Seckenheimer Anzeiger, Ilues heimer Erſcheint Dienstag, Donnerstag und Samstags. Der Abonnementspreis beträgt monatlich 35 Pf. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 1.50. Erſtes Blatt. . eee eee e e eutſcher Reichstag. „„ Berlin, 10. März. Die heutige Sitzung wurde vom Präſidenten Grafen Schwerin⸗Löwitz in Anweſenheit des Staatsſekre⸗ tärs Krätke um 1 Uhr 15 Minuten eröffnet. Auf der Tagesordnung ſteht die Fortſetzung der zweiten Leſung des Poſtetats beim Titel„Gehalt des Staatsſekretärs“. Abg. Zubeil(Soz.) bringt eine Reihe von Be⸗ ſchwerden vor, welche namentlich das untere und mittlere Perſonal der Poſt betreffen. Das Vorgehen der Poſtver⸗ waltung gegen den Vorſitzenden des Aſſiſtentenverbandes, Oberpoſtaſſiſtent Zollitſch, nennt Redner brutal und ungeheuerlich. Ebenſo ungerecht ſei die Maßregelung des Vorſitzenden des Telegraphenarbeiter⸗Verbandes. Die Verwendung von Unterbeamten zur Ueberwachung der Geſinnungstüchtigkeit ihrer Kollegen ſei eine unſaubere und niederträchtige Maßnahme der Verwaltung.(Wegen dieſer Bemerkung erhält Redner eine Rüge des Präſi⸗ denten.) In Kaſſel nötige man die Unterbeamten, dem Reichsverbande zur Bekämpfung der Sozialdemokratie bei⸗ zutreten. Damit ſchaffe man Märtyrer ihrer Ueberzeu⸗ gung oder Heuchler. Obwohl der Verkehr ſtetig wachſe, werde die Zahl des Perſonals vermindert. Die Be⸗ ſchäftgung ſchulpflichtiger Kinder im Poſtbetrieb ſei ein verwerfliches Sparſyſtem. ö Abg. Dröſcher(konſ.) anerkennt, daß beim vor⸗ liegenden Etat geſpart worden iſt. Sparſamkeit allein dürfe aber für den Reichstag nicht ausſchlaggebend ſein, es müſſen auch Vereinfachungen herbeigeführt werden. Die Grenze dafür fei allerdings da, wo die Verkehrsfeindlich⸗ keit anfange. Den berechtigten Wünſchen der Beamten ſei die Verwaltung nach Möglichkeit entgegengekommen. (Beifall rechts, Widerſpruch links.) a. N Abg. Nacken(Ztr.): Der Poſtetat trägt den Stem⸗ pel der Sparſamkeit an der Stirne. Notwendig iſt eine Reform des Poſtzeitungstarifs. Die Pauſchalgebühren für den Fernſprecher ſollten nicht abgeſchafft werden. Auch wir ſind für die Schaffung eines Poſtbereirats. Staatsſekretär Krätke: Die Poſtverwaltung ſteht der Förderung des Verkehrs ſo freundlich wie nur mög⸗ lich gegenüber. Die Aenderung des Poſtzeitungstarifs iſt in Erwägung gezogen. Auf die vom Abg. Zubeil vorgebrachten Einzelfälle kann ich mich nicht einlaſſen. Abg. Beck(natl.) bedauert, daß aus Sparſamkeit die notwendige Vermehrung des Perſonals nicht vorgenom⸗ men worden iſt. Die Schaffung eines ſtändigen Poſt⸗ beirats balten meine Freunde, wie aus dem Antrag Baſ⸗ Vermißt. Roman von Ewald Auguſt König. b(Fortſetzung.) Machdruck verboten) Der Rentier blickte dem Davoneilenden befremdet nach, dann ſchüttelte er ſein kahles Haupt mit einer 2 als ob er ſagen wollte, er verſtehe das alles Ein ſonderbarer Kauz!“ meinte Garnier achſel⸗ ſuckend. 115 traf in Metz mit ihm zuſammen, er war zamals Offizier und machte mir Vorwürfe darüber, daß ich im Kriege an der Spitze einer Schar Frank⸗ treurs ſtand.“ f i „ Das iſt alles, was Sie verbrochen haben?“ „Weiter nichts! Kennen Sie den Mann?“ „Natürlich; er war der beſte Freund des Verlob⸗ ten meiner Tochter, der Rechtsanwalt Hubert Grunau.“ So, ſo, Advokat? Weshalb er nun gerade mich mit ſeinem Haß verfolgt.“ „Sein Freund iſt von Franktireurs überfallen und 8 worden.“ n arnier horchte auf.„Derſelbe, der mit Ihrer Fräulein Tochter verlobt wärs“ a, der Sohn jenes verurteilten Weimars.“ „Und wo geſchah der Ueberfalls“ 2In der Nähe eines Schloſſes, warten Sie ein⸗ FNawohl, ſo hieß es, nickte Unger. Jean Garnier war im höchſten Grade beſtürzt, er dachte an den Korreſpondenten Didiers. Aber dieſer hieß ja Winter und war vor dem See in Lyon ge⸗ weſen.„War der junge Weimar Offizier?“ fragte er. „Nein!“ Der Rentier ahnte nicht, welch großes sreſſe Garnier an dieſer Frage nahm und wollte heobald nicht erinnert ſein.„Verderben Sie Laune nicht an dieſem bummen Haan ot und ſein guter Freund. der Adbokat. 21 3 , Amtsblaft der Bürgermeisterämter Seckenheim, Iluesheim, neckarhausen und Edingen. Poſtetats. Schluß gegen 8 Uhr. 3 5 Berlin, 11. M Die heutige Sißung wurde vom Präſidenten Grafer Schwerin⸗ Lö witz in Anweſenheit der Staatssekretär Dr. Delbrück und Krätke um 1 Uhr 15 Mister eröffnet. Erſter Gegenſtand der Tagesordnung bildet die ſozialdemokratiſche Interpellation, betreffend das Verbot einer im Treptower Park bei Berlin am 6. März d. J. beabſichtigten öffentlichen Verſammlung unter freiem Himmel. Nachdem Staatsſekretär Dr. Delbrück ſich zur ſo⸗ fortigen Beantwortung der Interpellation bereit erklärt hat, begründet Abg. Ledebour(Soz.) die Interpel⸗ lation. Er führte des längeren aus, daß das Verbot des Berliner Polizeipräſidenten ungeſetzlich war. Der Polizeipräſident müßte wegen ſeiner Bemerkung, daß im Parlament genügend Kritik an der Wahlrechtsvorlage geübt werden könne, ſofort entlaſſen werden, denn das ſei eine Unverſchämtheit.(Redner erhält wegen dieſes Ausdrucks vom Präſidenten eine Rüge.) Die Polizei hat ohne berechtigten Grund ſofort auf die Menge, ja ſogar auf wehrloſe Frauen eingehauen. Die Rechte, die ein ſolch brutales Vorgehen der Polizei verteidige, handele ſchamlos(Wegen dieſer Bemerkung erhält Redner einen Ordnungsruf.) Die Regierung, die den Polizeipräſidenten in Schutz nimmt, verſtößt ebenſo gegen das Geſetz wie dieſer. Wir werden den Kampf um das gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für den Landtag unermüdlich fort⸗ ſetzen(Beifall links, Zurufe rechts.) ß Staatsſekretär Dr. Delbrück erklärt den ab⸗ lehnenden Beſcheid des Polizeivräſidenten für ord⸗ Infertionspreis Die einſpaltige Petitzeile 10 Pfg., Reklamen 20 Pfg. die Zeile. Bei öfterer Aufnahme Rabatt. Fernſprechauſchluß Nr. 16. t auf Verſammlungen unter freiem Himmel ganz auf. Der Rechtsſtandpunkt der Regierung iſt ganz un⸗ 1 Dadurch wird die Bevölkerung nur noch mehr gereizt. Abg. v. Oertzen(Kchsp.): Wir hätten alles andere, nur nicht eine Interpellation der Sozialdemokraten er⸗ wartet. Das iſt eine Unverfrorenheit. 8 Vizepräfident Dr. Spahn, der inzwiſchen das Prä⸗ ſidium übernommen hat, rügt den Vorredner wegen dieſes Ausdrucks. Aba. v. Czarlinski(Pole): Wir verurteilen jeden ä———————————— Garnier winkte dem Kellner, ſein Glas zu füllen. Die Erklärung, daß der junge Weimar nicht Offizier geweſen war, beruhigte ihn; er konnte ja unter den bei Chateau Monterau gefallenen Huſaren geweſen ſein. Dennoch, der Offizier in Metz hatte ſich nach dem Führer der Patrouille erkundigt, und der Korre⸗ ſpondent Didiers war jener Führer. Sobald er wie⸗ der in Brüſſel war, wollte er ſich Gewißheit verſchaf⸗ fen. Grunau hätte ihm dieſelbe geben können, aber mit ihm mochte er nicht mehr zuſammentreffen. Auch an Unger richtete er keine weiteren Fragen, um ihn nicht aufmerkſam zu machen. Hatte der junge Weimar ſich wirklich unter falſchem Namen bei Henry Didier eingeſchlichen, dann ſollten auch ſeine Freunde keine Kenntnis davon erhalten, damit ſie ihm ſpäter nicht nachforſchen konnten. Das Hirn Garniers durchkreuzten ſchon tückiſche Pläne, die er nur mit Henry Didier beſprechen konnte. „Sie ſind alſo kein Freund des Advokaten?“ fragte er nach einer Pauſe. n „Nichts weniger als das!“ brummte der Rentier. „Er ſah, daß Sie mit mir kamen, da mußte er ſchon aus Rückſicht auf mich ſich jeder beleidigenden Aeuße⸗ rung enthalten.“ „Und aus Rückſicht auf Sie habe ich mit der Ant⸗ wort zurückgehalten, die ihm gebührt hätte,“ erwiderte Garnier, aus deſſen dunklen Augen die Glut des Haſſes loderte.„Begegnet er mir noch einmal, wird er nicht wieder ſo gnädig wegkommen.“ Na, reden wir nicht mehr davon; wenn der Krieg beenbet iſt, muß alles vergeſſen ſein, was im Kriege geſchah.“ Unger ſprach von etwas anderem, und Garnier ing bereitwillig darauf ein; auf Theobald und den Prozeß gegen deſſen Vater kamen ſie nicht mehr zu⸗ rück, ſo blieb das Geheimnis noch vorläufig gewahrt. Als ſie eine Stunde ſpäter die Reſtauration wieder verließen, waren ſie die hefeeg Freunde geworden. . 5 5 8 1. 15(. 2 1 5 Leontine war faſt gleich mit Garnier in ihrer Vaterſtadt angekommen und bei ihrer Ankunft auf dem Bahnhofe von dem Bruder in Empfang genommen worden. In der ſehr beſcheidenen, aber traulichen Wohnung der Mutter fühlte ſie ſich bald wieder heimiſch, und der erſte Tag war nur gegenſeitigen Mitteilungen ge⸗ widmet. Ferdinand verlangte genaue Auskunft über den Ueberfall, Leontine mußte nun auf jedes ihrer Worte achten, um nicht das Geheimnis Theobalds zu ver⸗ raten. Der Bruder bat ſie dann, ihn am nächſten Tag Tage mit zum Rechtsanwalt Grunau zu begleiten, und 1 der Bitte Theobalds erklärte ſie ſich dazu be⸗ reit. Ihre Abſicht, nach Brüſſel zurückzukehren, wurde von der Mutter mit Klagen aufgenommen. Die alte Frau ſah wohl ein, daß ihre eigenen beſcheidenen Mit⸗ tel ihr nicht geſtatteten, die Tochter bei ſich zu behal⸗ ten, aber ſie meinte, dieſe könne nun auch in ihrer Heimat, oder doch in der Nähe eine Stelle finden. Das eben wollte Leontine nicht, ſo lieb ſie die alte Frau hatte, auch ließ die Erinnerung an Theo⸗ bald ihr keine Ruhe; ſie mußte nach Brüſſel zurück, wo der geliebte Freund auf ihren Beiſtand rechnete. Ja, ſie liebte ihn, ſie ſagte es ſich, ſo oft ſie an ihn dachte, und ſie wußte auch, daß es eine hoffnungs⸗ loſe Liebe war. Sie betrachtete ſich als ſeine Verbün⸗ dete, bis ſeine Aufgabe gelöſt war, dann erſt trennten ihre Wege ſich wieder, und ihr blieb nur das Bewußt ſein einer guten Tat. Sie beharrte bei ihrem Entſchluß, den Ferdinand ihres beſſeren Fortkommens wegen billigte, und die alte Frau fügte ſich in das Unabänderliche, nur mußte Leontine geloben, einige Wochen bei ihr zu bleiben. Am anderen Tage gingen die Geſchwiſter zu Hu bert, der über den Beſuch ſehr erfreut war. 5(Fortſetzung folgt.“ 9 8 1 * 3„5*⁵öð ²ꝶêtü 3 4. Eingriff 255 den vorliegenden. s Die Abgg. Liebermann v. Sonnenberg(Wſch. Vg.) und Werner(Afp.) behalten ſich ihre Stellung⸗ nahme bis nach der Entſcheidung des Oberverwaltungs⸗ gerichts vor. 5 Damit endigt die Beſprechung. Nach Erledigung eini⸗ ger Geſchäftsordnungsangelegenheiten wird die Beratung des Poſtetats fortgeſetzt. a Abg. Carſtens(Forlſchr. Vp.) wünſcht nochmalige Prüfung der Telephon⸗ und Telegraphenbeſchwerden von Hamburg und Altona.: 3 Die Abgg. Geck(Soz.) und Harms(Rchsp.) brin⸗ gen Spezialwünſche vor. Die Debatte wird darauf ge⸗ ſchloſſen. Es folgt die Abſtimmung über die Oſtmarken⸗ zulage. Beim Hammelſprung ergibt ſich die Anweſenheit von 197 Abgeordneten. Es fehlen 2 Stimmen an der Be⸗ ſchlußfähigkeit. Infolgedeſſen wird die Sitzung auf 6¼ Uhr vertagt. Präfident Graf Schwerin⸗Löwitz läßt nach Wiedereröffnung der Sitzung die Abſtimmung über die Oſtmarkenvorlage wiederholen. Dieſelbe wird ange⸗ nommen. a. Es folgen unweſentliche Debatten über eine Reihe von Etatspoſitionen, die alle angenommen werden. Zur Annahme gelangten ſchließlich eine Anzahl Reſolutionen und der Poſtetat in zweiter Leſung im ganzen. Ebenſo wrd der Etat der Reichsdruckerei genehmigt. ö Hierauf vertagt ſich das Haus auf Samstag mit⸗ tag 12 Uhr. Tagesordnu Gotthardbahnvertrag, Reichs⸗ eiſenbabnetat und kleine Den.— Schluß 8¼ Uhr. Badiſcher Landtag. 75 5 Karlsruhe 11. März. In der heutigen(50.) Sitzung der Zweiten Kammer legte zunächſt der gegenwärtige Leiter des Finanzmini⸗ ſteriums, Miniſterialdirektor Göller, das Budget der Eiſenbahnbau⸗ und Schuldentilgungskaſſe vor. Hierbei gab er eine nähere Darlegung über den Stand derſelben und bezeichnete denſelben als äußerſt ungünſtig. Die Schuld ſei in den letzten 10 Jahren ſo ſehr angewachſen, daß mit neuen Bahnbauten 6—8 Jahre zurückgehalten werden müſſe. Hierauf wird die Beratung des Budgets des Miniſteriums des Innern bei den Titeln„Landes⸗ ſtatiſtik und Gewerbeförderung“ fortgeſetzt. An der Debatte beteiligen ſich die Abg. Göhring(natl.) und Vogel⸗ Mannheim(Dem.), welche eine Reihe von Spezialwünſchen vorbringen. Seitens der Regierung erwiderten darauf Miniſter Frhr. v. Bodman und Miniſterialrat Dr. Schneider, die wohlwollende Prüfung zuſagen. Danach wurde die Sitzung geſchloſſen. Nächſte Sitzung Samstag vorm. 9 Uhr. Tagesordnung Fortſetzung. N Karlsruhe, 11. März. Die Budgetkommiſſion der Zweiten Kammer ſetzte geſtern die Beratungen über das Einkommenſteuergeſetz fort. Der§8 13 wurde ge⸗ ſtrichen; im übrigen wurden die 88 10 bis 25 nach der Faſſung der Regierungsvorlage angenommen. Die Vor⸗ lage über die Vermögensſteuer wurde nach kurzer Be⸗ ratung angenommen. 5 a 8(Karlsruhe, 11. März. In der Kommiſſion für Juſtiz und Verwaltung der zweiten Kammer wurde bei der Fortſetzung der Beratung des Geſetzentwurfs über die Reform der Gemeinde⸗ und Städteordnung in die General⸗ debatte über das Wahlrecht eingetreten. Von den Sozial⸗ demokraten wurde der Antrag auf Beſeitigung der Klaſſen⸗ wahl geſtellt. Die Regierung erklärte ſich gegen den An⸗ trag. Derſelbe wurde mit großer Mehrheit abgelehnt; desgleichen ein Antrag auf Einführung des gleichen Wahl⸗ rechts für Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern. An⸗ genommen wurde der Antrag auf Einführung der Pro⸗ portionalwahl auf der Grundlage der Klaſſeneinteilung. Für die Proportionalwahl hat die Regierung das Syſtem der freien Liſten vorgeſchlagen. Die große Mehrheit der Kommiſſion entſchied ſich für die gebundenen Liſten. ee 5 liche gundſchan. 5„ 8 Deutſches Reich. e König Eduard und Kaiſer Wilhelm. Wie die „Wiener Allgemeine Zeitung“ erfährt, hat der König von England an den Deutſchen Kaiſer vor mehreren Wochen ein in den herzlichſten Formen verfaßtes Schrei⸗ ben gerichtet, daß die Sympathien, welche der König für ſeinen kaiſerlichen Neffen hegt, zum Ausdruck brachte. Der Kaiſer antwortete in gleichem Sinne und dieſer Brief⸗ echſel hatte zur Folge, daß Mißverſtändniſſe, welche wiſchen dem deutſchen und dem engliſchen Hofe herrſchten, itigt wurden Aller Wahrſcheinlichkeit nach wird in dieſem Sommer eine Zuſammenkunft des Königs und des Kaiſers in Cronberg ſtattfinden. Den bisherigen Dis⸗ poſitionen zufolge ſoll der Beſuch des Königs nicht den arakter einer förmlichen Staatsviſite tragen, ſondern ihr familiärer Natur ſein. i i Abermals eine Niederlage der Frankfurter Polizei. Ein Frankfurter Taglöhner, der ein Straf⸗ mandat über 30 Mk. erhalten hatte, weil er bei den üngſten Wahlrechtsdemonſtrationen auf der Straße ein Hoch auf das Wahlrecht ausgebracht hatte und dagegen Antrag auf gerichtliche Entſcheidung geſtellt hatte, wurde am Donnerstag vom Schöffengericht freige⸗ prochen, weil grober knfug nicht vorliege und nach den bisherigen Erfahrungen in dem Ausbringen eines Hochs auf das Wahlrecht eine Beläſtigung des Fu kums nicht zu erblicken ſei. 5„ bſperrung des Treptower Parks. Die Sozial⸗ mokratiſche Fraktion der Berliner Stadtverordneten⸗ erſammlung hat mit Unterſtützung der Freifinnigen fol⸗ enden Antrag eingebracht: Die! Berliner Stadtver⸗ rdnetenverſammlung proteſtiert gegen die vom Polizei⸗ präſidenten veranlaßte Abſperrung des Treptower Parks am 6. März dieſes Jahres und gegen die Verhinderung der Bürgerſchaft an der Benutzung von Straßen b das Vereins⸗ und Verſammlungsrecht, ebenſo * Die Berliner Stadtverordneten gegen die nis beteiligen. „Die Fortſchrittliche Volkspartei. Die Reichs⸗ tagsfraktion der Fortſchrittlichen Volkspartei hat am Dienstag abend ihre erſte Sitzung abgehalten. Einmütig wurde der Zuſammenſchluß der bisherigen drei Fraktionen au einer einheitlichen Fraktion beſchloſſen. Die bisherigen Hoſpitanten treten der neuen Fraktion als Mitglieder bei. Zum Vorſitzenden wurde Abg. Dr. Wiemer, zum Stellvertreter Abg. Dr. Müller⸗ Meiningen, vorbehaltlich der endgültigen Konſtituierung, berufen. Ferner wurde ein Ausſchuß eingeſetzt, um den Entwurf eines Fraktionsſtatuts zu vereinbaren. England. e In der Mittwochſitzung des Unterhauſes fragte der Abg. Byles den Erſten Lord der Admiralität, Me. Kenna, ob die Erklärung des deutſchen Reichskanz⸗ lers in der Reichstagsſitzung vom 5. März bezüglich der engliſch⸗deutſchen Beziehungen das demnächſt dem Parla⸗ ment vorzulegende Flottenbudget in einſchränkender Weiſe beeinfluſſen werde. Me. Kenna antwortete:„Der freundliche Ton der Rede des deutſchen Reichskanzlers wird herzlich erwidert, aber ich muß darauf hinweiſen, daß unſere Flottenbudgets nicht auf der Annahme baſiert werden, daß andere Nationen beabſichtigen, uns gegen⸗ über unfreundlich zu ſein, oder daß wir beabſichtigen, gegen ſie unfreundlich zu ſein.(Beifall.) Sie werden aufgeſtellt, um den Stand unſerer Seemacht zu erhalten, und hängen von den tatſächlichen Flotten⸗Ausgaben an⸗ derr Mächte ab. Ich weiß nichts davon, daß irgendwelche öffentliche Erklärungen deutſcher Miniſter irgendeine Ab⸗ ſicht angedeutet haben, die geſetzlich feſtgelegten Ausgaben des deutſchen Flottenprogramms zu ändern.“ Aus Nah und Fern. Mannheim, 10. März. Der 15 Jahre alte Schiffsjunge Joſef Marokko von Ludwigshafen, zuletzt auf Schiff Fendel 20 bedienſtet, iſt ſeit 2. März abgängig. Am genannten Tage wurde derſelbe noch abends 10 Uhr auf dem Schiffe geſehen und es wird vermutet, daß er vom Schiffe ins Waſſer geſtürzt iſt.— Seit 6. März fehlt die 25 Jahre alte Ehefrau des Schiffers Emil Klein, wohnhaft in Ludwigshafen. Sie entfernte ſich an dieſem Tage aus ihrer Wohnung unter Zurücklaſſung ihrer drei Kinder und ihres Mannes. Es wird angenommen, daß ihr ein Unglück zugeſtoßen iſt, da ſonſt keinerlei Gründe für eine Entfernung vorliegen. Mannheim, 11. März. Im Fabrikhofe der Firma Heinrich Lanz wurde geſtern vormittag das Stand⸗ bild des Gründers der Fabrik enthüllt. Die Weihrede hielt Dr. Karl Lanz. Es ſprachen ſodann u. a. Miniſter v. Bodman namens der Regierung, Geh. Rat Profeſſor Dr. Königsberger im Namen der Univerſität Heidelberg und Bürgermeiſter Ritter als Vertreter der Stadt Mann⸗ heim.— In der Küche eines Hauſes in der Kleinen Wallſtedtſtraße entſtrömte aus einer ſchadhaften Gas⸗ leitung am 9. d. M. früh Gas und explodierte beim Betreten der Küche mit einer brennenden Lampe. Es wurde hierbei die Wohnungsinhaberin, die Ehefrau eines Bäcker⸗ meiſters, am Kopfe, beiden Händen und am Rücken ſchwer verletzt. Das Feuer wurde von Hausbewohnern wieder gelöſcht. () Eppingen, 11. März. Durch die Hilsbacher und Odenheimer Gendarmerie wurden 9 Burſchen aus Tiefenbach bzw. Odenheim ins hieſige Amtsgerichtsgefäng⸗ nis eingeliefert, welche im Verdacht ſtehen, auf Tiefen⸗ bacher Gemarkung über 20 armdicke Obſtbäume abge⸗ ſchnitten zu haben. 1 0 ( Bühlertal, 11. März. In den letzten Monaten N es her öfters. Unter dem Verdachte der Brand⸗ ſtiftung wurde vor etwa 4 Wochen ein Mann verhaftet. Aber trotzdem hat es am 1. März wieder gebrannt. Nun ſind in den letzten Tagen ſogar an mehrere Häuſer Zettel angeklebt worden mit der Ankündigung, daß das Haus abbrennen muß. Ein junger Burſche iſt nun in Haft genommen worden, da ſich in ſeinem Beſitz ver⸗ dächtige Briefe fanden. () Triberg, 11. März. Geſtern mittag wurde im ſogenannten„Fuldobel“ bei der Bauhütte des Akkor⸗ danten Coſta eine Kindsleiche gefunden, die in einem Säckchen eingenäht war. Die Leiche muß ſchon einige eit dort gelegen haben und ſcheint überſchneit worden 1 ſein. Die ee i ſtnifrig beſchäftigt, Licht in die dunkle Angelegenheit zu bringen.— Von Rohr⸗ hardsberg wird hierher gemeldet, daß dortſelbſt ein ſchweres Sittlichkeitsverbrechen verübt worden ſei. Anzeige iſt be⸗ reits erfolgt. (Vom Schwarzwald, 11. März. Einen größeren Gegenſatz in der Natur kann man nicht wahrnehmen, als wenn man jetzt aus dem Tal auf die Schwarzwald⸗ höhen kommt. Hier hat's Märzenſtaub auf den Straßen ſchon tagelang, auf den Wäſſerwieſen beginnt es zu grünen und oben auf den Höhen, z. B. bei Schönwald und Furt⸗ wangen, kann man noch Schneewände ſehen von 1½—2 Meter Höhe. Die Schneeflächen ſind morgens ſo feſt ge⸗ froren, daß ſelbſt erwachſene Leute darauf laufen können. * Wien, 10. März. Kaiſer Franz Joſeph richtete an die Schweſter des heute früh 7.55 Uhr verſtorbenen Bürgermeiſters Dr. Lueger eine Depeſche, in der er von lebhafter Trauer über die Todesnachricht erfüllt, den Hinterbliebenen aufrichtiges Beileid und beſondere Anteil⸗ nahme ausſpricht. Auch an das Präſidium des Gemeinde⸗ rats richtete der Kaiſer eine Kondolenzdepeſche. Im Ab⸗ geordnetenhaus widmete Präſident Dr. Pattai dem Ver⸗ ſtorbenen einen Nachruf, in dem er hervorhob, Dr. Lueger ſei im Parlament aus einſamer Stellung zu einem auch von den Gegnern geachteten Parteiführer und Volks⸗ mann von beiſpielloſer Popularität und zu Wiens erſtem Bürger emporgeſtiegen. Der Nachruf wurde ſtehend an⸗ gehört und die Sitzung zum Zeichen der Trauer alsdann geſchloſſen.— Das Leichenbegängnis wird am Montag um ½12 Uhr auf Koſten der Stadtgemeinde ſtattfinden. Wie es heißt, wird ſich auch der Kaiſer am Leichenbegäng⸗ 5 Neues aus aller Welt. Der Zar beinahe verunglückt. Der Zar iſt am Mittwoch mit knapper Not einem Unfall entgangen. Als ſein Wagen in ſcharfem Trabe in die Karawanskaja einbog, fuhr gerade ein Straßenbahnwagen vorbei. Der Führer des Wagens verhinderte einen Zuſammenſtoß nur durch ſcharfes Bremſen, wobei die Inſaſſen durcheinander⸗ geworfen wurden. Die kaiſerliche Equipage ſtreifte noch den Straßenbahnwagen, kam aber noch unbeſchädigt vorbei. Vom Philadelphiaer Streik. In dem Vorort Francfort kam es Mittwoch wieder zu Ruheſtörungen. Ein Straßenbahnwagen fuhr in ſchärfſtem Tempo durch die Franefort⸗Avenue und aus dem Wagen wurden meh⸗ rere Schüſſe auf die Menge abgegeben, wodurch mehrere Perſonen verletzt wurden. Darauf raſte der Wagen ins Depot zurück. Es folgte ein Straßenkampf, bei dem 100 Perſonen verwundet worden ſind. Die Strumpffabriken haben bis Montag ihre Fabriken geſchloſſen und drohen, wenn die Arbeiter die Arbeit dann nicht wieder auf⸗ nehmen, mit Ausſperrung.. * Der Sterbetag Kaiſer Wilhelms I. Das Mauſoleum im Charlottenburger Schloßpark war am Mittwoch aus Anlaß der Wiederkehr des Jahrestages, an dem Kaiſer Wilhelm geſtorben, das Ziel zahlreicher Verehrer des dahingegangenen Monarchen. Das Innere des Mauſoleums trug herrlichen Blumen⸗ und Pflanzen⸗ ſchmuck. Als einer der erſten Blumengrüße traf ein Kranz der Großherzogin Luiſe von Baden ein. Zahlreiche Re⸗ gimenter, deren Chef Kaiſer Wilhelm geweſen, hatten Blumenarrangements überſandt, ebenſo die noch lebenden früheren Flügeladzutanten des alten Kaiſers. Nach 11 Uhr erſchien die Kaiſerin und legte einen Lorbeerkranz mit weißer Atlasſchleife an der Gruft nieder. In der Mit⸗ tagsſtunde traf Prinz Oskar ein, er überbrachte einen mit Veilchen geſchmückten Lorbeerkranz. * Beſtialiſcher Mord. Wie aus Beuthen(Ober⸗ Schleſien) gemeldet wird, wurde in dem benachbarten Orte Biſia ein 50jähriger Waldarbeiter namens Steinert von Arbeitskollegen auf furchtbare Weiſe ermordet. Man trieb dem Unglücklichen ein Stemmeiſen in die Bruſt und durchſägte den Unterleib teilweiſe. Die Täter wurden verhaftet. * Die Affäre Graf Pfeil. In dem Verfahren gegen den Hauptmann Grafen Pfeil, das ſchon lange ſchwebte und nunmehr durch eine mehrtägige Verhandlung ſeinen Abſchluß fand, wurde am Mittwoch abend das Urteil vom Kriegsgericht der 35. Diviſion in Thorn gefällt. Der Graf wurde von der Anklage der Verleitung zum Meineid in 8 Fällen und von der Anklage der ver⸗ leumderiſchen Beleidigung freigeſprochen. Das Ver⸗ fahren wurde eingeſtellt. In den 8 Fällen der Verleitung zum Meineid hatte der Vertreter der Anklage ſelbſt die Anklage fallen laſſen. Im übrigen hatte er 3 Monate Gefängnis und Dienſtentlaſſung beantragt. Das Gericht hat ſich, wie man ſieht, dieſem Antrag nicht angeſchloſſen. Die ausländiſchen Studenten in Grenoble. Man berichtet aus Frankreich: An der Univerſität Grenoble hat die Zahl der Ausländer, die an den regel⸗ mäßigen Vorleſungen und den Ferienkurſen teilnehmen, im Jahre 1909 nach dem ſoeben erſchienenen Jahres⸗ bericht des„Comite de Patronage des Etudiants Etran⸗ gers“ wieder ſtark zugenommen und die Ziffer 1104 er⸗ reicht, 134 mehr als im Jahre 1908. Die deutſchen Studenten behaupten mit der Ziffer 448 wieder die erſte Stelle; bei der juriſtiſchen Fakultät waren 101 Deutſche eingeſchrieben. Welche Bedeutung der Zuzug der Aus⸗ länder für Grenoble und ſeine Univerſität erlangt hat, ergibt ſich aus der vom Vorſitzenden des Patronats⸗ Komitees Herrn Marcel Reymond im vorliegenden Jah⸗ resbericht aufgeſtellten Berechnung, daß die Univerſitt an Vorleſungs⸗, Prüfungs⸗ und Diplomgebühren 100 000 Frank einnimmt und daß die Geſamtzahl der ausländiſchen Studenten nahezu eine Million Frank während des Jahres ausgegeben hat. Trotz aller früheren Warnungen haben auch im letzten Jahre wieder mehrere deutſche Studenten ohne genügende Vorbereitung und ohne Führer Ausflüge in die Alpen unternommen, wobei der Student Metter aus ö acer fund fertig 3 Teller 10 Pfg. ARnorr-Bos 8 würzt famos uppen, Saucen, Gemüse, * leischspeisen 185 fee „ 1 Sukscheia. m allen Arten empfiehlt g. Zimmermann