Setkenheiner Aueiget 151 4 * Anxeigeblatt für Seckenheim und Noesheim. Erſcheint Mittwoch und Samstag. Abonnement: Monatlich 30 Pfg., durch die Poſt bezogen vierteljährlich Mk. 1.10 Redaktion, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim. Die lſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Pfg Anzeigen: bei Wiederholungen entſprechenden Rabatt. Nr. 12. Samstag, den 10. Februar 1906. 6. Jahrgang Zweites Blatt. Das Geheimnis der Brüder. Kriminal⸗Roman von J. Fichtner. (Nachdruck verboten). „In Hütten und Paläſten kehrt das Un⸗ glück ein, kein Menſch bleibt davon verſchont und unzählige Frauen haben ſchwer an der Schuld ihrer Männer zu tragen. Sie ſind auch in der Regel ſtarkmütiger als dieſe, machen Sie keine Ausnahme und tragen Sie in Geduld, was Ihnen auferlegt iſt,“ fuhr ich fort. „Armut, Not, Arbeit und Bedrängnis aller Art wollte ich ertragen, nur nicht dieſe Schande, dieſe entſetzliche Schmach, aus der man ſich nicht 11 herauswinden kann und die uns vor allen Leuten verächtlich macht!“ Sie rang in bitterer Pein die abgemagerten Hände. „Sie müſſen das nicht ſo ſehr ſchwer nehmen. Von jedem Fall kann man ſich wieder erheben, wenn man die moraliſche Kraft dazu hat, und dieſe hat Ihr Mann noch nicht verloren. „Nein, nein! Wir haben die Verachtung verdient und uns wird nichts anderes zu Teil. Und unſer Sohn? Sie werden ihn alle ſchimpfen, ſobald ſie es erfahren!“ Wieder hatte ich hier Gelegenheit, das oft ſo ſcharf ausgeprägte Ehrgefühl der niederen Stände zu beachten. Welch ein guter Kern lag in dieſer Familie! Ich hatte ſehr große Mühe ſie von der tiefen Niedergeſchlagenheit etwas zu erheben. Daß ſie aber auch im Unglück treu zu ihm hielt, zeigte mir die Bitte, 64) ihn doch einmal zu beſuchen. „Er vergeht vor Scham, er iſt außer ſich, daß er vor Gericht muß. Ich ſelber weiß ja noch gar nicht, weſſen er beſchuldigt iſt. Als wir in das Haus kamen, fing das Un⸗ glück an!“ „Man wirds Ihnen nicht glauben wollen, daß Sie nichts davon wußten!“ „Es iſt aber ſo und es ſind nun ſechs Jahre, ſo lange wir dort wohnen. Erſt war ich ganz arglos und gab keine Acht. Ich merkte wohl, daß mein Mann ſehr verändert war in ſeinem Weſen; er war gedrückt und mißtrauiſch und nur die Fortſchritte, die unſer Sohn in der Muſik machte waren ſeine einzige Freude. Er klagte auch nicht mehr um Geld wie früher, denn der Herr gab ihm den doppelten Lohn, weil er faſt alle Nächte ar⸗ beiten mußte. Darüber ärgerte ich mich oft und ſchalt, er ließ es aber nicht. Einmal dauerte es mir zu lange und ich wollte ihn aus der Werkſtelle hinten holen, ich fand ihn aber nicht. Er verbot mir das ein für alle⸗ mal. Ich zerbrach mir ſehr den Kopf darüber, was er eigentlich triebe; ſeine ganze Natur änderte ſich, er murde mißmutig und ſchreckhaft, zankte ſich auch oft mit dem Herrn, vor welchem er gar keinen Reſpekt mehr hatte. Auch bemerkte ich mit Schrecken, daß allerlei Sachen verſchwanden, es kam mir vor, als ob mein Mann ſie verſchlepppe, darüber ſprechen durfte ich aber nicht. Einmal war er abends feſt eingeſchlafen, die Müdigkeit war ſtärker als ſein Wille; da nahm ich meinen ut zuſammen und wollte nachſehen, wohin er eigentlich verſchwand. Es war ſchon ſpät, als ich aufmerkſam ſuchend den Hof entlang ging— es war ſo kirchenſtill, ich konnte aber nichts entdecken— da hörte ich aber plötzlich wie aus der Erde einen Ton, daß mir faſt das Herz erſtarrte. Ich vermochte meine Fuße nicht zu rühren, als ſich das aber wiederholte, packte mich eine ſo grauenhafte Furcht, daß ich davon ohnmächtig wurde. Mein Mann fand mich bald darauf und ich mußte ihm ſchwören, daß ich nie mehr nachts den Hof betrete. Mich hätte ohnehin keine Macht mehr hinausgebracht, ich glaubte beſtimmt, daß böſe Geiſter dort ihr Unweſen treiben. Das ſagte ich Ihnen auch, Herr Doktor, und nun—“ „Sind die böſen Geiſter tot und un⸗ ſchädlich gemacht. Haben Sie keine Ahnung, wer jener Mann geweſen, der dort aufge⸗ funden worden iſt?“ „Keine!“ beteuerte ſie. „Wir haben zuletzt totunglücklich gelebt; ich mißtraute ihm und er fühlte ſich nicht frei.“ „Nun ſehen Sie, daß es am Ende ſo kommen mußte, beſſer, er büßt ſeine Schuld hier, als im Jenſeits.“ „Sie haben ja Recht,“ flüſterte ſie,„aber — die Schande.“ Ich verſprach ihr, zu Herting zu gehen und an ihren Sohn zu ſchreiben, wenn es nötig ſein würde. Inzwiſchen kam dann die Auseinander— ſetzung mit Sophie, das hatte zum großen Teil meine Frau übernommen. Die Briefe flogen hin und her— Sophie war außer ſich, ob— wohl ſie noch gar nicht alles vernommen. Sie erklärte ſich bereit, bei der beklagens⸗ werten Freundin zu bleiben, deren Bruder Eugen, dem Rat der Mutter zufolge, nach Zürich gereiſt war. Die Tage vergingen, trotz aller Einſamkeit, denn es fiel uns nicht ein, weitere Geſelligkeit in der Stadt zu ſuchen. Bei den Kindern be⸗ gannen bereits die Freuden des Weihnachts⸗ feſtes aufzuleuchten, wie gern beſtärken wir ſie in der Illuſion ungeſtörten Glückes. 13. Die Schwurgerichtsſaiſon ſollte acht Tage vor Weihnachten geſchloſſen werden; man ver— längerte ſie noch um zwei Tage, um den in Rede ſtehenden Fall mit abzuurteilen. Die Ermittelungen wurden durch das Ge— ſtändnis Hertings ſehr erleichtert, die Ver— handlungen würden nur kurze Zeit in Anſpruch nehmen. Ich war noch immer nicht dazu gekommen, den Gefangenen zu beſuchen; es hatten ſich nun doch eine Reihe von Patienten eingefunden, die ich um meines Rufes willen recht wahrnehmen mußte. Außerdem hatte mich der Sanitätsrat zu einigen ſchweren Fällen zugezogen. Hier und da merkte ich auch, daß meiner Perſön— lichkeit ein mit Neugier gemiſchtes Intereſſe entgegengebracht wurde— vielleicht hoffte man durch mich etwas mehr von dem aufregenden Falle, von welchem nur Bruchſtücke in die Oeffentlichkeit gedrungen waren, zu erfahren. Nun hatte ich bereits die Vorladung als Zeuge in den Händen und erinnerte mich nun wieder lebhaft des Verſprechens, das ich Frau Herting gegeben ihren Manr zu beſuchen. Meiner Abſicht ſtand nichts entgegen. Heidorn verſchaffte mir den Erlaubnisſchein und ſo ſtand ich denn an einem hellen Winter— tage vor der Pforte und begehrte Einlaß zu dem Unglücklichen. Durch hohe luftige Gänge, die vor Sauberkeit glänzten, wurde ich von einem Wärter an ſeine Zelle geführt. „Wie iſt wohl ſein Verhalten?“ fragte ich. „Er macht uns keine Unruhe; wenn ſie alle ſo wären, dann hätte es keine Not.“ „Das dachte ich mir!“ mußte ich jenem ſagen. Zelle Nummer 17. Der große Schlüſſel⸗ bund klapperte, die Tür ſprang auf. „Fünfzehn Minuten!“ ſagte der Beamte und ſchloß wieder zu. Zum erſtenmal befand ich mich im Ge— fängnis; mit neugierig prüfendem Blick über— flog ich den ganzen Raum, er war einfach, aber nicht unfreundlich. Vor dem weiß geſcheuerten Tiſch ſaß der Gefangene, den Kopf in beide Hände geſtützt, über ein großes Buch gebeugt — jedenfalls war es ein Erbauungsbuch. Er ſah nicht auf; entweder war er ſo verſunken oder er glaubte, es ſei nur der Wärter. Erſt als ich einige Schritte näher trat, erhob er ſeine Augen; als ob er denſelben nicht traue, ſah er mich lange an. „Ja, ich bin es, Herting, Ihre Frau bat mich, Sie zu beſuchen. Die Zeit aber iſt kurz — wenn Sie mir etwas zu ſagen haben—?“ Nun ſtand er ſchon— aber an ſeiner ganzen Haltung merkte ich den unendlichen Druck, der auf ihm lag. In ſein bleiches Geſicht ſtieg jähe Röte und haftete brennend auf der breiten Stirn; ich fühlte daß es das Zeichen tiefſter Scham war— mir gegenüber. „Sie kommen wirklich zu mir,— Sie haben es nicht verſchmäht—?“ Seine Stimme zitterte, in ſeine Augen traten Tränen. „Ich bin ein Menſch und fühle menſchlich!“ „Herr Doktor“, ſagte er mit erzwungener Feſtigkeit, während er noch immer fern ſtand und die Hand mir nicht zu reichen wagte,„in den vielen Tagen und Stunden, die ich hier ſchon zugebracht, habe ich darüber nachgedacht, welchen Troſt Sie mir einſt gegeben— ohne daß Sie es wußten; der hat mich bis jetzt aufrecht erhalten.“(Fortſ. folgt.) Verein für Badiſche Blinde Ilvesheim. Unſere Allerhöchſte Protektorin, Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin haben gnädigſt geruht, dem Verein für das Jahr 1906 ein Geſchenk von 100 Mk. über⸗ weiſen zu laſſen. Es iſt dies ein neuer Be⸗ weis der Allerhöchſten Gunſt, deren ſich unſer Verein erfreut und ein Zeichen dafür, wie ſehr unſere hochverehrte Landesmutter ſich die Fürſorge für ihre blinden Landeskinder angelegen ſein läßt. Wir blicken mit Vertrauen für das Ge— deihen unſerer Sache in die Zukunft, in der berechtigten Hoffnung, daß das warmherzige Beiſpiel unſerer Hohen Protektorin unſerem Vereine auch im Jahre 1906 neue Gönner und Freunde zuführen wird, deren Unter— ſtützung wir brauchen, wenn wir die Auf⸗ gaben löſen wollen, die die Blindenfürſorge an unſeren Verein ſtellt. Wir hoffen, im März dieſes Jahres in der Lage zu ſein, unſeren Jahresbericht vom Jahre 1905 zu veröffentlichen. Bis dahin bringen wir auf dieſem Wege zur Kenntnis unſerer Freunde und Gönner, daß Geldſen— dungen an die Kaſſe des' Vereins, Herrn Reallehrer Sauer-Ilvesheim, zu adreſſieren ſind, Begleitſchreiben für einmalige und erſt⸗ malige Geldſendungen ſind an die unterzeich— nete Stelle zu richten. Unſere verehrlichen Sammelſtellen bitten wir, ſich in Angelegen⸗ heiten der Liſte für den Rechenſchaftsbericht an die Schriftführerin, Fräulein Frieda Gönner, Lehrerin an der Blindenanſtalt Ilvesheim, wenden zu wollen. Bezüglich Auskunft in Angelegenheiten des Blindenheims Mannheim wende man ſich an den Verwaltungsrat des Blindenheims Mannheim; in allen übrigen Vereinsangelegenheiten an die unterzeichnete Stelle. Wir ſagen unſeren verehrten Freunden und Gönnern herzlichen Dank für die treue Mitarbeit im verfloſſenen Jahre. Seckenheim, im Januar 1906. L. Gülmer, Vorſtand des Vereins für Badiſche Blinde. e oc —„32—A—ͥI.—— N Selten günstig! Solange Vorrat! 195 penn · ink f von Freitag den 9. Februar bis inkl. Montag den 19. Februar O Sintliche Artikel ind ertra im kokal und im Eckfenſter zum Ausſuchen ausgelegt! O Für Kinder! Für Damen! Ein Poſten Borralf- Stiefel Ein Poſten Spangenſchuhe mit Abſatz, 21—22 1 darunter auch Roßleder, durchgenäht 1 Paar Mk. Paar Mk. Ein Poſten Echtweißenfelſ. Stiefel Ein Poſten Schnürſchuhe Knopf und Schnür, 21— 24 durchgenäht 95 Paar Mk. 1 Paar Mk. 1 Ein Poſten Schnürſtiefel Ein Poſten Lederpantoffel genagelt, 27— 31 1 5 durchgenäht, mit Pompen, 85. und 1 Paar Mk. ſchwarz Paar Mk. Ein Poſten gewendete Stiefelchen Ein Poſten W elegante Facons, 17— 22 95 durchgenäht, mit Pelz, N und 1* Paar Mk. farbig Paar Mk. Ein Poſten Lederpantoffel Ein Poſten Melton-Pantoffel durchgenäht, 27— 35, ſchwarz und 85 durchgenäht, mit Seitenleder und Fleck 1 farbig Paar Mk. Paar Mk. eue J 1, 1 i —— Lieferant des Beamten- und Ronsumvereins. 8 Z. Demuth, Mannheſm 6 2, 12. Empfehle zur Confirmation mein großes Lager in: ſchwarzen, weißen und farbigen 2 kKleider⸗Stoffe Fertigen Unterröcken, hemden. Hosen, Strümpfen u. Corsettes. en Ce Konfirmanden⸗Anzüge in allen Grössen und Preislagen. Mitglied des Alg. Babakt⸗Sparurreins F 2. 7 Mannheim 15 empfiehlt fortlaufend große Partien in nur guten Qualitäten moderner ſchwarzer, weißer 2 J. Lindemann und farbiger Damenkleiderstoffe N ſowie Tuche, Buxkins und Rammgarne für herren⸗ und . Knabenanzüge zu fabelhaft billigen Preisen. J. Lindemann. Aiupnstihhusssjach an azHaubssuiag asi Fußball⸗Geſellſchaft Seckenheim 1898. Heute abend ½9 Uhr Zusammenkunft im Lokal. Der Vorſtand. Morgen Sonntag, nachmittags 215 Uhr Wettſpiel der 2. Mannſchaft gegen„Union“ Mannſchaft auf unſerm Sports⸗ platze. Der 1. Spielführer. Die Schlußrechnung über die An⸗ lage unſeres Sportplatzes liegt wäh⸗ rend der nächſten 14 Tage beim 1. Spielführer zur Einſicht der Mit⸗ glieder auf. Die Kommission z. Verw. d. Sportpl. Heirat. Junger, ſolider Kaufmann, 25 Jahre alt, mit eigenem Geſchäft, ſucht mit einem braven, fleißigen Mädchen behufs baldiger Heirat in Verbindung zu treten. Etwas Ver⸗ mögen erwünſcht. Offerten mit Photographie unter R. O. M. hauptpoſtlagernd mannheim. Tüchtiger Schloſſer findet dauernde Beſchäftigung bei Reis& Co., Friedrichsfeld. Liebhaber eines zarten, reinen Cesſchts mit roſigem jugendfriſchen Anssehen, weißer, ſammet⸗ weicher haut und blendend ſchönem Teint gebrauche nur die allein echte: Steckenpferd-Lilienmilch-Seife von Bergmann 8 Co., Radebeul mit echter Schutzmarke: Steckenpferd à St. 50 Pfg. bei Georg Röser und in der Apotheke. Nächſte Große Bad. Juvaliden⸗ 3 Lotterie 5 jehung sicher 24. Februa 2928 n M. 4A, O00, 41. Hauptg. M. 20,000ʃ5 9 05 502. Hauptg. M. 5000 3 2926 M. 19,0003 105 1 M. 0 0 e re versendet das General-Debit J. Stürmer, Strassburg i. E. Ein neuer Brunnentrog und 4 neuen Sieben preisweit zu verkaufen. Noſenſtraße 21. Freundlich möbliertes Zimmer (Paterre) ſofort zu vermieten. Schloßſtraße 29. Ein gutgehender eiſerner Brunnen zu verkaufen. Dammſtraße Ur. 3. AN ckenheim:———