Erſcheint Dienstag, Donnerstag und Samstags. Der Abonnementspreis beträgt monatlich 35 Pf. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 1.50. Der Vorentwurf eines neuen deutſchen Strafgeſetzbuchs. Die„Deutſche Juriſtenzeitung“, die vor kurzem, wie wir berichteten, die Fertigſtellung des Kommiſſionsent⸗ wurfes eines neuen deutſchen Strafgeſetzbuches meldete, bringt jetzt in einem Artikel des Oberlandsgerichtsrats Karl Meyer in München die Entſtehungsgeſchichte dieſes Entwurfs und gibt zugleich eine Ueberſicht über die weſent⸗ lichſten Neuerungen gegenüber dem geltenden Recht. Aus der intereſſanten, ſehr überſichtlich geſtalteten Abhandlung entnehmen wir, daß am 1. Mai 1906 zufolge Verfügung des Staatsſekretärs des Reichs⸗Juſtizamts un⸗ ter Zuſtimmung des preußiſchen und bayeriſchen Juſtiz⸗ miniſters im Reichs⸗Juſtizamt eine Kommiſſion von prak⸗ tiſchen Juriſten mit dem Auftrag zuſammentrat, einen formulierten Vorentwurf zu einem deutſchen Strafgeſetz⸗ buch nebſt Begründung auszuarbeiten. Die Kommiſſion, der Meyer angehörte, beſtand aus fünf Mitgliedern unter dem Vorfitz des Direktors im preußiſchen Juſtizminiſte⸗ rium Exzellenz Dr. Lucas. Ihr gehörten außerdem an: vom Reichs⸗Juſtizamt Wirkl. Geh. Oberregierungsrat Dr. v. Tiſchendorf als ſtellvertretender Vorſitzender, und im letzten Jahre in deſſen Vertretung Geh. Reg.⸗Rat Dr. Joel, Geh. Juſtizrat Dr. Schulz vom preußiſchen Juſtiz⸗ miniſterium, Kammergerichts⸗, nun Reichsgerichtsrat Ditzen, und in den letzten Monaten in deren Vertretung die Kammergerichtsräte Dr. Kleine und Oelſchläger. Die Kommiſſion hat in nicht weniger als 117 Sitzungen, von denen 87 auf die erſte Leſung fielen, und die letzte am 22. April 1909 ſtattfand, in dreijähriger Arbeit den Ent⸗ wurf ſamt ausführlicher Begründung fertiggeſtellt. Sie trägt hierfür die ausſchließliche Verantwortung. Der Entwurf iſt kein Regierungsentwurf, und nicht zur Vor⸗ lage an die geſetzgebenden Körperſchaften, ſondern zunächſt zur öffentlichen Beurteilung beſtimmt. Der Entwurf umfaßt 310 Paragraphen, iſt um 60 Paragraphen kürzer als das geltende Strafgeſetzbuch, ob⸗ wohl der allgemeine Teil nunmehr 99 Paragraphen zählt. Durch die veränderte Oekonomie des Geſetzes, die knap⸗ pere Ausdrucksweiſe und die Beſchränkung der Kaſuiſtik ſind im beſonderen Teile 80 Paragraphen geſpart worden. Dieſer, wie der allgemeine Teil haben eine vollſtändige Neueinteilung erhalten. Der Entwurf geht hierbei von der grundſätzlichen Anſicht aus, daß ein neues allge⸗ meines Strafgeſetzbuch nur den Kern aller beſtehenden ſtrafgeſetzlichen Vorſchriften enthalten und nicht umfang⸗ reicher werden ſoll, als das geltende Strafgeſetzbuch. Des⸗ halb ſind nur einzelne Nebengeſetze oder Strafbeſtim⸗ mungen, die mit den im Strafgeſetzbuch geſchützten all⸗ gemeinen Rechtsgütern in unmittelbarſtem, engſtem Zu⸗ ſammenhang ſtehen, einbezogen. In ſeiner ſachlichen Hmisblaff der Bürgermeisterämter Seckenheim, Nuesheim, neckarhansen und Edingen. Donnerstag, den 28. Oktober 1909 Ausgeſtaltung berückſichtigt der Entwurf die Anregungen der Staatsrechtswiſſenſchaft und die Errungenſchaften der neueren ausländiſchen Strafgeſetzgebung, ſtellt jedoch aus den deutſchen Verhältniſſen heraus die Bedürfniſſe der Strafrechtspflege mit in erſte Linie. Er konnte hierbei die Ergebniſſe des auf Anregung des Reichs⸗Juſtizamts herausgegebenen, im Verlage von Otto Liebmann, Ber⸗ lin, erſchienenen großen Sammelwerkes„Vergleichende Darſtellung des deutſchen und ausländiſchen Strafrechts“, die für die Kommiſſion jedoch nicht bindend waren, als ſehr wertvolles Material benutzen. Der Entwurf ver⸗ pflichtet ſich nicht auf eine beſtimmte Strafrechtstheorie. Doch hat er die Poſtulate der Strafrechtswiſſenſchaft ent⸗ ſprechend den Bedürfniſſen der Zeit und den Anforde⸗ rungen der Allgemeinheit in beträchtlichem Umfang ver⸗ wirklicht. Der Entwurf vertieft den Unterſchied zwiſchen Zuchthaus⸗ und Gefängnisſtrafe durch die Aufnahme von Beſtimmungen über den Vollzug dieſer Freiheitsſtrafen, reformiert die Geldſtrafe, insbeſondere durch Zulaſſung von Zahlungsfriſten, Ratenzahlungen und des Abver⸗ dienens durch freie Arbeit, dehnt den Verweis auf Er⸗ wachſene aus und führt die ſichernden Maßnahmen des Arbeits hauſes, des Wirtshausverbots und der Unterbring⸗ ung in Trinkerheilanſtalten und der Verwahrung gemein⸗ gefährlicher Geiſteskranker ein. Er ſchlägt weiter die Einführung der richterlichen bedingten Strafausſetzung (bedingte Verurteilung) und der richterlichen Rehabili⸗ tation in der doppelten Form der Wiedereinſetzung in die bürgerlichen Ehrenrechte und der Löſchung von Vor⸗ ſtrafen im Strafregiſter vor. Er enthält eigene Ab⸗ ſchnitte über die ſubjektive Verſchuldung und über die Strafbemeſſung in denen beſonders der Rückfall allgemein geregelt iſt. Er ſchreibt ferner die beſondere ſtrafrecht⸗ liche Behandlung der vermindert Zurechnungsfähigen vor und ändert grundſätzlich das Jugendſtrafrecht, insbeſon⸗ dere durch Hinaufrückung der Strafunmündigkeit auf das vollendete 14. Lebensjahr und durch die Aufgabe des viel⸗ angefochtenen Einſichtserforderniſſes. Der„Z III“. i Der„3 3“ beendet in dieſen Tagen ſeine Probefahr⸗ ten mit dem dritten Motor, die ein ganz vortreffliches Reſultat ergaben. Es zeigte ſich, ſchreibt Dr. Eckener im Schwäbiſchen Merkur, daß das Luftſchiff mit ſeinen drei Maſchinen eine außerordentliche Kraft zu entfalten ver⸗ mag, die ihm eine Eigengeſchwindigkeit von 55 bis 60 Kilometer in der Stunde(15— 15,5 Meter in der Se⸗ kunde) verleiht und es befähigt, in kritiſchen Lagen, 3. B. bei ſchwierigen Landungen oder bei Regenbelaſtung und dergleichen, ſich glänzend zu bewähren. Im übrigen wird der dritte Motor in der Regel natürlich nur als Reſerve⸗ maſchine dienen, um in Funktion zu treten, wenn einer gleichen nicht haben. Inſert ionspreis: Die einſpaltige Petitzeile 10 Pfg., Reklamen 20 Pfg. die Zeile. Bei öfterer Aufnahme Rabatt. Feruſprechanſchluſßt Nr. 16. der betben anveren einen Defekt erleidet. Die Betriebs⸗ ſicherheit der„3“ Schiffe iſt damit auf das Doppelte bezüglich der Motore gewachſen. Das Fahrzeug wird nun, wahrſcheinlich am Mitt⸗ woch, auf das Land in die Zelthalle verbracht werden, die auch dem„Z 1“ vor ſeiner Ueberführung nach Metz als Unterſchlupf diente. Dort wird es wohl bleiben, bis die Militärverwaltung das Schiff abnimmt und über ſeinen Verbleib die Dispoſitionen getroffen hat. Sonderbarer⸗ weiſe ſind neuerdings mehrfach Preßnotizen aufgetaucht, denen zufolge die Militärverwaltung von den Zeppelin⸗ ſchiffen noch nichts wiſſen wolle. So ſchreibt wieder in der letzten Nummer ſeiner Zukunft Herr Maximilian Har⸗ den, der ſich zwar ſelbſt oft genug als Laie in geronau⸗ tiſchen Dingen bezeichnet hat, dennoch aber auch in der nationalen Zeppelinſache ſeine eigenen Wege gehen muß, einige übelgelaunte Bemerkungen über den Grafen Zeppe⸗ lin und ſeine Popularität und meint dann, daß hohe Militärs den Zeppelinſchen Rieſenſchiffen immer noch ſehr reſerviert gegenüberſtünden. Wir wiſſen nicht, was für „hohe Offiziere“ Harden dabei hinter ſich hat, vermuten aber, daß es nicht gerade maßgebende militäriſche Veur⸗ teiler ſein werden. Denn ſoweit uns bekannt iſt, erkennt die oberſte Militärbehörde rückhaltlos ſeit 8 Mo⸗ naten die eminente militäriſche Brauchbarkeit des ſtar⸗ ren Luftſchifftyps an und wird ſicherlich nicht Herr, ein Fahrzeug von der Leiſtungsfühigkeit des„Z 3“ ſich zu ſichern. Es wäre in der Tat verwunderlich, wenn es anders gehalten würde. ö Die Zeppelinſchiffe haben nicht allein durch die in der verfloſſenen Kampagne ausgeführten großen 1 1 8 ihren unvergleichlich großen Aktionsradius wiederholt er⸗ wieſen, ſondern auch gezeigt, daß ſie an Sicherheit und Wetterfeſtigkeit in der Luft und auf dem Boden ihr Die 30ſtündige Fahrt von Fried⸗ richshafen nach Bitterfeld und bis Göppingen zurück, die 23ſtündige Fahrt von Bülzig nach Friedrichshafen und die Fahrten nach Frankfurt und Köln ſind von Ballonettſchiffen ſchon wegen ihrer unzureichenden Trag⸗ kräfte nicht nachzumachen. Die Fähigkeit des ſtarren Luftſchiffes, in ſchwerem Wetter intakt auf feſtem Boden zu liegen, die es bei Loiching, bei Biberach, bei Bülzig und anderswo bewies, bedeutet geradezu eine Rebdlutio⸗ nierung veralteter Anſchauungen, die dem Aufkommen des Zeppelinſchiffes ſo lange hindernd im Wege ſtanden. Man denkt jetzt wohl ziemlich genau das Gegenteil wie früher: gerade das ſtarre Schiff iſt dasjenige, das ohne Hallen im Felde ſchlechtes Wetter überdauern kann. Man ſcheint anläßlich der an ſich guten Leiſtungen, die in den Herbſtmonaten von dem Militärluftſchiff und befonders von dem Parſevaltyp gezeigt wurden, hie und da der Anficht ſich zuneigen zu wollen, als ob man mt dieſen billigeren und ſcheinbar anſpruchsloſeren Konſtruk⸗ —— Anter dem Geſetze. Roman von H. v. Schreibershofeck. 42)(Schluß.) Nachdruck verboten.) Warnitz warf einen ſchnellen Blick auf die alte Dame und Seehauſen, dann wendete er ſich dem Frei⸗ herren zu und ſagte mit Betonung:„Vielleicht macht Herr Ellern uns die Freude, mit ſeinem Enkel zu uns zu kommen.“ „Ja, ja, er muß uns ja wohl einen Gegenbeſuch machen.“ Die alte Dame nickte dem Freiherren zu der es aber nicht bemerkte, da machte ſie Seehauſen ein Zeichen, und beide gingen zuſammen in das nächſte Zimmer.— Ungewiß ſah der Freiherr Warnitz an. Sie es wirklich ſo?“ 1 „Wenn Sie zum Zeichen Ihrer vollen Verzeihung“— Der alte Herr ſetzte ſich und bedeckte einen Augen⸗ blick ſeine Augen mit der Hand. Als er wieder auf⸗ blickte, ſtanden Tränen darin.„Ich hatte mich darin gefunden, das Kind meiner geliebten Tochter, das Glück meines Alters, in ſtiller Ergebung durch das Leben gehen zu ſehen, nun überwältigt mich die Er⸗ füllung meines höchſten Wunſches. Wie ſoll ich Ihnen danken, Warnitz!“ „Durch Ihre Nachſicht, wenn ich Ihnen einſt alles erzähle“, antwortete leiſe Herr von Warnitz. „Meinen Fräulein von Bar und Seehauſen waren vor dem Bilde einer ſchönen, jungen Frau mit einem Kinde auf dem Schoß ſtehen geblieben— der Tochter des Hauſes, der Name ſagte es. f f Das alte Fräulein tippte den Grafen mit dem Zeig⸗ finger auf die Brust.„Sollte Ihr Schwiegervater ein⸗ nal heftig oder anſcheinend ungerecht ſein, lieber Ru⸗ dolf, dann denken Sie daran, daß er uns allen über⸗ legen iſt. Er hat ſeinen Stolz bezwungen und ge⸗ beugt, damit den höchſten Inhalt ſeines bisherigen Lebens hingegeben, nur um das Rechte zu tun, weil i es als ſolches anerkannt habe Den Weg dazu hat ubm Ihr Bruder Otto gezeigt, der mit der ſo ent⸗ tzlich traurigen Epiſode in der Geſchichte dieſes Hau⸗ 14 Ut. Alhar das G knüpft iſt. Den Faden, nach dem Sie ſuchen, hat Ihnen Gott jetzt gegeben. Aber Otto wußte nicht, was er tat, das laſſen Sie uns hoffen, und nicht ver⸗ urteilen, ſeiner milde und verzeihend gedenken. Ich will mir die anderen Räume noch anſehen— auf Wiederſehen“ Fräulein von Bar ſchritt durch die Zimmerreihe, doch ohne viel zu ſehen. Sie wiſchte ſich oft die Au⸗ gen ſagte auf einmal aber laut und entſchieden:„Man ſollte es wirklich nicht glauben— eine ſo alte Perſon und benehme mich einfach wie ein Backfiſch! Alſo hier wird Alharda wohnen, das gute, liebe Kind!“ „Graf Seehauſen hatte ihr nachgeſehen mit weit ge⸗ öffneten Augen, in denen ein großes Erſchrecken zu leſen ſtand. O mein Gott, wie ſchrecklich, wie grauenhaft!“ Er be⸗ deckte ſein Geſicht mit den Händen. Bleich und er⸗ ſchüttert blickte er wieder auf. Einer trage des ande⸗ ren Laſt— ich will nie, nie vergeſſen, was er getan und was wir gutzumachen.“ „Biſt du mit mir zufrieden, Gretchen?“ fragte Herr von Warnitz als er wieder neben ſeiner Frau ſaß. Sie kommen heute nachmittag, bleiben wohl zum Abend. Ich denke, du ſagſt es Alharda“— „Nein, das tuſt du“, ſagte ſie energiſch, fiel ihm dann um den Hals und küßte ihn mit feuchten Augen. Er hatte ihr alles gebeichtet und ſein Herz war leicht und froh„Hätte ich noch nicht gewußt, wie gut du biſt, jetzt wüßte ich es für immer. Du haſt in allem recht gehandelt.— Alharda, Vater, hat dir etwas zu ſagen!“ Frau von Warnitz hatte es durch das Fenſter gerufen, ſie hatte Alharda im Garten geſehen, wo ſie ſchmermütig in die Blumenbeete ſtarrte. Nie⸗ mand war zu ihr gekommen, niemand hatte ihr erzählt von dem Beſuche in Ellerau, und ſie fühlte ſich un⸗ glücklich, vereinſamt. Hatte ſich ihr Vater nicht mit dem alten Freiherrn ausgeſöhnt und ſchonte man ſie nur, wollte es ihr nicht erzählen?. „Alharda Vater hat dir etwas zu ſagen!“ Träumte ſie? Im Nu war ſie drinnen und blickte m an. da N 9 K* A Frau von Warnitz ſah ihren Mann auffordernd an„Nun? Ich glaube, du biſt verlegen, gewiß zum erſtenmale in deinem Leben.“ Aber Frau von Warnit war ſelbſt ſo tief bewegt, ſie konnte kaum richtig ſpre⸗ chen und mußte ſich heftig räuſpern.„Alharda, heute nachmittag kommen Ellerns, Vater hat ſie eingeladen.“ t einem jubelnden Auſſchrei ſtürzte Alharda ihrem Vater an die Bruſt, ſie konnte kaum glauben, recht gehört zu haben. 3 „So hätte ich es auch ſagen können“, bemerkke er über feiner Tochter Kopf hinweg. „Tateſt es aber nicht“, lachte ſeine Frau. „Biſt du zufrieden mit deinem Vater, Ally?“ War⸗ nitz drückte Alharda innig an ſich, ſeine Augen glänz⸗ ten, ſeine Lippen lächelten ſo wie noch nie. „Es war Elderitt— die Kaſſe— und Ottd.— „O ſo glücklich, Vater, ich bin ſo glücklich!“ „Hale ich getan, was eines Edelmannes würdig iſt?“ Ganz leiſe fragte er es. „O Valer, vergib und vergiß es, ich wür ſo ver⸗ zweifelt.“ „Und jetzt?“ a „Ich hätte voriges Jahr noch nicht ſo glücklich ſein können,“ ſagte Alharda und richtete ſich auf. Ja. ſie hatte recht; denn ſie war eine andere ſetzt. Schmerz und Entſagung hatten ſie gereift und emporgehoben „Wie ſoll ich dir nur danken, Vater, lieber Vater!“ Warnitz erkannte, wieviel ihr dieſes vergangene Jahr gegeben; aber eins war dahin, und er ſagte I mit ſchmerzlicher Reue, durch ſeine Schuld: die unbe⸗. fangene Glücksgewißheit der Jugend:——. „Gewiß, ich hätte voriges Jahr nicht ſo glücklich ſein können“, wiederholte Alharda, als ſie mit Ehr hardt im Parke ſtand unter den hohen Bäumen„Jetzt wiſſen wir erſt, was es bedeutet, weil wir uns bel⸗ nahe aufgeben mußten.“ 5 „Wir taten es aber nicht und hätten es nie getan⸗ verſetzte er innig. Im Zimmer ſaßen die alten Leute und jeder dachte in ſeiner Att daran, wie wunderbar Gottes Wege ſind, wie treu er jeden geführt, nie die Hand von ihm a gezogen und es auch nicht tun werde, bis 1 . T — 9829 — — Ar o . 8 8 8 tionen ſchließlich faſt dasſelbe leiſten könne wie mit den großen ſtarren Luftſchiffen.„Wozu alſo die teuren Aluminiumfahrzeuge?“ Wir ſind weit entfernt davon, die Leiſtungen unſerer Ballonettſchiffe herabzuſetzen; na⸗ mentlich der Parſevalballon iſt eine vortreffliche, geiſt⸗ volle Konſtruktion, die in engerem Rahmen als die ſtar⸗ ren Schiffe gewiß immer Gutes leiſten wird. Aber ab⸗ geſehen von der geringen Leiſtungsfähigkeit dieſer Schiffe, die ſich neuerdings wieder ſchlagend darin erwies, daß 3. B. das Militärluftſchiff trotz des denkbar günſtigſten Herbſtwetters nicht mit eigenen Motoren von Berlin nach Köln zu fliegen wagte, ſondern mit der Bahn ſich dorthin bringen ließ, darf man nie die vergleichsweiſe erheblich geringere Betriebsſicherheit derſelben vergeſſen. Di liegt beſonders darin begründet, daß die Formerhaltung der Schiffe durch die Ballonetts bei unſtabilen Wetter⸗ lagen nicht gewährleiſtet iſt. Beſonders im Hochſommer, wenn Gewitterbildungen ſtarke vertikale Luftbewegungen verurſachen, iſt das Ballonettſchiff, das auf⸗ und ab⸗ wärts geriſſen wird, ſtets der Gefahr der Einknickung und damit des Steuerloswerdens ausgeſetzt. Wir haben es deshalb auch wieder in dieſem Jahr, gleichwie im vorigen erlebt,. Mil von dem einen Hochſommer⸗ verſuch, den das Militärluftſchiff am 1. Juli unternahm, und der mit der üblen Strandung im Grunewald endigte, die Balonettſchiffe eigentlich erſt im Herbſt herauskamen und dann ihre Triumphe feierten. Wir wollen einmal ſehen, was in dieſer Beziehung das nächſte Jahr bringt. Politiſche Rundſchau. 5 Deutſches Reich. * Die Berliner Landtagserſatzwahlen. In Berlin haben geſtern in vier Landtagswahlkreißen die Wahlmännerwahlen ſtattgefunden. Es handelt ſich um die vier Wahlkreiſe unter den 12 Berliner, deren bei den Hauptwahlen im vorigen Jahre durch die Sozialdemo⸗ kraten gewonnene Mandate für ungültig erklärt worden ſind, weil, wie ſich bald nach der Wahl herausſtellte, die Wählerliſten geſetzwidrig, nämlich nach den Steuer⸗ liſten zweier verſchiedener Jahre aufgeſtellt waren. Aus den Wahlreſulateten ergibt ſich: daß in drei Wahlkreiſen der Sieg dem früheren ſozialdemokratiſchen Mandats⸗ inhaber mit großer Mehrheit geſichert iſt und daß er auch dem Moabiter Kandidaten höchſtwahrſcheinlich iſt. Im fünften Wahlkreis wurden in der 1. Abteilung 153 Freiſinnige und 28 Sozialdemokraten gewählt, in der . Abteilung 64 Freiſinnige und 109 Sozialdemokraten; im ſechſten Wahlkreis in der 1. Abteilung 227 Freiſinnige und 22 Sozialdemokraten, in der 2. Abteilung 94 Frei⸗ ſinnige und 137 Sozialdemokraten; im ſiebenten Wahl⸗ kreis Abteilung 1 192 Freiſinnige, 28 Sozialdemokraten, in der 2. Abteilung 81 Freiſinnige, 143 Sozialdemo⸗ kraten; im zwölften Wahlkreis Abteilung 1 104 Frei⸗ innige, 34 Nationalliberale, 12 Konſervative, 29 So⸗ zialdemokraten, in der 2. Abteilung 32 Freiſinnige, 23 Nationalliberale 1 Konſervativer und 86 Sozialdemo⸗ kraten. In der erſten Abteilung dieſes Wahlkreiſes müf⸗ fen 51 Stichwahlen ſtattfinden, an denen die Sozialdemo⸗ kraten mit 16 Wahlmännern beteiligt ſind; in der zweiten Abteilung 86 Stichwahlen, an denen die Sozialdemo⸗ kratie 48mal beteiligt iſt. 8 n *Reichsverſicherungsordnung und Reichstag. Wie von parlamentariſcher Seite mitgeteilt wird, iſt entgegen anderen Meldungen die Einbringung der Reichs⸗ verſicherungsordnung beim Reichstag in den nächſten Wochen noch unter keinen Umſtänden zu erwarten. Es iſt ausgeſchloſſen, daß die Beratungen in den Ausſchüſſen des Bundesrats vor Anfang März erledigt ſein können. Die zweite Leſung des Entwurfs hat bereits begonnen und mit ihr die genaue Prüfung der Aeußerungen, die aus Sachverſtändigenkreiſen zu dem Entwurf gemacht worden ſind. Die Wünſche der Handelskammern ſowie die Vorſchläge der Theoretiker, die an das Reichsamt des Innern gelangt ſind, werden an der Hand der angeführ⸗ ten Tatſachen auf ihre Berechtigung hin unterſucht wer. den. Beſonders der Einwurf der Unüberſichtlichkeit des aus 1793 Paragraphen beſtehenden Entwurfes und die Vereinheitlichung der beſonderen Vorſchriften für die ein⸗ zelnen Abteilungen der Verſicherung ſoll noch einmal ft werden, ſowie die Unklarheit, die in den Be⸗ ungen über die Unfallverſicherung enthalten ſein ſollen. Auch die Einrichtung der Verſicherungsämter wurde von vielen fachmänniſchen Seiten als inopportun bezeichnet. Alle dieſe Arbeiten erfordern einen größeren Zeitraum, um vollſtändige Klarheit über die einzelnen Punkte dieſer bedeutſamen Neuordnung zu ſchaffen. Es iſt demnach zu erwarten, daß die zweite Leſung und die kürzere dritte Leſung Ende Februar erledigt ſein dürften, da die Beratungen des Bundesrats nur kurze Zeit in An⸗ ſpruch nehmen werden und die Arbeiten ſo viel wie mög⸗ lich beſchleunigt werden ſollen. Dann wird der Entwurf dem Reichstag zur Beratung zugehen Koloniales. 5 5 Nach einem Bericht des Gouvernements Windhuk iſt nunmehr das gerichtliche Verfahren gegen neun der ſeitens der Kapregierung ausgelieferten Mitglieder der Eingeborenenbande, die im Dezember vorigen Jahres unter Führung von Morengas ehemaligem Vormann Rolf im Süden des Schutzgebietes mehrfache Ueberfälle verübt hatten, ſowie gegen ein im Schutzgebiet feſtgenom⸗ menes Mitglied dieſer Bande beendet worden. An fünf von ſechs der Leute, die zum Tode verurteilt worden ſind, iſt die Strafe bereits vollſtreckt worden. Bei dem ſechſten iſt die Todesſtrafe in lebenslängliche Kettenhaft umgewandelt worden. Bei den übrigen Bandenmit⸗ gliedern, die zu lebenslänglicher Kettenhaft verurteilt wor⸗ den waren, iſt die Strafe auf mehrjährige Kerkerhaft er⸗ mäßigt worden. f 5 1 1 5 Griechenland. f Die offiziöſe Tribung erhält aus Korfu die Nach⸗ richt, daß man dort glaube, König Georg von Griechen⸗ land werde abdanken und ſich mit ſeiner Familie auf Schloß Monrepos zurückziehen, wo umfangreiche Arbeiten R %%%Üͤͤ C vorgenommen werden. Kaiſer Wilhelm habe der Kron⸗ prinzeſſin Sophie, ſeiner Schweſter, das Achilleion zu Verfügung geſtellt. 5 a Je pan. Marquis Ito iſt in Charbin von einem Koreaner ermordet worden. Marquis Ito befand ſich auf einer Reiſe nach der Mandſchurei, deren Zwe ckwar, dem Ein⸗ ſpruche Amerikas und anderer Mächte gegen das Man⸗ dſchurei⸗Abkommen durch die Herbeiführung eines voll⸗ Eſtändigeren Einvernehmens mit China zuvorzukommen. Aus Nah und Fern. Mannheim, 26. Okt. Welche Folgen unange⸗ nehmer Art die Kaffee⸗ und Teeſteuer haben kann, zeigte eine Verhandlung vor dem Schöffengericht am letzten Samstag. Der Schloſſer Johann Schleich von Neuhauſen erhielt von dem mit ihm im gleichen Hauſe wohnenden Kaufmann Krahn 140 Pfund Kaffee und 12 Pfund Tee zur Aufbewahrung. Es beſteht für dieſen eigenartigen Vertrauensakt kein anderer Grund, daß K. die Sachen, den neugierigen Blicken der bei der Neueinführung der Schleich mißbrauchte aber in ſchnöder Weiſe das Ver⸗ trauen, er behauptete ſpäter, nichts von Krahn bekommen zu haben, und ſuchte den Tee loszuſchlagen. Das Schöffen⸗ gericht verurteilte ihn wegen Unterſchlagung zu einer Gefängnisſtrafe von drei Wochen. (Mannheim, 26. Okt. Der 31 Jahre alte Tag⸗ löhner Nikolaus Ziemer von Oberabtſteinach geriet mit dem Polen Janczik in Streit. Der letztere zog während der Rauferei einen Dolch und rannte ihn ſeinem Gegner in die linke Bruſtſeite. Der Dolch ſplitterte ein Rippen⸗ ſtück ab, das dem Manne in die Lunge drang. Schwer 18 wurde der Geſtochene in das Krankenhaus über⸗ führt. Mannheim, 26. Okt. Das Schwurgericht ver⸗ urteilte den 38 Jahre alten Gärtner Friedrich Leyendecker von Weinheim wegen Meineids zu 1 Jahr Gefängnis. (Karlsruhe, 26. Okt. Sonntag abend um 8ů Uhr kam ein Italiener auf der Durchreiſe nach ſeiner Heimat von Hagen i. Weſtf. hier an. Am Hauptbahn⸗ lofe traß er mit zwei Landsleuten zuſammen, die ihm vor⸗ gaben, daß ſie auch nach Hauſe fahren wollten und den Zugereiſten einluden, vorher noch mit ihnen ein Glas Bier zu trinken. Daraufhin gingen ſie miteinander in eine Wirtſchaft, wo ein jeder ein Glas Bier und der ein⸗ geladene Italiener noch einen Schnaps trank. Ein jeder von ihnen bezahlte ſein Getränke ſelbſt. Kaum hatten ſie die Wirtſchaft verlaſſen, wurde der Eingeladene von ſeinen Landsleuten überfallen und ihm ſein Geldbeutel mit 71 Mk. geraubt, worauf die beiden die Flucht ergriffen. Der Beraubte, der der deutſchen Sprache nicht mächtig iſt, war nicht imſtande, trotz der Mithilfe der Polizei die betreffende Wirtſchaft wieder aufzufinden. Von den Tätern hat man bis jetzt keine Spur. Die Geſchichte klingt etwas unglaublich. (5) Karlsruhe, 26. Okt. Sonntag abend kurz vor 6 Uhr lief die Frau des Hofmuſikers Lieſeborgh auf der Mühlburger Allee in einen in voller Fahrt befindlichen elektriſchen Wagen, den ſie nicht geſehen hatte. Die Frau wurde trotz Anwendung der elektriſchen Bremſe von dem Wagen erfaßt und ein Stück weit geſchleift. Die Schwer⸗ verletzte wurde zunächſt in das gegenüberliegende Ludwig Wilhelm⸗Krankenhaus und von da ins ſtädtiſche Kranken⸗ haus verbracht, wo ſie noch in der Nacht ihren Verletzungen erlag,. 0) Bruchſal, 26. Okt. Die Stichwahl für den Wahl⸗ bezirk Stadt Bruchſal iſt nunmehr auf Samstag, den 30. Oktober, feſtgeſetzt. f i(J Heidelberg, 26. Okt. Bei der erſten Immatriku⸗ lation wurden eingeſchrieben: 80 Philoſophen, 70 Medi⸗ ziner, 42 Juriſten, 42 Naturwiſſenſchaftler und 12 Theo⸗ logen. insgeſamt 246, darunter 22 Frauen. O pffenburg, 26. Okt. Ein ſchrecklicher Unglücks⸗ fall ereignete ſich auf der Landſtraße Offenburg— Wind⸗ ſchläg. Der in der großh. Betriebswerkſtätte in Offenburg den 20er Jahren ſtehender geachteter Mann, fuhr auf einem Motorrade nördlich von der„Karlsburg“ in ſchnel⸗ lem Tempo auf ein von Windſchläg kommendes Fuhrwerk los, obwohl beide beleuchtet waren. Vergebens ſuchte der zuweichen, mit furchtbarem Krach ſtieß die Deichſel dem unglücklichen Motorfahrer vor die Bruſt, ſo daß er ſofort getötet wurde. () Wiesloch, 26. Okt. Ein eigenartiges Vorkomm⸗ nis dürfte die Anfechtung der Wahl des Baron v, Ment⸗ zingen in unſerem Wahlkreiſe herbeiführen. Im Wahl⸗ lokal der Landwirtſchaftlichen Winterſchule in der Ge⸗ bersruhſtraße erſchien, laut Wiesl. Ztg., ein Wähler an der Wahlurne, deſſen Name in der Hauptliſte nicht zu finden war. Doch konnte er noch im Nachtrag ſtehen. über die Nachtragsliſte beugen, läßt der Wähler das Kuwert mit ſeinem Wahlzettel in die Urne fallen. Da artigen Falle zu verhalten habe, unterbrach er die Wahl⸗ handlung, verließ das Wahllokal und erkundigte ſich bei der Verwaltungsbehörde, was er zu tun habe. Nach einer Viertelſtunde kam er in das Wahllokal zurück und nahm die Wahlhandlung wieder auf. In dieſer Viertelſtunde, in welcher die Wahlhandlung ruhte, erſchienen etwa 15 Wähler im Wahlzimmer, die ihr Wahlrecht unter dieſen Umſtänden ihr Wahlrecht nicht ausüben konnten und das Lokal verließen. Nach dem Geſetz darf eine Unterbrechung der Wahlhandlung nicht ſtattfinden. Gegen die Wahl wird von hier aus rechtzeitig beim Landtage Einſpruch erhoben werden.. 3——.——— 8 § Seckenheim, 28. Okt. Der 48 Jahre alte Schäfer Burkard wurde geſtern morgen bei der Riedbrücke von der Nebenbahn, von welcher er wahrſcheinlich abgeſprungen iſt, überfahren und in gräßlicher Weiſe verſtümmelt und getötet Steuer kontrollierenden Steuerbeamten entziehen wollte, den Grafen Zeppelin Entſchädigungsklage erhoben, beſchäftigte Schloſſer Rößler aus Zweibrücken, ein in Wagenlenker, der vorſchriftsgemäß rechts fuhr, noch aus⸗ ragendſten Staatsmänner, Marquis Ito, der mit ruſſiſchen Finanzminiſter Kokowzew dort konferierte, den Während ſich nun der Vorſteher und der Liſtenführer hermetiſchen Abgeſchloſſenheit vor auswärtigen der Vorſitzende nicht wußte, wie er ſich in dieſem eigen⸗ 0 Freiburg, 27. Okt. Ausgebrochen ſind gangene Nacht zwei Unterſuchungsgefangene aus dem Amtsgericht. Der eine iſt laut„Frb. Ztg.“ der wegen mehrfachen Diebſtahls verfolgte Hausburſche Daniel Gölz von Mellingen, OA. Blaubeuren, 28 Jahre alt, mittelgroß, trägt Gefängniskleidung. Mit ihm en ſich der wegen Einbruchs diebſtahls verfolgte ledige Schloſſer Otto Karl Friedrich Rehmer aus wee e 21 Jahre alt. Dieſer Ausbrecher, der fi eute vor der Strafkammer verantworten wollte, trägt braunkarrierten Juppenanzug, weichen braunen Hut mil grünem Band, gelbe Schuhe, grünen Selbſtbinder und Stehumlegkragen. f 8 ( Vodman, 27. Okt. Um ſich der Schule du entziehen, kamen am letzten Samstag abend mit ange hängtem Schulranzen zwei Knaben im Alter von 10 bezw. 11 Jahren, die ihren in Konſtanz wohnenden Eltern durchbrannten, hierher. Dieſelben wanderten du Fuß über Dingelsdorf und benützten bis Bodman den am See entlanggehenden Waldweg. Hier ſuchten ſie als Nachtquartier eine Scheune auf und gingen an Tags nach Ludwigshafen. Von dort aus wurde den beſorgten Eltern telephoniſch der Aufenthalt ihrer Kim; der angezeigt, worauf dieſelben dann ſofort abgeholl wurden. (J Buchholz, 27. Okt. Am Sonntag hat ſich h ein junger Zigarrenfabrikarbeiter von Denzlingen Na⸗ mens Auguſt Rückle erſchoſſen. Motiv unbekannt. (J Pforzheim, 27. Okt. Ueber den Spürſinn eine Polizeihundes weiß der Polizeibericht folgendes zu mel; den: In der Nacht vom 24. auf 25. Oktober wurde in dem Haus Nr. 13 der Kaiſer Friedrichſtraße einge ſtiegen und aus einem Zimmer eine filberne Remontolr Uhr ſowie eine Standuhr und 6 Mark Silbergeld, eim Taſchenmeſſer mit ſilbernem Heft in Tula und 3 Klingen und ein Scherchen, und ein dunkelgeſtreifte“ Havelock geſtohlen. Die Remontoir⸗Uhr iſt flach, ohnt Goldrand, hat mattſilbernes Ziffernblatt und glatten Deckel. Die Standuhr hat ein einfaches Broncegeſtell Der Täter erkletterte ſich den Weg über die Hofmauet des Hauſes Nr. 13 auf das Dach eines Schuppens, von da auf das Blechdach des Nebenhauſes Nr. 11 und von dieſem die Veranda des Hauſes Nr. 13. Der Tal verdächtig wurde der ledige 32 Jahre alte Ausläufet Leopold G. aus Wien verhaftet. Der Polizeihund Flock, welcher zur Fahndung benützt wurde, überſprang ſofort, nachdem er an vom Dieb zurückgelaſſenen Effe, ten Witterung genommen hatte, in einem Satze Hofmauer, in einen Garten und ſprang durch ein Wäldchen den Weiherberg hinauf nach der Ringſtraße. Vor dem Haus Ringſtraße 11 blieb er ſtehen und bellte hinein. Man öffnete ihm die Tür und der Hund ſprang jetzt in das Haus, drückte die Glastüre auf eilte in das Zimmer des Verdächtigen auf das Bett. (0) Bergoſchingen, 20. Ort. Am Samstag nacht 10 Uhr brannte der Weilerhof bis auf ein Wohnhaus und eine Scheune nieder. Der Schaden beträgt 30 000 Ml. und iſt, wenn auch nicht vollſtändig, durch Verſicherung gedeckt. Eine, Herrn Rutſchmann aus Hohentengen ge⸗ hörige Dreſchmaſchine wurde gleichfalls ein Raub der Flammen, welcher leider nicht verſichert iſt. Die Brand⸗ urſache iſt noch nicht ermittelt. () Stuttgart, 27. Okt. Mechaniker Böhler von hier, der bei dem Unglück des„Z 1“ bei Echterdingen verunglückt und heute noch arbeitsunfähig iſt, hat gegen nun geſtern vor dem Landgericht zur Verhandlung kam. Zeppelin hat ihm 3000 Mark angeboten, während Böh⸗ ler, von Rechtsanwalt Payer II vertreten, 10 000 Mk. und den Erſatz aller Koſten verlangt. Zeppelin war durch Rechtsanwalt Dieterle⸗Ravensburg verkreten, der nachweiſt, daß Zeppelin ſeinerzeit bei Verankerung des Luftſchiffes alles getan habe, was möglich war. Verhandlung wurde auf 14 Tage verſchoben. In Zwiſchenzeit wird ein Vergleich verſucht werden. Mitteilungen aus der Seckenheimer Gemeinderatsſitzung vom 5 26. Oktober 1909. 5 10 Anträge über abgeſchloſſene Fahrnisverſicherungen werden geprüft und bleiben unbeanſtandet. Das auf dem Grundſtück Lab. Nr. 488 eingetragene Realrecht wird gewertet. Georg Albert Seitz hier wird als Bürger aufgenommen, Verſchiedene Rechnungen zur Anweiſung genehmig Ermordung des Marquis Ito in Charbin. b Wie wir gemeldet, iſt in Charbin einer der 1 8 2 1 eines rachſüchtigen Koreaners zum Opfer ge⸗ allen. Maruqis Ito war unzweifelhaft der bedeutendfe Staatsmann, den Japan in den letzten Jahrhunderke⸗ hervorgebracht hat. Als er ſeine politiſche Laufbahn a trat, ſteckte Japan noch tief in mittelalterlichen, 12 N 6 ie ſich u. a. in el nären und feudalen Auffaſſungen, die ſich u. a Kulte. einflüſſen und in einem geradezu fanatiſchen Frame, haß äußerten. Damals war es den Japanern bei Do die ſtrafe verboten, ſich ins Ausland zu begeben, n gleiche Strafe, verſchärft durch Torturen, bedrohte nde jenigen, der es ſich einfallen ließ, fremde Ideen im La zu verbreiten. 5 Ito, einem vornehmen aber armen Geſchlechte erte ſprungen, wurde im Jahre 1840 geboren. Er die; 55 in Nagaſaki holländiſch und engliſch und trat darauf find europäiſche Reiſe an. Als Ergebnis dieſer Reiſen die Errichtung einer Münze und der Bau der erſten Hie ö bahnen, zwiſchen Tokio und Pokohama, zu bezei Anfang der 70er Jahre trat er an die Spitze der ko, Fitutionellen Bewegung und wurde 1878 um eren, „%%% N eee Miniſter des Innern. 1882 kam er nach Bertin, um die preußiſche Verfaſſung zu ſtudieren. Nach Japan zurück⸗ gekehrt, wurde er Miniſterpräſident und als ſolcher der Schöpfer der 1890 in Kraft getretenen, preußiſchem Vor⸗ bilde folgenden japaniſchen Verfaſſung. J. In der Folgezeit bekleidete Ito wiederholt die Würde eines Miniſterpräſidenten und jedes ſeiner Miniſterien iſt in der japaniſchen Geſchichte durch große Erfolge in der auswärtigen Politik verewigt. In den Jahren 1892 bis 1896 wurde der Krieg mit China ſiegreich durch⸗ geführt und die reiche Inſel Formoſa Japan einverleibt. Im Sommer 1900 gründete er eine neue Partei: den „Verein verfaſſungstreuer politiſcher Freunde“. Infolge einer ſchweren Krankheit mußte er von der inneren Politik ſich zurückziehen und trat wiederum eine Europareiſe an. Sein Weg führte ihn abermals nach Berlin. Nach ſeiner Heimkehr arbeitete er für das Zuſtandekommen des eng⸗ liſch⸗japaniſchen Bündnisvertrages, der Japan das Rück⸗ grat im Kriege gegen Rußland bot und für die ganze ſpätere politiſche Entwicklung im fernen Oſten die Grund⸗ lage bildete. Er trat im Jahre 1902 an die Spitze des „Staatsrats der Alten“, der eigentlichen und. einfluß⸗ reichſten Ratgeber des Mikado. 115 5 Der Verband ſüddeutſcher Indu⸗ ſtrieller und die Arbeitsloſen⸗ verſicherung. Der geſchäftsführende Ausſchuß des Verbandes Süd⸗ deutſcher Induſtrieller trat in Mannheim zu einer Sitzung zuſammen. Das badiſche Miniſterium des Innern hatte den Verband erſucht, ſich noch vor Abhaltung der vom Miniſterium des Innern mit den Intereſſenten beabſich⸗ tigten gemeinſchaftlichen Beſprechung über den Plan der Einführung einer badiſchen kommunalen Arbeitsloſenver⸗ ſicherung gutachtlich an das Miniſterium zu äußern. Der Verband hat in Verfolg dieſes Erſuchens an ſeine ſämtlichen badiſchen Mitglieder ein Rundſchreiben ge⸗ richtet und die Mitglieder um ihre Meinungsäußerung gebeten. Die eingelaufenen Antworten hatten ergeben, daß die Mitglieder ſich einſtimmig gegen die Einführung einer Arbeitsloſenverſicherung ausſprachen. Der geſchäfts⸗ führende Ausſchuß erklärte ſich demzufolge ebenfalls ein⸗ ſtimmig gegen die Einführung einer ſolchen Arbeitsloſen⸗ verſicherung, in welcher Form ſie auch gedacht ſein mag. Eine dementſprechende ausführlich begründete Eingabe wurde vom geſchäftsführenden Ausſchuß genehmigt und dem badiſchen Miniſterium des Innern übermittelt. In der Eingabe richtet der Verband Süddeutſcher Induſtriel⸗ ler als Vertreter von über 500 badiſchen Induſtrie⸗ betrieben mit über 80 000 Arbeitern an das Miniſterium des Innern die dringende Bitte, den Plan der Schaffung einer badiſchen kommunalen Arbeitsloſenverſicherung end⸗ gültig im Intereſſe der badiſchen Volkswirtſchaft fallen zu laſſen. Die Eingabe ſchließt u. a. mit den Worten: „Man fördere mehr wie bisher in unſerem Vaterlande durch eine geſunde Induſtrie⸗ und Exportpolitik die In⸗ tereſſen der deutſchen Induſtrie, dann wird man ſchneller und auf direktem Wege das erreichen, was man auf Umwegen durch eine exkreme ſoziale Fürſorge zu erzielen verſuchen will. Der indirekte Weg der extremen ſozialen Fürſorge, alſo die Schaffung einer Arbeitsloſenverſiche⸗ rung, bedeutet eine Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit in ihren Wirkungen. Der direkte Wert einer gefunden deut⸗ ſchen Induſtrie⸗ und Exportpolitik aber bedeutet eine Be⸗ kämpfung der Arbeitsloſigkeit in ihren Urſachen. Dieſer direkte Weg wird zu einer Erſtarkung der deutſchen In⸗ duſtrie führen und dieſelbe damit in die Lage verſetzen, in immer größerem Umfang Arbeitsgelegenheit für unſere ſtändig zunehmende Bevölkerung zu ſchaffen. Der direkte Weg iſt von größter nationaler Bedeutung und muß zu einer gewaltigen Steigerung der Produktivität unſerer Volkswirtſchaft führen, der indirekte Weg iſt nicht allein unwirtſchaftlich.“ Die diesjährige Generalverſammlung des Verbandes wird am 27. November ſtattfinden. 8 f 5 2 f Neues aus aller Welt. K Keſſelexploſion. In dem Betriebe eines Licht⸗ werkes in Berlin iſt geſtern ein mit Waſſerſtoff gefüllter großer Keſſel explodiert, wodurch etwa zehn junge Mäd⸗ chen leicht verletzt wurden. Eine Anzahl anderer Ar⸗ beiterinnen trug einen Nervenchoc davon. Unter dem ganzen Perſonal der Firma entſtand eine große Panik. * Aſiatiſche Cholera. In Jaarsveld(Provinz Utrecht) iſt ein zweiter Fall von aſiatiſcher Cholera feſt⸗ geſtellt worden. 0 * Rache der Bauern. Walachiſche Bauern über⸗ fielen, wie aus Arad(Rumänien) gemeldet wird, einen Kleinbahnzug, da er wiederholt Haustiere überfahren hatte. Durch Ziehen der Notbremſe brachten die Bauern den Zug zum Stehen. Der Kondukteur wurde verletzt, ebenſo erging es mehreren Paſſagieren. Nachdem die Türen und Fenſter eingeſchlagen waren, flüchteten die Rumänen in den nahen Wald. 5 * Ein Bombenfund in München. In dem dem Publikum zugänglichen, zur ebenen Erde gelegenen Aborte des Juſtizpalaſtes erfolgten geſtern nachmittag zwei ſchwache Detonationen. Beim Nachſuchen fand man auf einem an der Wand angebrachten Brett eine offene Blech⸗ büchſe, die— wie der Polizeibericht meldet— vom Täter wahrſcheinlich als„Bombe“ hergerichtet worden war, die aber als ſolche gar nicht wirken konnte. Die Blechbüchſe enthielt zwölf Revolverpatronen von 8 Millimeter und zwei Revolverpatronen von 5 Millimeter Kaliber, ferner eine große Anzahl eiſerner Nägel und Schrauben. Ex⸗ plodiert ſind nur zwei der großen und eine der kleinen Revolverpatronen. Aus der Büchſe herausgeflogen und in nächſter Nähe liegen geblieben ſind nur eine Patronen⸗ ilſe, eine der nicht explodierten Patronen und zwölf Nägel: alles andere lag noch in der Büchſe. Es ſcheint, daß die Täter auf die offene Büchſe Papier und Watte Fetegt und es daun mit einem Streichholz angezündet haben. Materialſchaden iſt nicht entſtanden. 9 * Schreckenstaten eines Koſaken. In dem dicht an der polniſchen Grenze liegenden ruſſiſchen Orte Brud⸗ zew ſpielte ſich dieſer Tage eine blutige Szene ab. Dort ſtürmte ein berittener Grenzkoſak mit dem blanken Säbel in der Hand vor das Herrenhaus. Der Koſak, der be⸗ trunken war, ſchlug mit der Waffe blindlings auf alles ein, was ihm in den Weg kam. Die Flucht der ent⸗ ſetzten Bewohner ins Haus reizte den Wahnſinnigen der⸗ art, daß er die Fenſterſcheiben und Türen einſchlug und ſchließlich gegen das Haus ſeine Schußwaffe richtete. Die Gutsherrſchaft hatte ſich aber bereits im oberen Stock⸗ werk des Hauſes verbarrikadiert, ſo daß die Kugeln ihr Ziel verfehlten. Fürchterlich wütete der Koſak auf dem Gutshof. Tie attackierten Gutsleute ſuchten ſich in den Ställen in Sicherheit zu bringen. Dem Gutsſchmied, dem Kutſcher, einem Maurer und einer Amme brachte er durch Säbelhiebe ſchwere Wunden bei. Nach zweiſtün⸗ digem Toben wurde der Wüterich von Grenzſoladten, die man herbeigerufen hatte, gefeſſelt und abgeführt. * Eine Frau verbrannt. Im Hauſe Weiden⸗ weg 12 im Oſten Berlins hat ſich in der vorletzten Nacht ein ſchreckliches Brandunglück ereignet. Als ein Mieter früh gegen 1 Uhr nach Hauſe ging, ſtieß er auf der Treppe im dritten Stock an einen lebloſen Körper. Er zündete eine Kerze an und ſah nun zu ſeinem Entſetzen die voll⸗ ſtändig angekohlte Leiche einer Frau. Es handelt ſich anſcheinend um eine Obdachloſe, die verſucht hatte, vor der Bodentür im vierten Stock zu nächtigen. Dort wur⸗ den verbrannte Kleiderreſte und einzelne Geldſtücke vor⸗ gafunden. Wahrſcheinlich hat die Frau ihr in das Taſchen⸗ tuch eingewickeltes Geld bei einem angezündeten Streich⸗ holz zählen wollen. Hierbei haben die Kleider Feuer gefangen, worauf die Unglückliche die Treppe hinabeilte und im dritten Stock zuſammenbrach. Auch hier wurden noch einzelne Geldſtücke gefunden. Bisher konnte die Perſönlichkeit der Verunglückten nicht feſtgeſtellt werden. * Der Neffe als Mörder. Aus Paris wird ge⸗ meldet: Am Abend des 22. September wurde in Pon⸗ tivy ein deulſcher Bierbrauer Namens Düringer, als er aus dem Zirkus in eine Seitenſtraße trat, von einem Unbekannten erſtochen. Seiner Frau und dem Polizei⸗ beamten konnte er vor ſeinem Tode nur noch zurufen: „Mörder Radfahrer!“ Den eifrigen Nachforſchungen der Polizei iſt es nunmehr gelungen, den mutmaßlichen Mör⸗ der ausfindig zu machen. Dieſer iſt kein anderer als der Neffe des Ermordeten, ein 20jähriger Student aus Rennes Eine Hausdurchſuchung bei ihm förderte be⸗ laſtendes Material zutage, darunter einen Brief, der Zeug⸗ nis von einem intimen Verkehr zwiſchen ihm unſ ſeiner Tante, der Galſein des Ermordeten, ablegte. Man fand auch ein Dolchmeſſer ſowie eine blutbefleckte Hoſe. Die Polizei nimmt an, daß der Student ſeine Tante durch den Mord von ihrem Gatten befreien wollte. Cholera. Aus Königsberg wird gemeldet: Bei Frau Wohlgemut und Frau Schumacher aus Skirwie⸗ tell(Kreis Heydekrug) ſowie bei den zwei Kindern der letzteren iſt Cholera bakteriologiſch feſtgeſtellt worden. Die Erkrankten ſind iſoliert. * Geſtohlene Millionen. Bei einem Einbruch in die Wallfahrtskapelle zu Czenſtochau(Oeſterreich) ſind an effektiven Werten 15 Millionen Kronen geſtohlen worden. Die Stadt wird militäriſch bewacht. Zahlreiche Hausdurchſuchungen wurden vorgenommen. Hierzu wird noch gemeldet: Bei dem Einbruch in die berühmte Wall⸗ fahrtskirche in Czenſtochau in Galizien wurden geſtohlen: Der ſilberne Vorhang des wundertätigen Muttergottes⸗ bildes, die vom Papſt Clements 1719 geſpendete Bril⸗ lantenkrone der Madonna und des Jeſuskindes, die allein über 100 000 Rubel wert ſind, das Perlenkleid, ein Ge⸗ ſchenk der Königin Hedwig, Wert 10 000 Mark, Bril⸗ lantringe und andere Koſtbarkeiten im Werte von meh⸗ reren Millionen. Tauſende Wallfahrer jammern und klagen über den Diebſtahl. Alle Eiſenbahnſtationen ſind telegraphiſch verſtändigt, aber von den Räubern fehlt bisher jede Spun. Großfeuer. In Königshofen(Baden) brannten 14 Wohnhäuſer und 17 Scheuern nieder. Zahlreiche Fa⸗ milien ſind obdachlos geworden. * Ein Mord ohne Motive. In Lörrach(Baden) wurde der 23 Jahre alte Zimmermann Robert Ehler geſtern nacht von dem 42 Jahre alten Maurer Eduard Lanz ohne jeden Grund durch einen Stich ins Herz getötet. Mord und Selbſtmord. In Leipzig erſchoß der 46 Jahre alte Tiſchler Hartmann, der felt 5 Zeit von ſeiner Frau getrennt lebt und arbeitslos iſt, ſeine 19 Jahre alte Tochter und dann ſich ſelbſt. Er hatte ſich gegenüber der Erſchoſſenen und einer anderen ochter ſchwerer ſittlicher Verfehlungen ſchuldig gemacht. 8 1 Vermiſchtes. Tübinger Studentenſitten im 17. Jahrhun⸗ dert. Der Philologe Hieronymus Wolf hat in Tübingen ſtudiert und dort auch die notwendigen Prüfungen ab⸗ gelegt. In ſeinen Jugenderinnerungen berichtet er:„Auch in Tübingen herrſchte das barbariſche Herkommen, nach welchem der dümmſte und. wildeſte Raufbold befugt war, den neuen Ankömmlingen jede beliebige Schmach in Wor⸗ ten wie in Werken anzutun. Dieſe liberale„Prüfung der Köpfe und Herzen“ nannten ſie eine„Depoſition“. Die allerwenigſten derjenigen, welche ſich auf der Uni⸗ verſität herumtrieben, waren mit hohen Kenntniſſen auch ausgeſtattet, und unter denen, die mich und andere Neu⸗ linge hergebrachtermaßen verſpotteten und ſchlugen, konn⸗ ten die meiſten kaum zwei oder drei lateiniſche Sätze ohne grobe Sprachſchnitzer herausbringen“..„ Neuling wurde angeſehen als ein Tier des Feldes, dem zur gebührlichen Einweihung für das Univerſitätsſtudium die Hörner abgenommen wurden.“ Man hängte ihm eine Ochſenhaut mit Hörnern über den Kopf und ſteckte ihm einen Eberzahn in den Mund, der dann unter allerlei Zeremonien, unter wildem Geheul der Kommilitonen und verulkenden Zurufen ausgebrochen wurde. Die Hörner wurden abgeſägt und darauf der„Beanus“, ſo nannte 1 man den Neuling— um ihn von„groven, vauriſchen Sitten zu reinigen,“ an verſchiedenen Teilen des Kör⸗ pers mit Kamm, Hammer, Zange und ſpaniſchem Rohr bearbeitet. Nach vollbrachten„Vorbereitungen“ führte der Beanus den Namen Pennal.“ 5 a N Ein furchtbares Drama in einem Hoſpiz wird aus Vendome(Frankveich) gemeldet. In einem Heim für kranke und gebrechliche Frauen ließ eine Bedienſtete Bohnerwachs aufkochen und zwar in dem Zimmer, in dem eine gelähmte Frau untergebracht iſt. Der Kocher ſtürzte plötzlich um, das Petroleum begann zu brennen und die Flammen züngelten an den Kleidern des Dienſt⸗ mädchens empor. Die Unglückliche rollte ſich auf dem Boden und ſtieß ſchreckliche Schreie aus. Als man ihr zu Hilfe eilte, war ihr Körper nur noch eine entſetzliche ſchwarze Wunde. Trotz der Hilfeleiſtungen, die ihr zu⸗ teil wurden, verſchied ſie kurz darauf. Das Grauſigſte dabei iſt, daß die gelähmte Frau in einem Seſſel nahe dem Fenſter dem Drama beiwohnte, ohne um Hilfe rufen zu können. Sie iſt davon derartig erſchüttert worden, daß ſie ebenfalls in der Nacht ihren Geiſt aushauchte. * Die Ermordung eines Regiebeamten durch Schmuggler hat in der Gegend von Beziers große Er⸗ regung hervorgerufen. Der unglückliche Beamte, ein ge⸗ wiſſer Coudere, war von einer Kugel getroffen tot auf⸗ gefunden worden. Zwei Perſonen, die als Schmuggler bekannt ſind, wurden verhaftet, nachdem ſie ſich eine Zeit⸗ lang aus der Stadt entfernt hatten. Vom Zarenhofe. In beſonderer Ausführlichkeit hat man in den letzten Tagen anläßlich der Entrevue von Racconigi die Angſt des Zaren vor Attentaten illuſtriert und die Aufmerkſam⸗ keit wurde dadurch wieder auf die unglaublichen Sicher⸗ heitsvorkehrungen gelenkt, womit ſich der Zar an ſeinem Hofe umgibt. Die Sicherheitsvorkehrungen, die ſeiner⸗ zeit im Winterpalais getroffen wurden, müſſen für euro⸗ päiſche Verhältniſſe ein Lächeln erwecken. Die Fenſter der direkten Wohnräume des Zaren ſind z. B. nicht zum Oeffnen eingerichtet, denn das Zuſchlagen der 58 flügel flößt dem Monarchen ungemeinen Schrecken ein. Um eine Ventilation zu erzielen, hat man hinter den Fenſtern Schiebefenſter angebracht, die ſeitwärts in die Wand laufen und nicht zuſchlagen können. In den Vor⸗ zimmern zum Arbeitskabinett des Zaren dürfen keine Teppiche liegen, damit jeder in die Nähe Kommende ge⸗ hört werden kann. Auf dem Arbeitstiſch des Zaren be⸗ findet ſich ſtets der goldene Revolver und an der Quer⸗ ſeite des Tiſches hängend ein kurzer Degen ohne Scheide. Ein Spiegel ſorgt auf dem Arbeitstiſch ſtets dafür, daß der Zar hinter ſich ſehen kann, ſo daß er die Beweg⸗ ungen der Adjutanten verfolgen kann. Die Tür zum Arbeitszimmer des Zaren iſt vom Vorzimmer aus nicht zu öffnen, ſie öffnet ſich vielmehr durch elektriſchen Strom, der vom Tiſch des Zaren aus reguliert wird. Der Audienzſaal weiſt an den Längs⸗ ſeiten Gucklöcher auf, durch die die Leibwache die„Gäſten des Zaren beobachten kann. Es iſt bei Audienzen mit Hut oder Kopfbedeckung Gebrauch, daß das Beklei⸗ dungsſtück am Eingang des Zimmers abgelegt wird, damit in demſelben keine Attentatswerkzeuge in die Nähe des Zaren gebracht werden können. Zwiſchen dem Audienz⸗ habenden und dem Zaren bleibt ſtets ein Zwiſchenraum von fünf Schritt; nie arbeitet der Zar zuſammen mit einem Miniſter an einem Tiſch; es darf ſich überhaupt nie⸗ mand in Gegenwart des Zaren ſetzen. Die Zugänge zu den Privatgemächern der Zarenfamilie werden in kur⸗ zen Abſtänden durch Schildwachen beſetzt, die jedoch keine Patronen haben. Ueberhaupt muß die Palaſtwache die Munition an den Kommandierenden der Wache während der Zeit des Wachdienſtes abgeben.—— i „Noch größere Sicherheitsvorkehrungen weiſen die intimſten Gemächer auf. Im ziemlich kleinen Schlaf⸗ kabinett des Zaren weiſt das Bett keine Füße auf, es iſt vielmehr, bis zum Fußboden„zu“, wahrſcheinlich, damit ſich niemand unter dem Bett verſtecken kann. Urſprüng⸗ lich hatte dieſes Zimmer noch einige Tapetentüren, die in kleinere Kammern führten, wohin ſich der Zar im Notfall eventuell würde flüchten können. Dieſe Kam⸗ mern ſind aber jetzt zugemauert, da ſie den ge Zweck erfüllen können, nämlich den, daß ſich ſemand in ihnen verſtecken kann. Die Gashauptleituna und der elektriſche Strom ſind im ganzen Schloß zur Vermeidung nachts ausbrechender Feuersgefahr mit dem Augenblick abzuſtellen, in dem ſich der Zar zur Ruhe begiebt. Ni⸗ kolaus der Furchtſame hat ſelten eine gute Nacht. Oft genügt ihm das Brennen einer Kerze nicht, er läßt ſich durch den Kammerdiener weitere Kerzen anzünden, damit es heller wird. Aber auch das genügt ihm meiſt nicht. Er ſteht dann auf und verbringt die 1 um erſt bei Tagesanbruch zu Bett zu gehen. el iſt der Zar nicht feige. Als er früher einen Hund bei ſich im Zimmer hatte, kam es oft vor, daß dieſer„anſchlug“, wemt die Wache wechſelte. Stets ſprang dann aus auf und ſtand immer noch bewaffnet, für den entlarvten Atten⸗ täter bereit, wenn ſchon längſt ſein Leibdiener auf ein Klingelzeichen herbeigeeilt 5 3 Hofleute, die ſchon lange das Vertrauen des Zaren beſitzen, beklagen ſich ziemlich offen bitter darüber, daß es die nach Macht lechzenden Miniſter ſind, die die A. ö des Zaren erhöhen, um daraus Nußen zu ziehen. Im Zivilfabinett wird z. B. eine genaue Liſte der Attentate und der geplanten Anſchläge geführt, die der Zar täg⸗ lich ſtudiert, um— nach Annahme ſeiner Miniſter— Gegenmaßvegeln zu treffen. Keine Zeitung bekommt der Zar zu ſehen. Er ſammelt ſeine Kenntniſſe der Außen⸗ welt aus den Vorträgen ſeiner Miniſter, die auf Wunſch aufgezeichnet und als„Journal“ geführt werden. Ein literariſches Bureau ſammelt zudem Hofnachrichten aus Europa, die dem Zaren in ruſſiſcher Ueberſetzung täglich vorgeſetzt werden. Zar Nikolaus iſt aus dieſem Grunde über die Stimmung im Volke keinesfalls orientiert. Zur Milde und Großmütigkeit neigend, würde er oft ſicher anders handeln, wenn ihm nicht ſtündlich eingeredet würde, daß dies falſch ausgelegt werden würde.. Redaktion, Druck und Verlag von J. Helfrich in Seckenheim N r 94 N N VVV 8 1 4 e 9 i 4 5 1 2 Bekanntmachung. Reinigen der Kamine betr. ö Wir bringen andurch zur öffentlichen Kenntnis, daß die Kaminfeger heute mit dem Reinigen der Kamine be⸗ ginnen. Seckenheim, 28 Oktober 1909. i gürgermeiſteramt: f Volz. Bekanntmachung. Die Pferdevormuſterung im Jahre 1909 betr. i Am Samstag. den 30. Oktober d. Js. vor- mittags 8.30 Uhr findet auf den Planken dahier die diesfährige Pferdevormuſterung ſtatt. Die im hieſigen Ort anweſenden Pferdebeſitzer werden augewieſen, ihre zur Muſterung vorzuführenden Pferde eine halbe Stunde vor der Muſterung, d. i. 8 Uhr, pünktlich auf genanntem Platze aufzuſtellen und zwar der Nummer nach, welch letztere jedes Pferd an der linken Backenſeite der Halfter zu tragen hat. Die Nummern für die vor⸗ zuführenden Pferde werden den Beſitzern durch die Polizei zugeſtellt. f Zuwiderhandlungen werden gemäß 8 4 der Pferde⸗ aushebungsvorſchriften beſtraft. Seeckenheim, 22. Oktober 1909. gürgermeiſteramt. Volz. f Schmitt f 5 5 5 1„ CThupa- und Fichtenkränze mit lebenden und gemachten Blumen, ſchön 5 i garniert. — Guir landen 1 und allen Triedhofsſchmuck 515 gross und kleinblum. Chrysanthemum usw. F. W. Schröder, Gärtnerei, Sesenkeim. HhHioſenſtoffe Tpeed, Melton, Halbtuch etc. Woll, HhHalbwollstoffe, Bieber Kleider, Blouſen, Jacten. HUrbeiter-Rleider Herren-, Frauen- und Knabenbemden. 8 Hosenträger. Fenſterleder Fenſtertücher in großer Auswahl, empfieht Emil Werber. 7 1 — — Sterbekleider für Erwachſene ſowie Kinder in allen Preiſen, ferner Straussfedern direkten Imports, von 50 Pfg. an. rautkränze und Brautschleier 5 Brautbouquetts kreeicheſte Auswahl. billigſte Preiſe. Mannheim, K 1 Nr. 5 b. W. Eims, nachſolger r gel— 4 8 8 r 8 Weiser Nenbardusbo elder“ Blumen⸗ und Kranzfabrik. Für den Herbst und Winter: S 2 Hoe und Augen Stoffe für Hemden und Ilnterbosen. Halbwollstoffe, Biber. Baumwollzeug“ ferner: farbige Hosen, tlemden, Unterhosen, Unterjacken, Strümpfe, lachen, Handschuhe, Lama- Chal, gestrickte Kittel, Leib und Seel für Kinder in allen Grössen, Schürzen Kravatten, Kragen, elektrische Birnen und Siche- runngen. etc. billigst bei: E. Merklein. Warme fiandschule Warn ee 5 Mannheim Molz& 1 Forbach Breiteſtraße Handschuhhaus worden kae un Hotel Neckartal. Frauen⸗Oerein Seckenbeim. Wir beabsichtigen in dieſem Jahre aus Anlaß des Geburtstages J. K. Hoheit der Großherzogin Luiſe, weib⸗ liche Dienſtboten, welche 5 und mehr Jahre treu ihrer Dienſtherrſchaft gedient haben, auszuzeichnen. Meldungen der Dienſtherrſchaft ſind bis 15. November l. Is. bei der Unterzeich⸗ neten ſchriftlich einzureichen. Seckenheim, den 25. Okt. 1909. Die Präſidentin: M. Volz Feckenheimer Jimmerſchützen Gelelſchaſt Heute Dounerstag abend 8 ½ Uhr im„bad. Hof“(Nebenzimmer) Beſprechung bezüglich Eröffnungsſchießens. e lreiches Erſcheinen wird gebeten. Am zahlreiches Erſch. deschäntsbergabe und mmfedlung Einer verehrl. Einwohrerſchaft in Seckenheim und Umgebung die gefl. Mitteilung, daß ich meine Wirtſchaft 64 „zur Kapelle“ an Herrn Anton Nuf dahier übergeben habe. Für das mir bisher geſchenkte Zutrauen beſtens dankend, bitte ich, dasſelbe auch auf meinen Nachfolger übertragen zu wollen. e Hochachtungsvoll Peter Sichler. Bezugnehmend auf Obiges wird es mein eifriges Beſtreben ſein, die geehrten Gäſte durch Ueberreichung von guten Speiſen und Getränken, ſowie aufmerkſame Bedie⸗ nung zufrieden zu ſtellen und bitte um geneigten Zuſpruch. i Hochachtungsvoll Anton Ruf. Blumen⸗Papier Se e in allen Farben e e zu haben bei J. Helfrich. Achtung! Liedertafel Seckenheſm. Heute Donnerstag, den 28. Oktober punkt halb 9 Uhr 55 eee au achtung Singprobe. empfehle Pünktliches vollzähliges Erſcheinen iſt dringend er⸗ forderlich. Der Vorstand. la. Bier Sängerbund ber Edinger Aktienbranecei geckenheim. in Fässchen von 6 Donnerstag Abend 8 Uhr, Liter an und höher. Singprobe Peter Huber, zum Schwanen. Befreit wird man v. allen Fautunreinig⸗ Vollzähliges Erſcheinen dringend erforderlich. Der Vorſtand. Männergesangverein 5 keiten u. Hautausschlägen wie geckenheim Rate Nie 6 1 nnen, tehen, Hautröte dc. Heute Abend ½9 Uhr g. 0 2 0 e 8 eckenpferd⸗Teerschwekel Seife Gesangprobe v. Bergmann 5 Co., RKadebeul⸗ Stück 50 Peg. in der Apotheke Fur T IIK. das Tos d. Strassb. prerde- Lotterie 4O OOO MK Hauptgewinn 0 OOO MN Weiterer Hauptgewinn E 00 Mk. 1388 Gewinne 9 16 700 Mk. Die 31 ersten Gew. sina mit 78% u. die 1330 letzt. Gewinne m. 90% auszb. 2 ziehung sicher 13. ov. 5 11 Loſe 10 Mark Porto und Liſte je 25 Pfg. empfiehlt Lotterie Untern. 1 S 1. 6. J. Stürmer. 1 8 107. 1 Schult ⸗ kann abgeladen werden. Henban Gg. Müller, Mittelſtraße,. Pünktliches und vollzäh⸗ liges Erſcheinen erwartet Der Vorſtand. 2 ſchwere Mäntel und 2 Aeberzicher beſonders für Fuhrleute ge⸗ eignet, billig zu verkaufen, ebenſo eine Ripagarnitur. 1 Jopha m. 6 Stühlen Cierarzt Stadtelberger. Auf Allerheiligen alle Sorten lebende 0 99 Kränze ſowie Wachskränze empfiehlt Maria Fabian, Ueckaraurrüiraße Ar. 4. nheim def: Och. Mendel Näh- u. Zuschnefdeschuüle Franziska Hasteibenger, Mannheim, ö 5. IU Empfehle mich den geehrten Damen im Unterrichten f und Erlernen zwecks Selbstanfertigen der eigenen Garderobe nach neuester Facon vom einfachsten bis elegantesten Genre.— Sichere meinen Schülerinnen eine gewissen- unte, praktische und theoretische Ausbildung zu und wird es mein Bestreben sein, allen an mich gestellten Anforderungen gerecht zu werden. 5 Iiiutsitt um IJ. uud 15. eines qeden Mondutis. Für Damen, welche das Kleidermachen als Gewerbe betreiben, empfehle ich meine Spezial-Zuschneidekurse. Q——— 5 Aeber das Schönheitsideal des Oſtafrikaners berichtet der bekannte Forſchungsreiſende und Leiter des „Muſeums für Völkerkunde“ in Leipzig, Profeſſor Dr. Karl Weule im„Kosmoshandweiſer“. Wir entnehmen den intereſſanten Mitteilungen folgendes: Erſt vor weni⸗ gen Wochen hat der junge deutſche Kolonialbeamte die Heimat verlaſſen; jetzt befindet er ſich an der Spitze der ihm unterſtellten Karawane auf dem Marſch vom Küſten⸗ emporium nach ſeinem weit im Innern des Landes ge⸗ legenen Beſtimmungsort. Nach köſtlicher Frühwanderung hat man ſich zum erſten Halt bequemt; noch etwas müde ob der ungewohnten Anſtrengung des Reitens und Mar⸗ ſchierens ruht der Führer auf ſeinem niedrigen Reiſe⸗ ſtuhl; mit um ſo größerer Behaglichkeit hockt, kauert und liegt die Schar ſeiner Wanyamweſiträger in ſeiner Nähe. Die Mehrzahl ſchwatzt und plaudert mit jenem natürlichen Frohſinn, wie er eben nur dem Neger eigen⸗ tümlich iſt. Nur einige wenige beteiligten ſich nicht am Geſpräch; aus ihrem Munde ragt ein langes Etwas her⸗ vor, das einer derben Zigarre ähnlich ſieht. Der Führer iſt ethnographiſch ganz unbeleckt; er fällt alſo aus einem Erſtaunen in das andere, als er ſeinen Wiſſensdurſt be⸗ friedigt und nunmehr erfährt, dieſer daumenſtarke Holz⸗ ſtab mit dem zerkauten und zerfaſerten Ende ſei die afrikaniſche Zahnbürſte. So iſt es in Wirklichkeit. Es iſt ein praktiſches Inſtrument, das ſich jederzeit erſetzen läßt, und das ſeinen Zweck in beſter Weiſe erfüllt, ſoſern es nur mit der nötigen Ausgiebigkeit und Ausdauer ge⸗ braucht wird. Was würde der deutſche Bauer, überhaupt der bei weitem größte Teil unſeres Volkes ſagen, wenn ſie erfahren, daß der Neger dieſes Inſtrument in den meiſten ſeiner Mußeſtunden handhabt, viertel⸗ und halbe Stunden lang, ja oft ſogar über Stunden hinaus!„Die Kerle haben eben nichts anderes zu tun,“ würde es heißen. Nun, die Kerle haben wohl etwas anderes zu tun. Mit der tropiſchen Fülle iſt es in Afrika wirklich nichts, und wo dem Eingeborenen nicht gerade Bananen in den Mund wachſen, wo er vielmehr zur Hacke greifen muß, um ſeine Hirſe, ſeinen Mais und ſeinen Maniol zu bauen, da hat auch der Neger nicht viel weniger zu arbeiten als der Europäer. Trotzdem hält er auf ſeinen reinen Mund, und zwar in des Wortes ureigenſter Be⸗ deutung. Jedermann bei uns zu Hauſe ſpricht von dem glänzenden Gebiß der ſchwarzen Raſſe; jedermann iſt der Meinung, dieſe prächtige Perlenreihe ſei ein f ſonderer phyſiſcher Vorzug jener ſonſt auch ſo niedrigen und verachteten Geſellſchaft, niemand aber bedenkt, daß wir von Hauſe aus durchaus nicht ſchlechter ausgeſtattet ſind als die anderen Angehörigen des Menſchengeſchlechts, und daß es lediglich oder doch zu einem ſehr großen Teil die von Jugend auf geübte ausdauernde Pflege di unerſetzlichen koſtbaren Gutes iſt, was den Neger in dieſer Beziehung hoch über das Durchſchnittsniveau der Kultur⸗ völker emporhebt. Ein ſchlechtes Gebiß empfiehlt auch bei uns zu Lande weder Männlein noch Fräulein; in Afrika würde es den Träger oder die Trägerin unmöglich machen. Doch nun bei all dieſem geſteigerten äſthetiſchen Empfinden die faſt überall geübte Sitte des gewaltſamen Eingriffs! Das iſt in der Tat ein höchſt ſeltſamer Wider⸗ ſpruch. Mit ſtolzem Grinſen zeigt die Gruppe der Zähne⸗ putzer ihrem weißen Führer die weißen Zahnreihen. Sie ſind völlig intakt, nur oben in der Mitte zwiſchen den beiden Schneidezähnen iſt eine Kerbe. Sie findet ſich bei dem erſten, auch bei dem nächſten und bei dem dritten ſie iſt allgemein. Beim Weißen erwacht der Forſcherſinn bald hat er erfahren, daß dieſe Auskerbung in der Tat eine Sitte iſt, die nicht nur bei den Wanyamweſi, ſo im ganzen weiten Zentrum Deutſch⸗Oſtafrikas, bis den Rikwaſee hinaus nach Süden und bis an den Speke⸗ golf nach Norden verbreitet iſt; ja, ſelbſt jenſeits dez langgeſtreckten Tanganhika iſt dieſe Auskerbung üblich Auch in den küſtennahen Gebieten, im Hinterland vo Kilwa, ſcheint die Sitte urſprünglich zu Hauſe geweſen zu ſein. Ein derart verſtümmeltes Gebiß hat auch im unſeren Augen in ſeinem Ausſehen wenig gelitten; in den Augen der Neger und Negerinnen muß es hingegen etwas geradezu Herrliches ſein; die Leutchen würden dieſe Verſchönerung ſonſt nicht ſo gern zur Schau tragen · Die Neger lachen gern; aber ſo vergnügt wie die Wanvam⸗ weſi ſind ſie noch längſt nicht alle. r Auulilles“ 1 ———