Erſcheint Dienstag, Donnerstag und Samstags. Der Abonnementspreis beträgt monatlich 35 Pf. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 1.50. Nr. 123 Die Zarenreiſe nach Italien. Kaiſer Nikolaus II. von Rußland wird in den näch⸗ en Tagen in Italien eintreffen und von der offiziellen Welt Italiens mit den größten möglichen Ehren begrüßt werden. Es kann auch weder bezweifelt noch beſtritten werden, ſchreiben die„Münchener N. Nachr.“, daß min⸗ deſtens ein großer Teil der italieniſchen Bevölkerung ſich der herzlichen Begrüßung des Zaren durch das offizielle Italien aufrichtig anſchließen wird. Ein anderer Teil des italieniſchen Volkes wird freilich beiſeite ſtehen, ohne den Chorus der Begrüßungen zu verſtärken, und es wird, wie man aus den früheren Diskuſſionen über den Zaren⸗ beſuch weiß, auch an unfreundlichen Stimmen nicht feh⸗ len, die offen der Anſicht Ausdruck geben werden, daß es ihnen lieber geweſen wäre, wenn der Beſuch des Herr⸗ 25 des autokratiſchen Rußlands in Italien unterblieben re. Neben den offiziellen Willkommsrufen wird man auch dieſe anderen Stimmen beachten müſſen. Denn ge⸗ rade in Italien hat bekanntlich die Volksſtimmung einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die Politik, und ſowohl die Regierungen des Königreichs wie die römiſche Kammer ſind genötigt, mit den Volksſtrömungen als mit beträcht⸗ lichen Faktoren zu rechnen. Dies neuerdings in Erinne⸗ kung zu bringen, iſt umſo wichtiger, als dadurch vielleicht eine wünſchenswerte Korrektur der großen Erwartungen herbeigeführt werden kann, die in gewiſſen Kreiſen Ita⸗ liens auf das politiſche Ergebnis des Zarenbeſuches geſetzt werden. Es fehlt in Italien bekanntlich nicht an Gegnern des Dreibundes und der Beſuch des ruſſiſchen Kaiſers in Italien iſt Waſſer auf ihre Mühle, weil dadurch, ihrer einung nach, eine Annäherung des Königreichs an die kächte der Triple⸗Entente vorbereitet werden kann. In⸗ wiefern dieſe Hoffnungen berechtigt ſind und inwiefern überhaupt die Annäherung des Königreichs an die Triple⸗ Entente den Intereſſen des Königreichs zuträglich iſt, mag diesmal dahingeſtellt bleiben. Aber ſonſt gut unterrichtete eiſe warnen davor, die Bedeutung des Zarenbeſuches nach dieſer Richtung zu überſchätzen und verſichern, daß es ſich dem Zaren zunächſt um die Erfüllung einer Höf⸗ lichkeitspflicht handle. Der erſte Antrittsbeſuch König Viktor Emanuels hat bekanntlich ſeinerzeit dem ruſſiſchen Hof gegolten, und man war in Rom ſchon einigermaßen verſtimmt, daß der genbeſuch des Zaren ſo lange auf ſich warten ließ, und, oft er bisher angekündigt war, immer wieder verſchoben wurde. Dies hing freilich zum Teil mit der Gegnerſchaft er italieniſchen Sozialiſten gegen den Zarenbeſuch, an die ſich allerhand Beſorgniſſe knüpften, dann mit den mneren Vorgängen in Rußland und ſchließlich mit dem blen Befinden der Zarin zuſammen. Man weiß, daß der ar nicht gerne ohne ſeine Gemahlin reiſt und daß es Amtsblaff der Zürgermeisterämter Seckenheim, vesheim, Neckarhausen und Edingen. Donnerstag, den 21. Okiuber 1909 andrerſeits die Zarin in ihrer Sorgfalt für ihren Gat⸗ ten nicht gerne ſieht, wenn er allein, d. h. ohne ſie, auf Reiſen geht. Wenn ſich Kaiſer Nikolaus diesmal doch entſchloſſen hat, die Reiſe nach Italien ohne die Zarin zu unternehmen, ſo iſt dies allem Anſchein nach darauf zurückzuführen, daß Iswolski bei ſeiner letzten Zuſam⸗ menkunft mit Herrn Tittoni im Herbſt des vorigen Jahres in dieſer Richtung bindende Zuſagen gemacht hat. 5 Die Reichs verſicherungs⸗Ordnung. Rechtsanwalt Dr. Bitter⸗Hamburg, Syndikus des Verbandes deutſcher Berufsgenoſſenſchaften, hielt auf dem deutſchen Berufsgenoſſenſchaftstag in Stuttgart einen Vortrag über das Thema:„Juriſtiſche Vorzüge und Nachteile des Entwurfs einer Reichsverſicherungsord⸗ nung.“ Der Redner vertritt den Standpunkt, daß in dem Entwurf ſoviel gründliche und gute Arbeit ſtecke, daß nicht ein Neubau, ſondern ein Umbau des Entwurfs das Ziel ſein müſſe. Dennoch ſei an dem vorliegenden Ent⸗ Entwurf in formaltechniſcher Beziehung manches zu ver⸗ beſſern. Die Vereinigung der Geſetze zu einem einzigen Geſetz ſei in formal⸗techniſcher Beziehung mißglückt. Di⸗ rektor Meesmann⸗Mainz ſprach über die Reichsverſiche⸗ rungsordnung und die bisherige Kritik. Er ſtellte feſt, daß ſelten in einer Frage von dieſer Bedeutung eine ſo weitgehende Uebereinſtimmung der Meinungen unter den beteiligten Kreiſen zu konſtatieren geweſen ſei, wie in der vorliegenden. Dagegen richte ſich entſchiedenſter Widerſpruch gegen die Uebertragung irgend welcher Auf⸗ ſicht, Kontrolle und Entſcheidungsbefugnis an die von der Regierung vorgeſchlagenen ſogen. Verſicherungsämter. Weitgehend komme auch überwiegend Ablehnung aller Vorſchläge auf Schaffung einer neuen Behördenorgani⸗ ſation, eines ſozialpolitiſchen Staates im Staate zum Ausdruck, für die kein Bedürfnis nachgewieſen ſei und die namentlich vom Standpunkt des gewerblichen Mittel⸗ ſtandes und bei den großen Finanzſorgen des Reichs, der Einzelſtaaten und der Kommunen die größten Bedenken wachrufe. Schwere Bedenken werden auch von faſt allen Seiten gegen die Rechtseinheit und Rechtsſicherheit er⸗ hoben, wie ſie durch die geplante Erſetzung des Rekurſes durch die Reviſion und die ſtärkere Heranziehung der Landesverſicherungsämter als letzte Inſtanz hervorge⸗ rufen wurde. Auch das Bedenken komme zum Ausdruck, daß das Werk der notwendigen Klarheit und Ueberſicht⸗ lichkeit in der Anordnung durchaus ermangle und daß der große Umfang des Geſetzentwurfs einen großen Nachteil für ſeine Gemeinverſtändlichkeit und ſeine Handhabung darſtelle. Der Redner unterbreitete der Verſammlung folgende Erklärung: „Der Berufsgenoſſenſchaftstag ſtellt mit Befriedi⸗ gung feſt, daß die von ſeiten der anderen Verſicherungs⸗ Sechenheimer Nnzeiger, Mussheimer HAnzeiger, neckarhauser Zelfung, Edinger Zgzifung Inſert ionspreis: 1 Die einſpaltige Petitzeile 10 Pfg., Neklamen 20 Pfg. die Zeile. Bei öfterer Aufnahme Nabatt. Fernſprechanſchluß Nr. 16. krüger, der großen wirtſchaftlichen Verbände für Land⸗ wirtſchaft, Handwerk, Handel und Induſtrie, von Ver⸗ tretern der Wiſſenſchaft und von Sozialpolitikern an der Reichsverſicherungsordnung geübte Kritik eine weitgehende Uebereinſtimmung mit denjenigen Grundſätzen aufweiſt, die der außerordentliche Berufsgenoſſenſchaftstag vom 26. Mai 1900 in ſeiner damals einſtimmig angenommenen Er⸗ klärung niedergelegt hat. Er gibt um ſo mehr der Er⸗ wartung Ausdruck, daß die Reichsregierung den genannten Geſetzentwurf unter Berückſichtigung dieſer Stellungnahme einer gründlichen Umarbeitung unterziehen werde, ins⸗ beſondere in der Richtung, daß die Selbſtverwaltung der Berufsgenoſſenſchaften in vollem Umfang geſichert bleibt und von einem neuen koſtſpieligen Behördenapparat Ab⸗ ſtand genommen wird.“ 5 Dieſe Reſolution wurde ohne Erörterung einſtimmig angenommen. 15 Im Anſchluß an dieſes Referat ſprach Inſtizrat Dr. Neißer⸗Breslau, Syndikus der Schleſiſchen T ilberufs⸗ genoſſenſchaft, über:„Einige Lücken der Reichsverſiche⸗ rungsordnung.“ Referent hat eine Umfrage bei den Be⸗ rufsgenoſſenſchaften veranſtaltet, um feſtzuſtellen, welche Wünſche auf Ergänzung des beſtehenden Rechts in der Praxis hervorgetreten ſeien. Er beantragt, das geſamte Material einer Kommiſſion zwecks weiterer Bearbeitung und Uebermittlung an die zuſtändigen Geſetzgebungsinſtan⸗ zen zu übergeben. Dieſem Antrag wurde entſprochen. 2 Politiſche Rundſchau. f Deutſches Reich. i *Die Forderungen der Aerzte. Wie vor einigen Wochen der Leipziger Verband, ſo hat jetzt auch der Reichs⸗ verband der deutſchen Aerzte an den Bundesrat, den Reichstag, die Bundesregierungen und das Reichsamt des Innern eine Denkſchrift zu dem Entwurf einer Reichs⸗ verſicherungsordnung eingereicht, worin die ſogenannte freie Arztwahl als Zwangsarztſyſtem abgelehnt wird und für die Kaſſen die Freiheit verlangt wird, mit einzelnen Aerzten oder mit Arztorganiſationen die Vertragsbeding⸗ ungen zu vereinbaren. Ferner ſoll für jedes Oberver⸗ ſicherungsamt ein ärztlicher Beirat gebildet werden. Der Schiedsausſchuß für Angelegenheiten des kaſſenärzt⸗ lichen Dienſtes ſoll dagegen ganz in Wegfall kommen und die Schiedskammer eine ſtreng paritätiſche Zuſam⸗ menſetzung erhalten. Die Einberufung des Reichstags. Der Tag der Reichstagseinberufung, der vorausſichtlich zwiſchen den 23. und 28. November fallen foll, wird erſt zu An⸗ fang November definitiv feſtgeſtellt werden und hängt von dem Fortgang der Etatarbeiten im Bundesrat ab. Die Aufſtellung des Etats iſt kürzlich beendigt worden und ein Teil desſelben befindet ſich gegenwärtig ſchon e Anter dem Geſ etze. Roman von H. v. Schreibershofeck. 300(JFortſetzung.) Nachdruck verboten.) „Sie horchten! Aus welchem Grunde?“ n Sie holte tief Atem.„Denken Sie, was Sie wollen, gnädiger Herr! Solange man jung iſt, bildet man ſich viel ein und glaubt das Törichſte am lieb⸗ ſten. Ich— ich dachte, der Graf meinte es ernſt, wenn er mich— mich küßte und behauptete, ich ſei hübſcher als alle die vornehmen Damen. An dem Tage glaubte ich, er käme meinethalben, ich verſteckte mich, um rechtzeitig in dem Korridor ſein zu können— ich konnte dann nicht wieder hinaus. Herr von Elderitt hätte mich gehört, ſo— und ich blieb gern, ich war neugierig“—— ſie ſtockte. b „Um Seehauſens willen!“ ſagte Herr von Warnitz halblaut, als könne er keinen anderen Gedanken faſſen. „Aber er log!“ Frau Zürn blickte mit dem frühe⸗ ren Ausdruck von düſterer Entſchloſſenheit auf.„Er log, als er ſagte, er wolle ſich erſchießen, er log, als er verſicherte, er habe ſchon um das Geld geſchrieben, es müſſe in wenigen Stunden da ſein, er log, ſo wie er mich belogen, und in der Stunde erkannte ich es. Herr von Elderitt gab ihm das Geld, zes war eine große Summe, und ſagte:„Seehauſen, ich gebe meine Ehre, das Glück und die Zukunft meiner Familie einetwegen preis, nur um deinem ehrenwerten, alten Vater die Schande zu erſparen.“— Ich kann mich erſchießen,“ meinte der Graf wieder— und mein Herr ſagte:„Die Schande meine ich.“ Hätte Herr von Elde⸗ ritt den Grafen angeſehen, er hätte es doch vielleicht nicht getan. Dann aber kam alles ſchneller als man dachte und— ich habe noch einmal gehorcht. Als die aſſe revidiert werden ſollte, ſtand Herr von Elderitt or den Herren und ſagte es ihnen. Sie wollten es nicht glauben.—„Schaffen Sie wenigſtens einen Zeu⸗ gen für Ihre Ausſage, oder nennen Sie den Betref⸗ 2 fenden“— hieß es.„Es macht die Sache freilich nicht anders, aber man könnte es als Milderungs⸗ grund—“ zUnd Sie ſagten nichtss“ Warnitz hob ſich zu vol⸗ ler Größe empor und blickte mit unſäglicher Verach⸗ tung auf die Frau. Sie atmete beklommen auf.„Ich dachte, Graf Seehauſen müſſe dafür dann büßen— ich— ich ſchämte mich. Als ich endlich den Mut dazu fand, war es zu ſpät, die Herren waren weggegangen.“ „Großer Gott, iſt es möglich!“ Warnitz ſchlug die Hände zuſammen. Er dachte nicht mehr an die Frau, anderes beſchäftigte ihn. „„Ich habe ſchwer gebüßt und bitter bereut,“ ſagte ſie leiſe;„ich habe meine gnädige Frau wie oft be⸗ neidet, denn ſie iſt nie in ihrem Vertrauen wankend geworden. Sie wußte, ihr Mann war unſchuldig— ich habe nie das Vertrauen zu meinem Manne ge⸗ habt, es könne irgend etwas, das man ihm ſchuld gab, nicht wahr ſein.“ Sie wiſchte ſich die Augen.„Ich, habe gelernt, wieviel das Vertrauen auf einen Men⸗ ſchen wert iſt, und deshalb— gnädiger Herr es kommt auf das Gerede und Urteil der Leute nicht an, wenn nur einer ſagt, wie Sie es getan, es ſei noch Gutes an einem Menſchen. Ich kann Ihnen das nie genug danken. denn das wird meinem Manne weiterhelfen, und es iſt vielleicht noch eine beſſere Zukunft für uns möglich. Er kann ſich wohl noch einmal herauf ar⸗ beiten, und das danken wir Ihrer Güte.“ Verwirrt ſah Warnitz auf. Er hatte kaum auf die haſtig hervorgeſprudelten Worte geachtet, ſeine Ge⸗ danker hatten ihn völlig eingenommen. Nun antwortete er mehr auf ſie als auf Frau Zürns Rede.„Es hätte wohl nichts geholfen, er war nicht zu retten, der Vor⸗ wurf, die Anklage mußten erhoben werden. Aber Ihrethalben, Sie durften nicht ſchweigen. Sie hätten ja, der Menſch iſt ſchwach, zu ſchwach dazul Die Haupt umme des Lebens bleibt immer, das Rechte zu tun 9. Jahrgang ſobald man es erkennt. Was daraus entſteht, iſt nich unſere Sache, das liegt in höherer Hand.“ Er 2 die Frau ernſt forſchend an.„Iſt Ihnen jetzt nich leichter ums Herz?“ Sie bejahte kurz. „Graf Seehauſen iſt ein Verwandter von mir, en und Graf Otto waren Brüder.“ Warnttz ſtrich ſich über ſeine Stirn, ſie glühte. Die Verlegenheit der Frau war b e Ich bitte um Verzeihung, ich hätte nicht ſo offen ſprechen ſollen— ich wußte es nicht.“ „Es war beſſer ſo, ich mußte es erfahren.“ Sie rieb ſich die Hände und trat unſchlüſſig von einem Fuß auf den anderen.„Man kann nicht für ſeine Verwandten einſtehen, gnädiger Herr, und— und es iſt ganz gut, wenn etwas in der Art in der Fa⸗ milie vorkommt. Es iſt wohl ſchwer, aber— man wird dann nicht ſo leicht hart gegen andere, man kann ſich die Verſuchungen eher erklären. Ich denke,“ fügte ſie leiſer hinzu,„es hat Sie das vielleicht ſo nach⸗ ſichtig gemacht. Aber es iſt ſpät—“ „Ja, ſpät, aber nicht zu ſpät. Gute Nacht!“ Warnitz gab der Frau die Hand und ließ ſie hinaus „Alſo meines Verwandten wegen, damit er nicht ungerufen vor den himmliſchen Richter träte!“ ſagte Warnitz, als er allein war. Als der Mond ſeine leuchtenden Strahlen in das Zimmer ſandte, lag Warnitz auf den Knien vor ſei⸗ nem Stuhle, ſtand dann wieder auf und ſchritt ſtun⸗ wer Stolz ſich nicht beugen will, und es dauert lunge, ehe die Demut den Sieg davon trägt. Wo die Grundſeſten eines ganzen Lebens ins Wanken geraten, bedarf es ſchwerer Arbeit, neue Stützen aufzurichten. ſich viel inneres Elend erſpart. Der Wahrheit die Ehre geben.—— Wer es immer kann, iſt groß— (Nortſekung folat.) 8 denlaug ruhelos auf und ab. Es iſt ein harter Kampf, im Druck. Die endgültige Feſtſetzung der Ziffern wird Ende dieſes Monats erfolgen. In den erſten Tagen des November wird der Etat an den Bundesrat gelangen und man rechnet damit, daß die Beratungen des Bundes⸗ rats über den Etat in drei bis vier Wochen beendigt ſein werden. Dem Reichstag wird der Etat aller Wahrſchein⸗ lichkeit nach Anfang Dezember zugehen. Die erſten Vor⸗ lagen, die der Reichstag ſofort nach ſeiner Zuſammenkunft in Beratung ziehen wird, ſind die Regelung der deutſch⸗ engliſchen Handelsbeziehungen und der deutſch⸗portugie⸗ ſiſche Handelsvertrag. Die Regelung der deutſch⸗ameri⸗ kaniſchen Handelsbeziehungen bedarf gleichfalls der ver⸗ falſungsmäßigen Genehmigung. Der Etat für das Jahr 1910 iſt nach dem Grundſatz der ſtrengſten Sparſamkeit auf allen Gebieten der Verwaltung aufgeſtellt worden, und zwar auf direkte Weiſungen des Reichskanzlers, der den Reſſortchefs die größte Sparſamkeit aufgetragen hat. * Neuanforderungen des Militär⸗Etats. Wie auf eine Anfrage an unterrichteter Stelle mitgeteilt wird, hat die Militärverwaltung die Frage einer weiteren Be⸗ ſetzung geeigneter Stellungen durch inaktive Offiziere in⸗ nerhalb der Heeresverwaltung zwecks Erleichterung ihrer Verſorgung weiter im Auge behalten, was im Militäretat für 1910 in entſprechender Weiſe zum Ausdruck kommen dürfte. Nach Lage der Dinge könne es ſich aber— ſo heißt es— nicht um die Schaffung einer erheblichen Zahl ſolcher Stellen handeln. Bei der Beſetzung der Be⸗ amtenſtellen des Großen Generalſtabs hat man die in⸗ aktiven Offiziere bereits berückſichtigt; es ſind dort be⸗ reits acht ſolcher Stellen vorhanden. Bezüglich der Mel⸗ dungen über hohe Mehrforderungen des neuen Militär⸗ etats hören wir, daß außer der Vergrößerung der Luft⸗ ſchifferabteilung nennenswerte Poſten dem Reichstag nicht vorgelegt werden. Intereſſant iſt aber z. B., daß eine Summe zur Förderung des neuſprachlichen Unterrichts neu verlangt wird. Es iſt beabſichtigt, Offiziere zwecks Studium der japaniſchen und chineſiſchen Sprache zum Seminar für orientaliſche Sprachen in Berlin zu kom⸗ mandieren, da die Armee einer Anzahl Offiziere bedarf, die in der japaniſchen und chineſiſchen Sprache gründlich ausgebildet ſind. Maßnahmen gegen die Revolverpreſſe. Der Prozeß Dahſel wird vorausſichtlich auch die Staats⸗ behörden noch beſchäftigen. Wie man hört, wird vom Eiſenbahnminiſterium in Erwägung gezogen werden, ob nicht im Bahnhofsbuchhandel bezüglich des Feilhaltens der Skandalpreſſe Aenderungen zweckmäßig erſcheinen. Es wird als wünſchenswert bezeichnet, hier eine Reform in Angriff zu nehmen, doch find über den gangbarſten Weg die Meinungen noch geteilt, auch die ſog. Schundliteratur und Nick Carter⸗Literatur wäre am beſten von den Bahn⸗ höfen verbannt. Den Verkauf der Revolverpreſſe und der übrigen Schundliteratur im Bezirk der preußiſch⸗heſſiſchen Eiſenbahnen zu verbieten, iſt nicht gut angängig, ſolange dieſe Blätter nicht als ſtaatsfeindliche anzusprechen ſind oder ſtaatliche Einrichtungen, wie etwa der„Simplieiſſi⸗ mus“, verhöhnen. Erreichen läßt ſich nur etwas auf dem Vertragswege mit den Bahnhofsbuchhändlern, denen vor Uebernahme in das Pachtverhältnis vorzuſchreiben iſt, welche Zeitungen und welche Literatur ſie zu halten haben. Am weiteſten kommt man aber bei allen dieſen Beſtreb⸗ ungen, wenn das Publikum energiſch Front macht gegen die Revolver⸗ und Schundliteratur und ſie boykottiert. Die Zeitſchriften werden von ſelbſt verſchwinden und nicht nur auf den Bahnhöfen, ſondern auch auf der Straße. * Der N ichskanzler und die Parteiführer. Wie in politiſchen Kreiſen verlautet, gedenkt der Reichs⸗ kanzler zu Anfang des Monats November die Führer der bürgerlichen Parteien zu Konferenzen über die politiſche Lage und das Arbeitsprogramm des Reichstags einzu⸗ laden. Es wird angenommen, daß über die Einberufung des Reichstags erſt nach dieſen Konferenzen eine Ent⸗ ſchließung getroffen werden wird. * Der Konflikt zwiſchen Bayern und Rußland. Der Beſchluß der zweiten bayeriſchen Kammer, die Kün⸗ digung des bayeriſch⸗ruſſiſchen Auslieferungsvertrages zu beantragen, hat in einem Teile der Preſſe die Vermutung laut werden laſſen, daß die bayeriſche Regierung nicht um⸗ hin können werde, den Beſchluß der Kammer zu ſanktio⸗ nieren und das Vertragsverhältnis zu löſen. Dieſe Auf⸗ faſſung iſt nicht zutreffend. Die bayeriſche Regierung wird den Vertrag nicht kündigen, wenn ſie ſich auch nicht der Einſicht verſchließt, daß das Vertragsinſtrument verbeße⸗ rungsbedürftig iſt. Sie geht dabei von der Erwägung aus, daß, falls der alte Vertrag gekündigt würde, ein neuer ſicherlich nicht durch direkte Verhandlungen zwiſchen Bayern und Rußland zuſtande kommen würde, ſondern der reichsgeſetzliche Weg eingeſchlagen werden müßte. Das aber wünſcht Bayern, das ſich ſeine Reſervatrechte nicht verkümmern laſſen will, um jeden Preis zu vermeiden. Gegenüber dieſem Standpunkt iſt es von untergeordneter Bedeutung, ob der Vertrag ſeinerzeit von Bayern aus partikulariſtiſcher Neigung oder, wie dies behauptet wor⸗ den iſt, aus Konnivenz gegen Bismarck abgeſchloſſen wor⸗ den iſt. Letzteres iſt jedenfalls nicht ſehr wahrſcheinlich, da Fürſt Bismarck mit dem damaligen Vertreter Bayerns in Berlin, dem Geſandten v. Ruthardt, auf ſehr geſpann⸗ tem Fuße ſtand, was ein Entlaſſungsgeſuch des Geſandten zur Folge hatte, der ſpäterhin an den Petersburger Hof verſetzt wurde. 9 ö . 0 Ausland. i 1 Schweiz. Die Bundesverſammlung iſt am Monkag nachmittag zur Herbſttagung zuſammengetreten. Der Nationalrat behandelte einen von ſechs ärztlichen Mitgliedern einge⸗ brachten, durch Rickly begründeten Antrag, demzufolge der Bundesrat beauftragt werden ſoll, darüber Bericht zu erſtatten, ob und welche Maßnahmen von Bundeswegen zur Bekämpfung der Tuberkuloſe ergriffen werden können. Bundesrat Ruchet erklärte die Zuſtimmung zu den Be⸗ ſtrebungen der Antragſteller und die Bereitwilligkeit des Bundesrats, die Angelegenheit eingehend zu prüfen. Er ſprach zugleich die Meinung aus, daß eine entſprechende Ergänzung der Bundesverfafſung notwendig ſei, wenn der V . . Joſef auf der Bund wirkſam eingreifen ſoll. Der Antrag wurde ſchließ⸗ lich genehmigt.— Der Ständerat nahm das Bundes⸗ geſetz über die Organiſation des Militärdepartements an. Italien. Aus Rom wird gemeldet: In der ruſſiſchen Botſchaft erklärt man, nichts über den Ort der Monarchenbegegnung ſagen zu können. Fürſt Dolgoruki und der Botſchafts⸗ rat Gulkowitſch fahren dem Zaren bis zur Grenze ent⸗ gegen, wiſſen aber bis jetzt noch nicht, an welchem Punkt ſie ihren Souverän begrüßen dürfen. Inzwiſchen fährt man in Racconigi mit den Empfangsvorbereitungen für den Zaren fort. Das Königspaar iſt in den oberen Stock des Schloſſes gezogen, um für den Zaren den erſten Stock herrichten zu laſſen. : Ausland. Oeſterreich⸗Ungarn. 1 5 Der Petersburger Korreſpondent des„Newhork He⸗ rald“ telegraphiert ſeinem Blatt:„Die Bemühungen öſterreichiſch⸗ungariſcher und deutſcher Diplomaten, eine Begegnung des Kaiſers von Rußland mit Kaiſer Franz Rückkehr des Zaren von ſeiner Italien⸗ reiſe zuſtände zu bringen, ſind bisher ohne Erfolg ge⸗ blieben. Von kompetenter Stelle erfährt man jedoch, daß der italieniſche Miniſter des Aeußern, Tittoni, eine Verſöhnung Rußlands mit Oeſterreich⸗Ungarn herbeizu⸗ führen wünſcht und während der bevorſtehenden Beſprech⸗ ungen mit dem ruſſiſchen Miniſter des Aeußern, Iswolski, in Racconigi in dieſem Sinne tätig ſein will. Wahr⸗ ſcheinlich wird auch König Eduard von England im gleichen Sinne freundſchaftlich intervenieren. In ruſſiſchen poli⸗ tiſchen Kreiſen beſteht aber faſt einmütiger Widerſtand gegen eine ſolche Politik, und man glaubt daher, daß trotz der perſönlichen Sympathie des Kaiſers Nikolaus für den öſterreichiſch⸗ungariſchen Herrſcher die Begegnung nicht ſtattfinden wird. 1 5 Aus Nah und Fern. Seckenheim,, 21. Okt. Anläßlich der heutigen Land⸗ tagswahl ſowie am Tage der Stichwahl, 30. Okt., bleibt das Schalter des hieſigen Poſtamts zum Aufgeben von elegrammen uſw. bis nachts 12 Uhr geöffnet. * SFeckenheim, 21. Okt. In der geſtrigen Bezirks⸗ fratsſitzung wurde dem Herrn Joſef Koger die Wirtſchafts⸗ konzeſſion für ſeinen Neubau in der Wilhelmſtraße erteilt. Karlsruhe, 19. Okt. Vom Ballon„Louis Pe⸗ ter“, der am Sonntag nachmittag mit Regierungsbau⸗ meiſter Hackſtetter und Redakteur Seckendorff im Stadt⸗ garten aufſtieg, war bis geſtern abend 6 Uhr noch keine Nachricht eingetroffen. () Durlach, 19. Okt. Sonntag abend wurde der ledige 27 Jahre alte Faſſer Adolf Zorn aus Eutingen von dem Güterzug Karlsruhe— Pforzheim im hieſigen Bahnhof überfahren und getötet. Es dürfte ein Unglücks⸗ fall vorliegen. ( Pforzheim, 19. Okt. In nicht geringe Auf⸗ regung wurden auf der Halteſtelle Monbach—Neuhauſen die zahlreich auf dem Perron anweſenden Paſſagiere, die den 7.33 Uhr⸗Zug nach Pforzheim benützten, ver⸗ ſetzt. Auf dem Perron lief ein ſtark angetrunkener Mann ganz nahe am Geleiſe hin und her, und es ſchien, als ob der Mann was im Sinne hätte. Eben kam der Zug an⸗ gefahren, da lag der Mann quer auf den Schienen. Ein allgemeines Aufſchreien; da packten laut„Gen.⸗Anz.“, auch ſchon zwei beherzte Frauen und der ſchnell herbei⸗ geſprungene Bahnbeamte den Mann und riſſen ihn, nur wenige Meter von der Lokomotive entfernt, weg. Noch lange nachher waren die Augenzeugen ſprachlos durch den ausgeſtandenen Schrecken. ( Durmersheim, 19. Okt. Bei der am Sams⸗ tag ſtattgefundenen Bürgerausſchußwahl ſiegte in der 3. Klaſſe die Liſte der ſozialdemokpatiſchen Partei mit einer großen Stimmenmehreit. () Jlenau, 19. Okt. In der hieſigen Heil⸗ und Pflegeanſtalt iſt dieſer Tage der Heidelberger Zeichen⸗ lehrer und Kunſtmaler Ernſt Idler plötzlich aus dem Leben geſchieden. Idler, der Zeichenlehrer am Heidel⸗ berger Gymnaſium war hatte ſich durch eine Anzahl Porträtbilder und ſtimmungsvoller Landſchaften aus Heidelberg und Umgebung einen geachteten Namen in der Kunſtwelt erworben. (Wolfach, 19. Okt. Wie aus Jägerkreiſen in der Ebene berichtet wird, bleibt das Erträgnis aus der Haſenjagd gegen andere Jahre weit zurück. Junghaſen fehlen faſt ganz. Die Urſache wird wohl in der naßkalten Witterung im Frühjahr zu ſuchen ſein. Eine beſſere Aus⸗ ſicht ſoll im Rehſtand vorhanden ſein. (YNeckarſteinach, 19. Okt. Am Samstag iſt eine 75 Jahre alte Frau verbrannt. Sie machte neben der Straße Feuer an, um ſich zu wärmen, kam jedoch dem Feuer zu nahe, wobei ihre Kleider Feuer fingen. Zwei Fremde wollten der Frau Hilfe leiſten und riſſen ihr die Kleider vom Leibe. Es war jedoch zu ſpät, die Frau gab nach einer halben Stunde den Geiſt auf. Karlsruhe, 20. Okt. Den Schluß einer trau⸗ rigen Familiengeſchichte bildet der ſchon gemeldete Tod des Ingenieurs Welte, der ſich am Sonntag abend in einer Wirtſchaft zu Mannheim, wo er ſich in animierte⸗ ſter Weiſe mit den Gäſten unterhielt, erſchoſſen hat. Welte iſt eine im ganzen Lande bekannte Perſönlich⸗ keit, da er lange Jahre Leiter der Heizerſchule der badiſchen Eiſenbahnverwaltung war, als der er ſich der größten Achtung und Wertſchätzung ſeiner Vorgeſetzten wie auch der ihm unterſtellten Schüler zu erfreuen hatte, bis zu dem Tage, an dem das Verhängnis in Geſtalt einer Frauensperſon in das Leben des Welte und ſeiner Familie unheilvoll eingriff. Obgleich Welte ſeit 10 Jahren in glücklicher Ehe lebte, ließ er ſich von ſeiner Leidenſchaft zu einer Wirtsfrau ſo weit hin⸗ reißen, daß er ſeinen Dienſt und ſeine Familie in un⸗ verantwortlicher und unbegreiflicher Weiſe vernachläſ⸗ ſigte. Die Folgen blieben nicht aus. Da er ſich trotz wiederholter ernſter Mahnungen von ſeiten ſeiner Vor⸗ geſetzten nicht beſſerte, mußte er aus dem Dienſt ent⸗ Laſſen werden. N 0 3 Damit war dem Faß der Boden aus⸗ geſchlagen. Durch fortgeſetzte Mißhandlungen war ſeine Frau gezwungen, Scheidungsklage einzureichen. wäre zwar nicht nötig geweſen, denn der Kummer und die Sorgen hatten die Frau ſo krank gemacht, daß ſie kurz nach der Eheſcheidung durch den Tod von all ihren Kümmerniſſen befreit wurde. Dies ſcheint auf Welte denn doch nicht ohne Einfluß geblieben zu ſein, und alle Verſuche, ſein ſchwer belaſtetes Gewiſſen im Taumel der Liebe und des Alkohols zu betäuben, mißlangen, ſo daß er zum Revolver griff und ſeinem ruheloſen Daſein ein Ende machte. ( Nußloch, 20. Okt. Eine größere auswärtige Zigarrenfabrik hat ihre hieſige Filiale wegen Lager⸗ überfüllung und Abſatzmangel geſchloſſen. Es wurden dadurch 180 Arbeiter brotlos. Karlsruhe, 20. Okt. Das Juſtizminiſterium erließ eine Verfügung, worin die Juſtizbehörden unter Hinweis auf die bereits früher ergangenen Beſtimmun⸗ gen wiederholt zur Pflicht gemacht wird, bei der An⸗ beraumung und Abhaltung der Termine auf die In⸗ tereſſen der vorgeladenen Perſonen möglichſt Rückſicht zu nehmen. ( Niederbühl, 20. Okt. Die Leiche des letzten Freitag im Kanal ertrunkenen 27% Jahre alten Kindes der Familie Franz Knörr wurde am Samstag aus der Mura geländet () Sberwihl, 19. Okt. Hier wurde ein mittelſtarkes Erdbeben verſpürt. Einem länger anhaltenden Toſen folgte ein donnerähnlicher Schlag. () Villingen, 19. Okt. Die gegenwärtige günſtige Lage der Landwirtſchaft kam auch bei den Verpachtungen der Felder des Spitals zum Ausdruck. Während die Pacht bisher nur 1557 Mark betrug, bringt ſie künftig 3526 Mark jährlich ein. Der Mehrerlös beträgt 1699 Mark oder 109 Prozent. () Aus Oberbaden, 19. Okt. Dem„Volksfr.“ gingen in einem Artikel Klagen von Patienten in„Fried⸗ richsheim“ zu, die ſich hauptſächlich um die Art der Ver⸗ pflegung und Behandlung der Kranken drehen. Da die Beſchwerde von 8 Patienten unterſchrieben iſt, muß man annehmen, daß dieſelbe nicht unbegründet iſt. Lörrach, 20. Okt. Die Erregung des Wahl⸗ kampfes hat hier ein Opfer gefordert. Ein Einwohner hat ſich in nervöſer Ueberreizung ſelbſt zum Kandida⸗ ten für den Stadtbezirk aufgeſtellt und mußte in die pſychiatriſche Klinik nach Freiburg verbracht werden. () Schopfheim, 20. Okt. Vergangene Nacht um 2 Uhr brach in dem Merianſchen Oekonomie⸗Anweſen in Höllſtein, das Arbeiterwohnungen für 12 Familien enthält, Feuer aus, wodurch dasſfelbe faſt ganz zerſtört wurde. Mehrere Familien verloren ihre ganze Habe, ohne verſichert zu ſein. Urſache des Brandes ſoll Selbſt⸗ entzündung von Oehmd ſein. () Offenburg, 20. Okt. und Fiſchereiintereſſenten fanden ſich geſtern hier im „Gaſthof zur Alten Pfalz“ zuſammen, um über Maß⸗ regeln gegen den drohenden Rückgang der Fiſcherei zu beraten Es hatten ſich Fiſcher aus dem Rheingebiet von Konſtanz bis Mannheim, aus den badiſchen, ſchweizeriſchen und elſäſſiſchen Nebengebieten des Rheins eingefunden. Es wurde eine Reſolution an⸗ genommen, in der der leitende Ausſchuß beauftragt wird, bei den verſchiedenen Landesbehörden auf die Gefahren für die Fiſcherei hinzuweiſen und um ſchnelle Abhilfe, ſei es durch geſetzgeberiſche Maßnahmen oder auf anderem wirkſamen Wege zu erſuchen. In einer ſpäteren Verſammlung ſoll ein Ausſchuß Bericht über den Erfolg ſeiner Bemühungen erſtatten. ) Freiburg, 20. Okt. Wegen der bevorſtehen⸗ den Landtagswahlen geriet ein lediger Schneider Mon⸗ tag früh 2 Uhr in der Klaraſtraße mit einem Unbe⸗ kannten in Wortwechſel, der ſchließlich in Tätlichkeiten ausartete. Hierbei erhielt der Schneider, wie der Po⸗ lizeibericht meldet, von dem Unbekannten 2 Stockſchläge ins Geſicht, wodurch erhebliche Verletzungen verurſacht wurden. () Hüfingen, 20. Okt. Geſtern früh ging ein Extra⸗ zug von hier ab, der 103 Stück Jungvieh nach Agram brachte. Herr Joſef Frank hier und Herr K. Hauſer in Hauſenvorwald brachten je 50 Stück zur Verladung. * Berlin, 20. Okt. Heute früh 5½ Uhr wurde die 31jährige in Danzig geborene Alice Rakowski, Ver⸗ käuferin der Bäckereifiliale Nordſtern in der Weberſtraße beim Laden erſtochen aufgefunden. Entweder liegt eine Eiferſuchtstat oder Raubmord vor. In der Kaſſe fehlen etwa 100 Mark.— Das zu der Mordtat an der Ver⸗ käuferin Rakowski benützte Meſſer iſt ein Schlächtermeſſer. Als Mörder dürfte ein in Hamburg geborener Friſen in Frage kommen, der in letzter Zeit viel mit der Rakowskt verkehrte und häufiger Beſucher von Sportplätzen war⸗ () Stuttgart, 20. Okt. Zwei Söhne des Kommer⸗ zienrats Robert Vollmöller, die Herren Dr. Karl Volle möller, der ſich ſchon als dramatiſcher Schriftſteller einen Namen gemacht, und deſſen Bruder Hans, bauen gegen? wärtig einen Flugapparat, der in der Automobil⸗Karoſſe⸗ riefabrik von Ch. Auer in Cannſtatt hergeſtellt wird. Dieſer Apparat iſt ein Eindecker im Gewicht von 150 Kg. alſo neben der Demoiſelle von Santos Dumont wohl die kleinſte Flugmaſchine. Sie ſoll mit einem Anzane⸗Motor⸗ ebenſo wie Bleriots Kanalflieger, ausgerüſtet werden. iſt dies ein Dreizylindermotor von 25—30 Pferdekräften Die Bedienung des Apparats iſt ungemein einfach, ſie l- ſchieht durch einen einzigen Hebel. Das Höhenſteuer bil det eine Verlängerung des Apparats nach hinten, 155 Wirkung der Seitenſteuer geſchieht nur in Kombinati 2 mit der Verbindung der Tragflächen nach dem So ell Wright. Die Propeller ſind aus Holz, das Schlittengeſtſ ſehr leicht aus Eſchenholz und Bambus. In enen en Tagen dürfte der Apparat fertig ſein und dann ſo ter⸗ gleich Fahrübungen auf dem Cannſtatter Waſen a h nommen werden. Dr. Karl Vollmöller, der in ain 8 lieniſchen Automobilfabrik tätig war, beſchäftigt ſich ſche ſeit 1906 mit der Flugtechnik.— Es hand den Veranſtaltungen, wie Dr. zunächſt nicht um Flugverſuche, ſtadum der Aufſtiege, um Fahrübungen,* die eine Eine große Anzahl Fiſcher ſondern nur um er eitige SSS SSA SA r ee eo e SS=& MWS SSE S SS SS SSM S N nahm der Unterſuchungsrichter perſönlich Güstrow und unbedingte Vertrautheit mit der Mechanik des Appa⸗ rates bewirken und die Balancierung des Gleichgewichts angewöhnen wollen. Dieſe können nach den Erfahrungen der übrigen Aviatiker ohne Gefahr für Fahrer und Fahr⸗ zeug nur vorgenommen werden, wenn die Maſchine ſich zunächſt auf Fahrverſuche und ganz niedere Flüge be⸗ ſchränkt. Der Apparat iſt zu dieſem Zweck vorerſt mit 30 Kilo Ueberballaſt beſchwert. Flugverfuche werden erſt in einigen Wochen unternommen werden könnten, wenn ein im Bau befindlicher, mit ſtärkerem Motor ausgerüſteter neuer Apparat fertiggeſtellt iſt. Neues aus aller Welt. * Rätſelhafter Mord. Aus Petersburg wird der „Voſſ. Ztg.“ gemeldet: Vorgeſtern abend wurde hier ein unerhörter, ſcheußlicher Mord entdeckt. Dem Er⸗ mordeten wurde von dem unbekannten Mörder der Kopf abgeſchnitten und vom Geſicht die Haut abgezogen. Die wildeſten Gerüchte ſind in der Stadt verbreitet. Man ſpricht ſogar davon, daß der Ermordete vielleicht Aſew, der Polizeiſpitzel, geweſen ſei. b * Deutſche Minenkonzeſſionen. Eine Pariſer Zeitung nennt die Gebrüder Mannesmann als die Firma, die ſich um die Minenkonzeſſion am Rif bewarb. Sie haben Mulay Hafid zwei Millionen geliehen und der Sultan macht ſeit Algeciras Schwierigkeiten, die bereits verſprochene Konzeſſion am Rif zu überlaſſen. Die Ge⸗ brüder Mannesmann verſchafften ſich Konſultationen bei Juriſten und verlangen jetzt von Mulay Hafid die Be⸗ ſtätigung der Konzeſſion. Soweit der„Matin“. Ich bin in der Lage zu ſagen, daß in der Tat die Gebrüder annesmann monatelang ſich in Paris aufgehalten haben, um dieſe Konſultationen von Juriſten aus Frank⸗ reich, Deutſchland, Italien und England zu ſammeln und ſo den Beweis zu führen, daß der Sultan trotz der Alge⸗ eirasakte ſeine Konzeſſion nicht widerrufen könne. *„Wahrheitsſucher.“ Unter Führung des Unter⸗ ſuchungsrichters, Landgerichtsrat Schmidt, nahmen dieſer Tage zahlreiche Kriminalbeamte zu gleicher Zeit an ſechs Stellen in Berlin und den Vororten Nachforſchungen und Hausfuchungen vor. Es handelt ſich dabei darum, das ganze Geſchäftsgebaren der„Wahrheit“ und ihres Ver⸗ legres Bruhn durch Belege, Quittungen, Rechnungen, Briefwechſel uſw. während des fünfjährigen Beſtehens der Zeitung klarzulegen. An den Durchfuchungen in den Geſchäfts⸗, Redaktions⸗ und Wohnräumen des 2 05 teil. Die Hausſuchung dauerte drei Stunden, verſchiedene Papiere wurden beſchlagnahmt. Selbſt die Oefen wurden nachge⸗ ſehen und geleert. * Die Fernfahrt des Groß 2. Das Reichsmili⸗ tärluftſchiff Groß 2 wird nun doch, günſtige Windverhält⸗ niſſe vorausgeſetzt, demnächſt die Fahrt nach Köln mit eigener Kraft durch die Lüfte machen. Geſtern abend haben bereits 185 Mann, 23 Unteroffiziere und 5 Offiziere 3. Kompagnie des Luftſchifferbataillons unter Füh⸗ kung des Hauptmanns von Jena die Reiſe nach Köln angetreten. Der Parſeval 2 iſt in der Kölner Luft⸗ ſchiffhalle untergebracht worden, dort liegt ein hoher Stapel von Gasröhren zur Füllung der Luftſchiffe Z 2, Parſeval 2 und Groß 2 bereit, die an den erſten deutſchen Luftſchiffmanövern teilnehmen werden. * Selbſtmord eines Knaben. In Hönheim bei Straßburg hat ſich der 12jährige Schulknabe Bentz er⸗ ſchoſſen. Er brachte ſich mit einem Revolver, den er geladen in der elterlichen Wohnung gefunden hatte, einen Schuß in den Mund bei. Die Kugel drang in den Hinter⸗ kopf und führte den ſofortigen Tod herbei. Ueber die Beweggründe des Selbſtmordes verlautet nichts. In den Tod gegangen. Aus Verzweiflung über den Niedergang ihres Geſchäfts verübten der 50 jährige Gaſtwirt Paul Weigt und ſeine 25jährige Gattin zu Halenſee Selbſtmord durch Einatmen von Leuchtgas. Ihr Jjähriges Töchterchen und den vier Monate alten Knaben kahmen ſie mit ſich in den Tod. Das tragiſche Ende 5 1 und fleißigen Leute findet allgemeine Teil⸗ Eine aufregende Szeue ſpielte ſich dieſer Tage im Kontor des Braunkohlenwerkes Ramſtorf bei Lucka i Sachſen ab. Dort wurde der Lehrling Hönig vom Auf⸗ eher Zöger bei einem Gelddiebſtahl ertappt und ſeſtge⸗ nommen. Hönig riß ſich plötzlich los und gab auf Zöger zer Revolverſchüſſe ab und verletzte ihn ſchwer, dann late er ſich ſelbſt eine Kugel durch den Kopf. An dem mmen beider wird gezweifelt. * Selbſtmord. Im Landgerichtsgefängnis zu hat ſich während der Nachtzeit der Schweizer Joſef Jablonski aus Ruſſiſch⸗Polen in ſeiner Zelle er⸗ hängt. J. war im März d. J. vom dortigen Schwur⸗ ch wegen Ermordung und Beraubung des Erbpächters hmeyer in Kankel zum Tode verurteilt worden. Die den das Urteil beim Reichsgericht eingelegte Revision * imſofern von Erfolg gekrönt, daß die Sache zur nach⸗ maligen Verhandlung an das Güſtrower Schwurgericht kerillderwteſen wurde. Die neue Verhandlung ſollte in weben begonnenen zweiten außerordentlichen Schwur⸗ Vabhesperiode ſtattfinden. Nunmehr hat ſich J durch ſtmord der irdiſchen Gerechtigkeit entzogen. bol. Spiritiſtenſchwindel. Die Berliner Kriminal⸗ A Sei entlarvte und verhaftete am Sonntag abend ein a durikiſtenkreiſen ſehr angeſehenes„Medium“, die Ehe⸗ 8 Anna des Magnetiſeurs und Maſſeurs Paul Abend I der Bremerſtraße 53. Frau Abend hatte täglich, den erstag ausgenommen, von 2 Uhr an Empfangszeit, 0 grö uſtaltete außer dieſen Sprechſtunden aber auch noch Art de Sitzungen. Für dieſe iſt ihr Erkerzimmer nach Nader da Theaterſaales eingerichtet. Die Wände zieren dis er ihrer Beſucher und Anhänger. Stuhlreihen reichen 0 lang be an die Eingangstür heran. Dieſe füllt ein Vor⸗ im d mit rotem Fries bis auf eine runde Oeffung aus, zin der der Geiſt zu erſcheinen pflegte. Dem Sitzungs⸗ mmer i gegenüber auf der anderen Seite des Flures liegt eines Anfleidezimmer für das Medium und deſſen Senn. An der Eingangstür prangt ein Zettel über dem de Abends. Seine Aufſchrift lautet:„Soeben er⸗ ſchienen ſenſationelles Buch„Der Spirituolismus“. Lehre vom Geiſt durch das Medium Anna Abend. Zu beziehen vom Herausgeber im Selbſtverlag Paul Abend.“ Wohl jeder Beſucher hat ſich dieſes Werk gekauft. Es koſtet ja nur 4 Mark. Ein dreiſter Raubaufall wurde im Grundſtück Hohenzollernſtraße 15 in Leipzig verübt. Von der Bank kommend, paſſierte der 16 Jahre alte Lehrling des Stein⸗ metzmeiſters Walther die erſte Treppe, als ihm der 26 Jahre alte Arbeiter Körber aus Schwerſtädt bei Weimar Pfeffer in die Augen warf, ihm ſeine Mappe entriß und mit dieſer entfloh. Von Paſſanten verfolgt, wurde der Räuber in den Gärten hinter den Rutzenhainer Straße geſtellt und bis zum Eintreffen von Polizeibeamten feſt⸗ gehalten. Körber hatte den Lehrling offenbar von der Bank aus in der Meinung verfolgt, daß die Mappe Geld enthalte, was aber nicht zutraf. 55355 Vermiſchtes. Warum erkältet man ſich nicht am Pol? Aus London wird berichtet: Bei ſeinem letzten Vortrag im Middleſex⸗Hoſpital erwähnte Leutnant Shackleton auch die 21 N08 auffällige Tatſache, daß kein Teilnehmer der Südpolar⸗ expedition je von einer Erkältung befallen wurde bis zu dem Tage, da man die aus England mitgeführten Kleider⸗ ballen öffnete. Von dieſem Augenblick an waren alle erkältet. Diejenigen, die ſofort hinaus in die eiſige Atmo⸗ ſphäre gingen, verloren alsbald wieder ihre Erkältung, während die anderen, die in der geſchloſſenen Hütte blieben, noch zwei oder drei Tage darunter zu leiden hatten. Dr. Forbes Roß, der ſich mit den Urſachen dieſes eigen⸗ artigen Phänomens beſchäftigte, wies darauf hin, daß⸗ auch Nanſen und andere Polarfahrer dieſelben Erfah⸗ rungen gemacht hätten. Die Erklärung iſt, daß die eiſigen Polarregionen von Staub und jenen Krankheitskeimen frei ſind, die ſich in ziviliſierten Ländern anhäufen. Der Ballen aus Europa mitgeführter Kleider, nach deſſen Oeffnung alle Expeditionsteilnehmer ſich erkälteten, ent⸗ hielt zweifellos Tauſende von Katarrhmikroben. Dr. Roß erwähnte dabei auch einige Hilfsmittel gegen Er⸗ kältung: friſche Luft, häufiges Oeffnen der Fenſter, mäßig kühle Temperatur in der Wohnung und vor allem: keine ängſtliche Verhüllung von Nacken und Hals.„Die Leute begehen alle den Fehler, daß ſie die Bruſt warm ver⸗ packen und den Rücken zwiſchen den Schulternblättern nicht genügend gegen die Kälte ſchützen. Niemand wird ſich erkälten, der ſeinen Rock vorne nicht zuknöpft; die meiſten Erkältungen entſtehen durch den mangelhaften Schutz des Rückens. Der Menſch mag nur die Natur beobachten und ihr folgen. Bei allen Tieren findet man als Schutz des Rückens eine beſonders dichte üppige Fellentwicklung, wäh⸗ rend an allen anderen Körperteilen das Fell leichter und dünner wird. Um ein Pferd gegen Kälte zu ſchützen, genügt die Bedeckung des Rückens. Die Frauen, die Schals tragen und ſie an der Bruſt übereinander zu legen pflegen, ſollten es lieber umgekehrt machen und den Schal doppelt über den Rücken legen, um vor allem den Rücken zwiſchen den Schulterblättern zu ſchützen.“ f * Streikkrawalle in Nürnberg. Vor einigen Tagen griff ein Arbeitswilliger bei dem Ausſtand in der Wolfſchen Celluloidfabrik, als er im Verein mit anderen bedroht war, zum Meſſer und erſtach einen der Angreifer. Darauf hat es nach der Beerdigung des getöteten Streiken⸗ den große Unruhen gegeben. Am Dienstag abend ſam⸗ melten ſich etwa 2000 Perſonen in der inneren Stadt an. Sie zogen, lärmend und ſchreiend durch die Straßen auf den Aegidienberg zum Beckengarten und kamen ſpäter in mehreren Gruppen gegen den Plärrer gezogen, wo ſich nach und nach 3000 Perſonen angeſammelt hatten. Aus der Menge wurde mit Steinen und anderen Gegen⸗ ſtänden nach den Schutzleuten geworfen und mehrere ge⸗ troffen. Sie mußten zum Teil mit blanker Waffe vor⸗ gehen. Die Anſammlungen konnten erſt nach 11 Uhr auf⸗ gelöſt werden. Es wurden 10 Perſonen verhaftet. Ein 24jähriger verheirateter Schneider, der einem Schutzmann Widerſtand geleiſtet und mit einem Stock geſchlagen hatte, wurde durch einen Säbelhieb am linken Unterarm ver⸗ letzt und mußte in das Krankenhaus verbracht werden. Vorgeſtern gab in öffentlicher Magiſtratsſitzung Bürger⸗ meiſter Dr. v. Schuh eine Erklärung ab, worin er fein Bedauern über das Vorkommnis ausdrückte und auf die amtlichen Erhebungen verwies. Er ſchloß mit einem Appell an die Bevölkerung, das Möglichſte beizutragen, um den Unruhen ein Ende zu machen. . Zuſammenſtoß. Wie aus Mainz gemeldet wird, ſtieß dieſer Tage infolge plötzlich eingetretenen Nebels auf dem Rhein der Dampfer„Badenia 2“ mit dem Dampfer „Induſtrie 9“ zuſammen. Der letztere ſank, während die „Badenia“ am Vorderteil ſchwer beſchädigt wurde. Von dem Schiffsperſonal wurde niemand verletzt. da. Eine Aviatikerſchule bei Berlin. Orville Wright erteilt augenblicklich auf dem Bornſtedter Felde bei Berlin Flugunterricht, bei dem es auch nicht ohne Unfall abgeht. So iſt auch letzthin ein kleiner S vorgekommen, der aber alimpflicher abgelaufen iſt, als man anfangs angenommen hat. Kapitän Engelhardt hatte E war dabei glatt vom Boden abgekommen und hatte während einer Viertelſtunde in beträchtlicher Höhe 5 Feld umkreiſt. ee on ſtatten gegangen. Nach ihm unternahm der zweite Schüler Wrights, der Mechaniker Keidel, 2 5 Auffteg, Er hatte drei Runden um das Feld beſchrieben, wollte landen und beabſichtigte, dicht am Startpylon nieder⸗ zugehen. Dabei kam er zu weit nach inks und ſtreifte in einer Höhe von ungefähr vier Meter die an der Chauſſee befindlichen Bäume. Die untere Tragfläche wurde durch die Zweige der Bäume beſchädigt und der Apparat ſtürzte zu Boden, dabei brachen noch einige Holzverſpreizungen und mehrere Drahtverſpannungen riſſen, der Motor ſelbſt blieb unverſehrt und der Apparat dürfte bereits über⸗ morgen wieder in Stand geſetzt ſein. Gleichzeitig rüſtet 5 den dt e um eine Unterbrech 15 5 auf jeden Fall zu vermeiden, einen Reſerveapparat aus. Die Geſellſchaft baut gegenwärtig mehrere Anvarate. So⸗ bald Kapitän Engerhardt und Mechaniker Keidel imſtande ſein werden, ſelbſt Unterricht im Fliegen zu erteilen, ſol⸗ len von ihnen noch mehrere Lenker für Flugmaſchinen aus⸗ gebildet werden. Menſchenfreſſerei in Kamerun. Im„Deutſch Kolonialblatt“ veröffentlicht Hauptmann Dominik 5 Bericht über die Südmaka⸗Expedition. Dominik ſchreibt darin über die barbariſchen Bräuche der dortigen Stämme: Die Patrouille des farbigen Feldwebels Blacki brachte die Meldung, daß von ihr der Häuptli Menepepiti er⸗ ſchoſſen worden ſei, welcher als die Seele des Widerſtandes bezeichnet wurde. Menepepiti war mit einem europãiſchen Havelock bekleidet; auch hatten ſich verſchiedene, zweifel⸗ los einem Europäer gehörende Sachen bei ihm gefunden. Die gefangenen Weiber ſagten aus, daß Menepepiti der Mörder des Kaufmanns Hinrichſen von der Hamburg⸗ Afrika⸗Geſellſchaft ſowie ſeiner 52 Arbeiter und Händler aus Jaunde und Baue ſei. Der Abteilung des Leutnants v. Sommerfeld lief bei Menepepitis Dorf ein Jaundeweib zu, das mitangeſehen hatte, wie Hinrichſen von Menepepiti in einer Hütte, wo er ſeine Waren niedergelegt hatte, mit einem Haumeſſer niedergeſchlagen worden war. Dann hatte man ihn zerſtückelt und die einzelnen Teile an die umwohnenden Häuptlinge mit der Aufforderung geſchickt, die Leute des Europäers, welche in den Dörfern ſäßen oder Gummi ſchnitten, zu fangen und zu ſchlachten. Nur drei Jaunde⸗Weiber blieben am Leben. Hinrichſen und alle ſeine Leute wurden in Menepepitis Dorf gefreſſen, die Köpfe wurden in ein Haus gebracht und die Weiber gezwungen, nachts in dieſer Hütte zu ſchlafen, damit ſie ihre Angehörigen vergäßen. An einer anderen Stelle des Dominikſchen Berichts heißt es:„Auf der Talfahrt hat Stabsarzt Geisler am Long⸗Mapfok, wo er auf ver⸗ laſſene Makalager ſtieß, mehrfach friſches Menſchenfleiſch in den zurückgelaſſenen Töpfen feſtgeſtellt. Den Gefalle⸗ nen waren zu dieſem Zweck die Hände und Füße abge⸗ ſchlagen worden. Der Jaundeträger⸗Lvormann Ndumu wurde von den Bekelles erſchoſſen und ſorgfältig begraben. Das Grab wurde mit Zweigen bedeckt und durch a Baumſtämme geſchützt; trotzdem war das Grab am age darauf aufgeriſſen und die Leiche an Ort und Stelle zer⸗ ſtückelt, in Körbe verpackt und in der Nähe in Waldlagern verzehrt worden. Bei der ſorgfältigen Nachſuche über⸗ raſchte die Patrouille Blacki drei Männer und ein Weib von den Leichenfreſſern; das Weib ſchilderte den Vorgan in allen Einzelheiten und zeigte friſch getrocknetes Fleiſ von der Leiche.“ Oktoberſommer. Tiefblauer Himmel und warmer Sonnenſchein ſtrahlte an den beiden letzten Tagen wieder über das Land und die Temperatur erreichte in den erſten Nachmittagsſtunden faſt ſommerliche Wärme. Wenn es abends infolge der bei dem heiteren Himmel ſtarken Sonnenſtrahlung auch wieder kühl wurde, ſo deutet das neuerliche Steigen des Barometers doch noch auf Fort⸗ dauer des beſtändigen Wetters. Wir erfreuen uns nun ſchon zum viertenmale in Mitteleuropa eines ungewöhn⸗ lich milden und ſonnigen Herbſtes, nachdem uns das Jahr 1905 den kälteſten und unfreundlichſten Oktober gebracht hatte. Im darauffolgenden Jahre begann dann die Reihe ſchöner Herbſtperioden, die auch jetzt noch fortdauert. Schon 1906 waren Oktober und November ungewöhnlich mild und ſonnig verlaufen; der erſte Froſt im Winter 1906/07 trat erſt am 4. Dezember 1906 ein. Im Jahre 1907 hatten wir den ſchönſten und wärmſten Oktober ſeit 200 Jahren, und auch vor Jahresfriſt brachte der Oktober in ſeiner erſten Hälfte außergewöhnlich warme und beſtän⸗ dige Tage. Am 16. ſetzte dann jedoch die frühe Kälte⸗ periode ein, die ſchon am 19. zu Froſtwetter führte. Der gegenwärtige Oktober hat bisher, vom erſten Tage des Monats abgeſehen, nur Tage mit übernormalen Tem⸗ peraturen gebracht, und wenn der augenblickliche Witte⸗ rungscharakter fortdauert, ſo wird der Monat ebenfalls eine von der normalen Temperatur ſtark abweichende 1088 3 Seckenheim, den 19. Ott. Der heutige Schweine⸗ markt war mit 44 Stück Milchſchweinen befahren, welche alle zum Preiſe von 23 bis 30 Mk. pro Paar verkauft worden. Eingeſandt. 5 Beläſtigung des Publikums durch die Kirchweihbuden. i Bei dem Mangel eines geeigneten Meßplatzes iſt es nicht zu umgehen, daß die Kirchweihbuden auf den Planken ihre Aufſtellung finden. Wenn nun die Anwohner der Planken zwei Tage lang den Spektakel, welchen Orgeln uſw. verurſachen, anhören müſſen, ſo haben ſie ein Anrecht wenigſtens nach 10 Uhr abends nicht mehr in ihrer Ruhe geſtört zu werden. Es muß deshalb als ein Unfug be⸗ zeichnet werden, wenn der Kinematograph'am Dienſtag abend bis ½ 12 Uhr durch ſeinen Motor die Plankenbe⸗ wohner in ihrer Nachtruhe ſtörte. Verehrl. Bürgermeiſter⸗ amt wird daher gebeten in kommenden Jahren dieſem Uebelſtande abzuhelfen. f Einer für Viele. Redaktion, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim Bekantmachung. Am Neckarlauer dahier lagern ca. 20 ebm. Mauer⸗ ſteine deren Eigentümer nicht ermittelt werden konnte. Da die Entfernung derſelben geſchehen muß, fordern wir den Eigentümer hierdurch öffentlich auf, bis ſpäteſtens zum 1. November d. Js. die Wegbringung zu veranlaſſen, widrigenfalls ſolche durch uns auf Rechnung und Gefahr des Eigentümers geſchieht. f Seckenheim, den 8. Oktober 1909. Hürgermeiſteramt: Ratſchreiber Vol z. Koch. Bekanntmachung. i Die Vornahme von Walzarbeiten betr. Nr. 22 989 IV. Wegen Vornahme von Dampfwalz⸗ arbeiten iſt die Landſtraße Nr. 3 von km. 5, 4—6,½ vom Ortsausgang von Seckenheim bis gegen die Feuden⸗ heimer Fähre vom Freitag, den 1s. ds. Its. bis Don⸗ nerstag, den 21. ds. mts. mit Ausnahme des Sonntags jeweils von vormittags 7 Uhr bis mittags 12 Uhr und von mittags 1 Uhr bis abends 6 Uhr für den Fuhrwerks⸗ verkehr geſperrt. 5 Zuwiderhandlungen werden nach§ 121 P.⸗Str.⸗G⸗ B. an Geld bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu vierzehen Tagen beſtraft. Die Bürgermeiſterämter des Bezirks werden beauf⸗ tragt, dies in ihren Gemeinden in ortsüblicher Weiſe bekannt zu machen. Mannheim, den 14. Oktober 1909. Gr. Bezirksamt Abt. IVa. Dr. Bechtold. Vorſtehende Bekanntmachung wird hiermit zur öffent⸗ lichen Kenntnis gebracht. Seckenheim, den 20. Oktober 1909. Es ergeht die Aufforderung, Rechte, ſoweit ſie zur Zeit der Eintragung des Verſteigerungsvermerkes aus dem Grundbuch nicht erſichtlich waren, ſpäteſtens im Verſteige⸗ rungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗ boten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerſpricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls ſie bei der Feſtſtellung des geringſten Gebotes nicht berückſichtigt und bei der Ver⸗ teilung des Verſteigerungserlöſes dem Anſpruche des Gläu⸗ bigers und den übrigen Rechten nachgeſetzt werden. Diejenigen, welche ein der Verſteigerung entgegen⸗ ſtehendes Recht haben, werden aufgefordert, vor der Er⸗ teilung des Zuſchlags die Aufhebung oder einſtweilige Ein⸗ ſtellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Verſteigerungserlös an die Stelle des ver⸗ ſteigerten Gegenſtandes tritt. Beſchreibung des zu verſteigernden Grundſtückes: Grundbuch von Seckenheim Band 51 Heft 22. Ortsetter Stengelhof, Schwetzingerſtraße Bauplatz 7 a 16 qm 44, geſchätzt zu Mk. 10000. Mannheim, den 9. Oktober 1909. Großh. Notariat Mannheim gürgermeiſteramt: als Vollſtreckungsgericht. Volz. Schilling. Augelaufen Gewerbeverein Seckenhein. und bei Herrn Gemeinderat Jakob Hirſch, Dammſtraße 4 dahier abzuholen iſt. ein junger Hund(Spitz) rot⸗gelb. Seckenheim, den 19. Oktober 1909. gürgermeiſteramt. wangs versteigerung. Nr. 12648. I. Im Wege der Zwangsvollſtreckung ſoll das in Rheinau⸗Stengelhof belegene, im Grundbuche von Seckenheim zur Zeit der Eintragung des Verſteigerungs⸗ vermerkes auf den Namen der Otto Gaß, Schreiner meiſters Ehefrau, Ida geborene Bodenſtein in Rheinau eingetragene nachſtehend beſchriebene Grundſtück am Donnerstag, den 16. Dezember 1909, vormittags 129 Uhr durch das unterzeichnete Notariat im Rathauſe zu Fecken⸗ heim verſteigert werden. Der Verſteigerungsvermerk iſt am 1. September 1909 in das Grundbuch eingetragen worden. Die Einſicht der Mitteilungen des Grundbuchamts, ſowie der übrigen die Grundſtücke betreffenden Nachwei⸗ ſungen, insbeſondere der Schätzungsurkunde iſt jedermann geſtattet. Am Sonntag den 24. Oktober, nachmittags 3 Uhr hält der Unterpfalzgau bad. Gewerbe⸗ u. Handwerkervereine ſeinen diesjährigen Gautag im Gaſthaus„zum roten Löwen“ dahier ab. Wie laden hierzu unſere Mitglieder mit der Bitte um zahlreiches Erſcheinen freundl. ein. Der Vorſtand. Kalender 1910! Lahrer Hhinkende Bote à 30 Pfg. Freiburger Sonntags⸗Kalender à 40 Pfg. J. Helfrich. empfiehlt Isi : Mannheim P 3, 14 Heidelbergerſtraße Ausverkauf ſämtlicher Herren- und Damen-Stiefel 1 Preise. i e 5 Schubbaus anneh leider iassen-Oerkauf 2* Nächſte Woche Ziehung garant. 30. Oktb. Bad. Inunlidenſ Geldlotterie 44 OOO MK. Hauptgewinn 20 000 M4 z. Hebung d Pferdezucht, 40000 8 Hauptgewinn Porto und Liſte je 30 Pfg. empfiehlt Lotterie Untern. I. Stürmer. e, Liederkranz Seckenheim. Heute Abend keine Sing⸗Probe. Der Vorſtand. 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