reiner ulis 0 0 22 1 1 1 1 inan enen 05 Zur Begründung des deutſchen Nationaltheaters in Mannheim Von Maler Müller(geſchrieben im Jahre 1776) 3 kann ich die Freude und all das Jüße, patriotiſche Gefühl bergen, das durch die reizendſte Aussicht in Errichtung einer deutſchen Nationalbühne in der Pfalz mein ganzes Herz erwärmt. Wie lange klagt Deutſchland ſchon, wenigſtens der patriotiſche Teil davon, über den Mangel einer Nationalbühne, unwillig auf das Prahlen des Engländers, des Franzoſen, die mit emporgerichtetem, ſich ſelbſt fühlendem Stolze ſagen: Wir haben eine eigene Bühne, wo aber habt ihr die? Und Deutſchland konnte nicht immer ſchlafen; es erwachte, kat die Augen über ſeinen Mangel auf. Wie viele edle Deutſche beſtrebten ſich ſeither, dieſe Lücke auszufüllen, unſere Bühne, die durch Verachtung und Vernachläſſigung unter ſich ſelbſt geſunken, wieder aufzurichten, und ſie zu derjenigen glänzenden Höhe zu führen, auf der die Bühnen der Ausländer ſchimmern— vergebens bisher! Denn von Fremdlingen an deutſchen Höfen vertrieben, irrte die Schauſpielmuſe wie eine verſtoßene unter ihren eigenen Brüdern umher, und nicht lange iſt's, daß ſie auf ihrer traurigen Wanderſchaft noch nicht einen Ort wußte, wo ſie ſicher ihr Haupt hinlegen konnte. Um jo entzückender, hinreißender der Gedante, daß die Pfalz es iſt, die den übrigen Provinzen Deutſchlands in einem ſo herrlichen Unter⸗ nehmen vorausgehen will!—* 5 In einem Staate, wo unter der weiſen und milden Regierung Karl Theodors alle Wiſſenſchaften und Künſte blühen, wo gleichſam jeder Same, den Genie auswirft, Wurzel jaſſen und treiben kann, wo ſich alles in einen einzigen Punkt vereinigt, eine Epoche zu bilden, die ewig dem pfälziſchen Ruhme heilig ſein ſoll— was weniger man bisher gewohnt war, dieſen Teil Wunder, daß von edlem Unmut entflammt i r N. 3 der Kunſt in Deutſchland als ein Studium der Gedanke auflodert, auch in der Schauſpiel⸗ 5 bearbeitet zu ſehen— welch' ein Ruhm für kunſt das zu leiſten, was wir bereits in an⸗ unſer Vaterland, die Pfalz, für uns edle deren edlen Wiſſenſchaften getan: Deutſchland Pfälzer, wenn wir herzhaft und kühn zum eine Nationalbühne zu bilden, uns und Ruhme Deutſchlands eine Laſt übernehmen, unſeren Nachkommen zu bauen ein ewig Denk⸗ die noch niemand vorher gewagt hat, zu heben, mal— edles Geſchäft, wovon dreimal die Ehre nach einiger Jahre Arbeit ein Werk errichteten, zurückfällt auf den gütigen Fürſten, unter deſſen das das Vergnügen unſerer Einwohner und das Huld ein ſo patriotiſches Werk begann— glor⸗ Erſtaunen und Wunder der Fremden würde. reich alle die Edlen, die mitarbeiten! Einſt, Auf dieſe Weiſe können wir keck an⸗ wenn Deutſchland ihnen entzückten Dank ab⸗ nehmen, der Grund zur Außbauung einer ſtatten wird, wird ihr Ansehen grünen, wenn wahrhaft deutſchen Nationalbühne beſtehe in künftig der Enkel ihren Namen nennt, ſagen einer wohleingerichteten Theaterſchule. wird: Die waren's, die's unternahmen, die Derjenige, der als Direktor die Ehre hätte, ſolch einer Geſellſchaft ſo wohl als auch der ganzen Einrichtung einer Theaterſchule vorzuſtehen, ſei ein Mann, der alles Große, waren's, die's ausgeführt! Dies wäre der Weg, auf dem man zum Beſitz eines deutſchen Nationaltheaters vor⸗ dringen könnte: die Bearbeitung unſerer g Weitläufige fühlt, das ſolch ein Unternehmen eigenen Natur und Lauterkeit. Das 5 in ſich jaßt. Er habe nicht allein hinlänglich immerwährende Anſtrengen der Kraft in ſich SCHILLER. Kenntniſſe und Talente ſlets, wenn er will, ſelbſt würde unseren pfälziſchen Akteurs end⸗ 15 ſich als Akteur zu zeigen und in alle Details lich eine ſolche auffallende Eigentümlichkeit,% pP einzugehen, ſondern er überſehe auch das Ganze, geben, ſolche Vorzüge von Wahrheit, die umſo„ wiſſe gleich den Standort und Punkt anzu⸗ viel glänzender dem Fremden und Ausländern. geben, aus dem der Dichter ſeine Arbeit be⸗ in die Augen ſchimmern müßten, um ſo viel 5 trachtet haben will. Mit Mut und Herzhaftig⸗ keit, alle Gefahren und Arbeiten zu überſteigen, ſei er, was ein tapferer Offizier ſeiner Truppe iſt, der, wenn er nur als Befehlshaber ſeinen Untergebenen den mühſamen Weg der Ehre gewieſen, ſich ſelbſt als Soldat an ihre Spitze wirft und alle Gefahren und Beſchwerlichkeiten mit bekämpft. Ein ſolcher Mann, von hoher Intendanz kräftigſt unterſtützt, könnte dasjenige, was ſo ſelten und doch ſo voller Wirkung iſt leiſten: Harmonie in das Ganze bringen, Licht und Schatten verteilen gemäß der Intenſion des Originals— da wo der einzelne Schaufpieler oft ſelbſt ſeinen Platz und Standort nicht finden kann, mit genievollen Blicken das Ganze überſchauen und anordnen. Der verächtliche Blick, den man bisher in Deutſchland auf Komödianten geworfen, die kalte Entfernung, in der man immer den Mann von der Bühne von ſich weghielt, war Schuld, daß dieſe edle Kunſt immer am Boden bleiben mußte. Manch' treffliches Genie, dem ſowohl e und Luſt als auch hinlängliche Talente die Natur zu dieſem Fache verliehen, wurde abgeſchreckt— ſchauderte zurück. Auch in dieſem Punkte gebührt ſich's, daß wir edler verfahren, dem Schauſßpieler einen gewiſſen Rang anweisen, damit 9 Leute von Erziehung und Ehre nicht Abſcheu faſſen, ſich einer ſolchen Beſtimmung zu widmen. Wir können hernach auch ſtrenge ſordern, ja werden um ſo viel gewiſſer des Erfolgs ſein, daß eine gewiſſe Wohlanſtändigkeit und Achtung auf Ehre immer in der Geſellſchaft behauptet werden könne, die um ſo viel mehr Eindruck machen muß, um ſo viel angemeſſener ſolch eine Lebensart dem Amt eines guten Schauſpielers iſt, der hinter dem grauſeſten und bunteſten Scherz und Witz immer den Lehrer und Weltkenner, manchmal den moraliſchen Prediger verbirgt. ** * Wir werden, wenn wir jo dieſem gemachten Plane folgen, Akteurs ziehen nicht allein für jede Rolle und jeden Charakter, wir werden nicht allein eine reiche Theaterſchule auf dieſe Weiſe anpflanzen, woraus wir wie aus einem Garten bei jeglichem Falle immer die Stelle wieder beſetzen können, die uns abgeht und mangelt, ſondern wir werden auch, unterſchieden von allen andern Bühnen, mit der Zeit ein eigenes neues Theater beſitzen, ganz Natur, ganz Wahrheit. Und Deutſch⸗ land und der denkende Kunſtverſtändige wird ſtaunen, und mit allgemelnem Bei⸗ ſalle wird es die Welt nennen: 5 Deutſches Nationaltheater! „ßß76DPö!!!!!. 67 e ccc W 2 22— 2 7——. 2 c—..—. r. . 4 c 0 — o g. o c ** Die Jahreswende 1777/8 sah die Mannheimer in keiner guten Silvesterlaune. Die Abreise Karl ITheodors nach München, wohin er nach dem Tod des Kurfürsten Max Joseph von Bayern durch die Erbfolge übersiedeln mußte, Wwar auf 5 diese Nacht angesetzt. Eine Volksmenge umlagerte das Mannheimer Schloß, und als sich der Wagen Karl Theodors zeigte, fiel die Menge den Pferden in die Zügel, während Rufe erschallten, die Karl Theodor zum Dableiben nötigen Wollten. Er zog davon, aber er versprach, wWiederzukehren. Vieles war in Mannheim noch zu tun; die Stadt hatte in der Regierungszeit Karl Theodors ein ganz anderes Gesicht erhalten; mit den Feuergeistern der„Mannheimer Schule“ begann es; also mit Musik. Der Stamitzschüler Cannabich, ein Bülow des 18. Jahrhunderts, repräsentierte den gewal- + ligen Auftrieb des Sturms und Drangs in der Musik. Der junge Mozart geriet in diesen Wirbel und wurde tief davon ergriffen. Hatte ein deutscher Schriftsteller noch kurz zuvor geschrieben, die Mannheimer Pfälzer könne man cher für eine Kolonie von Franzosen halten, so war in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts die Wandlung immer weiter fort- geschritten. Der Mannheimer Boden glühte in einer„Revo- lution der Deutschheit“, wWie der berühmte Abt Vogler schrieb. Das Theater War mitten in diese neue Strömung einer natio- nalen Kunst hineingezogen. Wieland konnte in seinen Ab- deriten von einer Komödien- und Tragödienfabrik sprechen; S0 brannte alles im Theatereifer. Nur das Haus fehlte noch. Die Marchand'sche Komödientruppe— an sich eine hoch- achtbare Schauspieler gesellschaft— hatte gegenüber dieser nationalen Welle abgewirtschaftet; man wollte ein deutsches Nationaltheater! Aber damit ging es langsam, und Karl Theodor nahm mit manchem andern Wunsch auch den Plan der Eröffnung einer nationalen Schaubühne mit nach München. Doch er hielt Wort mit seinem Versprechen an Mannheim zu denken. Im Herbst des Jahres 1778 sandte Karl Theodor eine Zu- schrift nach Mannheim:„An den Weshalb wir dieses jubildum feiern eigentlich für die Bühne geschrieben Waren, Rollen wie der Franz Mohr, von denen Schiller selbst gestand, daß sie gar nicht für die Bühne geeignet seien, gewannen plötzlich Leben und wirkten in der Kunst des Mimen, dem die Nachwelt ein ganz außer gewöhnliches Maß von Erinnerung an diese Zeit bewahrte. Während man sonst über die Art, wie früher Theater gespielt wurde, nur sehr mangelhaft unterrichtet ist, besitzen wir von der Mannheimer Schauspielkunst in der ersten großen Zeit des Nationaltheaters ein sehr genaues Bild, das zeigt, warum die darstellerische Kunst der Iff= Jan d, Beck und Beil zu ihrer Zeit eine besondere Berühmt- heit erlangt hatten und zum leuchtenden Vorbild für die damalige mimische Kunst geworden war. Diese Drei, durch Kunst und Freundschaft miteinander verbunden, wenn auch unter sich recht verschieden, hatten in Konrad Eckhoff in ihrer Gothaer Tätigkeit einen Lehrer gefunden, der ihnen zu- nächst das beibrachte, was für die Mannheimer Theaterkunst der Folgezeit bis in unsere Tage ein Kennzeichen(oder eine Forderung!) geblieben ist: den Respektvor dem Wort, die Kunst zu sprechen, den Klang der deutschen Rede schön und eindringlich zu gestalten, so wie in der damaligen Zeit die deutsche Sprache durch Schiller und Goethe eine neue Gestalt erhielt. Neben der sprachlichen Formung des Wortes durch Eckhof erhielten die Mannheimer Schauspieler durch den Hamburger Friedrich Ludwig Schröder nach der Seite der Mimik und Geste eine weitere Anregung, indem sie das„Natürliche“ in ihre Darstellungsweise aufnahmen. Da- mit ist nicht jener schwülstige darstellerische Realismus ge- meint, der den meisten Komödianten des 18. Jahrhunderts an- haftete, vielmehr ergab das, was Eckhof begründete, und Schröder nach der Seite der Geste beeinflußte, einen ide ali sjerten Naturalismus. In häufigen Auseinandersetzungen über die Grundlagen der Schauspielkunst, zu denen Dalberg die Anregung gab, N Mannheim das Werk Richard Wagners alsbald eine ganz besonders eifrige Pflegestätte gefunden, und der Name Heckel wird stets mit der Verbreitung der Wagner⸗ schen Kunst verknüpft bleiben; der erste deutsche Wagner⸗ verein bildete sich in Mannheim. Auf den folgenden Blät- tern wird von diesen Zusammenhängen noch die Rede sein. Nur auf eines sei noch hingewiesen, auf die Anregung, die Richard Wagner für sein Bayreuther Haus durch die Trennung von Zuschauerraum und Bühne im Mannheimer Nationaltheater erhielt, und über die er sich schriftlich und mündlich in begeisterten Worten ausprach. Bei alldem erscheint es verständlich, daß die Resohanz des Mannheimer Nationaltheaters in der deutschen Kunstwelt ungewöhnlich groß sein mußte, und auch in unseren Tagen erleben wir ein besonderes Interesse, das man allerorten dem Mannheimer Iheaterjubiläum entgegenbringt. Aber in dieser Wirkung nach außen, in dem bloß„Propagan- distischen“ und einseitigen Betonung historischer Dinge kann und darf der Sinn eines solchen Jubiläums nicht bestehen. Wir leben in einer Zeit, die für das bloß Geschichtliche, für das nur Traditionelle immer weniger Sinn besitzt. Ob mit Recht oder Unrecht, bleibe dahingestellt. Eine Theaterfeier kann nur dann eine wirkliche Bedeutung erhalten, wenn sie sich nicht nur an das Vergangene hält, sondern wenn sie dem Lebendigen etwas gibt. Deshalb hat es einen guten Sinn, in einer besonderen Feier und durch eine besondere Aufführung die Mannheimer Jugend in den Reigen der Jubiläumsveranstaltungen mit hereinzuzichen. Auf diese Jugend kommt es an. Ihr Dichter war und bleibt der Schiller der„Räuber“. Aber in der Festwoche wird ihm kein Dichter unserer Tage an die Seite treten. Darüber ist viel gesprochen worden und eifrig wurde es be- klagt, daß die Uraufführungsstätte der„Räuber“ die jugend kräftigste, impulsivste deutsche Bühne in der Zeit nationaler Selbstbesinnung in Sprache, Dich- tung und Kunst keinen gegen- wärtigen Dichter zu präsen- Freiherrn von Dalberg, die Fort- führung einer Teutschen Schau- bühne betreffend,“ und ein Jahr später, am 7. Oktober 1779 fand die erste Vorstel⸗ Jung des neuen National- theaters mit der Aufführung der in Mannheim damals sehr be- liebten Komödie„Geschwind, eh' es jemand erfährt“ nach Goldoni Statt. Geschwind War die Grün- e des Mannheimer National- A theaters allerdings nicht ge- gangen; es hatte dem Herrn von Dalberg viele Mühe gekostet, und erfahren hatten es auch recht viele, daß da eine nationale deutsche Schauspielbühne eröff. net werde. Welche Freude und 5 Wieviel dankbare Empfindungen es auslöste, zeigen am besten die Worte des Malers Müller, die er als Ausblick auf die Gründung des Nationaltheaters geschrie- ben hat; sie eröffnen auf der gegenüberliegenden Seite diese Hestausgabe. g Zu Ostern 1775 hatte der Re- Zierungsrat von Babo einen Plan für die Erbauung eines Theaters aausgearbeitet, der wegen des zu hohen Kostenanschlags nicht ge- 5 nehmigt wurde; doch schon im tieren hat. Liegt darin nicht auch ein tiefer Sinn? 150 Jahre lang spielt man im Hause am Schillerplatz. Unzählige Werke sind über dessen Bühne gewan⸗ dert, und jetzt soll es nicht mög- lich sein, einen Dichter zu fin- den, der dem Geist dieser Bühne— und darauf kommt es an— entspricht? Nehmen wir einmal an, wir hätten einen sol- chen Dichter, der so stark auf das allgemeine Bewußtsein wirkt wie Schiller es tat. Könnte er in einer anderen Art zu Worte kommen als im Geist eines na- tionalen Theaters? Die Kunst ist das Werk des Friedens und der Versöhnung. Ibre Sprache soll nicht entzweien, sondern verbinden, ihre Wirkung aber Soll vor allem auch erheben. Ein Theater, dem seit Jahr und Tag die Stadt immer und immer Wieder ihre Unterstützung gibt, daß bei seiner Jahrhundertfeier im Jahre 1879 ein ganzes Volks- fest sah, hat es nicht die Auf⸗ gabe, in seiner Kunst das im Schillerschen Sinn Erhebende zu kördern und zu pflegen? Was — heute zum großen Teil auf der Bühne geschieht, kann eine Empfindung, die in dieser Rich- August legte er einen neuen Wlan„Zur Errichtung eines (omödien- und Redou⸗ tenhauses im hiesigen Schütthausel vor, der bewil- ligt wurde. Dieses Schütthaus hatte als Fruchtspeicher und Arsenal gedient, und wurde jetzt von dem 1730 in Oberitalien geborenen Theatermaler Lorenz Quaglio umgebaut. Es muß ein schöner und trotz seiner Länge sehr anmutig wirkender Bau gewesen sein, über dessen Aussehen uns nicht nur das Bild unter- richtet, das diese Festschrift ziert; es ist auch manche Be- schreibung des Nationaltheaters vor dem Umbau von 1855 erhalten, die uns über das Jubiläumshaus unterrichtet. Eine ausführliche Darstellung wird der Leser in diesen Blättern finden. ö Fürstengunst hat das Manrheimer Nationaltheater ge- gründet,— das Mannheimer Bürgertum hat es weitergeführt und es mit der Stadt zu dem bedeutsamsten Vertreter der Kultur Mannheims herangebildet. Als Mannheim die Schwelle des 19. Jahrhunderts über- schreitet, da zeigt sich das Theaterbewußtsein der Mann- beimer Bürger schon gefestigt und es wächst im Verlauf des neuen Jahrhunderts, das der Stadt ihren großen Aufschwung bringt, so sehr, daß man sagen konnte, die Mannheimer nehmen ihr Theater nicht nur wichtig, sie nehmen es z u wichtig. 5 Ist das wahr? Hat die Welt das Mannheimer National- heater nicht ebenso wichtig genommen? Daß im Mannheimer Nationaltheater die Uraufführung der„Räuber“ tattgekunden hat, ist das Erste, was der Deutsche allerorten Von unserer Stadt erfährt. Diese Uraufführung des Jahres 1782 war die eigentliche Erfüllung des Ge- dankens, der das Nationaltheater ins Leben e rufen hatte. Außerordentlich tief grub sich das Stück das Bewußtsein unserer Stadt ein, dessen Uraufführung r die damalige Zeit etwas ganz Unerhörtes war. Die „Räuber“ bedeuteten das, was der Sturm auf die Bastille des Jahres 1789 in Paris War, nur mit dem Vorzeichen einer ationalen idealistischen Gesinnung. Die„Revolution der Deutschheit“ War vollzogen, und in mannigfacher Art lebte je in der Stadt fort, in der sie sich ereignete. In Mannheim Eibt es eine Vereinigung, die„Räuberhöhle“ heißt. Der ußenstehende mag vermuten, daß dieser Name durch Zu- gewählt sei. Wer die Geschichte unserer Stadt kennt, eiß jedoch, daß die„Räuberhöhle“ ihren Namen aus der Erinnerung an Schillers„Räuber“ ableitet. Die außerordentliche Resonanz, die das Werk fand, wäre icht zu verstehen, ohne seine Darstellung, die ein Zeugnis on der Mannheimer Schauspielkunst der ersten National- theaterzeit ablegt. Szenen, die von ihrem Dichter gar nicht Sitze. Das Mannheimer Nationaſtheater im Jubiläumsjahr 1920 wurden diese Fragen der Darstellung eingehend erörtert und die drei großen Schauspieler des Mannheimer National- theaters, Beck, Beil und Iffland, haben mit der Betonung ihrer eigenen Individualität durch jenen idealisierten Naturalismus der Darstellung innerhalb der deutschen Schauspielkunst weit⸗ hin gewirkt und sie um einen entscheidenden Schritt vorwärts gebracht. Als Iffland im Jahre 1796 in Weimar gastiert, empfindet Goethe die besondere Bedeutung der Mannheimer Schauspielkunst und während früher, Wie er sagt, in Weimar ein unrichtiger Begriff von Natürlichkeit herrschte, habe Iffland„das Rätsel gelöst“. Als Beil sich an der dramaturgischen Frage über den Begriff der Natur beteiligte, die Dalberg gestellt hatte, gab er die Antwort, daß das fast mißbrauchte Wort„Natur“ nichts anderes sei als „h O he, hohe Kunst“. Diese Lösung des eigentlichen Sinnes der Schauspielkunst hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Von allen Verirrungen kehrt der deutsche Schau- spieler immer wieder zu ihr zurück und wenn wir nach der Grundlage und dem Wesen der Kunst Albert Bass er- manns fragen, so zeigt es sich, daß in ihr jene schauspie- lerischen Grundlagen der ersten großen Mannheimer Theater- zeit fortleben. Durch Schillers„Räuber“ hatte die Mannheimer Schau- spielbühne ihre Weihe erhalten, aber Schauspielbübne blieb sie ja nicht allein. Wie oft wurde darüber Klage geführt, daß Mannheim nicht zwei Häuser für Oper und Schauspiel be- Gewiß wäre das sehr zu begrüßen, aber in diesem Zusammen wWwͤohnen von Singkunst und Sprech- kunst der Bühne in dem einen Hause liegt gerade beim Mannheimer Nationaltheater ein tiefer Sinn. Der Sturm und Drang, aus dem heraus der nationale Gedanke einer deutschen Schaubühne geboren wurde, hat sein erstes Feuer in der musikalischen Kunst der Mannheimer Schule entzündet. Mozart, der durchaus nicht jener gezierte Rokoko- jüngling War, zu dem ihn eine falsche Interpretation seiner Musik immer und immer wieder macht, hat die entschei- dendsten Anregungen von dieser Mannheimer Schule er- halten. Sein Geist lebt denn auch in dem Hause am Schiller platz fort. Mozarts„Zauberflöte“ ist das meist- gespielte Stück des Mannheimer National- theaters! Und wie in München zu der Mozartüberliefe- rung im 19. Jahrhundert die Pflege der Wagnerschen Kunst hinzukam, für die man in der bayerischen Hauptstadt zu- nächst gar keine besondere Liebe besaß(Was besonders der junge Richard Strauß noch sehr stark empfand), hat in sprochen, diskutiert wird, dab Grammophon und Radio ge- tung liegt, nicht unbedingt auf- kommen lassen. Man sagt, die Zeiten des Theaters in der bis- herigen Form seien vorbei. Ob- Wohl man dafür noch keinen Anhaltspunkt hat, wie die künftigen Formen des Theaters sein sollen. 5 Im wesentlichen kann es sich dabei nur um organisato- rische Veränderungen handeln, und was das betrifft, so be- sitzen wir in Mannheim ei ne Organisation, die nicht nach Ziffern zu fassen ist, die vielmehr einen viel genaueren une einfacheren Gang hat, als er je durch Zahlen und Zeichen geregelt werden kann. Der Mannheimer ist in seinen Lebens- altern mit dem Theater aufs Engste verwachsen, als Schüler besucht er die Schüler vorstellungen, später schwärmt er für Oper und Schauspiel, um schließlich als Abonnent des Theaters wieder seine Kinder in die Schüler vorstellungen zu schicken. Ein Kreislauf der Dinge. Er scheint in unserer Zeit durch Sport und Kino, durch die ganze Art und Grund- lage des heutigen Wesens empfindlich gestört worden zu sein. Wird er ganz unterbrochen, wird er ganz stille stehen, hat sich diese ursprünglichste Mannheimer Theaterorgani- sation wirklich aufgelöst? Wir können es nicht glauben, weil wir Vertrauen zu denen haben, auf die es ankommt, zu den Jungen. Wir wissen, daß nicht überall, aber doch sehr eifrig in Mann- heimer Schulen unter den Schülern über das Theater ge- rade bei den Schülern nicht zu einer Entfremdung gegen- über dem Theater beigetragen haben, sondern Vergleichs- möglichkeiten schufen mit dem Theater, für das Theater. Das wollen wir als ein gutes Zeichen nehmen und für den Geist der Jubiläumswoche festhalten, daß der Sinn dieses Theaterjubiläums nur darin bestehen kann, nicht alte Tra- ditionen aufzu wärmen, sondern das, Was sich als daseins- kräftig und als Grundlage des Lebens unserer Stadt und ihrer Bewohner gezeigt hat, in seinen Bedingungen zu för- dern und weiter aufrecht zu erhalten. Dann hat es einen Wert, wenn sich alljährlich die Häupter der Stadt zusam- mensetzen und beraten, wie sie schweren Herzens wieder mit besonderen steuerlichen Forderungen versuchen können, das Theater weiterführen zu können. Dann hat es aber auch einen Sinn, sich an jene Deutung des Namens Mannheim zu erinnern, die Richard Wagner einst hier gab, daß es eine Stadt sei, in der Männer heimisch sind. 5 Die folgenden Blätter wollen dazu beitragen, die Ver- bundenheit der Mannheimer mit dem frühesten Stadt- theater der Geschichte— das ist das Mannheimer Nationaltheater— zu festigen. Durch Erinnerungen mögen sie selbst zu einer Erinnerung werden. Dr. S. Kayser 1 Es War ein schwerer Schlag für die Hauptstadt Mann- heim, als im Jahre 1778 der Kurfürst Karl Theodor seinen Hof nach München verlegte. Denn in jener Zeit des auf- geklärten Absolutismus War das ganze Leben einer Stadt, Wenn sie nicht auf Jahrhunderte alten Handel oder Industrie zurückblicken konnte und darin eine natürliche Grundlage ihrer Existenz hatte, abhängig von den Beziehungen zum Hofe. Damals konnte ein Herrscher noch allein durch seinen Willen und ohne eigentliche wirtschaftliche Basis eine Stadt aus der Erde stampfen. Dem kurfürstlichen Hofe hatte Mann- heim einen gewaltigen Aufschwung besonders seines kultu- rellen Lebens zu verdanken. Der Hof ernährte nicht nur Menschen, brachte nicht nur Fremde ins Land, er pflegte auch die Kunst und Wissenschaft durch Errichtung von Bauten, Einrichtung von Sammlungen und Galerien, durch die Anlage von Bibliotheken oder Wissenschaftlichen In- stituten. Opern- und Schauspielertruppen wurden herbei gezogen zur Unterhaltung und Belustigung der Hofgesell- schaft. All das war in Mannheim durch Kar! Theodor, all das sollte verloren gehen durch seinen Wegzug nach München. Dalberg war der Retter von Mannheim als Kulturstadt. Als Oberappellationsgerichts-Prasident und Obersilberkämmerling gehörte er zu den hohen Beamten des Hofes, als Aristokrat aus einer weitbekannten Adelsfamilie genoß er Ansehen und besaß wertvolle persönliche Bezie- hungen, als geistig lebendige und anregende Persönlichkeit War er in Holkreisen sehr geschätzt. Er wandte sich in einem Schreiben an den Finanzminister und legte ihm die Lage dar und zeigte Möglichkeiten der Abhilfe. Die Einwohner und Bürger der Stadt seien alle in die Auberste Verzweiflung versetzt. Die Hauptnahrungsquelle, der Hof, der jährlich ansehnliche Summen in die Zirkulation kommen lieb, sei entzogen, die Häuser, von Hypotheken be- lastet, würden an innerem Wert verlieren, nur Elend und Verderben bliebe übrig.„Dieser Zustand und das Wehklagen geht jedem Menschenfreund und wahren Patrioten tief zu Herzen“ Wohl habe der Kurfürst das ganze Bild des Elends und des Unglücks empfinden müssen, als sich bei seiner Vorbeifahrt die Bürger versammelten, alle sich zu Boden Warken, um Rettung flehten, bitterlich weinten; aber niemand habe Wohl Vorschläge gemacht. Die Gedanken, die alle niederdrückten, hätten in ihm die Begierde erregt, etwas zum Wohl so vieler unglücklicher Menschen beizutragen.„Fern sei hier alle private Absicht.“ Eine Idee zur Abhilfe wäre die Verlegung der Uni- versität Heidelberg nach Mannheim, welches durch seine Sammlung und Galerie, durch Observatorium und andere Anstalten schon dafür vorbereitet wäre. Die Berufung großer Gelehrter würde viel Geld in Umlauf bringen, besonders wenn auch noch die ökonomische Schule von Kaiserslautern hierher verlegt würde. Heidelberg hätte ja doch nicht viele Studenten und durch Fabriken und einen alten„etablierten“ Handel schon sein Auskommen. Ein anderes Mittel,„fremdes Geld in die Stadt zu bringen, möchte allenfalls sein, adlige Familien oder solche Leute herzuziehen, die ihre Einkünfte in Freiheit und Ver- gnügen zu genießen suchen“. Solcher Leute lebten viele in der Gegend und sie würden gewiß wenigstens in der Winter- zeit hierher kommen, wenn der Kurfürst„in dieser Rücksicht alljährlich einen gewissen Fond zu öffentlichen Vergnü—⸗ gungen, worunter ein Schauspiel“ bestimmen Würde. Neue Steuern würden das Geld der Staatskasse Wieder zufließen lassen. Durch die Verwirklichung dieses Gedankens würden auch die„nicht in Ausübung gekommenen Pläne zur Erhöhung der dramatischen Kunst in Deutschland gebraucht und in Ausübung kommen.“ Ohne eine solche Hilfe würden die bisherigen Anstalten für Künste, Wissen- Als der Intendant Dalberg das Muster des Wiener Thea ters für die Begründung einer ähnlichen Nationalbühne in Mannheim aufgriff, lächelte ihm das Glück, aus dem just protlos gewordenen Personal des eben aufgelösten Go- thaischen Hoftheaters eine Anzahl Talente rasch gewinnen zu können, die in der damals besten Schule, bei Eckhof, er- Wachsen, die verheißungsvolle Jugend der deutschen Schau- pünhne vertraten. Dies Waren die Mimen Beck, Beil und Irland. Namentlich auf diesem, der der geistig höchst- stehende War, ruht ein wesentlicher Teil des weithin glän- zenden Ruhmes des Mannheimer Nationaltheaters, Wie sich denn an seine Künstlerschaft auch später die fruchtbarste Werdezeit des Berliner Theaters knüpfen sollte. August Wilhelm If Land ist am 19. April 1759 in Han- nover als Sohn eines Registrators von der Kriegskanzlei ge- boren. Die Eltern bewohnten das zweite Stockwerk eines noch erhaltenen Giebelhauses, das dadurch merkwürdig ist, dab darin der berühmte Philosoph Leibniz gestorben ist. Aus der selbstbiographischen Aufzeichnung Ifflands Weib man, daß ihn die Bühne sehr früh anzulocken begann. Nach- dem er als kaum noch schulreifer Knabe Molieres„Ein- gebildeten Kranken“ und Lessings„Miß Sarah Sampson“ ge- schen, sprach und träumte er nur vom Theater und dekla- mierte, wann und Wo er konnte. Als Gymnasiast strebte er glühender als je der Schauspielerkunst zu. Sein Drang zur Bühne stieß jedoch auf den heftigsten Widerstand der Fa- milie, die in ihm gern einen Pastor gesehen hätte. Kurz vor der Universität stehend, verließ eines Tages IfIIand, kaum 18jährig, das Vaterhaus und Wanderte zu Fuß nach Gotha, wo an der Spitze des Hoftheaters Meister Eckhoff stand, sein Kunstideal und grobes Vorbild, das er einst in „Mis Sarah“ bewundert hatte. Zekhof erkannte bald das große Talent des jugendlichen Enthusiasten und nahm ihn Freundlich auf, auch führte er eine Aussöhnung mit Iſklands Eltern herbei. Der junge Schauspieler machte im fein- komischen Fach, auf das ihn sein Lehrer vorerst hinwies, rasche Fortschritte. Ein treuer Herzensbund verband ihn pad mit zwei gleichgesinnten Genossen, dem leichtempfäng- lichen, feurig-überschwänglichen Beck und dem genial matür- chen, gern zum Saloppen neigenden Beil. Nach Schließung des Gothaer Theaters nahmen die drei Freunde mit Freude den Ruf an die Mannheimer Bühne an.„Als Wir an einem Sonntag früh hier einzogen, regnete es und War ein düsterer, kalter Tag. Die meisten Menschen waren in der Kirche, daher schien die Stadt wie leer. Ich Warf wich in das erste beste Logis, Da War ich nun, ohne einen Führer. Es War trübe in meiner Seele. Doch das Getümmel, das des andern 3 Freiherr v Dalberg, der Vater des Nationaltheaters* schaften und Theaterkunst in hiesigen Gegenden vergraben und vergessen werden,„mit sehr wenigem Zuschuß aber könnte man große Wirkungen in Deutschland hervorbringen und die Stadt Mannheim dabei glücklich machen.“ Den Plan der Verlegung der Universität wies der Finanz- minister zurück, weil Heidelberg unfehlbar zugrunde ge- richtet würde, Mannheim aber immer noch seine Handelsver- bindungen mit Holland und Frankreich habe. Doch ist es auch seine Ansicht,„daß ein gutes Nationaltheater in Mannheim zu errichten rätlich sei.“„Euer Hochwohl- geboren sind ganz aufgelegt, durch ihren Schutz, guten Ge- schmack und ihre Einsichten überhaupt, der Nation bei diesem Anlaß Wahrhaft zu dienen.“ So war die Antwort des Finanzministers v. Hompesch, und er hat die Wahrheit WILEIELM HERIBERIT REICHSFREIHERR v. DALBERG wirklich erkannt. Durch das„Gründungsdokument der Dal- bergbühne“ vom 1. September 1778 wurde der kurfürstliche Beitrag genehmigt, damit„zu einiger Nahrungsmitbeihilfe der hiesigen Stadt und Bürgerschaft eine dergleichen Schau- bühne durch anderweitige Anordnung einer schicklichen Truppe beibehalten und fortgeführt werden könnte. Der Kämmerer und Hofkammervizepräsident Frhr. v. Dal- berg solle die Anordnung und Besorgung übernehmen, um die Herstellung einer Deutschen Truppe bestens zu beeifern und zu deren bestandsmäßiger Dauer sich tätig zu ver- wenden.“ Dalberg hat diesen Auftrag seines Kurfürsten übernommen, und er ist ihm zur Lebensaufgabe geworden, durch deren gewissenhafte und zugleich grobzügige Durch- führung bis 1803 er seiner geistig überragenden Persönlich- keit ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat. Er wollte eigentlich der Stadt Mannheim helfen, aber er hat„der Nation bei diesem Anlaß Wahrhaft gedient.“ Die Verdienste Dalbergs liegen in der Führung der Intendanturgeschäfte, nicht die auch einem zuletzt bei NW. Iffland, Schauspieler, Dichter und Theaterleiter Tages, Wo eben Messe War, in der Stadt entstand, ein großer Vauxhall, Wo ich die Menschen sehr leicht und fröhlich fand, der Gesang, die Musik, die überall in Land und Stadt mir entgegentönte,— dies alles machte bald einen kröhlichen Eindruck auf mich,“ 2 A. W. JFFLAND. e, Teel., l, A, Fenlbe, Ae helle n. Sen 5 * N 5 7 2* le. eee! 755. Nec. eilen, 2 2 alben. g lat, Lueg Als die neuberufene Theatergesellschaft vollzählig bei- sammen War, Wurde am 7. Oktober 1779 das Lustspiel„Ge- schwind, ehe es jemand erfährt“ von Bock(nach Goldoni) gegeben. Diese Vorstellung sollte als Eröffnungsakt des Nationaltheaters gelten. Gewih War es für die drei jungen Künstler nicht leicht, das hiesige Publikum, das bislang für das„Pathos“ der französischen Schule geschwärmt hatte, für jungen Unternehmen ganz besonders schwierig War, 6 Großes Glück batte er bei der Berufung der Schauspieler, deren Mehrzahl er von dem aufgelösten Hoftheater in Gotha übernehmen konnte. Denn sonst war es in jenen Zeiten sehr schwierig, gute Schauspieler von einem Theater wegzuholen, sie wurden gehütet wie Gold, und man ließ sie nicht einmal auftreten, wenn der Agent eines fremden Fürsten in der Stadt weilte. In Gotha aber wurde ein Kleeblatt von drei jungen Schauspielern frei, welche alle ursprünglich zum Studium bestimmt Waren, aus Liebe zur Kunst aber sich der Kunst auf den Brettern gewidmet hatten. IfTIand, Beil und Beck hatten dazu noch das Glück gehabt, ihre Talente bei einem der berühmtesten damaligen Schauspieler, bei Eekhof auszubilden, und waren so in die junge deutsche Schau- spielkunst hineingewachsen, der sie zum Siege über das französische Spiel zu verhelfen berufen Waren. Dalberg war als Intendant ein Erzieher der Künstler. Seiner Weltgewandtheit, seiner von natür- lichem Adel der Seele getragenen Gesinnung und seinem feinen Verständnis für künstlerische Individualität wider- strebte das diktatorische. Er gründete den Theateraus- schuß, d. h. er hielt alle 14 Tage Zusammenkünfte der Künstler ab, WO er selbst Kritiken der aufgeführten Stücke vorlegte oder solche von dienstfreien Künstlern vorlegen ließ, die dann besprochen wurden und der Selbstkritik und Rechtfer- tigung der künstlerischen Auffassung dienten. Jeden sollte die Gesinnung erfüllen:„man arbeitet hier zur Vollkommen: heit des Ganzen“ und nicht, um die eigene Persönlichkeit in Vordergrund zu rücken. Man staunt über die eingehende Arbeit dieser Kritiken Dalbergs, wenn man die Protokolle des Theaterausschusses liest. Außerdem ließ er noch dramaturgische Fragen von den Schauspielern beantworten, We die„wWwas ist Natur, und welches sind die Wahren Grenzen derselben bei theatralischen Vorstellungen?“ und veranlaßte dadurch eine geistige Vertiefung der Künstler in ihren Beruf, die sich im Zusammenspiel des Ganzen sicht- bar auswirken mußte. Sein hohes Ideal, eine Gemeinschaft im Dienste der Erhöhung und Beförderung dramatischer Kunst, konnte bei dem Geschlecht der Schauspieler, dieser „menschlichsten Menschen“(Iffland), nie ganz verwirklicht werden. Aber daß es Dalberg nur um Kunst zu tun War und nicht um persönlichen Gewinn, das hat mit die Bedeutung der Mannheimer Bühne als Kulturstätte begründet. Für sein schweres Amt nahm Dalberg keine Bezahlung, er bezahlte sogar aus eigener Tasche seine Loge. Seine ganze Kraft stellte er der Theaterarbeit zur Verfügung. Mit der angeborenen Großzügigkeit des vornehmen Adels vertiefte er sich in die rechnerischen Kleinigkeiten der ökonomischen Theaterleitung. Bis zum Betrag von mehreren tausend Gu den schoß er aus eigenen Geldern vor, um den Bestand des stets mit Finanznöten ringenden Theaters zu sichern. Er konmte dann sehen, wie er bei dem schon damals zuge- knöpften Finanzminister wieder zu seinem Gelde kam. Mehr als einmal hatte er Kämpfe um den Ausgleich des Haushalts auszufechten, in denen Hofintriguen und ver- ständnislose Bürokratie die Gegner waren. Nur eine hohe ideale Gesinnung und wahre Liebe zur Kunst gaben die Kraft zum Durchhalten. f Das Mannheimer Theater verdankt Dalberg schlechtweg Alles: die Begründung, die künstlerische Bedeutung und die finanzielle Erhaltung in den entscheidenden Anfangsjahren. Hier ging ein Leben in Erfüllung, hier vollendete ein Mensch seinen inneren Beruf, hier gewann geistige Größe dauerhafte Gestalt. Das zu erreichen ist das schönste und höchste Glück des Menschen, und es ist sein größter Ruhm, wenn die Nachwelt sagen darf: er hat es verdient! Dr. Karl Brauch S.. 000000000/ N 20 Egerer — 2 die„naturgemäße“ Darstellungsart, die sie von Gotha mit- brachten, zu gewinnen. Indessen fanden der Kurfürst und das Publikum bald„Vergnügen an der ungeschminkten Wahrheit unserer Darstellung; sie bewiesen es uns mit steigender Lebhaftigkeit und Wärme. Diese Kufnahme er- höhte unsere Kräfte. Die Fortdauer derselben entwickelte in Kurzem, fast auf der Stelle, manches Vermögen, dessen Wir uns vorher nicht bewußt Waren. Das Feuer für die Kunst, die Liebe für unsere jetzigen Verhältnisse, Wurden mit jedem Tag mehr beseelt.“ Dalberg erkannte bald, dal 1 dem jungen Iffland eine gewisse geistige Vornehmheit, ein s innerer Adel, angeboren sei; er fühlte sich innig zu ihm hin⸗ d gezogen und förderte ihn nach Kräften. Als am 13. Januar a1 1782 zum erstenmal Schillers„Rauber“ in Mannheim über. die Bretter gingen, war der Hauptträger ihres ungeheuren I. Erfolges gerade Iffland als„Franz Moor“, den er Hach Schillers Urteil mit„erschütterndem, ja zermalmendem Ein- b0 druck“ spielte. Nebst der Freundschaft Schillers, der sich Ifrland anschloß und seinen Ratschlägen wòillig Ohr und Un Herz lieh, ehrte diesen auch die besondere Gunst der Kur? ge fürstinmutter, die den Künstler wiederholt zu geduldigem Ausharren veranlaßte und ihn zurückhielt, wenn er, durch. le Künstlerische oder administrative Mißggriffe des Oberregis-) 2 seurs verstimmt, die Hofbühne verlassen wollte 1786 1 U zogen die drei Freunde eine recht angenehme Sommer- er Wohnung auf einem ehemaligen, kurfürstlichen Jagdhaus v. zu Käfertal. Die ländliche Stille, die hier herrschte, er- ve quickte sie und veranlaßte sie, ihren Entschlug, dem Mann- be heimer Theater Lebewohl zu sagen, endgültig aufzugeben. P. „Wir krühstückten im Walde, zerstreuten uns in die Alleen, K zu lernen oder zu lesen, trafen in der Mittagsstunde Wieden 6. zusammen, wandelten dem gemeinschaftlichen krugalen he Mahle zu, nachmittags arbeitete jeder auf seinem Zimmer-.“. In der Abendkühle gingen wir zu einem Brunnen in den T Wald. Ein großes Feuer loderte in die Höhe, das Abend- B. essen wurde dort bereitet, und in den taulichen Gesprächen 80 überraschte uns oft die Mitternacht. Wir umarmten uns, und so Wurde abermals im Kreise um das Feuer im Walde in der Bund der Freundschaft geheiligt.“ nA In den Jahren 1786 bis 1793 tat das Mannheimer Theater nicht zum mindesten durch die Einhelligkeit der drei Künst- M. ler, die ganz im Sinne Dalbergs arbeiteten, einen gewaltigen 80 Schritt vorwärts. Für Iftland fehlte es nicht an Erfolgen 0 auswärts, So Wurde er in jener Zeit für einige Vorstellungen 8 nach Karlsruhe und Düsseldorf berufen. Auch gab er Gast-. man ihn nach Wien zu engagieren. Im November 1790 wurde er auf Lebenszeit zu Mannheim(oder München) angestellt, und 1792 Wurde er nach dem Tode des bisherigen Direktors zum Oberregisseur ernannt. Als solcher hatte er nunmehr Gelegenheit, selbständig in die Führung des Theaters ein- zugreifen, ja, er wurde von Dalberg, der infolge der poli- tischen Verwicklungen wiederholt auf längere Zeit in Mün- chen weilen mußte, mit der ganzen Leitung des hiesigen Theater betreut; er sollte nur„nach Veberzeugung und Ge- Wissen handeln“, Dieser Weisung suchte IHHland, soweit dies in den damaligen Zeiten überhaupt möglich War, getreulich nachzukommen. Denn seit dem Hereinbrechen der Kriegs- nöte schwebte über der Nationalbühne das Damckles- schwert der Auflésung. Gewaltig griff namentlich die Be- lagerung der Stadt(1794 und 1795) in das ganze Theaterleben ein. Wie viele andere flüchtete auch Iffland aus Mannheim. Er schreibt darüber:„Ach! nie werde ich des Augenblicks vergessen, wWwie im November— ich glaube, den 14.— W 0 ich eben im Lager vor Mannheim auf der Batterie Nr. 1 War, die Ordre gegeben wurde, Mannheim ernstlich zu bom- bardieren. Mir schlug das Herz, meine Brust Ward enge, meine Kniee bebten. Meine Freunde Waren in der Stadt. Die schöne Stadt! Sie lag, von der Sonne hell beleuchtet, so kreundlich da! Auf einmal erbebte der Boden vom Donner, der unaufhörlich hineingeschleudert wurde, und aus allen flammenden Rachen der Festung Wälzten dicke Rauchwolken sich herab von den Wällen über die Ebene. Ich eilte nach Heidelberg und bin nicht eher wieder in das Lager gekom- men, als bis die Kapitulation unterzeichnet War. Aber in Heidelberg, welche Tage habe ich dort gelebt, wenn in der MWärtschaft einer diese abgebrannte Straße, ein anderer jene nannte, und daß man in den Trancheen das Gewimmer aus Mannheim vernehmen könne! Welche Abende, wenn in fin sterer Mitternacht die Berge zu Heidelberg in flammendem Glanz standen, der von dem Ruine aus Mannheim herleuch- tete! Mit jammerndem Herzen bin ich bei Tag und Nacht bergab und auf gestiegen; in Sturm und Regen habe ich das Jammerbild gesehen, und— hüte mich mein Schicksal, daß ich nie wieder von der Marter, von der Seelenbangigkeit ge- quält werde, die damals mich ergriffen hat.“ Nachdem dann Ifflands Rückkehr wieder möglich War, gings„ort über die zertrümmerte Brücke, hinein in die totenstille Stadt, deren Bewohner noch alle in den Kellern Waren, fort über Schutt, durch Rauch, zusammengestürzte Steinmassen, an zerschlagenen Menschen und zerstreuten Gliedern vorbei, atemlos, mit enger Brust zu meinem Freund Beck. Er lebt, er umarmt mich, sein Weib, seine Kinder erheben ein Freudengeschrei; ihre langen Todeszüge beleben sich durch die Wonne der Freundschaft. Wir spre- chen nichts, weinen, umarmen uns, weinen laut. Hin in die Stadt, die Menschen kommen aus den Kellern. Ach, welch ein Tag; die armen guten Menschen, was haben ie gelitten Nachdem Intendant Freiherr von Dalberg aus München zurückgekommen war, war er mit allen Anordnungen und Maßnahmen, die Iffland getroffen, unzufrieden. Er bedachte nicht, daß die eiserne Notwen- digkeit der besonderen Umstände, die kriegerischen Er- eignisse, das Ausbleiben der kurfürstlichen Zuschüsse und anderes jede freie Bewegung Ifflands hatten unterbinden müssen. Das Verhältnis zwischen Dalberg und Iffland wurde immer unhaltbarer und hatte ein unheilvolles Zerwürfnis zur Folge, das das fernere Verbleiben Ifflands an der Mann- heimer Nationalbühne unmöglich machte. Am 10. Juli 1796 trat er zum letztenmale auf, und am nächsten Tage schon verlieh er den Ort, der sein künstlerisches Werden und Wachsen, seine großen Erfolge als Schauspieler gesehen hatte, um dem wiederholten Rufe Friedrich Wilhelms II. von Preuben als Direktor der Nationalbühne in Berlin zu folgen. Dalbergs bitteren Vorwürfen über den Bruch des geschlos- senen Vertrags hielt Iffland die Pflicht der Selbsterhaltung, den Wunsch ungehemmten Fortschreitens, das unsichere Schicksal der Hofbühne überhaupt, schließlich die Ungewiß- heit entgegen, ob der Thronerbe die persönlichen Verpflich- IE Nic BCECK. e aender Qrert 5 MͤICEIAEL BOECR Schauspieler in Gotha, 1779 nach Mannheim engagiert, T 18. Mai 1793 an einem Schlagfluß in Mannheim. Der erste Karl Moor in Schillers»Räuberns. tungen Kar! Theodors übernehmen werde. Doch konnte Iffland das ihm liebgewordene Mannheim nicht vergessen! Dieses sah ihn wiederholt als Gast wWieder und jubelte ihm jedesmal freudigst zu. 1800 kam er zweimal, 1802 fünfmal, 1804 siebenmal, 1811 viermal und 1812 neunmal zum Gastspiel. An der Spitze des Berliner Nationaltheaters mußte ein Mann Wie Iffland Großes wirken! Sein Ehrgeiz, das ihm an- vertraute neue Institut zu einer führenden Stellung in Deutschland zu bringen, war bis zu den Katastrophen von 1805 und 1806 von den besten Erfolgen begleitet. Aber auch in den schweren politischen Jahren führte Iffland die junge Bühne durch seinen patriotischen Mut und seinen Opfersinn durch alle Nöte und Kämpfe. N Von seiner außerordentlichen, nur durch seine selten geistige und physische Spannkraft ermöglichte Wirksamkeit in Berlin, die ihm 1811 den Rang eines„Direktors der König- lichen Schauspiele“ einbrachte, gibt E. Devrient in seiner „Geschichte des Schauspiels“ eine treffende Schilderung. Sie läht es uns verstehen, daß die so mächtige Natur Ifflands durch die Ueberanstrengungen und namentlich durch seine Gastspielhetzjagden gebrochen wurde. Er erlag am 22. Sep- tember 1814 einem Brustleiden.„Dem edlen Menschen“, schreibt Karoline Jagemann in ihren Lebens- erinnerungen,„sind unzählige Tränen geflossen, und ganz Deutschland hat dem großen Patrioten und einzigen Künstler Trauerpalmen gestreut. In nichts hat sich der Aufstieg unserer Kunst deutlicher gezeigt, als in der Wertschätzung, die man beim Tode des erlesenen Künstlers an den Tag legte.. Goethe hat ihm folgende Worte gewidmet: Mächtig ist des Mimen heitre Kunst— Nicht bloß dem eitlen Sonnenblick der Gunst Will sie die Blüten holder Schöpfung bringen; Zur höchsten Sphäre Wagt sie's aufzudringen Huldigt einem Geist, der bei uns bleibt und kräftig Wirkt und lebet. Eng mit dem Wirken Ifflands als Mime hängt seine Tätig⸗ keit als dramatur gischer Schriftsteller und Theater dichter zusammen. Er schrieb viele Aufsätze über Gegenstände der mimischen Kunst, die zum größten Teil in seinem„Almanach für Theater und Theaterfreunde“ und in einzelnen Zeitschriften zerstreut liegen. Er dichtete gegen 70 Dramen, die mehrere jahrzehntelang die deutsche Bühne beherrschten. In Mannheim allein wurden von 1781 bis 1808 37 verschiedene Stücke von ihm an 476 Abenden aufgeführt, während Schillers„Räuber“, die den Ruhm der Mannheimer Bühne begründet hatten, nur fünfzehnmal,„Ka- bale und Liebe nur siebenmal„Fiesco“ und„Don Carlos“ nur je dreimal zur Darstellung kamen. Ifflands Stück„Ver- brecher aus Ehrsucht'“, das 1784 hier seine Erstaufführung erlebte, begründete seinen Ruhm als Dramatiker. Als seine bedeutendsten Dramen gelten„Die Jäger“, die O. Ludwig zu seinem„Erbförster“ begeisterten, sodann„Die Hage Stolzen“ eine Komödie, welche Goethe sehr hoch einschätzte und s. Zt. in Weimar aufführen ließ. Daß Iffland es mit seinem Dichten herzlich ernst und gut meinte, zeigt das Ge- löbnis, das er am Tage seines großen Erfolges als Theater- dichter ablegte. Er schreibt darüber in seiner Biographie: „Als bei jener Vorstellung(des„Verbrechers“) das Pub- likum von Mannheim sich herzlich, laut, so feurig äußerte, — an dem Tag habe ich mir selbst das Gelöbnis getan, die Möglichkeit auf eine Volksversammlung zu wirken, niemals anders als in der Stimmung für das Gute zu gebrauchen. Mit meinem Wissen habe ich dies Gelübde nie gebrochen.“ Trotz seiner dramatischen Kenntnisse War Iffland kein Wah- rer Dichter. Sein gutes Herz verleitete ihn, auch die faulsten Zustände in einem rosigen Licht darzustellen und zu entschul- digen. Das Publikum liebte ihn eben darum. So hat sich Iffland in vier Wir kungs kreisen, als Schauspieler, als Dichter, als Theaterleiter und dramatischer Schriftsteller, jeden durch den andern stützend, in die Vorder- reihe jener wenigen Männer gestellt, die als formende und führende Geister am Kulturleben unseres Volkes mitgewirkt haben. O. E. Heilig Der Theaterchroniſt im Soufflierkaſten Bei diesem Theaterjubiläum wird all der Großen, die am Mannheimer Theater gewirkt und sich unver- gänglichen Ruhm erworben haben, in Wort und Schrift gedacht. Der im Folgenden behandelte Johann Daniel Trinkle träumte auch in jungen Jahren, als Bühnenkünstler eine Rolle spielen zu können. Sein Organ hätte wohl genügt, aber sein mimisches Talent scheint gering gewesen zu sein. Dalberg, der ihn anfänglich als„Lückenbüßer“ verwenden wollte, wies ihm die rechte Stelle als Kopist, Protokollschreiber und Souffleur. 35 Jahre hat Trinkle dem Mann- heimer Theater in stiller, fleibhiger Arbeit gedient, seiner Hände Werk bildet einen Schatz unseres Theaterarchivs. Drum sei im Jubiläumsjahre auch seines Namens in Ehren gedacht. In den reichen Beständen des Mannheimer Theater- archivs befinden sich eine Anzahl Protokollbände und Manu- skripte, die sich durch eine ungewöhnlich schöne Handschrift, durch klare übersichtliche Einteilung und grobe Genauigkeit auszeichnen. Es ist eine wahre Augenweide, in diesen Archi- valien zu blättern und zu studieren. Für die Geschichte des Theaters sind sie von unschätzbarem Werte; eine Reihe Theaterhistoriker haben diese Quellen für ihre Forschungen benützt. Johann Danjel Trink le, Kopist, Pretokollschreiber und Souffleur, hat diese Arbeiten gefertigt; sie sind das Er⸗ gebnis ungemeinen Fleißes von fast dreieinhalb Jahrzehnten. Ueber den Lebensgang dieses talentvollen Schreibkünst⸗ lers ließ sich nur wenig ermitteln. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist er in der Reichsstadt Nördlingen geboren. Jeber seine Jugendjahre Wissen wir nichts. Um 1778 gehörte er zur Theatergesellschaft Seylers in Mainz. Als Freiherr V. Dalberg diesen als Theaterdirektor nach Mannbeim Verpflichtete, wurden von dessen Gesellschaft als Mitglieder beibehalten: Hr. und Mad. Toscani, Zuccarini, Hr, und Mad. Pöschel, Familie Kirchhöfer, Herter, Haferung und Trinke. Am 2. Oktober 1779 traf auch die Schauspielertruppe aus Gotha ein, die Dalberg für die Mannheimer Bühne gewonnen hatte: Iffland, Beil, Beck, Meyer u. a. In dem projektierten Gagen-Etat 1779 findet sich der Vermerk:„Hrn. Haferung, Trinkle und Toseani, kleine Ausfüll-Rollen und eigentliche Bouche-Troux(d. h. Lückenbüßer), 1206 fl. Md. Meyer, zum Soufflieren und Copie der Rollen, 400 fl.“ Von der Hand Trinkles stammt folgende Aufzeichnung in seinem Theaterrepertoire über die Entstehung des Natio- naltheaters: „Als der Churfürst im Jahr 1778 seine Residenz nach München verlegte, nahm Er die Marchandsche Hof- Schauspieler-Gesellschaft mit; authorisirte aber den Freiherrn Von Dalberg, für die hiesige Bühne eine neue Schau- spieler- Gesellschaft zu errichten. Derselbe engagierte dem zu Folge die vorzüglichsten Mitglieder des eingegangenen Herzoglichen Gothaer Hoftheaters, durch den mit hinläng- licher Vollmacht versehenen Theater⸗Cassier Sar tor y. Wozu noch von mehreren Bühnen einige Mitglieder berufen wurden. Da gedachte Mitglieder erst nach Ablauf ihrer Contracte hier eintreffen konnten: so engagierte sich Seiler, mit seiner Gesellschaft erst wöchentlich einmal, in der Fasten aber 3Zmal hier zu spielen. Als seine Gesellschaft nach der Frankfurther Herbstmesse auseinander ging, kam Er mit seiner Frau hieher, um als Director der hiesigen Bühne vor- zustehen. OHANN DAVID BEIL geboren am 11. Mai 1754 in Chemnitz als Sohn ein⸗ facher Bürgersleute. Besuchte dort das Gymnasium, studierte in Leipzig, wurde in Gotha unter Ecthof engagiert, kam 1779 nach Mannheim an das National- theater, spielte in den Ràubern, in Kabale und Liebe und Fiesco mit großem Beifall und zur vollsten Zu- friecdenheit Schillers, Schrieb verschiedene Scha uspiele und Lustspiele. Heiratete am 10. Oktober 1787 Louise geb. Siegler, Schauspielerin. Beil r 13. August 1794 in Mannheim, 40 Jahre alt Damaliger Personal-Stand: Hr., u. Mad. Seiler. Mad. Toscan i. Mad. Kummerfeld. stein. Hr. Meyer u. Frau als Souffleuse. manmnm(jetzige Mad Ritter) Hr., Böck, fr Bei Hr. Iffl ang Er Beek Hr. Zueeariui Ir. ie haus. Hr. Hönicke, als Correpetitor. Trinkle als Kopist. Dazu kamen noch Hr. u. Mad. Pöschel. Die Familie Kir chhöf fer. Hr. Herter.“ 5 Ueber die meisten dieser Künstler finden sich Nachrichten im Mannheimer Theaterarchiv. Hier hat sich auch eine Ein- gabe des Rollenschreibers Trinkle vom 1. November 1780, seine Arbeit und Gage betr., erhalten. 5 Nachdem der Theaterdirektor Seiler im Frühjahr 1781 abgedankt War(am 7. März reiste er ab), wurde Chr. D. Meyer Regisseur, Madame Meyer übernahm die Verwaltung der Garderobe, und Prinkle wurde an deren Stelle Souffleur; die Kopistenstelle behielt er jedoch bei. Mit seinen Leistungen als Souffleur scheint man nicht immer zufrieden gewesen zu sein. Der Schauspieler Beck macht einmal die Bemerkung über ihn:„ein sehr guter Buchhalter inbezug auf die Theatertextbücher, aber ein sehr schlechter Souffleur.“ Im Juni 1781 ließ Freiherr v. Dalberg u. a. folgendes zu Protokoll geben:„Das zu laute Soufflieren mit ganzer Stimme ist Störung, weshalb der Souffleur zu ermahnen Wäre, auf sich selbst in Zukunft Acht zu geben.“ In der Ausschuß sitzung vom 7. November 1787 wurden von Dalberg folgende „Fehler gegen Theaterordnung“ gerügt: Die Familie Brandes. Hr. u. Mad. Wallen⸗ Mlle Bau- „1. Das unverständige Sprechen der meisten Schau- Spielerinnen durch schiefes Drehen und Wortver⸗ schluckung. 2. Derselben unachtsamer Gebrauch, der Garderobe Kleider, wobei sie selten Abwechslung einführen wollen. 3. Die Vernachlässigung und einreißende Unordnung im Gang der Dekorationen. 4. Das beständige Knarren und unter dem Theater. Des Souffleurs lautes, durch das ganze Haus er: schallendes Sprechen, wodurch alle IIlusion verloren geht.“ Als Kopist hatte Trinkle mannigfaltige Schreibarbeiten zu besorgen. Im Jahre 1780 fertigte er einen alphabetischen Katalog der sämtlichen Musikalien, sowohl deutsch als fran⸗ z6sisch; für Schreibgebühr erhielt er 1 fl. 48 Kr 1797 machte Trinkle Verzeichnisse der fehlenden Bücher und Manuskripte der Theaterbibliothek; im März 1805 wurde ihm die Verwaltung der Bibliothek übertragen. Ein interessantes und wichtiges Werk von der Hand Trinkles ist das Hauptbuch der Mannheimer Schaubühne, begonnen im Jahre 1798. Die Intendanz äußerte über diese Arbeit„das größte Wohlgefallen!“ In des Maschinenwerks ober 1 einem Bericht vom Oktober 1804 bemer! und Prandt versichern, daß kein Theater eingerichtetes Werk besaße. Ersterem Jahren schon eine Muster-Pabelle Bände sind für von hohem Werte. Tag der Aufführung ine„Iffland in so vortheilhaft ich vor zwei müssen.“ Diese hab mitgeben die Kenntnis des damaligen Bühnenbetriebs 4 enthalten in ta Stücke, bellarischer Uebersicht: Nollenbesetzung, Zahl der Sie e der Stalisten, die Kostüme, Dekorationen, Requisiten usw. Trinkle zeichnete in die Tabellen in flüchtigen Strichen auch Deko- rationsskizzen ein. Die Ausschußprotokolle von Trinkle ins Reine geschrieben; es sind 3 VV sind Foliobände. Ein im Jahre 1804 von Trinkle begonnenes Rollenreper- torium ergänzte er bis 1779 zurück. Eine Scenarien-Sammlung wurde von Trinkle, Carl Beil u. a. gefertigt. Ein„Historisches Tagebuch der Mannheimer Schaubühne“ in 4 Quartbanden ist von Trinkle begonnen und nach dessen Tode von Carl Beil fortgeführt worden. Ein kleines, von Trinkle geschriebenes Buch enthält ein Verzeichnis der vom 7. Oktober 1779 bis zum 3. März 1803 in Mannheim aufge- führten Schauspiele und Opern; beigefügt sind interessante Nachrichten zur Iheater geschichte,(Siehe den nachfolgenden Auszug aus diesem Buche.) Eine erhebliche Anzahl Souffleur-Manuskripte,, von Trinkle geschrieben, befinden sich im Theaterarchiv. Im November 1789 schrieb er„Coriolan“ von Shakespeare, 166 Quartseiten. Als Kopistengebühr für„Don Carlos“ von Schiller, 229 Blätter, berechnete er 8 fl. 15 Kr.; für„Fiesko“ 6 fl. 12 Kr. Es stammen von seiner Hand die Soufflierbücher: Julius Cäsar, Kaufmann von Venedig, Jungfrau von Orleans, Wilhelm Tell u. a. Für eine Kopie der„Räuber“, 330 Seiten, 5 Um das Jahr 1803 schrieb der Souffleur und Kopist Trinkle ein von ihm aufgestelltes Theaterrepertoire ins Reine. Er gab dem Buch den Titel:„Verzeichnip der vom 7ten Oetober Anno 1779 auf der Hof- und Na- ilonal-Bühne in Mannheim aufgeführten Schauspiele und Opern.“ d Das Buch enthält auf 104 in zierlicher Schrift beschrie- benen Seiten in klarer, übersichtlicher Anordnung das Repertoire vom Eröffnungstage des Nationaltheaters bis zum 3. März 1803. Die Erstaufführungen hat Trinkle durch rote Tinte hervorgehoben; ebenso sind zahlreiche Anmerkungen über Engagement, Debütieren, Todesfälle der Bühnenmit⸗ glieder, Einfluß der Kriegsjahre auf den Theaterbetrieb u. a. , cc. Gel, 2 ue, 8 8 SIEGFRIED GOTTHELF ECKRNRD T 5 55 genannt Koch, ehemals Theaterdirektor in Mainz, 1793 in Mannheim engagiert, ging 1790 nach Hannover, 1831 in Wien, mit roter Tinte geschrieben. Ein Teil dieser Anmerkungen sei hier wiedergegeben; einige Ergänzungen sind in Klam- mern beigefügt. f Das Mannheimer Nationaltheater wurde am 7. 1779 mit dem Lustspiel nach Goldoni„Geschwind, eh' es Jemand erfährt“ eröffnet. Die zweite Vorstellung War „Hamletk. Wöchentlich wurde dreimal gespielt. Ein wich- tiges Ereignis im Jahre 1780 waren die Gastspiele des großen — Schröder, der auf der Höhe seiner Kunst an Trinkle notiert darüber:„Den 14. Juny kam Hlerr Schröder von München. Den 4. July ist Herr Schröder ach Paris gereist, den 27. 5 Den 9. 1 Oktober er Barbara Seuffert, kam schon als Kind zum Theater. 1777 spielte er bei der Schauspielertruppe Marchands, 1779 rde er von Dalberg für Mannheim engagiert, 1787 spielte Prag, von 1792 bis zu seiner Pensionierung 1816 War er . 5. August 1780. 4 pinkus“. „Abgedankte Offizier.(Lustspiel). Herr (Georg Franck, Schauspieler von München, War f r in Mannheim im Ballett angestellt. Im September 78 heiratete er Lambertina Fratrel, die Tochter des Hof- Alers. Der Theatermaler Franz von Schlichten und Anton amine waren Trauzeugen.) Das erste Theaterjahr endete am 19. September 1780. inkle bemerkt:„Das Theater blieb Krankheiten wegen 8. Oetober ver schlossen.“ vielen, 0 als Sohn des 5 Car! N und berechnete Trinkle im Oktober 1781 die Gebühr von 5 fl. 30 Kr. Für eine Reihe von Stücken schrieb er die Rollen aus. Eine schlimme Zeit für die Mannheimer Schauspieler Waren die Revolutions und Kriegsjahre, über die uns Trinkle denkwürdige Aufzeichnungen hinterlassen hat. Als die Stadt Mannheim Mitte September 1795 mit Bombardement bedroht Wurde, flüchtete die Hälfte des Theaterpersonals. Unter den Zurückgebliebenen befand sich auch der Souffleur. Trinkle war zweimal verheiratet; seine erste Frau scheint er früh verloren zu haben. Im Juni 1802 vermählte er sich in zweiter Ehe mit Anna Maria Grund aus Zweibrücken. Ihr Bruder Jacob Grund war dort Sattler. Die Ehe blieb „kinderlos. Es War keine leichte Aufgabe für Trinkle, tagsüber die mit peinlicher Genauigkeit geführten Schreibarbeiten zu erledigen und dann abends den anstrengenden Dienst im Souffleurkasten zu versehen. Als im Oktober 1802 der Mann- heimer Buchbinder meister Michael Mittel sich um eine zweite Souffleurstelle bewarb, wurde sein Gesuch von dem Souffleur Trinkle unterstützt. Eine zeitlang war neben Trinkle als Souffleur tätig der in München gebürtige Hofmusikus Wil- helm Lindner. In den Jahren 1810 und 1811 wohnte dieser in dem Hause G 4, 3, in welchem Trinkle vorher seine Wohnung gehabt hatte. Während seiner letzten Lebensjahre logierte Trinkle im Löffelmayerschen Hause B 5, 5. Hier starb er am 21. April 1814 im Alter von 65 Jahren, Sein Nachfolger als Souffleur wurde der junge Carl Anton Theodor Beil, ein Sohn des berühmten Schauspielers David Beil und dessen Gemahlin geb. Ziegler. Trotz seines Fleißes scheint es Trinkle nicht möglich ge⸗ Wesen zu sein, bei dem kärglichen Verdienst in den teuren Kriegsjahren Ersparnisse zu machen. So War die Witwe ge⸗ Die erſte Chronik des Nationaltheaters Mit allerlei höchst beachtlichen Anmerkungen des Souffleurs und Kopisten Trinkle 28. November 1780.„Edelknabe. Walder. Operette. Herr Epp debütiert als Dolmon Sohn.“(Franz Epp, der Sohn eines Schullehrers in Neuenheim, hatte eine herrliche Tenor- stimme. Im Juli 1787 heiratete er Philippina Reylin. Er starb 1805.) „1. Jänner 1781 hat Herr Pöschel das letztemal ge- spielt. Mlle Fürst wurde zu Mutterrollen in der Oper engagiert. Den 18. Jänner nichts wegen Glatteis. Den 3. Hor- nung entstand Streit zwischen Mad. Seyler und Mad. Tos- ani, Wo es bis zu Ohrfeigen kam. Herr Seyler wurde hierauf abgedankt. Den 7. März sind Seilers abgereist. Herr Meyer wurde als Regisseur erwählt. Trinkle wurde Souffleur und Mad. Meyer übernahm die Verwaltung der Garderobe.“ 31. Mai 1781.„Heimliche Heurath. Herr Rennschüb debutiert als Lovewell“.(Johann Ludwig Renn- s chüb hieß eigentlich Büchner. 1776 debütierte er in Berlin bei der Döbbelinschen Truppe. 1777 heiratete er die Schau- Spielerin Caroline Wilhelmine geb. Sommer, eine Berlinerin. Im gleichen Jahre ging er mit ihr nach Gotha ans Hoftheater, dann nach Mannheim. Hier wurden dem Ehe- paare in den Jahren 1782 bis 1789 fünf Kinder geboren. Bei dem ersten Kind übernahm der Hofmaler Kobell mit seiner Frau die Gevatterschafkt. 1791 wurde Rennschüb Oberregis- seur in Frankfurt a..) Den 20. September 1781„kam der Kurfürst hieher.“ 10. Oktober.„Graf Olsbach“(Schauspiel von Brandes). Wurde zur Feyer des 3. Jahres frey gegeben. Der Kurfürst gab 100 Ducaten der Gesellschaft zum Geschenk. Den 12. November reiste der Kurfürst wieder nach München. Den 18. starb Mad. Pösche!(die Gattin des Komikers).“ Zu der Erstaufführung der„Räuber“ am 13. Januar 1782 ist von Trinkle nichts weiter bemerkt. 31. Mai 1782.„Krankheit wegen keine Komödie. 18. September. Krankheit wegen wurde das Theater ge- schlossen(bis 29.)“ „Den 2. September 1783 trüh um 8 Uhr ist Meyer am Faulfieber gestorben, und den 3. begraben worden. Herr Rennschüb wurde Regisseur.“(Wilhelm Christian Diet- rich Meyer, in Hamburg 1749 geboren, war ein gebildeter, ordnungsliebender Schauspieler. Bei den Besuchen Schillers iy Maunheim und nach dessen Flucht hierher nahm er sich des jungen Dichters treulich an und beherbergte ihn. Meyers Frau Christine Henriette geb. Preißler war in Stuttgart ge⸗ bürtig.) 1784 am 11. Januar War die Erstaufführung von Schillers „Fiesko“. Trinkle schreibt:„Heute trat Mlle. Ziegler als M: Beck auf.“ Diese Bemerkung erscheint etwas seltsam. Madame Carolina Beck, geb. Ziegler, die die„Leonore“ spielte, hatte sich am 7. Januar 1784, also ein paar Tage vor der Aufführung, mit Heinrich Beck vermählt. Trauzeugen waren Ferdinand Kobell, der Maler, und Wilhelm Iffland. Sie war eine der anmutigsten Frauengestalten der Mann- heimer Bühne. Bei einer Vorstellung der„Emilia Galotti“ zog sie sich durch einen unglücklichen Fall eine Gehirn- verletzung zu und starb am 24. Juli 1784, erst 18 Jahre alt. Am 26. wurde sie beerdigt.) „29. Hornung 1784. Sollte Romeo und Julie und Blinde aus Leichtgläubigkeit seyn; wurde aber wegen Wassersnoth eingestellt.“(Am 27. Februar waren durch Eisgang und Hochwasser große Verheerungen angerichtet worden.) August 1784.„H. u. Md. Toscani verließen das hie- sige Theater.“(Carl Ludwig Toscani, geboren in Ludwigs- burg, gehörte 1777 zur Gesellschaft Seylers. 1779 kam er mit seiner Frau Anna Elisabetha geb. Endemann nach Mannheim. 1784 ging das Ehepaar zu Bondini nach Dresden. Er starb 1796 in Potsdam). 3. October.„Hausvater von Diderot, wurde Renn- schüb ausgepfiffen. Den 19. Sept. ing schon der Wallen- steinische Lärm an. Im Hausvater(am 28.) spielte sie zum Letztenmal.“(Ein Rollenstreit von Seiten der Wallenstein hatte einen Theaterscandal verursacht.) 5 13. November 1787. ausgepfiffen.“ „4. Jänner 1789. schlossen“(bis 11.) i 21. März bis 4. April 1790.„Trauer für Joseph II. ferien.“ 20. Dezember 1791.„Mündel(Schauspiel von Herr Spa en als Ludwig Wurde 5 5 Wegen Kälte ward das Theater ge- Oster- Ifrland). „6 Wagen mit Kontreband beinahe zwungen, ihr Brot durch ihrer HI it zu verdienen. Noch bei Lebzeiten ihres Mannes hatte sie junge Mädchen auf- genommen, um sie im Nähen und in andern Hausarbeiten zu un- lerweisen. Nun verlegte sie sich auf das Anfertigen von Leder handschuhen u. a. Aber die Säcklerzunft wollte nicht dulden, daß eine Nichtzünftige dieses Gewerbe treibe; sie sah dies als eine Nahrungsbeschränkung an und ver klagte die Witwe beim Bürgermeisteramt. Die Sache ging weiter zum Stadtamt, und nach monatelangen Verhandlungen wurde der Witwe aus⸗ nahmsweise gestattet,„feine Handschuhe von jenen Gat⸗ tungen, die gewöhnlich aus Fabriken bezogen und von den Kaufleuten feilgeboten werden, zu verfertigen und zu ver- kaufen.“ Im Februar 1825 ließ die Witwe Trinkle in die Zeitung folgendes Inserat einrücken: „Ich mache einem verehrlichen Publikum die gehor- samste Anzeige, daß ich mein Logis neben der alten Sonne. verlassen und nun in Lit. L 2 Nr. 11 nächst dem Schlosse, dem ehemaligen e gegenüber Wohne, Wo ich fortfahre, alle Arten von Handschuhen zu verlertigen. Zu- gleich habe ich auch von einer Pariserin die Kunst gelernt, alle Arten von seidenen und wollenen Shawlen, Westen und Strümpfen nicht allein zu waschen, sondern wie neu herzu- stellen, wovon ich schon Proben abgelegt habe. Ich bitte daher um geneigten Zuspruch.“ Noch oft wechselte die Witwe ihre Wohnung. Tapfer hat sie sich durchs Leben geschlagen, bis ihre Kräfte ver sagten. Als alte, verarmte Frau wurde sie schließlich ins Spital aufgenommen, wo sie im Mai 1840 verstarb im Alter von 68½½ Jahren. Niemand wollte die Kosten der Beerdigung aufbringen, und so wurde der Leichnam nach damaliger Vor- schrift in die Anatomie nach Heidelberg eingeliefert. Leopold Göller 21. Jänner 1792.„Wurde Herr IIa nd Regisseur.“ 4 16. März 1792.„Trauer für den Kaiser Leopold, Welcher den 2. an einer 2tägigen Kolik starb. Rennschüb und Frau gingen ab.“ „Den 21. April reisten die Keilholz auf Urlaub und kamen nicht wieder.“. 1. Jänner 1793.„Zum Gedächtnig der 50 jährigen Regie- rung Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht zu Pfalzbayern. Ver- brüderung(von Iffland), Prolog und Felix oder der Find; ling.“ i 5 f 1 10. April 1793.„Entführung aus dem Serail Op. Gone* Mozart). Eheliche Probe(von Halber).„In Gegenwart des Königs von Preußen.“ 1 ,, Heel. HEINRNCIHI CIIRISTIAN BEBCKR 0 geboren 19. Febr. 1760 in Gotha als Sohn des Fürstlich Sächsischen Kommissionssekretärs Johann Christoph Beck und dessen Gattin Johanna Sophia Gensel. Besuchte das Gymnasium in Gotha, wurde daselbst unter Ecthof zur Bühne herangebildet. Nach der Auf- lösung der Hofbühne in Gotha kam er im Oktober 1779 an das Nationaltheater in Mannheim. Trat bei Erstaufführung der Räuber im Januar 1782 mit Schiller in freundschaftliche Beziehung. Vermählte sich am 7. Januar 1784 mit der Schauspielerin Maria Carolina Siegler, Jochter des Hofgerichtsregistrators Franz Siegler und dessen Gemahlin Eva geborene Kobell. Verlor 1784 seine Frau. Schloß am 1. Februar 1788 eine zweite Ehe mit Josepha Schäfer(Scheffer), Sängerin und Schauspielerin, Im juli 1796 ging er nach Hamburg, dann nach Bremen und Berlin, kehrte im Februar 1797 wieder nach Mannheim zurück. Wurde 1709 als Direktor an das Hoftheater in München berufen, kehrte 1801 nach Mannheim zurüct, wo er am 6, Mai 1803 verstarb. l 22 * 14. July 1793.„Otto der Schütz. Beeke 1 0 Rolle 16. heut War Bock krank. 18. heut starb Bock“(Der Stad dechant Spielberger hielt am 20, eine er greifende Grabrede die den tiefsten Eindruck machte. Ins Totenbuch schrieb der Geistliche:„Michael Boek actor celeberrimus in scena Mannhemiensi uxoratus mortus subito,“ d. h. der sehr b berühmte Schauspieler der Mannheimer Bühne starb 519 ver 1 abet). 3. August 1793. Schütz. Der Konig „Genius“(bröles von Irland). von e.ů e 5 29. December 1793.„Felix. Op. Hiermit wurde, Wegen Betirade der Deutschen aus dem Elsaß und Annäher ung der Frankreicher gegen die Festung, das Theater geschlossen.“ a„2. Jänner 1794 sollte Otto der Schütz zum Besten der ge- 8. April 1794.„Die Zauberhéhle des Trophonio. Md. 8 flüchteten, dürftigen Landleute, zu Wiedereröfnung der Bühne Kaufmann spielte die Ophelia, wurde verdächtig applau fischen“ Is gegeben werden, allein wegen diesen Tag vorgefallenen diert.“ im Plänkeleyen zwischen den Ueberrheinischen Vor posten unter- 23. Juny 1794„starb Sartory Cassaver walter.“(Ludwig durchlauchtigsten Frau Churfürstin(Elisabeth Augusta) nd 4 blieb diese Vorstellung. 30. Jänner wurde zwar die den Sartor y war 17 79 von Dalber g als Agent nach Gotha ge⸗ wurde die Bühne geschlossen bis 28. September.“(Die Ge- 183 2. angekündigte Vorstellung Otto der Schütz Wirklich ge- schickt Worden und hatte dort 115 Engagements der S 15 mahlin Carl Theodors War im Januar nach Weinheim über- al. geben und die Einnahme von 444. an die Regierung übers spieler(Iffland, Beck u..) apgeschlosser.. gesiedelt, Wo sie am 17. August verschied.) en? macht; allein 3. Hornung mußte vermög churfürstlichen 29. Juli 1794.„Der Papagey“. Jurist und Bauer. Heute Anfang Dezember 1794 erhielt die Theaterintendanz ein er R Rescript(mach welchem alle unzweckdienfiche Voluptuaria, spielte Beil zum e 15(Er starb am 13. August. Nach Reskript des Kurfürsten aus München des Inhalts, daß im . als geldzersplitternde, Luxus erregende Gegenstände einge- einer ausgestandenen Ruhr traf ihn der Schl agfluh. David Falle einer Belagerung der Stadt Mannheim nicht beabsich⸗ ng 1 stellt 5 auch der churfürstliche jährliche Beitrag au Beil War seit 10. Oktober 1787 vermählt mit Luise Ziegler. ligt sei, das Theater eingehen zu lassen, und daß die kon- 5 5 Sollte) März 5 505 das Theater mit einer Rede eröfnet. 115 Entführung aus dem Serail. Jedoch Hierauf die Bühne wieder geschlossen werden. Op. ee Die beiden Schauspieler Heinrich Beck und Michael Boek sind als Trauzeugen genannt. im Alter von 72 Jahren). „Sonntags den 17. August 1794 sollte„Im Trüben ist gut von Weinheim angekommene Trauerpost von dem Tode der Die Witwe starb am 10. Juni 1840 gegeben werden, allein auf die mit Tages Anbruch traktmaßzige Verbindlichkeit Seiner Durchlaucht nicht auf- hören solle. Dem einzelnen Personal sei es also nicht er- * Am 23. December wurden die Lustspiele 8 Eifer- Süchtigen“ und„Die beiden Billets“ aufgeführt.„Weil in der Nacht vom 23. bis 24. und Nachmittags 4 Uhr Mannheim von „7. Hornung 1795 starb Md. Ni cola“ an der Auszehrung. (Am 10. wurde sie auf dem lutherischen Friedhof begraben; sie War 28% Jahre alt. Gotter in Gotha hatte sie in einem Briefe an Dalberg vom 30. Oktober 1784 empfohlen. Sie War eine geborene Kirchhöler, ihr Gemahl Peter Nicola war Musikus am kurfürstlichen Nationaltheater.) 28. März bis 11. April„Osterferien und Trauer wegen dem Absterben Sr. Herzoglichen Durchlaucht von Zwei- brücken.“(Herzog Carl starb am 1. April in Mannheim). 15. September 1795.„Die Strelizen. Mit dieser Vor- slellung wurde die Bühne Wieder geschlossen, weil die Fran- zosen die Stadt aufforderten. Die Hälfte des Theater-Per- sonalis flüchtete wegen bedrohtem Bombardement. Allein in der Nacht vom 19. zum 20. kam eine Capitulation zwischen dem Minister von Oberndorf und den Franzosen zu Stande, vermöge welcher die sämtlichen deutschen Trouppen aus- ziehen und die Festung den Franzosen überlassen mußten. Die zurückgebliebenen Mitglieder waren: Mad. Ritter, Beck, Müller; Mlle Witthoefft, Marconi d.., Marconi d.., Jage- mann, Opiz, Nicola; Herren Beck, Müller, Meyer, Walter, Gern, Kirchhöffer, Backhaus, Leonhard, Mehlbrey, 5 Trine Folgende e Wurden für die Franzosen ge- Op. Op. 27 September. Die Entführung aus dem Serail. 29. Die Uebereilung. Die beiden Savoyarden. Ende des 16. Theater-Jahrs.“ 20. October 1795.„Die 2 Billets. Die 2 Savoyarden. Op. Diese Operette konnte nicht zu Ende gespielt werden. Ein Sehr heftiger Angriff, der kast bis an die Thore vorge- drungenen kaiserlichen Krieger und eine fürchterliche Kano- nade von allen Batterien unterbrachen die Vorstellung in der Arie des Barons. Alles verließ in einem ängstlichen Gewünl das Schauspielhaus, und es wurde nicht mehr geöffnet. Die Belagerung Mannheims begann nun, und der Keller des N chauspielhaußes Wurde, nebst vielen Andern, der Zu- fluchtsort der geängstigsten Einwohner bis den 22. November 0 den Tag, an dem die Franzosen den Siegern die Stadt mit 8 Pitulation übergaben. Die ausgesperrten Mitglieder kamen nun auch wieder an; err Epp, Herr Koch und seine Mlle Tochter ausgenommen. Jener liegt noch in München krank, und dieser ging auf eine N Art. mit seiner Tochter auf Reisen, von welchen Er Als die Das 5 er 1705.„Klara von Hocheneichen“, te Vor ellung für ie 5 K: Garnison. Schauspielhauß war dem Eroberer 1 dem K. K. General Graf von Wurmser zu Ehren beleuchtet, Absterben Sr. Zweibrücken bis den 3. April.“ „10. July 1796. Die Geschwister vom Lande. 8 2. 2 4 20.. ee, e Ke, 22 eg el. Ze,.5 e. 4 e. 2 25.. 8 1 .,) 7 5 HeAch, es de, er, Le. 3. 4 . 2 Ae., 2 5 2 1 5 9, Hue u, ed. all, I. 2. . Nn A. G. 22 H, 4 ee e 2 5 2 K 255 2 28. e 295 A A: 9 K ul. 2 el, Fel 5.. E 1 9 0 e.., 25=... H. e Nu. e——— 7 25. Oe, 7 1 8. 1 5 e. pee be, 1 zg; ee,. e,„ e ee,, eee el. bee,„u Cee. 7 2 15 Aab, 85 9 0 5 Zr e,. e. a, 5 85 925 e 2 a e 7—— 8 in fe,; 27 + . a 29 228 Hebe 9 8 Gl. zl, Glue; 2.„ 77 e,, e,„ 5 ee,. 1 GC. ile, 60 e 2% mee, Al, e„e A, melee . 9— 5,. 71 775 fe. 05 ee ee eee 2 emen. 27 e 2 0 77 9 1 5. 25 e el, bee,— 0 2 i 2 197, Oy. 257.-e, Vj, een een. 0. 15 0 E. JJ 5 25 1 N i 5 ee. 2„— e 22 55 2. 1 fel, . 22 Hab. eee; 2. 2, 2 1 25 gere.. 1 e. e e,. 2⁰.. e ge, 7 1 5 3, e, Mlle, ee,„e.* f. ale, ee lee, l Keel, 7 1655 22. fee. „% e, geabee, eee.„%%% 5 5 4 20, e, GV. 6„ 4. 5 e 25 6546. 5 V 7 22. e. 2 n„ In v— 5 7 0 5 , bel,.be, e, S 0 1 e ee ee.. 0.—, Keb, d. Cee 5, 8 Salbe e. une, 2( etebes,—. 555 Fuel eee, 75 be,. 5,.. 0 ere. Gee. aul. 5 7 bee. 2 ebe, 5 e 5 Zwei Seiten aus dem handschriftlichen Theaterrepertoire von J. D. Trinkle und 1 laubt, die Kontrakte nach Wohlgefallen zu brechen. Die In- Pauken und Trompeten ertönten ihm, unter lautem Vival⸗ ken. 1 tendanz sei schon ermächtigt, zum benötigten Unterhalt die rufen, bei seinem Eintritt in die Loge. 8 Gagen f erforderlichen Gelder aulzunchmen.)— 31. März 1796.„Wurde die Bühne geschlossen, wegen dem Durchlaucht der regierenden Her zogin von heim. Mit dieser i* Franzosen bombardiert Wurde, blieb das Theater ge- Vorstellung wurde die Bühne(wegen stärkerer Annäherung schlossen bis 1. Jänner 1795. Klara von Hoheneichen. Abon- der Franzosen auf dem rechfen Rheinufer, sowohl von Kehl 1 nement suspendiert für Unvermögende, welche durch das als gegen Frankfurt am Main) wieder geschlossen.“(Die In- Bombardement gelitten haben. 350 fl.“ tendanz beschloß, das Theater auf ein Jahr zu schließen und daß 1 der Kriegsunruhen hatte Iffland das Mannheimer Theater kon- traktbrüchig verlassen. Direktor des Kgl. Schauspielhauses in Berlin ernannt). 18. 20. ROef f 24. glieder 30. von 50 25¹ Medea Schauspielhause. Mehrere Haubiz-Granaten fielen in die Stadt. Endlich wurde die Schanze von den Franzosen er- obert.“ 55 28. October 1798.„Doktor Tonuceio wurde ausge- pfiffen.“ 5 0 8 IOHANN IACOB 27. December 1798.„Wegen N Kälte kein Schau- Spiel.“ 8 OHRIS TIN BRANDES 17. Februar 1799.„Selbstbeherrschung.“ Schluß de geboren 1738 in Stettin, Schauspieler in Dresden, wurde Bühne, wegen den 16. dieses erfolgten Todes- kall Sr. Churf. 1779 mit seiner Frau Esther Charlotte und seiner Durchi. Carl Theodor.“ Tochter Minna nach Mannheim engagiert, war 1785 bis 1786 Theaterdirektor in Hamburg, f 1799, hobene zu gestatten, daß sämtliche Mitglieder sich von hier entfernen und auf ein Jahr auswärtige Engagements abschließen dür⸗ Außer die Mitglieder Herr und Mad. Beck, Koch, Jagemann, Opitz und Walter unterschrieben den Revers und verliehen Mann- ihrem Sachwalter und beriefen sich auf ihre Kontrakte. End- lich wurde auf Verlangen der verfertigt— beym Eingang Sr. Königl. Hoheit des e zogs K a rl. rück, nachdem sie seit dem Juli v. Jahres abwesend Waren. 1. März. bestandene Triumvirat wurde, mit Zugab des H. Kirch- April 1797. Osterkerien.“ einem Fond für Wittwen und Waisen unvermögender Mit. 28. September. Heute kam H. Epp wieder, erhielt aber. seinen Abschied.“ 5 27. November 1797.„Der taube Liebhaber. Töffel u. Dorchen. Op. Die heutige Einnahme war zum Vortheil des sein Jubelfest 50 jähriger theatralischer Dienste feyernden Herrn Kir chhöfer. Weiher. der Theaterkasse 20 Dukaten und von Dalberg ein Geschenk Schauspieler und Dekorateur. forderten die Rhein- Schanze auf, und gaben 2 Stunden Bedenkzeit.— Auf diesseitige Weigerung(bis auf eingelangte ordre) begann nach 7 Uhr der Angriff. Kanonen Feuer trieb die mehrsten Zuschauer aus dem 2. März 1799„rückten die Franzosen hier ein. dem laufenden Monat Juli sollten noch die für August und September ausbezahlt werden. Nur Die andern nahmen den Licentiat Woestenrath zu kaiserlichen Garnison die wieder eröffnet am 24. Juli.) November 1796.„Heute kam die Nachricht% an, Iffland sich in Berlin engagiert hätte.“(Während Am 16. November wurde er zum Jänner 1797.„Der Genius der Zeit. Von Herrn Römer Hierauf Die Danaiden. Op. 0 Hornung 1797. Kamen H. und Md. Beck wieder zu- 5 Uebernahm H. Beck die Regie und das bisher ers, in einen zeitlichen Ausschuß umgeschaffen.“ „Neue Theater- Gesetze..46. April. August.„Das Gewissen. Abonnement suspendiert zu des Theaters bestimmt.= 384 fl. 30 Kr. Einnahm.“ August.„Ging H. Epp heimlich fort. Er spielte in der Operette den Georg (Neben der Einnahme von 333 fl. wurden ihm aus 4 l. eingehändigt. Johann Georg Kirchhöfer War Er starb am 13. Januar 1804.) Jaenner 1798.„Der Jurist u. der Bauer. Medea. konnte nicht ganz gegeben werden. Die Franzosen Klein Gewehr- und Trauer.„Die Entfü Eröffnung der Bühne den 10. rung aus dem Se zösische General! der Franzosen Am 9. Mai danten im II S 1 15 werden.) 5„30. July 17 r spielte zum letztenmal und ging nach München. 22. August.„Der Lohn der Wahrheit. H. Stentzs ch spielte zum letztenmal— geht nach München. 27. August.„Agnes Bernauerin. H. Beck spielte zum leztenmal. 29. Md. Beck ebenfalls. Beide gehen nach München. Hr. Leonhard wurde Regisseur,(Samuel Friedrich Leonhard, Schauspieler und Sänger in Mann- heim seit 1784. Am 21. September 1784 spielte er(nach Trinkle) in Goethes Clavigo den Beaumarchais. Er War bis 1804 Regisseur). f 18. September 1799.„Heute warfen die Kaiserlichen die unartigen Gäste zur Stadt hinaus.“(Nach dem Siege des Erz- herzogs Carl über die Franzosen bei Mannheim besetzten die 5 Oesterreicher die Stadt.) 15. October 1799.„Heute früh rückten die Franzosen wie- der ein, nachdem uns in der vergangenen Nacht die Kaiser- lichen verlassen mußten.“ 3. November 1799.„Die Danaiden. Op. bestellt von die Deutschen französische eingetroffen, Mannheim Lecourbe. Er konnte aber nicht abkommen; machten ihm jedoch den Feuerregen.“ Oer General Lecourbe war am 23. Oktober hier er hatte das Kommando über die Rheinarmee. ubßte ungeheure Kontributionen aufbringen). 10. November 1799.„Die Zauberflöte. Op. Auf Begehren. Betet Kinder!(sagte Dechant) wenn die der Zauberflöte ist, ſerden die Franzosen allemal geschlagen.“ 12. November.„Das Blatt hat sich gewendet. ofkten, das Blatt würde sich wenden.“ 4. December 1799.„Die Zauberflöte. Op. Hr. Epp, deb. als Tamino. Auf Begehren der Bürgerin Lecourpl wid- igenfalls das Schauspielhaus zu schlieben.“ Auch wir „9. December 1799 rückten die Deutschen wieder ein. Hr. M. Tochter mann gingen nach München ab. 25. März 1800.„Der Revers. Die ländliche Unterhaltung. 1. A,, getanzt von Hr. und Md. Heiß. Md. u. MIle janchi. 1 514. May kam der franz. General Thürin g herein. Die uppen besetzten nur die Thore. Den 17. zogen sie wieder b. Seitdem ist Mannheim ohne Garnison.“ 25. August 1800.„Heute besetzten die Franzosen wieder ie Stadt.“ October 1800.„Wegen dem den 9. dieses am Eingang in da 5 sich ereigneten Vorfalls, da H. Vogel seine Berühmte Das Mannheimer Nationaltheater hat zu allen Zeiten, ab aber in den Zeiten seines Glanzes neben berühmten 5 lern und Sängern berühmte Schauspieler innen und J men, oder Künstlerinnen, die Sängerin und Schau- pie lerin zugleich waren, auf seinen Brettern gesehen, hat vohl fast alle berühmten Schauspielerinnen und Sängerinnen e etwa die Rachel, Jenny Lind und Adeline Patti wenig- lens als Gäste hier bewundern dürfen. Doch interessieren diesem Falle insonderheit die berühmten Künst- e, eee. ee, gel e, ae, a ll, un, CR OL BECK geb. lesler, ging trotz des Wide ee der Eltern 1 kam bei einer i der Emilia Galotti 15 19 5 al. . von 1 und jene, die unserer Bühne 2 5 Waren. i 9 iaenlieh batte sie d 1 trotz des Verbotts Billet-Einnehmer zurück- n Abschied.“ rb der Schauspieler Meyer „Die Schwestern von Prag. Oder, Op. Jawohl war Irrthum in mancher aus Welcher gepfiffen wurde.“ 8 mutter u der n eil stieß, erhielt H. Vog 10. e 1800„ 15. Februar 1801. Irrthum in allen Ecken. Eckel nur in jener nicht, die Md. Me arte und gel e, e e e, e e,, b,. eee,., e 2 Hen, e ü ee, ü, lee, 27. Februar 1801. zum Vortheil der glück ten.“ 12. May 1801.„Verlieben die Franzosen, vermög dem Fr jedensschluß zu Luneville die Stadt; nachdem sie seit dem 26. Jul. 1800 ihr Unwesen hier getrieben haben. Herr und Ma d. Beck kamen wieder hier an.“ 18. May 1801.„Der Strich durch die Rechnung. Hr. u. Md. Pelle, erste Tänzer Sr. Majest.: des Königs von Preußen, tanzten ein pas de deux.“ „Der Lorbeerkranz. durch den lezten Aber suspendiert Brand Verun- Frauen der Mannheimer Bühne zurücktrat, zum andern, Weil N Wendling zur „Groben Oper“ Karl Theodors gehörte, freilich nicht mit nach München übergesiedelt, sondern in Mannheim geblieben War, noch hin und wieder bel Opernaufführungen des National- theaters mitwirkte, in der Hauptsache aber als hervorragende Gesangslehrerin durch ihre Schülerinnen mit dem National- theater verbunden blieb. Jedenfalls war auch sie eine Be- rühmtheit ihrer Epoche, die Heinse„die deutsche Melpomene der goldenen Zeit zu Mannheim“ nennt und Wieland in einem Brief an Sophie Laroche(24. Dez. 1777) solchermaßen rühmt:„Ihre Art zu singen übertrifft alles, Was ich bisher selbst von der berühmten Mara gehört habe. Dies allein ist Wahrer Gesang— Sprache des Herzens und der Seele, jeder Ton lebendiger Ausdruck des reinsten, innigsten Gefühls; der ganze Gesang eine fortwallende Schönheitslinie.“ Nun Dorothea Wendling überläßt den ersten Platz der stolzen Sophie Friederike Seyler, die sich ihres Könnens Wohl bewußt ist. War doch selbst ein Lessing von ihrem Spiel begeistert(Hamburg. Dramaturgie 13. Stück und 20. Stück) und sagte:„Kein Wort fällt aus ihrem Munde auf die Erde. Was sie sagt, hat sie nicht gelernt; es kömmt aus ihrem eigenen Kopfe, aus ihrem eigenen Herzen. Sie mag sprechen oder sie mag nicht sprechen, ihr Spiel geht ununter- brochen weiter.“ Als er es freilich wagte, ihren maßlosen Ehrgeiz und ihre fast krankhafte Rollensucht auch nur ganz wenig zu tadeln, erlaubte sie sich Ungezogenheiten gegen ihn. Es ist ganz merkwürdig: sie, die als frühver- waiste Tochter eines Generalstabsmedikus fast zufällig— auf der Flucht vor einer aufgezwungenen Heirat— schon mit 16 Jahren zum Theater kam, verwuchs bald so mit ihrer künstlerischen Tätigkeit, dab sie jeden Erfolg einer anderen Künstlerin fast als persönliche Kränkung empfand. Einmal allerdings hat diese wenig schöne Eigenschaft Gutes gewirkt: als der Kaufmann Seyler, ihr späterer Gatte, aus Liebe zu ihr den Plan faßte, ihr einen unbestrittenen Wirkungskreis zu schaffen; einen Plan, der zur Errichtung des ersten deut- schen Nationaltheaters führte. Zumeist aber schuf ihr Ehr- geiz unerquickliche Erörterungen und Streit, auch in Mann- heim, wohin ihr Unstern auch ihre HMngere und schönere Rivalin Charlotte Esther Brandes geführt hatte, mit der sie schon früher in Konflikte geraten War. Auch Frau Brandes, die Gattin von Johann Christian Brandes, wurde als bedeutendes schauspielerisches Talent angesehen und begeisterte alle durch ihr feuriges, hin- ee Spiel. Nicht minder gefeiert wurde ihre Tochter Minna Brandes, de als Schauspielerin und Sängerin gefiel, der Liebling des Mannheimer Publikums War und selbst von ihrem Kollegen Beil in Gedichten verherrlicht wurde. In Hamburg, wohin sie mit ihren Eltern von Mannheim aus ging, steigerte sich noch ihr Erfolg, ohne daß sie sich freilich lange seiner er freuen konnte, da sie schon in jungen Jahren starb. Noch vor, der Familie Brandes haften Seyler und seine Gattin Mannheim verlassen, nachdem ihn zuletzt ein häßlicher Streit mit der kecken Schauspielerin Toskani, einer undank- baren Schülerin seiner Frau, veranlaßt hatte, die Direktion des Mannheimer Theaters niederzulegen. 8 e 5 0 Stelle von Frau Seyler-Hensel trat Frau Rennschüb, imadonna des Gotmaischen Wheat die f übers 5 die Auch die 1 3555(Fiesco) stellte sie dar, und zwar liebenswürdigen Frauengestalte . deren Schicksal auch rein mens nemlichen „ Stellte III versam: Beck als! nd. Herrn ten Personale vor.“ 31. März.„Helena und Paris. Helena.“ 5 16. October 1801.„Der Mondkaiser. Der Faßbinder. Op. Dem Faßbinder Martin gelang es nicht, die dem B. Schaubrod verunglückte Tonne zu reparieren.“ 6. Jaenner 1802.„Graf Armand. Op. Schluß der Bühne wegen Trauer für Sr. Durchl. den H. Erbprinzen von Baaden.“ 14. März 1802.„Lay ging heimlich fort.“ 0 26. July 1802.„Der deutsche Hausvater, H. I J a nd spielte den Gr. 17. August 1802. spielt.“ 24. August.„Wegen groser Hitze, nichts.“ 8. September 1802.„H. Singer ging heimlich von hier fort. Mlle Leonhard und Mlle Mittel gingen ab.“ 21. November 1802.„Riehter starb.“ Johannes Richter War vermählt Schuhmann). 23. November 1802. Titus. Op.„Hr. Director Beck krönte unter einer passenden Rede, die Büste Sr. Hochf. Durchl. des Herrn Marggrafen von Baaden wegen Civilbesitznahme der, Rheinpfalz. Das vom 23. November datierte Abtretungs: patent Max Josephs wurde proklamiert, ebenso das Besitz- Md. Op. Beck spielt die und Pygmalion. Wodmar und Pygmalion.“ „Wegen grober Hitze wurde nicht ge. ODer Schauspieler mit Rosina Barbara geb. nahmepatent Carl Friedrichs. Dieser erteilte am 27. Novbr. die e ne Bestätigung des Hoftheaters). 30. November 1802.„Armuth und Edelsinn. Hr. Hoff- mann übernahm noch vor der Vorstellung den v. d. Husen, Weil Herr Zimmermann betr. unken zu Hause lag, Worauf er Hausarrest erhielt.“ f 9. Jaenner 1803.„Ida Münster. Hr. Zimmermann spielte den Herrmann v. Unna dermasen betrunken, daß er das Stück ganz ruinierte, vom Publikum ausgezischt, und nach der Vorstellung auf die Wache geführt wurde.“ 18. Jaenner 1803.„Nachdem Zimmermann seines arrests entlassen Wurde, erhielt er seinen Abschied, Worauf er heute Mannheim verließ.“ (Am 21. Februar genehmigte der„Geheime Rat“ den Fortbestand des Hoftheaters mit einem staatlichen Zuschuß) Der letzte Eintrag des Theatersouffleurs Trinkle lautet: „3. März 1803. Das Neu-Sonntagskind. Op.“ Am 6. Mai 1803 starb der Theaterdirektor Heinriehk Beck, im Juni übergab Dalberg seinem Schwiegersohn 0 ich Anton von V. enningen die Leitung des Theaters, am Oktober 1804 feierte das Theater sein 25jähriges Bestehen. E. G Die erste Luise Millerin, und zwar eine Luise nach dem Herzen des Dichters, aber war eine junge Mannheimerin: Karoline 2 iegler 50 vollkommen, dab Ik fland urteilte:„Nie habe ich den 8 Augenblick der Dichtung so wiedergeben sehen. Nie habe ich diese Accente wieder gehört, noch die Melodie der Liebe, Wie sie in Fiescos Gattin von diesen Lippen tönte“ Ueber- 2 e, ., See,. Ae, haupt hat 18 205 155 1 9 Zeit entsprachen, Wohl Weil sie diesem War eben nicht nur eine ausgezeichnete, begabt lerin, sondern auch eine„vort Z . 40 2 12 die volle Ueberzeugung gegeben hatte, daß das seltenste Genie, die feinste Zartheit mit der innigsten Kraft gepaart, durch eine idealistische Gestalt veredelt, mit ihr auf der ähne erschienen War.“(Ifflanch. Mannheimerin gleich ihr war Katharina Baumann, eine Schülerin der Seyler, befähigte Schauspielerin und Zu- gleich eine der anmutigsten Erscheinungen der Mannheimer Bühne. Selbst einen Iffland haben ihre Reize derart ent- zückt, daß er um sie warb— und sich einen Korb holte. Nicht besser erging es Schiller, der nach ihrem Zeugnis ein Uinkischer, in seiner Kleidung salopper und schüchterner Liebhaber in jenen Tagen gewesen sein mag. Ihre schnip- pische Frage auf das Geschenk seines Miniaturporträts und seine verlegene Antwort sind wohl allzu bekannt, als daß man sie hier Wiederholen müßte.— Sie hat später den Kapellmeister Peter Ritter mit ihrer Hand beglückt, aber an Schillers Liebe, der sie ihren Ruhm verdankt, doch wohl mit Freude und Stolz gern zurückgedacht. Denn sie hat all die Liebesbriefe, die der Dichter an sie gerichtet hatte. zeit- lebens gleich einem Heiligtum bewahrt und kurz vor ihrem Tode verbrannt. An die Stelle von Karoline Beck-Ziegler trat(7. Februar 1785) die von Gotter empfohlene Christine Henriette Withöft, 5 8 eine Schülerin der Starke. Sie Wurde zu den ersten Schau- Spielerinnen Deutschlands gezählt und„überraschte Kenner und Nichtkenner durch die Schönheit ihrer Darstellung.“„Der feinste Weltton, schrieb Iffland,„das graziöseste Be- nehmen, liebenswürdige Laune, dicht an Mutwillen. im be— skändigen Geleit der sittlichen Weiblichkeit, sind das Eigen- lum dieser liebenswürdigen Künstlerin.“— Sie war bis zu ihrer Pensionierung(1821) eine Zierde der Mannheimer Bühne; um so mehr, als sie auch allerliebst Sang(z. B. Su- sanne in Figaros Hochzeit). Wie Henriette Christine Withöft Schauspielerin War und zugleich Sängerin, so War Josepha Scheeffer, Becks zweite Gattin, zwar Sängerin— eine sehr gerühmte Schülerin von Dorothea Wendling— wirkte aber auch hin und wieder im Schauspiel mit. Sie sang die führenden Rollen der Oper(17821819)— sie war beispielsweise die erste INN BRAND E S — 5 2 eee. Ah., eee. e, A, OHARLOTTE WILHELMINE FRRANZISRRA BRANDES geboren 1755 in Berlin, von ihrem Paten G. E. Lessing »Minnas benannt, eine der gefeiertsten Sängerinnen ihrer Seit, debutierte am 26. September 1779 bei der Seylerschen Truppe in Mannheim, zog mit ihren Eltern nach Hamburg, f 13. Juni 1788 daselbst. Mannheimer„Pamina“— und wurde von den Zeitgenossen zin die Reihe der ersten Künstlerinnen Europas“ gestellt. Wenig angenehme Züge über ihre Persönlichkeit weiß in mren Erinnerungen ihre sehr berühmte Schülerin Caroline Jagemann zu erzählen. An Beliebtheit beim Publikum übertraf sie vielleicht Christine Magdalene Elisabeth Keilholz, die mit allen körperlichen Vorzügen ausgestattet war und als eminent begabte Sängerin und schauspielerin glänzte. Iffland urteilt über sie?„Sehr bald zeigte sie in der Rolle der Maria Stuart wie in der Iphigenie von Gluck(in der Titelrolle) das seltenste Talent für das hohe Trauerspiel. Der Wetteiker und eben dadurch das Leben, welche diese Künst- lerin in das Ganze brachte, schuf die glänzendste Periode der Mannbeimer Bühne.“ Und ebenso trefflich wie die Iphigenie Sang und spielte sie die Susanne in Figaros Hochzeit. Diese Künstlerin, die nur zwei Jahre in Mannheim weilte (17901792) darf den etwas zweifelhaften Ruhm für sich in Anspruch nehmen, als erste am Mannheimer Theater kon- traktbrüchig geworden zu sein. Sie hatte sich mit ihrer jüngeren, nicht übermäßig talentierten Schwester nach Amsterdam beurlauben lassen und nahm dort, da man ihr Weit günstigere Bedingungen als in Mannheim stellen konnte, Engagement an, obschon sie ihre Verpflichtungen gegen das Mannheimer Nationaltheater noch nicht gelöst hatte. Ganz Wide das heute üblich ist, wurde sie zu einer Konventional- strake von 100 Gulden verurteilt, die sie denn auch bezahlte. Sie vermählte sich mit dem Tenor Haßloch, den sie von Mannheim mitgenommen hatte, wirkte an bedeutenden Theatern und machte große Gastspielreisen. Durch ungewöhnliches, ursprüngliches Talent und ein auher gewöhnliches Lebensschicksal erwarb sich eine Schü- lerin von Josepha Beck-Scheeffer, Karoline Jagemann, Berühmtheit. Es hat ihr nicht eben gut in Mannheim ge- fallen, als sie 1792 in der engen düsteren„Kalten Gasse“, die ihrem Namen alle Ehre machte, bei der Kriegsrätin Heydel Manon Genius auf und spielte mit fünf Jahren ihre erste Rolle. Ell- jährig sollte sie als Genius Mannheims die russische Kaiserin mit einem Gedichtchen begrüßen, blieb jedoch, Wie sie selbst launig erzählt, fassungslos stecken, als die Kaiserin keine goldene Krone trug und nicht feierlich auf dem Throne saß Wie Sophie nach dem Gedicht erwartet hatte.— Sehr günstig Wohnung bezog. Und noch weniger sagte dem erst vierzehn- jährigen jungen Mädchen, das für eine freundliche und liebe- volle Behandlung sehr dankbar gewesen Wäre, die ganz körmliche, kalte und strenge Art und Weise Zu, in der sie ihre Lehrerin und deren Gatte, der sich übrigens später in Karo— ine verliebte, von Anfang bis zum Schluß behandelten. Mit ihren Bühnenerfolgen durfte sie indessen durchaus als zufrieden sein. Schrieb man doch über ihr Auftreten OHRISTINE HENRIETTE WIT HOT geboren in Berlin, Tochter des Schauspielers Christian Withöft, Sie vermählte sich 1795 mit dem Hofmusikus Peter Nicola, wurde 1821 pensioniert und 8. Januar 1832 in Mannheim im Alter von 70 Jahren. „Oberon:„Manche hat da geendet, Wo Dlle Jagemann an— üng, und sie erwarb sich bald durch ihr ausgezeichnetes Talent den lautesten Beifall. Ihre Stimme ist ein Silberton, ihr Vortrag geist und geschmackvoll(Sie ist eine Schülerin von Mad. Beck); auch im Schauspiel macht sie große Fort- schritte, sie spielt— die Rolle sei noch so klein— mit An- strengung und Einsicht.“ Gleichwohl ließen sie die Art des Ehepaares Beck und die unerquickliche Zeit der Belagerung und Beschießung Mannheims hier nicht heimisch werden, 80 daß sie zweifelsohne froh War, als sie wieder in die Vater- stadt zurückkehren konnte, Wo ihre künstlerische Entwick⸗ jung ihren Höhepunkt erreichen sollte. Kuch ihr Frauen- leben fand dort seine Erfüllung: sie wurde nach langem Widerstand aus Liebe die Mätresse des Herzogs Karl August. (Frau von Heygendorf). Interessant ist ein Urteil Goethes über sie, den sie so wenig schön behandelt hat. Er schreibt: Ich mag auf sie gewirkt haben, allein meine eigentliche Schülerin ist sie nicht. Sie war auf den Brettern Wie ge- boren und gleich in allem sicher, entschieden, gewandt und kerlig wWie die Ente auf dem Wasser. Sie bedurkte meiner Lehre nicht; sie tat instinktmähig das rechte, ohne es selbst zu wissen.“ „Auf den Brettern wie geboren“ War auch die schöne und talentvolle Sophie Müller, die am 19. Januar 1803 in Mannheim geboren war als Tochter des Hofschauspielers Karl Müller und der beliebten Sängerin ESTHER CHARLOTTE BRANDES geboren 1746 in Kosinsry in Lithauen als Tochter des Theaterprinzipals Koch, 1779 in Mannheim engagiert T 1786 in Hamburg. „ geb. Boudet. Schon mit drei Jahren trat sie als 5 = auf ihre künstlerische Entwieklung wirkte Kotzebue ein, da er sie auf die Schwächen ihres Spiels aufmerksam machte, ihr in seinen Stücken Rollen zuteilte, kurz sie nach Ver- mögen förderte. Von 18201822 vertrat sie am Mannheimer Nationaltheater mit großem Erfolg— sie war der Liebling des Publikums— das Fach der ersten Liebhaberin.„Ihre Darstellungen— so urteilte man— hatten ein eigentümliches Gepräge von Idealität und poetischer Weihe; dabei besaß sie eine Plastik von Aeußerlichkeit und eine fast antike Auhe, die ihren Gebilden ebensoviel Würde als Reiz verlieh. Ge stalt und Organ harmonierten mit der Intelligenz und dem Feuereifer dieser Künstlerin“. Gleichwohl und obschon ihr auch die Großherzogin Stephanie sehr zugetan War, sie häulig empling und mit prächtigen Toiletten beschenkte und für schöne Kleidung soll Sophie eine besondere Schwäche gehabt haben tat der damalige Intendant Graf Luxburg doch nichts, sie hier zu halten. So ging sie nach Wien. Dort wurde sie in dem Kreise um Schubert heimisch und ent- Wickelte ihr Talent so herrlich, daß noch zu ihren Lebzeiten (sie starb schon am 20. Juni 1830) ihr Porträt als„Eboll“ der von Kaiser Josef gegründeten Ehrengalerie berühmter Schauspieler einverleibt wurde. Der gleichen Ehre wurde Betty Koch, später Frau Roose teilhaftig, die als Anfängerin mit ihrem Vater Siegfried Gotthelf Koch, ehedem Theaterdirektor in Mainz, von 1793 bis 1796 an der Mannheimer Bühne wirkte. echt günstig kür das Mannheimer Theater War(1797) das Engagement von Maria Johanna Renner geb. Brochard, einer Schülerin des Direktors Marchand in München. Sie Wird als eine der hervorragendsten deutschen Schauspieler- inmen gewertet. Geradezu Meisterin in der Darstellung des Naiven wußte sie das ganze Ensemble derart mitzureißen, daß alle Vorstellungen, in denen sie mitwirkte, erheblich an Leben, Frische und Natürlichkeit gewannen. in Prag und machte mit ihrem zweiten Gatten, Franz von Holbein, ausgedehnte Kunstreisen. Ihr War ein schöneres Geschick beschieden als der nicht minder berühmten Sängerin Marianne Katharine Ernst-Seidler, die 1819 mit ihrem Vater in Mannheim Engagement fand. Ihre ,, e,(le, . 22 el., CANTHARINA YOSE PEN RITTER geb. Baumann, vermählte sich 1787 mit dem Hofmusikus Peter Ritter, Sie starb am 25. März 1850 in Mannheim im Alter von 86 Jahren. Künstlerische Laufbahn führte sie in stetem Aufstieg über Linz, Wien, Prag, Amsterdam nach Frankreich, das sie gleichsam im Triumphzug durchzog. Dort erklomm sie den Gipfel ihres Ruhms, um jäh und grausam hinabzusinken, als sie plötzlich ihre Stimme verlor. Als Frau Kurth fristete sie nun ihr Leben mit kleinen Schauspielrollen, kam dann zu Wandertruppen, schlieblich gar zu Bänkelsängern in der Schweiz. Ein kleines kaiserliches Ruhegehalt, das sie jetzt erhielt, genügte nicht, um ihren Unterhalt zu bestreiten, sa daß sie wieder mit deutschen Wandertruppen durch Ungarn 20g, bis sie im 61. Lebensjahr(1869) der Tod von einem un- erwünschten Leben erlöste. Welch ein Unterschied zwischen den Lebensweg und dem glücklichen ihrem mitleiderwecken- von Ellen Franz(später Frau von Heldburg)! Ellen Franz, welcher der Mannheimer Aufenthalt zur glückhaften Schicksalswende Ward, ließ in den Jahren 1864 bis 1867 die Clärchen, Gretchen, Beatrice usw. voll feinsten Stilgefühls, in geistvoller, lebendiger und eindrucksvoller Darstellung über die Bühne gehen und gewann sich derart die Herzen der Mannheimer, daß bei ihrem Scheiden die Mannheimer Zeitung„Stadt und Land“(am 6. Juli 1867) schrieb:„Die gestrige Abschiedsvorstellung des Fräuleip Franz darf als ein Festtag im hiesigen Theaterleben be- zeichnet werden. Das in allen Räumen dichtbesetzte Haus brug der scheidenden Künstlerin eine Verehrung entgegen, Wie wir sie selten noch gesehen. Aus allen Zeichen der außerordentlichsten Hochschätzung fühlte man die lauterste Wahrheit heraus; es War nichts Gemachtes, es War die auf- richtigste Stimmung des Publikums, welches die allverehrte Künstlerin nur ungern scheiden sieht. Bei ihrem Erscheinen auf der Bühne wurde sie mit den prachtvollsten Blumen- bukells fast überschüttet, von Szene zu Szene wiederholten sich die Zeichen der Hochschätzung und Verehrung in stür⸗ mischer Weise.“ Ellen Franz verlieh Mannheim, um ihr Engagement in Meiningen anzutreten, das Bodenstedt(Theaterintendant des Herzogs Georg von Meiningen) mit ihr abgeschlossen hatte, nachdem er sie einmal in Mannheim als Prinzessin im Tasso gesehen hatte. In Meiningen fand sie ihr Lebensglück. Denn Nachdem sie Mannheim 1799 verlassen, wirkte sie in München, später 8 —— FTF rc der Herzog lernte sie kennen und lieben und vermählte sich mit ihr. Gemeinsam mit ihrem Gatten arbeitete sie fürder- hin zum Wohle des Meininger Iheaters. An ihre Mannheimer Zeit aber hat sie immer gern zu- rückgedacht. Noch als alte Frau bewahrt sie fröhlich die Erinnerung und schreibt humorvoll und ergötzlich, als sie grippekrank„Grand vin Bordeaux“ trinken muß, in einem rer Briefe:„Ich werde mir doch nicht einen Schwips an⸗ trinken? Ich habe nur einmal im Leben einen gehabt: Fast- nacht 1867 in Mannheim, als ich Gast des Comités beim Mas- kenball im alten lieben Mannheimer Theater War.“— Gerade in jenen Jahren, als Ellen Franz an der Mann- heimer Bühne wirkte, spielte hier die kleine Das Mannheimer Theater hat im Laufe der Zeit im KReubern und Innern mannigfache Umgestaltungen erfahren. In den Jahren 1853 bis 1855 wurde ein durchgreifender Um- bau des Hauses nach den Plänen des Theatermalers Joseph Mühldorfer vorgenommen. Die gegen den Theaterplatz gelegenen beiden Höfe wurden überbaut, das dreistöckige Gebäude durch ein weiteres Stockwerk erhöht, Zuschauer- raum und Bühne verlegt und vergrößhert. Eine Beschreibung des Theaters, wie es zur Zeit der Intendantur des Grafen von Luxburg(18211836) aussah, sei hier Wiedergegeben. „Dieses schöne, kreistehende Gebäude nimmt mit dem da vorliegenden Platze das ganze Quadrat Lit. B 3 ein. Car! Theodor ließ es 1776 aus dem ehemaligen Zeug- und Rüst- hause nach dem Plane des Architekten Lorenz Quaglio in seine dermalige Gestalt verwandeln. Das Gebäude ist in der Gestalt eines rechtwinklichen Parallelogramms, aus dem auf der einen der längsten Seiten drei Vorgebäude hervorspringen, durchgehends dreistéckig erbauet. Die Hauptfront imponiert durch die ansehnliche Länge. Der in der Mitte des Gebäudes Weit hervortretende Bau hat hier den Haupteingang, der unmittelbar auf die Bühne führt. Er wird durch acht toskanische Säulen, von denen immer zwei und zwei dicht beisammen stehen und zwischen Welchen drei Bogeneingänge sich befinden, gebildet. Auf diesen Säulen ruht ein über 40 Schuh messender, mit einem schönen Geländer umgebener Balkon. Ueber den mitt- leren zwei Paar Säulen erheben sich auf dem Balkon zwei Statuen in Lebensgröße. Zu beiden Seiten steht eine schöne Vase. Ueber dem Balkon im Giebelfelde erblickt man ein Basrelief, das eine Gruppe der Musen darstellt. Auf der Spitze des Giebels sitzt Kpol lo mit der Lyra. Ihm zur Seite sind zwei Masken, welche die ernste und die komische Muse vorstellen, aufgesteckt. Die mit diesem mittleren Vorsprung gleich weit zu beiden Seiten vorspringenden Vorgebäude sind ohne architektonische Ausschmückung. Der Zwischenraum dieser drei Vor- prungsgebäude wird durch eine niedrige Brustmauer, auf elcher Termen von Stein und Lanzen von Eisen eine durch- ichtige Einfassung bilden, geschlossen, wodurch zwei Höfe N ingängen entstehen und das ganze Gebäude auf einer eraden Linie unter einander in Verbindung gesetzt wird. jedem der groben Pfosten, welche die Eingänge zu diesen Höfen bilden, liegt ein Sphinx. Diese Sphinxe, deren vier sind, halten unter ihren Vorderbeinen verschiedene wissen- schaftliche Sinnbilder. Beim Umbau des Theaters kamen diese von dem Hof- bildhauer Conrad Lin ck geschaffenen Bildwerke in die rivatgärten von Adolf Benzinger und Richard Kahn.) Die in die Straße rechts gehende Fassade ist gleich der auptkassade mit 8 toskanischen Säulen, welche einen Balkon on der Gröhße des vorigen tragen, versehen. Auf demselben erblickt man wieder zwei freistehende Figuren als Sinnbilder der Tonkunst aufgestellt, und zu beiden Seiten stehen zwei Vasen. Die in die Straße linker Hand gehende Fassade ist dieser anz gleich. Die dort stehenden zwei Figuren stellen den ernsten und munteren Tanz vor. Der ganze Umfang dieses Gebäudes Wird auf 900 Fuß angegeben. 5 Das Innere des Theatergebäudes hat eigentlich drei bteilungen: die Bühne mit dem Hörsaale, den kleinen und den zroßen Konzert- und Redoutensaal. Zu dem Theater gelangt man durch den Haupteingang echts. Ein langer Korridor führt zu dem Parterre, welches ler auf einem Quergang mehrere Eingänge hat. Auf dem eräumigen Vorplatze führen rechts und links zwei schöne, eite, mit eisernen Geländern versehene Treppen aufwärts. Sie bestehen aus 114 aus Stein gehauenen Stufen, führen in die oberen Logen, in den kleinen Konzertsaal und in mehrere Gesellschaftszimmer des Gebäudes. Der Saal, wo die Zuschauer im Theater sitzen, ist, wie ewWöhnlich, länglichrund gebaut. Er besteht, außer dem arterre, in übereinander sich erhebenden drei Reihen o gen, die alle durch Wände von einander geschieden sind auf den Seiten in keiner Verbindung untereinander Jede Loge bildet ein kleines Kabinettchen. Es sind Das ganze Spektatorium, welches hinsichtlich er Ausschmückung düster und unheimlich aussah, erhielt im Jahre 1821 sein jetziges freundliches Ansehen. Der strich desselben ist rötlichweig. Die Füllungen vor den en sind hellblau, mit weihen Arabesken verziert. Jede e Logen hat andere Arabesken. An jeder derselben ist vergoldeter Armleuchter für zwei Kerzen ange- cht, Womit bei Festlichkeiten das Theater beleuchtet wird. Logen sind sämtlich hellblau tapeziert, oben mit in en Bögen herabhängenden, aufgezogenen roten Dra— n geschmückt und an der Balustrade mit dergleichen ch gepolstert. In jeder Loge wird während des Spiels ein icht angezündet. a Der Bühne gerade entgegen befindet sich die große, ehe- lige kurfürstliche Loge. Von zwei Caryatiden ed über ihr ein vergoldeter Baldachin getragen, auf chem sich eine ebenfalls vergoldete Krone erhebt. n der Mitte des Saals hängt ein kleiner Lüstre herab, sobald der Vorhang aufgeht, in eine Oeffnung der Decke chwindet. Das frühere Plafondgemälde stellte Aurora, che die Nacht verscheucht, dar. Jetzt erblickt man da nen großen Ring, welcher in der Runde herum verschiedene der, Masken, Thyrsusstäbe und dergleichen trägt. ch diesen Ring blickt man in den blauen Himmel. Von aus, Wũ a der Lüstre herabhängt, verbreitet eine weit Bertha Schwarz, die in Heidelberg geborene Tochter des am Mannheimer Theater wirkenden Schauspielerehepaares Schwarz, allerlei Kinderrollen, u. a. 1865 das Schneewittchen Als sie danach am Karlsruher Hoftheater mit kleinen Soubrettenrollen und kleinen Koloraturpartien begann, hat wohl noch niemand ge- ahnt, dab sie unter dem Namen Bianca Bianchi ein„Star“ von internationaler Berühmtheit werden sollte. Daß sie es geworden, verdankt sie nächst ihrer Stimme dem Hofrat Pollini, ihrem späteren Gatten, der ihre Stimme ent- deckte und bei der Viadot-Garcia in Paris ausbilden ließ, mit dem Erfolg, daß die junge Künstlerin schon nach acht Das Mannheimer Iheatergebädude vor 100 jahren strahlende Sonne ihr Licht. Diese neue Dekorierung war 1821 von dem Theatermaler Brauch und dem Maler Pose ge- malt worden.) Vier grobe, bis unter das Gesimse reichende, korinthische Säulen mit grau und weiß meliertem Schaft und vergoldeten Kapitälen schließen das Proscenjum ein. Auf dessen Vorderteil erblickt man in der Mitte das Bildnis des ge- krönten atheniensischen Trauerspieldichters Sophokles. Dieses Medaillon war ehemals von zwei erhabenen, schwebenden Figuren, die Zeit und den Ruhm vorstellend, Die Räubet. 6 8 8 Ein Schauſpiel. Frankfurt und Leipzig 1781. Die Erstausgabe von Schillers Räubern Nachdem Schiller Ende des Jahres 1780 aus der Militar- akademie entlassen und in Stuttgart als Regimentsmedikus angestellt war, bemühte er sich vergeblich, in Mannheim oder sonstwo einen Verleger für die Räuber zu finden. So ließ er denn das Stück auf eigene Kosten drucken, sehr wahrschein- lich bei Metzler in Stuttgart. Den Betrag für die Druck- kosten, gegen 150 Gulden, mußte er borgen. Die erste, in den Handel gekommene Ausgabe der Räuber wurde in 800 Exemplaren gedruckt. Die runde Vignette auf dem Titelblatt ist in Augsburg von Johann Esaias Niels on Schlußvignette der Erstausgabe von Schillers Räubern gestochen. Sie stellt die Scene aus dem 4. Akte dar, Wo im Walde bei der Kerkerpforte der alte Moor am Boden liegt, von Hermann gehalten, und Karl mit erhobenem Schwerte Steht und die Räuber anredet. Die aus 6 Blättern bestehende Vorrede endet mit den Worten:„Geschrieben in der Oster- messe 1781. Der Herausgeber.“ Schiller nannte in diesem Werke seinen Namen nicht. Der Druckort(Frankfurt und Leipzig) ist lingiert. Das kleine Oktavbändchen enthält Monaten in London an der italienischen Oper erfolgreich auf- treten konnte. Sie feierte Triumphe in England und Ruß- land und entfaltete nachdem eine glänzende Wirksamkeit an den Bühnen von Karlsruhe, Wien und München. Wie viel treffliche Künstlerinnen sind nicht im Laufe von 150 Jahren über die berühmten Bretter des Mannheimer 3 Nationaltheaters geschritten! So manche unter ihnen haben 4 den seltenen Nachruhm des Mimen erlangt, so manche werden ihn künftighin erlangen. Der Reigen der schönen und be- rühmten Künstlerinnen, der an uns vorüber zog, ist nicht zu Ende; aber je näher uns die Dahinschreitenden sind, desto weniger können und dürfen wir darüber urteilen, ob sie des Nachruhms teilhaftig sind oder werden.— Erna Reidel getragen. Diese sind aber, so wie drei auf jeder Seite dieses Hauptbildes noch befindlich gewesene kleinere Medaillons, antike Zierraten und theatralische Sinnbilder bei der Restau- ration hin weggenommen worden. Die dafür hingemalten Arabesken sind unbedeutend. Das Originalrelief„Sophokles“ befindet sich jetzt im Schloßmuseum.) Die Bühne wird durch einen hellblauen Vorhang. der in vielen gemalten Falten steif herabhängt und unten mit einer Bordüre von vergoldeten Arabesken versehen ist, ver- schlossen. In den Zwischenakten wird ein anderer hell- blauer Vorhang herabgelassen, welcher in der Mitte eine, von der Sonne umstrahlte umkränzte Lyra trägt. Aus der am Boden angebrachten, vergoldeten Bordüre erheben sich zu beiden Seiten zwei, durch den ganzen Vorhang bis zur Decke laufende, altfranzösische Verzierungen. Die Bühne selbst hat Darstellungen. 777775 7 1 8 FF ͤ VN hinlänglichen Raum für alle Das Ganze ist gut gebaut und hat in jeder Ecke Resonanz. Nirgends gehet ein Wort der Spielenden verloren. Hinter der Bühne sind die Ankleidezimmer und die Garderobe, sowie ein großes Dekorationsmagazin. Die Maschinerie ist gut und geht bei gehöriger Aufmerksamkeit 0 rasch und pünktlich. Die Dekorationen, zum Teil noch von 8 Quaglio gemalt, sind größtenteils alt. Doch sind in den 5 letzten Zeiten einige neuere gemalt worden. Der kleine Konzert- und Redoutensaal liegt 5 in dem Vorgebäude rechts. Er ist unter der Aufsicht 5 1 Quaglios in antikem Geschmacke ausgemalt worden. 8 Das ovale Plafondgemälde stellt den Triumph der Venus vor, 5 die in dem Olymp den goldenen Apfel zeigt. Vierzig ver- 1 6 8 1 1 7— schiedene Figuren sind in Gruppen auf dem Ganzen verteilt. Es ist von Leydensdorff gemalt. Die Gruppen über g den Eingängen und die Basreliefs an der Decke und den. Wänden sind auch von ihm. Die Architektur, gemalt— Säulen, ein von diesen getragenes Hauptgesimse usw. rühren 1 10 von Joseph Quaglio und Pingetti her. Der ganze 8 Saal ist ein Parallelogramm und hat die Höhe des zweiten 5 und dritten Stockwerks. Mehr als dieser zieht der grohe Konzert- und 1 Redoutensaal die Aufmerksamkeit an. Er ist ein. Wahrer Prachtsaal. Durch das Portal auf dem am Platze liegenden Flügel des Theatergebäudes gelangt man auf einen N I Vorplatz. Hier führt eine, aus 58 Stufen bestehende Treppe auf den Vorplatz der zweiten Etage und in den dritten Stock. 5 Alle Wände sind hier mit Basreliefs, jonischen und korin- 8 thischen Wandsäulen, Bachanalen, ganzen Figuren und Tro- 5 U phäen geschmückt. Die Gipsarbeiten sind von PO Z Zz i. Auf der Mitte des oberen Vorplatzes führt eine große Haupt- und Flügeltüre in den herrlichen Sa al. Seine Länge beträgt bei- nahe 100, seine Breite 56% Fuß. Seine Höhe geht durch den bi zweiten und dritten Stock des Theatergebäudes. Rund herum a 1 wird eine schöne Galerie, welche den dritten Stock einnimmt, ö k. von 24 jonischen Säulen getragen. Der geriefelte Schaft der- N selben ist weiß und bläulich marmoriert. Die Säulenfüße und 80 Köpfe sind vergoldet. Hinter jeder Säule befindet sich ein W gleicher Pilaster. Zwischen beiden führt um den Saal herum unter der Galerie ein breiter Gang, dessen Decke reich mit? schweren, vergoldeten Rosetten ausgelegt ist. Zwischen jedem Paar Säulen ist ein großes Fenster, das gegen die in Straße zwar viereckig, gegen den Saal aber hoch und tief ge- E bogt ist, angebracht. Die Fenster an den schmälern Seiten, 86 welche nicht auf die Straße gehen, sind mit Spiegeln eingelegt.* Aus dem, durch zwei Stufen erhöhten Säulengang tretend, 192 gelangt man in die Mitte des Saales herab. Die oben rund 65 um den Saal ziehende, breite Galerie ist mit einem M jonischen, durchbrochenen Geländer eingefaßt. Die Rahmen derselben sind rötlich, die durchbrochenen Füllungen weiß ü ge und vergoldet. Alle Fenster der Galerie stehen mit den f 18 unteren des Saales in gerader Linie. Die in den Kanten 60 etwas gewölbte Decke ist über der Galerie mit vergoldeten Rosetten, Laubwerk, Arabesken usw. und über der Mitte M. des Saales mit einem grau in grau gemalten Plafond, auf welchem man den Tempel Apollos, verschiedene opfernde Figuren usw. erblickt, geziert. Die ganze Ausschmückung rührt von Leydensdorff, Pingetti, Klotz und Julius Quaglio her, Dieser Prachtsaal wird durch 38 schöne Glas kron- leuchter erhellt. Davon hängen 9 in der Mitte des Saales von der Decke herab, 8 sind auf der Galerie verteilt, und die un übrigen hängen zwischen den Säulen. Herrlich und pracht- he voll ist die Wirkung dieses Lichtmeeres, wenn bei einem cle Konzert der Saal und die Galerie mit Menschen angefüllt 82 sind, oder ein Ball gegeben wird und sich alles in buntem he Gemische fröhlich durcheinander treibt. f 9 Nebst allem diesem befindet sich in dem Theater gebäude 0 eine Wirtschaft, wWo man alle kalten und warmen Ge- 5 tränke und Speisen haben kann. Sie wird von der Theater- 8 intendanz verpachtet.“ 5 lic J AAAAVAbßoo(oobTbTbTbTbTbTbTbTbTee Ie außer Titelblatt, Personenverzeichnis und Vorrede 222 Seiten. kei Am Schlusse des Textes befindet sich eine viereckige Vignette de zum Römerliede im 4. Akte: Cäsar steht in Charons Nachen, ga Brutus will eben einsteigen. 93 Der Absatz des Buches war anfänglich sehr gering, unt Tul Schiller verkaufte den Rest der Auflage an einen Stuttgarter Fa Antiquar. Nach der Aufführung des Stückes in Mannheim am me 13. Januar 1782 War die Nachfrage nach dem Buche so groß, 5 an daß nicht genug Exemplare aufgetrieben werden konnten. em Der Buchhändler Tobias Löffler in Mannheim veran- ve staltete nun eine zweite verbesserte Auflage. in Von der ersten Auflage haben sich nur einige Dutzend ode Exemplare erhalten. Sie sind sehr gesucht, es werden über nie 1000 Mark dafür bezahlt. Ein Exemplar aus der Bücher- sch Sammlung Dr. Carl Lanz in Mannheim kam letztes Jahr in Ma Berlin zur Versteigerung. In der Schloßbücherei befindet sich ein Exemplar der ersten Ausgabe im Originaleinband.1 5 Eine„Rauber Aufführung Theaterbericht aus dem Mannheimer Stadt- und Landboten 1 vom 29. Dezember 1833. 0„Die Räuber“. Trauerspiel in 5 Abth. von Schiller. Wir müssen die Freunde dieses Stückes, welche wegen 15 des überfüllten Hauses die Vorstellung nicht mit ansehen konnten, herzlich bedauern, sie entbehrten einen großen Ge- nuß. Ein ungemein glücklicher Geist schwebte heute über unserer Bühne und formte die sämtlichen Kräfte zu einem herrlichen Ganzen. Da war auch unter der bedeutenden An- zahl von Personen nicht Einer, der Tadel verdiente, alle lobenswürdig, die Meisten ausgezeichnet, vortrefflich. 8 Wenn wir bedenken, daß der große Dichter mit diesem Stücke seine glänzende Laufbahn eröffnete, wenn wir be— 8 denken, dab unsere Bühne der Schauplatz war, auf welchem . diese bei vielen Fehlern doch geniale Jugendarbeit zum ersten 0 Male vor die Augen der Welt trat, dann können wir den Wunsch nicht bergen, daß dieses Stück nie anders, als etwa jährlich ein Mal am Sterbetage des Unvergeßlichen aufgeführt t werden möchte. Gewiß würde dann das kunstsinnige Pub- likum an jenem Tage das Schauspielhaus mit ehrender Rüh— rung betreten. Der Platz in der Reserve-Loge, welchen Schiller bei der ersten Kufführung seines Stückes einnahm, müßte dann an jenem Tage unbesetzt bleiben, als gastliche Einladung für den Geist des Gefeierten, und die Schauspieler, von der Weihe des Tages durchdrungen, müßten spielen wie heute. Maximilian, Herr Thür nagel, war ganz der schwache und schwächliche Vater, aber voll edlen Anstandes. Seine Sprache tief zum Herzen dringend, sein Aeußeres unver- gleichlich. 5 Karl, Herr Braunhofer, ohne sich, wie so viele in dieser Rolle, sich zum Krüppel zu schreien, War durch- gängig der flammende Feuergeist, voller Kraft und Gefühl; musterhaft als Graf in der Scene mit der Amalia. Franz, Herr Döring, großartig, voll tiefer Erkennt- nis des Charakters, voller Empfindung; jede seiner Muskeln lebte, sein ganzes Wesen War den höllischen Furien diensbar, und das alles, ohne die geringste Uebertreibung. Ueber alles hinreihend war sein Gebet. Krampfhaft bebten alle seine 8 Glieder; sein Körper, in sich selbst zusammengezogen, schien der Angst zu erliegen:„Höre mich beten, Gott im 1 Himmel!— Es ist das erste Mal“— plappert er gefühllos, in andacht= böhnender Verzweiflung—„Nein, ich kann nicht— ich will auch nicht beten“, rast er dann im gottes lästernden. Wahnwitze, mit einer Kraft, die das Mark der Seele aufrührt, den Zuschauer fürchterlich erschüttert. Wir zollen ihm Dank und Bewunderung. Amalie, Dlle. Reinhard, reihte sich dicht an die Ge- nannten zum vierblättrigen seltenen Kleeblatt. Tiefes glü- hendes Gefühl, von der Kunst gemeistert, adelte ihr Spiel. Schweizer, Herr Brandt, vortrefflich; ebenso Roller, Herr Bauer, ein originelles Bild. Nicht minder haftet unser Beifall auf Kosinski, Herrn Hellwig, und Hermann, Herrn Pir scher, so wie wir im 5 Ganzen hier noch einmal die Versicherung niederlegen, daß ö uns die Vorstellung tief ergriffen habe.“— — ö 1 . 9 1 Der Hofschauspieler Emilius Thürnagel, in Berlin ge- bürtig, wurde im Jahre 1806, von Iffland warm empfohlen, in Mannheim engagiert. 1808 ging er nach Breslau, 1811 kehrte er wieder hierher zurück. 1821 vermählte er sich mit Maria Anna Juliane Rüttger. Von 1818 bis 1824 War er Schauspielregisseur. Er War ein geschätzter Künstler. 1834 Wurde er pensioniert. Er schrieb das verdienstvolle Buch elbeorie der Schauspielkunst“. Am 2. August 1842 starb er in Wertheim. Franz Naver Braunhofer, in Mondsee gebürtig, kam im Frühjahr 1829 als 30 jähriger an die Mannheimer Bühne. 2 r War eine tüchtige Kraft und hatte die Sprache auf eine seltene Weise in der Gewalt. Er war bis 1844 am hiesigen Theater und starb am 17. Mai 1846 in Nordhausen. Seine in Frankfurt gebürtige Frau Catinca geb. Ra viz z a wurde für Gesangspartieen engagiert; sie starb im Februar 1836 in Mannheim. Der Hofschauspieler Theodor Döring, in Warschau geboren, erhielt im Jahre 1833 ein Engagement in Mannheim. 1835 vermählte er sich mit Hedwig Friederica geb. Su- torlus aus Breslau. . Rosalie Reinhard kam 1828 von Braunschweig an das Mannheimer Theater; sie war der Liebling des Publikums. * 1 2 Erstaufführung von Goethes„Faust“ 8„Faust“. Dramatisches Gedicht von— wir getrauen uns nicht, den Namen hinzuschreiben; es müßte wenigstens 5 heißen: ursprünglich von Goethe. Im Prolog zum Faust sagt n der kluge Weltkenner mit Ironie:„Gebt ihr ein Stück, so t gebt es gleich in Stücken.“ Richtig, dictum factum, wir haben heute ein Pröbchen erlebt. . N Lange plagte uns schon der Gedanke, ob und wie es 2 möglich gemacht werden könnte, den Faust von Goethe auf's 5 Theater zu bringen. Wir hörten, es sey geschehen, es sey 1 sogar mit Glück geschehen, und konnten's immer nicht be— greifen. Doch wir dachten, Menschenhänden ist vieles mög- 3 Iich und eilten, von Neugierde gefoltert, ins Thealer. Das Haus füllte sich mit Zuschauern, welche teils des Dichters, (leils der Meerkatzen wegen kamen, die auf dem Zettel stan- den. Es herrschte also unter dem Publikum ein getheiltes, 5 ganz verschiedenes Interesse. ö Wir begleiten zuerst die Freunde des Dichters. Was er- d 8 luhren sie? Stellen, Reden, die sie, auch bei genauer Be- — kanntschaft mit dem Gedichte, immer noch mit großer Auf- 5 merksamkeit lesen, gingen im Munde der Schauspieler rasch „ ö an den Ohren vorüber, kaum verständlich, keineswegs 3 empfunden. Kaum haftet man an irgend einer Stelle und 2 verfolgt sie mit Aufmerksamkeit— plumps, liegt man wieder in einer Lücke, und bis man sich aufgerafft und den Staub d oder die Thränen vom Auge gewischt hat, kennt man sich nicht mehr; Zeit, Ort und Handlung haben einen Riesen- schritt gemacht, wie der Absolutismus nach dem Hambacher 5 Mal. Das ganze Gedicht sieht aus wie eine Festung, welche h dle Censur mit Sturm eingenommen hat. Es sieht aus wie die Citadelle von Antwerpen. Da ist fast kein Stein mehr N* auf dem andern, und Goethe ist der alte, wackere Chassé, ein ruinirter Mann, aber dennoch voll Würde; er erliegt dem alles beherrschenden fad-dumm. Wenn es Wahr ist, daß die Verstorbenen, so sie verunglimpft werden, im Grabe sich umdrehen, dann werden uns die Zeitungen bald eine Geister geschichte erzählen. Aber wir schlagen den Blick nieder und seufzen. Aber wir bedauern auch diejenigen, die wegen der Meer- katzen gekommen waren. Auch sie fanden nichts für ihren Geschmack, und da sie sich einmal vorgenommen hatten, zu lachen, so lachten sie am Ende über die ernsthaftesten Sachen. Die Schauspieler wollen wir heute nicht genau beur- theilen, sie thaten ihr Möglichstes; aber das Gedicht ist eben nicht für die Darstellung bearbeitet. Wenn ich dem besten Schuster einen Rock zu machen gebe, so kann er nicht be- stehen, Wie umgekehrt. Nur des Mephästopheles glauben wir erwähnen zu müssen, der uns das Gericht zu seinem Vortheil aufgetischt hat. Wir erinnern uns nicht, daß ein größeres Fratzenbild über unsere Bretter gegangen wäre, Er sprach größtentheils jüdisch und verrenkte seine Gliedmaßen auf eine eckel- erregende Weise. Er hüpfte umher wie eine lahme Elster und gab uns eine künstliche Probe von der Modulation seiner —— EIN FESTGRIISS ZUM THEATERIURBILLXUM Albert Bassermann als Wallenstein Anläßlich seines 150 jährigen Jubiſaums sende ich dem Nationaltheater meiner Vaterstadt, von dessen Brettern ich meinen Ausgang nahm, und dem ich in spãteren Jahren mehrere Monate angehören durfte, meine innigsten Grüße und wünsche ihm aſſes Gute für die Zukunft. Wien, im juni 1929. eee Stimme, die so weit ging, daß wir in einer seiner Reden drei bis viererlei ganz verschiedene Stimmen hörten Hätte er doch den Prolog gelesen, Wo der Dichter den Mephisto ein- führt!... Ein Mephisto wie unser heutiger würde Niemanden verführen, kaum das Meerkatzenpublikum zu einem Applause.“ 5 Bei dieser Erstaufführung des Faust(mit Musik von Lindpaintner) spielten die Hauptrollen: Franz Xaver Braun- hofer(Faust), Rosalie Reinhard(Margarethe), Friedrich Heinrich Pemmer als Gast(Mephisto). Der Theaterbericht bringt Anspielungen auf das Ham- bacher Fest am 27. Mai 1832, an dem viele Mannheimer teil- nahmen; auf den niederländischen General David Chassé, der in der belgischen Revolution durch sein Bombardement von Antwerpen am 27. Oktober 1830 und die hartnäckige Vertei- digung der Zitadelle im Dezember 1832 hervortrat, und auf die scharfen Censurmabregeln in Mannheim in jener Zeit. Die Faustkritik erschien in dem von Heinrich Hoff verlegten und von A. Weimann redigierten Mann- heimer Stadt- und Landboten“, Die Censur nahm starke Streichungen der vielfach in satirischem Tone ge- schriebenen Beiträge vor. * „Oberon“ „Sonntag, den 8. Juni 1834. Oberon. oper von Carl Maria v. Weber. Ein in dreifacher Beziehung festlicher Abend. Der ge- liebte Landesvater, der schon mehrere Tage in unserer Nähe weilt, den zu schen man beim letzten Maifest so sehn- lichst gehofft hatte, zeigte sich den verlangenden Augen seiner treuen Bürger und wurde mit jauchzendem Lebehoch empfangen. Er war zur Verherrlichung des Festes der Kon- Romantische Feen- 1 Iheater- Kritiken aus Alt- Mannheim firmation der jüngsten Tochter der verwitweten Frau Groß- herzogin Stephanie hierher gekommen. Derselbe Zweck kührte auch die Fürstin Was a, die uns als holde Jungfrau verlassen hatte, als glückliche Gattin und Mutter, in Beglei- kung ihres Gatten und Kindes, in unsere Mauern zurück.— Wie mußten solche Gründe nicht die Herzen aller An- wesenden höher und freudiger schlagen machen Wie mußten sie die Künstler nicht begeistern und anfeuern, alles aufzubieten, was in ihren Kräften stand. Dies war denn auch der Fall, und somit muß ich als Kritiker die Bemühungen aller anerkennen. Nur die Besetzung hätte anders sein sollen. Wir haben drei Sängerinnen, wovon nur eine einzige heute beschäftigt war, und man zur Besetzung der Fatime eine Schauspielerin holen mußte, deren Gesang in Liederspielen recht artig, angenehm und erfreulich ist, die auch früher eine gute Stimme gehabt haben soll, nun aber zu eigentlichen Singpartieen denn doch nicht mehr paßt, da ihre Stimme keine Kraft hat, und sie häufig, mehr als verzeihlich, zu hoch Singt. Warum hat Mlle Gerver diese Partie nicht gesungen? Der heutige Tag hätte schon verdient, daß sie, selbst unbe- kannt mit dieser Rolle, sie noch lerne, oder sie hätte den Puck und Mlle Kinkel wie früher die Falime machen sollen. Daß Mad. Pirscher, auf Urlaub, die Rezia nicht singen konnte, ist nicht von großem Belang gewesen, und wir danken der Intendanz, daß sie gegen Mad. ESchborn nicht so gefällig als gegen Mad. Pirscher ist, denn was hätte ohne sie, durch deren Bereitwilligkeit schon so oft angekündigte Opern Wirklich gegeben wurden, aus der heutigen werden sollen? Wir raten daher, auch ferner Mad. Eschborn, so lange sie noch unter uns verweilt, nur immer zu benützen, die Gefällig- keit des Urlaubs nicht auf sie auszudehnen, und wenn sie fort ist, für das Engagement eines andern Subjects von gleicher Gekälligkeit zu sorgen.“(„Mannheimer Stadt- und Landbote“) 5* „Fidelio“ unter Franz Lachner „Montag, den 8. September 1834. in 2 Abteilungen von Beethoven. Hut ab! Nach langem musikalischem Winterschlafe hat uns eine neue Frühlingssonne geweckt zu frohem Ent- zücken. Das Reich der Töne war bei uns zugefroren, die leblose Eisdecke der Schlaffheit hatte sich auf das Meer der Melodie gelagert: sie ist gesprengt. Lachner hat seinen neuen Wirkungskreis betreten und mit begeistertem Zauber- stabe alles umgewandelt. Wir hörten heute wahre, lebendige Musik, das Ton- gemälde hatte Licht und Schatten, hob sich und ging aus- einander, und das Licht, welches den herrlichen Effekt be- Wirkte, das ihm Wärme und Leben gab, das war Lachner, Welcher frei und ruhig, kaum bemerkbar, vor uns stand und mit leichten Winken über sämtliche Kräfte herrschte. Seine erste Leistung in unserer Mitte gibt uns die feste Geberzeugung, daß er uns herrliche, gediegene Genüsse be- reiten werde. Wie wir hören, verdanken wir die Acquisition dieses Künstlers dem Herrn Grafen Luxbourg, und wir treuen uns innig, daß seinem bekannten guten Willen und Eifer diesmal das Glück so hold zur Seite stand. Lachner wurde bei seinem Erscheinen von dem Publi- kum mit rauschendem Beifalle begrüßt; das befremdete uns, und gewiß war Parteisucht dabei im Spiele, denn wer konnte Wissen, ob Lachner unseren Erwartungen wirklich ent⸗ sprechen werde? Es ist ihm zwar ein glänzender Ruf voran- gegangen, aber ein selbständiges Publikum muß selbst prüfen. Am Schlusse wurde er nicht gerufen, das befremdete uns wieder. Jedermann hatte nun mit eigenen Sinnen sich über- zeugt, hatte den trefflichen Meister anerkannt, und dennoch schlichen alle lautlos aus dem Hause. Was sind Beifallsbezeugungen, wenn sie am unrechten Orte angebracht werden? Mögen das die Künstler bedenken, die das Geklatsche der Menge so hoch schätzen, ohne zu be- rücksichtigen, was davon auf Rechnung der Laune oder der Darteisucht geschrieben zu werden verdient,“(„Mannheimer Stadt- und Landbote“). Fidelio, Große Oper Das Mannheimer Iheaterpersonal im jahre 1805 Intendant: Friedrich Anton Freiherr von Venningen, Oberschenk und Commissarius. Hofschauspieler und Hoftheatersänger: Karl Prandt, Regisseur, Wilhelm Backhaus, Carl Müller, Joseph Demmer, Georg Heck, J. Chr. Klein, Franz Hoffmann, Franz Xaver Gerl, Franz Epp, K. Singer, Kupfer, Samuel Friedrich Leonhard, K. Leo und Johann Daniel Lell. Souffleur und Kopist: Johann Daniel Trinkle. Hofschauspielerinnen und Hoftheatersängerinnen: Josepha Beck geb. Scheeffer, Catharina Ritter geb. Bau- mann, Frau Franck, Maria Anna Müller geb. Boudet, Christine Henriette Nicola geb. Withökt, Frau Meyer, Frau Beil, Frau Gerl, Frau Kupfer und Frau Gabler. Die Jungfern Luise Franck, Marconi, Koch und Mittel. Hoftheatermusiker: Musikdirektor Fränzel, Kapellmeister Peter Ritter. Musiker: Heinrich Ritter, Car! Wendling, Grua, Joseph Abelshausen, Konstantin Friedel, Einberger, Peter Nicola, Weickart, Tausch, Graff, Gervais, Jakob Appold, Mar- coni d.., Henninger, Friedrich Janson, Gottfried Keil, Friedrich Erasmus Eisenmenger, Marconi d.., Peter Münz, Ahl d.., Christian Dickhut, Hugo Arnold, Michael Frei, Lauer, Johann Gülick Kalkant und Nikolaus Langer, Hof- lautenmacher. Hoftheaterkassier: Carl Friedrich Türck. Hoftheaterarchitekt: Abel Schlicht. Dekorateur Hölzel, Geldempfanger Braun, Controlleur Mittel. Garderobier: Schnoppinger und Schönfeld. Schneiderin: Verri, Peruquier Braun. Klavierstimmer: Heckel, Logenbeschließer: roggio. Theatermeister: Johann Mann, Zettelträger Gaab, Theater- diener Fleischer, Theaterballier Silvester Mann, Theaterauf- scher Melandick, Zimmermann Stutzel, Handlanger: Adam, Kirn und Zimmermann. Ein Theatereinheitzer. Im ganzen waren es 80 Personen. Franz Ba- 11 2. 25 —. — GMD. Erich Orthmann 3 Oberspielleiter Dr. R. Hein(O) Oberspielleiter H. D. Kenter(S8) Verw..-Dir. K. Herrmann Oberverw.- Insp. F. Kräger Kapellmeister R. Boruvła Spielleiter A. Landory(O) Marie Theres Heindl(O) Gussa Heiken(O) Sofie Karst(O) Intendant Francesco Sioli 2 Margit Stöhr(O) 2 Elise Delank(S) Margarete Teschemacher(O) Jessyka Koettrik(O) Lene Blankenfeld(S) Ida Ehre(S) 2 Helene Leydenius(S) Isabella Breef(S) er und Schauspieb in der Jubildumsspielzeit 1028720 —— Karin Vielmetter(S) Anne Häns(Ballettmeisterin) Annie Hleuser Gall.) Hans Bahling(O) — a Valentin Haller(O) Theo Herrmann(O) Sidney de Vries(O) gebauer(O) Siegfrieck Tappolet(O) Franz Kugler(O) Hans Finohr(S) Karl Haubenreißer(S8 2. Joachim Mühling(S) iz n E Josef Renkert(S) ARTHUR BODRNN ERV Erster Kapellmeister am Nationaltheater von 1909 bis 1915. Theater Ausschuß Ober bürgermeister Dr. Hermann Heimerich(Vors.). Beigeord. Aug. Zoepffel, städt. Dezernent. Bürgermeister Rich. Böttger. Stadträte: Emil Gulden, Haas, Georg Lechleiter, Josef Le vi, Richard Per rey, Jakob Trautwein, Karl Vogel. Stadtverordn. Dr. Franz Hirschler, Dr. F. Moekel.(Die Stadtverwaltung ist Mitglied d. D. B..) Ludwig Verwaltung Karl Herrmann, VerwW. Dir.— Kanzlei: Pritz Kräger, Oberverw.-Inspekt. Wilh. Kpprell, Oberstadt- Sekr. Hermann Schürmann, Stadtsekr. Marie L6f Ie r, Wilhelmine Späth, VerwW.-Ass.— Kasse: Andr. Durst, Bürodir., Eugen Hügel, Jos. Breitenbacher, Jakob 8e ter, Rechn-Inspekt. Jakob Englert, Oberstadtsekr. Andreas Segewät z, Stadtsekr.— Musikalien- und Instrumenten ver walter: Fritz Lam merhir t.— Bürodiener: Georg Wa as.— Hausmeister: Heinrich Wagner. Pförtner: Ludwig Heilig, Heinrich er Nachtwächter: Heinrich Nolte, Sehafer.— Haus diener: Bender, Theobald Spengler. Georg Josek * Ehrenmitglieder Joachim Kromer, Karl Marx, Paul Tietsch. * Inspizienten und Souffleure Anton Schrammel, Harry Bender, Jakob Klin gen- fuß, Inspiz. Fritz Walter, Hilfsinspiz. f. Op., Optte. u. Hax Meinert, Souffl. d. Op. Pp., Optte. u. Sch. Hugo Hertz, Hilfssouffl. d. *. Tanz Aenni Häns(S. Tanzm.) Annie Heuser, Helmuth Hansel, Gretel Heis, Hela Wer nz, Solotänz. Hilde Ebbler, Lia Henninger, Elfriede Imhof, Käthe Peiffer, Betty Sauter, Elfriede Schröder, Tänz. * Chor Herren: Franz Bartenstein. Brand. Michael C hruts cho ff. Jans Harm. Adolf Jungmann. olf Kar linger. August Krebs. Karl Meyer. jus Nagel. Louis Reifenber ger. Willi Rese⸗ er Konrad Ritter, Anton Scheepers. Carl 0 hellenber ger. Josef Schnicke. Aloys Sprün-⸗ er. Carl Stamm. Herm. Trembich. Robert Wal- Carl Zöller.— Hilfschor: 25 Herren, 24 Damen. Damen; Vera Bär. F Louise Fuchs- Böttcher. Enengl. F Mathilde Kar linger. F Therese ver. Johanna Nebe. Emmy Papst. Friedel Pfau. F Otti Reifenberger. F Christine Resemeyer. Charlotte Scheidemann. Alma Seubert. Dora eubert. Anna Stolzenber g. Anni TollWwig. F Joh. em bi ch. F Käthe Tröndle. Therese Weidmann. Ise Wiesheu. Marg. Ziehl. Sofie Z is ch. ö 5 Alois Bolz e. Emil Josef Gerharts. Hans Karasek. Orchester Max Ker g J, I. Konzertmstr. Herm. Albrecht. Felix Bernh. Conradi. ch. Luise Dehnen u. Soſie Römer-H ahn, Souffl. d. Sch. ger. Alfred Bachmann. Erich Brückner. Karl hler. Josef Bur!. Gustav Dauer. Rob, Ellinger. Emil Facius. Arno Fischer. Max Flechsig. Julius Frank. Ad. Jud. Fritsch. Mas Fühler. Paul Gelb- Herm. Gleißner. Alfred Gütter. Kurt Haber- Carl Heimi g. Rich. Hess e, II. Konzertmstr. u. Fritsch. 1. k Or n. Soloviolinist. Paul Hofmann. Fritz Hoffmann. Max Hohberg. Albert Hohmann. Robert Ja k o b. Jakob Karg. Paul Köhn. Otto Kramer. Adolf Krause. Gustav Krenz. Fritz Lammerhirt. Oskar Landeck. Otto Len zer. Heinr. Lindner. Walter Lincke. Richard Loe wecke. Emil Löscher. Fritz Lorbeer. Jean Lud wWig. Willy Matern. Willi Mater ne. Adolf Merz. Carl Müller I, Solocellist u. Konzertmstr. Hugo Müller, Karl Wülker H. Furt Mü er Hugs Ned lung. Franz Neu maler, Konzertmstr., Franz Poetzs ch. Hans Reiser. Wih Ressel, Otto Riehardt. Albert Rosenberg. Aug. Sander. Albert Schaper. Max Schellenberger. Ernst Sehmidt. Willy Schmidt. Josef Schott. Curt Sjebert. Julius Joh. Stegmann, Konzertmstr. Adalb. Stein- k a m p. Paul Stephan. Hans Stephanus. Fritz Strutz: Curt Tauten hahn, Karl homes Far! Tückhardt. Heinrich Wallenstein. Adolf Zorn. Johann Ebinger, Jakob Franz Schönau. Siefert Darunter 8 Hilfs- u. Bühnenmus. Haßh linger, Orchesterdiener. 2 Maler Lilly Gundersheimer, künstlerische Assistenz.— Franz Maegle, Hermann Meyer. 1 Technik Dip-Ing. Walter Unruh, techn. Dir., Karl&G rr, techn. Assistent. Theatermstr.: Max Ailinger, Franz Dollinger, Jean Geißler. Oberbel.: Stefan Beuter, Peter Schnei- der. *. Albrecht,., Bübnenarbeiter. Allgeier,., Be- leuchter. Appel,., Bübnenarbeiter. Bartsch,., Fri- seur. Bar wind,., Bühnenarbeiter. Bender, Otto, Be- leuchter- Vorarbeiter. Brecht,., Vorarbeiter. arbeiter. Dahl,., Requis. arbeiter. Faustmann, Bühnenarbeiter. arbeiter, Bühne. Fuchs,., Bühnenarbeiter. G6 tz, Adolf, Bühnenarbeiter. Bentzinger, Bretzigheimer, Bühnen- Duffner, H. Bühnen- Frei,., Vor- Geiger,., 1855 ., Bühnenarbeiter. Vorarbeiter. Gr ahm, DR. CARL HAGEMNNN Intendant des Nationaltheaters von 1906 bis 1910 und von 1915 bis 1920. Dem alten, an Ehren reichen Mannheimer Theater, dem als sein Leiter- meine ganze Liebe und meine ganze Kraft fast ein Jahrzehnt hindurch gehört hat, wünsche ich an seinem Ehrentage eine Zukunſt, die seiner Vergangenheit würdig ist. Bühnenarbeiter. Grau,., Bühnenarbeiter. Bühnenarbeiter. Haffner,., Bühnenarbeiter. Hir sch- mam n,., Requis,, Vorarbeiter. Hoc k,., Requis. Krä- mer, Johann, Bübnenarbeiter. Krämer, Karl, Bühnen- Gen ER —— WILHELM FURT WRANGLER Erster Kapellmeister am Nationaltheater von 1915 bis 1920. . Arbeiter. Kramer, Fritz, Kramer, Gustav, Bühnenarbeiter. Vorarbeiter. ., Bühnen- Bühnenarbeiter, Krebs, Arbeiter. Krieg,., Bühnenarbeiter. Lingenfelser, K, Bühnen arbeiter. Lippert,., Heizer Pocher er, Fr, Beleuchter. Luft,., Bühnen arbeiter. Mangold,., ö Bühnenarbeiter. Marker b,., Schlosser und Maschinist. 3 Mechler,., Bühnenarbeiter. Moser,., Bühnenarbeiter. Mosthaf,., Beleuchter. Müller,., Waffenmeister. Müller, Joseph, Bühnenarbeiter. Muss,., Bühnen- arbeiter. Nagel,., Beleuchter, Vorarbeiter. NI kolaus, V Joh., Bühnenarbeiter. Niederstadt,., Bühnenarbeiter. 8 P. Noe,., Bühnenarbeiter, Vorarbeiter. Nürnberger, War,; 5 Beleuchter. Oesterle,., Schnürmeister. Pischul⸗ 05 1e k,., Bühnenarbeiter. Riesterer,., Bühnenarbeiter. Pf Sec heuf ler,., Bühnen arbeite? Sehn 0 Bühnen arbeiter. Schmitt, Karl, Schreiner, Sehnei⸗ 5 15 der,., Bühnenarbeiter. Schweikart,., Beleuchter. 0 Schooss, Ad., Bühnenarbeiter. Sei zinger, X, Bühnen- 85 arbeiter. Thomas,., Bühnenarbeiter. Thomas, Fritz, 91 Bübhnenarbeiter. Uhl,., Bühnenarbeiter. Walter,., 80 Heizer. Weiler I.., Requis. Wei ler II, G eleuenter 151 Wunsch,., Bühnenarbeiter. Zapf, Ludwig, Bühnen 5 arbeiter. Zimmermann,., Bühnenarbeiter. Zimmer- mann,., Bühnenarbeiter. Ballier,., Schneider. Bol ch,., Schneider. En dri ch,., Schneider. Fleisch- berger, Schneider. Hofmann,., Schneider. Kol b,., 4 8 Schneider. Liebler, G. Schneide 15 der. Metzger,., Schneider. Sehilp p,., Schneider. Vögelen,., Schneider. Blochmann,., Schneiderin.. Bong ar d,., Schneiderin. Hörner, Mina, Schneiderin Gieringer,., Schneiderin. Helffenstein, E,, Schnei⸗ di derin. Jahns,., Schneiderin. Roth,., Schneiderin. 4e Sch War z,., Schneiderin. Wels,., Schneiderin. Bus-* Se mer,., Putzfrau. Gleich,., Putzfrau. Keil,., 55 Putzfrau. Keller,., Putzfrau. Seubert,., Putzfrau. da Wei tn,., Putzfrau Setzer, B, Heiter Bur ser, 0 Schneiderin. Schwandner,., Schneiderin. Ebinger, be Heinrich, Bühnenarbeiter,. Erfurth, Bühnenarbeiter. Garderobe 50 K. Moll, Gard.-Insp. Georg Pfeiffer, Obergard. N Sofie Win andy- Stein, Gard.-Verw. * Zu unseren umstehenden Bildern 1 [O] bedeutet: Mitglied der Oper. 1 [S] bedeutet: Mitglied des Schauspiels. Die Bilder der Mitglieder des Nationaltheaters 1928/9 verteilen sich auf die folgenden Mannheimer Ateliers:* Hostrup: Bindernagel— de Lank— Hänss— Häuser— 2 Haubenreisser— Herrmann— Kolmar— Kroo— Keiler— 1 Karst— Kräger— Könker— Löffler— Mang— Kühl- Sailer— Schlawing. H. Lill Nachf.: Costa— Ehre— Heindl— Kugler Klauss— Langheinz— Landory— Stöhr— Teschemacher. O. Ruf Nachf.: Berghaus. G. Tillmann-Matter: Alster— Bahling— Birgel- Blankenfeld— Bassermann— Boruvka— Breef— de Vries — Dietrich— Dürr— Finohr— Fenten— Friedmann— Godeck— Gössling— Heiken— Hein, Dr.— Krüger— Köhler— Kenter— Leydenius— Linn— Loeltgen— Müh⸗ ling— Neugebauer— Marx— Orthmann— Renkert— San- den— Schlüter— Sioli— Dr. Storz— Stieler— Tappolet Unruh— Vielmetter— Voisin. f *. Die Photographien sämtlicher früherer Mitglieder des Nationaltheaters in dieser Ausgabe stammen aus dem Atelier G. Tillmann-Matter, Mannheim. 1 — f . —* — * f Tannhäuser 1855 Am 15. Juli 1855 ging in Mannheim zum ersten Male Wag- ners„Tannhäuser“ in Scene. Die Hauptdarsteller waren der Bassist C. Hertzsch als Landgraf, Joseph Schlés- ser(seit 19. Kpril 1851 hier) als Tannhäuser, Carl Ste- pan als Wolfram, Caroline Pruckner als Elisabeth und Christina Kern als Venus. Einige Tage vorher brachte das„Mannheimer Journal“ folgende Notiz: FRIIZ VOGELSTROM Sänger am Nationaltheater von 1903 bis 1912. „Bis kommenden Sonntag, den 15. d.., Wird Richard Wagner's Tonschöpfung Tannhäuser in entsprechender Pracht an Decorationen und Kostümen nun auch über die hiesige Bühne gehen. Die Aufführung der Wagner'schen Opern ist für die Bühnen der Kunstgeschichte gegenüber zur Pflicht geworden, denn epochemachend sind sie in derselben, mag man in ihrem Verfasser auch mehr den Deformator als den Reformator der Oper erblicken wollen. Wällen ist es von hohem Interesse, durch Selbstprüfung einen selbständigen Standpunkt gewinnen zu können in der mit gleicher Heftigkeit fortgesetzten Kunststreitsache für und Schon um des- gegen Wagner; und das Verlangen nach einem Urtheile wird der Theaterkasse durch Aufführung „Tannhäuser“ jedenfalls gute Einnahmen verschaffen.“ eigenen des Die Theater Anzeige lautete: „Sonntag den 15. Juli, zum ersten Male: und der Sängerkrieg auf der Wartburg“. Große romantische Oper in drei Akten, von Richard Wagner. Anfang halb 6 Uhr, Kasseneröffnung 4% Uhr.“ „Tannhäuser Das War alles, was die Leser des Journals über dieses epochemachende Werk erfuhren. Theaterkritiken brachte diese Tageszeitung(ie War die einzige hier) in jener Zeit noch nicht. Nur selten kam eine kurze Notiz, wie z. B. Ende Juni 1855, wWwo berichtet wird, daß das Theater sich seit einigen Tagen eines starken Besuches erfreut durch die Gast- darstellungen der spanischen Tänzerin Sennora Pepita de Oliva, die an den zwei letzten Abenden reich mit Kränzen begrüßt wurde. L. G. Lohengrin 1859 Wagners„Lohengrin! wurde am 9. Januar 1859 zum ersten Male aufgeführt und zwar mit folgender Besetzung: Gottfried Becker(1858 bis 1868 Mitglied der hiesigen Bine) als Heinrich, Joseph Schl ö Marie Deetz sser als Lohengrin, als Elsa, Carl Stepan als Telramund, als Ortrud. Das von Dr. W. Koffka geleitete„Mannheimer Journal“ brachte acht Tage vor der Aufführung die Notiz:„Das Per- sonal der hiesigen Oper ist gegenwärtig anhaltend mit den Proben zum„Lohengrin“ beschäftigt. Die Ausstattung der Oper an Costümen wird hier so glänzend sein, wie bisher Christina Kern noch an keinem Orte, wWo diese gegeben wurde. So versichern uns competente Beurtheiler, welche die hiesigen Vorberei- tungen dazu kennen.“ Die Theater-Anzeige kündigte an:„Sonntag, den 9. Januar, bei aufgehobenem Abonnement, zum ersten Male: „Lohengrin“. Grobe romantische Oper in 3 Acten von Anfang halb 6 Uhr. Logen- und Sperrsitzverkauf an Abonnenten, Samstag, den 8. Januar, Vormittags von 9 bis 12 Uhr.“ Richard Wagner. Welchen Erfolg diese Aufführung hatte, erfahren wir aus der Zeitung nicht. Meistersinger 1869 Einen ausführlichen Bericht finden wir über die Erstauf- führung der„Meistersinger von Nürnberg“ am 5. März 1869 in den beiden damaligen Mannheimer Zeitungen: Mann- heimer Journal“(jetzt„Neue Mannheimer Zeitung“) und in der„Neuen Badischen Landeszeitung“, Wir lesen: „Wagners Meistersinger von Nürnberg, vielbesprochen und mit Spannung erwartet, gingen gestern Abend zum ersten Male über die hiesige Bühne. Die Vorstellung, wohl ein- FELIX WEINGARTNER Erster Kapellmeister am Nationaltheater von 1889 bis 1891 In alter Anhänglichkeit wünsche ich dem Mann- heimer Nationaltheater ein schönes Jubiläumsfest und eine glücdtliche Zukunft. Die ersten Mannheimer Wagneraufführungen geübt und fleißig studiert, war eine durchaus gelungene, der Erfolg in allen Teilen ein glänzender. Das Werk eines Meisters, das der Kritik seit Jahr und Tag den ausreichendsten Stoff geliefert, läßt sich in einer kurzen Tagesanzeige weder durchsprechen noch gebührend beurteilen. Hier ist nur der Wahrhaft glänzende Erfolg zu Die Schönheit der Wagnerschen Musik tritt in keinem seiner Werke so triumphierend hervor, wie in den Meistersingern. verzeichnen. Der instrumentale Teil gewinnt von Takt zu WALTER GUNTHER=BR RUN Sänger am Nationaltheater von 1912 bis 1920. Takt und erreicht im zweiten Akte in zwischen Sachs und Eva eine Bedeutung, welche die Sänger fast vergessen läßt. Die Instrumentirung ist dabei eine 80 Wirksam-harmonische, daß das Gefühl vollster Befriedigung vorherrschend ist. der großen Scene Der vokale Teil, charakteristisch in dem einzelnen Figuren vertreten, entwickelt im zweiten und dritten Akte eine herr⸗ liche Folge sangbarer Melodien, von denen das Lied Stol- zZings wirklich ein Meisterlied ist. Die orchestrale Ausführung war, wWie von unserem be währten Orchester nur zu erwarten, trotz großen Schwierigkeiten, ausgezeichnet. der Der wiederholte Hervorruf Lachners nach dem zwei- ten Akte galt dem einzigen Dirigenten für die vollendete Ein- studierung, Wohl aber auch dem Orchester, das eine solche Ausführung ermöglicht. Die Darsteller und Sänger verdienen ebenfalls alles Lob. In Spiel und Gesang ging für eine erste Aufführung alles über Erwarten und zur Befriedigung aller billigen Wünsche. Der Beifall, den einzelnen gespendet, galt allen; der Hervor- Schl6Ss Ser ruf der Ausgezeichnetsten ehrte alle. Herr (Stolzing) erhielt mit Recht den Kranz. Die Inscenirung der Oper, ein Werk unseres verdienst- vollen Oberregisseurs, Herrn Dr. Werther, und namentlich die Massenbewegungen wie die Tanzscene des dritten Aktes, durch Herrn Pichler verdienten alle Aner- kennung. arrangiert, Und um niemand zu vergessen, der zu dem Gelingen des schwierigen Werkes beigetragen, sei hier des bescheidensten Künstlers, der die schönen Dekorationen und die malerischen Effekte geschaffen, des Herrn Kühn, um so mehr gedacht. Das Nationaltheaterorchester, das 1929 das 150 jährige Jubiläum seine Gründung feiert. 15 Jede Wiederholung wird die Schönheiten der Oper im all- gemeinen und die näher zu würdigen, Veranlassung geben. hiesige Darstellung insbesondere noch Der diesmaligen Vorstellung wohnten viele Auswärtige bei, darunter die darstellenden und leitenden Persönlichkeiten der Bühnen in Karlsruhe, Darmstadt und Mainz. Für die nächsten Vorstellungen werden noch zahlreichere Gäste er- Wartet. Die um halb 6 Uhr begonnene Vorstellung war be- reits um halb 10 Uhr zu Ende, so daß die Fremden aus der nächsten Umgebung ganz bequem mit den letzten Zügen noch nach Hause gelangen können. von bemerkten wir im Direktor Teschler von Darmstadt, Heldentenor An Fremden Theater: Mayer von Darmstadt, Kapellmeister Levi von Karlsruhe, Brouillot Karlsruhe, Auszeichnung Baritonist Hauser von Karlsruhe, Bassist von Karlsruhe, Babbuffo Kirner von Bassist Garnor von Mainz, Musikalienhändler Schott, Bürger⸗ meister Mainz Musik- direktor Föckeler von Mainz, Dr. Pohl von Baden,“ von(Verleger der Meistersinger), Vincenz Lachner hatte im 1. und 2. Akt starke Kür- zungen vorgenommen; der Monolog des Hans Sachs und der Chor„Wach auf“ waren gestrichen worden. Bei dem Chor Wirkten mit. Die Hauptpartieen Waren durch Starke(Hans Sachs), K6 gel(Pogner), Dit (Beckmesser), Sehlösser Stolzing), Rocke Oavich, Koning(Eva) und Hausen(Magdalena) vertreten. Das Haus war ungewöhnlich stark besucht. hiesige Dilettantenkräfte * „Der fliegende Holländer“ wurde am 30. tober 1870 zum ersten Male hier aufgeführt. Er einschneidende Verkürzungen gefallen lassen. sang den Holländer. Ok- mußte sich Schlosser pOLDI DORINN-HOHENEMSER Schauspielerin am Nationaltheater von 1910 bis 1914. Aus vergangenen Tagen Das Jubiläum des Nationaltheaters macht besinnlich. Ist es Wahr? mal doch. Flicht die Nachwelt nirgends Kränze? Manch- Jetzt haben die Wiener ihrem Alexander Girardi ein Denkmal gesetzt, sogar in Berlin hat man vor ein paar Jahren mit dem Gedanken gespielt, Erinnerungsmale an Lud- Wig Devrient und Adalbert Matkowsky vor das Haus am Gendarmenmarkt zu stellen. Für die Mannheimer ist das Hof- und Nationaltheater ein Paradies der Erinnerungen. Die Wechselbezichungen Theater und Bürgertum sind dast auch nur noch eine Erinnerung. Die Mannheimer hüten sie und vergessen keinen Namen, der am Schillerplatz einmal dominierte. Man rühmt gerne, wer am Nationaltheater ge- Wirkt hat, wer von dort zum Ruhme aufstieg. Aber auch umgekehrt gab das Mannheimer Bürgertum in allen Schat- lierungen der deutschen Bühne starke Kräfte, Künstler von hohem und höchstem Rang. Um nur vom Schauspiel zu eden; Die glänzende Gestalt der früh verstorbenen Sophie Müller, noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts, eine der Be- uhmtheiten der krühen Zeit der Wiener Burg, Philipp Düringer, nachher der Spielleiter der Königlichen Schau- piele in Berlin, Helene Schneeberger, eine der be- rühmtesten Naiyen ihrer zeit und wie ihr Landsmann Fritz Kraste! allerersten rohen Zeit des Wiener Burg-Theaters. Mannheimer Rangs in der N Wieder später Dr. ugust Bassermann, der erste Held und nachmalige Intendant. In der nächsten Generation Wuchs in Mannheim Freilich, das sind hier nur noch ganz wenige, die wissen, wer„die Schneeberger“ war, die mit der vielleicht noch mehr gefeierten Friederike Gohmann um den Ruhm der besten Pfeiffer Darsteller wetteiferte, als die„Grille“ und Dor und Stadté die Repertoires noch behaupteten. f Die Schneeberger, wie der Theater jargon nicht sehr cava- lierement aber sehr herzlich sagt, war ein Mannheimer Ihr Vater War Tapezier- theaterbegeisterter Handwerksmeister, wie es Bürgersmädel und 1843 geboren. meister, ein Mannheim sie damals in zahlreichen Exemplaren in gab. IRENE EDEN Sängerin am Nationaltheater von 1916 bis 1924. Denn das Theater schaffte ja dem Leben der Stadt kast den Inhalt. Knapp 17 Jahre War sie alt, als sie zum ersten Mal auf der Bühne ihrer Vaterstadt stand. Ihr Lehrmeister ist Hokschauspieler Kdolf Bauer gewesen, ein Mann, der zum Inventar des Theaters gehörte. Er spielte ausgangs der 90er Jahre noch den Vater Moor und starb 1898. Aber seine Er- scheinung im Straßenbild ist unvergehlich. Er trug immer einen Zylinder, unter dem die grauen langen Haare auf die Schultern herabfielen. Der Weg Helene Schneebergers führte 1864 nach Ham- burg, wo sie bis 1867 die gefeierte Naive des Thaliatheaters War, dann holte sie Heinrich Laube an das Hofburgtheater in Wien. Und Wien, das theaterbegeisterte Wien, wurde der Künstlerin, die aus dem theaterbegeisterten Mannheim kam, Wurde ihre künstlerische Heimat,. 1868 vermählte sie sich mit einem der besten Künstler der Burg, dem Schauspieler Ernst Hartmann. Am 12. März 1899 starb sie, 56 Jahre alt. Paul Schlehnter, der Burgtheaterdirektor und XAdolf von Sonnenthal, der königliche Schauspieler seiner Zeit haben an ihrem Grab die Abschiedsworte gesprochen. Der berühmte Liter arhistoriker der Wiener Universitat, Jakob Minor, um- schrieb ihre Künstlerpersönlichkeit, die Jubel und Beifall der Wiener in herzlicher Verehrung so oft umbraust hatte. Wenn es auf der Bühne unsterbliche Leistungen gibt, War eine von ihnen nach Minors Urteil Helene Hartmann-schneebergers Franziska in der„Minna von Barnhelm“. Rolle ist sie auch in die Bildergalerie aufge- nommen worden. In dieser des Burgtheaters Sie hat diese Rolle ragenden Partner, mit Werner gespielt. mit einem hervor- Bernhard Baumeister als Minor, vor dessen kritischen Augen die Haizinger, die Baudius, die Bognar, die Wolter, die Hohenfels, Gabillon und Sonnenthal, Levinsky und Baumeister bestehen mußten, spricht von dem einzigen Ton, mit dem Helene Schneeberger ohne Ueberlegung aus vollem Herzen die Worte hinausstießb:„Herr Wachtmeister, braucht er keine Wacht- meisterin!!“ Die Glanzrollen der Schneeberger sind in ihrer Mehrzahl vergessen, denn wer weiß heute noch etwas von Roderich Benedix und Charlotte Birsch-Pfeiffer, vom„Vetter“, der„Grille“ und dem Lorle aus„Dorf und Stadt“. Sie spielte Molieère und alle die Backfische in den längst vergessenen Gesellschaftsstücken von Paul Lindau und vielen anderen. Obwohl sie lange frisch und ihr Herz jung blieb, spielte sie sich ins mittlere Fach ein— denn damals herrschte ja noch das Fach— die Adelheid in den„Journalisten!“ War Wieder eine Leistung ersten Ranges. Und schließlich wurde die nächste Station das Fach der Haizinger, Wo ihr Luise Schönfeld den Platz mehr offen hielt als streitig machte. Aber Helene Hartmann- Schneeberger schien müde geworden und nur das Pflichtgefühl hielt die große Schauspielerin zunächst bei der Sache. dem Lorle wurde das Bärbele und wieder fand sie sich mit dem mit ihr in's ältere Fach gewanderten Baumeister zusammen zu einem Paare, das in der deutschen Theaterwelt so wenig seines gleichen hatte, wie ehedem die Haizinger und La Roche. Kuch als eine neue Zeit über die deutschen Bühnen kam, hat die Hartmann- Schneeberger noch ein padr mal den Stücken dieser Zeit mit Erfolg verholfen: als Frau Vockeradt, wieder zusammen mit Baumeister, in den„Einsamen Menschen“ und allem„Schmetterlingsschlacht', Und am Ende hat sie die lebensprühende Naive von einst, müde und entsagende Seelen meisterlich verkörpert. Aber sie lebte sich ein. Xus vor in Sudermann Helene Hartmann- Schneeberger, die Mannheimerin, War eine von jenen Künstlern, auf denen der Ruhm des alten Wiener Burgtheaters ruhte. Entwachsen begeisterten Mannheimer Bürgertum. theater- F. Wk. War sie dem Paganini im Nationaltheater September 1829 liez Mie hae! Fre, Musikdirektor vom Hof- und Nationaltheater, Lol gende Kanzert-Ankündhgung veröffentlichen: Unterm 7. „Es freut mich, die Ehre haben zu können, die Kunst- freunde hiesiger Stadt zu benachrichtigen, daß Herr Ritter Niccolo Paganini, Kammermusiker Sr. Maj. des Kaisers von Oesterreich, und erster Konzertmeister Sr. Maj. Königs von Preußen, in kurzem dahier Wird. des ein Konzert geben Herr Graf Luxbur g, Intendant unseres Großbberzog- lichen Hoftheaters, stets bemüht, zum allgemeinen Vergnügen und zur Beförderung der Kunst alles Mögliche beizutragen, hat Herrn Paganini persönlich dazu eingeladen und die an- genehme Zusicherung der Erfüllung dieses Wunsches von ihm erhalten. Ich habe nebst Künstlern das Glück mehreren achtungswürdigen hiesigen gehabt, Paganini's großes Talent zu bewundern und mich überzeugt, daß jede Erwartung, sey sie auch durch die vielen Kunstberichte über ihn noch so hoch gespannt, weit übertroflken wird, wenn man ihn wirklich hört. Der grohartige und eigenthümliche Vortrag seiner herrlichen Kunstproduktionen läßt sich mit dem der größten Violinspieler unsrer Zeit durchaus nicht vergleichen, 1 glänzt in diesem Fache als Stern erster Größe am Himmel der Kunst.“ Niccolo Paganini, der größbßte Violinvirtuose aller Leiten, versetzte schon in jungen Jabren Italien in Ekstase. Im Jahre 1828 unternahm er Konzertreisen, die ihn über Wien, Deutschland(Berlin, München, Frankfurt, Mannheim u. a. Orte) und England nach Paris führten. Er setzte alle Welt in Begeisterung durch seine unerhörte Fertigkeit in Doppelgriffen, im Staccato und Flageolettspiel, im Pizzicato mit der linken Hand, durch die geniale Auf- fassung und die wunderbar ergreifenden Töne, die er hervorzauberte. g Das Leben dieses dämonischen Künstlers wurde mit den abenteuerlichsten Legenden ausgeschmückt. Sein Reisegefährte und Geschäftsführer in Deutschland War der Kgl. Preußische Premierlieutenant a. D. Cour i ol. LORE BUSCH Schauspielerin am Nationaltheater von 1913 bis 1922. Einige Zeit nach der Ankündigung des Musikdirektors Frey ließ die Mannheimer karge endan⸗ folgende Konz ertanzeige veröffentlichen: 5 „Samstag den 19. September 1829 wird von Herrn Ritter Niccolo Paganini, Kammermusikus Sr. Majestät des Kai- sers von Oesterreich, und erstem Koncertmeister Sr. Majestät des Königs von Preußen, ein großes Vokal- und Instrumental- Koncert im Theatersaal dahier gegeben werden.“ Am 26. September gab Paganini ein zweites Konzert ip Mannheim. Leider finden sich keine Berichte, welchen Ein- druck der„Meister der Meister“ mit seinen Zaubertönen auf die Mannheimer Bevölkerung machte. Aus Zeitungsinseraten jener Tage kann man schon einige Schlüsse ziehen. Der Musikaljenhändler Karl Ferdinand-Heekel brachte folgende Verlagsanzeige: „Paganinis Gléckchenwalzer für das Pianoforte 15 kr. Paganinis Wunderwerk, Duett für e. Violine 8 kr. Paganinis Portrait 24 kr.“ „Der Glöckchenwalzer“ scheint die Mannheimer beson- ders begeistert zu haben; er findet sich auch im Programm der„musikalischen Abendunterhaltung', das die Gebrüder Meyer acht Tage nach dem zweiten Konzert Paganinis bei Kaffeetier Glänzer veranstalteten. Musikdirektor Michael Frey War in Ladenburg als Sohn des Schulrektors Franz Xaver Frey geboren. Im Jahre 1804 trat er als Mitglied in das Hoktheaterorchester ein. 1813 wurde er zum Konzertmeister ernannt. Im November 1818 vermählte er sich mit Christina Weller, einer Tochter des Hofgerichtssekretärs Heinrich Weller und dessen Frau Johanna geb. Lamey. Der Hotmusikus Peter Nicola und der Handelsmann Casimir Kast Waren Trauzeugen. Nachdem der ausgezeichnete Kapellmeister Peter Ritter am 1. September 1823 pensioniert Worden War, trat Michael Frey an seine Stelle. Er War ein ſeinkühliger, für seine Kunst begeisterter Musiker, ein unverdrossen fleibiger und gewissenhafter Dirigent. Er starb am 10. August 1832 im Alter von 48 Jahren. Joseph Eschborn wurde sein Nachfolger. a Kapellmeisfers schmerzbewegfer Abschied 3 Hoftheater, Joseph Eschborn, verließ am 3. September 1834 mit seiner Familie Man Abschiedsgedicht gewidmet, das so am Manpbeimei Kapellmeister eim. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm ein recht den rührseligen Geist der Biedermeierzeit Die zeilen ergeben den Namen des Kapellmeisters und den Abschiedsgruß.) widerspiegelt. Anfangsbuchstaben der Vers- „Nachruf an die Familie Eschborn. Mannheim am 4. September 1834. ö Euch, die trauten Freunde, jetzt verlieren, Sagt, wen sollte nicht die Trennung rühren?— Charis stimmet unsrer Klage bei. Harte Neckerei unverdiente Boten Stoff zu vielen bittern Klagen O, dies mögen Künstler nicht ertragen. Reiset darum glücklich, treu vereint. Nehmt den Segen, der Euch nachgeweint. Lebet wohl im reinsten Seelenfrieden, Eine bess re Zukunft sei beschieden Beiden Lieben, die mein Herz vermißt, E wWig Euch, Ihr Edle, nicht vergißt. Wird das Schicksal wieder uns vereinen, O Wir werden Freudenthränen weinen; Heller strahlt uns dann der Sonne Licht, Lebet Wohl, vergeht der Freunde nicht!“ ELSE TLUISCEHRAUI Sängerin am Nationaltheater von 1906 bis 1922. Das Theaterpersonal machte seinem Kapellmeister kleine Erinnerungsgeschenke. Das Mannheimer Publikum erhielt davon Nachricht mit folgendem „Ausruf zum Nachruf: Mit feuchtem Auge zeigten Herr und Madame Esch born ihren beim Scheiden aus ikrer Mitte tief bewegten zahlreichen Freunden die Urkunden der Anhänglichkeit und Liebe aller ihrer nahe gestandenen Kunstverwandten, 1. einen mit dem Emblem der Tonkunst gezierten Ring, zum Andenken gegeben von dem hiesigen Orchester- personale; 2. einen solchen mit Aufschrift von den Choristen; Sinniger 3. einen schön gearbeiteten Becher von dem Sänger- in nenchor unseres Hoftheaters. Einstimmig ertönte der Ausruf: Wem gebührt wohl hier der Ehrenkranz? Den Gebern? oder den Gefeierten?“ Ein anderer Lokaldichter drückt seinen Abschieds- 2 Schmerz in folgenden Versen aus: „Des Schiksals Macht trennt Dich von unsrer Seite Und leitet Dich auf einer neuen Bahn. Dir folgt der Wunsch zu Wohlergeh'n und Freude; Und lächelt bald ein holdes Ziel Dich an, Dann ist's erfüllt, was stets für Dich wir hegen, Dann danken wir Gott froh für seinen Segen. Wir denken nur mit Rührung jener Stunde Des herben Abschieds an des Rheines Strand. Doch Hoffnung ist's, die uns in trauter Runde Beseelt, daß einst des Weltenlenkers Hand, Der nichts unmöglich ist, Dein Wiedersehen Uns zuführt in er wünschtem Wohlergehen.“ Der Kapellmeister Eschborn ließ in die Zeitung das kurze Abschiedswort einrücken: „Allen unsern Freunden ein herzliches Lebewohl.“ N Eschborn und Frau.“ Näher sängern Karl! Kühn und Friedrich Dietz, dem Hof, befreundet war Eschborn mit den Hoftheater theatermaschinisten Franz Joseph Mühldorfer und dem Musikalienhändler Karl Fer dihand Heckel. NICEIARD WEICHERT Oberregisseur des Schauspiels am Nationaltheater von 1914 bis 1919. Am Mannheimer Hof- und Nationaltheater, das ich schon vor der Revolution als demokratisches nationales Kuſturtheater empfand, habe ich meine Künstlerischen Lehrjahre erlebt. Voller Danſc und Erinnerung an diese fruchtbare Werdezeit, die mir als Künstler und Mensch Entscheidendstes gab, möchte ich in der Reine derer nicht fehlen, die sich selbst ehren, wenn sie zum Ehrentage dieser würdigen Kunststätte Gruß und Erinnerung senden. Oline Mannheim wäre ich nicht der, der ich heute bin. So gratuliere ich in unwandelbarer Treue 5,. 5 „ „ e ee e e ee. l eee ee 2 2,. 8 555ßßͤͤöüͤ Warum wurde Eschborn verabschiedet? Woher kamen die bittern Klagen und die„unverdiente Neckerei?“ Im Jahre 1826(18277) War der 29 jährige Musiker als Konzertmeister am Hoftheater angestellt worden. Seine Gemahlin Angelica geb. Ciszewski, in Mainz gebürtig, war eine beliebte Sängerin. Als im Jahre 1832 der Kapellmeister Frey verstarb, trat Eschborn an seine Stelle. Er bezog einen Gehalt von 1200 Gulden. Im folgenden Jahre liefen beim Ministerium Klagen ein, daß der Wert und Ruf der hie- sigen Opernvorstellungen gesunken sei. Der so sehr ver- dienstvolle Kapellmeister sei Wegen seiner angeborenen Gut- mütigkeit zu nachgiebig. Beim Publikum herrsche große Un- zufriedenheit wegen der Lässigkeit der Opernmitglieder, Nur PAILILL TIETSCH Schauspieſer am Nationaltheater von 1886 bis 1915. durch besonderen Aufwand für Bühnendekorationen(durch Mühldorfer) könne die Kasse vor Verlust geschützt Werden. Obwohl Vorzüg- liches leisteten, gehe die Oper ihrem Verfalle entgegen. Es ausgezeichnete Sänger und Sängerinnen erscheine nötig, dem Orchester eine andere Leitung zu geben. Auch das Publikum beschwerte sich über Mißstände beim Theater. Man Auber und Herold; die herrlichsten deutschen Meisterwerke Würden vorenthalten. bekäme nichts mehr zu hören als Rossini, „Putzmacherinnen und andere Damen Gelde für geleistete Dienste mit Billeten abgespeist und versperren dem Publikum nicht selten den Platz. Frisch und buntscheckig bemalte, teure Leinwand haben wir in neuerer Zeit ebenso oft wie Zampa, Liebestrank, Fra Diavolo, Stumme und Consorten sehen werden statt mit barem müssen, worunter sich endlich einmal auch Fidelio verirrt hat. Die Zauberflöte scheint aber noch auf lange Zeit, Wwahr⸗ scheinlich wieder wegen neuer Malereien, uns ihre Töne vor- zuenthalten. Unsere wenigen Choristen, welchen der Zahn der Zeit bereits die Blüte ihrer Stimme geraubt hat, sollen für ihre 200—300 fl. mit zu Tode singen, und unsere Choristinnen erhalten gerade 80 viel Gage, um Schmuck und Schuster bezahlen zu können.“ ihren halben Stimmen sich ganz Auf der einen Seite wurde der große Pflichteifer Esch- borns gelobt, auf der andern Seite war er den größten An- keindungen ausgesetzt. Am 24. August 1834 trat Madame Eschborn hier zum letzten Male auf als Königin der Nacht in der Zauber- DOROTEHEA MANNSKI Sängerin am Nationaltheater von 1914 bis 1919. flöte. Ihr Gemahl dirigierte am 30. August Mozarts Don Juan. Der Theaterkritiker schrieb zu diesem letzten Auf- treten Eschborns:„Das Orchester zeichnete sich aus durch Reinheit und Präcision, Es wird nicht mehr unter Eschborns Scepter wirken; wir sagen ihm nicht mit kreu⸗ diger Empfindung Lebewohl.“ mun Dem Intendanten Grafen von Luxburg, der schon in der Anstellung des„Maschinisten“ Mühldorfer eine glück- liche Hand gezeigt hatte, war es gelungen, den in großem Ruf stehenden, erst 30 jährigen Kapellmeister Franz Lachner in Wien für Mannheim zu gewinnen. Am 13. Mai 1834 gab Lachner in Wien im Saale des Musikvereins sein Abschiedskonzert, Sein Freund Bauern- eld veröffentlichte in der Wiener Theaterzeitung ein Ab- schiedsgedicht, das mit den Worten beginnt: „Ein junger Künstler tritt aus uns'rer Mitte, Der immer ernst und Würdevoll sein Ziel Verfolgt in seines eignen Herzens Regung, Und klar erkennend, was er leisten konnte, So sein Talent zur Meisterschaft gesteigert. Er kam, ein unbekannter Jüngling, her, Und baute, wiess dem ächten Künstler ziemt, Im wirren Lärm der Welt sich seine Welt, Benützend, was die große Stadt ihm darbot, An Mustern des Gesangs, der Harmonie. Und wie ein jeder von dem Markt des Lebens Sich anzueignen strebt, was ihm gemäß, So lockten unsern jungen Freund die Meister, Die mächtig sind im Reich! der Harmonie, Die allgewaltig mit den Massen wirken, Gleich Donner-Rollen, Wasserfalles Brausen, Das Heer der Töne doch zur Anmut zwingend. Händel, Beethoven hießen seine Götter“, Im Juli 1834 reiste Lachner mit seiner Familie von Wien ab und kam im August über Stuttgart nach Mannheim. Am 8. September dirigierte er hier zum ersten Male im Hof- theater und zwar Beethovens Fidelio. Ein neuer, belebender Geist zog mit Lachner im Theater ein(siehe den Theater- bericht über die Fidelio- Aufführung.) 17 Geschichte des Theaters, Tradition, viel Tradition, Dalberg bis Sioli, von Iffland bis zur Bindernagel, und Prominente, Einheimische und Gäste, ja Wäre denn das Mannheimer Nationaltheater Publikum. Und feiert man das Theater, stolz, selbstbewußt, weil dieses bürgerliche Hoftheater von der Stunde seiner Be- gründung etwas besonderes, etwas eigenartiges war, so darf man das Publikum nicht ganz vergessen. Ich höre den Ein- Wand: Soll man eine Abonnentenliste niederschreiben, den Adel und das patrizische Bürgertum im ersten Rang oder die Kunstverständigen vom Wochenmarkt und aus der Filzbach, auf dem Juchhe oder im„Löschli, der Notabelnherberge des Vierten Rangs? Durch 150 Jahre, was gäbe das für eine Liste! Nein, das geht nicht. Aber was ist ein Theater- jubilaum, das die ganz vergißt, deren Begeisterung das Theater trug? Der alte Hofrat Rumpel, der alte Heckel und der jüngere, der Wagner-Heckel, an den die älteren unter uns sich nur noch als alten Mann erinnern, die Hermännin auf der Galerie und der Karlche Mayer sind Märchengestalten aus dem Hause am Schillerplatz. von Illustre Aber Was ohne sein Lebendiger sind andere Bilder und Menschen; um 1900, knapp ein Menschenalter her. Da saßen sie immer. Nicht Abend für Abend, aber doch an jedem Abend, der was be— deutete. Und Bedeutung hatte nicht etwa nur die Première, nein jede Neubesetzung einer wichtigen Rolle War ein Ereig- nis und ein Grund, nicht zu fehlen. Ein Blick ins Parkett. Da saß in der ersten Reihe Herr Theodor Straube, der rechte Mannheimer Theaterenthusiast. Er hatte ein gutes, gepflegtes Geschält und die Delikatessen, die sein Haus 1 standen auf dem Tisch des„besseren“ Mannbeimers. Für jun gab es nur eine Delikatesse, die war das Theater. 8 Rechts hinter ihm zwei reichlich Proportionierte neben- einander— wenn eine Oper gegeben wurde— Karl Esch- mann, der Musikkritiker, der jeden Abend wieder in seine pfälzische Heimat zurückfuhr. Neben ihm Albert Bens- heimer, der Verleger, der mittlere der drei Brüder, der sich an die Aufführungen unter Wolf, Devrient und Werther erinnerte, verglich, kritisierte und wohlgefällig lachte. Etwas abseits die schmale Gestalt Robert Basser manns, den man im Bau die Theaterschwiegermutter nannte. Ein feiner, gebildeter alter Junggeselle mit zwei Leidenschaften, die Am 11. Oktober 1874 wurde am Mannheimer National- theater die Oper von Hermann Goetz„Der Wider- spenstigen Zähmung“ aufgeführt. Der Theaterzettel der Uraufführung ist in diesen Blättern wiedergegeben.) Dem damaligen Mannheimer Hofkapellmeister Ernst Frank ge- bpührt das Verdienst, in dem armen Zürcher Klavierlehrer Hermann Goetz einen Opernkomponisten entdeckt zu haben. Die Aufführung war ein großer künstlerischer Erfolg, Aber wie erstaunten die Mannheimer bei den Hervorrufen des Komponisten einen blassen, abgemagerten. hohläugigen Menschen vor sich zu sehen, der mit seinem dicken grünen Halstuch das typische Bild eines Schwindsüchtigen darbot.“ . THILA HUMMEL. Schauspielerin am Nationaltheater von 1908 bis 1917. 9 950 1 der unermudlien 55 seinen Freund Goetz Rimini ir n Aus den 8 riefen von Hermann Goetz an Ernst Frank erkennt man uch das schwere körperliche Leid des unglücklichen Kom- nisten e unserer. Opern. Ein Blick ins Parkeft um die Jahrhundertwende ohne Zusammenhang waren. Eine unermüdliche Hingabe an die Bestrebungen des liberalen Protestantismus und die Sorge für das Theater, an dessen Spitze sein Bruder stand, mit dem er gemeinsam das schöne alte Haus am Gockelsmarkt be- wohnte. Auf der Waldeck. Hermann jeden. Das Hauses saß kannte Seite des kannte ihn und er linken Jeder FRITZ. XLBERTI Schauspieler am Nationaltheater von 1913 bis 1922. Theater war ihm ein Stück Lebensinhalt. Lebhaft gestiku- lierend, immer behaglich, immer ungekünstelt gab er sein Urteil ab. Er, wie die anderen da unten, hatten vier oder fünf Jahrzehnte Mannheimer Theater erlebt und in sich auf- genommen. In der Pause sammelte man sich zur Kritik. . Hermann Goetz an Ernst Frank Briefe des Komponisten der Oper„Der Widerspenstigen Zähmung“ an seinen Mannheimer Freund Mein lieber, lieber Freund! Soeben empfing ich Ihren lieben Brief hier oben 3600 Meter über Meer, aber mit allen Gedanken bin ich bei Ihnen in Mannheim. Haben Sie nochmals und immer wieder den innigsten Dank meiner ganzen Seele für alles, Was Sie an meinem Werke und dadurch auch an mir tun! Und nun ohne weitere Vorrede zu etwas Traurigem, Was auch Ihnen nicht lieb sein Wird. Ich komme natürlich zur ersten Aufführung nach Mannheim, und auch wenig- stens 8 Tage vorher für die letzten Proben, aber helfen beim Einstudieren, wie ich so gerne Wollte, so Wie ich es für meine Pflicht hielt und wie es mir künstlerisch auch sehr gut getan hätte, lieber Freund, das kann ich Wahrscheinlich picht.— Ich bin krank.— Nachdem mein altes Lungenleiden zwei Jahre lang mir ganz Ruhe ge- lassen hatte(Was habe ich im vergangenen Sommer nicht für Strapazen ausgehalten), hat es sich vor einigen Wochen wieder stark gemeldet. Ich glaubte es werde nur vorübergehend sein, und habe deshalb Fräulein Ottiker(die Sängerin der Katharina in der Uraufführung der Goetz schen Oper), das 8 Tage nachher bei uns War, nicht viel davon sagen mögen. Aber seitdem hat sich leider herausgestellt, daß für längere Zeit und jedenfalls für den nächsten Winter die äußerste Schonung meiner- seits notwendig sein wird, wenn ich nicht alles zu riskleren habe. Uebrigens habe ich es vor 3 Jahren sehr ähnlich gehabt, und es ist mir mit Hilfe von Alpen- luktkuren und großer Schonung glücklich besser ge- worden. Ich bin jetzt in einem solchen Kurorte, bleibe bis Mitte September hier und hoffe dadureh wenigstens so Weit zu kommen, daß ich ohne Gefahr bei den Proben und der Aufführung zugegen sein kann. Mehr freilich werde ich nicht leisten können.“———— 212 5 Ann 23. August läßt sich dann Goetz weiter vernehmen; Mein lieber Freund! Kaum kann ich Ihnen sagen, wie überaus woultuend Ihre lieben Briefe auf mich wirken, und wie sie, glaube ich das Beste tun an meiner, Gott sei Dank, recht günstig fortschreitenden Kur. Daß ich die Hoffnungen, die Sie auf den Erfolg der Oper setzen, mit ganzer Seele teile, können Sie sich Wohl vorstellen. Wenn es aber wirklich so kommt, werde ich auch nie vergessen, daß Sie der Erste Waren, der den Wert der Oper beim flüchtigen Durchspielen erkannte, und takkräftig und entschlossen für das Werk in die Schranken trat, um es auf die Bretter zu bringen.———“ *. Nach der Aufführung der„Widerspenstigen“ traf fol- gender Brief aus Hottingen bei Zürich, dem damaligen Wohn- . von Goetz, ein: Ein Jüngerer kam oft bescheiden dazu, der als Student im Parkett saß und dessen große Liebe auch das Theater War.* Das war Ernst Leopold Stahl, der im Abstand mit anhörte, 5 Was die Alten sagten. Auch Eugen Grieser gesellte sich 5 zu der Gruppe. Dem ang elde genügten nicht die Ein- 1 drücke des Abends. Er trug sie gewissermaßen schwarz auf 2 Weiß nach Hause. Er sammelte sie. Wer je auf der Mann- U heimer Bühne stand, mußte Herrn Eugen Grieser seine Photo- d graphie mit eigenhändiger Widmung geben. Griesers Album 2 oder Albums waren in Mannheim eine stadtberühmte Sache.* Von der Treppe auf der linken Seite kamen die Kommis- 5 sionsmitglieder herunter. Ja, man lächelte manchmal über 1 die Stimme dieser Getreuesten des Theaters, aber man wollte K sie doch hören. Zuerst erschien in der großen Pause Stadt- 5 rat Dr. Stern, ging auf die Gruppe zu, setzte den Kneifer 05 zurecht und mischte sich in die Unterhaltung. Auch ihm War das Theater ein Stück des Lebensinhalts; Martersteig War sein bester Freund und hat ihm einstmals Hagemann empfohlen, als die Intendanz Hofmann mit einer Enttäu- schung geendet hatte. Zurückhaltender, weniger lebhaft und mitteilsam, War 1155 zweite Jurist in A Kommission, Dr. Oskar Grohé, ein Mann von hoher musikalischer und auch literarischer Bil- Ui dung, der vielleicht doch ganz gerne den Vorsitz in der 21 Kammer für Handelssachen beim Landgericht mit dem In- 2 tendantensessel vertauscht hätte, wie man immer raunte, 5 wenn eine Sedisyvakanz am Schillerplatz nach August Basser- a manns Berufung nach Karlsruhe eintrat. Wenn gar Stadt- 5 rat Freytag oder Heinrich Küllmer sich in der Runde einfanden, dann muß es schon eine Sensation im Theater ge- 5 Wesen sein. 51 8 ü ae Blick ins Parkett um 1900. Ja das War ein Blick auf be- i 1 kannte Gesichter. Noch mancher andere saß da unten, der ein M Inventarstück des Theaters war und gekränkt wäre, wenn er 86 seinen Namen in dieser Betrachtung nicht fände. Eines hatten. sie alle gemeinsam: eine heiße Liebe zu ihrem Theater, auf 5 das jeder von ihnen stolz gewesen ist. Und den einen 85 Wunsch hatten sie alle, daß ihr Theater immer eine Kunst- 95 stätte von dem Rang und der Geltung bleibe, die damals im A ganzen Reiche ihm keiner bestritt. Ein anderes Publikum Ko sitzt heute im Hause— unten und oben. Möge ihnen der SC Wunsch derer von damals ein Vermächtnis sein!* Di A 8 n. „„ Eir ben 1 Al Vie Sei Sei ben nuf Kn. 8 Ske Mein lieber Herzensfreund! kü 8 3 Warum muß es Entfernungen in der Welt geben, den Re warum hört man hier und da die hohle Phrase herum: D schwirren: Durch die Eisenbahnen seien die Entfernungen. 15 tatsächlich aufgehoben? Wenn so ein armer Tropf Wie 11 ich durch die Reise von Mannheim nach Zürich so 95 heruntergebracht Wird, daß er in Basel kaum noch japsen VO konnte, und bei der Ankunft in Zürich todmüde sofort. ner ins Bett gebracht werden muß, dann spürt man, daß es Entfernungen gibt. Jetzt möchte ich so gerne in Mann heim sein, wenigstens noch für morgen Sonntag abend und SVBILLE BINDER Schauspielerin am Nationaltheater von 1912 bis 1914. doch fühle ich, daß ich hier sein 1 um in Ruhe und der allerdings etwas besseren Luft wieder zu Krälten 2u kommen. Also nicht Weiter gemurrt! Es ist nun ein- 1 8 nicht e—— Das 1 Was ich Dir N Euch bin, daß dcn die ganze liebe Sippschaft, die morgen . mir zu Ehren e e 5 und Veron 3 1 9 1001 mal 8 8 385 selbst. So sei Du selbst auch no 5 5 von Deinem dankbaren Freui Einen lehrreichen Einblick in die Mannheimer Theater- verhältnisse vor nahezu 100 Jahren verschafft uns eine Ein- gabe an die„Intendance“, wie sich damals die oberste Instanz des Theaters zu schreiben beliebte, aus dem Jahre 1834. In beweglichen Tönen wird darüber Klage geführt, daß durch die allzu große Gutmütigkeit des sonst vortrefflichen Kon- zertmeisters Eschborn gegenüber den Sängern die Vorstel- lungen bedenklich gefährdet würden und ein Rückschlag auf das zahlende Publikum nicht ausgeschlossen sei. Diesen zwingenden Gründen konnte sich die Intendanz umso Weniger 1 verschließen, als das Theater zu damaliger Zeit noch ganz anders als heute im Brennpunkt des allgemeinen Interesses stand, ja Wie aus zeitgenössischen Schilderungen hervorgeht, in Gesellschaft, am Biertisch, kurz bei jedem Anlaß den Wichtigsten Gesprächsstoff bildete. Franz Lachner, der kaum 23jährig als Vicekapellmeister und wenige Jahre später als erster Kapellmeister am Kärtnertortheater in Wien Wirkte, das für Wien dieselbe Bedeutung hatte wie später die Hof- Oper, erschien als der geeignete Mann, um eine drohende Krise abzuwenden. Lachner zeigte sich bereit, dem Rufe nach Mannheim zu folgen, forderte aber lebenslängliche An- Stellung und ein Jahresgehalt, das eine beträchtliche Budget- Erhöhung erforderte. Erfreulicherweise zeigte die Intendanz einen seltenen Weitblick, indem sie die Verhandlungen mit den maßgebenden Faktoren, vor allem mit dem grobherzog- lichen Ministerium so geschickt führte, auch das Budget so zu balancieren verstand, daß Lachners Forderungen bewilligt Wurden und der energische Dirigent an das Theater gefesselt Werden konnte. Einen kurzen Aufenthalt in München be⸗ nützte Lachner zur Aufführung einer seiner Symphonien, die solchen Erfolg errang, daß man sich auch in München um . ihn bemühte. Lachner war aber bereits kontraktlich gebunden und reiste nach Mannheim weiter, wo er als erste Oper „Fidelio“ dirigierte. Man hatte sich in Lachner nicht getäuscht, Publikum und Presse Waren des Lobes voll und 8 man freute sich des neuen Geistes, der mit dem tatkräftigen . Musiker, der auch Beethovens Achtung errungen hatte, ein- gezogen war. Doch sollte die Freude nicht von langer Dauer sein. Die trostlosen Musikverhältnisse in München bedurften dringend einer Abhilfe und man entsann sich Lachners, der seinerzeit ein gutes Andenken hinterlassen hatte. Lachner erhielt ein ungemein vorteilhaftes Angebot, lebenslängliche Austellung und eine Gage, wie sie Mannheim nicht bieten konnte. Alle Opfer, die man Lachner zuliebe gebracht hatte, J schienen umsonst, das Theater stand wieder vor einer „Dirigentenkrise. In dieser Not fand Lachner einen Ausweg, indem er seinen jüngeren Bruder Vincenz, als Ersatzmann vorschlug. Notgedrungen ging man auf Lachners Vorschlag ein. Man hatte sich aber gut beraten lassen. Der junge im Alter von 25 Jahren stehende Musiker trat am 26. Juni 1836 sein Amt an und erregte mit seiner ersten Direktionsleistung berechtigtes Aufsehen. Die Hoff- nungen, die man an Vincenz knüpkte, erfüllten sich in voll- skem Maße, man hatte nun einen tüchtigen Musiker, der seinem In- 9 stitut volle 36 Jahre treu blieb. Das Hghepertoire, das Vincenz Lachner bildete, setzte sich zusammen aus Werken der damals erfolgreichen Komponisten. Donizetti stand noch in der Vollkraft seines Schaffens, Verdi begann sich durchzusetzen. Vor allem fand Lortzing in Lach- ner einen tatkräftigen Vorkämpfer ind in Mannheim eine Pflegestätte, je alle seine Werke dankbar auf- nahm. Wollen wir Lachner gegenüber gerecht sein, so dürfen wir ihm aus seiner konservativen Einstellung heraus keinen Vorwurf machen, Wenn er sich Wagners Wer ken gegenüber mehr als zurück- haltend erwies. Wenn die Reper⸗ toirebildung nicht entfernt die Reichhaltigkeit eines heutigen Spiel- planes aufwies, so ist einerseits zu bedenken, daß man im alten Hause 2 Wir entnehmen den nachfolgenden, gekürzten Ab- schnitt dem zum Jubilaum verfaßten Buch von Ernst Leopold Stahl„Das Mannheimer Nationaltheater. Ein Jahrhundert. deutscher Theater kultur“, das über 20 bis- her un veröffentlichter Szenenbilder Mühldorfers ent- hält. 5 f l 5 5 Die andere der außer Vincenz Lachner noch unter Lux- burg gleichfalls auf Lebensdauer gewonnenen Persönlich- keiten von Rang war Joseph Mühldorfer, der hervor- ragendste Dekorationsmaler seiner Zeit, der, als einer der letzten seines Berufes, der alten Gepflogenheit getreu, gleich- zeitig noch ein ebenso kundiger Maschinen- und sogar Bau- meister des Theaters Wwar, wie dereinst es die Galli Bibienas Sewesen. Denn der zum 1. Juni 1832 schon als weitbekannter Maler hierher berufene und am 8. März 1863 in den Sielen verstorbene Mühldorfer baute 1854 nicht nur die Bühne, son- dern das ganze Theater mit einem Kostenaufwand von 204,282 Gulden radikal um und wieder neu auf(sogar um einen Rang erhöht)— mit derartiger Ein- und Vorsicht, daß erst im Jahre 1901 ein Weiterer Umbau unter der Leitung von Direktor Lautenschläger aus München erforderlich Wurde. Seine Hauptaufgabe aber sah Mühldorfer in seinen usstattungen, von denen„Oberon“,„Zauberflöte“ und che Meyerbeer-Oper bis nach Paris und London hinüber Wunder der Dekorationskunst galten und in Mannheim eit über die eigene Lebenszeit hinaus„mitgespielt“ haben; 1928 Wurde noch eine Mühldorfer-Front im„Evangeli⸗ verwendet. 8 8 1458 5 N 33235 8 5 55 Vincenz Lachner als Rapellmeisfer in Mannheim nicht täglich spielte, andererseits Wagner noch heltig um- stritten War. Es ist interessant, zu verfolgen, wie langsam Wagner unter Lachners Amtsführung am Mannheimer Theater Fuß faßte. Ein besonders heftiger Kampf tobte um die„Meister- singer“ und es ist, namentlich um Lachners künstlerische Gesinnung kennen zu lernen, besonders lehrreich, die Vor- geschichte der Mannheimer Erstaufführung zu verfolgen. JOSEPH MUHLDORFER der berühmte, von Richard Wagner besonders hoch- geschãtzte Theatermaler des Mannheimer Nationaltheaters, geboren 1800 in Meersburg, in Mannheim seit 1832, gestorben 1863. Nach seinen Plänen wurde 1855 das Theater um gebaut. Eine Vorstellung der„Zauberflöte“ eröffnete das umgebaute Haus. Mübldorfers Deftoration zur„Zauberflöte“: Tempelstraße in Sarastros Reich Der Dekorafionsmaler Joseph Mühldorfer Joseph Mühldorfer stammte aus dem badischen Meers- burg am Bodensee, WO er am 10. April 1800 geboren ist, verbrachte aber seine ganze Schulzeit in München. Seine Neigung zum Theatermaler und maschinisten offenbarte sich schon ganz früh im kindlichen Spiel; schon der kleine Bub hämmerte und malte sich Kulissen zurecht. Als Zwölf jähriger wurde er Sopranist im Frauenchor des Isartor- theaters, bis nach dem Mutieren diese Herrlichkeit zu Ende ging, während deren er sich auch in den Ateliers von Quaglio und Hölzel herumgetrieben hatte. Aus dem Scherz Wurde allmählich Ernst, als er 16jährig das Münchner Sommertheater in der Isarvorstadt einrichten und bereits 1818/19 schon die Bühne des Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth umbauen durfte. Dann begegnet man ihm als Maschinist und Dekorateur in Würzburg, Bamberg und Nürnberg, Wo er in anderthalb Jahren eine neue Bühnen: einrichtung schuf und den größten Teil der Dekorationen und Versatzstücke neu malte. Von da aus wurde er nach Aachen berufen, Wo er von 1826—32 den Grundstein seines Welt. rukes als„Begründer der neuzeitlichen Theatermaschinerie“ legte. f i Noch während seines bis 1834 währenden Aachener Ver- trags, am 26. Kpril 1832, erhielt er das Angebot einer lebens- länglichen Verpflichtung nach Mannheim mit 1200 Gulden nach Ableistung eines Probejahres. Trotz der ungemeinen Bemühungen des Aachener Oberbürgermeisters Emundts, der sogar eine eigene Stadtratssitzung einberief und dessen Mit- glieder zur Bereitwilligkeit eines 12, ja selbst 18jährigen Vertrages und zur Erhöhung der Gage bis auf 900 oder sogar 1000 Taler bewegte, War Mühldorfer nicht zu halten. Zu- nächst War er allerdings nur vorübergehend nach Mann- uns als die ideale Verbindung einer bis dahin für unmöglie — eines schönen und reichen Schmuckes— zur innere Von weitreichendem Einfluß am Mannheimer Hoftheater War das Theaterkomitee, an dessen Spitze der Chef der Musika⸗ lienhandlung, K. Ferd. Heckel, Herr Emil Heckel stand, der sich auch als Gründer des Mannheimer Rich. Wagner- Vereines und Verwaltungsrat der Bayreuther Bühnenfest⸗ spiele um die Wagnersache große Verdienste erworben hat. Neben ihm amtierte ein Herr Rumpel. Nach der Urauffüh⸗ rung der„Meistersinger“ in München unter Bülowes Leitung und der Erstaufführung in Dresden unter Julius Rietz be- eilten sich die Theater in Dessau, Darmstadt und Karlsruhe, das Aufführungsrecht zu erwerben. Auf Heckels Betreiben wurde an Wagner geschrieben, den man in Luzern vermutete. Im Auftrag Wagners antwortete der Verlag Schotts Söhne und erklärte sich bereit, die Partitur inclusive Aufführungs- recht zum Preis von 420 Gulden zu überlassen. Es folgten noch einige Verhandlungen über Kürzungen, mit denen sich Wag ner wohl oder übel abfinden mußte, weil er vor der Wahl stand, seine Werke entweder gekürzt oder überhaupt nicht aufgeführt zu schen.(Rietz in Dresden hatte beispielsweise die ganze erste Scene des 3. Aufzuges gestrichen, den 3. Akt gleich mit der Scene Sachs-Walter Stolzing beginnen lassen). Die Verhandlungen nahmen einen guten Fortgang, bis ein unerwartetes, aber desto stärkeres Hemmnis eintrat. Man hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, die Präliminarien ohne Lachner geführt. In dieser geharnischten, vier Folioseiten füllenden Eingabe machte Lachner dem groß- herzoglichen Hoftheater-Comité seinen Standpunkt klar, Aus dieser Eingabe spricht zwar der gewissenhafte, um das Wohl und Wehe des Instituts besorgte Fachmann, aber ebenso sehr der selbstherrliche Autokrat Vincenz Lachner, der keine an- deren Götter neben sich duldete. Das Schreiben, das erst vor Wenigen Jahren aus dem Archiv des Mannheimer Theaters ans Licht gezogen und durch einen verdienstvollen, jetzt in Berlin wirkenden Musikforscher ans Tageslicht gezogen wurde, motiviert Lachners Widerstand gegen eine Auffüh⸗ rung der Meistersinger in Mannheim, mit der geringen Zahl der vorhandenen Solisten(3 Tenoristen) statt der von Wag ner geforderten 6, 4 Bassisten statt der erforderlichen 9, die 5 Unmöglichkeit diese„extravagante Zahl von Solisten“ durch Zusammenlegung zu vermindern, Hinweis auf die Schwierig- keit der Chöre und Ensembles, Notwendigkeit, die Partie des Beckmesser mit Rücksicht auf den Stimmumkang des in Aussicht genommenen Sängers zu punktieren() ete. Aus- lassungen ganzer Scenen nach dem Muster von Rietz lehnt 1 Lachner mit Rücksicht auf den organischen Bau des Werkes ab. Lachners Selbstgefühl als Künstler spricht deutlich ge- nug aus folgenden Sätzen, die es verdienen, wörtlich ange- führt zu werden.„Ich bin nicht allein der Theaterver- Waltung verantwortlich für die Ausübung meines Berufes, sondern stehe auch unter dem Urteil der Kunstwelt und habe einen Ruf zu wahren. Eine schon den materiellen Kräften nach unmögliche oder doch höchst verkümmerte Auf- führung wird zunächst mir zur Last gelegt.“ Das Theaterkomité ließ sich aber durch Lachners Einwände nicht irre machen und bestand auf der Auf- kührung, wenn auch in gekürzter Form. Trotz aller Kürzungen er- lebten die Meistersinger bei der Mannheimer Aufführung einen nach- haltigen Erfolg, der das Theater- comité bewog, sich bei Wagner auch um das Aufführungsrecht des„Flie- genden Holländer“ und„Rienzi“ zu bewerben. Nach 30 jähriger Tätigkeit war Lachner amtsmüde geworden und suchte um Pensionierung an. Am 30. November 1873 legte Lachner sein Amt in Manndeim nieder und widmete sich der Lehrtätigkeit in Karlsruhe, Wo er 1893 die Augen für immer schloß. Mochte auch seine künstlerische Gesinnung nicht immer den Strömungen seiner Zeit ent- sprechen, so besaß das Mannheimer Theater an ihm einen musikalischen Führer von unbeugsamer Willens kraft und Achtung gebietenden Ernst der Kunstauffassung, der auf schwierigem Posten 36 Jahre lang ausgehalten hat. Dr. Olio Chmel heim gegangen, um auch hier vom Juni bis September 1832 die gänzlich veraltete Maschinerie wieder instandzusetzen, und hatte seinem jüngeren Bruder Wilhelm Mühldorfer, der seit 1829 als Schauspieler in Aachen war— dem nachmaligen langjährigen Mannheimer Inspektor und Darsteller— Ver: tretungsweise sein Amt überlassen, da dieser als„geschäfts- kundig und zugleich routiniert“ erwiesen sei. a In Aachen hatte sich Mühldorfer mit„Robert der Teufel“ glanzvoll verabschiedet, in Mannheim mit„Oberon“— dessen Ausstattung jahrzehntelang Einheimische wie Fremde ins Theater zog— ebenso sensationell eingeführt. Es folgten dann nacheinander alle die um die Mitte des 19, Jahr- hunderts in der ganzen Welt des Theaters nahezu einzig- artigen malerisch-technischen Bühnenwunder. Sie erscheinen gehaltenen maschinellen Beherrschung der Szene mit aus- gezeichnetem zeichnerischen Können, einem starken und vor- nehmen Farbensinn, einem für ihre Zeit ungewöhnlich ent⸗ Wiekelten Raumgefühl und einer Perspektivkunst, die in ihren besten Leistungen an die Kunstwerke aus den Ateliers der Galli Bibienas erinnerte und ihn als den letzten, ganz großen Repräsentanten dieser speziellen Begabung erscheinen läßt. Nicht ganz gleich entwickelt war Mühldorfers male- rische Phantasie, seine Fähigkeit zu origneller Motivwahl. Hier finden wir ihn gelegentlich von stärkeren Vorbildern ab- hängig, von den Meistern des 18. Jahrhunderts oder von Schinkel, dem genialen Architekten und Schöpfer des monu⸗ mentabidealistischen Bühnenbilds, den wir als den ersten modernen Szeniker bezeichnen dürfen, indem er den Ueber- gang von der äußeren Dekoration im Sinne einer Verzierung Szenengestaltung aus dem Gei literarisch-musika- lischen Vorlage fand. Mühldor landschaftliche Motive sind manchmal unverkennbar unserer Rbein-Neckar-Gegend entnommen. Mitunter aber finden Wir ihn auch in der allge- meinen internatioalen Theatertypik befangen. Sein Bedürfnis nach Naturtreue, nach Uebereinstimmung des Gegenstandes mit der Wirklichkeit, spielt ihm in den historischen Stücken ge- legentlich wohl einmal einen Streich und kündigt schon die Periode eines nahenden nüchternen Dekorationsrealismus an. Wie wenig er aber mit dieser Bewegung schon zu identi- zieren ist, beweist andererseits seine noch ganz starke Hinneigung zum Zaubermärchen und zur phantastischen Aus stattungsoper, Gebiete, aul denen er— wenn auch hier schon dazwischen mit naturalistischen Effekten arbeitend, Wie dem berühmten Wasserfall der Wolfsschlucht oder der Feuer- und Wasserprobe der„Zauberflöte“ mit ihrer übrigens hberr- lichen Architektonik seine weitaus großartigsten Leistungen vollbracht hat. Weit mehr als seine Entwürfe, die glücklicherweise in vier, von ihm selbst nachträglich angelegten, allerdings etwas für den Gebrauch in der„guten Stube“ in den Farben ver- keinerten Sammelbänden, aber auch in einigen Werkstätten- zeichnungen noch erhalten sind, manchmal ahnen lassen, zeigt sich ein geradezu schöpferischer, dichterisch be- schwingter Reichtum Mühldorfers in dem Augenblick, Wo er seinen Einfall mit technischen Mitteln zum Ausdruck bringen kann. Etwa in der„Undine“, die im ersten Vierteljahrhun- dert seit 1850 circa 60 Aufführungen in Mannheim erlebte, der von ihm szenisch erst im Sinne des romantischen Iea- ters fertig komponierte Moment, Wo Undine klagend am Wasser umherirrt und Kühleborn im Kreise seiner Nymphen und Nixen aufsteigt und sie mitnimmt. Hier bricht bei Mühldorfer plötzlich der Mond durchs düstere Gewölk, sein Glanz beleuchtet matt das Schloß Ringstetten und wird zu- gleich vom Strom zurückgeworfen, über den jetzt schnee- weige Schwäne an jener Stelle zienen, wo eben Undine ent- schwand. Für die Kulissen baute Mühldorfer unter dem Boden verdeckte Wagen, in welche erstere gesetzt und vor- und rückwärts geschoben werden konnten. Auch für die Soffitten wurden Gegengewichte angebracht, so daß sämtliche Deko- rationen mit Leichtigkeit hinaufzuziehen und herabzulassen Waren. So schildert uns ein getreuer Schüler Mühldorfers, der spätere Koburger Professor und Bühnenatelierleiter Nach den Intendanten der kurfürstlichen Zeit (bis 1802, dem Weggang Dalbergs) und der groß- herzoglichen Zeit(bis 1859) wurde das Mannheimer Nationaltheater durch ein Komitee geleitet. Die- sem stand an Intendantenstelle ein Oberregisseur als ADOLF BAUER Schauspieler am Nationaltheater von 1846 bis 1897. eigentlicher Theaterfachmann zur Seite. Unter ihnen ist Dr. Julius von Werther besonders bemerkenswert, zweimal war er künstlerischer Leiter der Mannheimer Bühne: von 1868 bis 1872 und von 1877 bis 1884. In den von seinem Sohne bei X. Bong u. Co. in Stuttgart 1911 herausgegebenen, außer- ordentlich lesenswerten„Erinnerungen und Erfahrungen eines alten Hoftheater intendanten“ hat er in zwei Kapiteln seine Mannheimer Zeit geschildert. Einige Abschnitte daraus seien nachstehend wiedergegeben. Wie Werther sein Amt in Mannheim antrat Am ersten Weihnachtsfeiertage 1867, einem sonnigen Wintermorgen, Jangte ich in der quadratischen Stadt an. Ich ging sogleich an das Rheinufer. Nach der Sturm- und Schneenacht, in der ich Weimar verlassen, wirkte der heitere, kast südlich blaue Himmel, der ruhig dabinfliebende, mächtige Strom auf mich wie erlösend. Der Gedanke, nach den auf- regenden Konflikten der letzten Monate nunmehr nicht nur mein eigener Herr, sondern auch der Herr über viele andere geworden zu sein, meine eigenen künstlerischen Intentionen, nicht diejenigen anderer ausführen zu dürfen, War mir ein sehr erhebender. Ich atmete tief auf, dem„graulichen Norden“ entronnen zu sein, schaute sehnsuchtsvoll den grünen Strom hinauf und dachte an Goethe, wie Wohl es ihm geworden War auf seiner Flucht gen Italien. g 20 F. Lütkemeyer, der selber in Mannheim noch an den Aus- stattungen zu„Undine! und„Dinorah“ mitgearbeitet und seine Koburger Firma 1864 mit Mühldorfers begabtem, schon 1867 verstorbenen, Sohne Wilhelm zusammen begründet hatte, die Leistung seines Meisters, dessen technisches Grund- system bis ins 20. Jahrhundert hinein, mit Verbesserungen natürlich— des Ersatzes der Handkraft durch die hydrau- lische, der Holz- durch Eisenkonstruktion— beibehalten worden ist. verschaffte an den Sein Ruhm als erste Autorität seiner Zeit Mühldorfer Aufträge für Bübneneinrichtungen u. a. Hofbühnen von Dresden, Braunschweig, Karlsruhe, Han- nover, das ihn einmal ganz zu entführen versuchte, und LOS PRRNSCH Intendant am Nationaltheater von 1892 bis 1895. Werfhers Mannheimer Leiden Unter Mittag suchte ich meine drei Komiteeherren in ihrem Sitzungszimmer im Hof- und Nationaltheater auf. Da stand in erster Linie der Vorsitzende des Komitees, Herr Heckel, Chef einer Musikalienhandlung(Notabene nicht der Wagner-Heckel, sondern der Vater desselben), ein ganz kleiner, dünner, bartloser, sehr alter Herr mit langen, flie- genden, weißen Haaren und einer ganz dünnen, hohen Stimme, die etwas Scheltendes hatte. Der Mann War zwar eigensinnig, aber doch sehr verständig, keineswegs büro- kratisch, sondern trotz seines kränklichen Alters kortschritts- freudig, energisch und praktisch im Handeln. Ich verstand mich mit ihm sofort und fand immer seine Unterstützung, wenn ich mutig vorwärts ging. Dann war da ein Rechts- anwalt Dr. Gentil, der juristische Beirat, ebenfalls ein kleines, altes Männchen mit einem Ziegenbarte, von Charakter sehr Wohlwollend, im Urteil gescheit und geschmackvoll. Er hatte noch in späteren Jahren eine jüngere Frau geheiratet, die mich an die Frankfurter Frau Rat erinnerte, so wie ich sie mir vorstellte: eine schöne, vollkräftige, resolute, heitere Frau, die in allen ihren Aeußerungen ebenso naiy als tref- fend war. Leider verlor er sie nach einigen Jahren, ein Schmerz, der so groß war, daß ihm das Theater verleidet wurde und er nicht lange darauf starb. Diese beiden Männer, Heckel und Gentil, waren stets einerlei Meinung, wenn es gegen den Dritten ging, den eigentlichen Rechnungsmenschen des Theaters, einen Herrn Rumpel. Dieser Herr Rumpel hatte eine gröbere Summe für den Pensionsfonds des Thea- ters gestiftet, was er als reicher Rentier und Junggeselle sich leisten konnte. Er war ein höchst rechtschaffener Mann, der im Stillen Wohltätigkeit übte armen Theatermitgliedern gegenüber, dabei durchaus uneigennützig; er verlangte keines- wegs von den Damen Wohltat für Wohltat. Aber der gute Rumpel hatte eine Schwäche, er War sehr eitel und die Eitel- keit trübte sein Urteil, machte ihn voreingenommen. Ferner liebte er es sehr, sich während der Vorstellungen hinter den XL FRED BERNAIUI latendant am Nationaltheater von 1913 bis 1914. München(Residenztheater), ja selbst bis nach sel, Zürich, Prag und Bukarest. Für die Große Oper in Paris stattete er drei Werke aus: die schon erwähnte„Dinorah“,„Oberol, und„Freischütz. Zahlreiche seiner großen Ausstattungen haben auch andere bedeutende Bühnen wie Karlsruhe, Stutt- gart, Wien, Frankfurt a.., Wiesbaden, Köln, Hannover übernommen. 80 8 Mühldorfer, der mit Auguste Wirth(gest. 1882) vermählt War, besaß außer seinem schon erwähnten Sohne und Ge hilfen Wilhelm, der ihm 32jährig bald im Tode folgte, eine Tochter Marie, welche Emil Heckels Gattin wurde, und eine jüngere Tochter Susanne, die sich mit einem der tüchtigsten Schüler ihres Vaters vermählte, der auch dessen indirekter Nachfolger in Mannheim wurde, mit dem von 186775 hier als Maler und Maschinist tätigen Joseph Kühn, dem Sohne des ehemaligen Mannheimer Baritonisten Karl Kühn. In Mannheim herrsche„eins der sonderbarsten Verhält- nisse, daß nämlich der Maschinist, zugleich Dekorations- maler“— eine Personalunion, die übrigens auch damals zu den Seltenheiten gehörte—„die berühmteste Persen am Theater und der Liebling des Publikums ist.“ So lesen Wir in einem Reisebrief Eduard Devrients 1852, dessen Bericht sich schon in einer beträchtlichen Uebertreibung gefällt, wenn er von dem Theater Vincenz Lachners behauptet, daß„alle Vorstellungen für Mühldorfer eingerichtet werden, er vor anderen mit Verwandlungen und JTbeatercoups und Deko- rationen hervorstechen muß, und daß er allein applaudiert und hervorgerufen wird.“ Im Prinzip hat Devrients Wutausbruch gegen die „komplette Karikatur der Dekorationsgeltung! natürlich ihr gut Teil Berechtigung: dort, Wo das Bild den Geist und das Wort tötet. Aber gerade Mannheim war dafür kein gut⸗ gewähltes Beispiel. Denn Vincenz Lachner War der letzte, der sich und seine Arbeit von einer schönen Ausstattung an die Wand drücken ließ. Und das Schauspiel, das Mühldorfer viel weniger interessierte, wenn es sich nicht um aus- gesprochene Feerien wie den„Sommernachtstraum“ han- delte, ging daneben seine eigenen Wege und wurde höchstens gelegentlich durch die Aufbauten für die großen Sonntags- opern in seiner stilleren Arbeit gestört.— Einen begeisterten Anhänger fand Mühldorfer in dem größten Szeniker seiner Zeit, Richard Wagner, der besonders dessen glück- lichen und originellen Einfall pries, gelegentlich des Theater- umbaus das Bühnenhaus vom Zuschauerraum zu trennen. . Kulissen zu bewegen und sich von den Mitgliedern Artig⸗ keiten sagen zu lassen. Daß diese letzteren sich die schöne Gelegenheit nicht entgehen ließen, ihre persönlichen Wünsche nebst allerhand Theaterklatsch pro und contra Kollegen an- zubringen, war nur natürlich. Mit dem auf diese Art gesam- AUGUST KNAPP Sänger, später Regisseur am Nationaltheater von 1866 bis 1896. melten Material ausgerüstet, kam dann Herr Rumpel in die Komiteesitzung und hielt sich großartig orientiert. Seine beiden Kollegen, die seine Art der Orientierung längst kann- ten, gingen indes über seine Vorschläge stets zur Tagesord⸗ mung über. Der wackere Mann wurde einfach majorisiert. Da er schwach von Willen War, pflegte er sich immer 1 lügen. * Die Zähmung des widerspenstigen Choristen Es War auf der Probe zur Braut von Messina. Ich hatte es für unbedingt erforderlich gehalten, die oristen so lange dazubehalten und zu dressieren, bis die Schillerschen Verse ihnen flüssig aus den Mündern gingen und die Bewegungen nicht schablonenmäßig, sondern individuell und energisch herauskamen. Da trat plötzlich Lachners Leibchorist aus dem Rahmen heraus und wollte mir eine Standrede halten des Inhalts, ich dürfe die Herren vom Chor, die sehr Wichtige andere Aufgaben hätten, nicht mit derartigen Lappalien kujonieren. Selbstverständlich verwies jeh den Sprecher zur Ordnung. Dieser ließ sich aber den Ordnungsruf nicht ge⸗ fallen, sondern Wurde unverschämt. Obwohl ich mich nach Kräften mähigte, mußte ich ihm der Disziplin halber doch energisch entgegentreten und wies ihn von der Bühne, Da- raufhin wurde der Mensch immer heftiger, so daß jeh den Theaterfeldwebel rief und ihm befahl, den Mann hinaus- zuführen. Unter Toben, Schreien und Schimpfen des Choristen ging die Prozedur vonstatten. Der Mensch stieß Beleidigungen gröbster Art gegen mich aus. Nach einiger eit hob ich die Prol de auf, um die Sache in der Komitee⸗ ützung vorzubringen. Zufällig war im Komiteezimmer der Ober bürgermeister Achenbach anwesend, ein sehr schneidiger Mann. Dieser meinte sofort:„Der Kerl muß ins Loch.“ Meine 3 Komitecherren machten bedenkliche Gesichter. „Was ist da zu bedenken,“ rief der Oberbürgermeister,„Sie u mir gewandt)) haben nach den Theatergesetzen(ich glaube, sie Waren vom Jahre 1839) das Recht, in einem solchen Falle den Kerl einzusperren.“ Herr Rumpel be- merkte zaghaft, daß der Theaterkerker jetzt ein Holzstall sei. „Einerlei, dann stecken Sie den Kerl in den Holzstall, meinte der Ober bürgermeister. Ich ließ mir dies nicht dreimal pre- digen, sondern gab dem Theaterfeldwebel sofort den Auf- trag, den Choristen, der noch im Theater war und unter seinen Kameraden wühlte, mit Gewalt in den Holzstall zu bringen. Als der Kerl hörte, daß er eingelocht werden würde, Wurde er bleich und ließ sich gelassen abführen. Er sab richtig 24 Stunden drin. Andern Tags aber ließ mich der Stadtdirektor Baron Stengel rufen und sagte mir, er habe mit dem Ober bürgermeister gesprochen; die Sache mit dem Einlochen sei nicht so einfach, wir könnten möglicherweise „reformiert“ Werden, es wäre am besten, daß ich ihn wieder entkerkerte. Da sich mein Unwille inzwischen gelegt hatte, begab ich mich persönlich in den Holzstall, um den Kerl dem ichte wiederzugeben, nachdem ich ihm mitgeteilt, daß ich ihm gegen eine öffentliche Abbitte die ihm gebührende Strafe der Entlassung schenken würde. Er war heilfroh, aus dem Loch herauszukommen, und wurde mir von da ab so an- hänglich wie ein Hund. * 'iZe die„Meistersinger nach Mannheim kamen Am Mittag nach einer Aufführung der„Meistersinger“ klingelte ein junger Theaterdirektor in der Ottostraße bei Hans von Bülow zu München, wo Wagner bekanntlich sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, und frug nach dem Meister. Er wurde auf seine Karte hin eingelassen und trat in ein Zimmer, dessen Fenster mit grünen Atlasvorhängen behängt, dessen Polstermöbel mit grünem Atlas bezogen Waren. Nach einiger Zeit öffnete sich eine Seitentür und des groben Richards kleine Gestalt, in grünatlassnen Schlaf- rock und grünatlassne, weite Pantalens gehüllt, erschien. Er begann mich zu fragen, was mich zu ihm führe. Ich er- schrak im ersten Augenblicke über den unverfälschten Leip- ziger Dialekt meiner Idealſigur. Da mich aber andererseits dieser Dialekt landsmännisch anheimelte, begann ich meinen Mut, der mir beim Eintritt etwas in die Kniekehlen gesunken War, wieder heraufzuholen. In einer sorgsam vorbereiteten Rede brachte ich meinen Wunsch vor, das Aufführungsrecht der Meistersinger für das Mannheimer Hoftheater zu er- werben. i lächelnd:„Nu hören Sie, mein Lieber, Sie haben wohl ganz vergessen, dab Vinzenz Lachner Ihr Kapellmeister ist?“ Ich entsinne mich nicht mehr des Wortlautes meiner Antwort, ich weiß nur noch, daß ich in lebhaften Worten seiner Ein- Wendung:„Aber die Lachners sind ja meine grimmigsten Feinde und namentlich der Vinzenz, damit begegnete, daß ich meine unbedingte Anhängerschaft deklarierte und versprach, alles in Bewegung zu setzen, um die Meistersinger in Mannheim durchzubringen. Wagner wußte nur zu gut, daß er nimmermehr die alten Musiker, die alten Literaten, das alte Publikum für sein neues Kunstprinzip gewinnen konnte, daß er sich auf die Jugend stützen mußte, auf die für bn begeisterte Jugend, um in dem schweren Kampf, der den Werken seiner neuen Richtung bevorstand, zu siegen. Er gewährte also lächelnd meine Bitte, nachdem er mir noch einige ernste Lehren bezüglich der Aufführung mit auf den Weg gegeben. Als ich mit dem Aufführungsrecht der Meistersinger ach Mannheim zurückkehrte, war bei meinen Wackeren omiteeherren eitel Freude. Gar bald aber machten sie lange Gesichter, als sie beobachteten, wie die Nachricht von Lachner und seinem großen Anhang aufgenommen wurde. Das war unerhört, das war noch nie dagewesen, in einer Hochburg der klassischen Musik, in einem befestigten Lager Es goltbegnadeten Meyerbeer das Eindringen eines revolutionären Feindes. Nicht eine gewöhnliche Eingabe, in, ein ganzes Aktenstück schrieb Lachner gegen meinen derischen Plan, die Mannheimer Oper von Grund aus zer- stören zu wollen. Ich kann mich auf das Für und Wider wischen Lachner und mir hier nicht einlassen, ich erwähne nur, daß Lachner den Oberbürgermeister, den Stadtdirektor, Ministerium in Karlsruhe und schließlich die großherzog- en Herrschaften gegen mich Verbrecher in Bewegung tzte. Aber die Großherzogin von Baden, welche 7995 genug hatte von den Intrigen, die Eduard Devrient gege ners Tristan gesponnen hatte, reagierte nicht. Schlieblich mußte Lachner, Nun aber muß ich ihm zur Ehre nachsagen, von dem Augenblick an, in dem die Aufführung entschieden nd d e Proben angesetzt Wurden, War er der gewissen- Imeister vom alten Schlage. 15 weigerte sich e Wenner. Wie dies von en 8 zu er- 1 arbeitete sich, entgegen seinem e e e e 125 gibt nachtwandeln, Somnambulen nennt man sie.“ VV die ich bis zum Frühjahr 69 9 nicht im geringsten merken lassen, durfte g bb Werden, sondern mußte stets mit größter meinen Sängern klarmachen, daß sie gescheite n, schlieblich kam's doch zustande, haupt- e von meiner 0 und Magdalena, die sich Das Schlimmste Waren Er hörte mich ruhig an und sprach dann milde N Am Abend der ersten Aufführung, zu der die Großher- zogin erschienen war, um mit dem Beifall zu beginnen, be- suchten mich Eduard Devrient und Lübke und saßen vor mir Während der Aufführung. Während der Szene unter der Linde mußte ich hören, wie diese beiden Wagnerfeinde böh⸗ nisch über die Unmoralität des Werkes skandalisierten.„Ein Mädchen aus einem hochanständigen Bürgerbhause wird sich DR. JULIUS VON WERTHER Mannheimer Theaterleiter von 1868 bis 1872 und 1877 bis 1884 doch nicht nachts mit einem Ritter unter eine Linde setzen,“ sprach Devrient indigniert in seinem nasalen Ton, und Lübke, der bedeutende Kunsthistoriker, sekundierte:„Das Opus Wimmelt von Unanständigkeiten.“ Du großer Himmel! Wenn diese Herren heutzutage den Prinzgemahl oder ähn- liche Pariser Novitäten auf der Bühne erlebt hätten! Schließlich siegte aber Wagner doch glänzend über alle diese Hypokriten. * Der Krieg 1870/ J und das Mannheimer Theater Den Ausbruch des Krieges 1870/71 erlebte ich in Baden-Baden. Ich wohnte in Lichtental in einer Villa, in der auch Johannes Brahms sein Quartier aufgeschlagen. Mein Verkehr mit ihm war aber auf Höflichkeitsformen be- schränkt, weil ich als erklärter Wagnerianer mit ihm keine Auseinandersetzungen wünschte. Das Bild, das mir das glänzende Welt- und Modebad vor und nach der Kriegs- erklärung bot, ist mir unvergeßlich. Dieser hochelegante, glänzende Anblick, den Baden-Baden noch im Anfang Juli bot, diese Fülle von Schönheiten aller Nationen, diese Kostüme, Equipagen und Pferde, der Bazar vor dem Kur- hause mit reichsten Toilettegegenständen gefüllt, überall Schmuckgegenstände ausgebreitet und die Edelsteine der Welt zum Verkaufe hier zusammengeströmt, in den überreich dekorierten Sälen des Königs Mammon die Goldrollen auf den grünen Tischen hin- und hergeschoben, die Korsofahrten in den musterhaft gehaltenen Alleen bis weit ins Murgtal d Natlonal⸗ 8 cd Hol: un er in ech e 0 f Mun ae, den 11. Oktober 1874. Nr. 6. Sonntag, Zum ersten Heier Der Widerſpänſtigen Zähmung. in 4 Ab c Spakcſpearts gieichnamlgem Luftſplel frel Scarbeilet don 5 851 Vikt e n d den Heragun Est. p . ein reicher Edelmann in 5 Sat Fit dichte, rtenſlo, 2 95 5155 Bente Funn 7 Pelrucchlo ein Edelmaup ous Berens Eine Gdelbame aus Padus 8 Grune, ſein Diener 8 0 Ein N 5 4 2 8 ſushoſatiſter/ 0 Saus fene( be Hes, Berne Daptiſta's und Petruechte's Nachbarn und Nachb n 0. 8 Die Oandtung spell in den erſten drrl Akten in Padva, le letzten Alt auf den argh Petrucchie s 5 N 7 bel Berens. Der Tezt der Oper iſt beim Portler und an der Kaſſe für Is kr. zu haben. ö Anfang 6 ht. Ene 9 Uhe. Kaſſeneräfſfnung 8 Uhr. eule ſind dle mit zit.& befrichntten Operrſih-⸗Abonnemenl-Aatten gültig. Dile Frelblilets sind fur heute aufgehoben. 5 „ . r Ust d ih der Neleevalege bes und leeeiten Ne maden aul dem Hel. 555 8e S e. e de 255 1 eee. U eber 1 4 1 Bechetusg, für weiche f geldg fd. 5 ler webe Gb eagges gs; bi Sal 12727720 u ebslgz kalen, auc Dina titan g Is gilden Saltesn 12 Nil Voda nad in Piet! Derr Twist bal u Ga. Stitch, Osckzase 86. r Elſenbahufahrten. Abcns 9 uhr 45 Minen ven Ludwig sha len nach.. Landau, Speter, Rtuſtedt und Landen. „* Fraukenihal und Werts. . 1 5 etdelber welberg, Bruchſal, Carlttuht te. 2 2 eee e Ns denaet ö Der Ibeaterzettel der Mannheimer Urauffüllrung „Der Widerspenstigen Zähmung“ von Hermann Götz. 12 gab das hinein, diese Unzahl betreßter Diener, diese Restaurants, auf deren Karten exotische Gerichte zu unglaublichen Preisen prangten, an deren Tischen die üppigsten Hetären der Welt an der Seite von Franzosen, Russen, Engländern usw. schmausten, dies wunderbar zusammengestimmte Bild mit einem Schlage sich auflösen zu sehen! Zwischen den Markt- buden des Bazars kreischende Weiber, eiligstes Zusammen- packen aller Gegenstände, wütendes Schimpfen über die Preußen, weil Au einmal Ire lieben Herren, die Franzosen, davonreisten, vor den Hotels fluchende Kutscher, die un- glaubliche Summen für die Wegkahrt verlangten, Zeitungs- blätter ausgeboten mit den widersprechendsten Nachrichten, Wie:„Die Franzosen schon über den Rhein, die Mannheimer Brücke in die Luft gesprengt, die Preußen im Anrücken, rau- bend und verwüstend, kleine Kinder mordend,“ darüber Ent⸗ setzen bei allen Lesern, vornehme, reiche Damen in selt⸗ sam zusammengewürlelten Kleidern hastig in die Wagen springend, Haufen von Koffern zur Bahn gefahren, die sie nicht mehr befördern wollte, weil alle Züge mit Militär be- setzt waren, die glänzenden Kursäle plötzlich verödet und geschlossen, im Kurrestaurant die Kellner davonschleppend, Was davonzuschleppen war, die Croupiers mit ihren ele- ganten Gaunergesichtern, die Kragen hochgeschlagen, die Kasseten unter den Armen, eiligst flüchtend, Trommeln und Zusammenrottungen auf den Straßen, und über diesem Bild Wildester Auflösung ein bleigrauer Himmel ausgebreitet, an dem ein unerträglich schwüler Föhnwind Wolken von Staub hin- und herfegte. Ich stieg auf den Berg Merkurius, um mich zu überzeugen, ob die Franzosen wirklich schon diesseits des Rheines Wären, sah sie aber rechtsrheinisch ruhig mar- schieren und ihre Waffen in der fahlen Sonne blinken. Nach langem Vigilieren erwischte ich nächtlicher weile einen Platz in einem Militärzuge, der über Karlsruhe, Pforzheim nach Stuttgart ging, denn nach Mannheim hin War jede Verbindung abgebrochen. Was bälte ich auch in Mannheim tun sollen, da ich nicht Soldat war(die Aushebungskommission hatte seinerzeit eine mangelhafte Atmungsfäuigkeit meiner Lunge entdeckt, die mich aber nicht abgehalten hat, später ein eikriger Alpenfex und Gemsjäger zu werden), etwa den Herren Eroberern von Mannheim Komödie vorspielen? In Stuttgart wartete ich auf Nachricht von dem Mann- heimer Komitee, erhielt aber keine, und entschloß mich end- lich in Rücksicht auf die Gesundheit meiner Frau und meines Sohnes, langsam von Station zu Station, soweit dies der un- aufhörlichen Militärzüge wegen anging, mich bis ins bayerische Gebirge nach Oberstdorf zu ziehen. Hier Wartete ich ab, bis die Siegesnachrichten kamen. Nach den Schlachten um Metz kehrte ich zurück, obwohl selbstverständlich das Theater noch immer geschlossen blieb. Wer hätte wohl auch hineingehen mögen, während täglich die Züge mit Schwerver⸗ wundeten eintrafen? Nach Sedan faßte ich endlich Mut, dem Komitee die Wiedereröffnung des Theaters vorzuschlagen. Die Herren von der Stadt waren schwer dazu zu bewegen, aber meine Ueberredung siegte. Die öffentliche Stimmung erkassend, dichtete ich einen Siegesprolog und knüpfte an ihn eine Reihe von lebenden Bildern, bei denen ich natürlich nicht vergaß, unseren Feind kräftig zu bedenken. i * Ein gefährlicher Feuerzauber Ein Engagement neben dem von Wagner e Kapellmeister Fischer war Fritz Brandt, der Sohn des Erbauers von Bayreuth, Karl Brandt, der in Darmstadt mei Maschinenmeister gewesen War. Fritz Brandt, der später zum Maschinenmeister ersten Rangs heraüswuchs, offenbarte sofort das große Talent seines Vaters, aber auch zugleich eine solche Unbesonnenheit und Neuerungssucht, daß er nur schwer im Zügel zu halten war. Da der junge Mense jedoch voll Begeisterung und Idealismus War, dabei arbeits freudig im höchsten Grade, so gelang es mir immer wieder ihn zu bändigen und höheren künstlerischen Zwecken dienst- bar zu machen. um diesem genug zu tun, ging er mit den beschränkten Mitteln des Mannbeimer Theaters zu verschwenderisch u und wurde darin von Heckel, der im Theaterkomitee die Füh rung an sich gerissen batte, unterstützt, so daß schlieplich ein Defizit herauskam, das beide in ihren Stellungen unmög⸗ lich machte. Zur Zeil der Ringaufführung, Anfang 1879, bil deten Wir aber ein so geschlossenes quatro koglio, daß gege unsern einstimmigen Wagnerhymnus nicht aufzukommen w. und unsere erbittertsten Gegner die Waffen streckten. stark der Fanatismus meiner beiden jungen Helfer und Wagnerfaktotums Heckel war, erhellt aus einer Episode, zu den gefährlichsten des alten, ehrwürdigen Mannheim. Tneatergebäudes unbedingt gerechnet werden kann. * Fritz Brandt hatte von Brückner in Koburg rote Schlei für den Feuerzauber, der damals noch ohne el trische Beihilfe fabriziert werden mußte, kommen lassen, die mit einer feuergefährlichen Substanz geträn Waren. Um diese Schleier zu beleuchten, mußten Gaslamper mit roten Schirmen da vorgestellt wer den. Einer dieser Schleier fing während der Premiere der Walküre am Schlus der Oper Feuer, entzündete sofort den nächsten, dann weitere Wolkenschleier, Welche beim Walkürenritt ge hatten, und endlich einen dahinter hängenden Landscha vorhang. Es brach also ein regelrechtes Feuer auf der Bü aus, das nicht bloß das gesamte Publikum für ungemein dargestellt er achtete, sondern auch Herr Fischer am D gentenpult, obwohl er doch von zahlreichen Proben Wissen mußte, daß der Feuerzauber von mir keinesweg ein per Feuerwehr zu löschendes Großfeuer gedacht War schlug aber mit einem solchen Fuoco den Hirigentenst Sturme höchster schwitzender Begeisterung, daß Ahnungslosigkeit das Publikum vor einer furchtbaren bewahrte, denn das Haus War in un verantwortlicher von Heckel ausverkauft worden. Meine Gefühle, mit dene ich von der großen Mittelloge des Theaters weg über langen Gang und die Treppe Binunter nach der Bühne spran, kann ich mir heute noch deutlich hervor zaubern. Theater und mich dazu verloren. Au Bühne fand ich Fritz Brandt in einer Wahnsinnigen regung, während die brennenden Vorhänge heruntergeri. wurden und die Feuerwehr, die glücklicherweise mit g funktionierenden Extinktoren versehen Wars darauf arbeitete. Man stelle sich dies Wilde Bild hinter der 8 en vor und gleichzeitig den ungestört darauf loshauenden meister und den ahnungslosen Wotan, Fritz Planck, der gewaltigsten Töne seiner gewaltigen Stimme loslieg, Wärd die Tiefe meines Aufatmens begreifen können, Schluß herangekommen war und der Vorhang liel.; artig echt, dieser Feuerzauber,“ Sten die i gehenden Thesterbesucher i. Ein brennender Ehrgeiz beseelte ihn, und Alt-Mannbeimer Persönlichkeiten Inzwischen Waren die beiden Komiteemitglieder Heckel der Keltere und Dr. Gentil gestorben, mit denen ich mich auf das beste vertragen, Weil unsere administrativen wie künst⸗ lerischen Ansichten fortwährend übereinstimmten. Statt ihrer Waren zwei neue Männer mit bestem Wollen und von guter Bildung eingetreten. Der Musikreferent im Komitee I ORACHIM KROMER Sänger am Nationaltheater von 1895 bis 1922. Wurde Herr August Scipio, Bruder des bekannten Reichstags- abgeordneten, der sein Leben lang Musikstudien bis zum Uebermaß getrieben und wegen all zu splendider Veraus- gabung derselben den Spitznamen„Der Musiksimpel“ sich in der Gesellschaft zugezogen hatte. Scipio War das Prototyp eines enthusiastischen Dilettanten, er schwärmte und be- geisterte sich für die entgegengesetztesten Arten von Kom- positionen, konnte sie aber ebenso leicht fallen lassen. Seine Urteile schwebten in der Luft, weil sie nur von momentanen Stimmungen und Empfindungen getragen Waren. Er war ganz und gar von Augenblickserfolgen eines Theaterabends abhängig und dann wieder von den Kritiken, die am anderen Tage erschienen, ferner warfen ihn die Urteile, die er in den Gesellschaften hörte, wie eine Schaukel vom einen Ende zum anderen. Man mag sich also denken, Wie schwierig es für mich War, klare Entscheidungen über Engagements von Mit- gliedern, über Erwerbung von neuen Opern usw. bei diesem Herrn durchzubringen, um so mehr, als sich ihm Rumpel assoziierte, der vor Seipios musikalischem Wissen einen un- begrenzten Respekt hatte, und als Lachner die Situation seinen Prinzipien gemäß ausbeutete. Wenn ich damals nicht als Dritten den nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Eckardt im Komitee gehabt hätte, der vermôge seiner poli- tischen Autorität und seiner scharfen, klaren Durchschauung von Menschen und Verhältnissen in letzter Instanz doch durchdrang, so würde meine Position bald unhaltbar ge- worden sein. Die Abende nach dem Theater brachte ich meistens in der Gesellschaft Die Räuberhöhlel zu. Die Räuber- höhle, deren Titel sich Wohl an Schillers Räuber anlehnte, War damals der Vereinigungspunkt aller Mannheimer Intelli- genzen, obwohl nur gekneipt wurde. Bis zum Kriege war die politische Gesinnung darin zum Teil noch partikularistisch, nach 1870 konnte man sie nationalliberal nennen. Der Vor- Wenn jeh meine Theatererinnerungen chronologisch zu ordnen versuche, fangen sie sehr komisch an; am Familien- tsch erzählte mein Vater, es habe gestern einen furchtbaren Krach zwischen Stadtrat Herschel und dem Intendanten von Stengel gegeben. Warum mir diese Schilderung im Ge- ächtnis blieb, weiß ich kreilich nicht mehr. Da Freiherr von Stengel 1892 Mannheim verließ und Alois P rasch an seiner Stelle Intendant wurde, war ich noch nicht schul- pflichtig, als dieser„Krach“ gewesen ist. Mein erstes, un- mittelbares Theatererlebnis war das Schneewittchen. Die rstellerin der Märchenprinzessin hieß Schäfer. Vielleicht ein oder zwei Jahre später, unter der Intendanz Prasch, sah en ein Festspiel, die„Hohenzollern, das Prasch zur 100 ährigen Wiederkehr des Geburtstags des alten Kaisers ge- chrieben hatte. Dann hört die Zeit auf, in der ein Theater- besuch eine Ausnahme war. Mein Vater nahm mich mit in den Tell, in dem der berühmte Fritz Krastel vom Burgtheater die Titelrolle spielte. Krastel War nheimer, sein Bruder betrieb hier eine Weinwirtschaft, nach einer Rolle Fritz Krastels„zum Sohn der Wildnis“ 6. Das Alpenglühen in der Rütliszene machte auf mich leicht noch mehr Eindruck als der iustre Gast. Die ersten Opererlebnisse Waren„Josef und seine Brüder“ mit st Kraus und wohl etwas später„Zar und Zimmer- „ mit dem jungen Kromer als Zar. Nach dem Zaren- ed War ich in heller Begeisterung. Ich war bitter ent- auscht, als nach der Aufführung der Logenschlieger Maier, der an der linken Parkettüre nicht gerade sehr liebenswürdig ache hielt— ein Inventarstück des Theaters— zu meinem sagte:„Herr Waldeck, der muß awwer noch viel ene, bis er de Auguscht Knapp ersetze kann“ Die Hundertjahrfeier des Nationaltheaters stand war Herr von Davance, der oberste badische Eisen- bahnbeamte, eine feurige, kräftige Natur, ein Redner mit dem Brustton der Veberzeugung. Das bedeutendste Mitglied der Räuberhöhle war der damalige badische Minister August Lame y, berühmten Angedenkens; er saß jeden Abend auf seinem Stammplatz und hatte quasi die Geltung von einem Pontifex einandersetzungen, seiner Weisheitsvollen Beurteilung jeder sozialen und politischen Phase in der damaligen hochwich- tigen Entwicklung des Deutschen Reiches, seiner intensiven Menschenkenntnis, seiner gemäbigten toleranten Anschauung rein menschlicher Verhältnisse, Wie Form, ohne jede beabsichtigte Präponderanz den umsitzenden Freunden gegenüber aussprach, die nachhaltigste Belehrung, eine Belehrung, die ich in meinem sehr Wohl verwerten konnte. maximus. Ich verdanke seinen politischen Aus- er sie in einfachster kleinen Wirkungskreise d. Im Jahre 1879 feierte das Mannheimer Hof- und Nationaltheater sein 100 jähriges Bestehen. Da die Bevölkerung mit ihrem Theater ganz verwachsen ist, so mußte diese Feiler eine Art Volksfest werden. Denn die Namen Schiller, Iffland, Dalberg, die mit der Grün- dung innig verwachsen sind, pflegt jeder Mannheimer im Munde zu führen, wenn er von seinem Theater spricht. Zunächst Wurde mir auferlegt, ein Festspie! zu schreiben, das diese ihre Theaterheroen verherrlichte. Ich nannte es„Poesie und Geschichte“. Die Komposition War folgende: Poesie und Geschichte bei Aufgang des Vorhanges in Wolkendekoration. Wechselgespräch über den Zustand der deutschen dramatischen Kunst vor Schiller. Hinweis auf Karl Theodor, Kurfürsten von der Pfalz, Gründer des Mann- heimer Theaters, Die Wolken zerteilen sich. Szene: Karl Theodor übergibt die Führung des neugegründeten, der deutschen Sprache geweihten Hoftheaters an den Reichsfrei- herrn von Dalberg; der Bürgermeister von Mannheim assi stiert. Wolken fallen vor. Poesie und Geschichte erscheinen auf neue. Die Poesie bezweifelt der Geschichte gegenüber Wert und Bedeutung der deutschen Künstler. 2. Bild und Szene: Iffland, Beil und Beck, die nachmaligen Gröben der Mannheimer Bühne, schließen in einsamem nächtlichen Wald einen Künstlerbund. Wieder erscheinen Poesie und Ge- schichte. Die Poesie erklärt die vorher Erschienenen Zwar für große Künstler, aber nur für reproduktive, der Wahre, der schaffende müsse erst kommen. Sie erschaut ihn;: es ist der jugendliche Friedrich Schiffer, der im dritten Bilde unter einer mächtigen deutschen Eiche erscheint und in längerem Mono- loge sich ausspricht. Es kommen ihm die Ideen zu seinen ersten Tragöôdien, die in den Zweigen des Eichbaums nach- einander in Bildform sichtbar werden: Die Räuber, Fiesko, Kabale und Liebe und Don Carlos, die bekanntlich in Mann- heim ihre Uraufführungen erlebten. Die Worte, die Schiller rezitiert, sind den jeweilig erscheinenden Stücken resp. den petreflenden Szenen entnommen. Hierauf ein großer Monolog der Geschichte, die von allen Seiten die Gestalten der groben Werke zusammenberuft, die auf der Mannheimer Bühne, von perühmten Künstlern dargestellt, erscheinen. Schlußbild: Unter dem Schutze des Stadtbildes Mannheim gruppieren sich die Gestalten. Endlich erscheint nochmals die Poesie in Wolken und weiht den Lorbeerkranz, den sie aus ihren Haaren nimmt, dem badischen Herrscherpaar, unter dessen kunstsinnigem Zepter das Theater steht. Um den dekorativen Teil hatte sich Fritz Brandt mit bestem Erfolg bemüht, indem er die Wolkenschleier des zuvor gegebenen Wagnerschen Nibelungenringes benutzte. Die Musik dazu hatte Ferdinand Langer komponiert. Auch dieser blieb mir ein treuer Mitarbeiter. Das Festspiel mußte an mebreren Tagen wiederholt werden, bis jeder Mannheimer sich mit dem Ruhm seines ehrwürdigen Theaters neu erfüllt hatte. Ich gab dann noch als weitere Festvorstellung zum Gedächtnis der Gründungsperiode Ifflands„Jager“ und Schillers Ich krame in Erinnerungen Von Dr. Florian Waldeck Ein Gremium der Kunst und der Künstler traf sich läg- lich nach 12 Uhr im Nebenzimmer des Bonn'schen Zigarren- geschäftes in D 4. Da War das halbe Theater beisammen. DR. AUGUST BASSERMANNN Intendant des Nationaltheaters von 1805 bis 1899. 12 5 „Räuber“. Die Räuber ließ ich in der längst üblichen Auf- führung nach dem Original geben. Ich erinnere mich, daß Ifflands Jäger ganz besonders gut von den damaligen Kräften dargestellt wurden und höchst lebensvoll wirkten, Weil Sprache und Bewegung in volle Uebereinstimmung mit den Kostümen von 1779 gebracht Waren. Ein dramaturgisches Ereignis von Bedeutung War die vollständige Aufführung beider Teile des Faust. Obwohl die Komiteemitglieder in ihrer gewohnten 1 8 0 1 5 u 8 9 NLEXNNDER KOCRERT Schauspieler am Nationaltheater von 1804 bis 1925. 1 Sparsamkeit mir nur kärgliche Mittel für die Inszenierung des 2. Teiles und noch viel weniger für die des ersten Teiles bewilligt hatten, brachte ich doch mit zweckmäßiger Be- nutzung des reichen, Dekorationsfundus, des Mannheimer 9 8 Theaters, der seit Mühldorfers Zeiten glücklicherweise in a II o einem sorgfältig weitergeführten Skizzenbuch genau über- schen werden konnte, das gewaltige Werk recht ansehnlich in die Erscheinung. Die Kräfte, die in erster Linie standen, waren zwar nicht ersten Ranges, aber nach einer Reihe voff 8 Proben derartig zusammengeschweißt, daß die Intelligenz f und Bildungslücken, welche fast überall und immer heraus- klaffen, wenn die Mimen diese Riesenaufgabe bewältigen sollen, jedenfalls verdeckt waren. Ich ließ mich aber auch die Mühe nicht verdrießen, von dem, was ich selbst durch Vorbildung und langjähriges Studium mir mühsam erworben, jedem einzelnen so viel zu geben, als für das Verständnis seiner Rolle erforderlich War. Die Leute Waren mir dankbar dafür und gingen mit vollen Segeln in dies Goethesche unend- liche Meer, das wohl nie vollständig durchfahren werden kann. Mein Prinzip war indes, so vollständig als nur irgend- wie bei dem damaligen Stand der Maschinerie möglich War, den Faust zur Darstellung zu bringen, 5 5 * Am andern Tage lautete zwar die Kritik sehr anerken- nend, aber sie beklagte die Länge der Kufführung. Da sich das Publikum, obwohl es mit größter Spannung bis zum Schluß ausgehalten, der Kritik teilweise anschloß, 80 mußte ich bei der Wiederholung Faust II an zwei Abenden gebend Da blieb aber der grobartige Gesamteindruck aus. Und nun verlangte man wieder die Aufführung an einem Abende. Da die Zuschauer im Grunde wie Kinder sind, so Willfahrte ich ihnen bei der zweiten Wederholung um so lieber, als jch recht 0 behalten. f 5 Künstler, die Mannheim schon verlassen hatten, als ich Theaterbesucher wurde und andere, die Jahrzehnte in Mannheim blieben. Nicht nur die Namen sind mir in Er- innerung, auch ihre Erscheinungen sind mir gegenwärtig. Da saßen Hohmann und Porth der Held, Nieper, der Bonvi- vant, der Baritonist Zarest, Krug, der Heldentenoer, Hans Rüdiger der Buffo, die Tobis und die Wittels, die Walles und das Ehepaar Jacobi, der kürzlich verstorbene jüngere Stury und der Mannheim treu gebliebene Paul Tietsch. Da wurde geraucht, gelacht und geschimpft. Da machte man Theater- politik. FF 1895 wurde eine große Theaterschlacht geschlagen. prasch übernahm die Leitung des Berliner Theaters in Berlin und nach wenigen Jahren mußte Wieder ein neuer In- tendant gewählt werden. Aus der Bürgerschaft heraus kam das Verlangen, Dr. August Bassermann zum Inten- danten zu machen. Das Haupt der Gruppe dieser Kön macher war eine Dame. Sie war Schriftstellerin und schrieb f unter dem Namen Franz Sicking. Von Haus zu Haus ging diese Frau, auf deren Schultern gedrehte weiße Locken herab- hingen, mit ihren Listen. Sie sammelte Unterschriften aus allen Bürgerkreisen, um Widerstände im Stadtrat zu b kämpfen. Im Stadtrat aber War Stadtrat Schindele Vor kämpker der Kandidatur Bassermann. Und Bassermann wurde Intendant. f 5 1. Was heute für den Gymnasiasten der Sport und die Aut mobile sind, war in unserer Jugend das Theater. In meinen Elternhaus waren die Theaterleute ständige Gäste. D Interes r in Ma * 4 dend, das Theater 5 5 gastierten. Fast jeder große Schauspieler und Schauspielerin von kast jede Lang traten unter der Intendanz Basser- mann hier auf. Wir Jungens sahen Le WInskKky als Franz Moor, Sonnenthal! als Nathan, Baumeister als Erb- körster, die Sandrock als Maria Stuart und alle paar Jahre Agnes Sor ma, das Rautendelein mit dem Kranz auf dem langen, blonden Haar, die Frau, die Zauber und Anmut eines fraulichen Herzens, wie keine Zweite in sich trug. Fast Jahr um Jahr kam Josef Kalnz mit seiner zauberhaften Sprachkunst. Er spielte den Romeo, den Cyrano, den König Alfons in der Jüdin von Toledo, und Sudermanns Fritzchen. Die Sorma und Kainz, das Waren eigentlich die beiden, deren Kunst fast alljährlich einmal über unserer Jugend geleuchtet hat und erst mit den Letzten von denen, die in jugendlicher Begeisterung diese Seeligkeit genossen haben, kann die Erinnerung an diese zwei er- löschen. Auch Ausländer kamen: Constant G oquelin spielte den Cyrano, Sarah Bernhardt den Aiglon. Von der Duse als Kameliendame hat man mir nur noch erzählt. Oft wenn ich nach einem solchen Gastspiel heim kam und in der jugendlichen Begeisterung in den Superlativen schwelgte, sagte mein Vater, der die Begeisterung teilte, zu mir: Schade, dab du Mitter wur zer nicht mehr gesehen hast. In jedem Lebensjahr gab es Höhepunkte der Theater- erlebnisse. Sie steigerten sich so wie Verständnis und An- War es in der Kindheit Hänsel und Gretel mit der Hoffmann unde der Carina in den Titel- rollen, so Wurde es später John Gabriel Borkmann oder der Baumeister Solness. Höhepunkte waren auch die Jubiläen und die Abschiedsabende. Aber ein Abschied War dann erst großes Ereignis, wenn die Pferde ausgespannt Das War der Maßstab. Da standen an der Künstler- sprüche wuchsen. ein ganz Wurden. pforte hinter dem Ifflandsdenkmal viele Hunderte, um dort die Huldigungen fortzusetzen. S0 manchen, der zum letzten Male auf der Bühne des Hof- und Nationaltheaters stand, haben statt des alten, treuen Droschkengauls, die kunst- ROBERT GANRRILSON Schauspieler am Nationaltheater von 1913 bis 1922. begeisterten Mannheimer nach Hause gefahren. Ich denke an den Abschied der Burger, einige Jahre später an den fast unbeschreiblichen Jubel beim Abschied Dr. August Bassermanns, nach der Vorstellung des Coriolan, die der scheidende Intendant inszeniert hat. Auch der Abschied Lucie Lis sls, im Jahre 1905, War ein Theatertag allererster Ordnung. Sie spielte Franz von Schönfhan und Gustav Kadelburgs längst ver- gessene aber unvergänglich charmante„Comtesse Guckerl“, Es gab viel Tränen beim Abschied. Meine Schulfreunde, unsere Klasse, hatte etwas Kühne gewagt, obwohl wir mitten im Abitur standen. Unter der Fülle der Lorbeerkränze und Blumenkôrbe, die auf die Bühne geworfen und gebracht Wurden, war ein Korb mit weißen Rosen, in dessen Mitte die Weiße Mütze mit dem schwarz-weiß-roten Streifen der Ober- primaner des Gymnasiums lag. Unsere Professoren hatten wenig Verständnis für diese Tat, aber der Liss! machte sie Freude und wir waren sehr stolz. Ein paar Dutzend hiesige Kunstfreunde schenkten der Lissl zum Abschied einen kost- baren Ring, in den die vier Worte graviert waren:„Der Liss! die Mannheimer.“ Das sind Ausschnitte aus kunstbegeisterter theater⸗ freudiger Zeit. Aber sie sind charakteristisch für die Be- ziehungen der Mannheimer zu ihrem Theater und ihren Künst- lern. Vielleicht verdienen sie deshalb beim Theaterjubi⸗ läum eine Beachtung, Ganz gewiß nicht, weil sie irgend mehr bedeuten, als Erinnerungen, die jedes andere mit sich trägt. Aber daß alle solche Erinnerungen bewahren, ist typisch für die Mannheimer Theaterliebe und für das einzig- artige Verbundensein von Bühne und Publikum, wie es in Mannheim durch Generationen bestand. Das Praeteritum ist das allein schmerzliche bei dieser Betrachtung Der Mannheimer Spielplen in 150 Jahren Es, ist noch nicht lange her, daß sich das Wort„Theater- gemeinde“ eingebürgert hat. Es stammt aus der Zeit, als man sich bewußt wurde, daß die Gesamtheit der Theater- besucher keine natürliche Gemeinschaft mehr War, daß man sie erst wieder zu einer solchen„organisieren“ müsse. Die Theater vorstellung wWwir kt ja nicht nur gemeinschaftsbil- als Ganzes, als Institut muß auch ge- tragen sein von einer Gemeinschaft, von einem öffentlichen Willen. Nicht nur, finanziell, auch künstlerisch; auch der WERNER VON BULOW Erster Kapellmeister am Nationaltheater seit 1922, f Dezember 1925. Spielplan ist ein Niederschlag dieses öffentlichen Willens. Oarum ist es beiläufig auch falsch, Stimmungs- äußerungen des Publikums unterdrücken zu wollen. Nicht eine Sammlung von einzelnen Privatmenschen soll ihre Meinungen still für sich nach Hause tragen, sondern eine Versammlung soll ausdrücken, Was sie von dem gemeinsam Erlebten hält. Es darf nur das feierliche Schweigen der Er- Sriffenheit oder das peinliche der Ablehnung geben— beide unterscheiden sich sehr genau— sonst aber die tausend MNüancen des Beifalls, vom frostigen bis zum orgiastischen, oder unter Umständen auch einmal lauten Protest. Mit diesen kann man sparsam sein, wWeil ein lauer Beifall meist töcklicher ist, Ergänzt wird die Publikumsreaktion durch die Pressekritik, die viel weniger individuelle ästhetische Zensur sein soll, als Eingliederung des künstlerischen Er- eignisses in das öffentliche Bewußtsein.) Heute gründet man Volksbühnen, vor 150 Jahren schuf man Nationaltheater. Die Namen enthalten das soziale Programm. Die Nationaltheater von damals sollten die alten Hoftheater ablösen, aber es gelang inen nicht ganz, die Hoftheater schlugen wieder durch. Zunächst allerdings nur aäuherlich: der Spielplan der Nationalbühnen siegte. Das hieß damals Sieg der deutschen Sprache auf der Bühne, Einbürgerung Shakespeares, Pflege der jungen deutschen Bühnendichter, die dann 50 Jahre Später, als es keine Nationaltheater mehr gab, sondern nur Wieder Hoftheater, zu Klassikern und somit immun geworden Wären. Hätte es damals noch Nationaltheater gegeben, so ö 15 23 2— 2— fare Georg Büchner nicht erst vor 15 Jahren für die deutsche 5 Bühne entdeckt worden. Von Erich Dürr, Dramaturg Die Klassiker werden heute immer noch gespielt, und Wenn man eine statistische Uebersicht der Spielpläne von damals und heute betrachtet, ist eigentlich erstaunlich, wie Wenig sich inzwischen geändert hat. In den ersten 60 Jahren des Bestehens des Mannheimer Mozarts Zauberflöte der 4 uf führungszahl nach in der Oper oben an, in den nächsten 50 Jahren nimmt sie die dritte, in den letzten 40 die elfte Stelle ein. Jetzt steht Wagner voran, aber auch Bizet und Mascagni, neben Webers Freischütz(an vierter Stelle), der im ersten Abschnitt schon den fünften, im zweiten gar den ersten Platz einnimmt. Nationaltheaters steht Spielte man im Schauspiel in den ersten 60 Jahren am meisten Kotz ebue und If flan d, so machen sich im zweiten Abschnitt Benedix und die Bir ch ETSI ker, dritten Schönthan und Sudermann breit(allerdings erst hinter Schiller und Shake Spear e, die schon im zweiten Abschnitt die zweite und erste, im ersten Abschnitt die dritte und fünfte Stelle ein- nehmen). Für den„Massenkonsum“ scheint es sich also gleichzubleiben, daß neben den großen Klassikern nur jeweils einige erheiternde und rührende Unterhaltungsautoren be- vorzugt werden. Die ernsthafte zeitgenössische Produktion schneidet im allgemeinen nicht gut ab. Gewiß ist ja auch bisher die Struktur unseres ganzen Theaterwesens im wesentlichen dieselbe geblieben, Wie sie vor 150 Jahren geschaffen Worden ist. Wollen wir mehr sehen, dann müssen wir schon etwas tiefer graben. im Betrachten Wir die Entwicklung des Spielplans in den letzten 30 Jahren, so zeigt sich, daß die Anzahl der im Laufe eines Jahres gespielten verschiedenen Stücke sich ganz Wesentlich vermindert hat; sie ist ungefähr bis auf die Hälfte herabgesunken. Umgekehrt hat sich die Anzahl der im Laufe eines Spieljahres gegebenen Vorstellungen etwa auf das Doppelte vermehrt. Jedes einzelne gegebene Werk wird also im Durchschnitt viermal so oft gegeben, wie früher. Wurde noch in den neunziger Jahren ein und dasselbe Werk in einer Spielzeit durchschnittlich nur zweimal gegeben, S0 ge- langt es jetzt durchschnittlich achtmal zur Aufführung. Das Portal des Nationaltheaters nach dem Schillerplatz. bedeutet in seiner Konsequenz, daß dasselbe Stück vor eine viel gröbere Anzahl von Zuschauern gebracht Wird. Die Klage vom Nachlassen des Theater- besuchs unterliegt also auch dem Relativitätsprinzip: früher ging der Einzelne öfter ins Theater, heute um fat der Theaterbesuch weitere Kreise. Zweikellos hat dieser Umstand die Gestaltung des Spiel- plans zwar insofern vereinfacht, als eine kleinere Anzahl von Stücken auszuwählen ist, dagegen erschwert, insofern die Ein- FELIX LEDERER Kapellmeister am Nationaltheater von 1910 bis 1922. heitlichkeit und Uebersichtlichkeit des Publikums und seiner Spielplanbedürfnisse sich vermindert hat. Dazu kommt, auch Wieder statistisch nachweisbar, die auffallende Kurz lebigkeit des größten Teils der modernen Produktion. Früher nahm man selten ein Werk in den Spielplan auf, von dem man nicht hoffte, es mindestens ein paar Jahre im Spielplan halten zu können. Heute wird in der Regel jede Neuheit innerhalb weniger Wochen abgespielt und selbst eine Klassikerinszenierung hält höchstens für zwei Spielzeiten vor. Wie aus diesen Erscheinungen auf ein ganz anderes Ver- hältnis des heutigen Publikums zur dramatischen Produktion und zum theatralischen Erlebnis zu schließen Sei, darüber lassen sich umfangreiche Betrachtungen anstellen. Sicher ist jedenfalls, daß die überkommene Betriebskorm des Thea- ters, unter ganz anderen Arbeits voraussetzungen geschaffen, sich nur schwer den veränderten Anforderungen anpaßt. Sicher ist auch, daß die Ungewißheit, für wen man eigent- lich spielt, auch den Maßstab zur Beurteilung des Gebotenen schwanken läßt. Die kühne Flucht in die Politik, die da und dort heute das Theater versucht, erklärt sich aus dem Bestreben nur um jeden Preis eine sichere soziale Plattform unter die Füße zu bekommen. Sie ist nur leider meistens mehr platt als Form. Die nationale Idee, die einst zur Gru ndung der Nationaltheater führte, war mehrals eine Parteiparole, War eine geistige Bewegung, die die Gesamtheit des Volkes er griff. Darum war sie auch stark genug, das Theater ihrer Zeit zu tragen. Zum Ganzen zu streben, dem Ganzen zu dienen, muß auch heute der oberste Leitsatz des Theaters sein, Wenn es sich im Drang der Zeit behaupten Will. ARNOLD SCHMIDT Teleſon 33484 Gelgenbaumeisfer Telefon 354 84 MANNHEIM, O 7. 1 1 Treppe Afeller für Kunsſgeigenbau und Neperefuren Geigen ⸗Celll-Violen Violinbogen, la. Salfen Hendlung alfer Meisfergeigen Hellen, Flanz. und Deufscher Herkunft Sachversfendiger echter Geigen Schüler- insfrumenfe sowie sämtliche Zubehörfeile Gogen, Eluis, dulmenreine Seifen ec.) in Sorgfälfig geprüften Qualiſsſen billigsf. Aut Erstes Spezialgeschäft am Platze für: Trikotagen, Strümpfe, Wollwaren Beste Bezugsquelle für Mitglieder des Nationaltheaters Mannheim Stammhaus: Breitestr. F l. 4 Filialen: Heidelbergerstr. 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REFERENZ EN: Staatstheater Wiesbaden, Staatstheater Cassel, Vereinigte Städtische Theater at a.., Landestheater Karlsruhe. ee Duisburg, Stadttheater Düsseldorh, Vereinigte Stadttheater Köln, Stadtibeater Trier, n Gladbach, Stadttheater Herford, Stadtthester Hanau, e Stuttgart, Hagen, Dortmunch, Sofia u. s. W. DURCH GROSSE MALERS NILE, EIGENE SCHLOSSEREIEN, SCHREINEREIEN, KN SCEHIE WERK STNTTEN, GROSSTE EEISTUNGSFAHIGK ELT. Vertreferbesuch und Kostenanschſäge ohne Verbindlichkeit EG. Mannheim A E G-Haus N 7, 5 e 1 elektrischer Theater- u. 8 Bühnen- Einrichfungen Bisher über 500 Theater im In- u. Auslande installiert 5 daeselepseram. 1 8. 1 Telephon 21680 FEREMDENGARHAGE: Sebnengerst. 64 5 Diese Festausgabe e unserer gesamten beugen Roflage