9 meinte: Hnzeigeblatt für Seckenbeim und Noesbeim. 5 Erſcheint Mittwoch und Samstag. Abonnement: Monatlich 25 Pfg., durch die Poſt bezogen vierteljährlich Mk. 0.80 Redaktion, Druck und Verlag von 2. Pelfrich in Seckenheim. Anzeigen: Die Iſpaltige Garmondzeile oder deren Raum 10 Pfg bei Wiederholungen entſprechenden Rabatt. 0 Nr. 5.(Erſtes Blatt.) Samstag. den 17. Januar 1903. 3. Jahrgang Mitteilungen aus der Seckenheimer Gemeinderats⸗Sitzung. vom 14. Januar 1903. Der Firma Magirus in Ulm wird die Lieferung verſchiedener Ausrüſtungsgegenſtände für die Feuerwehr in Seckenheim übertragen, nämlich: von 215 Meter Hanfſchlauch von nor⸗ maler Weite, 50 Meter engeren Schlauch je mit den nötigen Verſchraubungen verſehen, 150 Stück Armbinden für die Hilfsmannſchaft, 12 Stück Flanellbinden zum Repariren rinnender Schläuche ferner 10 Blatt Schlauch⸗Pflaſter und einen Schlauchwagen. Eine größere Anzahl Anträge zur Fahr⸗ nisverſicherung werden zur Kenntnis gebracht und genehmigt. Es werden die Kaſſaſturzprotokolle verleſen unnd zwar für die Ortsvieh⸗Verſicherung, die Gemeindekaſſe, den Schul⸗Kompetenzfond, den gemeinſamen Schulfond und den Gemeinde— Krankenkaſſe⸗Fond. Der Gemeinderat erklärt zur Erlaſſung der ortspolizeilichen Vorſchriften über die neue Friedhofs⸗Ordnung für Seckenheim ſeine Ge⸗ nehmigung. Bezüglich der Taxordnung iſt noch l Zuſtimmung des Bürgerausſchuſſes einzu⸗ olen. Für die landwirtſchaftliche Berufsſtatiſtik ſind neue Erhebungen zu machen, welche dem Bezirksamt bis 5. Februar vorzulegen ſind; ſie beziehen ſich auf die Betriebe, in denen die Landwirtſchaft Haupterwerbzweig und auf diejenige in welchen ſie nur Nebenerwerbs- zweig iſt. Der Kaufwert für drei Anweſen in Rheinau und für fünf Anweſen in Seckenheim wird feſt⸗ geſetzt. Die vom Forſtamt Mannheim vorgelegte Zuſammenſtellung der Holz und Nebennutz⸗ ungen für 1903 wird zur Kenntnis gebracht. Die kürzlich aufbereiteten Durchforſtungswellen ſollen öffentlich verſteigert werden. Für die im Koſtenanſchlag für das Schul⸗ haus in Rheinau nicht vorgeſehenen Zimmer⸗ arbeiten werden die Preiſe eingeholt und wer⸗ den dieſelben genehmigt. Der Auszug aus dem ſtatiſtiſchen Buch von Rheinau ergibt: 6 Einwohnerzahl am 1. rats hat das Bezirksamt entſchieden, 15 Firma Grün u. Bilfinger die Dezember 1902 2375 Seelen; am 31. Dezember 1902 2382 mithin eine Zunahme von 7 Perſonen. Das Bezirksamt teilt mit, daß es mit dem Vorgehen des Gemeinderats bezügl. der Bau⸗ fluchten im Wörth einverſtanden ſei. Entgegen der Einſprache des Gemeinde⸗ daß Aus⸗ hebung der Kiesgrube und die Bildung eines Weihers beim Altriperweg geſtattet ſei. Der Gemeinderechner teilt den Abſchluß der Gemeindekaſſe auf Jahresſchluß mit. Es verbleibt ein Kaſſenvorrat von Mark 11673.14. Vom kath. Pfarramt wird mitgeteilt, daß an 4 Wochentagen kein Schullokal zur Erteilung des kath. Schulunterrichts zur Verfügung ſtehe; es mußte deshalb dieſer Unterricht im Saale des kath. Schweſternhauſes abgehalten werden und wird erſucht, wenigſtens eine Vergütung für Feuerung zu gewähren. Dieſe Vergütung wird genehmigt und beſchloſſen, bei Aufſtellung des nächſten Schulplanes darauf Rückſicht zu nehmen, daß für den Religionsunterricht ein geeigneter Schulſaal zur Verfügung bleibt. Vertrag mit Bruno Honeck wegen Ver⸗ miethung ſeines Schlachthauſes wird zur Be— gutachtung vorgelegt. Für ein Wirtſchaftsgeſuch in Seckenheim wird die Bedürfnisfrage bejaht. Verſchiedene Rechnungen werden zur Zah⸗ lung angewieſen. J Seckenheim, 14. Jan. Die hieſigen Standesregiſter des verfloſſenen Jahres weiſen auf: 175 Geburten, hiervon 84 männlichen und 91 weiblichen Geſchlechts und 165 ehelich und 10 unehelich Geborene, 54 Verkündete und 46 Heiraten; 96 Sterbfälle, wovon 62 männ⸗ lich und 34 weiblichen Geſchlechts und 3 männliche und 2 weibliche Totgeburten ſind. Seckenheim, 15. Jan. Von einer amt⸗ lichen deutſchen Stelle im Auslande wird der „Kölniſchen Zeitung“ geſchrieben: Es kommen aus allen deutſchen Ländern für die zahlreichen Deutſchen hier ſehr viele Briefe an, deren Adreſſen mit deutſchen Lettern geſchrieben ſind. Die hieſige Poſt kann mit dieſen Briefen nichts machen, ſomit ſchickt ſie ſie zu uns aufs Kon⸗ ſulat und wir beſorgen ſie. Was hier geſchieht, das wird für anderwärts gelten, aber auch für kleinhändlern verboten, Orte, an denen kein deutſches Konſulat und auch ſonſt niemand da iſt, um die Adreſſen zu kontrollieren. Wie viele Briefe dürfen da ver⸗ loren gehen, wie viele Familienbande gelockert werden! Ein Sohn im Ausland ſchreibt ſeiner alten Mutter, einmal, zweimal, er erhält keine Antwort. Da denkt er:„Die alte Frau wird tot ſein“ und ſchreibt nicht mehr. Und unterdeſſen ſitzt das Mütterlein in angſtvoller Erwartung zu Hauſe und weint ſich die Augen aus, weil es nichts mehr von dem Sohne hört. „Der Junge wird tot ſein.“ Ach nein, aber der Brief des alten Mütterchens mit den ungelenkten Deutſchen Zügen, der iſt niemals angekommen. Das liebe Publikum möge ſich alſo für Adreſſen nach romaniſchen Ländern nur lateiniſcher Buchſtaben bedienen, es iſt mit den deutſchen Zügen gerade ſo, als wolle jemand nach Deutſchland mit griechiſchen Lettern Briefe adreſſieren. Zeitungen die auf dem Lande viel geleſen werden, ſind herzlich gebeten, dieſe Mahnung abzudrucken, ſie können dadurch vielen Leuten vieles Leid erſparen.“ Weiler(A. Sinsheim), 14. Jan. Eine Mißgeburt ſeltener Art brachte die Kuh des Bierbrauereibeſitzers J. Geiſer hier zur Welt. Das Kalb, ein Zwillingstier mit einen Rumpf und einem Magen, beſitzt nämlich zwei Köpfe, 8 Beine und 2 Schweife. Nicht minder be⸗ merkenswert iſt, daß das Tierchen zur einen Hälfte männlichen, zur andern weiblichen Ge⸗ ſchlechts iſt. Durmersheim(A. Raſtatt), 14. Jan. Ein Opfer des Neujahrſchießens iſt der 15 Jahre alte Sohn des Bahnarbeiters Peter Fröhlich geworden. Demſelben ging ein Schuß zu früh los und verletzte ihn an der linken Hand. Nun iſt der junge Mann, vom Wund⸗ ſtarrkrampf befallen, vorgeſtern geſtorben. Vom Feldberg, 14. Jan. Hier oben liegt etwa 1 Fuß Neuſchnee, der über dem alten Schnee liegt. Es ſchneit immer noch bei 8 Grad Kälte. In Titiſee lag geſtern Abend der Schnee etwa 3 Zoll hoch. Die Schlitten⸗ bahn ging ganz gut aufwärts nach hier. Berlin. Eine Miniſterialverfügung zur Bekämpfung der Trunkſucht iſt in Preußen erlaſſen worden. Nach derſelben wird den Gaſt⸗ und Schankwirten, ſowie den Branntwein⸗ an Perſonen unter Der Doppelgaͤnger. Kriminal⸗Roman von Carl Caſſau. 1 Nachdruckver boten. Acht Tage darauf lag Kapitän Horſtmann bei einem neuen Fieberanfall zu Bette, während Normann Hill, der ſich ſeit langem dem Dienſt übermäßig gewidmet, einmal ordentlich ausſchla⸗ fen wollte. Oliver Gardener übernahm es, die beiden Burſchen zu überwältigen und zu knebeln, Blaine dagegegen machte Hill und Horſtmann unſchädlich. f „Ihr erbärmlichen Hallunken,“ ſagte der kranke Mann,„ich ſollte nur geſund ſein, ich wollte Euch wohl zeigen, wie man mit Eures⸗ gleichen umgeht; ſo natürlich, trotzdem ich nur Feiglingen gegenüberſtehe, iſt doch die Mehrzahl der Hunde des Haſen Tod!“ „Faſelt nicht!“ entgegnete Blaine.„Ich möchte Euch ſonſt eine Kugel durch die Rippen jagen.“ „Und Ihr, Ihr junger Böſewicht aus Angleſea, den ich von Not und Elend gerettet, Euch wird auch die Stunde der Vergeltung ſchlagen!“ rief er Oliver zu. 5 Oliver Gardener lachte höhniſch und „In der Einſamkeit einer wüſten Inſel, ir mögt Ihr Eure Rachegedanken zur Aus⸗ Altere vor uch nicht! Den Befehl über das Schiff führte von nun an Blaine. Das Steuer übernahm Oliver. Man hielt den Kurs auf die Fanning⸗Inſeln ein, erreichte dieſe nach drei Tagen, brachte die vier Opfer der Meuterei per Boot nach den Eilanden hinüber, löſte einem der Matroſen die Feſſeln und ſtieß dann wieder ab. Zunächſt ward nun die Kapitänskazüte unterſucht, die Kaſſe geplündert, die Papiere durchſtöbert, die Siegel fortgenommen, die Lie⸗ ferungsſcheine gefälſcht. Blaine galt als Ka⸗ pitän der Nymphe, Oliver als erſter Steuer⸗ mann, ein Purtugieſe als deſſen Erſatzmann. Die Waren wurden verkauft, dann fuhr man nach Calao, wo auf Grund einer gefälſchten Vollmacht die Nymphe, der man am Spiegel den Namen Hanſa gegeben, verkauft ward. Von der gemachten Geldbeute bekamen Blaine und Oliver jeder ein Drittel, das letzte Drittel teilten ſich die übrigen. Alle gingen dann nach Verakruz, wo ſie ſich wieder heuern ließen; Blaine und Gardener blieben beiſammen und nahmen Dienſt auf einem Oſtindienfahrer. Die Opfer der Meuterer ſchätzten ſich noch glücklich, wenigſtens mit dem Leben davon ge⸗ kommen zu ſein. Die Feſſeln waren bald ge⸗ löſt aber was nun thun, da man ohne Waffen und Nahrungmittel war? Die Inſeln waren damals durchaus keine wüſten Eilande, ſondern mit Bäumen und Normann Hill für erſt Eier. Da er ein Feuer⸗ zeug bei ſich trug, konnte man auch wenigſtens ein Feuer anzünden und Fiſche die man mit der Hand fing, braten. Die beiden deutſchen Matroſen entdeckten auch Kokospalmen auf der Inſel. Die Schalen derſelben wurden nun als Kochgefäße benutzt, um die Eier zu ſieden. Die Kokosmilch that an dem kranken Horſtmann Wunder, ſo daß er ſchnell geſundete. Es ergab ſich ferner, daß eine Auſternbank in der Nähe war, welche unſere Ausgeſetzten ausbeuten konnten. Sie lernten dann auch ſchnell aus Jlang Fangnetze flechten und ſo fehlte es ihnen nicht an Nahrung und geſunder Thätigkeit. Die vier hielten brüderlich zuſammen, ſo daß ihnen das Leben wenigſtens nicht zur Qual ward; Horſtmann aber litt unſäglich an Heim⸗ weih, denn er hatte in Hamburg ja ſeine Gattin und Tochter zurückgelaſſen. Bisweilen ſchöpfte er wieder Hoffnung und ſagte dann tröſtlich: f i „Es muß bald ein Schiff kommen, welches uns aufnimmt: nach meiner Berechnung ſind wir nicht allzu weit von der Fahrſtraße nach unſerem eigentlichen Reiſeziele ab!“ 2 Aber Tag um Tag, Woche um Woche Monat um Monat verſchwand, ohne daß das Der Sicherheit wegen erſehnte Schiff erſchien. büſch bedeckt, und mit Quellen ausge Viele Singvögel niſteten dort, und ſo unter denen ſie ſich eine Art vo Kalender ein. i 1 richteten die Ausgeſetzten ſich an den N a 16 Jahren, an Betrunkene und an ſolche Per⸗ ſonen, welche von der Polizeibehörde als Trunkenbolde bezeichnet ſind, geiſtige Getränke zum ſofortigen Genuß zu verabfolgen. Auch ſoll durch Polizeiverordnung der Ausſchank und Verkauf von Branntwein in den frühen Mor⸗ genſtunden(bis etwa 8 Uhr) verboten werden. Trunkenbolde ſollen verwarnt und nach wieder⸗ holt erfolgloſer Verwarnung als Trunkenbolde bezeichnet und ihnen das Betreten von Lokalen mit Ausſchank geiſtiger Getränke unter An⸗ drohung von Zwangsſtrafe verboten werden. Die Namen der Betreffenden ſind den Gaſt⸗ und Schankwirten u. ſ. w. ſchriftlich mitzu⸗ teilen. Alljährlich erfolgt Nachprüfung der in Liſten geführten Namen. Bei Beſſerung kann Streichung aus der Liſte erfolgen. Karlsruhe, 15. Jan. Das Schwurge⸗ richt verurteilte den Studenten Karl Ruff, welcher am 7. Oktober 1902 den Studenten Reiß im Duell erſchoß, zu 3 einhalb Jahren Feſtung. Ludwigsburg, 15. Jan. Der ehema⸗ lige Direktor Fuchs der Heilbronner Gewerbe⸗ bank iſt im hieſigen Zuchthaus nach längerer Krankheit geſtorben. Altona, 14. Jan. Hierſelbſt treibt ein Meſſerheld ſein Unweſen. Er verletzte in der Nacht eine Choriſtin vor ihrer Wohnung und bald darauf ein junges Mädchen vor dem deutſchen Schauſpielhauſe durch Dolchſtiche in den Unter⸗ leib. Der Thäter iſt flüchtig. Gleiwitz, 14. Jan. Heute Vormittag ſtellte ſich der Gemeindekaſſen⸗Rendant von Zabrze, Karl Borzutzky, der hieſigen Staatsan⸗ waltſchaft mit der Angabe, die von ihm ſeit zirka 9 Jahren verwaltete Kaſſe um höhere Beträge durch Unterſchlagungen geſchädigt zu haben. Der Fehlbetrag wird auf etwa 70000 Mk. geſchätzt. Schleswig, 15. Jan. Der Kaſſier Johann Clauß von der hieſigen Spar⸗ und Hilfskaſſe iſt flüchtig. Man ſpricht von einer Unterbilanz von 60000 Mk. Petersburg, 14. Jan. In Charbin gab ein entlaſſener Soldat auf den Chef des Trans⸗Amurgebietes, General Dietrichs, drei Schüſſe ab, angeblich wegen ſchlechter Be⸗ handlung. Budapeſt, 14. Jan. Prinz Friedrich Lichtenſtein hat auf der Jagd das Unglück ge⸗ habt einem Förſter beide Auge auszuſchießen. Es iſt keine Hoffnung vorhanden, dem Förſter das Leben zu erhalten. Vermiſchtes. — In Lörrach ſollte ein Geiſteskranker nach dem Spital gebracht werden. Er bekam dabei einen Tobſuchtsanfall, hieb auf die Be⸗ amten, die ihn transpotieren ſollten, ein und verwundete einen bedenklich am Kopf. In der Annahme, daß der Kranke ſich über die Nacht beruhigen werde, verſchob man ſeine Ueber⸗ führung auf den andern Tag. Da flüchtete aber der Kranke auf das Dach, demolierte 12 und Steine auf die Straße. Erſt nach längeren Bemühungen gelang es, ihn dem Spital zuzu⸗ führen.. — Einen diebesſich'rren Kaſſenſchrank glaubte ein Ackerer in Kappeln(Elſaß⸗Loth⸗ ringen) gefunden zu haben, indem er ſein Geld — 3000 Mk. in Gold und Silber— im Kel⸗ ler unter einem Faß verſteckte. Als er kürzlich nach ſeinem Schatze ſah, war die ganze Summe geſtohlen; von den Dieben fehlt jede Spur. — Eine 52jährige verheiratete Fabrikar⸗ beiterin in Tübingen, die ſchon früher eine Invalidenrente bezogen hatte, hat im Septem⸗ ber v. J. die wiederholte Bewilligung einer ſolchen nachgeſucht. Da ſchon frühr der Ver⸗ dacht der Simulation vorlag, wurde ſie in die mediziniſche Klinik zur Beobachtung verbracht. Bei ihrer Ankunft daſelbſt befand ſich eine mit Rinderblut gefüllte Flaſche in ihrem Koffer, die man daſelbſt beließ. Einige Tage darauf klagte die Perſon— wie früher— über Schmerzen in der linken Bruſtſeite. Man war jetzt auf die kommende„Lungenblutung“ vor⸗ bereitet. In der Nacht horte eine andere Kranke die Fabrikarbeiterin eine Flaſche öffnen; bald darauf ſtieß ſie ein klägliches Geſchrei aus, forderte andere Kranke auf, den Arzt zu rufen, und verfiel danach anſcheinend in Ohn⸗ macht. Die Wärterin fand Blutverguß in dem Auswurfgefäß und der herbeigeholte Arzt fand die halbgeleerte Rinderblutflaſche in einer Taſche ihrer Kleider. Die Fabrikarbeiterin konnte hienach den verübten Betrug nicht mehr leugnen und iſt jetzt deswegen angezeigt. — In der Havelbergſtraße in Berlin wohnt eine Witwe M., deren einziger Sohn vor Jahren ſpurlos verſchwand. Da, am heiligen Abend klingelte es und ein gebräunter Mann fragte nach Frau M. Kaum hatte er die Wohnſtube betreten, als die alte Frau mit dem Ausruf:„Otto, Otto!“ zu Boden ſtürzte — ein Schlag hatte ſie gerührt. Der ſpäte Gaſt war wirklich der Verſchollene, der ſeiner Zeit als Steward auf einem Hamburger Schiff Unterkunft gefunden hatte und ſpäter in einem deutſchen Verſandthauſe in Japan als Buch⸗ halter Anſtellung erhielt. — Ein junger Lebemann ſtellt ſeiner Zei⸗ tung den folgenden von ſeinem Schneider er— haltenen Mahnbrief zur Verfügung:„Wer war es, der im Sommer mich dazu zu bewegen wußte, Ihnen einen Anzug auf Kredit zu liefern? Sie Herr A. Wer verſprach mir hoch und heilig, bis zum 1. Dezember zu be⸗ zahlen? Das waren Sie, Herr A. Wer iſt alſo ein elender Betrüger und großer Lump? Ihr ergebener Hanſen, Schneidermeiſter.“ — Ein Metzgergehilfe Sch. in München hatte ſich wegen ſchwerer Köperverletzung vor Gericht zu verantworten, die darin beſtand, daß er bei einer Rauferei einem der Beteiligten einen Maßkrug an den Kopf geworfen und dieſen ſchwer verwundet hatte. Der Angeklagte gab den Sachverhalt im großen und ganzen zu, redete ſich jedoch auf Unzurechnungsfähigteit dieſes und den Schorſtenn und warf Dachziegel infolge ſtarker Betrunkenheit hinaus. Sämtli⸗ che Zeugen haben jedoch von einer Betrunken⸗ heit bei Sch. nichts bemerkt. Der Richter hält ihm zum Schluß der Verhandlung nochmals ihn, ob er denn immer noch behaupteu wolle, daß er die That in einem unzurechnungsfähigen 3 6 5 verübt habe. Angeklagter:„Jawohl Herr Amtsrichter.“ Amtsrichter:„Ja, Sie haben doch gehört, daß ſämtliche Zeugen er⸗ klärten, Sie ſeien nicht betrunken geweſen. Wodurch wollen Sie denn Ihre damalige Un⸗ zurechuungsfähigkeit nachweiſen?“„Herr Amts⸗ richter“, meinte im Bruſtton der Ueberzeugung der Karre,„wenn i zurechnungsfähig geweſen wär, dann hätt' i eahm ſicher net den vollen Maßkrug aufig' haut, ſondern i hätt'n no z'erſt austrunken.“ — Ella v. Schabelsky, eine Schauſpielerin, hat in Petersburg durch Wechſelfälſchungen Koweleskü im Finanzminiſterium derart kom⸗ promittiert, daß dieſer den Dienſt quittieren mußte. Die Elſa ſoll auch die Gunſt des ruſ⸗ ſiſchen Finanzminiſters Witte in hohem Maße beſeſſen und für dieſen deutſch⸗feindliche Artikel in ausländiſche Zeitungen geſchrieben haben. Elſa v. Schabelsky war vor vielen Jahren in Berlin. — Der Artilleriſt Engſtroem erſchlug in der ſchwediſchen Stadt Segolſtorp mit Beil⸗ hieben das 80jährige Ehepaar Anderſon, raubte 3000 Kronen und ſteckte das Haus in Brand. Die verkohlten Leichen der Ermordeten wurden unter den Trümmern des Gebäudes aufge⸗ funden. — Die Regeln der neuen Rechtſchreibung hat Lehrer Franz Dittmar in Nürnberg in folgenden launigen Verſen vereint: i In Tal, Tat, Ton, in Tor, Tür, Tran 95 h für immer abgetan. ie Tränen weint man ohne h; Der„Thron“ ſteht unerſchüttert da. Man trennt, es iſt ein ſeltſam Ding, Nun Hak ke, ſchwit⸗ zen, En⸗gerling. Fremdwörter ſchreib nach deutſcher Art, Wenn ſie nicht fremde Form gewahrt, Zum Beiſpiel: Bluſe, Gips, Pomade, Auch Koks, Likör und Schokalade, Dagegen Chaiſe, Tour, Logis, Cafeé, Journal und Jalouſie! Nach Vorſchrift ſetzt man nun die Zeichen, Wie Punkte, Strichpunkt und dergleichen. Das Komma wird„Beiſtrich“ genannt Und künftig ſparſam angewandt. Schreibt man ein Wort bald groß, bald klein, Beſcheiden klein wird's beſte ſein, — Eine Bauerntochter in der Nähe Mies⸗ bachs(Bayern) ſchenkte 3 kräftigen Knäblein das Leben. Meiſter(zu — Sein Privatvergnügen. dem die Treppe hinunterpurzelnden Lehrling): „Junge, was für einen Spektakel machſt denn du da wieder? Ich werde dich gleich Mores lehren!“— Lehrjunge:„Nu, ich werde doch wohl noch die Treppe herunterfallen dürfen!“ . verging, ehe der ſehnlichſte Wunſch der Armen in Erfüllung ging. 099 Eines Morgens rief Normann Hill plötz⸗ lich: „Großer Gott ein Schiff mit englischer Flagge!“ „Wo, wo?“ „Dort!“ „Richtig!“ „Jetzt geht ein Boot ab, es hält auf unſere Inſel zu!“ i „Ja, ja!“ Und alle ſtimmten ein Freudengeſchrei an. „„Das Boot kam wirklich heran; ein eng⸗ liſcher Offizier führte es. Als es ganz nahe am Ufer hielt, fragte der Offizier, ob man verunglückt ſei oder wie man ſonſt auf die Inſel komme. Da trat Horſtmann vor und erzählte kurz ſeine Geſchichte. Auf dieſes kam das Boot hart an den Strand heran, der Offizier hieß die Ausgeſetzten einſteigen und erklärte, das Schiff drüben ſei ein Aviſo von hrer Majeſtät Flotte, der Adler; man habe urch die Gläſer bemerkt, daß auf den Eilanden eute ſeien, worauf ihn Kapitän Harriſon dert, nachzuſehen und im günſtigen Falle ie mit an Bord zu bringen. g Als Kapitän Harriſon, ein biederer Mann, anze Geſchichte erfuhr, erklärte er, daß , wie er, ſich erinnere, die Nymphe für ergegangen halte, da eine Flaſche aufge⸗ 2 kenſtreiche, dieſes Blaine! Doch Geduld, wir werden ihn finden!“ ſagte Horſtmann. „Und ſollten wir die Welt durchreiſen!“ ſetzte Normann Hill hinzu.. Fürs erſte gingen die vier Geretteten mit nach England und von dort nach Hamburg; hier aber bewilligte die Handelsgeſellſchaft Horſtmann und Hill die Mittel, um die beiden Hauptmeuterer aufzuſuchen. 1 4. Kapitel. Golddurſt und Rachefieber. Eeines Tages wurde der überraſchten Welt plötzlich die Kunde von dem Segen des Goldlandes Kalifornien. Von diefem Tage an ſteigerte ſich die Zahl der Auswanderer nach Amerikg von Woche zu Woche, ſo daß ſtatt eines Schiffes meiſtens zwei fahren mußten; und doch genügte dieſes oft noch nicht. Damals wuchs White Pine, bisher ein Ort von paar Hütten, zu einer blühenden Großſtadt an, frejlich um ſpäter ebenſo raſch zu verfallen. Das war die Goldſtadt mit ihren Hotels, ihren Magazinen, ihren Spielhöllen und all' den Laſtern, die ſich im Gefolge des Gol⸗ des befinden. In White Pine aber wimmelte es von Goldgräbern, Diggers, wie man ſie nannte, von denen die meiſten das gefundene Gold ebenſo ſchnell durchbrachten, wie ſie es gegraben. 5 de 1 elcher ein Zettel die Leiden 8 Sanny Knox. Das Geſicht verriet noch Spuren einſtiger großer Schönheit, die Geſtalt aber war gebrochen und verfallen wie bei Fünfzig⸗ jährigen. Aber geſchickt war dieſe Frau! Die dreißig Kommis, welche die Firma beſchäftigte, hatten ſtändig den Namen der Mrs. Knox im Munde; bald mußte ſie eine Veränderung an einem Mantelet angeben; bald wollte eine Dame ihr Urteil über eine Robe hören; bald galt es echten Spitzen bald der Qualität des Sammets; kurz, wo Mrs. Knox nicht im Geſchäfte thätig war, da fühlte mans, wie ſehr man ihrer be⸗ durfte, die ſtille, blaſſe Frau ſchien für dieſen Zweck allein zu leben, und für ihren Sohn, einen ſchlanken jungen Mann von 22 hahren etwa, deſſen Geſicht eine frappante Aehnlichkeit mit demjenigen Ralph Morley aufwies, ja, unſere Leſer würden die beiden jungen Männer un⸗ ſtreitig mit einander verwechſelt haben!— Ja⸗ mes Knox war der Stolz ſeiner Mutter. Er durfte in der That auf die Präditate gewandt und gebildet Anſpruch machen; er bekleidete das Amt eines Bureauvorſtandes in der Kanzlei des Advokaten Dr. Epſom, des berühmteſten Anwalt von San Franzisko. Jeden Abend holte der junge Mann die Mutter von Wood Brothers ab und geleitete ſie zu der gemeinfamen Wohnung, wo ſie mitſammen ihre Abende zu⸗ brachten, 1 Gortſetzung folgt.) 1 1 die Nichtigkeit ſeiner Ausſage vor und fragt einen ihrer Anbeter, den ruſſiſchen Geheimrat