3 Erſcheint Dienstag, Donnerstag und Samstags. Der Abonnemeutspreis beträgt monatlich 35 Pf. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 1.50. Hamid abgeſetzt. Sultan Mohammed V. ſein Nachfokger. Den eidbrüchigen und verfaſſungsfeindlichen Sultan Abdul Hamid, der ſett 1876 den türkiſchen Kaiſerthron irnehatte, hat ſein wohlverdientes Geſchick erreicht. Seit Dienstag mittag 2% Uhr hat er aufgehört der Beherrſcher aller G gen, der Khalif der islamitiſchen Welt zu ſein. Nicht durch militäriſche Gewalt, iſt er von ſeinem Throne geſtoßen worden, ſondern gemäß dem heiligen Geſetz der Moslims, dem Scheriat und dem Spru che (Fetwa) des Scheikul Islam, des oberſten kirchlichen Würdenträgers, hat die Nationalverſammlung einſtimmig Abdul Hamid des Thrones für verluſtig er⸗ klärt und deſſen nächſtälteſten Bruder, Prinz Mo ham⸗ med Reſchad, geboren am 3. November 1844, zum Khalifen proklamiert. Der neue Khalif führt den Namen Mohammed V. Er leiſtete ſofort in Gegenwart der Nationalverſamm⸗ lung und des geſamten Miniſterrats den Eid auf die Verfaſſung und empfing alsdann die Gratula⸗ tionen aller Großwürdenträger und des diplomatiſchen Korps. Unter dem Jubel der 1 8 hielt ſodann der neue Sultan ſeinen Einzug in i t Sultan Abdul Hamids Perſon wird nicht angetaſtet werden. Er wird gleich ſeinem Vorgänger und Bruder Murad ſein Leben einſam in einem der Schlöſſer von Konſtantinopel beſchließen. Die Armee hat bei der Abſetzung nicht aktiv mitgewirkt, ſondern die Initiative der allein dazu berufenen Nationalverſamm⸗ lung überlaſſen. Das Miniſterium hat dem Sultan den Eid geleiſtet, gleichzeitig aber ſei die Demiſſion des Großweſirs erfolgt, der jedoch bis zur Konſtituierung eines neuen Kabinetts die Geſchäfte weiterführen wird. Ueber die einzelnen Vorgänge liegen folgende Draht⸗ meldungen vor: Der Generaliſſimus der ſiegreichen Salonikier und Adrianopeler Truppen, Mahmud Schefket Pa⸗ ſcha, hat eine Proklamation erlaſſen, in der es heißt, daß ſchneller, als erwartet werden konnte, das verbrecheriſche und verräteriſche Attentat, das gegen die vor 9 Monaten von der Nation erlangte Freiheit ge⸗ führt wurde, zunichte gemacht und daß dank der Armee und der Elite der Nation die Sicherheit des Par⸗ laments und des Landes wieder hergeſtellt wurde und die Verräter ſowie Verbrecher den Gerichten werden ausgeliefert werden. Diejenigen, welche unſchuldiges Blut vergoſſen haben, um ihren unſeligen Zweck zu erreichen, werden gemäß dem mohammedaniſchen Scheriat beſtraft werden, und dem Wunſche der Nation entſprechend werden die Fein de der Ruhe des Landes verſchwinden. Die Be⸗ völkerung könne verſichert ſein, daß alle kleinen und Amtsblatt der Bürgermeisterämter Serkenheim, Mesem, Neckarhansen und Edingen. Die Bevölkerung glaubt, daß dieſer Paſſus ſich auf den Sultan beziehe, was verſchiedene unſinnige Gerüchte förderte, z. B., daß auch der Sultan zur Sühne aller Sünden ſeiner Regierung vor ein oberſtes religiöſes Ge⸗ richt geſtellt werde.(Dies iſt irrig, wie inzwiſchen zu⸗ verläſſig gemeldet wird.) Um 4 Uhr fuhr der neue Sultan unter Salut auf dem Seewege nach Stambul, überall militäriſch begrüßt und von den Truppen und der Bevölkerung leb⸗ haft akklamiert. Die ganze Garniſon und alle mazedoniſchen Trup⸗ pen waren am Nachmittag ausgerückt und bildeten vom Palais des neuen Sultans bis zur Pforte und weiter bis zum Kriegsminiſterium, wo der Generaliſſimis Mah⸗ mud Schefket mit der ganzen Generalität den neuen Sultan erwartete, Spalier, hinter dem ſich die Bevölke⸗ rung in Maſſen drängte und gemeinſam mit den Trup⸗ pen jeden Kanonenſchuß mit Beifall begrüßte. Das Fetma des Scheik ul Islam hat fol⸗ genden Wortlaut:„Was geſchieht mit einem Iman der Muſelmanen, der zu wiederholten Malen die Vorſchriften des Korans verletzt, der das Reich als Tyrann verwaltete, der heilige Bücher verbrannte, der ſich widerrechtlich den Vakufbeſitz aneignete, der nach ſeinem Schwur, das Reich von nun an nach dem Scheriat zu regieren, den Eid gebrochen hat, durch Be⸗ ſtechungen die Urſache eines Bürgerkrieges war und das Volk aufſtachelte, ſich gegenſeitig zu töten?— Antwort: „Er muß abdanken oder entthront werden.“ Das neue Miniſterium ſetzt ſich wie folgt zu⸗ ſammen: Achmed Riza: Großweſir; Hilmi Pa⸗ ſcha: Inneres; Deputierter Huſſein Paſcha Dja⸗ hid: Unterricht; David: Finanzen; Rifaat Pa⸗ ſcha: Aeußeres; Vitalis(Chriſt): Marine, und Noradunghian: Bauten. Die demokratiſche Einfachheit der wichtigen Formalitäten des Thronwechſels zeigt folgende weitere Meldung:. Die Deputierten begaben ſich hierauf in corpore zum Seraskeriat, woſelbſt eine Stunde ſpäter Reſchad, be⸗ gleitet von ſich fortpflanzendem Jubel des Volkes und der Truppen eintraf. Reſchad trug einfachen Geh⸗ rock ohne jedes Abzeichen. Einfachheit und ſtark aus⸗ geprägte Bonhomie ſcheinen ſeine charakteriſtiſchen Merk⸗ male zu ſein. Auch die ganze Zeremonie geſtaltete ſich höchſt einfach; ihr wohnte ein ausgeſprochen demo⸗ kratiſcher Zug inne. Keinerlei Dekorierung war sichtbar. Die Soldaten, auch die freiwilligen, waren im Biwakanzug, denen man die Strapazen der zehntägigen Kampagne deutlich anſah; a. die Muſik⸗ korps unterſcheiden ſich nicht. Reſchad war umgeben 3 85 5 9 Seckenheimer Hnzeiger, Iuesheimer Hmzeiger, Heckarhauser Zeitung, Edinger zeitung JInuſertionspreis: Die einſpaltige Petitzeile 10 Pfg., Reklamen 20 Pfg. die Zeile. Bei öfterer Aufnahme Rabatt. Feruſprechanſchluß Nr. 16. eee Politiſche Rundſchau. *Der Dreibund erkeunt die Unabhängigkeit Bulgariens an. Wie die„Tägliche Rundſchau“ in Berlin erfährt, ſteht die Anerkennung Bulgariens als ſelbſtändiges Königreich durch die deutſche Regierung in dieſen Tagen bevor. An den öſterreichiſch⸗ungariſchen Vertreter in Sofia ſind Weiſungen über die Anerken⸗ nung der Unabhängigkeit Bulgariens ergangen, da durch das türkiſch⸗bulgariſche Uebereinkommen, in welchem die Türkei die neugeſchaffene Lage anerkennt, und welches offiziell zur Kenntnis der öſterreichiſch-ungariſchen Re⸗ gierung gebracht worden iſt, die Intereſſen der Orient⸗ bahn vollkommen gewahrt erſcheinen. Kaiſer Franz Joſeph hat an König Ferdinand von Bulgarien ein in herzlichen Worten gehaltenes Telegramm geſandt, in dem er ihn zur Unabhängigkeit ſeines Landes beglück⸗ wünſcht. Auch der König von Italien ſandte ein herz⸗ S Erkämpftes Glück. Roman von H. Deutſchmann. 89(Fortſetzung.) 3. Hapitel. In der Bockenheimer Landſtraße, in der Nähe des eines parkähnlichen Opernhauſes hatte Martin Gartens ſeine Villa. inmitten a Als Kläre Martin daſelbſt eintraf, und ſich auf ihr Zimmer begeben hatte, galt ihre erſte Frage dem Zimmer⸗ mädchen:„Iſt Papa zu Hauſes“ „Gewiß!“ war die Antwort! und hat wiederholt nach Ihnen gefragt.“ „So! Was gaben Sie ihm zur Antworte“ „Ich ſagte, Sie ſeien etwas promenieren gegangen.“ Melden a„Schön! Ich werde gleich zu Papa kommen! Sie ihm das“ . Das Zimmermädchen entfernte ſich Kläre warf ſich in einen Lehnſtuhl und ſeufzte laut und vernehmlich. Wem aber dieſer Seufzer galt, das verrieten ihre Lippen nicht. ann ihres Hutes und machte es ſt c bequem. Hiebei nahm ſie häufig 1 zu 5 ohen Wandſpiegel, in dem ſie ihre ganze Geſtalt ſehen 5 Immer wieder beſah ſie ihr Spiegelbild. Sie chien damit zufrieden zu ſein, denn ſie nickte ſich mit ſtil⸗ 5 Lächeln zu, als wollte ſie ſagen: Bin ich nicht hübſche chade, daß der Spiegel nicht antworten konnte, wenn nicht „Ob er mich Wer konnte dieſer Er wohl Sie ſprach mit ſich ſelbſt, da ſie niemanden in ihrer Nähe hatte, mit dem ſie vertraut „Wie Ich ſpürete ordentlich den Ruck, den Sie zeiate das eifrige Bemühen. ibr Svie⸗ Dann entledigte ſte ſich konnte. lem 5 reizende Spiegelbild ſelbſt Antwort war. 1 8 8 ſo ſchön gefunden hat?“ n? Kläre ſchwärmte. von ihren kleine i a n Geheimniſſen hätte reden können. latſam er mich anſahl 5 mir gab.“ [Nachdruck verboten.] „Er iſt ſchon lange zurück gelbild mit einem ſchmachtenden Blick anzuſehen. Aber es gelang ihr nicht! Da ſtieß ſie ein helles Lachen aus, ſo jubelnd, ſo glückſelig, als hätte ſie ſich an dieſem Tage das Glück erkämpft. Da kam auch ſchon das Zimmermädchen wieder zurück und ſagte zu ihr:„Sie werden von Ihrem Papa er⸗ wartet.“ Dieſe Nachricht verſcheuchte ſofort ihre heitere Miene. „Wos“ „Auf ſeinem Zimmer!“ „Ich komme ſchon!“ Langſam ſchlendernd trat ſie auf den Korridor, dieſen entlang, dem Zimmer ihres Vaters zu.„Was will er nun wieder? murmelte ſie.„Hoffentlich nichts von jenem Scheuſal!“ Schon ſtand ſie vor der Tür die in das Arbeitszimmer ihres Vaters führte. Da zögerte ſie noch einmal! Aber nicht lange! Sie mußte eintreten, ſonſt konnte er böſe werden. Herbert Martin ſaß in einem prunkartigen Arbeitszim⸗ mer, das allein eine Sehenswürdigkeit war, vor einem eleganten Schreibtiſch. Seinen ergrauten Kopf bedeckte ein ſeidenes Käppchen. Er hatte wohl gehört, daß Kläre ein⸗ getreten war, aber er beachtete ſie nicht. „Vater?“ Erſt als ſie zum wiederholten Male gerufen hatte, wandte er ſich ihr zu. „Du biſt es? Ich warte ſchon ſeit einer Stunde.“ „Entſchuldige mich, Väterchen!“ „Wo warſt du?“ „Ich wollte ſo gerne mat allein auf den Straßen pro⸗ menieren. Es iſt dies ſo hübſch! Du darfſt mir darüber nicht böſe ſein, Papachen. So auf der Straße, wenn man von niemanden gekannt wird, wenn kein Menſch ahnt, daß mein Väterchen ſo viel Geld hat!“ Wirkung aus, die damit bezweckt war. er ihr mit dem Finger. weißt ja nicht, wie ſüß das iſt. ſehen, daß dein Kind auch ſchön iſtl die ſich nach mir umguckten. das ſchmeichelt. Und doch! chen! Iſt es nicht ſo?“ horſamkeit. terchen, ich will ja nichtl dir bleiben.“ e ee rf f Das zärtliche Koſen ſeines Kindes übte auf ibn die Schelmiſch drohte „Nicht böſe ſein!“ bettelte Kläre wieder.„Aber du Da habe ich wieder ge⸗ Die vielen Herren Oh, das fühlt man Wie Die wußten ja alle nicht, wer ich bin. Dein Töchterchen muß ſehr hübſch ſein, Papa⸗ Kläre hing an ſeinem Halſe und liebkoſte ihn. „Nur nicht eitel werden, Kläre!“ „Ich bin doch wirklich hübſch.“ „Du weißt auch, daß ich es nicht liebe, wenn du allein auf den Straßen gehſt!“ „Ach, Papachen. Es iſt ja ſo hübſch. Ich bin doch kein Kind.“ „Eben deshalb!“ Der alte Martin wurde ſehr ernſt. Hiebei furchte ſich ſeine Stirne, die Augenbraunen ſchoben ſich buſchig zu⸗ ſammen und in ſeinen Augen lag ein harter Glanz. „Mein Kind, du ſollſt bald Frau werden. Da ſchickt es ſich nicht, daß du ſo allein auf den Straßen dich her⸗ umtreibſt!“ „Nicht, Väterchen, nicht ſchelten!“ i „Ich muß! Du weißt, daß ich es nicht liebe. Ge⸗ Weißt du das nicht?“. „Aber ich will es gewiß nicht wieder tun.“ „Wie bald wirſt du verlobt ſein. Da darf keine Klage ſich gegen dich erheben.“ Sie ſchlang ihren Arm um ſeinen Hals:„Aber Vä⸗ Ich möchte doch immer nur bei (Fortſetzung folgt.) ee cee dee liches Lelegramm, in dem er den König Ferdinand und das Land zur Unabhängigkeit beglückwünſcht. Ausland. 8 Fraukreich. 8 * Deutſch⸗franzöſiſche Eiſeubahnprojekte. Auf Veranlaſſung des deutſch⸗franzöſiſchen Handelskomitees hatten ſich die elſäſſiſchen und franzöſiſchen lokalen Aus⸗ ſchtiſſe der verſchiedenen Eiſenbah projekte für die Durch⸗ führung durch die Vogeſen zu einer gut beſuchten Ver⸗ ſammlung eingefunden, der Herr Omer Decugis präſi⸗ dierte. Im ganzen waren acht in großen Zügen aus⸗ gearbeitete Projekte eingereicht werden: 1. Raon l'Etape⸗ Schirmeck; 2. Saint Die⸗Saales; 3. St. Die⸗Markirch; 4. St. Die⸗Colmar über Kayſersberg; 5. Gerardmer⸗ Metzeral; 6. Cornimont⸗Wildenſtein⸗Metzeral; 7. Corni⸗ mont⸗Ventron⸗Krüt; 8. Buſſang⸗Krüt⸗Weſſerling. Von der Diskuſſion der einzelnen Projekte wurde abgeſehen. Sekretär Coquet machte über jedes die wichtigſten An⸗ gaben. Auf ſeinen Antrag beſchloß die Verſammlung einſtimmig einen Generalrapport über die ſämtlichen Pro⸗ jekte redigieren zu laſſen. Dieſer durchaus unparteiiſch zu haltende Rapport wird zunächſt der deutſchen und franzöſiſchen Regierung und den zuſtändigen Eiſenbahn⸗ geſellſchaften unterbreitet werden, um Gewißheit darüber zu erlangen, welche der projektierten Linien Ausſicht auf Genehmigung haben, gegen welche namentlich alſo kein militäriſcher Einſpruch erhoben wird. Der Rap⸗ port muß Ende Juni fertiggeſtellt ſein zur Drucklegung und V an die Behörden und Parlamente. Es wird für jedes Projekt ein Koſtenbeitrag von tauſend Franken t, der von den lokalen Ausſchüſſen auf⸗ zubringen iſt. Nach dieſem prinzipiellen Beſchluß wur⸗ den die einzelnen Projekte noch eingehender erläutert, um die Ausarbeitung des Generalrapports zu erleichtern ö Deſterreich⸗Ungarn. 1 * Die ungariſche Miniſterkriſis. Die„N. Fr. Pr. meldet: Am Dienstag vormittag überreichte der ungariſche Miniſterpräſident dem Kaiſer das Entlaſſungs⸗ zeſuch des ungariſchen Kabinetts. Der Kaiſer nahm es an, mit dem Erſuchen, Dr. Wekerle möge bis zur Bil⸗ dung eines neuen Kabinetts die Leitung der Geſchäfte behalten. Später hatte Wekerle eine dreiſtündige Unter⸗ redung mit dem Thronfolger Franz Ferdinand. Rußland. *Der Einmarſch in Perſien. Die ruſſiſche Poli⸗ tik in Perſien läuft, wie man von amtlicher Seite erfährt, darauf hinaus, die Provinz Aſerbeidſchan zu okkupieren, um dort unabhängig von dem übrigen Per⸗ ſien ruſſiſche Reformen durchzuführen und dies Gebiet dem ruſſiſchen Einfluß zugänglich zu machen. Wie ver⸗ lautet, überſchritten Militärabteilungen aus Alexandropel und Eriwan, die der Expedition nach Perſien zugeteilt find, mit der erſten Staffel die Grenze, wo 20 Werſt von der Grenze entfernt der Anmarſch der übrigen Trup⸗ pen abgewartet wird Die Expedition richtete eine eigene Deutſcher Reichstag. Berlin, 27. Aprll. Präſtdent Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2¾ Uhr. Am Bundesratstiſch: Staatsſekretär v. Nieber⸗ ding. Die zweite Beratung der Gerichtsverfaſ⸗ . wird fortgeſetzt. ö irſch(Ztr.) beantragt, daß der Zeuge den Eid 85 e 1 1 e be die reine ahrhei agt nichts verſchwiegen 5 Staatssekretär v. Nieberding bittet, dem Antrag zuzuſti 5. 3 Hierauf wird der Antrag Kirſch angenommen. Ein Antrag Ablaß verlangt, daß in der Eidesformel die Worte:„bei Gott dem Allmächtigen und Allwiſſen⸗ den“ und o wahr mir Gott helfe in Wegfall komme. Ab laß(freiſ. Vgg.) begründet dieſen Antrag. Die Vorſchrift widerſpreche den fundamentalſten Grundſätzen der Sittlichkeit und dem Zweck des Eides ſelbſt, der nur die volle Wahrheit verlange, aber für den Freidenker mit einer bewußten Lüge beginne. Seiner Empfindung entſpreche es, daß an die Stelle des veligiöſen Eides eine reine ſtaatlich geltende Beteuerung trete. Das Zentrum miſſe nach ſeiner Stellungnahme bei der Beratung des Toleranzantrags dieſem Antrag gegenüber ſich wohl⸗ wollend verhalten. a De Witt(3tr.) erklärt ſich namens ſeiner Partei gegen den Antrag Ablaß, ebenſo taatsſekretär Nieber⸗ ding und die 10 Aberling ch Schulz(Rp.), Kölle(wirtſch. Vgg.) und Kirſch(Ztr). 5 1 ank(Soz.) empfiehlt die Annahme des Antrags blaß. üller⸗Meiningen ſchließt ſich dem an. Er kriti⸗ ſiert die ablehnende Haltung des Zentrums, die im grellen Widerſpruch ſtehe mit deſſen Toleranzantrag. Er bean⸗ tragt. die Kommiſſion. Man kommt zur Abſtimmung. Der Antrag auf Zu⸗ rückverweiſung wird abgelehnt, ebenſo der Antrag Ablaß. Der Kommiſſionsantrag wird angenommen. Hierauf werden noch eine Reihe von Paragraphen des Gerichtskoſtengeſetzes und Gerichtsverfaſſungsgeſetzes nach den Nommiſftonsbeſchlüſſen angenommen. Damit iſt die 2. Leſung der Juſtiznovelle beendet. Nächſte Sitzung Mittwoch 2 Uhr. Tagesordnung: Schutz der Bauforderungen und 1. Leſung der Gerſten⸗ zollordnung. n . Berlin, 28. April. Präſident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2½ Uhr. Auf der Tagesordnung ſteht zunächſt die zweite Leſung des Geſetzes Über die Sicherung der Bauforde⸗ rungen. Dr. Mayr⸗ Kaufbeuren(Ztr.): Selten hat ein Ge⸗ ſetzesentwurf ſo viel Aenderungen in der Kommiſſion er⸗ fahren, wie der zur Beratung ſtehende Sie hat namentlich die dingliche Sicherung der Bauforderungen verſchärft und weitere allgemeine Sicherungsmaßregeln zugefügt. Pauli- Potsdam(konſ.) gibt der Hoffnung Aus⸗ druck, daß das Geſetz dem Lande zum Segen gereichen — Linck(natl.) ſpricht ſich in gleichem Sinn aus. Die Befürchtung, daß das Geſetz den Uebergang der Bau⸗ tätigkeit auf das Großkapital zur Folge haben werde, ſei unzutreffend. N Do ve(freiſ. Vp.): Nachdem die Kritik ſeiner Partei⸗ freunde an der Regierungsvorlage im weſentlichen be⸗ rücksichtigt worden iſt, werden dieſe der Vorlage zu⸗ ſtimmen. 5 Bömelburg(Soz.): Das Geſetz werde wohl mehr den Unternehmern als den Arbeitern zu gute kommen. Mugdan(freiſ. Vp.) macht ſich keine große Hoff⸗ nungen vom Geſetz, will aber zuſtimmen. Woyda(Pole) und Wieland(ſüdd. Vp.) erklären ihre Zuſtimmung. Die Vorlage wird darauf in 2. Leſung angenommen. Man geht über zur Beratung der Vorlage betr. das Verbot der zollwidrigen Verwendung von Gerſte. Speck(Ztr.) iſt für Kommiſſionsberatung. Graf Kanitz(konſ.) ſpricht für die Vorlage. Neumann(natl.): Die Vorlage füllt eine Lücke aus. Staatsſekretär Sydow hält die Vorlage für dringend nötig. Hilpert(wirtſch. Vgg ſtimmt ebenfalls zu. Hierauf geht die Vorlage an die Kommiſſion. Donnerstag 2 Uhr: Sozialdemokratiſche Interpel⸗ lation betreffend Wohlfahrtseinrichtungen. Schluß: 6¾ Uhr. Aus Nah und Fern. Mannheimer Pferderennen am 1., 2. und 4. Mai. Die Renntermine erhielten in dieſem Jahr gegen die letzten Jahre eine Veränderung— man kehrt wieder zu dem früheren Syftem zurück, Samstag, Sonntag, und Dienstag die Rennen abzuhalten. Der Renn⸗Samstag bietet im 4200 Meter⸗Handicap„Preis vom Rhein das Haupterreignis des erſten Tages. Am Renn⸗Sonntag wird der dieſes Jahr erſtmals auch für ausländiſche Pferde geöffnete„Preis der Stadt Mannheim“ obenan ſtehen. 49 Kämpen aller Herren Länder waren genannt und davon ſind noch 22 konkurrenzberechtigt. Es iſt zu erwar⸗ ten, daß ein ſtattliches Feld zum Start kommt und ſich um die 15000 Mark Geldpreiſe in der 4400 Meter Diſtanz ſtreitet. Das Hauptindereſſe bildet natürlich am dritten Renntage die Große Badenia. Ein Rennen wie die Ba⸗ denia zu gewinnen, das iſt der Ehrgeiz eines jeden Beſitzers und Trainers eines Hindernisſtalles; den Goldpokal des Großherzogs zu erringen, der ſehnlichſte Wunſch eines jeden Herrenreiters. Und dieſen gar aus den Händen des Stif⸗ ters nach ſcharfem Kampf perſönlich überreicht zu erhalten, iſt der höchſte Erfolg. Selten hat ein Rennen ſo große Anziehungskraft auf die Hindernisſtälle bewieſen, als die Badenia und ſo ſteht auch dieſes Jahr wieder der Mann⸗ heimer Bahn am 4. Mai ein Rennen bevor, wie es glanz⸗ voller und genußreicher wohl kaum anderswo entſchieden wird. — Von Feckenheimer Pferden laufen dieſes Jahr am Samstag, den 1. Moi, beim Flachrennen für Landwirte: Frida(Beſ. Alfr. Karl), Fanny(Beſ. Herm Seitz), Freia (Beſ. Alb. Treiber), Miß(Beſ. Eduard Volz), Robert(Beſ. Wilh Zahn); am Sonntag, den 2. Mai: Frida(Beſ. Alfr. Karl), Herzdame(Beſ. Max Söllner), Freia(Beſ. Albert Treiber), Miß(Beſ. Eduard Volz). 09. Heidelberg, 28. April. Als neuer Termin für die infolge Ungültigkeitserklärung notwendige zweite Wahl für den Bürgerausſchuß in der dritten Wähler⸗ klaſſe iſt der 11. Mai in Ausſicht genommen. () Schwetzingen, 28. April. Gegen die Wahl der dritten Klaſſe zum Bürgerausſchuß wurde von ſeiten der Gegner der Sozialdemokratie Einſpruch erhoben. Karlsruhe. Der Großherzog hat dem Kaiſerlichen Gouverneur in Kamerun Herrn Dr. Seitz die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen König⸗ lich Preußiſchen Roten Adler⸗Ordens III. Klaſſe mit der Schleife, ſowie des Großkomturkreuzes des Großherzoglich Meklenburgiſchen Greifenordens erteilt. () Karlsruhe, 27. April. Wie die„Karlsr. Ztg.“ teilt, iſt die im l. J. zur Erhebung kommende Um⸗ lage für die Gebäudeverſicherung auf 16 Pfg. von 100 Mark Verſicherungsanſchlag feſtgeſetzt worden, gegen 10 Pfg. im Vorjahre und 13 Pfg. im Jahre 907. Der Grund dieſer erheblichen Steigerung liegt darin, daß einige beſonders erhebliche Schadensfälle wie die Brände in Donaueſchingen mit 1 806 909 Mark, in Sunthauſen, in Möhringen, Grünsfeld u. a. die Er⸗ gebniſſe des Geſchäftsjahres 1908 ſehr ungünſtig ge⸗ ſtaltet haben. Die im Jahre 1908 zuerkannten Ent ſchädigungen beliefen ſich auf die bisher nie erreichte Summe don 5 523 616 Mark gegenüber 2 736 083 Mk. im Vorjahre Auch bei der Feſtſetzung der Umlage auf 16 Pfg. bleibt ein Betrag von rund 200 000 M. noch ungedeckt, der aus dem Umlageüberſchuß des Ge⸗ ſchäftsjahres 1907 beſtritten wird () Karlsruhe, 27. April. Finanzminiſter Honſell hat ſich zur Teilnahme an den Bundesratsverhandlun⸗ gen über die Reichsfinanzreform nach Berlin begeben 6) Pforzheim, 27. April. Ein ſchrecklicher Vorfall ereignete ſich laut„Pforzh. Anz.“ im Hofe eines Hau⸗ ſes der Calwerſtraße. Der dreijährige Knabe Willi des dort wohnenden Goldarbeiters Friedr. Hauſer ging zu dem dem Metzgermeiſter Bertet gehörigen Hundeſtall, und wollte hineinſehen Da fuhr der und heraus und biß dem armen Kind die Naſe aus dem Geſicht. Das Kind iſt ſchwer verletzt. Die zerfetzte Naſe, von der ein Teil überhaupt nicht mehr zu finden war, wird ſich nicht mehr herſtellen laſſen, und ſo wird das Kind dauernd entſtellt ſein. Der Hund, eine Kreuzung von Rottweiler und Kriegshund, ſoll ſonſt nicht bösartig geweſen ſein. () Pforzheim, 27. April. Ein Liebesdrama mit tödlichem Ausgang hal ſich laut„Generalanzeiger für Pforzheim und Umgebung“ am Sonntag bier abge⸗ ſpielt. Die 20 Jahre alte Börſenmacherin M. Reit⸗ ling wurde an einem Feldweg am Wartberg tot auf⸗ gefunden. Bei ihr lag ein 21 Jahre alter Burſche, namens Nagel aus Stein gebürtig. Das dei der Vel ſtorbenen gefundene Fläſchchen Chankali ließ ſofort el ennen, daß die Reitling Gift zu ſich genommen halle Aus dem überlebenden Nagel, der ſich alsbald en fernte und bisher nicht mehr gefunden werden konnte war nichts zur Erklärung herauszubringen. Offenbach wollten die beiden, die ein Verhältnis miteinandt hatten, ſich gemeinſam das Leben nehmen. () Raſtatt, 28. April. Wie das Präſidium de Landesverbands der bad. Gewerbe⸗ und Handwerke Vereinigungen bekannt gibt, ſind für die Mitglied des Verbandes mit nachſtehenden Verſicherungsgeſ ſchaften Vergünſtigungsverträge abgeſchloſſen wordel 1. Für Lebensverſicherung: Mit der Karlsruher bensverſicherung auf Gegenſeitigkeit, vormals Allgemeil Verſorgungsanſtalt. Mit der Lebensverſicherungsgeſe ſchaft in Leipzig. 2. Für Haftpflicht⸗ und Unfall ſicherung: Mit dem allgemeinen Verſicherungs ven Stuttgart und der Unfallverſicherungsgeſellſchaft Wine chur, Generalagentur Karlsruhe. 3. Außerdem hat)“ Verband der deutſchen Gewerbevereine für Unfalloe ſicherung noch einen Vergünſtigungsvertrag abgeſchli ſen mit der Geſellſchaft„Nordſtern“ in Berlin. () Baven⸗Saden, 28. April. Am Samstag na mittag zwiſchen 5 und 6 Uhr brach in der Nähe alten Schloſſes ein Waldbrand aus. Die Feuerwehr i bald zur Stelle und ihrem Eingreifen gelang es, Ausbreitung des Feuers zu verhindern und ſo den hen lichen Schloßwald vor größerem Schaden zu bewahn Die Entſtehung des Brandes iſt vermutlich darauf zurn zuführen, daß Knaben im Walde ſpielten und dabei ein Feuer an zündeten, das dann bei der jetzt im Wa herrſchenn dockenheit um ſich griff. * Berlin, 28. April. Wie aus Adana gemeld wird, ſind dort 5 Dörfer verbrannt. Im ganzen Vila ſind ſeit 3 Wochen, wie aus zuverläſſiger Quelle lautet, etwa 25000 Menſchen umgekommen. 1 * Berlin, 28. April. Aus Konſtantinopel wn gemeldet: Die Schulen und Bureaus ſind geſchloſſt Das Kriegsgericht, das die Aufgabe hat, innerhalb di Tagen mit etwa 3000 Menſchen aufzuräumen, arben ſo prompt, daß in den letzten 24 Stunden angeblich 5 Offiziere, 200 Unteroffiziere, 50 Soldaten und 70 90 has exekutiert worden ſein ſollen.— Aus London we gemeldet: Nach hier vorliegenden Nachrichten haben Jungtürken gegen 10 000 Verhaftungen vornehmen ſen. Faſt ſämtliche Bewohner des Rildizkiosk ſind Gefangene nach dem Kriegsminiſterium gebracht word wo ſie vor dem Kriegsgericht abgeurteilt werden. in Smyrna ſind zahlreiche Verhaftungen, namentlich un den Softas, vorgenommen worden. f * Haag, 28. April. Die Niederkunft der Könil Wilhelmine ſteht allem Anſchein nach unmittelbar ber g* Konſtantinopel, 28. April. Entgegen den derholenden Meldungen, Abdul Hamid ſei nach Salon Nabe worden, befindet ſich der abgeſetzte Sultan, eil Ausſage des derzeitigen Kammerherrn des neuen Sultch Gabit Bey, zufolge, noch jetzt im Nildiz Sicher iſt, d die Pacht„Ertogrul“ vor Dolma⸗Bagtſche unter Dall liegt, zur ſofortigen Abfahrt bereit. 5 Niazi Bey. Der Urheber der erfolgreichen jungtürkiſchen R? lution im Sommer vorigen Jahres war Niazi ein junger Offizier zu Resna in Albanien. Bey nahm als junger Leutnant 1897 an dem Kis gegen Griechenland teil. In der Schlacht bei Be Binar zeichnete er ſich auf den Höhen von Volo dis ſeine unerſchrockene Tapferkeit aus, und ſein Na wurde in einem Armeebefehl rühmend erwähnt. kommandierende General entſandte ihn dann nach 95 ſtantinopel als Begleiter der griechiſchen Gefangen die dem Sultan vorgeſtellt werden ſollten. Hier leg der junge Leutnant zum erſtenmal das Leben im laſte kennen mit allem ſeinem Prunk und all ſel Laſtern; er ſah die Günſtlinge in ihrem Treiben, die großen Spione, die im Alter von 25 oder 30 ren Admirals⸗ oder Generalsuniform trugen und Bruſt mit den höchſten Orden zieren konnten ſcharfen Blicken muſterte er dieſe Schar eleganter ßiggänger und arroganter Großtuer, deren Leben 1 Intrigen beſtand, und ſein Staunen wurde bald Verachtung. Der Hofmarſchall drückte ihm im Nah, des Sultans 250 Franken in die Hand, während dem Sohne des Marſchall Kiazim⸗Paſcha, einem 0 zehnjährigen Knaben, den man zum Adjutanten Sultans gemacht hatte, 5000 Franken überreichte. Eindrücke, die Niaza hier empfing, ſollten ihn 9 mehr verlaſſen, und von ſeinem Aufenthalt in r trug er einen leidenſchaftlichen Haß 9% ieſe Kamarilla davon, die das Reich dem Verde entgegentrieb. Der Zufall führte ihn ſpäter in Heimatſtadt zurück; er übernahm in Resna das mando über ein Jägerbataillon und zugleich den 7 trag, das bulgariſche Bandenunweſen im Zaun. halten. In Monaſtir, dem Generalquartier des de Armeekorps, lernte er die Not und den Mang 0 Soldaten kennen, die Gewiſſenloſigkeit der Vorgeſe die betrügeriſchen Lieferanten in die Hände arbel und allen Beſtechungen zugänglich waren. Aus zornigen Empörung, die er damals einſog, 5 jene leidenſchaftliche Entſchloſſenheit und jener ſterte Wagemut, mit dem er die Bewegung gege 90 Abſolutismus einleitete und die ihn wie ſeine raden Enver Bey und Eyub⸗Effendi zu Freihe den des türkiſchen Volkes werden ließ. In den gh Junitagen gab Niazi Bey das Signal zur Ergen Mit 200 mit Mauſergewehren ausgerüſteten Anh 5 trat er den Marſch von Resna nach Monaſtir an Tod oder die Freiheit“ war die Loſung dieſer Schar. In dem Augenblick, da Niazi Bey Spitze ſeiner Getreuen gegen Monaſtir aufbrach tete er an den erſten Sekretär des Sultans den ligen Generalinſpekteur Hilmi Paſcha, ein dure nes Telegramm, in dem er den ſofortigen Erla Verfaſſung forderte Der Zug Niazi Beys m 0 l 22 2 200 Mann wurde die entſcheidende Tat, die das mor⸗ ſche Gebäude des alten Regimes zertrümmerte. Wie auf Befehl einer unſichtbaren Macht bildeten ſich ſofort zwanzig ähnliche Gruppen, das jungtürkiſche Komitee nahm die von Niazi Bey eingeleitete Politik der Tat ſofort auf und das Ende war der Erlaß der Ver⸗ faſſung. Neues aus aller Welt. * Das Erdbeben in Spanien. In den Orten, die am letzten Freitag vom Erdbeben heimgeſucht wurden, werden 120 Perſonen vermißt; etwa 100 erlitten Ver⸗ letzungen. Die Städte Benavente und Samora wurden zerſtört, Salvaterra und San Stefano ſehr beſchädigt. Aus den Trümmern von Benavente wurden bereits 40 Leichen geborgen. Der König verbrachte die Nacht auf dem Schauplatz der Erdbebenkataſtrophe. In Sanatarem und Aviz wurden neue Erderſchütterungen verſpürt. Das Parlament bewilligte Kredite in der Höhe von 100 Con⸗ tos(rund 450 000 Mk.).— Der Miniſterrat beſchloß, für die Opfer der Erdbebenkataſtrophe einen Hilfsdienſt ins Leben zu rufen. In Benavente und Samora de Corraia wurden neue Erdſtöße verſpürt. * Luftſchifflinien. Von der„Luftſchiffbau Zep⸗ pelin⸗Geſellſchaft ſollen Verhandlungen eingeleitet wor⸗ den ſein, welche die Bildung einer Geſellſchaft zur Ein⸗ richtung und zum Betrieb von Luftſchifflinien bezwecken. Als Verbindungshafen zwiſchen Friedrichshafen und Rhein iſt Stuttgart in Ausſicht genommen. Es müßte in Stuttgart ein geeignetes Gelände zur Verfügung ge⸗ ſtellt werden. Gelingt die Bildung einer Geſellſchaft und iſt das Gelände geſtellt, ſo könnten ſchon im Frühjahr 1910 zwiſchen Stuttgart und Friedrichshafen Fahrten ausgeführt werden. * Unterſchlagung. Gelegentlich einer zufälligen Reviſion wurde entdeckt, daß der mit der Führung der Lohnliſten betraute 31jährige Bureaugehilfe Otto Bö⸗ ning beim ſtädtiſchen Gaswerk in Offenbach den Betrag von 5—6000 Mk. unterſchlagen hat. Die Ermittelungen der Polizei haben ergeben, daß der flüchtig gegangene Defraudant unter dem falſchen Namen Alfred Rückert ſich in Begleitung eines Frankfurter Freundes auf dem Dampfer„Kaiſer Wilhelm II.“ eingeſchifft hat. Bei der Ankunft in Newyork wird er durch die amerikaniſche Behörde verhaftet und zurückbefördert werden. * Eiſenbahndiebſtahl. Der von San Remo in Lugano angelangte Koffer einer deutſchen Prinzeſſin mit Juwelen im Werte von 800 000 Franken wurde ge⸗ ſtohlen. * Wehe, wenn ſie losgelaſſen! In Großkaro⸗ linenfeld gerieten, wie aus Roſenheim gemeldet wird, zwei mit einander verfeindete ältere Frauen auf der Straße in Streit, wobei die 55 jährige Taglöhnerin Dorf⸗ ner von ihrer Gegnerin erſtochen wurde. Meuterei. Aus Villefranche wird gemeldet, die Matroſen des Panzerſchiffesͥ„Patrie“ haben wegen ſchlech⸗ ter Nahrung und Ueberbürdung den Dienſt verweigert. 200 Matroſen ſammelten ſich auf dem Oberdeck und ließen Rufe nach Vermittlung laut werden. Ein Schiffs⸗ offizier ſtellte die Ordnung wieder her; am anderen Tage erhielten die Matroſen Genugtuung. * Die Räuber verhaftet. Die Genfer Polizei hat drei Engländer verhaftet, die ſich im Beſitz einer großen Anzahl wertvoller Juwelen, die aus den Faſ⸗ ſungen gebrochen waren, befanden. Die Verhafteten ſind verdächtig, an dem Juwelenraub beteiligt ſein, der in der Eiſenbahn zwiſchen San Remo und no ver⸗ übt worden iſt. a f * Die drahtloſe Telegraphie in Frankreich. Mehrere höhere Offiziere der Telegraphenverwaltung haben ſich, wie aus Limoges gemeldet wird, nach Buſ⸗ ſiere begeben, und beſtiegen den Courbeſi⸗Berg, wo eine Station für drahtloſe Telegraphie errichtet werden wird. Es ſoll von dort aus eine Verbindung mit dem Eifelturm einerſeits und mit den nach Südamerika gehenden Dam⸗ pfern andererſeits hergeſtellt werden. Verſchwundene Millionärstochter. Aus New⸗ hork wird gemeldet: In der deutſch⸗amerikaniſchen Ko⸗ lune erregt das Verſchwinden der 13jährigen Tochter des Direktors Arthur E. Boas von der American Spool u. Silk Co. großes Aufſehen. Das junge Mädchen, das mit ſeiner Mutter am Freitag nachmittag Einkäufe be⸗ ſorgte, trennte ſich von Frau Boas, um allein nach Hauſe zurückzukehren. Sie iſt jedoch ſeitdem nirgends Sehn geſehen worden. Der unglückliche Vater hat eine elohnung von 2500 Dollar für die Ermittlung ſeiner tochter ausgeſetzt. Er iſt ein Kouſin des Newyorker Di⸗ dektors der Hamburg⸗Amerika⸗Linie Emil Boas. Der Rubelſchlucker. Aus Petersburg wird ge⸗ Redet. Kürzlich überfiel ein unbekannter Mann in der ähe der Spaſſo⸗Preobraſhenskaja⸗Kirche eine Bäuerin und raubte ihr eine Geldtaſche, die zwei Dreirubelſcheine und zehn Rubel Silbergeld enthielt. Der Polizei gelang z den Räuber einige Zeit nachher zu verhaften und Signs, daß es ein aus Petersburg ausgewieſenes udividiuum namens Guskow war. Um ſich des corpus Flieti zu entledigen, ſchluckte der Verhaftete die beiden Bei rubelſcheine und neun Rubel Silbergeld hinunter. zei dem zehnten Rubelſtück wurde ihm derart übel, daß 585 Arzt gerufen werden mußte, der in kürzeſter Zeit för ganze verſchluckte Geld wieder ans Tageslicht be⸗ ö rderte. Weitere üble Folgen hat das Geldverſchlucken Guskow nicht gehabt. bau Grubenunglück. Auf der Zeche Eintracht⸗Tief⸗ ent in Freiſenbruch wurden durch Kohlenfall 4 Berg⸗ wird verſchüttet. An der Befreiung der Verſchütteten d eifrig gearbeitet. ber. Stttlichkeitsverbrechen. In Deſſau hat ſich We herzogliche Chordirektor und Komponiſt Wilhelm gelecheu erſchoſſen. Das Motiv iſt ein gegen ihn ein⸗ We itetes Strafverfahren wegen ſittlicher Lerſehlungen. f der schau hat zahlreiche 13⸗ und 14jährige Schülerinnen Bürgerſchule, an der er als Geſangl 9 gerichule, as glehrer angeſtellt dar, an ſeh zu locken gewußt und ſie dann wibrantt In Deſſau herrſcht wegen der zu erwartenden Enthül⸗ lungen nicht geringe Aufregung. Franzöſiſche Marinemißſtände. Aus Paris wird gemeldet: Bei ihrem Beſuch in Breſt konſtatierte die parlamentariſche Unterſuchungskommiſſion ſchwere Mängel in der Ausrüſtung der franzöſiſchen Arſenale bon bc. 9 chiffe ſowie die Unzulänglichkeit des Per⸗ onals. Kopfſteuer. Wie aus Waſhington gemeldet wird, hat Senator Overman ein Amendement zum Tarifent⸗ wurf eingebracht, das eine Kopfſteuer von 12 Dollars für Einwanderer vorſieht. Vermiſ chtes. Der Kampf gegen die Schleppe. Ein bekannter Arzt in London hat den alten Kampf um die Schleppe ſehr heftig und in draſtiſchen Ausdrücken aufgenommen. „Vom hygieniſchen Standpunkt“, ſagt er,„iſt die Schleppe äußerſt ſchädlich und einer der ſchlimmſten Verbreiter von Krankheitskeimen. Wenn man ſie trotzdem heute noch in den Ballſälen antrifft, o trägt hieran einzig und allein die Eitelkeit des ſchönen Geſchlechts die Schuld. Jeder Mann ſollte es möglichſt vermeiden mit einer Dame mit langer Schleppe zu tanzen. Der prachtvolle Schweif ſollte ihm doch zur Genüge ſagen, daß er eine gefallſüchtige Perſon vor ſich hat, und außerdem läuft er Gefahr, von den unendlichen Stoffmaſſen eingewickelt und umgeriſſen zu werden. Wie mancher hat auf dieſe Weiſe ſchon Arm und Bein gebrochen. Die Damen ſollten doch wiſſen, daß die meiſten Herrn, die beim Tanzen fallen, es nicht ihrer Ungeſchicklichkeit, ſondern der einen oder der anderen Schleppe zu verdanken haben. Ja, wenn ee eee eine ſolche Schleppe noch ſchön wäre. Das iſt aber ſelbſt die teuerſte nicht. Eine Dame in einem Kleide mit Schleppe ſieht aus, als ſtecke ſie in einem Badelaken. Sie gibt ihr ein altes, matronenartiges Ausſehen, eine Würde, als ſei ſie über vierzig Jahre. Der Schleppe haben wir den ſogenannten„Ballſaalhuſten“ zu verdanken, denn mit dem Staub auf dem Fußboden wirbelt ſie unzählige Mikroben auf, die überall hineindringen. Schließlich liegt bei der Schleppe der Verdacht nahe, daß ihre Trägerin Grund hat ihre Füße zu verſtecken. Gibt es etwas ſchö⸗ neres als einen eleganten, ſchmalen Fuß, der unter einem kurzen Kleide hervorſchauend, nach dem Rhythmus der Tänzer über das Parkett gleitet! 5 Ein heiterer Vorfall bei einer gerichtlichen Auk⸗ tion ereignete ſich vor Kurzem in Breslau. Nach Beendi⸗ gung der Amtshandlung bemerkte ein zu ſeiner Ausbil⸗ dung herangezogener Juſtizanwärter zu ſeiner großen Ueberraſchung, daß mit anderen Kleidungsſtücken auch ſein eigener Heberzieher verauktioniert worden war, und zwar, wie ſich aus der Liſte ergab, für bare— zwei Mark. Da der Name des Käufers leicht ermittelt werden konnte, wurde mit deſſen Einwilligung der Handel wieder rückgängig gemacht. Galante Männer. Einer ſehr zarten Behandlung darch ihre Gatten haben ſich, wie es ſcheint, die Ehe⸗ frauen auf den Molukken oder Gewürzinſeln zu erfreuen. Der Prieſter, der ein malayiſches Brautpaar zuſammen⸗ gegeben hat, erteilt dem jungen Ehemanne ſtets noch fok⸗ gende eindringliche Lehre:„Du ſollſt dein Weib weder mit der Lanze noch mit dem Meſſer verwunden, gehorcht es dir aber nicht, ſo führe es in ein Zimmer und züchtige es mit einem Schnupftuche.“ Kann man ſich wohl eine zartere Strafe denken? Vorausgeſetzt wird natürlich, daß das Taſchentuch nicht mehrfach in der Weiſe geknotet iſt, 58455 geſchieht, wenn die Kinder„Knüppel aus dem Sack“ prelen. Weibliche Schutzleute in New⸗Hork. Um die Ordnungs⸗ und Sicherheitspolizei auf den Kinderſpiel⸗ plätzen in den öffentlichen Parks von Newyork auszuüben, iſt die Anſtellung von Parkwächterinnen beſchloſſen. Man hofft, daß dieſe„Guardian Mothers“ ſowohl für den Schutz der Anlagen ſorgen, als auch die Intereſſen des kleinen Volkes wahrnehmen werden. Der Kirchenwecker. Ein eigentümliches Kirchenamt bekleidete um 1640 ein Junge aus Hohen⸗Neuendorf. Aus einer Rechnungsaufſtellung iſt zu erſehen, daß er das Jahr zehn Groſchen erhob, wofür er des Sonntags nach Bötzow, dem heutigen Oranienburg, pilgern mußte, um während des Gottesdienſtes Schlafende zum Gehör des Wortes Gottes aufzuwecken. Es wird ſich wohl um die müden Ackerknechte gehandelt haben, die wochentags von früh bis Sonnenuntergang auf den Feldern und Tennen ſchwere Arbeit verrichten mußten. Man kann noch heute in dörflichen Kirchen während der arbeitsreichen Jahres⸗ zeit bemerken, welche Mühe es den übermüdeten Leuten macht, die Augen aufzuhalten. Seit 279 Jahren unbeſtellbar. In Marſeille liegt, noch geſchloſſen und mit dem königlichen Wappen geſiegelt, ein Brief, der vor 279 Jahren abgeſandt wurde und noch immer ſeinen Beſtimmungsort nicht er⸗ reicht hat. Ludwig XIII. hat dieſes ehrwürdige Schrift⸗ ſtück„an den ſehr hohen, ausgezeichneten, mächtigen, großherzigen und unbeſieglichen großen Kaiſer der Mu⸗ ſelmänner, den Sultan Amurath, der überreich iſt an Ehre und Tugend, unſeren liebſten und vollkommenen Freund“, abgeſandt. Der Brief war der Handelskammer von Marſeille zur Beförderung anvertraut, die über die zuverläſſigſten und ſchnellſten Kuriere zwiſchen Frank⸗ reich und der Levante verfügte. Ein Hindernis, viel⸗ leicht die Peſt, die in jenen Jahren die Stadt heimſuchte, hatte den Poſtdienſt indeſſen geſtört, und ſo kam es, daß der Brief unbefördert im Hauſe der Handelskammer liegen blieb. Man vermutet, daß Ludwig XIII. den Sulkan um die Erlaubnis bat, daß die Schiffe von Marſeille in den türkiſchen Hafen für die Provence, in der eine furchtbare Hungersnot herrſchte, die notwendigſten Le⸗ bensmittel aufnehmen dürften. Es war jedenfalls ein dringendes Schreiben, das nun ſchon 279 Jahre unter⸗ wegs iſt 5 Der neue große Dampfer„George Waſhing⸗ ton“ des Norddeutſchen Lloyd wird vorausſichtlich Ende Mai von der Werft des Stettiner Vulkan in Bredow nach Swinemünde übergeführt werden. und von dort aus am „CCC ã VVV) V .„„ e 1 8 5 9 N* 1 2. Juni nach Erledigung ſeiner Probefahrt nach Bremer⸗ haven in See gehen, wo er vorausſichtlich am 4. Juni eintreffen wird: Zu der Probefahrt hat der Taufpate des Schiffes, der amerikaniſche Botſchafter in Berlin, Dr. David Jayne Hill, nebſt mehreren Beamten der Botſchaft zeine Teilnahme zugeſagt. Der Dampfer ſoll fahrplan⸗ näßig ſeine erſte Reiſe von Bremerhaven nach Newyork am 12. Juni antreten. Zwei neue Rieſendampfer, die die 228 Meter langen Schiffsungeheuer„Luſitiania“und„Mauretania“ der Cunard⸗Linie weit hinter ſich laſſen, hat gegenwärtig die White Star⸗Linie in Belfaſt im Bau.„Olympic“ und „Titanic werden vorausſichtlich ſchon im nächſten Winter den Dienſt aufnehmen können. Es ſind wirklich ſchwim⸗ mende Paläſte von je 300 Meter Länge; ſie haben eine Größe von 60 000 Tonnen. Auf jedem dieſer beiden Schweſterſchiffe werden 5476 Men ſchen untergebracht wer⸗ den können; davon ſind 700 Offiziere und Mannſchaften, während die übrigen 4776 Fahrgäſte ſind. Hievon ſind 776 in der erſten Klaſſe, 500 in der zweiten, während die übrigen 3500 im Zwiſchendeck untergebracht werden. Die beiden Rieſendampfer ſtehen hinter der„Luſitania“ und„Mauretania“ an Geſchwindigkeit zurück, denn ſie ſollen nur 20 Knoten fahren; ihre gewaltige Länge muß aber das Fahren auf ihnen äußerſt angenehm und ruhig machen. Fahrzeuge von ſo bedeutender Länge können nämlich über drei Wellenzügen mittlerer Größe liegen, was die ſonſt durch Wellen erzeugte Schaukelbewegung bedeutend verringert. Gerichtszeitung. § Wenn man im Schlafe ſpricht. Daß es mitunter recht unangenehm werden kann, wenn man im Schlafe ſpricht, mußte ein gewerbsmäßiger Einbrecher erfahren, welcher am Sonnabend von der 3. Straf⸗ kammer des Landgerichts J zu einer mehrjährigen Zucht⸗ hausſtrafe verurteilt wurde. Aus der Unterſuchungshaft wurde der Händler Leopold Roſe vorgeführt, um ſich wegen ſchweren und einfachen Diebſtahls im ſtrafſchär⸗ fenden Rückfalle zu verantworten. In der Nacht zum 26. Februar ds. Is. ſtatteten Einbrecher der Firma Lade⸗ mann u. Söhe in der Wallſtraße 85 in Berlin einen Beſuch ab. Die ganze Art der Ausführung des Dieb⸗ ſtahls ließ darauf ſchließen, daß es ſich um eine„Arbeit“ eines routinierten gewerbsmäßigen Einbrechers handelte Dieſer hatte vom Hof aus eine Fenſterſcheibe, um jedes Geräuſch der niederfallenden Glasſcherben zu vermeiden, mit einem ſogenannten„Seifenpflaſter“, einem mit Schmierſeife beſtrichenen Lappen, eingedrückt und war dann durch die Oeffnung eingeſtiegen. In dem Kontor wurden dann ſämtliche Pulte erbrochen. Die Beute be⸗ trug nur 2860 Mk., da der Geldſchrank glücklicherweise den Angriffen der Einbrecher ſtandhielt. Die Ermitte⸗ lungen der Kriminalpolizei blieben längere Zeit ohne jeden Erfolg. Schließlich gelang es feſtzuſtellen, daß der jetzige Angeklagte mit ſeiner„Braut“ ein ſehr üppiges Leben führte, Weinreſtaurants beſuchte, ſtets Automobil fuhr und ſich und ſeine Geliebte vom Kopf bis zum Fuß neu„eingekluftet“(eingekleidet) hatte. Die Geliebte de Verdächtigen wurde zur Kriminalpolizei beſtellt und hier einem Kreuzverhör unterworfen, bei dem ſie ſich in Widerſprüche verwickelte. Nunmehr ſcharf ins Gebet ge⸗ nommen, gab ſie zu, daß Roſe eines Morgens nach einer durchzechten Nacht im Schlafe geſprochen und von„dem feinen Ding bei Lademann u. Söhne“ erzählt habe. Eine Hausſuchung in der Wohnung des R. förderte allerlei Einbruchswerkzeuge, wie eine Bohrmaſchine, Dietriche und eine Blendlaterne zu Tage. Das Gericht erkannte auf 5 Jahre Zuchthaus, 10 Jahre Ehrverluſt und Stel⸗ lung unter Polizeiaufſicht. § Der verurteilte Polizeiwachtmeiſter. In der Privatklage des Polizeiwachtmeiſters Boßler in Stuttgart gegen Feinauer und Göckeler wegen Beleidi⸗ gung wurde folgendes Urteil verkündet: Die Berufung der Angeklagten wird verworfen; auf die Berufung des Privatklägers wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Angeklagten zu je 80 Mk. Geldſtrafe, der Pri⸗ vatkläger⸗Widerbeklagte zu 10 Mk. Geldſtrafe verurteilt. (Das erſte Urteil lautete auf je 50 Mk. bezw. 20 Mk.) Redaktion, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim Bekanntmachung. Der diesjährige Centralzuchtviehmarkt des Verbandes der mittelbadiſchen Zuchtgenoſſenſchaften findet in Offen⸗ hurg am Dienstag, den 11. und Mittwoch, den 12. Mai 1909 ſtatt. Auf dieſem Markte können Züchter, Gemeinden und Milchviehhalter ihren Bedarf an gezüchteten Jung⸗ und Großvieh beſſerer Raſſe(Farren, Kuhrinder, Kalbinnen und Kühe) decken. Die Kreisverwaltung Mannheim wird, wie üblich, eine Kommiſſton von Sachverſtändigen, darunter einen Bezirkstierarzt, behufs Mitwirkung beim Einkauf von Tieren für Gemeinden und Private unſeres Kreiſes nach Offenburg ſenden. Die Kreisverwaltung wird außerdem auch in dieſem Jahre wieder den Kreisgemeinden für eingeführte Farren und den kreisangehörigen Landwirten etc. für eingeführte„weibliche Zuchttiere angemeſſene Kreisprämien bewilligen. 5 Vorſtehendes bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntnis, mit der Aufforderung, von dem beabſichtigten Einkauf weiblichen Zuchtviehs bis 1. Mai 1909 beim Bürgermeiſteramt Mitteilung zu machen. Seckenheim, den 29. April 1909. gürgermeiſteramt: Volz. Pachtuerträge per Stüc 10 Ps. empfehlt J. Helfrich. Ratſchreiber Koch. 1 5 14 Gefunden und bei Karl Meier, Brenner, Heumarkt 6 dahier abzuholen iſt ein leeres Weinfaß, 32 Liter enthaltend. Seckenheim, 27. April 1909. gürgermeiſteramt: Volz. Sammel⸗Anzeiger. Bur für Mitglieder der landw. Ein⸗ n. Nerkaufagenoſſenſch. gaſt zum Heften der Reben und Baumzdmeige iſt eingetroffen. Haarmitt iſt eingetroffen und kann in der Verkaufs⸗ ſtelle abgeholt werden. Eine junge Kuh(Erſtling) hat zu verkaufen Franz Gropp, Hauptſtraße 139. Kühen zu verkaufen Leauhard Fei, Hildaſtr. 63 Kanincbenzucht⸗Oerein Seckenbeim. Am nächſten Famstag, abends 9 Uhr, findet im Lokal zur Pfalz unſere Mitglieder- versammlung Um zahlreiches Erſcheinen bittet 8 Der Vorſtand. Goldener ſtatt. Adler SFeckenheim. Sonntag, den 2. Mal, Wiederbeginn des Preis⸗Kegeln. Hierzu ladet freundlichſt ein Karl Auguſt Eder. Osschäfts-Eröffnung und Empfehlung. Mache der verehrl. Einwohnerſchaft von Seckenheim und beſonders der werten Nachbarſchaft die ergebene Mit⸗ teklung, daß ich ab 1. Mai in meinem Hauſe Ecke Friedrich- und Ackerſtraße ein Oolonialwarengeschäft. bas Neueste Tuch, Buxkin, Werktagshosenstoffen Damenkleider- Blousenstoffen Cattun, Satin, Baumwollstoffen, Druckkattun, Unterrockstoffen, Jorhangstoffen iſt in reicher Ausmahl eingetroffen. Neu aufgenommen geſtrickte Knaben⸗Anzüge in verſchiedenen Farben. E. Werber. Mannheimer IHlalmarkilose per Stück 1 Mk. Ladenburger Ausſtellungslaſe per Stück 50 Pfg. empfiehlt J Helfrieh. 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Wäh⸗ rend im Jahre 1885 beim Heereserſatz noch 1,14 vom Hundert der Rekruten, das heißt von 10 000 Eingeſtell⸗ ten 114 Mann, keine Schulbildung genoſſen hatten— bei der Marine war die Zahl um eine Kleinigkeit ge⸗ ringer, ſie betrug dort 1,12 vom Hundert—, ergab das Jahr 1907 den außerordentlichen Fortſchritt, daß im Heere nur ein Prozentſatz von 0,024 Leuten ohne Schulbildung zur Fahne kam, das heißt, daß auf 10 000 Eingestellte noch nicht ganz 2¼ Analphabeten N und ferner, daß der Erſatz der Marinerekruten di Art überhaupt nicht aufwies. Angeſichts dieſes bedeutſamen Ergebniſſes iſt es von Intereſſe, einen Blick auf unſere Nachbarn jenſeits der Vogeſen zu werfen, um ſehen, wie es dort um die gleichen Verhältniſſe bestellt iſt. Mit Genugtuung können wir vorweg bemerken, daß der Vergleich in erdrückender Weiſe zu Gunſten Deutſch⸗ lands ausfällt.. i f Ueber das Jahr 1909, für welches die bezüglichen Verhältniſſe oben hinſichtlich des deutſchen Heeres kurz angedeutet ſind, hat vor einiger Zeit der franzöſiſche Abgeordnete Buiſſon bemerkenswerte Angaben über die Schulbildung des Rekrutenerſatzes in Frankreich ver⸗ öffentlicht. Unter den 313 787 Militärpflichti be⸗ fanden ſich 11062 Leute, das ſind 3,53 vom Fundert die des Leſens und Schreibens völlig unkundig waren. ze 4291, das heißt 1,37 vom Hundert, konnten ein wenig in die Lehre geſucht Georg Hörner, Herren⸗ und Damen⸗Friſeur, Rheinau⸗Stengelhof, Stengelhofſtraße Nr. 14. leſen, doch war dieſes Leſen mehr als ein Buchſtabieren u d anzuſehen, denn die Leute waren außerſtande, im Zu⸗ ſammenhang irgend eine Aufſchrift, einen Maueranſchlag eee oder gar eine Zeitung zu leſen. 71 793 werden eingeordnet, daß ſie das Nötigſte leſen und ſchreiben nie können— wer ſeinen Namen ſchreiben konnte, wurde in dieſe Klaſſe eingereiht. Von einer erheblichen Zahl — 16017— wird geſagt, daß ihre Bildungsſtufe un, bekannt ſei, was Herrn Buiſſon Anla ßzu der Behaup⸗ ie tung gibt, daß dieſe Leute wahrſcheinlich durchweg Anal, h phabeten ſind und daher den als ſolche ohne weiteres e bezeichneten 11062 Mannſchaften hinzuzuſetzen ſein wer. den. So viel ſteht jedenfalls feſt, daß dieſe mehr als fen 16 000 junge Krieger über weſentliche Kenntniſſe nicht vofügen. 3 So eigenartig es klingt, ſo iſt es doch Tatſache, daß die Nation, welche glaubt, an der Spitze der Geſittung zu marſchieren, die Bildung des Volks nach unſern Be⸗ griffen bis vor gar nicht langer Zeit hat völlig in argen liegen laſſen und auch heute noch nicht ſo betreiht wie es bei uns verlangt wird. Der Loltsſchulmmterreß f und ſeine geſetzliche Regelung find dort eigentlich ern eine Errungenſchaft der Renee Zeit. Erſt durch das Geſetz vom 28. März 1882 wurde der Schulzwang f die Kinder beiderlei Geſchlechts vom 6. bis zum 12. Le, bensjahre und im Zuſammenhange damit die Koſten, freiheit des Unterrichts in Frankreich eingeführt, Un dem von einem großen Teil der Bevölkerung auch jeh nach meh. als 25 Jahren, noch unbequem und als läſtigen Druck empfundenen Schulbeſuch willigere Aufnahme z ſchaffen, wurde die Koſtenfreiheit dahin ausgedehnt, daß alle Lehrmittel, Schulbücher, Schreibbedarf den Kinder unentgeltlich geliefert und den im elterlichen Hauſe u, zureichend ernährten Schülern auch noch Speiſen verab u ein reicht wurden. Trotzdem iſt die Verſäumnis des Schulbeſuchs überall und in großem Umfange bevbachtete Erſcheinung, gegen welche die Regierung und die geſetzlich vorgeſchrie benen Schulkommiſſionen, die über den Beſuch und Be trieb zu wachen haben, nicht durchgreifend wargehen a wollen ſcheinen. Angeſichts ſolcher Schulverhältniſſe des Umſtandes, daß für eine Fortbildung der jungen Leute nach Verlaſſen der Schule vom 12. bis zum 23 Jahre nichts geſchieht, ſind die Klagen über die gering . der franzöſiſchen Rekruten nicht verwunde