u et A * * I . 5 Anzeigeblatt für Seckenheim und Noesbeim. Erſcheint Mittwoch und Samstag. Abonnement: Monatlich 30 Pfg., durch die Poſt bezogen vierteljährlich Mk. 1.10 Nedaktian, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim. Anzeigen: Die Iſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Pfg. bei Wiederholungen entſprechenden Rabatt. Nr. 16. Samstag, den 24. Februar 1906. 6. Jahrgang Zweites Blatt. Das Geheimnis der Brüder. Kriminal⸗Roman von J. Fichtner. 88)(Nachdruck verboten). Oft, wenn er glaubte, dieſe unheimliche Laſt nicht länger errragen zu können, beſtürmte er ſeinen Bruder und Mitwiſſer, der Sache ein Ende zu machen, ſich dem Gericht zu ſtellen oder zu fliehen. Und um dieſe innere und äußere Be⸗ drängnis zu verbergen und zu bemänteln, ver⸗ dächtigte Franke ſeinen Mitwiſſer dahin, als ſei er ein ſonderbarer, oft nicht zurechnungs⸗ fähiger Menſch. Nach jahrelanger, gegenſeitiger Pein, wo dieſer lebendige„Spuk“ ſie in ſteter Angſt und Sorge hielt, kam endlich die erſehnte Stunde, wo der wirkliche Dieb ſein qualvolles, öde Leben aushauchte und die beiden ſomit von der furchtbaren Laſt, dem allezeit drohenden Ver— hängnis erlöſt wurden. Das war in jener Nacht geſchehen, als ich am Morgen darauf, meinen Patienten beſuchend, Herting bei ihm wiſſend, die herzerleichternden Ausrufe der Beiden gehört, ſie auffallend froh und glücklich gefunden hatte. Dieſes und meine Wahrnehmungen in dem Verhältnis der Schuldigen mußte ich auch be⸗ eugen, ſowie ferner den Tot Frankes in meinen rmen, die Entdeckung des Toten in den Keller⸗ räumen. Wahrlich— ein eigenartiges Geſchick hatte über den beiden Brüdern— deren gegenſeitige Beziehung bis jetzt verborgen geblieben war— gewaltet. Während ſie glaubten, nun frei und unbehindert ein neues Leben beginnen zu kön⸗ nen, waltete die Nemeſis ſchon ſtill und ver— borgen ihrers Amtes. Es erwies ſich ferner in der Verhandlung, daß Herting ſich in der Tat keines Vermögens⸗ vorteils ſchuldig gemacht. Es konnte ihm weder Gut noch Geld nachgewieſen werden— er war arm geblieben und hatte nur ſeinen dop⸗ pelten Verdienſt für die Ausbildung des Sohnes verwendet. Welche widerſträubende Gefühle hatten die Bruſt dieſes Mannes durchwühlt, der mir ſpäter auch geſtand, daß er die Macht, die er über Franke gehabt, auch dazu benutzen wollte, um die Einwilligung zur Vermählung deſſen Tochter mit Achim zu erzwingen. Darin aber war jener feſt geblieben. Er achtete ſeine Schuld doch nicht ſo gering, als daß er nicht gefürchtet, daß aus der Verbindung ihrer Nachkommen nur ein rächendes Unglück entſtehen könnte. Nun aber mußten beide ihre Schuld ſelbſt büßen, die natürlichen Konſequenzen auf ſich nehmen. Zitternd vor Erwartung noch weiterer ſenſatloneller Enthüllungen hatte die Menge im Zuſchauerraum angehalten bis auf den letzten Augenblick. Es folgten jedoch keine weiteren öffentlichen Aufklärungen über die Abkunft und das Geburtsverhältnis der ſtrei⸗ tenden Parteien, vielmehr wurde ohne weitere Rückblicke, den Akten gemäß, die Anklage ſelbſe verhandelt. Der als Zeuge verhörte Bücherreviſor ſtellte zun Verwunderung des großen Publikums feſt, daß der Vermögensſtand durchaus nicht ungüſtig ſei und der Anſpruch auf Rücker⸗ 3 gut zu dreiviertel gewährt werden nne. „Finden Sie dieſe Sachlage erklärlich, Angeklagter?“ fragte der Präſident.„Der Verſtorbene pflegte doch ein großes Haus zu machen und hatte noble Paſſionen, ſowie auch die teure Erziehung ſeiner Söhne zu beſtreiten.“ Anfänglich ſchwieg Herting. Auf die noch— malige Frage ſagte er: „Es wurde viel verdient.“ „Ich kann mir das aber nicht erklären und habe einen auffallenden Geſchäftsertrag in den Büchern nicht gefunden. Indeß kann ich noch konſtatieren, daß ſich viele Koſtbarkeiten in einem Geheimfach des Schreibſekretärs vorgefunden haben.“ Der Präſident atmete auf, mit ihm auch die Geſchworenen, die nun wohl mit ihrem Gewiſſen einen milden Richterſpruch vereinbaren konnten. Nun begannen die Plaidoyers der Rechtsbeiſtände. Herting wurde mit Wärme verteidigt und der Milde des Gerichtshofes empfohlen. Nach verſchiedenem Hin- und Herfragen, den nötigen Formalitäten, der Formulierung des Strafmaßes ſeitens des Staatsanwalts, war die Verhandlung beendet. Der Gerichtshof und die Geſchworenen zogen ſich zurück und in der Vor⸗ ausſicht, daß längere Zeit bis zu ihren Ent— ſchlüſſen vergehen würde, gönnten ſich die an— geſpannten Nerven der den Richterſpruch wartenden Menge eine kleine Pauſe. Alles ſtrömte hinaus in die Gänge und ſuchte Er⸗ friſchung. Ich trat auf Herting hinzu, der völlig er⸗ ſchöpft und zuſammengeſunken auf der Anklage⸗ bank ſaß. „Seien Sie ein Mann,“ ermahnte ich ihn, „was auch das Geſetz über Sie verhängen mag,— es weiß doch jeder und hat die Ueber⸗ zeugung gewonnen, daß Sie ein Opfer der Verhältniſſe ſind!“ Er erhob ſich. „Sie haben ja keine Ahnung, Herr Doktor, wie innerlich zerriſſen ich ſeit dieſer Zeit ge— weſen bin. Das einzige, was mich aufrecht erhalten waren meine Söhne. Der Kleine, den Sie mir retteten und der andere Große, der ſo treu und anhänglich mir alles vergelten wollte. Wenn ihm meine Schmach im Vaterlande 1 ſollte, ſo ſteht ihm ja die Welt nun offen. „Gewiß— darüber grämen Sie ſich nicht!“ „Und ſollte ich, gleichzeitig mit mir— nun er iſt es ja doch einmal— meinen Bruder an den Pranger ſtellen— tauſendmal wollte ich es und— tauſendmal unterließ ich es dann dauerten mich immer wieder die armen Kinder und die brave Frau, die von Hochmut und Luxus nichts wiſſen wollte. „Wie erklärte ſich das Geburtsverhältnis Ihres verſtorbenen Bruders zu dem Grafen?“ „Meine Mutter war die Witwe eines Unterförſters, meines Vaters, der in Dienſten, des gräflich D.ſchen Majoratsherrn ſtand. Er verunglückte bei der Jagd und ſtarb infolge deſſen. Der alte Graf ſorgte für ſie und ſetzte ſie als Beſchließerin in das kleine Jagdſchloß. Sie war leider eine ſehr hübſche und noch junge Frau. Der Neffe des Majoratsherrn kam als junger Leutnant oft zur Jagd. Ich will über die Schande und Unehre, welche da— durch über uns gekommen iſt, nicht weiter ſprechen— ſie hatten beide Schuld und doch um meiner Mutter willen darf ich ihn ebenſo wenig verdammen wie ſie?“ „Er hat durch ſeinen Sohn büßen müſſen?“ „Und wir für unſere Mutter! Sie wurde nicht alt, verlangte auch kein Recht und keine Anerkennung. Der Junge war aber äußerſt intelligent und wurde in ſeiner Erziehung vom alten Grafen unterſtützt. Ich wollte nichts von ihm wiſſen— das Schickſal aber hat uns dann zuſammengetroffen!“ Er hatte für einen Augen⸗ blick in der Rückerinnerung die für ihn furcht⸗ 88 bare Gegenwart vergeſſen. Jetzt meldete ſich dieſe mit unabweisbarer Gewalt. Der Gerichtshof erſchien und das Glocken⸗ zeichen ertönte laut und mahnend durch den Tumult der wieder hereinſtürmenden Menge. Noch einmal gebot man Ruhe und zehn Minuten ſpäter war der Urteilsſpruch gefallen. Der in banger Erwartung bebende Ange- klagte erhielt in Rückſicht ſeiner früheren Unbe⸗ ſcholtenheit und in Rückſicht auf die jahrelange Fürſorge, die er dem eigentlichen Diebe er⸗ wieſen, für Begünſtigung und Verheimlichung des Diebſtahls und Freiheitsberaubung eines Menſchen ein Jahr und vier Monate Ge⸗ fängnis. Das Publikum brach in Beifall aus; es fand die Strafe nicht allzu ſchwer und nicht ſo entehrend, wie man im Anfang gefurchtet. Auch der Angeklagte hatte auf die Frage, ob er dagegen Proteſt erheben wolle, nur eine ſtumme Verneinung. Der lange entſetzliche Druck, der auf ihm gelaſtet, löſte ſich in Tränen auf.„Er wird auch das ertragen,“ dachte ich bei mir,„und dann vielleicht noch einmal geiſtig und körperlich geſunden.“ Fortſ. folgt. Eingeſandt. Geſtatten Sie mir einige Bemerkungen zu Ihrem Artikel„Die wirtſchaftliche Rolle Marokkos“ in der letzten Nummer Ihres ge— ſchätzten Blattes. Darnach könnte es den An⸗ ſchein haben, als ob die jetzige Spannung zwiſchen Deutſchland und Frankreich ohne ernſte Urſache ſei. Da auch ſchon kürzlich in einem Artikel„Etwas über Marokko“ ein derartiger Zweifel durchblickte, ſo halte ich es für ange⸗ zeigt, noch einmal den Gang der Ereigniſſe, die zu der gegenwärtig in Algeciras tagenden e führten, ins Gedächtnis zurückzu⸗ rufen. England hatte im Jahre 1904 mit Frank⸗ reich ein Abkommen getroffen, demzufolge Eng⸗ land in Egypten freie Hand haben ſollte, wäh— rend es als Gegenleiſtung verſprach, den Fran⸗ zoſen in Marokko keine Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Was dieſes Abkommen bedeu⸗ tete, zeigte ſich bald, als der franzöſiſche Ge⸗ ſandte Taillandier in Fetz vorſtellig wurde und ſich dabei auf ein europäiſches Mandat berief. Allein Deutſchland wurde von dem Abkommen amtlich nicht in Kenntnis geſetzt. Es konnte nicht ruhig zuſehen, wie ein freies, unabhängi⸗ ges Land, an dem es intereſſtert iſt, ſozuſagen verſchenkt wird; denn es iſt klar, daß die Franzoſen ein Protektorat ähnlich wie in Turis erſtrebten. Wenn auch der deutſche Handel in Marokko nicht ſehr bedeutend iſt, ſo dürfte ſich derſelbe doch beträchtlich heben, wenn dieſes nach Anſicht von Kennern überaus reiche Land wirtſchaftlich erſchloſſen iſt. Man kann es alſo Deutſchland mit ſeiner gewaltig anwach— ſenden Bevölkerung nicht verübeln, wenn es ſich energiſch gegen die Verſchließung eines Abſatzgebietes wehrt; denn ſaßen einmal die Franzoſen in Marokko feſt, ſo dürfte es mit dem deuſchen Handel bald geſchehen ſein. Aber noch mehr. Beſtand das Abkommen zwiſchen Frankreich und England die Probe, und dazu war eben Marokko auserſehen,— wer bürgt dafür, daß ſich die beiden eines ſchöͤnen Tages nicht auch über ein andeces Land„verſtändig⸗ ten?“ Deutſchland war es daher einfach ſeiner Ehre ſchuldig, dagegen Einſpruch zu erheben und es iſt ihm ſchließlich gelungen, die Konfe⸗ renz, auf der z. Zt. über das Wohl und Wehe Marokkos beraten wird, zuſtande zu bringen. Wir aber wollenv olles Vertrauen zu unſerer Dip⸗ lomatie haben und nicht noch am Ende durch kleinliche Nörgeleien die Geſchäfte des Auslan⸗ des beſorgen. Lernen wir doch in dieſer Be⸗ ziehung von dem Engländer, der ſagt: Recht oder Unrecht— es iſt mein Vaterland. s. N selten günstige Gelegenheit! 1200 Stich. habe ich weit unter Preis erworben. 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