ö Anzeigeblatt für Seckenheim und Noesbeim. Erſcheint Mittwoch und Samstag. Abonnement: Monatlich 25 Pfg., durch die Poſt bezogen vierteljährlich Mk. 0.80 Redaktion, Iruck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim. Anzeigen: 1 Die iſpaltige Garmondzeile oder deren Raum 10 Pfg bei Wiederholungen entſprechenden Rabatt. Nr. 100. Samstag, den 16. Dezember 1905. 5. Jahrgang Zweites Blatt. Das Geheimnis der Brüder. Kriminal⸗Roman von J. Fichtner. (Nachdruck verboten). „Ich nahm mir ein Stück Braten und ſagte: Da gebe nur Gott, daß alle Tage die Sonne ſcheint“ i und dir dein Appetit erhalten bleibe!“ fiel Sophie in demſelben Tone ein. „Schäme dich, Männchen, du wirſt in der Tat recht unliebenswüdig und gibſt deinen Söhnen ein recht beachtenswertes Beiſpiel be⸗ züglich der Galanterie!“ ſchalt meine Frau. Da fiel mir der Dank ein, den ich von Heidorn zu beſtellen hatte.„Warte mal, Weibchen, zum Deſſert habe ich dir auch etwas zu ſagen?“ 5 5 eheliches Gleichgewicht war wieder her⸗ geſtellt. 18) 18 So war es doch gekommen, wie ich ge⸗ fürchtet; was ich in unwillkürlicher Abwehr hatte verhindern wollen, war nun geſchehen, ſie hatten ſich getroffen in meinen vier Pfählen, ob mit oder ohne Abſicht, das konnte ich nicht herausbekommen.—— Schon am nächſten Tage war der Polizei⸗ Inſpektor gekommen, um ſeine Viſite zu machen. — Ich hatte gerade meine Patienten bei mir und mußte ihn fürs erſte den Damen über⸗ laſſen, was ihm gewiß gar nicht unangenehm war; da konnte er doch um weitere Beſuche meiner Jungens bei deren Mutter werben und ſich damit recht feſt in ihre Gunſt ſetzen, was auch ein wenig ſeine Abſicht zu ſein ſchien. Zu einem Stelldichein mit Sophie ſchien er aber nicht gekommen zu ſein, wie mich ſein erſter Blick bei meinem Eintritt belehrte. Mit nicht mißzuverſtehender Frage in ſeinen Augen ſtreifte er die Anweſenbeit Erikas, die eben mit Sophie am Flügel muſiziert hatte. Die große Teilnahmsloſigkeit, mit der ſie es getan, die müde Gleichgültigkeit gegen alles, was um ſie vorgang, berechtigten mich zu der Bemerkung, daß Fräulein Erika um jeden Preis ſich der niederdrückenden Atmoſphäre des Krankenzimmers entziehen müſſe— wenn auch nur ſtundenweiſe— falls ſie nicht erliegen ſollte. Und meine Schwägerin hatte es ſich zur Augabe gemacht, die dunken Schatten zu verſcheuchen und belebend und erheiternd auf das troſtbedürftige Gemüt einzuwirken. s Ein ſtrahlender Blick ſeiner dunklen Augen traf Sophie. Ach ja! Solch einen wohltätigen Genus an ſeiner Seite zu haben, war freilich ein ſeltenes Glück, das müſſe man ſich wahr⸗ nehmen, ſo viel man irgend könne. Heidorn dehnte ſeinen Beſuch aus, ſo lange es nur anging, ſchließlich mußte er aber doch gehen, was mit innerem Widerſtreben geſchah.. 3 h Natürlich mußte ich ihm nun auch meine Gegenviſite machen;— eine große Fülle von Patienten war immer noch nicht vorhanden und deshalb alſo auch keine Ausrede. f Es gefiel mir aber auch bei ihm ſehr gut. Ich fand ein feines Hausweſen und lernte bei dieſer Gelegenheit den Freund meiner Jungen, den vielbewunderten Maximilien, kennen, der mir ſofort, als echter Sohn ſeines Vaters, volle Sympatie abgewann. Meine Krankenbeſuche bei Herrn Franke wiederholten ſich täglich zweimal. akuten Zufällen ſchien ſich ein Herzleiden ent⸗ wickeln zu wollen; die Beſſerung ſchritt nur 1 . Aus den langſam vorwärts und oftmals kam es mir vor, als ob ein langverborgenes ſeeliſches Leiden gleichzeitig damit zum Ausbruch käme. Die impulſive, ſchnelle und geſchmeidige Lebensauf⸗ faſſung, das ſprühende Intereſſe für alle Vor⸗ gänge, das ehemals den Kranken charakteriſierte, ſchien vollſtändig geſchwunden. Ein leiſes Hindämmern, das mir oft vorkam wie ein recht erſehntes Ausruhen, umfing ſeine ganze Geſtalt. ö Keine Wünſche, keine Ungeduld— das war es, was mir viel zu denken gab und mich ſtutzig machte— ſo blieb es faſt eine Woche alas und die Kräfte nahmen dabei eher ab als zu. Auch dem Sanitätsrat ſchien der Zuſtand eben deshalb bedenklich. Er hatte mir den Kranken beinahe überlaſſen, da er vielfach anderſeits in Anſpruch genommen war, aber ab und zu kam er doch, um nachzuſehen. „Es muß doch irgend eine Reaktion ein⸗ treten!“ ſagte er.„So kann doch das nicht fortgehen!“ „Ein merkwürdiger Zuſtand!“ pflichtete ich bei. Er winkte mit dem Kopfe und kaute an dem ſilbernen Knopf ſeines Stockes.„Es iſt da etwas anderes auch nicht in Ordnung!“ ſagte er. Ich dachte mir dasſelbe. 5 „Er wird doch nicht etwa mit Geſchäfts⸗ angelegenheiten behelligt, die ihn niederdrücken könnten?“ fragte er. a f„Ich habe Anordnung gegeben, daß ihm das alles fern bleibt!“ berichtete ich. „Da müſſen wir es eben noch abwarten, ich komme bald wieder. Herr Kollege!“ Ich aber hielt es für geraten, ae zu fragen, ob irgend jemand den Kranken ge⸗ ſprochen habe. „Niemand, außer Herting!“ „Wieſo— konnte derſelbe nicht warten? Konnte er ſich nicht an den Buchhalter wenden?“ „Mein Mann hat keinen Buchhalter, er bewältigte das Geſchäft ganz allein!“ „Nicht möglich! Solch ein großes Ge⸗ ſchäft erfordert eine bedeutende Arbeitskraft.“ „Er war es gewöhnt, viel und ſchnell zu arbeiten. Zeitweiſe half ihm mein Schwieger⸗ ſohn und einzelne unwichtige Arbeiten gab er außer Haus. Herting hatte übrigens ſtets bei ihm Zutritt, falls mein Mann allein war; ich durfte ihn nie abweiſen, auch jetzt nicht.“ Was hätte ich noch fragen ſollen?—— Inzwiſchen war der Verkehr Erikas mit Sophie immer reger und herzlicher geworden. Erikas Wangen aber blieben bleich und ihre Augen trüb und freudlos wie ſonſt, bis eines Tages wieder Leben und Intereſſe daraus her⸗ vorbrach, wie die Sonne durch den Nebel. Die beiden jungen Damen befanden ſich in Sophies Zimmer, in welchem die Freundin nun auch heimiſch geworden und mochten wohl da Herzensgeheimniſſe austauſchen. Ich ſaß in meinem Studierzimmer und ließ die letzten Vorgänge an meiner Seele vorüberziehen. Da hörte ich ein Geräuſch im Vorflur und hörte meinen Namen nennen. Das war eine be⸗ kannte Stimme, ſchnell ſtand ich auf und trat hinaus. Ich ſah zwei Männer vor mir und er⸗ kannte ſofort Herting, der zum erſtenmal im Feſttagsrock vor mir ſtand. Mit ſchüchterner Verlegenheit und dennoch auch wieder mit ſtol⸗ zer Genugtuung erzählte er mir, daß er ſich nun erlaube, mir ſeinen heimgekehrten Sohn vorzuſtellen. Ich nötigte beide ins Geſellſchafts⸗ zimmer und nahm nun mit Befriedigung den jungen Gaſt in Augenſchein. f i Noch um einen halben Kopf überragte er ſeinen Vater, der das Attribut der Künſtler⸗ Halten Sie gute Wacht, ſchaft ſeines Sohnes, ſeinen Geigenkaſten, noch in Händen hielt. 0 8 Ein echter Künſtlerkopf, von blonden Locken umwallt, mit feinen durchgeiſtigten Zügen, den klaren, ſtahlblauen Augen ſeines Vaters, auf der weißen Stirn den vollen Idealismus der Jugend, bot der junge Mann ein ebenſo ſchönes als anziehendes Bild und ich konnte es wohl begreiflich finden, daß ihm zu Liebe ſo manches junge Mädchen geneigt ſein würde, Heimat und Eltern zu verlaſſen, um ihm auf ſeiner Künſt⸗ lerlaufbahn zu begleiten. a Ich ſprach meine Freude aus, den jungen Künſtler in meinem Hauſe zu ſehen und ſchnell überwand dieſer die l ichte Verlegenheit, die das Beginnen ſeines Vaters ihm wohl verurſacht hatte. „Achim weiß es ſchon, Herr Doktor, daß Sie ſeinen kleinen Bruder gerettet und uns in ſo freundlicher Weiſe nahegetreten ſind!“ ſagte Herting. Ich wehrte lebhaft ab, der junge Künſtler aber meinte, er ſei deshalb gern her⸗ gekommen, um auch ſeinerſeits zu danken, denn das kleine Brüderchen gehe ihm über alles. Er erzählte nur weniges von ſeiner Aus⸗ bildung, ſeinen Reiſen und die Art und Weiſe, wie er es tat, ließen ihn mir ebenſo gebildet wie liebenswürdig erſcheinen. 8 „Denken Sie, Herr Doktor, morgen wird er hier in der Beethovenhalle ein Konzert geben, wir haben Ihnen und Ihrer lieben Frau gleich ein Billet mitgebracht!“ f Er knöpfte ſeinen etwas altmodiſchen Rock auf und nahm, ſorgſam in ein Papier gehüllt, zwei Karten für den erſten Platz heraus. „Das iſt aber wirklich mehr, als ich an⸗ nehmen kann; wir hätten ohnehin nicht ver⸗ ſäumt, uns den ſeltenen Genuß zu ſichern.“ CFortſetzung folgt.) Vermiſchtes. Ober-Albſteinach, 13. Dez. Der vielgenannte angebliche Erblaſſer Markus Reinhard iſt nach neueren Ergebniſſen in den Pfarrbüchern zu Wald⸗Michelbach als daſelbſt verſtorben eingetragen. Die Erbgeſchichre wirkt immer erheiternder. Doch die erbluſtigen„Ver⸗ wandten“ wiſſen guten Rat; heißt der Erb⸗ laſſer nicht Markus, nun dann iſt es ſein Bruder Joſeph, der die 100 Millionen hinter⸗ laſſen hat! Wenn es aber mit„Joſeph“ auch nichts iſt? Vielleicht war es der Bruder Andreas? Das End' vom Lied wird ſein: weder iſt ein Reinhard in Indien geſtorben, noch iſt eine Erbſchaft zu teilen. Nun, die Hoffnung auf das Erbe iſt gerade auch nicht zu verachten! — Das Schwurgericht in Bautzen hat einen Glaſermeiſter, der ſeine Frau, ſeine vier Kinder und ſeine Schwiegermutter ermordet hatte, ſechsmal zum Tote verurteilt. — Die„Handwerker⸗Zeitung“ für Han⸗ nover de., Organ der hannoverſchen und anderer Handwerkskammern enthält folgendes Redakteur⸗ Geſuch:„Zum 1. Januar 1906 ſuchen wir für unſere Zeitung einen Redakteur der es allen Gewerben, allen Innungen, allen Bünden, allen Kammern, allen Freunden und Gegnern des allgemeinen Befähigungsnachweiſes recht machen kann. Ein ſolches Genie möge ſich melden. Gehaltsanſprüche müſſen recht beſcheiden ſein. Die Expedition der„Handwerker⸗Zeitung.“ — Ein Maſchiniſt von„Pelikan“ und ein Torpedobootsheizer vom Torpedoot G. 109, die wegen Beteiligung an militäriſchem Auf⸗ ruhr u. a. vom Kriegsgericht zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt waren, ſind auf ihre Be⸗ rufung hin vom Oberkriegsgerricht freigeſprochen worden. i„ .„* 2 8 .— * ——.— 1 5 9 1 Jerfcho's Kaffee-Mischungen finden allgemeine Anerkennung und das mit Recht, denn jede einzelne Marke iſt aus den edelſten Sorten ſachkundig zuſammengeſtellt, nach neueſtem Heißluftverfahren geröſtet und da täglich friſch, feinſtes Aroma bedingt. Nirgends werden Sie einen beſſeren, billigeren und ebenſo friſchen Caffee kaufen können als in meinem Hauſe. Allen Kaffeekennern und Liebhabern einer guten Taſſe Kaffe empfiehlt ſich ein Verſuch. ch 1 5 5 Kaffee, roh und gebrannt à Pfund Mk. 1.00, Mk. 1.20, Mk. 1.40, Mk. 1.60, Mk. 1.80, Mk. 2.00. Billige Marken à Pfund 90 Pfg., 80 Pfg., 70 Pfg. Cacao Chocolade Tee rein, leicht löslich Lindt, Suchard, ſchwarzer Souchong, à Pfd. Mk. 1.20 Sarotti, Tell. Congo u. ſ. w. nme, Präſentpackung Präſentpackung 1.50, 1. S0, 2.00, 3 Tafel 20, 25, 30, à 20, 30, 40, 60, 2.40, 2.80. 40, 50, 70 Pfg. 80, 100 Pfg. Zur Weihnachtstafel: Orangen, Mandarinen, Datteln, Feigen, Krachmandeln, Parranüſſe, Erfriſchungswaffeln, friſche Trauben, Deſſertäpfel, Preiſelbeeren, Dunſtzwetſchen, Melonen, Reineclaudea, Aprikoſen, Pflaumen, Ananas. Als Weihnachtsgeschenk: Cognac, damaika-Rum, Arac de Badavia, Pfeffermünzlikör, Kümmellikör, Wachholdergeist, Steinhäger, Kirschwasser, Zwetschenwasser, Klosterlikör, alle Sorten Punschessenz. Christbaumlicher, der Carton von 28 Pfg. an. Beim Einkauf im Betrag von 3 Mk. an wird—— 1 Wandkalender 1006 mit Brieftaſche 5 ſalonfähige Ausführung, gratis ver⸗ abfolgt. 5 august Jericho, Colonfalwaren u. Delikatessenhaus. S 8 88 a e 8 08 N Neri Heinrich Keßler Mannheim P 6, 2 P 6, 2 gegründet 1878 empfiehlt zu Weihnachts⸗Geschenken Oiolinen u. Zithern von 5 Mk. an, Deutsche und echt ital. Mandolinen zu deu billigen Preiſen. Harmonikas bigſz bon 2 Biaſt an 2reihig von 12 Mark an Ferner alle Sorten Facon-Violinkasten, Notenpulte, Symphonion, Trommeln, Drehorgeln, Schweizer Spielwerke eto. Kindergeigen von 1.50 Mk. an. Bei Spieluhren 5 pt. Rabatt. — 8 2 3— f Einladung. Am Sountag, den 17. ds. Mts., abends präzis 7 Uhr hält der Turnerbund„Jahn“ in ſeinem Lokale, zum gold. Hirſch, ſeine diesjährige Weihnachts-Feier verbunden mit turneriſchen Aufführungen ab, wozu alle aktiven und paſſiven Mitglieder, ſowie Freunde und Gönner des Vereins freundlichſt eingeladen ſind. Der Turnrat. Evang. Arbeiter⸗Verein Seckenheim. Sonntag, den 17. Dezember, abends 7 Uhr, findet im Lokale Gaſthaus zur„Roſe“ unſere diesjährige Weihnachts-Leier mit Gabenverloſung ſtatt, wozu wir unſere Mitglieder und Freunde 5 des Vereins höflichſt einladen. Der Vorſtand. CCC Meine reichhaltige Weihnachts aus ſtellung in Spielwaren als: Sportswagen, Heuwagen, Herde, Schaukelpferde, Puppen u. ſ. w. empfehle zum Einkauf von Weihnachtsgeſchenken. . Ferner empfehle große Auswahl in Lampen, Emaillwaren, Bestecken, Messern und Scheren. . August Sehmiqdt, Sypenglermeiſter. J ̃ Pfaff Aähmalchinen I. CCC 5 für Famillengebrauch, auch zum Sticken vorzüglich geeignet, sowie für gewerb⸗ liche Zwecke. 5 Die vielen Vorzüge und Verbeſſe⸗ rungen, welche die 5 Pfaff⸗Hähmaschinen aufweiſen. haben dieſem Fabrikat einen Weltruf verſchafft. 5 Für Güte u. Leistungsfähigkeit der Pfaff-ähmaschinen kann daher jede gewünſchte Garantie geboten werden. Allein-Verkauf in Mannheim bei Martin Decker, A 3, 4 Theater engen Theatereingang. Telephon 1298. Lager in sämmtlichen Bähmaschinen und Strickmaschinen in allen Syſtemen und für jedes Gewerbe. Grosses Lager aller Arten Taschenuhren in Gold, Silber, Nickel und Stahl Regulateure, Haus-, Wand- und Küchenuhren Damen- und Herrenketten Trauringe Sroſchen, Armbänder, Ohrgehänge, Ringe, Vorſtecknadeln Manſchettenknöpfe, Anhänger Geschenkartikel, Tafelaufsätze, Bestecke, Menager ete. Schaufenſter mit ſichtbaren Preiſen. Ein Beſuch meines Geſchäf⸗ tes dürfte Sie von der Reichhaltigkeit und Billigkeit meines großen Lagers überzeugen. ö Auf ſämtliche bei mir gekauften Gegenſtände leiſte die weitgehendſte Garantie. Hermann Herth Uhrmacher und Juwelier„ + 15 N Mannheim, Breitestrassg Halteſtelle der Elektriſchen Bahn J 1. J. 7 Gratulationskarten für alle Gelegenheiten empfiehlt J. Helfrich. iii Eigene Reparaturwerkſtätte. ö