen. Leider kehrte dieſer ohne Erfolg von ſeiner Miſſion zurück, und Raiſuli wies mit erneuten Entſchul⸗ digungen darauf hin, daß ein Aufſchub gefährlich wäre und wir weiter eilen müßten. Natürlich wollte ich gern meiner Frau in Tanger Nachricht geben, ſofort gab mir Raiſuli Papier und Feder. Auch an den Scherif von Wazan durfte ich ſchreiben und der Räuber ließ meine Briefe von einem ſeiner Leute befördern. Er ſchien ſich ſehr darum zu ſorgen, daß ihm die europäiſche Meinung nicht ungünſtig wäre, und ſagte:„Ich habe Sie nicht aus gemeinen Gründen gefangen genommen. Durch Sie will ich meinem unverſöhnlichen Feind, der Familie des Scherifs von Tanger, gerächt werden.“ Ferner wollte er, wie er ſagte, die Altfmerkſamkeit auf die Hilfloſtgkeit einer Regie⸗ rung lenken, die mit den Bergſtämmen nur durch Zahlung von Be⸗ ſtechungen fertig werden kann. Raiſuli gab mir zu verſtehen, daß er eine Art Bund zwiſchen den Stämmen in den Bezirken Tarudant, Benider und Benimonſur gebildet habe, und daß er über eine Macht von 6000 Mann gebiete, die mit modernen Gewehren bewaffnet ſind. ſtellt er die einzige Macht in dieſem Teile des Landes 9 — Der„Eheklub G. m. b..“ Aus London wird berichtet: Die neuſte Art von Vereinen iſt einer, der es ſich zur Aufgabe geſtellt hat, junge Männer und junge Mädchen zwecks Heirat zuſammenzu⸗ bringen. Das Unternehmen hat ſich nun als„Eheklub G. m. b..“ aufgetan.„Ich habe mich nur daran beteiligt,“ ſagte einer der Ge⸗ ſellſchafter in dieſer romantiſchen Vereinigung,„weil ich es für eine gute Kapitalsanlage halte und ſchöne Dividenden zu erhalten hoffe Ein anderer aber erging ſich in begeiſterter Rede über den Nutzen und die Segnungen dieſes neuen Inſtituts in ſozialer und ſittlicher Be⸗ ziehung.„Die Wege Cupidos ſind häufig verſchlungen und krau und in dieſen Irrgärten laufen gar oft die aneinander vorbei, die am beſten für einander paſſen. Da muß man denn die Bahn ein bischen ebnen und die ſchüchternen Herzen den Pfeilen des kleinen Gottes ſchußgerecht nahe bringen. So ſollen denn Picknicks arre werden, Tanzkränzchen, Radausflüge, Theateraufführungen, ja bi in die Konſervatorien und die Ateliers wird ſie die Fürſorge un die helfende Hand der Geſellſchaft erſtrecken. Wir werden den blynden Burſchen Cupido, der bis dahin ſo aufs Geratewohl dahergetappt iſt, bei der Hand nehmen und er wird uns ſchon Hilfe leiſten, wenn er auch bei dem Unternehmen nicht als Geſellſchafter beteiligt kſt.) — Sehr intereſſante Beobachtungen über Temperatur und Lebensbedingungen in Höhen von 3000 bis 4800 Meter, wie ſie di engliſche Expedition in Tibet jetzt durchſchreitet, macht der Berichter⸗ ſtatter der„Times“. Die niedrigſte Temperatur von 32,2 Grad G unter Null hat man im Lager von Chuggia feſtgeſtellt Im Janugr und Februar war in einer Höhe von 4575 Meter die niedrigſte Tem⸗ peratur nachts—28,1 Grad C. In einer Höhe von 3050 Meter ., Selfe. yeneral⸗ Anzeiger — Wumnem 30. Juni. ſchiffe gezählt, 20 Jahre ſpäter 22 235, ſodaß eine Zunahme von nur etwa 4500, alſo ungefähr um ein Viertel, ſtattgefunden hat. Die Zahl der Dampfſchiffe iſt hingegen von 830 im Jahre 1882 auf 2604 im Jahre 1902 geſtiegen, ſodaß ſich ihre Zahl verdreifacht hat. Iſt nun bei den Segelſchiffen die Zunahme an Zahl gering, ſo ergibt ſich ein ganz anderes Bild, wenn man die in der Tragkraft ausgedrückte Leiſtungsfähigkeit ins Auge faßt. Während die rund 18 000 Segelſchiffe des Jahres 1882 eine Tragkraft von nur 1600 000 Tonnen hatten, beſaßen die rund 22 000 Segelſchiffe des Jahre 1902 eine Tragfähigkeit von rund 4 700 000 Tonnen; während alſo die Zahl, wie erwähnt, nur um ein Viertel geſtiegen war, hatte ſich die Tragfähigkeit nahezu verdreifacht. Bei den Dampfern ſteht die Zunahme von Zahl und Tragfähigkeit viel mehr im Einklang miteinander; die Zahl hat ſich verdreifacht, die Tragfähigteit vervpierfacht. Betrachtet man die Entwicklung der Fluß⸗ uſw. Schiffahrt nach den einzelnen Bundesſtaaten, ſo ergibt ſich, daß das König⸗ teich Preußen und die freie Hanſeſtadt Hamburg den Löwen⸗ anteil der Schiffszahl beſitzen. Preußen verfügt über 60,2, Hamburg über 23,7 v. H. aller in Deutſchland gezählten Schiffe, ſodaß auf ſämtliche anderen Bundesſtaaten nur 16 v. H. ent⸗ fallen. Unter den preußiſchen Provinzen wiederum ſteht die zrovinz Brandenburg wegen ihres dichten Netzes von Waſſer⸗ ſtraßen an der Spitze; ſie beſitzt nicht weniger als ein Drittel ämkflicher preußiſchen und ein Fünftel ſämtlicher deutſchen Schiffe. Die induſtriereiche Rheinprovinz hat nur ein Drittel der Schiffszahl der Provinz Brandenburg aufzuweiſen, näm⸗ lich 1675 gegen 4931. Das Rätſel, warum die Rheinprovinz ſo weſentlich an Zahl der Schiffe zurückſteht, wird gelöſt, wenn man die Leiſtungsfähigkeit ins Auge faßt. Die deutſche Fluß⸗ ſchiffahrt verfügt im ganzen über 969 Segelſchiffe von 800 Tonnen und darüber; von dieſen entfallen aber nicht weniger als 794 auf das Rheingebiet und nur 133 auf das Elb⸗ gebiet. Während das Elbgebiet zu dem die Mark Brandenburg Jählt, 52,4 Prozent der Geſamtzahl aller Schiffe beſitzt, hat es alſo noch nicht ein Siebentel der großen Segelſchiffe aufzuweiſen. Es iſt intereſſant, daß gerade in den letzten Jahren die Zahl der ſehr großen Segelſchiffe imRheingebiete enorm zu⸗ genommen hat. Im Jahre 1897 war die höchſte Tragfähigkeit der Segelſchiffe 1500 bis 1600 Tonnen, und von dieſen waren im Rheingebiete nur 9 vorhanden, 5 Jahre darauf aber 107. Außerdem gab es noch 58 Schiffe, die eine Tragfähigkeit bis zu 2000 Tonnen beſaßen; ſomit waren von Segelſchiffen größter Tragfähigkeit im Rheingebiete 165 vorhanden, während es deren im Elbgebiete nur 4 gibt. Auch bei den Dampfſchiffen zeigt ſich das Rheingebiet dem Elbgebiete bei weitem überlegen; im Nhengebiet waren bei der Zählung von 1902 zweiundzwanzig Dampfer mit über 1000 Pferdeſtärken vorhanden, im Elbgebiete nur einer. Faßt man alſo die Leiſtungsfähigkeit ins Auge, ſo tritt die induſtrielle Bedeutung des Rhein⸗ landes auch in der Schiffahrt zutage. Soldatenmißhandlungen, Nach der amtlichen Minimalſtatiſtik für das deutſche Heer und die kafſerlichen Marine hat im Jahre 1903 die Zahl der wegen Mißhandlung von Untergebenen Be⸗ ſtraften 773 betragen gegen 777 im Jahre 1902 und 770 im Jahre 1901. Es zeigt ſich alſo eine auffällige Gleichmäßig⸗ keit in den einzelnen Jahren, und es ſcheint, als wenn dem Kebel der Soldatenmißhandlungen bisher mit irgend welchem Exfolge nicht hat begegnet werden können. Von den einzelnen Armeekorps hatte das 16.(lothringiſche) im Jahre 1903 die meiſten wegen Mißhandlung Untergebener Beſtraften mit 69. Auch im Jahre 1902 kamen dort 69 Beſtrafungen vor; dieſe Zahl wurde damals nur vom Gardekorps übertroffen, das 74 Beſtrafte hatte, 1903 aber mit 52 auf den zweiten Platz gerückt iſt. Die meiſten übrigen preußiſchen Armeekorps hatten 30 bis 40 Beſtrafte, bis zu 46 beim 2. und 47 beim 14. Korps. Auf fallend gering war in beiden Jahren die Zahl der Beſtraften beim 11.(heſſiſchen) Armeekorps mit je 16. Niedrig iſt auch die Zahl der Beſtrafungen wegen Mißhandlung Untergebener in Bayern, wo beim 1. Korps 18, beim 2. 19, beim 3. nur 6 Beſtrafte verzeichnet ſind. Allerdings hat in Bayern in den letzten Jahren eine ſtetige Steigerung ſtattgefunden, denn 1901 wuürden bei allen drei bayeriſchen Korps nur 17, 1901 28 und 10903 43 Vorgeſetzte wegen Mißhandlung Untergebener beſtraft. Umgekehrt hat in Sachſen die Zahl der Beſtrafungen abge⸗ nommen, 1901 kamen bei beiden Armeekorps zuſammen 83, 1902 68, 1903 nur noch 58 vor. In der Marine ſind die Mißhandlungen verhältnismäßig ſelten; 1901 kamen 25, 1902 33, 1903 32 Beſtrafungen vor. eeeeneeeeeeeeeeeeeee in das Haus hineingeſteckt hat. Deutsches Reich. * Berlin, 29. Juni.(ÜUmwälzungen in der⸗ deutſchſozialen Partei) werden, wie die„Deutſchſoz. Blätter“ des Abg. Liebermann v. Sonnenberg ſchreiben, im Laufe der nächſten Zeit vor ſich gehen. Geheimnisvoll wird angedeutet, daß es ſich um„Umgeſtaltungen heilſamer Art“ handelt, die„innere Feſtigung bringen“ ſollen. —(Die deutſche Erdölgewinnung) hat im letzten Jahr bedeutend zugenommen: 1902 wurden 49 725 Ton⸗ nen Roherdöl im Werte von 3 315 000 Mt., 1903 dagegen 62 680 Tonnen im Werte von 4334 000 Mk. gewonnen. Die Menge hat ſich ſonach gegen das Vorjahr um 26,1 Proz. ver⸗ mehrt. Während ſich 1902 der Durchſchnittswert einer Tonne (zu 1000 Kilogramm) auf 67,40 Mk, belief, hat er im Jahre 1903 69,15 Mk. betragen. In der Provinz Hannover ſtieg die Förderung von 29 520 Tonnen im Werte von 2341 000 Mt. quf 41 733 Tonnen im Werte von 3 182 000 Mk., in Elſaß⸗ Lothringen von 20 205 Tonnen im Werte von 1 010 000 Mk. auf 20749 Tonnen im Werte von 1 152 000 Mk. Im Jahr 1881 hat die Förderung von Erdöl im Deutſchen Reich erſt 1309 Tonnen betragen; 1893 belief ſie ſich auf 13 947 Tonnen im Werte von 783 000 Mk., 1898 auf 25 989 Tonnen im Werte von 1578 000 Mk. und 1903, wie oben bemerkt, auf 62 680 Tonnen im Werte von 4334 000 Mk. Badiſcher Ländtag. 116. Sitzung der Zweiten Kammer⸗ B. Karlsruhe, 30. Juni. Präſident Dr. Gönner eröffnet die Sitzung um 9¼ Uhr. Zur Beratung ſteht der Antrag Zehnter u. Gen. betr. die Beſteuer⸗ ung des unverdienten Wertguwachſes an Grund⸗ ſtücken, über den Kopf(3tr.) den Kommiſſionsbericht erſtattet. (Wir haben die Stellung der Kommiſſion und der Regierung au dem Antrag bereits ausführlich dargelegt.) Dr. Binz(natl.): Es handelt ſich hier um einen Teil der ſozialen Frage, um die Bodenreform. Weniger vom ſteuerlichen, als vom ſozialpolitiſchen Geſichtspunkt aus wurde bislang dieſe Frage erörtert. Ich ſtehe auf dem Standpunkt, daß auf dieſem Gebiete, ins⸗ beſondere in großen Städten, Mißſtände hervorgetreten ſind, die der Abhilfe dringend bedürfen. Eine wilde Bodenſpekulation hat die Grundſtückspreiſe enorm geſteigert und eine Wohnungsnot herbei⸗ geführt. Daher wären alle Maßregeln zu begrüßen, die dieſen Miß⸗ ſtänden abhelfen können. Indeſſen glaube ich, daß der Antrag Zehnter über dieſes Ziel hinausſchießt. Gegenüber der Anſicht, daß die Wertſteigerung eines Grundſtücks auf die Allgemeinheit zurück⸗ zuführen ſei, iſt darauf hinguweiſen, daß von der Tätigkeit des Staates jeder Einzelne wirtſchaftliche und kulturelle Vorteile hat. Bei günſtigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen verdient z. B. ein Rechts⸗ anwalt bei gleicher Arbeit mehr, als wenn Handel und Verkehr dar⸗ niederliegen. Das Gleiche iſt der Fall bei allen Erwerbsſtänden. Einer Wertzuwachsſteuer an unbebauten Grundſtücken könnte ebent., d. h. vorausgeſetzt, daß ſich keine ſteuertechniſchen Schwierig⸗ keiten ergeben, näher getreten werden; dagegen kann von einer ſolchen Steuer an bebautem Gelände keine Rede ſein. Es kommt haupt⸗ ſächlich die Förderung der Wohnungsfrage in Betracht. Wenn unbe⸗ baute Grundſtücke beſteuert werden, dann ſteht zu erwarten, daß ſie früher überbaut werden. Dabei wäre aber die berechtigte Vorſteffung der badiſchen Gärtner gebührend zu berückſichtigen. Die Beſteuerung der bebauten Grundſtücke dagegen hätte nur eine Steigerung der Mietpreiſe zur Folge; denn die Käufer würden zweifellos die Koſten auf die Miete abwälzen. Der Heranziehung überbauter Grundſtücke zu dieſer Steuer ſtehen aber auch noch weitere praktiſche Bedenken gegenüber. Sie müßte in den Kreiſen der Hausbeſitzer eine gerechte Erbitterung hervorrufen. Denn dieſe geben niemals zu, daß die Wertſteigerung nicht ihr Verdienſt iſt. Es würde jedem Hauseigen⸗ tümer zugemutet, Jahre lang Rechnung zu führen über das, was er Weiter kann ich eine Gerechtigkeit darin nicht erblicken, daß Einer, der aus irgend welchem Grunde ſein Anweſen verkaufen muß, zur Wertzuwachsſteuer herangezogen wird, während ein Anderer, der in der glücklichen Lage iſt, ſein Grund⸗ ſtück behalten zu können, frei ausgeht. Welche Unſicherheit entſteht, wenn der Verkäufer ſtändig unter dem Demoklesſchwert der Schätz⸗ ungskommiſſion ſteht! Und wie will man den Wert eines Grund⸗ ſtücks feſtſetzen, wenn nur ein Teil veräußert wird? Vom Grundſatz der ſteuerlichen Gerechtigkeit aus iſt es das einzig Richtige, daß die Grundſtückswerte alljährlich zur Steuer neu eingeſchätzt werden. Dies wäre praktiſch wohl durchführbar; denn es werden doch auch jedes Jahr die Steuererklärungen geprüft. Ja, die Kontrolle wäre leichter, als die der Einkommenſteuererklärung. Eine derartige Wert⸗ zuwachsſteuer würde der Gerechtigkeit entſprechen. Ich bin nicht in der Lage, dem Antrag Zehnter zuzuſtimmen. Lehmann(Soz.): Die ſoziäldemokratiſche Partei tritt ohne Rückſicht darauf, ob das Zentrum aus agitatoriſchen Gründen den Antrag geſtellt hat, für die Wertzuwachsſteuer ein. Ueber die mora⸗ —— cnen die nächtliche Minimaltemperatur— 13,88 Grad C. Die Aerzte der Expedition haben auch die Bergkrankheti ſorgfältig ſtudiert. Durch mangelhafte Abkochung der Nahrungsmittel wurden häufige Werdauungsbeſchwerden verurſacht. In einer Höhe von 4575 Meter kocht das Waſſer bei einer Temperatur, die um mehrere Grad niedri⸗ iſt faſt unmöglich den Reis zuträglich kochen zu laſſen. Von den ver⸗ ſchiedenen Sorten roter Linſen aus Indien, die zur Beköſtigung der Truppen dienen, konnte in einer Höhe von 3000 Meter nur eine ein⸗ gige Art, der„muſſoor“, genügend gekocht werden. Bei dieſer nied⸗ kigen Temperatur war das Oel gefroren, und die Inſtandhaltung der Glewehre wurde faſt unmöglich. 5— Ein Schulkind zum Vatermord entſchloſſen. Die Straf⸗ kammer zu Meiningen verurteilte den Schulknaben Hugo Kirchner bvon Goldlauter bei Suhl, der ſeinen Vater in drei Fällen zu ver⸗ 10 giften verſucht hatte, indem er in eine für den Vater beſtimmte Arznei Salz⸗ und Schwefelſäure goß und zweimal in das Mittageſſen giftige Subſtanzen miſchte, zu vier Monaten Gefängnis. Der Junge hatte dieſe Tat aus Rache für von ſeinem Vater erhaltene Züchtigungen begangen. Die der Anleitung zur Tat verdächtige Mutter wurde wegen mangelnder Beweiſe freigeſprochen. — Den folgenden köſtlichen Scherz aus dem Gerichtsſaal teilt dem„Neuen Wiener Journal“ ein Abonnent mit:„Vor einem iener Gerichte war ein Rabbiner der ſchuldbaren Crida angeklagt. die Frage des Vorſitzenden, was der Angeklagte ſei, antwortete er;„Rabbiner, Lehrer und Schochet“. Der Vorſitzende, dem dieſer Ausdruck unbekannt war, erfuhr auf ſein Befragen, daß Schochet Schlächter“ heiße. Der Herr Landgerichtsrat beſaß nun das Takt⸗ efühl, den Rabbiner fortwährend mit„Sie Schochet“ zu apoſtrophie⸗ m. Die Verhandlung ging zu Ende, der Rabbiner wurde frei⸗ geſprochen. Nach Verkündigung des Freiſpruchs erbat ſich der Rab⸗ Hiner einige Worte reden zu dürfen, was ihm der Vorſttzende nach iner barſchen Abfertigung endlich geſtattete. Der Rabbiner ſagte „Ich möchte mir nur erlauben, daß ich Rabbiner für die Juden, rer für die Jugend, Schochet jedoch nur für Ochſen bin!“ Alſo ge⸗ ger als am Meeresſpiegel iſt, und das Kochen wird ungenügend; es ſchehen im Jahre des Heils 1904 unter Vorſitz des Herrn Land⸗ gerichtsrates.. Na, laſſen wir für heute den Namen. Ein Advokat, der bei der Verhandlung zugegen war.“ — Das Naturverfahren. Folgenden Brief, den er erhielt, teilt ein Lehrer aus ſeiner Sammlung merkwürdiger Schriftſtücke der „Tgl. Rundſch.“ mit: Geehrter Herr Lehrer! Nach Ausſage meiner Kinder finde ich mich genötig ſchriftlich an Ihnen zu wenden, Sie haben mein Hans geſchlagen das er Barfus nach Schule komt(der Knabe hatte einer anderen Urſache wegen, die er vorſichtigerweiſe ſeiner Mutter verſchwiegen hatte, ſeine Strafe bekommen), ich habe nicht dagegen wenn er Strafe verdient hat zu zichtigen, ich faße meine Kinder auch nicht mit Handſchuh an. Es iſt mir Aerztlich verornet barfus zu gehen ich bin Lungenleident und habe ſogar im Winter im Schnee müſſen barfuß und habe daher meine Lunge geſtärkt, ich mache mit meinen Kinder ebenfalls Naturverfahren und danke Gott das die Natur ſoweit iſt das wir alle Barfuß. gehen können. Bitte machen Sie ein ſpagiergang nach dem Tiergarten wo hunderte von Herr⸗ ſchaften der Natur freien Lauf laßen. Ich habe 4 Kinder und warte mit Sehnſucht das der Sommer kommt und das Strümpfeſtopfen ein Ende hat. Achtungsvoll Frau N. — Ein neues Betäubungsmittel. Ueber die Entdeckung eines ſehr wirkſamen örtlichen Betäubungsmittels berichten Londoner Blätker?„Eucain“ ermöglicht Operationen, die ſonſt wegen Herz⸗ ſchwäche unterbleiben müßten; der Patient iſt zwar an den mit Eucain behandelten Körperteilen unempfindlich gegen Schmerz, aber er bleibt bei Bewußtſein. Der Chirurg gewinnt dei Anwendung von Gucain mehr Zeit für ſeine Arbeit. Am nützlichften wird Eucain bei der Behandlung von Schilddrüſen ſein, weil Chloroform dabei oft unbrauchbar iſt. In einem Londoner Krankenhaus wurde kürzlich eine erfolgreiche Operation von faſt anderthalbſtündiger Dauer mit Eucain gemacht. Es wird an der Stelle, wo der Schnitt gemacht werden ſoll, mit einer Nadel unter die Haut geſpritzt. Nach wenigen Augenblicken kann die Haut geſchnitten werden, ohne daß der Patient etwas fühlt. Wenn tiefere Teile bloßgelegt werden, wird das Eucain präciſiert ſeinen Standpunkt, der ſich mit dem der Kommiſſions⸗ in Zwiſchenräumen von wenigen Minuten angewandt. Der Patient! Iiſche Berechtigung dieſer Steuer braucht man kein Wort zu ver⸗ lieren. Grundſätzlich müßte jeder müheloſe Erwerb beſeitigt wer⸗ den. Hier zeigt es ſich, daß jeder Privatbeſitz an Grund und Boden unſtatthaft iſt. Das einzige Bedenken, das wir haben, iſt, ob es möglich ſein wird, die Steuer abzuwälzen. Die Antragſteller wollen die Miete reduzieren, wir dagegen befürchten eine Steigerung der Mietspreiſe. So lange tatſächlich Wohnungsnot herrſcht, beſteht gar kein Zweifel, daß die Steuer abgewälzt wird. Warum hat das Zentrum nicht einfach in den kürzlich verabſchiedeten Geſetzentwurf betr. die Verkehrsſteuer eine entſprechende Beſtimmung eingefügt? Ueber die Frage, wer die Steuer bezahlen ſoll, herrſcht auch noch Unklarheit. Vielfach bedeutet der Verkauf nur den Wechſel eines Namens. Auf alle Fälle wünſchen wir, daß die Regierung den An⸗ trag mit kritiſchen Augen betrachtet. Muſer(Dem.): Wir begrüßen den Antrag Zehnter, der ein Problem in den Landtag gebracht hat, mit dem ſich viele Sozialpoli⸗ tiker ernſthaft befaſſen. Die Bedenken des Abg. Binz ſcheinen mir nicht ſtichhaltig zu ſein. Der Antrag Zehnter wird keine Steigerung der Mietpreiſe zur Folge haben; im Gegenteil, es iſt anzunehmen, daß die Bekämpfung der ungeſunden Grundſtücksſpekulation auf die Mietspreiſe nicht ohne Einfluß bleibt. Sehr zweckmäßig wäre es, wenn die Regierung den Mieter⸗ und Bauvereinen durch eine Staats⸗ ſubvention kräftig unter die Arme greifen würde. Der Antrag Zehnter arbeitet der Aufhebung des Privateigentums durchaus nicht vor, wie Lehmann meint. Wir eliminieren damit gerade das aus dem Privateigentum, was nicht hineingehört. Den Antrag begrüßen wir darum als einen Fortſchritt. Dr. Wilckens(natl.): Auch ich habe es begrüßt, daß dieſe An⸗ gelegenheit durch den Antrag Zehnter in Fluß gebracht worden iſt. Doch ſcheint die Frage noch nicht ſpruchreif zu ſein. Es handelt ſich um einen guten, populären Gedanken, der einen berechtigten Kern enthält. Die Verwirklichung iſt aber mur im Zuſammen⸗ hang mit der Reform der Vermögensſteuer möglich, über die noch keine Klarheit herrſcht. Daher ſollte ſchon in dem Antrag ſelber zum Ausdruck gebracht werden, daß die Regierung die Materie nur im Zuſammenhang mit der Steuerreform erledigen ſoll. In dieſem Sinn beantragt Redner, den Zehnter ſchen Antrag abzuändern. Geſchehe dies, dann werde er mit ſeinen Freunden dafür ſtimmen. Miniſter Schenkel begrüßt es mit großer Genugtuung, daß endlich auch einmal aus dem Hauſe heraus das Verlangen nach einer Steuer ſich geltend macht(Heiterkeit). Wir können den Antrag⸗ ſtellern nur dankbar ſein, daß ſie dieſe Frage in den Fluß gebracht haben. Mit Ausnahme Lehmanns, der mit zwei Paragraphen die ganze Vorlage erledigen möchte, wie er ja auch mit einem Feder⸗ ſtrich die ganze Geſellſchaftsordnung auf den Kopf ſtellen möchte, haben alle Redner die Licht⸗ und Schattenſeiten des Antrags hervor⸗ gehoben. Die Verhandlungen kamen mir vor wie ein Diskuſſions⸗ abend in einem ſtaatswiſſenſchaftlichen Verein. Die Regierung kann ſelbſtverſtändlich zu der Frage noch keine beſtimmte Stellung ein⸗ nehmen. Man muß vor allem die Frage prüfen: wie wird die Steuer wirken im Zuſammenhang mit den übrigen Steuern? Von dieſem Geſichtspunkt aus wird man ohne weiteres zu dem Schluß kommen, daß die Frage, ob die Zuwachsſteuer einzuführen iſt, noch gar nicht beantwortet werden kann. Die Regierung iſt mit Wilckens der An⸗ ficht, daß Erwägungen darüber angeſtellt werden ſollen und ſie wird gerne die Vorarbeiten einleiten. Eine Gewähr dafür kann die Regierung nicht übernehmen, daß ein entſprechender Geſetzentwurf vorgelegt wird. Sie wird aber den Beſchluß in wohlwollende Er⸗ wägung ziehen. Zehnter(Zentr.) weiſt die Unterſtellung Lehmanns, daß der Antrag zu agitatoriſchen Zwecken eingebracht wurde, zurück. Der Antrag wurde aus rein ſachlichen Gründen geſtellt, weil Verhält⸗ niſſe vorliegen, die ein ſolches Vorgehen rechtfertigen. Da der Grundgedanke des Antrags ein ſozialpolitiſcher iſt, ſollte auch das Erträgnis der Steuer zu ſozialpolitiſchen Zwecken verwendet werden Redner wendet ſich dann zu den Ausführungen der Vorredner und mehrheit deckt. Die Hauptſache ſei ihm, daß in dieſer Frage irgend etwas geſchieht; er habe deswegen auch gegen das Amendement Wilckens nichts einzuwenden. 5 Lehmann(ſoz.) verbittet ſich vom Miniſter, daß ein Abgeord⸗ neter in der Weiſe behandelt wird. Nach einem Schlußwort des Abg. Wilckens und des Berichter⸗ ſtatters Kopf wird der Kommiſſionsantrag mit dem Amendement Wilckens einſtimmig angenommen. Schluß der Sitzung: halb 2 Uhr. Freitag 9 Uhr: Petitionen. 5 80 5* B. Karlsruhe, 30. Juni. Die Sonderkommiſſion der 2. Kammer beantragte die Petition des Verbandes der mittleren Städte Badens, betreffend Grundbuch⸗ weſen, der Regierung zur Kenntnisnahme und die Petition der Ratſchreiber um Erhöhung und Verbeſſerung ihrer Ge⸗ bührenbezüge als Grundbuchhilfsbeamte der Regierung empfehlend zu überweiſen. 5 B. Karlsruhe, 30. Junji. Die Kommiſſion der gweiten Kammer hat für den Geſetzesvorſchlag der Abgg. Fehrenbach u. Gen „Das amtliche Verkündigungsweſen“ betr., mit 6 gegen 4 Stimmen beantragt, dem Vorſchlage die Genehmigung su ertkeilen. 8 ———————— wird, wie in der Zeit zur Anwendung des Chloroforms, auf dem Operationstiſch feſtgeſchnallt, um unwillkürliche Bewegungen zu ver⸗ hindern, und ſein Kopf wird mit einem Tuch bedeckt. Er iſt bei Bewußtſein, aber er fühlt nichts. —„Glücklicherweiſe In einer von dem franzöſiſchen Kolb⸗ mialminiſterium veröffentlichten Note über die Zuſtände in den fran⸗ göſiſchen Beſitzungen Indochinas findet ſich folgende Perle:„Die Bewoöhner Kambodſchas ſehen es als die ſchwerſte Beleidigung an, die man ihnen zuzufügen vermag, wenn man ihnen den Kopf abſchneidet; die anderen Völker Indochinas teilen glücklicherweiſe nicht dieſes Vorurteil.“ 5 — Eine Fregatte am Meeresgrunde. Die intereſſante Ent⸗ deckung einer alten Fregatte, an deren Vord ſich noch eine⸗ Anzahl Skelette von der Mannſchaft befand, wurde in Le Havre gemacht. Bei Baggerarbeiten brachte die Maſchine zwei menſchliche Skelette und einen altmodiſchen Seemannsſtiefel herauf. Darauf wurde ein Taucher hinuntergeſchickt, der die Ueberreſte einer Fregatte von an⸗ ſcheinend 500 Tons Gehalt vorfand. Augenſcheinlich war ſie während eines Seegefechts untergegangen; denn mehrere alte Kanonen waren noch geladen. Auch zahlreiche Feuerſteingewehre fanden ſich vor und Kanonenkugeln, die mit einer Ketre paarweis zuſammengekuppelt waren. Einige Tauwerksrollen waren noch an ihrer Stelle, bei der Berührung zerfielen ſie jedoch. Auf dem un⸗ teren Deck fand der Taucher dann mehrere menſchliche Skelette von der Mannſchaft, die mit dem Schiff untergegangen war. Man hat auch 60 gußeiſerne Kanonen von 10 Fuß Länge an die Oberfläche gebracht, und man erwartet, daß noch weitere merkwürdige Gegen⸗ ſtände zu Tage gefördert werden, ehe das alte Schiff mit Dynamit geſprengt wird, da es den neuen Kanal ſperrt, der etwa 150 Meter jenſeits des Hafendamms angelegt wird. Man nimmt an, daß die Fregatte ein engliſches oder holländiſches Schiff der engliſch⸗hollän⸗ diſchen Flotte iſt, die Le Havre im Anfang des 18. Jahrhunderts bombardierte. Bis jetzt hat man keine Zeichen oder Inſchriften ge⸗ funden, worgus ſich ein Aufſchluß über die Nationalität des Schiffes ergäbe. eeeeeeeeeeeeeeee Mannherm, 30. Juni. Weneral⸗Anzeiger. ., Sette. Aus Stadt und Land. *Maunheim, 30. Juni 1904. *Abſchluß der Auguſtaanlage. Wir werden von zuſtändiger Seite darauf aufmerkſam gemacht, daß in unſerem geſtrigen Bericht bezüglich der Verfertiger der verſchiedenen Projekte einige Unklar⸗ heiten unterlaufen ſind. Es liegen 4 Faſſadenſkizgen vor, 8 von Herrn Profeſſor Schmitz und eine vom Hochbauamt. Skigze 1 des Prof. Schmitz und die Skizze des Hochbauamts ſehen eine viergeſchoſſige Ueberbauung vor und fanden deshalb nicht die Zuſtimmung des Stadtrats. Ebenſo Skizze III. Dent jetzt vom Stadtrat genehmigten Entwurf liegt die Faſſadenſtizge II des Prof. Schmitz zu Grunde. Die Grundriſſe ſind in allen Fällen vom Hochbauamt bearbeitet wor den. 3. Internationale Hundeausſtellung. Von den durch Mit⸗ glieder des Vereins der Hundefreunde C. V. Mannheim ausgeſtellten Hunden erhielten die folgenden Auszeichnungen: Deutſche Doggenhündin„Santa Excelſior“, Beſitzer Ludwig Kauf⸗ mann⸗Mannheim, höchſt lobende Erwähnung; St. Bernhardsrüde „Prinz“, Beſ. Adolf Kaiſer⸗Mannheim, 2. und Ehrenpreis; St. Bernhardsrüde langhaarig„Barry“, Beſ. Julius Kander, 3. Preis; St. Bernhardsrüde„Barry“, Beſ. Fritz Kocher⸗Mannheim, höchſt lobende Erwähnung; St. Bernhardsrüde„Mentor“, Beſ, Ludwig Lepple⸗Mannheim, lobende Erwähnung; St. Bernhardsrüde„Barry“, Züchter und Beſitzer G. Dirſch⸗Mannheim, höchft lobende Erwäh⸗ nung; St. Bernhardshündin„Flora“, Beſ. Julius Kander⸗Mann⸗ heim, Reſervepreis; St. Bernhardshündin„Minka“, Beſ. Friedrich Reichert jr.⸗Mannheim, Reſervepreis.— Neufundländer, Rüden. „Robur vom Taubertal“, Beſ. Michael Adler⸗Mannheim, 3. Preis; „Pluto vom Altmühltal“, Beſ. Guſtav Büchner⸗Mannheim, 3. Preis. Hündinnen.„Senta vom Neckargau“, Beſ. Karl Schuhmacher⸗ Neckarau, 2. Preis.— Leonberger. Rüden.„Lord“, Beſ. Johann Kurg⸗Mannheim, 2. und Spegialpreis.— Ruſſiſche Windhunde. Rüden.„Vonda“, Beſ. Franz Noether⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung. Hündinnen.„Sappho“, Beſ. Emil Rhbowitz, 2. Preis. — Deutſche Schäferhunde. Rüden.„Prinz von Wandsbeck“, Bef. H. Feſenbecker⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung;„Wolf“, Beſ. Heinrich Kimmel⸗Rheinau, höchſtlobende Erwähnung. Hündinnen. „Draga vom Nibelungenhort“, Züchter und Beſ. Heinrich Schmidt⸗ Ludwigshafen, 2. Preis.— Schottiſche Schäferhunde. Rüden.„Rigo Rheno Palatia“, Beſ. Adolph Pieper⸗Ludwigshafen, 1. und Ehren⸗ preis, ſowie Ehrenpreis für beſte Kollektion von Collies.— Ungar. Schäferhunde. Rüden.„Roland vom Rheingau“, Beſ. Balth. Lem⸗ mer⸗Mannheim, 1. und Ehrenpreis. Hündinnen.„Bella Frava“, Beſ. derſelbe, 1. Preis.— Kurzhaarage deutſche Vorſtehhunde. Rüden.„Rex v. d. Planken“, Züchter und Beſ. Aug. Braun⸗Mann⸗ heim, 1. und Ehrenpreis, ſowie Zuchtpreis des Verbandes Südweſt⸗ deutſcher Vereine und Ehrenpreis der Stadt Mannheim;„Wodan“, Beſ. Jacob Emrich⸗Mannheim, lobende Erwähnung;„Teya“, Beſ. Dr. Eduard Herzog⸗Mannheim, 1. Preis. Hündinnen.„Freya“, Beſitzer L. v. Schilling⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung.— Drahthaarige Vorſtehhunde. Rüden.„Treff“, Befitzer Dr. C. Clemm⸗Mannheim, 2. Preis;„Nimrod“, Beſitzer Paul Baſſer⸗ mann⸗Mannheim, 3. Preis. Hündinnen.„Bella Bödig⸗ heim“, Beſitzer Joh. Eberle⸗Bödigheim, 2. und Ehrenpreis; „Juno“, Beſ. Albert Wohlgemuth⸗Mannheim, lobende Erwähnung. — Engliſche Setters. Rüden.„Rapp Bonadies“, Beſ. Adolf Röder⸗Mannheim, zwei 1. und Ehrenpreis.— Iriſche Setters. Rüden.„Lord“, Beſ. und Züchter Georg Kallenberger⸗Mannheim, 2. Preis; Hündinnen,„Senta“, Beſ. Rud. Werlin⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung.— Dalmatiner. Rüden.„Marko“, Beſ. Aug. Schweikert⸗Mannheim, 2. Preis.— Dobermann⸗Pinſcher. Hündinnen„Freiin Edda von Thüringen“ drei 1. Preiſe.— Kutſche Boxer. Rüden.„Max“, Beſ. Albert Michel⸗Mannheim, chſtlobende Erwähnung;„Jack“, Beſ. Fritz Ehrhardt⸗Mannheim, 1. und Ehrenpreis des Verbandes Süd⸗Weſtdeutſcher Vereine, „Sandor“, Beſ. C. Feſenmeyer, lobende Erwähnung;„Moritz v. Pfalsgau“, Beſ, Otto Roth⸗Mannheim, 1. u. 2. Preis und Ehren⸗ preis;„Hugo vom Pfalzgau“, Beſ. Otto Roth, 2. Preis; Hündinnen. „Elſe v. Pfalzgau“, Beſ. Otto Roth⸗Mannheim, 1. und Ehrenpreis; für beſte Kollektion Ehrenpreis des Erbgroßherzogs von Baden; „Toni“, Veſ. Eduard Stubenrauch⸗Ludwigshafen, höchſtlobende Er⸗ wähnung;„Wota“, Beſ. A. L. Wanger⸗Mannheim, Reſervepreis; Loni“, Beſ. Ph. Boſecker⸗Mannheim, 1. und Zuchtehrenpreis.— Deutſche rauhhaarige Pinſcher.„Peter v. Churpfalz“, Beſ. Max Betz⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung;„Rigo v. Rhein“, Beſ. Joſef Pezold⸗Mannheim, 1. und Ehrenpreis. Hündinnen.„Lola“, Beſ. B. L. Apfel⸗Mannheim, höchſtlobende Erwähnung;„Lieſel“, Bef. Ph. Wolfert⸗Ludwigshafen, höchſtlobende Erwähnung. 3 Airedale Terriers Rüden.„Max“, Beſ. Jak. Haller⸗Mannheim, 90 2. Preis,— Bullterriers, Rüden.„Viktor Sneewitt“, Beſ. Hans Bürk⸗Mannheim, 2. Preis,„Tſchung“, Beſ. Karl Riedle⸗Mann⸗ heim, 1. Preis; und Quick Sneewitt“, Beſ. Georg Küſter⸗Ludwigs⸗ 1 1. und Ehrenpreis; Scotch⸗Terriers. Rüden.„Marſchatta“, eſ. Otto Jörger⸗Mannheim, 1. Preis.— Foxrterriers. Rüden. „Pompadour Mumm“, Beſ. Alfred Nauen⸗Mannheim, drei 1. und Ehrenpreis.— Daxhunde. Rüden.„Flottv. Roſengarten“, Beſ. Otto Liſt⸗Mannheim, 3. Preis;„Waldmann“, Beſ. A. Faſig⸗Mann⸗ heim zwei 1. Preiſe. Hündinnen.„Waldine“, ein 1. und zwei 2. Preiſe.— Braune Dachshunde. Rüden.„Waldmann“, Beſ. Fritz Kocher⸗Mannheim, 2. Preis.— Zwergteckel. Hündinnen.„Liſe⸗ otte b. d. Planken“, Beſ. Aug. Braun⸗Mannheim, 1. und zwei Ehrenpreiſe.— Glatthaarige deutſche Zwergpinſcher. Rüden. Max 5. Churpfalz“, Beſ. Max Betz⸗Mannheim, 1. und Ehrenpreis.— Affenpinſcher. Rüden.„Maxl“, Beſ. Georg Merck⸗Mannheim, 2. Preis.— Windſpiele. Hündinnen.„Libella von Leiningen Weſter⸗ burg“, Beſ. Max Loock⸗Grünſtadt, 1. und Ehrenpreis des Verbands Süd⸗Weſtdeutſcher Vereine.— Zwergſpitze. Rüden.„Fritzle“, 5 Dürr⸗Ludwigshafen, 1. und Ehrenpreis.— Japaniſche Chin. ündinnen.„Nelli“, Beſ. Matth. Krones⸗Rheinau, lobende Er⸗ wähnung. * Im Prozeß Ludwig⸗Tillmann wurde heute vormittag 11 Uhr vor der Abteilung III des hieſigen Amtsgerichts das Urteil ver⸗ kündet. Es lautet: Der Kläger wird mit ſeiner Klage abge⸗ wieſen und hat die Koſten des Rechtsſtreits zu tragen. Wir be⸗ ſten uns vor, auf die Urteilsgründe nach ihrer Ausfertigung zurückzukommen. Herr Ludwig wird, wie er uns mitteilt, gegen das Urteil Berufung einlegen. * Wetterregeln für den Hausgebrauch! 1. Am Morgen: a) e Wetter wird, wenn der Himmel weißlich ausſieht und wolten⸗ oss iſt, oder wenn die Wolkendünſte ſich zwiſchen 9 und 10 Uhr zer⸗ zeilen, oder wenn Wolkenſtreifen im Oſten ſtehen; b) ſchlechtes Wetter giebt es, wenn die Wolken bei gedecktem Himmel niedrig ziehen, oder wenn die Morgenröte intenſiv gefärbt iſt. 2. Am Abend: a) ſchönes Wetter wird, wenn ſich nach Sonnenuntergang die Wolken lebhaft rot frben, oder wenn es bei wolkenloſem Himmel lebhaft wetter⸗ ler at; b) ſchlechtes Wetter iſt im Anzuge, wenn die Strahlen der behenden Sonne durch Wolkenlücken dringen, wenn der Himmel ch hinauf gelb erſcheint, oder wenn die Sonne blendend weiß zuht.— Im Allgemeinen geigt Donner am Morgen Wind und Aen Dasſelbe künden Höfe um Sonne oder Mond. Beſtändiger 0 bringt ſchönes Wetter; beſtändiger Weſtwind und Nordweſt⸗ Wenn feiner Regen auf ſtarken folgt, gibt es dauernd ſchlechtes Wetter. Bilden ſich aber bei ſchlechtem Wetter Schäfchen am Himmel, ſo wird es ſchön. Sonntag ſeinen Familienausflug mit Muſik nach Dürkheim. Vom ſchönſten Wetter begünſtigt, erfolgte zunächſt die Fahrt, zu welcher ſich die Mitglieder mit ihren Angehörigen ſehr zahlreich ein⸗ gefunden hatten, um.08 Uhr früh mit der Kapelle Frank von Ludwigshafen aus nach Dürkheim. Daſelbſt angelangt, wurde der Marſch nach Grethen angetreten, woſelbſt im Gaſthaus zur„Krone“ gemeinſam das Frühſtück eingenommen wurde. Hierauf wurde der Aufſtieg zunächſt nach der Hardenburg, dann nach der Limburg vor⸗ genommen. Gegen 942 Uhr zogen die Ausflügler unter klingendem Spiel wieder in Dürkheim ein, woſelbſt im Cafs Schüpple gemein⸗ ſchaftliche Tafel ſtattfand. Der Beſitzer, Herr Scheurich, der in Mannheim ſchon eine gute Küche führte, ließ es ſich auch nicht nehmen, ſeinen Mannheimer Gäſten das Beſte vorzuſetzen. Nach dem Eſſen war ein Tänzchen vorgeſehen, worauf gegen 7 Uhr die Heimfahrt erfolgte. Der Ausflug hat alle Beteiligten ſehr befriedigt und wird ihnen lange in Erinnerung bleiben. Nus dem Grossherzogium. Kleine Mitteilungen aus Baden. Nach großſtädtiſchem Muſter haben in Pforzheim zwei Strolche gearbeitet, welche ſeit längerer Zeit die Gegend der Durlacherſtraße unſicher machten. Sie lauerten Liebespärchen auf, welche dort ſpazieren gingen, verjagten den männlichen Teil mit Schlägen und vergingen ſich dann an dem Mädchen oder verübten Erpreſſungen, indem ſie ſich als Schutzleute ausgaben. Die beiden Gauner ſind verheiratet und Kohlenſchieber bezw. Eiſenbohrer. Es ſoll eine ganze Anzahl Fälle vorliegen.— Sonntag nachmittag fiel der 12jährige Sohn Anton des Schuh⸗ machermeiſters Philipp Schäfer von Waibſtadt von einem wilden Kirſchbaum und verletzte ſich ſo ſchwer, daß er am andern Morgen ſt arb. Plal heſſen ung elmgebung. *Aus 5 O. Juni. In ugedung hat Bürgermeifter Phil. Mart. Becker ſein Amt niedergelegt. — Auf dem Horſtexerzierplatz bei Landau ſollte Dienstag abend unter Aufſicht des Leutnants Rinnecker des 5. Feld⸗Art.⸗Regts. un⸗ brauchbar gewordenes Pulbver vernichtet werden. Durch einen un⸗ glücklichen Zufall eypplodierte das Pulver und der in der Nähe ſtehende Leutnant wurde bedeutend im Geſichte, namentlich an den Augen verletzt.— Dienstag früh wurde der 48 Jahre alte Peter Werner von Horſchbach im Walde auf dem Wege von Kuſel nach Haſchbacherhängt aufgefunden.— Der nach Verübung größerer Wechſelfälſchungen vor einigen Wochen flüchtig gegangene Möbel⸗ fabrikant Mootz von Klingenmünſter hat ſich der Staatsan⸗ waltſchaft in Landau freiwillig geſtellt.— Am Samstag verunglückte in der Grube der Bergmann Adam Neuſchwender von Wörſchweiler dadurch, daß er von niedergehendem Geſtein ge⸗ drückt wurde. Dienstag Nacht iſt N. ſeinen ſchweren Verletzungen im Spital zu Neunkirchen erlegen. Er hinterläßt eine Witwe in geſegneten Umſtänden und 5 Kinder.— Die Kirſchenernte in Weiſenheim a. S. kann im allgemeinen als beendet ange⸗ ſehen werden. Das Mengeergebnis war größer als man annahm, und auch die Preiſe waren für unſere Frühkirſchen recht zufrieden⸗ ſtellend. Die Ernte der Aprikoſen und Pfirſiſche ſteht nunmehr vor der Tür und verſpricht man ſich dieſes Jahr einen vollen Ertrag. *Mainz, 30. Juni. Die wegen Unterſchlagungen feſtgenom⸗ mene Elſe Fretwurſt hat jetzt ein umfaſſendes Geſtändnis abgelegt. Die bei ihr gefundenen 36 000 M. wurden der beſtohlenen Firma wieder eingehändigt. Ihr Bräutigam in Antwerpen hatte bon den Unterſchlagungen keine Kenntnis.— Dienstag nachmittag kurz vor 2 Uhr ſkürzte in einem Neubau Ecke Kaiſerſtraße und Rhein⸗ allee der 22jährige Taglöhner Ludwig Wald von hier durch den offenſtehenden Schacht eines Aufzugs in den Keller und war ſofort tot. * Bad Nauheim, 30. Juni. Mit einem Koſtenaufwand von 6 496 000 Mark ſollen in 8 Jahren hier neue Badehäuſer, Verwal⸗ tungsgebäude, Sprudelinſtallationen, neue Kanäle etc. errichtet werden. Für Vergrößerung der Kurhausanlage mit neuem Muſik⸗ tempel und Saalbau ſind 470 200., für Kolonnaden 670 000., für eine neue Saline 356 000 M. etc. gefordert. In dieſem Jahre ſollen 2 Bauraten mit 1 688 000 M. und für 1905 1239 000 M. bewilligt werden. Das dem Staat gehörende alte Salinengebäude ſoll verkauft werden. Gerichtszeſtung. Ein ärztlicher Senſationsprozeßz. sh. Wiesbaden, 30. Juni. Vor dem hieſigen Schöffengericht gelangte heute nach wiederholten Vertagungen ein Beleidigungsprozgeß zur Verhandlung, der für die geſamte deutſche Aerzteſchaft von prin⸗ zipieller Bedeutung iſt und deſſen Ausgang die Aerzteſchaft des Welt⸗ kurortes Wiesbaden mit ganz beſonderer Spannung entgegenſieht. Es handelt ſich dabei um nicht weniger als 98 Privatklagen, welche von hieſigen Aerzten, bezw. dem Wiesbadener ärztlichen Verein, gegen den Dezernenten der Medizinal⸗Abteilung bei der hieſigen Kgl. Re⸗ girung, den Geheimen Regierungs⸗ und Medizinalrat Dr. Auguſt Pfeiffer⸗Wiesbaden, angeſtrengt worden ſind und die nunmehr in einem zuſammenhängenden Verfahren auf einmal zur Erledigung gelangen ſollen. Der in dieſem Rieſenprozeß als Beklagter fungierende Regie⸗ rungs⸗ und Medizinalrat Dr. Pfeiffer ſteht ſchon ſeit längerer Zeit mit der Mehrheit der Wiesbadener Aerzte auf dem Kriegsfuße. Er ſoll als Degernent der Regierung das ihm obliegende Aufſichtsrecht üher die Aerzteſchaft zu ſcharf gehandhabt und als Sachverſtändiger vor Gericht, wie auch der Regierung gegenüber verſchiedentlich die Wiesbadener Aerzte desavouiert haben. Ganz beſonders ſcharf aber ſoll Regierungsrat Pfeiffer in dieſer Beziehung gegen den hieſigen Arzt Dr. Fiſchenich vorgegangen ſein, was zur Folge hatte, daß ſich ſchließlich der hieſige ärztliche Verein, dem von den ca. 200 Wiesbadener Aerzten 120 angehören und deſſen Vorſtandsmitglied Dr. Fiſchenich iſt, mit dieſem ſolidariſch erklärte. Daraufhin trat Re⸗ gierungsrat Pfeiffer aus dem Verein aus und erſtattete einen ver⸗ traulichen Bericht an ſeine vorgeſetzte Behörde, den hieſigen Regie⸗ rungspräſidenten, in welchem er ſich über den ärztlichen Verein höchſt abfällig äußerte. Er führte u. a. aus, daß der Verein ſchon längſt in den Augen aller anſtändig denkenden Aerzte Wies⸗ badens jedes Anſehen verloren habe und daß er aus dem Verein not⸗ gedrungen ausgeſchieden ſei, weil dieſem Mitglieder angehörten, mit denen er als Regierungsbeamter unmöglich verkehren könne. Mit Rückſicht ferner darauf, daß bei einer Abſtimmung über die Ein⸗ ladungen zum Ftiftungsfeſt des ärztlichen Vereins die Einladung des Geh. Regierſiſgsrates Pfeiffer mit 44 gegen 2 Stimmen abgelehnt worden war, beſchuldigte Herr Geh. Rat Pfeiffer in dem Berichte den Vereinsvorſtand der„Taktloſigkeit“ und bemerkte im Anſchluſſe daran: Die 44 Herren, die für ſeine Nichteinladung geſtimmt hätten, ſeien die wohl jedermann bekannten„Zuhälter“ eines beſtimmten Wiesbadener Arztes geweſen, mit dem er(Pfeiffer) zurzeit in Klage liege. Dieſer vertrauliche Bericht des Regierungspräſidenten gelangte nun durch Zufall in die Privatklageakten des Dr. Fiſchenich gegen den Geh. Rat Pfeiffer und in der Folge erhielten auch die übrigen Vereinsmitglieder Kenntnis von dieſen ſie beſchimpfenden Aeußer⸗ ugen. Scharfe und zerriſſene Wolkenränder deuten auf Regen. ungen des Regierungsvertreters. Zugleich ſoll noch ein weiterer ver⸗ Der Geſangverein Frohſinn Mannheim unternahm letzten traulicher Bericht des Geheimrats Pfeiffer zur Kenmnis des Vereins gelangt ſein, in welchem der Geheimrat in ähnlichen Redewendungen einzelne Mitglieder desſelben in äußerſt verletzender Form der Re⸗ gierung gegenüber als„Denunzianten“ uſw. bezeichnete. Nachdem die Regierung das Verſehen entdeckt hatte, ſoll man ſich die größte Mühe gegeben haben, die Benutzung der vertraulichen Akten in dem Strafverfahren gegen Geheimrat Pfeiffer zu verhindern. Zu dieſem Zweck ſoll ſogar das„preußiſche Kultusminiſterium“ angerufen worden ſein. Auch ſoll man auf einzelne Mitglieder des Vereins eingetvirkt haben, um ſie zur Zurücknahme des Strafantrages zu veranlaſſen. Sogar die„Militärbehörde“ ſoll zugunſten Pfeiffer's interveniert haben, indem ſie denjenigen Teil der klagenden Aerzte, die Sanitätsoffiziere des Beurlaubtenſtandes ſind, zum Rücktritt von der Maſſenklage zu veranlaſſen ſuchte und zwar durch Ver⸗ mittelung eines höheren Militärarztes, der im Auftrage des Ehren⸗ amts der Sanitätsoffiziere des Armeekorps hier weilte. Alle dieſe Bemühungen ſind jedoch an dem Widerſtande der beteiligten Aerzte geſcheitert. Sie vertraten gemeinſam den Standpunkt, daß es für die ganze deutſche Aerzteſchaft eine große Gefahr bedeute, wenn ein von der Regierung beſtellter Beamter in vertraulichen Berichten an zeine Behörde Beſchimpfungen und ſchiefe Darſtellungen ſich geſtatten dürfe, ohne daß den davon Betroffenen Gelegenheit geboten ſei, ſolchen Unrichtigkeiten entgegenzutreten, weil derartige Dienſtberichte natürlich der öffentlichen Kontrolle nicht zugänglich ſind. Eine bedeut⸗ ſame Folge des Bekanntwerdens der Pfeiffer ſchen Anſchuldigungen war u. ga. der einſtimmige Beſchluß des Wiesbadener ärztlichen Vereins, ſich an den ärztlichen Fortbildungskurſen, ſolange Geheimrat Pfeiffer Vorſitzender des Ortsausſchuſſes für dieſe Fortbildungskurſe war, nicht mehr zu beteiligen, gleichzeitig wurde das Zentralkomite für das ärztliche Fortbildungsweſen in Preußen, welchem u. a. an⸗ gehören: der Kultusminiſter Dr. Studt, der vortragende Rat im Miniſterium, Dr. Althoff, die Geh. Oberregierungsräte Prof. Dr. Kirchner und Schmidmann, Prof. Dr. Bergmann uſw. von dieſem Beſchluſſe verſtändigt. Das Zentralkomite, dem vor allem das Zu⸗ ſtandekommen der Kurſe am Herzen lag.— die Entſtehung dieſer wird auf die eigenſte Initiative der Kaiſerin zurückgeführt— hat den Geh. Rat Dr. Pfeiffer erſucht, den Vorſitz niederzulegen. Dies iſt dann auch geſchehen. 0 Inzwiſchen haben die dem Beklagten unterſtellten Beamten, ſo⸗ wie einige hieſige, dem Verein nicht angehörige Aerzte eine Petition in Umlauf geſetzt, in der die Regierung gebeten wird, Geh. giat Pfeiffer nicht fallen zu laſſen. Doch hat auch das Ergebnis dieſer Petition gezeigt, daß die Shmpathien der Bevölkerung auf Seiten des ſo ſchwer angegriffenen ärztlichen Vereins ſtehen, der übrigens dem„All⸗ gemeinen deutſchen Aerztebund“ angeſchloſſen iſt und im Verein mit dieſem vor 6 Jahren den„Allgemeinen Deutſchen Aerztetag“ in Wiesbaden veranſtaltete. Die Verteidigung des Geh. Rats Pfeiffer hat Rechtsanwalt Dr. Stieglitz⸗Wiesbaden übernommen, während den 98 Privatklägern eine ganze Schar von Antvälten zur Seite ſteht. S.. K ———— Hheueſte Hachrichten und Telegramme. Orivat-Telegramme des„General-Hnzeigers“ Gießen, 30. Juni.(Irkf. Ztg.) Geheimrat Prof. Georg Gaffki erhielt eine Berufung ins Reichsgeſundheitsamt alss Nachfolger Kochs. Dem Vernehmen nach wird Gaffki das Amt annehmen. SHomburg v. d. Höhe, 30. Juni. Pionierübungen 8 werden zur Zeit vom Naſſauiſchen Pionierbataillon aus Caſtel im Taunus abgehalten. Ein Teil des Bataillons baut einen Waldweg bei Falkenſtein, ein anderer Teil ſchlägt im Köpperner Tal eine Brücke. Das Bataillon iſt in Falkenſtein und Köppern einquartiert. Köln, 30. Juni. Das Opfer einer tollkühnen Wette wurde ein als tüchtiger Schwimmer bekannter 28jährigen Mann, der mit einem Freunde von der Schiffsbrücke in den Rhein ſprang, um bis zu einer beſtimmten Stelle den Strom in voller Kleidung zu durchſchwimmen. Sie gerieten in den Wellenſchlag eins vorbeifahrenden Dampfers, wobei der Einel ertrank und der An⸗ dere nur mit größter Mühe gerettet werden konnte.(Frkf. Ztg.)! »Köln, 30. Juni. Im benachbarten Kalk überraſchte geſtenn abend ein Ehemann ſeine Frau bei dem Verkehr mit einem anderen 9 Mann. Er griff zum Brotmeſſer und durchſchnitt ſeinen Frau den Hals. Die Frau verſtarb ſofort. Der Ehemann ſtellte ſich ſelbſt der Polizei.(Frkf. Ztg.) 8 * Liebenſtein(Sachſen⸗Meiningen), 30. Juni. Morgen treffen hier ein der Kronprinz und die Kronprinzeſſin von Griechenland mit den prinzlichen Kindern und Gefolge, ferner Prinz und Prinzeſſin Karl von Heſſen nebſt Kindern und Ge⸗ folge, am 2. Juli der Erbprinz Bernhard von Sachſen⸗Meiningen. Angeſagt hat ſich der König von Rumänien. Chemnitz, 30. Juni. In der Nähe überſchlug ſich geſtern an der von Gelena ſchwer verwundet. *Kiel, 30. Juni. Die„Kieler Zig.“ meldet: Heute nach⸗ mittag brach der von dem Prinzen Heinrich von Preu⸗ ßen geſchenkte große Bär im Zwinger des Werſtparkes aus, verletzte einen Wärter und zerfleiſcht ihn derart, daß die Ueber⸗ führung in eine akademiſche Heilanſtalt notwendig wurde. Auch die übrigen herbeigeeilten Perſonen wurden verletzt. Da es nicht möglich war, den Bär in den Zwinger zurückzubringen, mußte das Tier erſchoſſen werden. Berlin, 30. Juni. Heute ſtarb in Fulda Lan dtags⸗ abgeordneter Göbel(Zentrum, Kaſſel 12.) *Berlin, 30. Juni. In dem Prozeſſe der Stadt⸗ gemeinde Berlin gegen die Große Berliner Straßen⸗ bahngeſellſchaft verurteilte das Landgericht die Straßen⸗ bahn koſtenpflichtig, anzuerkennen, daß ihr das Einſpruchsrecht gegen die Weiterführung der Untergrundbahn nach dem Stadtinnern, ſo⸗ wie der Anſpruch auf Schadenerſatz aus dem ſpäteren Betriebe der⸗ ſelben nicht zuſteht. 2 5 Bremen, 30. Juni. Die Bürgerſchaft beſchloß heute das der Stadt Bremen vom Bismarckdenkmal⸗Komitee als Geſchenk angebotene große Reiterſtandbild Bismarcks neben dem nördlichen Domturm anzunehmen. Sie ſtimmte ferner dem Staats. vertrag mit der Braunſchweiger Lotterie wegen der Er böhung der Pacht auf 50 000 M. zu und bewilligte 480 000 M. füer ein neues Freihafenverwaltungsgebäude. Graz, 30. Juni. Zum Verbandsorte wurde vom Deutſchen Journaliſten⸗ und Schriftſtellertag Hamburg und zum Orte für den Delegiertentag im Jahre 1905 Darmſtadt gewählt.(Frkf. Ztg.“ 4. Seite Weeneral⸗Anzetger, Maunheim, 30. Kum. * N o m, 30. Juni. Der italieniſche Botſchafter in St. Pe⸗ tersburg Graf Mora wurde auf ſein Anfuchen penſioniert. Der italieniſche Gefandte in Tolkio Melegari wurde zu ſeinem Nach⸗ folger ernannt. Senator Guiceioli iſt zum Geſandten in Bel⸗ grab beſtimmt. Der Gefandte in Mepiko Graf Vinei wurde zum Geſandten in Tokio ernannt, für deſſen bisherigen Poſten Legationsrat Nobili auserſehen iſt. Der bisherige Legationsrat bei der Gefandtſchaft in Liffabon Baroli foll den Geſandt⸗ ſchaftspoſten in Peking übernehmen. Zur badiſchen Verfaffungsänderung. B. Karlsruhe, 30. Juni. In dem Bericht der Ver⸗ faffungskommifſion der 1. Kammer, der vom Abg. Frhr. d. Goeler erſtattet iſt, wird der Geſetzentwurf über die Abänderung der Berfaffung in der von der 2. Kammerbeſchloſſenen Faſſung alsunannehm⸗ bar bezeichnet. Man einigte ſich in der Kommiffion dahin, einen ehrlichen und ernſtlichen Verfuch zu einer Verſtändigung der geſetzgebenden Faktoren zu machen und dabei folgende drei Geſichtspunkte zu verfolgen: 1) An der Geſtaltung der 1. Kammer, wie ſie in der Faffung der letzteren geforderk wird, ſoll möglichſt wenig geändert werden. 2) Die Zuſammenſeßzung der 1. Kammer ſoll im weſentlichen nach dem Regierungsentwurf gebildet werden. 3) Die ſtaatlichen Befugniſſe der 1. Kammer in budget⸗ cechtlicher Beziehung ſind den veränderten Verhältniſſen entſprechend im allgemeinen Staatsintereſſe()/ zu erweiter n. Wenn das Plenum der 1. Kammer am 5. Juli dieſen Be⸗ ſchlüſſen beitrikt, iſt an ein Zuſtandekommen des Reformwerkes nicht zu denken. Die heſfiſche Wahlreform. * Darmſtadt, 30. Juni. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde die Generaldebatte uüber die Wahlrechtsvorlage fortgeſetzt. Für das Geſetz ſprachen die Abgeordneten Schmidt(Zentr.), Gutfleiſch(freiſ.) und Ullrich(Soz.); die Abgg. Hirſchel(B. d..) und Schill(natl.) machten, nach der„Frkf. Zig.“, ihre Zu⸗ ſtimmung von gewiſſen Bedingungen abhängig. Zum Fall Mirbach. „ Berlin, 30. Juni. netenhaus wurde heute die Interpellation Träger über die „JInanſpruchnahme der Oberpräſidenten durch den Oberhofmeiſter von Mirbach zu Geldſammlungen zu einem ſilbernen Hochzeitsge⸗ ſchenk für das Kaiſerpaar verleſen. Der Miniſter des Innern Freiherr von Hammerſtein erklärte ſich bereit, die In⸗ terpellation zu beantworten, fobald die Unterſuchung beendet ſei, twelche bereits vor Einbringung der Interpellation eingeleitet wurde. Zur Kieler Entrevne. * Kiel, 30. Juni. Die„Kieler Ztg.“ meldet: König Eduard empfing geſtern an Bord ſeiner Jacht den Ober⸗ bürgermeiſter Fuß in beſonderer Audienz. Der König ſprach ſeine hohe Befriedigung und ſeinen Dank aus für den herzlichen Empfang, den ſeine Marine ſeitens der Stadt Kiel gefunden habe, insbeſondere auch für die damit verbundene Erinnerungs⸗ gabe. Er überreichte feinerſeits zur Erinnerung an dieſe Tage dem Oberbürgermeiſter Fuß den um den Hals zu tragenden Victoria⸗Orden. Nach Beendigung der Audienz wurde dem Oberbürgermeiſter durch den Adjutanten und Privatſekretär des Königs Kapitain Ponſonby im allerhöchſten Auftrage ein Geſchenk von 100 Pfd. Sterl. für die Armen der Stadt über⸗ geben. Zur Fälſchungsaffaire'Autriche. * Paris, 30. Juni. Die„Humanits“ meldet: ver⸗ Haftete Hauptmann Frangois geſtand, daß Marschal der in den Büchern d Autriches genannte Auſterlitz ſei. Hauptmann Marechal gab zu, er habe 25 000 Franes erhalten, ſte aber an ver⸗ ſchiedene Nachrichtenagenten verteilt. Letzteres wird bezweifelt, da die Quittung des ehemaligen öſterreichiſchen Beamten Przyborowski beweiſt, daß dieſer, welcher mit Czernusky in Beziehungen ſtand, 25 000 Franes vom Generalſtab erhielt, kurz ehe Czernusty in Ren⸗ nes die bekannten Ausſagen machte. Um dieſen Zuſammenhang zu verheimlichen, habe d Autriche in den Blichereintrag über die Auszahlung das Datum ausrad jert und abgeändert.— Die matlonaliſtiſchen Blätter kritiſieren die Verhaftung der drei Offiziere ſehr ſcharf.„Gaulois“, ſagt, Marechal habe im Jahre 1899 vom Generalſtabschef Delanne 25 000 Franes erhalten und ſie auftrags⸗ Der gemäß an den Spion Auſterlitz für wichtige Schriftſtücke ausgezahlt. DeAutriche habe ſich bei der Eintragung lediglich verſchrieben und deshalb radiert. Der Krieg. Das letzte Seegeſecht vor Port Arthur. (Von unſerem Korreſpondenten.) Kk. London, 29. Junt. Das Geheimnis des Seegefechts vom 22.—23. Juni iſt im⸗ mer noch nicht gehoben, trotz der zahlreichen eingehenden Berichte, die inzwiſchen bon allen Seiten eingelaufen ſind. ir wiſſen immer noch nicht weshalb Admiral Withöfft ſeine geſamte Flotte aus dem Hafen von Port Arthur heraus⸗ 5 ſie einige 50 Klm. weit in See gehen ließ, als wolle er ſeinem Gegner die langerſehnte Seeſchlacht anbieten, oder aber nach Südweſten durchbrechen und die Vereinigung mit dem Wlädiwoſtok⸗Geſchwader ſuchen, um dann plötzlich, noch ehe Admiral Togo's Flotte herangekommen, ſeine Schlachtſchiffe und Kreuzer zu wenden, und zurückdampfend, unter den Kanonen der Forts von Port Arthur Schutz zu ſuchen. Sein Erſcheinen auf hoher See bleibt ebenſo rätſelhaft wie ſeine plötzliche Rück⸗ kehr in den Hafen der belagerten Feſtung und zwar umſomehr, als er diesmal alle Chancen für ſich hatte und ſeinem Gegner, der ihm nur 4 Schlachtſchiffe entgegenſtellen konnte, in Schiffen wie an Geſchützen überlegen war. Vielleicht iſt die berelts verſuchte Erklärung doch die rich⸗ ktige, die der Shanghaier Korreſpondent der„Morning Poſt“ heute kabelt, da nämlich zwei der reparierten Schlachtſchiffe angeblich der„Retwiſan“ und der e ſchon na wenigen Stunden ſich als unfähig erwieſen hätten, die hohe Im preußiſchen Abgeord⸗ See zu halten, die Reparaturplakten ſeien geſprungen And ſchhete Lecks entſtanden. Det rufſiſche Admiral habe ſo die Ueberzeugung gewonnen, daß der größere Teil ſeiner Flotte leine längere Meerfahrt, geſchweige denn ein größeres Seegefecht gegen eine feindliche Flotte wie die Togos, aulshalten könne und habe ſich deshalb zurückgezogen. Aber mit Recht wird dagegen eingewandt, daß et dann wenigſtens ſich auf die feindliche Flotte peerſen und dieſer die größtmöglichſten Berluſte hätte beibringen müſſen, während er ſetzt auch dazu alle Ausſicht verloren zu haben ſcheint. Daß Admiral Togs ihm unter die Geſchütze Port Arthurs ſfolgen und dort den Kampf annehmen werde, konnte er unmöglich annehmen, ta er das aber nicht, ſo wird es wieder unbegreiflich, weshalb er dann untätig vor dem Hafen liegen blieb und feme verankerten Schiffe vem Angriſſe der japaniſchen Torperokoote ausſetzte. Der Verſuch das dadusch zu erklären, daß die Einkahrt zu dem inneren Hafen nu: ſoweit freigelegt ſei, daß große Sahfe ſte lediglich zur Flutz⸗ct paf⸗ ſieren könnten, hat ſich als nicht ſtichhaltig erwieſen. Die Stunde der Ein⸗ und Ausfahrt der rufftſchen Flotte ſtimmt nicht mit der Flutzeit zuſammen. Admiral Ingles verſucht eine pſychio⸗ logiſche Erklarung. Nach ihrm zei der Grund für das ſcheinbar unverſtändliche Zögern der Ruſſen, die Offenſtde zu ergreifen, in einem Mangel im flaviſchen Temperamente zu ſuchen, derß ſowohl im Krimkriege wie im ruffiſch⸗kürkiſchen Kriege auch dazu geführt habe, daß die Ruſſen ſtets in einem kritiſchen Aktionsmomenie plötzlich Halt machten, als ſeien ſie zu einem raſchen Drauf⸗ und Drangehen unfähig. Aber auch hiergegen läßt ſich an der Hand der Kriegsgeſchichte vieles einwenden, wenn es auch richtig iſt, daß der ruſſtſche Soldat ſich bis dahin in der Defenſtve am ſtärkſten gezeigt hatte. Es ſcheint, als wenn wir nunmehr fede Ausſicht auf eine Seeſchlacht oder auch nur ein größeres Seegefecht aufgeben müßten. Togo hat viel zu gut begriffen, daß er die ihm ge⸗ ſtellte Aufgabe mit ſeinen Torpedo⸗Flottillen genügend zu löſen vermag, wobei er nichts als höchſtens einige dieſer kleinen, leicht erſetzbaren Boote riskiert, ſeine Kreuzer und Schlachtſchiffe aber intakt erhält. Und er weiß, daß das ſeine oberſte Pflicht iſt. Jede Schwächung ſeiner Schlachtflotte würde nur die Oſt⸗ aſten⸗Fahrt der tuſſiſchen Balten⸗Flotte beſchleunigen und er hat kein zweites Geſchwader dieſer entgegenzuſenden. Der japaniſche Landangriff auf Port Arthnr. „ London, 30. Juni. Der„Times“ wird aus Tokio ge⸗ meldet: Unoffiziellen Nachrichten zufolge begannen die Japaner den Angriff auf die Außenwerke Port Arthurs im äußerſten Oſten am 26. Junt vormittags. Der Kampf dauerte bis nachmittags 5 Uhr, als die Ruſſen in Verwirrung von den Anhöhen nahe am Fungnifluſſe nach den Chikwanſchan⸗Jorts getrieben wurden. Die Japaner rückten weſtwärts von Pintau 6 Kilometer nach dem Satinghügel vor und griffen dort die Höhenreihen an. Sie fanden heftigen Widerſtand. Die japaniſchen Truppen beſtanden aus In⸗ fanterie, Kavallerie, Artillerie und berittener Infanterie. Sie ver⸗ loren etwa 100 Mann. Die Ruſſen ließen 40 Tote, 2 Maſchi⸗ nengeſchütze, eine Anzahl Gewehre und Munition zurück. Die Ja⸗ paner ſind durch dieſen Erfolg in den Rücken bon Tuchingtſche ge⸗ langt“ Der Angriff auf diefe letztere Stellung iſt darum unnßtig. Eine offizielle Beſtätigung dieſer Mitteilungen fehlt noch.(Frkf,.) Zum letzten Seegefecht vor Port Arthur. * Tſchifu, 30. Juni.(Reuter.) 50 Europäer, die Port Arthur am 23. Juni verlaſſen hatten, trafen hier von der Pigeon⸗ bai ein, wo ſie ſich auf Dſchunken am 28. Juni eingeſchifft hatten. Sie erzählten, daß in der Seeſchlacht am 23. Juni die„Sewaſtopol“ leichte Havarie gehabt hätte, die in 15 Tagen wieder in Ordnung gebracht ſein würde. Der Streu⸗ minendampfer„Amour“ wätre ziemlich ſchwer beſchädigt. Die Europäer hörten nichts über ein Nachtgefecht in welchem die Japaner, wie ſie behaupten, ein ruſſiſches Linienſchiff zum Sinken gebracht hätten. Vom Wladiwoſtok⸗Geſchwader. * Tokio, 30. Juni.(Reuter.) Ein Telegramm aus Genſan berichtet, daß heute das ruſſiſche W ladtwoſtok⸗ geſchwader vor Genſan erſchienen iſt, und die Stadt angegriffen habe. *.** *London, 30. Juni. Nach einer Meldung aus Kobe iſt das japaniſche Transporiſchiff„Sadu Maru“ flott gemacht und geht nach Nagaſaki in Dock. Die Weltausſtellung in St. Louis⸗ IV. Machdruck berboten.) Woran es liegt, weiß ich nicht, aber das iſt ſicher: die Weltaus⸗ ſtellung iſt der Mittelpunkt all der heftigen Regengüſſe, die nun ſchon ſeit 8 Tagen ganz Mittelamerika überfluten, auf dem Lande bereits großen Schaden angerichtet und gewiß ſchon Zehntauſende von Be⸗ ſuchern ferngehalten haben. Selten habe ich ein ſchöneres Früh⸗ lingswetter erlebt als während der erſten Maiwochen in St. Louis, ſelten Frühlingsabende, die lieblicher und milder waren als auf den dämmerigen Boulevards in dem geradezu ariſtokratiſch vor⸗ nehmen weſtlichen Viertel der Ausſtellungsſtadt. Bald aber ſetzte eine hochſommerliche Hitze ein, die ſich um die Mittagszeit bis zu 40 Grad Reaumur im Schatten berſtieg,— und nun ſeit einer Woche lebt man in einer fortwährenden Abtvechslung von hoher und nie⸗ derer Temperatur und der entſprechenden Fragen: Geht man im Strohhut, ohne Weſte, oder hüllt man ſich in den Regenmantel? Ein wolkenloſer, heißer Morgen, wolkenbruchartiger Regen am Mittag; ein ſternklarer Abendhimmel, an dem ſchon die erſten Blitze des Getwitters huſchen, das um Mitternacht die friedlichen Bürger mit einer wahren Kanonade und einer fürchterlichen Blitzlicht⸗Beleuch⸗ tung aus dem Schlaf ſchreckt; das iſt zurzeit die Regel. An einem dieſer launiſchen Tage verſagte der Verkehr der elektriſchen Straßen⸗ bahn zwölf Stunden lang,— für die Beſucher der faſt ſechs Kilo⸗ meter vom Zentrum der Stadt entfernten Ausſtellung keine ange⸗ nehme Entdeckung, als ſie heimwärts oder zum ahnhof wollten. An einer Stelle ſtauten ſich nicht weniger als dreißig„Cars“ cuf dem Straßengleiſe, die Drähte brannten und der Fahrdamm war ein reißender Waſſerſtrom. Man kann ſich denken, welche Veränderung mit dem ſoliden Lehmboden der Ausſtellung bet dieſem Ueberfluß an himmlichem Segen bor ſich ging:— das Publikum ſchien ſich in lauter Störche verwandelt zu haben, die mit möglichſt verlängerten Beinen durch einen einzigen rieſigen Sumpf ſtiegen. Das„Große Baſſin“ ſtand voll bis über ſeine Ufer, trotzdem die Kaskaden„offi⸗ ziell“ nicht liefen; ſie 5 eben von ſelbſt, und auch die breiten Treppenwege an ihren Seiten wurden zu Waſſerfällen. Auf der für athletiſche Spiele hergerichteten Arena entſtand ein neuer See, der den Namen„Stadium⸗See“ erhielt. Der Beſitzer der Kon⸗ zeſſion„Die Springflut von Galveſton“ an der Vergnügungsſtraße brauchte keinen künſtlichen Donner, keine künſtliche Verfinſterung des Firmaments, keine ſchrillen chromatiſchen Tonläufer auf dem Klavier neben ſeiner Bühne mehr, um ſeinen Parkettbeſuchern den Eindruck eines Weltuntergangs zu geben,— er hatte das alles viel beſſer vor der Tür; und der einzige Mann, der ſich aus dein ganze ff Zußtänd fichts machte, war der Tieſſeetaucher in ſeine der deshalb auch nur gegen Eintrittsgeld gezeigt wurde. Doch wie die meiſten unangenehmen Dinge irgend eine gute Seite haben, ſo auch diefe plötzlichen Regengüſſe. Sie treiben die Leute ins Innere der Ausſtellungshallen; und es gibt weniger von den allzu weißen Außenwänden als von dem überreichen Inhalt ber Paläſte geblendete Augen; weniger Verzehren bon Eisereamſoda, weniger Zufchauer bei den Paraden der graubefrackten Weſt Point⸗ Hadetten, weniger Anhören von Konzerten im Freien, als Be⸗ wunderung der zahlloſen Gegenſtände im Einzelnen, die Kunſt, Induſtrie und Wiſſenſchaft in bunten Gruppen zuſammengebracht haben. Wenn man denn ſchon einmal unter Dach und Fach bleiben mitß, warum dann nicht gleich unter dem ſchönſten, das in der ganzen Ausſtellung zu finden iſt, nämlich dem der deutſchen Kunſtgewerbkichen Abteilung! Herrlichere Gemächer, um einen Regentag— und natürlich auch angenehmere Tage— in ihnen zu verbringen, wird man ſekten wiederfinden als ſie hier den Beſuchern offen ſtehen. Da iſt z. B. der prächtige, von Prof, Kreis entworfene„Repräſentations⸗ raum für das Ständehaus in Dresden“, ein Zimmer in dunkelgrauer Eichentäfelung mit hohem, edlem Portal, Tiſch, Stühlen und Eck⸗ ſchränken in hellbraunem Nußbaum; dann das in ſeiner dunkeln Tönung und in ſeinen wuchtigen Formen feierlich ernſt wirkende Mufikzimmer von Fritz Drechsler⸗Dresden mit den von Max Klin⸗ ger geſchaffenen lebensvollen Büſten Wagners und Liſgts in weißem Marmor. Ferner das elegante, für den Regierungspräſidenten in Bahreuth beſtimmte„Empfangszimmer“, mit ſilbergrau ſchimmern⸗ dem Ahorn getäfelt, mit feinen Möbeln im ſelben Material, die blau bezogen ſind. Weiter der geräumige, ebenfalls für Bayreuth be⸗ ſtimmte„Landratsſaal“ mit den hoch in ſelbem Mahagoni getäfelten Wänden, geſchmückt mit den Wappen der oberfränkiſchen Ortſchaften, mit den ſchlanken Säulen und den beiden Kaminen in grauem Mar⸗ mor und Bronze. Beſonders bemerkenswert und von großem Ein⸗ druck iſt ein für die Düſſeldorfer Stadtbibliothek beſtellter, von Pro⸗ feſſor Peter Behrens geſchaffener Leſeſaal, der wie in einem rieſi⸗ gen Holzblock hineingehöhlt erſcheint; er beſteht faſt lückenlos gus röklichbraunem Zedernholz. Eine breite Niſche in der Seitenwand mit einer Uhr in rotem Marmor iſt der einzige weſentliche Aus⸗ ſchmuck dieſes Raumes, der durch ſeine ſtrenge, gerade Linienführung wohltuend ruhig wirkt und ſeinem Zweck als Leſezimmer gewiß vor⸗ trefflich dienen wird, weil er weder durch Bilder noch durch ſchnörk⸗ lige Ornamente den dort geiſtig Arbeitenden mit Zerſtreuung droht. Wüßte ich kaum einen Raum, der mehr dazu geſchaffen ſchien, um einem Freunde der Wiſſenſchaft asketiſche Abgeſchloſſenheit, einen Ort für mönchiſchen Fleiß zu bieten, ſo wüßte ich als Gegenſatz dazu kaum einen Aufenthalt, der heiterer, üppiger wäre als jenes Gar⸗ tenhaus,„die Perle der deutchſen Abteilung“, dem ſein Erbauer, Prof. Olbrich⸗Darmſtadt, den bezeichnenden Namen„Sommerſitz eines Kunſtfreundes“ gegeben hat. Man muß es ſich in einen wei⸗ ten grünen Park denken mit ſeinen niedern weißen Mauern, ſeiner von runden Ziegeln gedeckten Halle, die den zierlichen Brunnenhof umgibt und die offenen Eingänge zu den mit fürſtlicher Pracht und mit erleſenem Geſchmack ausgeſtatteten Gemächern gegen Sonne und Regen ſchützt. Dies Haus gibt nicht nur in ſeinem ganzen Ausbau ein Beiſpiel moderner deutſcher Baukunſt, es bietet auch dem füd⸗ deutſchen Kunſtgewerbe eine Gelegenheit, ſich in der Anwendung zur Schau zu ſtellen. In ihm ſieht man die ſchönen„Thoma⸗Kacheln“ der Großherzoglichen Majolika⸗Manufaktur(Karksruhe) wirklich an den Wänden; die mit Blumen gefülften Vaſen auf den Tiſchen; Bronzen, Stickereien und Gemälde diesmal in einem Ausſtellungs⸗ arrangement, das ſich ſehr von dem üblichen unterſcheidet Baden, Württemberg, Elſaß⸗Lothringen und Heſſen teilen ſich in die Flucht der Räume. Badens Anteil ſind ein von Prof. Läuger⸗Karlsruhe entworfenes Empfangszimmer— Möbel, Teppiche und Vorhänge hellbraun, und grüne Kacheln, die ſowohl den Feuerplatz wie die in die Wand eingelaſſene Fontäne umgeben— und einer keramiſche Sammlung von Prof. Hoffacker⸗Karlsruhe. Württemberg hat ein von Prof. Pankok⸗Stuttgart geſchaffenes Mufikzimmer geſtellt, das ebenſo prächtig wie eigenartig iſt mit der formenreichen Ornamentik ſeiner Täfelung und ſeiner Möbel und namentlich des koſtharen Schiedmeher⸗Flügels, der auch aus einem anderen Grunde eirt „intereſſantes Stück“ iſt: Sein Gehäuſe beſteht nämlich aus tief⸗ dunklem Eichenholz, das von den Ueberreſten der römiſchen Rhein⸗ brücke bei Mainz genommen iſt,— wahrlich ein ungewöhnliches Schickſal für das uralte Holz der deutſchen Eiche, über das einſt der dumpfe gleichmäßige Takt von Cäſars marſchierenden Legionen hin⸗ wegging, und das heute die ſüßeſten glockenhellen Töne der Frau Muſika in ſich ſchließt... Elſaß⸗Lothringen zeigt ein großes Wohn⸗ zimmer von K. Spindler, St. Leonhardt, deſſen Einrichtung namenk⸗ lich wegen ihrer ſchönen, in natürlichen Farben ausgeführten Holz⸗ Intarſien auffällt. Sechs zuſammenhängende Interieurs von heffi⸗ ſchen Handwerkern nach Entwürfen von Profeſſor Olbrich ausgeflührt, bilden die„Heſſiſche Abteilung“ im Mittelbau des Sommerſitzes. Nur einen Ort gibt es in der Weltausſtellung, der an eigen⸗ ortiger vollendeter Schönheit mit dieſer„Heſſiſchen Abteilung“ wett⸗ eifern könnte: Der Pavillon Oeſterreichs. Ich beſuchte ihn bei der Einpeihung; und da war es nicht nur ſchwer, zu entſcheiden, ob dert graziöſen Wiener Damen oder den amerikaniſchen Ladies der Preis für Schönheit und Toilettenpracht zuzuerkennen ſei,— es war auch kaum ein Urteil zu fällen, ob Deutſchland oder Oeſterreich für ihre Kunft der modernen Innenausſtattung die Palme gebühre. Man gelangt durch den Eingang in ein Veſtibül, das wie eine Symphonie in Gelb anmutet; der Empfangsraum daneben iſt ganz in vor⸗ nehmem, ariſtokratiſchem Schwarz gehalten, aus dem allein ein weißes Marmorrelief der unglücklichen verſtorbenen Kaiferin ſich abhebt. Und wenn man von einem dieſer ſtimmungsvollen Räume in Braun, in Grau, in mattem Grün, zum andern geht, um dor den Gemälden und Skulpturen der Wiener, der böhmiſchen, der pol⸗ niſchen Künſtler zu weilen oder die Ausſtellungen des k. k. Eiſen⸗ bahnminiſteriums und des k. k. Unterrichtsminiſteriums kennen zu lernen, ſo empfindet man wohltuend die Vornehmheit eines künſt⸗ leriſchen Volkes, das zwar verhältnismäßig nur Weniges, doch auch nur ſein Beſtes zur Weltausſtellung geſandt hat. 5 Nahe mit der Erzffnung des öfterreichiſchen Papillons fiel eine Einweihung zuſammen, die nicht minder ein geſellſchaftliches Ereignis in der abwechſelungsreichen Geſchichte der Ausſtellung bedeutete? Die Dedikation von„Schön⸗Japan“ Die Amerikaner ſind, und das hat natürlich ſeine guten geſchäftlichen Gründe, die beſten Freunde der Japaner; umgekehrt behaupten die Japaner eine be⸗ So war denn das hübſche Garten⸗ ſondere Vorliebe für Amerika. feſt nicht ohne einen leiſen politiſchen Beigeſchmack, bei Selt oder Tee, je nach Belieben. Geiſhas in ihren heimatlichen Koſtümen ſangen und tanzten; die kleinen ſchlitzäugigen„Japs“ überbote n ſich an Aufmerkſamkeiten und verteilten zum Schluß reichlich alteen ihres Tees und ihres Ingwers. Mögen die Blumen der Kdie kaniſch⸗japaniſchen Freundſchaft ſo lange blühen wie die Li 85 Kirſchblüten und Orchideen, die den Gäſten verehrt un fe waren nämlich aus Papier Alfons Paßx