Seckenheimer HNnzeiger, Erſcheint Dienstag, Donnerstag und Samstags. Der Abonnementspreis beträgt monatlich 35 Pf. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 1.50. Mr. 32 22 CTCetrſtes Blatt. Unſeren verehrl. Ceſern und Leſerinnen, ſowie Bekannten und Geſchäfts freunden Beſte Glückwünſche e el Politiſche Rundſchau. Deutſches Reich. e Wechſel im preußiſchen Kultusminiſterium. In Berliner konſervativen Kreisen, die im allgemeinen als gut unterrichtet angeſehen werden dürfen, ſpricht man allen Ernſtes dapon, daß der preußiſche Miniſter des Innern v. Moltke ſein jetziges Amt mit dem des Kultus- miniſters vertauſchen würde, ſobald der Rücktritt des ge⸗ enwärtigen Kultusminiſters Dr. Holle perfekt geworden iſt, was in abſehbarer Zeit zu erwarten ſei. Dieſes Ge⸗ rücht hat manches für ſich. Herr v. Moltke war früher lange Jahre vortragender Rat im Kultusminiſterium. Er würde alſo nicht wie Herr Holle als Neuling in ein ihm unbekanntes Reſſort kommen. Es iſt übrigens ein offenes Geheimnis, daß Herr von Moltke das Königsberger Oberpräſidium nur höchſt ungern mit dem Miniſterium des Innern vertauſcht hat. Er hat ſich in Königsberg auch ganz offen dahin ausgesprochen, denn der Posten des Kultusm niſters iſt von jeher das Ziel ſeiner Wünſche geweſen. Und aus dieſen Gründen iſt den Gerüchten, wenn ihnen auch einſtweilen noch die amtliche Beſtätigung fehlt, doch eine größere Bedeutung beizumeſſen. Als Nachfolger Moltkes im Miniſterium des Innern werden genannt der Berliner Polizeipräſident v. Stubenrauch, Oberpräſi⸗ dent v. Windheim und der Oberpräſident von Branden⸗ burg, Trott zu Solz. Doch ſcheint es ſich hier mehr um Kombinationen zu handeln. * Die Portofreiheit der Fürſten. Ein nach⸗ ahmens wertes Beiſpiel hat der Großherzog von Olden⸗ burg ſeinen Standesgenoſſen auf den Thronen gegeben: Bald nach Antritt der Regierung verfügte er, ſo berichtet der Reichstagsabgeordnete Dr. Struve in einem Ham⸗ burger Blatt, daß die Portofreiheit, die ihm nach Geſetz 8 ſich nicht auf die gewerblichen und geſchäftlichen eugniſſe ſeiner Güter ausdehnen ſolle. Er beſchränkte alſo den Begriff„Großherzogliche Angelegenheit“ ein. —— e—PI—fſß'“. ſ K ᷑T— TK KKK. 8—K—᷑—K———— Kriminalroman. 5 5* * 5 In ſchwerem Verdacht. 1. Kapitel Der Chef der Polizei der Provinzialhauptſtadt X drückte auf den auf der Schreibtiſchplatte in ſeinem Bureau ange⸗ brachten Knopf der elektriſchen Klingel. Seine Augen⸗ brauen waren finſter gerunzelt, ſeine Stirne lag in tiefen Falten. Die Tür öffnete ſich und ein Bureaudiener trat ins Zu mer. „Iſt Kriminalkommiſſär Hirt in ſeinem Bureau?“ „Ich weiß nicht, Herr Direktor“, lautete die Antwort, die mit militäriſcher Promptheit gegeben wurde. 5„Dann ſehen Sie gleich einmal nach, und falls er da ist, ſagen Sie, ich erwarte ihn.“ „Sehr wohl, Herr Direktor.“ De: Polizeidirektor griff nach dem Schriftſtück, das vor ihm cuf dem Schreibtiſch lag und durchflog es noch einmal, wäre: ſein Lipven ſich feſt aufeinanderpreßten und der Zu; ärgerlicher Aufregung in ſeinen Mienen ſich noch chö'r⸗ fer auspräote. Plötzlich warf er das Schreiben mit einem Ruck auf den Schreibtſſch zurück, ſprang mit heftiger e⸗ bärde auf und ging mit erregten Schritten im Zimmer auf und ab. Da öffnete ſich die Tür. „Herr Direktor!“ Ein Mann. Mitte der Vierzig, war eingetreten. Die Haltung des unweit der Schwelle ſtehenbleibenden Bamt en zeigte militäriſche Strammheit. Sein glattraſtertes Geſicht, das nur auf der Oberlippe einen ſpärlichen Bartwuchs auf wies, verkündete keine beſondere Intelligenz; aber es leuch⸗ tete voll Eifer und Ehrfurcht. Der Polizeichef blieb vor ſeinem Untergebenen ſtehen und ſah ihn mit blitzenden Augen an. „Hoben Sie etwas Neues in der Einbruchsſache Die⸗ trich zu melden?“ fragte er. Hmisblait der Bürgermeisterämter Sechkenheim, Ilvesheim, Heckarhansen und Edingen. Donnerstag, den 31. Dezember 198 Seine Meiereien wurden an Private verpachtet, und ſo wurde auch denen die Poſtvergünſtigungen genommen. Hoffentlich folgen auch andere deutſche Fürſten dem Olden⸗ burger Großherzog nach. Zahlreiche Stimmen in der Preſſe aller Parteien weiſen übereinſtimmend darauf hin, daß gerade die Portofreiheit für die mancherlei Geſchäfte, die von den fürſtlichen Verwaltungen betrieben werden, be⸗ rechtigte Erbitterung in weiten Kreiſen der Bevölkerung hervorgerufen hat. * Journaliſtiſche Agenten. Die Reichsregierung plant zur Ausgeſtaltung und Verbeſſerung des Auswär⸗ tigen Amts, von der ſo viel geſprochen wurde, die Schaf⸗ fung von Agentenpoſten in den Hauptſtädten der zivili⸗ ſierten Staaten. Dieſe politiſchen Agenten werden die Auf⸗ gabe haben, für die deutſchen Intereſſen im Auslande journaliſtiſch zu wirken, über die Abſichten und Beſtrebun⸗ gen der Reichsregierung aufklärend zu berichten und an⸗ dererſeits zuverläſſige Informationen über die Stimmung des Auslandes an die Heimat zu liefern. Bisher hat beſonders Schweden ſolchen Agenten gehalten. Auch Un⸗ garn hat einen ſolchen Agenten in Berlin. 755 Frankreich. 5 e e, „Vorkaufsrecht auf den Kongoſtaat. Dem Echo de Paris zufolge ſind die zwiſchen der franzöſiſchen und der belgiſchen Regierung ſchwebenden Verhandlungen über das Vorkaufsrecht Frankreichs betreffend den Kongoſtaat dem Abſchluſſe nahe. Nach dem neuen Abkommen, deſſen Unterzeichnung Ende der Woche erfolgen dürfte, behält Frankreich dieſes Vorkaufsrecht für den Fall, daß Belgien eines Tages den Kongoſtaat aufgeben ſollte. 5 Belgien. N Armeereorganiſation. Der Senat beſchloß, einen Antrag des Grafen Werner de Merode, in Friedens⸗ zeiten das belgiſche Heer nach dem Erſatzmännerſyſtem zu erhalten, für Kriegszeiten jedoch die allgemeine Dienſt⸗ pflicht einzuführen, der Kommiſſion zu überweiſen. Fer⸗ ner wurde das Kolonialbudget mit 56 gegen 12 Stimmen angenommen. i „ e e eee! Schonung den Vögeln. Die harte Jahreszeit iſt da, wo ſo mancher Vogel darben muß, weil die Felder und Gärten verſchneit ſind und der arme Kerl nichts findet. Wir ſollen ihn deshalb nicht vergeſſen und ihm täglich die Broſamen vom Herren⸗ tiſche hinausſtreuen, damit er ſein Daſein friſten kann. Der Vogel arbeitet an unſerem Wohlergehen, mithin ſind wir ihm dieſen Liebesdienſt ſchuldig. Wenn die Vögel nicht wären, wie möchte es da in unſeren Gärten, auf unſeren Feldern und in unſeren Wäldern ausſehen. Wenn es auch ſo manchem ſcheinen wiel, daß viele Schädlinge Der Kommiſſär ſchlug unwillkürlich ſeinen Blick nieder; ſeine Miene nahm einen verlegenen, gequälten Ausdruck an. „Nein Herr Direktor.“ Die Lippen des Polizeichefs zuckten geringſchätzig. „So? Alſo immer noch nichts Neues,“ ſtieß er in übelſter Laune hervor.„Seit drei Wochen haben Sie ſo gut wie nichts herausgebracht. Der Herr Oberſtaatsanwalt“ — der Sprechende deutete mit der Rechten nach dem Schreib⸗ tiſch hin—„moniert die Langſamkeit unſerer Maßnahmen. Ei tadelte beſonders, daß Sie faſt acht Tage brauchten, um das Verzeichnis der geſtohlenen Gegenſtände zu ver⸗ öffentlichen.“ „Das war in dieſem Fall beſonders ſchwierig, weil“— „Unterbrechen Sie mich nicht!“ herrſchte der Chef ſeinen Untergebenen an.„Beſonders ſchwierig! Das iſt eine Re⸗ densart, Herr! Einen Verbrecher zu entdecken, iſt immer beſonders ſchwierig. Erwarten Sie vielleicht, daß ſich ſolch ein Kerl freiwillig ſtellt? Aber es fehlt Ihnen an Findig⸗ keit, an der richtigen Art zu kombinieren. Freilich, dafür können Si am Ende nichts. Sie ſcheinen ſich eben für Ihren Poſten nicht zu eignen.“ Die Augen des Geſtrengen ruhten prüfend auf den Mienen des Kommiſſärs, der ſich verfärbte und ſichtbar zuſanmenzuckte. „Haben Sie denn noch gar keine Spur, Hirt?“ Der Gefragte rückte ſich wieder ſtraffer zuſammen. „Es können nur ganz gewiegte Einbrecher geweſen ſein, Herr Direktor. Es iſt außerordentlich geſchickt ge⸗ arbeitet worden und die Spuren ſind mit einer Umſicht ver⸗ wiſcht, die auf eine große Erfahrung“ Der Polizeidirektor unterbrach mit einer Gebärde der Ungeduld „Nun, dann müßte es doch um ſo leichter ſein, dann kann doch nur ein ganz kleiner Kreis von Perſonen in Feage kommen.“ Inſertionspreis: Die einſpaltige Petitzeile 10 Pfg., Reklamen 20 Pfg. die Zeile. Bei öfterer Aufnahme Rabatt. Fernſprechanſchluß Nr. 16. im Walde und Garten ſeien und deshalb vernichtet wer⸗ den müßten, ſo ſei darauf hingewieſen, daß ſicher in anderer Beziehung dieſe Vögel mancherlei Nutzen bringen, der größer iſt als der geringfügige Schaden, den ſie verursachen. Wenn wir die Vögel nicht hätten, würde ſich das Heer der ſchädlichen Inſekten ins Unglaubliche vermehren. Das Ungeziefer würde alles vernichten, was ſeiner Freßluſt zum Opfer fiel. Man hat, wie Stichel in der„Internatio⸗ nalen entemologiſchen Zeitſchrift“ berichtet, die Beobach⸗ tung gemacht, daß die Raupen auch dann noch ſehr ge⸗ fräßig ſind, wenn ſie von Paraſiten behaftet, alſo bereits angekränkelt ſind. Die Vernichtung der ſchädlichen Raupen iſt vor allem nötig; aber auch das Heer der Schlupfweſpen iſt ſo groß, daß ganz gut ein Teil davon vertilgt werden kann. Dazu kommt, daß die Schlupfweſpen beim An⸗ faſſen der Beute ſehr phlegmatiſch ſind, während der Vogel überall herzhaft dort zugreift, wo er nötig iſt. Auf⸗ gabe des Vogels iſt, die Raupen nicht mit einem Male, wohl aber ununterbrochen zu vertilgen. Es iſt Tatſache, daß die Zahl der Singvögel von Jahr zu Jahr immer mehr abnimmt. Deshalb iſt es unſere Pflicht, vor allem die Singvögel zu ſchonen und auch jene, welche Schüd⸗ linge verzehren. Wenn von gegneriſcher Seite behauptet wird, daß ſich in Gegenden, wo namentlich kleine Vögel niſten, viele ſchädliche Inſekten bald zeigen, ſo iſt das ein Irrtum. Die Erfahrung lehrt, daß ſich immer dort am meiſten Raubtiere zeigen, wo viel Wild hauſt, ebenſo werden ſich ſehr bald auch dort Inſekten freſſende Vigi. einfinden wo die Schädlinge maſſenhaft auftreten. Wir werden den goldenen Mittelweg gehen, wenn wir die Vögel und die nützlichen Inſekten ſchonen. Das geſchieht am beſten, wenn wir ſchon in der Schule die Kenntnis der nützlichen Inſekten den Kindern beibringen. Aus Baden. ( Donaueſchingen, 29. Dez. Ueberfallen und aus geraubt wurde am hl. Abend der 12jährige Sohn des Reſtaurateurs Max Rothweiler. Als der Tat dringend verdächtig wurde der 30 Jahre alte Maurer Karl Wul⸗ lich verhaftet. 5 (Karlsruhe, 29. Dez. Der evangel. Oberkirchen⸗ rat ſieht ſich, wie er in ſeinem ſoeben ausgegebenen Ge⸗ ſetzes⸗ und Verordnungsblatt bekannt macht, durch wieder⸗ holte, unliebſame Erfahrungen zu der Maßnahme veran⸗ laßt, daß Kandidaten, welche in der erſten theologischen Prüfung zwar im ganzen genügen, aber in einzelnen wichtigen Fächern, beſonders auch in der altteſtament⸗ lichen oder neuteſtamentlichen Exegeſe, verſagen, eine Nach⸗ prüfung in dieſen Fächern zu beſtehen haben, von deren Ausfall die Zulaſſung zur zweiten Prüfung abhängig gemacht wird.— Der evang. Oberkirchenrat macht weiter bekannt, daß für das Studienjahr 1909 10 ihm das preßt und kleinlaut.„Ich habe auch zwei ganz beſtimmte Leute in Verdacht und habe ſie ſofort in ſtrengſte Beob⸗ achtung genommen, aber es hat ſich noch kein Anhaltspunkt ergeben, der—“ Der Chef zuckte geringſchätzig mit den Achſeln. „Wie geſagt,“ äußerte er hart, ſich abwendend und wieder auf ſeinem Seſſel vor dem Schreibtiſch Platz neh⸗ mend.„Es wird mir nichts weiter übrig bleiben, wenn Sie nicht bald Erfolg haben, als Sie ablöſen zu ſaſſen. Es wird ſich eine Bureauſtellung für Sie finden laſſen.“ „Herr Direktor!“ Aber der Polizeichef achtete nicht auf dieſen in bitt dem, zitterndem Tone hervorgepreßten Ausruf. „Ein wahres Glück,“ fuhr er in ſeiner Strafpredigt fort,„daß wir in den letzten Jahren, ſeit Sie bei uns an⸗ geſtellt ſind. ſo wenig Kapitalverbrechen zu verzeichnen haben, eigentlich nur eins, den Mord an der Hauſiererfrau Mutſchte vor drei Jahren, der natürlich auch noch nicht aufgeklärt iſt.“ Der Getadelte wagte eine beſcheidene Entſchuldigung. „Die Tat fand in der Stadtforſt, hart an der Grenze unſeres Weichbildes, ſtatt und iſt gewiß von einem fremden Vaca' unden verübt—“ a „Natürlich, eine Ausrede haben Sie immer. geſaat— Aber, was iſt denn das?“ Der Polizeidirektor blickte ärgerlich nach der Tür, die plözlich heftig aufgeriſſen wurde; der Amtsdiener trat oder vielmehr ſtürmte eilig über die Schwelle. „Was gibt's denn?“ fragte der Chef ſtirnrunzelnd. Ter Amtsdiener war ganz außer Atem. „Cutſchuldigen der Herr Direktor,“ ſagte er haſtig. „Schutzmann Schubert hat eine dringliche Meldung.“ „Laſſen Sie ihn herein!“ 5 (Jortſetzung folgt. ( r pr 2. 4 3— 5 5 Alſo wie Recht zuſteht, einen badiſchen fungen Theologen zum deut⸗ ſchen evangel. Inſtitut für Altertumswiſſenſchaft des heili⸗ gen Landes zu entſenden. Geiuche ſind bis ſpäteſtens 1. Februar 1900 beim evang. Oberkirchenrat einzureichen, der über die Vereigenſchaftung des Bewerbers ſich die Ent⸗ ſcheidung vorbehält. („) Hberkirch. 29. Dez. In der am 27. d. Mts. hier aboehaftenen Konferenz der ſozialdemokratiſchen Par⸗ tei wurde Parteiſekretär Trinks als Kandidat für den 32. Landtaaswahlkreis aufaeſtellt. („ Heidelber⸗«. 28. Dez. Oberingenjeur Peters wurde am heiligen Abend, als er mit den Seinen unter dem Weihnachtsbaum ſtand, von einem Schlaganfall be⸗ troffen. Er war ſofort tot. () Vom Oberland, 29. Dez. Am zweiten Weih⸗ nach'stag fand man zw'ſchen Egerten und der Scheideck (bei Wollbach) den 19jährigen Fritz Greßlin von Egerten erfroren auf. Der Präſident der kürkiſchen Kammer. 1 Achmed isa- Bei, 7 d erste pràsidenta tbr parlamen für Adrianopel Taalaat beſtimmt. Zum zweiten Vize⸗ präſidenten iſt der Grieche Ariſtidi Paſcha ernannt wor⸗ den, der Abgeordnete für Smyrna. Man erwartet von dieſer Wahl einen wohltuenden Einfluß auf die Diſſerenzen mit Griechenland. ö e —— 4 f 8. Das 60jähr. Jubiläum der Zentral⸗ ſtelle für Gewerbe und Handel. Fur die Zentralſtelle für Gewerbe und Handel geht ein wichtiges Jahr ſeinem Ende entgegen: es ſind 60 Jahr her, ſeit dieſe Landeszentralbehörde ins Leben ge⸗ treten iſt. Am 14. Juli 1848 wurde durch königliche Entſchließung„die Errichtung einer eigenen Behörde für die Pflege des Handels und der Gewerbe unter dem Namen Zentralſtelle für Gewerbe und Handel“ genehmigt. Das Gewerbeblatt erinnert daran, daß damals bewegte öffentlichungen von L. Viſcher und Dr. Otto Bechtle. 2 Neues aus aller Welt. * Zuſtmord. Die„Frankf. Ztg.“ meldet aus Gießen: Am Heiligen Abend wurde im Gießener Stadtwald an dem zehnjährigen Knaben Heinrich Abel ein Luſtmord ver⸗ übt. Die Leiche wurde am erſten Fe lertag mittags ge⸗ funden. Als er wurde geſtern nachmittag der bereits dreimal wegen Sittlichkeitsverbrechen vorbeſtrafte 47 ähr. Schuhmacher Wilhelm Reif aus Niederſpay bei Koblenz verhaftet. * Ein angenehmer Hochzeitsgaſt. Die Vorfreude auf einen Hochzeitsſchmaus iſt einem jungen Mann aus einem Dorfe bei Celle nicht gut bekommen. Während einer kirchlichen Trauung fiel der als Trauzeuge fungie⸗ rende junge Mann plötzlich in eine tiefe Ohnmacht. Als er ſich wieder erholt hatte, gab er an, er habe ſeit zwei Tagen nichts gegeſſen, um„beim Hochzeitsſchmauſe mög⸗ lichſt leiſtungsfähig zu ſein“ a . 3 * * Verbrannt. Unter dem Chriſtbaum verbrannte der Arbeiter Nitſchke in Ruda(Oberſchleſien) und ſein ſechsjähriges Kind, indem im Feſtzimmer eine breunende Petroleumlampe umſtürzte, wobei beide furchtbare Brand⸗ wunden erhielten. ö i * Abſturz. Blättermeldungen aus Steinach⸗Irding zufolge iſt der Wiener Juriſt Viktor Molitor beim Ski- laufen abgeſtürzt. Er fand den Tod. Die Leiche wurde nach Wien verbracht. * Attentat auf Fallieres. Der Kellner Mathis, welcher, wie ſchon berichtet, am Weihnachtstage das Atien⸗ tat auf den Präſidenten Fallieres verübte, erklärte beim Verhör, er habe den Angriff auf den Präſidenten nach vorheriger Ueberlegung ausgeführt: er bedaure die Tat nicht und habe das Bewußtſein, eine Pflicht erfüllt zu haben. Er hatte ſchon ſeit mehreren Monaten Beziehungen zu royaliſtiſchen Komitees. * Furchtbare Kälte. Die Weihnachtstage brachten in ganz Frankreich ungewöhnliches Froſtwetler, das viele Fälle plötzlichen Todes verurſachte. * Feuerwehr gegen meuternde Soldaten. Un⸗ ter den Mannſchaften des 22. Kolonial- Inſanterieregi⸗ ments, das in Hyeres bei Toulon garniſoniert, brach geſtern eine ernſte Meuterei aus. Die Meuterer demolier⸗ ten die Kaſerne mit Eiſenſtangen, die ſie aus den Belt⸗ ſtellen herausger'ſſen hatten und bedrohten die Oſſiziere mit der blanken Waffe. Der Kommandant ließ die Feuer⸗ wehrſpritzen auffahren und dem kalten Waiſer gelang es, Herr der Meuterer zu werden. Die Rädelsführer wurden in Eiſen gelegt, während die übrigen Mannſchaſten non Soldaten anderer Regimenter in der Kaſerne ſcharf be⸗ * Anſchlag. Aus Breſt wird gemeldet, der Pan⸗ zerkreuzer„Gloire“, der ſeine Uebungsfahrt unterbrechen mußte, weil ſeine Maſchinen durch mehrere von verbreche⸗ riſcher Hand in die Oelungsvorrichtung hineingeworſene Metallſtücke ernſtlich beſchädigt worden waren, fuhr in der Nähe der Inſel Hoedic auf, doch gelang es ihm, mit eigener Kraft wieder loszukommen. Der Kreuzer ſteht unter dem Kommando eines Bruders des Deputierten Jaures. a ö * Schlägerei. Im deutſchen Reſtaurant„Gam⸗ brinus“ in Kairo kam es zwiſchen eugliſchen Soldaten und einem deutſchen Stammgaſt zu einer heſtigen Schläge⸗ rei. Ein angetrunkener Soldat beläſtigte provozierend den deutſchen Stammgaſt und ſchlug ihn mit dem Stocke. Andere Deutſche kamen zu Hilfe, während der Soldat von ſeinen herbeigeeilten Kameraden unterſtützt wurde. Im Handgemenge wurde ein Soldat ſtark verletzt und blutüberſtrömt in das Mililärhoſpital gebracht. Strenaſte Unterſuchung wird ſeitens des deutſchen Konſulates und der Militärbehörde eingeleitet werden. Der Alkohol dürfte die beſondere Urſache zu dieſer bedauerlichen Schlägerei ge⸗ zeben haben. i Vermiſchtes. Der zu gehorſame Rekrut. Die Dummheit fran⸗ zöſiſcher Bauernſöhne iſt im Lande ſprichwörtlich. Den Vogel in dieſer Beziehung aber hat ein junger Rekrut aus Felines abgeſchoſſen. Er wurde vor kurzer Zeit einem Infanterie⸗Regiment zugeteilt, das in Lyon ſteht, konnte ſich aber nur ſchwer an die Gewohnheiten des militäriſchen Lebens gewöhnen. Eines Morgens ſprach er einfach ſei⸗ nen Major und Bataillonskommandeur auf dem Kaſernen⸗ hofe an und beklagte ſich treuherzig über die Schwierig⸗ keiten und perſönlichen Unannehmlichkeiten, die ihm der militäriſche Drill verurſache. Der Major, über dieſe un⸗ gewohnte„Frechheit“, die allerdings nur auf die Dumm⸗ heit des Mannes zurückzuführen war, erboſt, ſchrie den Rekruten an:„Scheren Sie ſich zum Teufel und kom⸗ men Sie mir nicht mehr unter die Augen!“ Nun ver⸗ ſtand aber der junge Bauernſohn den Sinn die ſer Worte falſch und fuhr noch am ſelben Tage nach Hauſe, um dem Major nicht mehr unter die Augen zu kommen. Fünf Tage ſpäter wurde der zum Deſerteur gewordene eee Rekrut von Gendarmen verhaftet und beim Regiment eingeliefert. Der Rekrut wird natürlich vor ein Kriegs⸗ gericht geſtellt und wird vorläufig in einer Arreſtzelle in Unterſuchungshaft gehalten. Leider will der brave Bauersſohn den Grund dieler Maßnahmen nicht einſehen, hat er doch nur den Befehl ſeines Majors ausgeführt! Die Koſten der chineſiſchen Kleidung. Tr itz der europäiſchen Kultur kennen die Chineſen noch nicht den Luxus unſerer Modedamen, und zu ihrem Glücke hat im Reiche der Mitte die Königin Mode noch immer nicht ihren Thron aufſchlagen können. Wenn auch die Chineſinnen oft für zehn⸗ bis zwanzigtauſend Mark Schmuck an ſich tragen, und ſtets in Seide gekleidet ein⸗ herſchreiten, ſo geben ſie doch nur ein einziges Mal in ihrem Leben und zwar an ihrem Hochzeitstage viel Geld für ihre Toiletten aus. Da koſtet ein Kleid beſonders in den Kreiſen der oberen Zehntauſend oft mehrere Tauſend Mark. Dann aber sinken die Toilettenausgaben ſchnell auf zwei- bis dreihundert Mark jährlich herab. Ein gewöhn⸗ liches Alltagskleid koſtet in China 26 bis 35 Mark, während ein Kleid zu feſtlichen Anläſſen höchſtens das drei⸗ bis vierfache beträgt. Der Sommeranzug eines Arbeiters iſt ſchon für 2,50 Mark zu erſtehen, der im Jahr überhaupt nur zwei Anzüse cebrauch!. Wat i erte Wi e anziige koſten 5—7 Mark und halten zwei bis drei Wuter. Die niederen Volksklaſſen gehen meiſtens barfüßig, und doch ſind ge⸗ wöhnliche Schuhe mit ſehr ſtarken Sohlen ſchon für 1.50 Mark zu haben. Klapperſchlaugen als Nationalgericht. Syl⸗ vanite, das neueſte Goldlaßer von Neu⸗Meriko, ſteht in Bezug auf das beliebteſte Gericht ſeiner Koloniſten wohl einzig da. Die zahlreichen Hotels der Goldſucherſtadt führen als beſondere Spezialität auf der Speiſekarle Klap⸗ perſchlangenbraten. Eines Tages war im Hotel„Zum Goldklumpen“ das friſche Fleiſch ausgegangen und der Wirt, ein findiger Kopf, ſchickte ſeine Leute in den Wald, um Klapperſch'angen zu ſuchen, da er gehört hatte, daf das Fleiſch ſchon zu wiederholten Malen in Amerike gegeſſen und gut befunden wurde. 87 Klapperſchlangen mußten ihr Leben laſſen, für jede zahlte der Wirt 2,50 Mark. Am Abend fanden ſeine Gäſte das Fleiſch be ſonders ſchmackhaft und als ihnen der Wirt erzählte, waz für eine Delikateſſe ſie eben verzehrt hatten, verlangten ſie die Aufnahme dieſes Gerichtes in die tägliche Speiſe⸗ karte. Von dem Tage an iſt Klapperſchlangenbraten din Nationalſpeiſe von Sylvanite. 7 125 15 Geſundheitspflege. — Mittel zur Erkennung von verdorbe⸗ nem Fleiſch. In verſchiedenen Städten benützt man bei der Fleiſch“eſchau zur ſog. Fäulnisprobe das Eberſche Reagens, welches aus einer Miſchung von einem Teile Salzſäure, drei Teilen Alkohol und einem Teil Aether beſteht. Nähert man einen mit dieſem Reagens befeuchte⸗ ten Glasſtab dem verdächtigen Fleiſche und es bilden ſich Nebel, herrührend von der Bildung von Salmiak, ſo iſt das Fleiſch verdorben und unter keinen Umſtänden mehr zu verwenden. a„ L Einige Winke für die Krankenſnde. Man wecke n'ema's einen Kranken aus dem Schlofe, auch nicht zum Eingeben von Arzneien: iſt der Kranke aus dem erſten Schlafe aufgenört worden, ſo ſchläſt er ſobald nicht wieder ein. Nie rede man ihn plöslich an oder ſtelle ſeine Erwartu ne auf die Tolter, ebenſo laſſe man ihn nie lange auf e'was warten. ärm und Geräuſch. das den Kranken aufregt oder ſein Gehör anſpannt, iſt ihm beſonders ſchädlich. Nichts erfreut denſelßen meer als ein frilcher Blumenſtraus, dies ſollten ſich Krankenbeſucher beſonders merken. Man rige dem Kranken keine Rat⸗ loſigkeit und Unſchlüſſigkeit, ſonſt nötigt man ihn, ſeine Gedanken ſelbſt anzuſtrengen, es muß der Eindruck auf ihn gemacht werden, daß man weiß, was man will. Einem Ge⸗ neſenden biete man Abwechslung, auch hindere man ihn nicht an kleinen Handarbeiten, wenn ihm dieſeſßen Freude machen. In vielen Fällen darf man zum Heil des Ge⸗ neſenden eher auf die Apotheke als auf richtige Kran⸗ kenpflege verzich“en, zu dieſer gehört aber ein angeborener Takt und viel Geſchicklichkeit. — Gegen das Schlucken. Man arme durch die Lunge möglichſt voll ein und erhalte die eingeatmete Luft darin nach Möglichkeit lang: eine halbe, bis eine Minute. Es bedarf meiſt keiner Wiederholung, das Schlucken hört ſoſort auf. 1.5 a e — 9 8 9— 1* 8 2 4 4 1 4** e Gerichtszeitung. 8 Urteil im Prozeß Held. Das Landgericht Han⸗ nover fällte geſtern das Urteil im Prozeß gegen den Reichs⸗ tagsabgeordneten Held, der vom Schöffengericht wegen Beleidigung im Widerklageverfahren mit 300 Mark be⸗ ſtraft worden war. Die Berufungsinſtanz verurteilte die Angeklagten, Redakteur Langwoſt und Krüger, wegen Be⸗ leidigung Helds zu je zweihundert Mark Geldſtrafe und Held ſelbſt in der Widerklage ebenfalls zu zweihundert Mark Geldſtrafe. In der Begründung heißt es, daß das Gericht im Fall Terlinden Täuſchungshandlungen des Abg. Held für erwieſen angenommen hat. Dagegen hat es nicht für erwieſen angenommen, daß ein betrügeriſches Verfahren Helds vorgelegen habe. 5 Aus Nah und Fern. * Ahrweiler, 29. Dez. Das Bankgeſchäft P. Mar⸗ rath Witwe und Sohn hat die Zahlungen eingeſtellt. Die Paſciven betragen ca. 800 000 Mark, wovon 180 000 Mark Familiengelder ſind. Etwa 500 000 Mark entfallen auf kleinere Leute aus der Eifel. Die Aktiven betragen 200 000 Mark. * Köln, 29. Dez. Wie die Köln. Ztg. erfährt, haben nunmehr ſämtliche deutſche Regierungen mit Eiſenbahn⸗ beſitz dem Abkommen wegen Herbeiführung einer Güter⸗ wagengemeinſchaft zuoeſtimmt, das Mitte letzten Monats in Frankfurt a. M. zwiſchen den Vertretern ſämtlicher deut⸗ ſcher Eiſenbahnverwaltungen vereinbart worden iſt. * Verlin, 29. Dez. Der Streit zwiſchen dem Aerzte⸗ verband und den Lebensverſicherungsgeſellſchaften iſt durch Vergleich beendet. Im beiderſeitigen Einverſtändnis wurde das Honorar für ärztliche Unterſuchung von ſeither 10 Mk. auf 12 bis 15 Mark, je nach der Höhe der Ver⸗ ſicherungsſumme, feſtaeſetzt. Für ein hausärztliches Gut⸗ achten werden ſtatt ſeither 5 Mark jetzt 7½ Mark ge⸗ währt. Die Dauer des Vertrags wurde auf 10 Jahre vereinbart. * London, 29. Dez. Die ſtrenge Kälte hält in ganz Großbritannien an. In London fällt ſeit dem frühen Morgen ununterbrochen Schnee. Aus allen Teilen des Landes laufen Nachrichten ein, daß Eiſenbahnzüge im Schnee ſtecken geblieben ſind. Der Zug, der geſtern abend von Oberdeen nach London abgehen ſollte, konnte der Schneeverwehungen wegen nicht abgelaſſen werden. Eine Reihe anderer Städte in Schottland ſind ebenſo vom Verkehr abgeſchnitten. Eine ganze Anzahl von Verſonen ſind erfroren. * Buenos Aires, 29. Dez. Der Präſident hat ein Dekret unterzeichnet, nach dem für die in Aus ſicht ſtehende Artillerievermehrung Krupp'ſches Material in Verwendung kommen ſoll. f ö Redaktion, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim Lose der bad. Invalieden-Geld-Lotterie, Ziehung am 9 Jan. pro Stück 1 Mk. empfi ht d. Helfrich. i— 555—