9 1 Fold. 25. Jr 1018 Erſcheint täglich, aut Ausnahme der Sonn- an! Fetertage. Der Abonnementspreis detcägt monatlich Mk. 1.—. bei freier Zuſtellung. Durch die Poſt bezogen pro Quartal Mk. 2.25. Das erſte Jahr des uneinge⸗ ſchränkten Tauchbootkrieges. „Die Zahlen ſind das Weſen aller Dinge.“ Dieſe Worte des alten griechiſchen Weltweiſen Pythagoras ſaſſen ſich vortrefflich auf den Tauchboot⸗Krieg und auf ie Ergebniſſe anwenden, die er in dem nun abgelaufenen Jahr erzielt hat. Mit dem Dezemberergebnis von 702 000 Bruttoregiſtertonnen iſt der in den erſten 11 Monaten des uneingeſchränkten Tauchboot⸗Krieges vernich⸗ dete Schiffsraum auf rund 9 Millionen BRT. und der zeſamte Handelsſchiffsraumnerluſt ſeit Kriegsbeginn auf über 13,9 Millionen BRT. angewachten. Fügt man für den Monat Januar das Mittel der drei letzten Monate des Jahres 1917 hinzu, ſo kommt man zu einem unge⸗ ähren Jahresergebnis von 9,6 Millionen BRT., die der Tätigkeit unſerer Tauchboote zum Opfer gefallen ſind. N Schwer nur kann ſich der Laie einen Begriff davon machen, was 9,6 Millionen BRT. bedeuten. Etwas ver⸗ ſtändlicher wird dieſe Zahl vielleicht, wenn man ſie in Raummeter umrechnet. Man erhält dann, da 2,833 Raum⸗ meter einer Bruttoregiſtertonne entſprechen, einen Schiffs⸗ zaum von 27,2 Millionen Raummeter Inhalt. Die Lade⸗ fähigkeit eines Dampfers iſt durchſchnittlich anderthalbmal o groß, wie ſein Rauminhalt. Bei Segelſchiffen ſtellt lich das Verhältnis noch günſtiger. Mithin ind die im erſten Jahre des ungehemmten Tauchboot⸗Kriegs verſenkten 9,6 Millionen BRT. imſtande geweſen, 14,4 Millionen Gewichts- 3 Ladung(1 Tonne= 1000 Kilogramm) zu be⸗ er. Wollte man dieſe Gütermenge über Land fort⸗ ſchaffen, ſo müßte man 960 000 Güterwagen zu je 15 onnen Tragfähigkeit haben. Ende 1914 hatten wir auf den vollſpurigen Bahnen in Deutſchland 696 488 ühene und gedeckte Güterwagen, die zuſammen 10,3 Mil⸗ onen Gewichtstonnen Fracht(zu 20 Zentner) aufnehmen 33 Sie hätten bei weitem nicht hingereicht, um die adung zu transportieren, die unſere Tauchboote in dem erſten Jahr ihres uneingeſchränkten Krieges verſenkt haben. 100 Güterwagen bedecken einen Schienenſtrang von 800 Meter Länge. Mithin könnte man ſich die in einem Jahr von unſeren Tauchbooten vernichtete See⸗ kransportmöglichkeit auch als Güterwagen vorſtellen, die ein Eiſenbahnnetz von 7680 Kilometer Länge einnehmen. Man würde ungefähr die ſämtlichen Schienenſtränge des Königreiches Bayern brauchen, um ſie aufzuſtellen. 1 Wüßten wir von jedem einzelnen verſenkten Schiff 1 Größe und Art der Ladung, ſo würde uns der unge⸗ heure Schaden, den unſere Tauchboote in den letzten Monaten den Gegnern zugefügt haben, noch bedeu⸗ tend klarer werden. Es wird aber die überwiegende Mehr⸗ heit aller Handelsſchiffe in Nachtangriffen vernichtet oder aus ſtark gesicherten Geleitzügen herausgeſchoſſen. Häufig a berſinkt ein Dampfer ſchon wenige Minuten nach dem Torvedotreffer. Wertvolle, mit Kriegsmaterial beladene 0 fliegen gewöhnlich ſofort in die Luft, wenn der laſtun o ſein Ziel erreicht hat, ſo daß man die Ent⸗ erschafft e der Tauchboot⸗Krieg unſeren Landfronten Fällen FZahlenmäßig gar nicht erfaſſen kann. In vielen boot nötigt die ſtarke Bewachung der Schiffe das Tauch⸗ boot ofort nach dem Angriff auf Tiefe, oder das Tauch⸗ hängt ſich an den Geleitzug an, um weitere Opfer Au erledigen, ſo daß für Feſtſtellungen keine Zeit bleibt. Dadurch wird in winzi i f nur ein winziger Bruchteil der verſenkten Ladungen bekannt. 1 155 c e letzten 12 Monaten durchleſen, ſo be⸗ . e einen kleinen Begriff davon, welche ter, und Werte en Ladungen den Tauch⸗ Ander(rer gefallen ſind. Konnten doch allein ver 55 500 000 T. Kohlen(10 Millionen Zentner) ein 8 gemeldet werden. Die wirkliche Zahl dürfte unter een betragen. Neben den Koh en ſpielen Stahl ei verſenkten Ladungen Eiſenerz, Roheiſen und 5 Eisenbahn große Rolle, ferner Stacheldraht, Eiſenbarren, ebähnſchienen uſw. Daneben erſcheinen in den Ver⸗ engt n bangen Kupfererz, Nickelerz, Zinn und Kri gs⸗ peſenheil 3. B. Munition und Sprengſtoffe(deren An⸗ un 160 ſich gewöhnlich durch eine gewaltige Detonation autom 65 Kraftwagen, Lokomotiven, Fugzeuge, Panzer⸗ auch, ile, Granaten, Maſchinengewehre, Geſchütze, 2 vot⸗Teile uw. Am 16. Juli wurde bekannt, daß Erſolgachträglich feſtgeſtellt, ein unter den Tauchboot⸗ liſte 8 am 8. Juni aufgeführter Dampfer laut Lade⸗ Bord a. 67 verpackte Flugzeuge und Flugzeugmotore an deut 9 In der zweiten Oktoberwoche Lerſenkte ein mender Tauchboot im Kanal einen aus Amerika kom⸗ ſchütze,. mit folgender Ladung: 135 Feldge⸗ wehre, 60, Haubiten, 48 000 Granaten, 20000 Ge. Laſtkraf Panzerautomobile, 140 Maſchinengewehre, 11 Weitagen, 1500 000 Patronen. d meldete Sch ſteßt man u. a. auf folgende als verſenkt ge⸗ etreid 9 7 5 Oele aller Art, Benzin, Gaſolin, 5 5 ais, Reis, Leinſamen, Mehl, Erdnüſſe, Palm⸗ Salz 0 Butter, Wein, Zucker, Fiſche, Fleiſch, Brot, la. Käse, Zwiebeln, Apfelfinnen, Kakao, lebendes Vieh, Wenn wir jedoch die amtlichen Berichte des Admiral⸗ 18. Jabroang. Amtsblatt der Bürgermeister amter Seckenheim, Aesheim, Nearhansen und Edingen. Druck und Verlag on Ga. inmer mann. Seckenbeim. Viehfutter, Flachs, Hanf, Baumwolle, Stoffe, Wachs, Kopra, Phosphate, Salpeter, Schwefel(84000 T. be⸗ kannt), Häute, Holz, Pech, Kalk, Tonerde, Chemikalien, Maſchinenteile, Eismaſchinen, Küh anlagen uſw. Selbſt die kühnſte Phantasie dürfte ſich nur ſchwer eine zu⸗ ſammenfaſſende Vorſtellung von all den verſenkten Schifſs⸗ zütern und werten machen können. Wieviel gemünztes Hold, wieviele Gold⸗ und Silberbarren mögen auf den Grund des Meeres geſunken ſein, wieviele Schecks, Woch⸗ ſel, Zahlungsanweiſungen, unerſetzliche Geſchäftspapiere und andere wichtige Schriftſtücke. 2 Das Meer gibt ſeine Opfer nicht mehr heraus. Jetzt ſt es unſer Bundesgenoſſe geworden. Mit unbedingter Sicherheit muß der Zeitpunkt kommen, wo der feindliche Widerſtand zuſammenbrechen wird. Wir wiſſen, daß der ſchnelle Zuſammenbruch Rumäniens mit auf Konto der Tauchboote zu ſetzen iſt, die im Nördlichen Eismeer viele für Rumänien beſtimmte amerikaniſche und engliſche Munition, Geſchütze und anderes Kriegsmaterial entweder verſenkten oder ſogar nach Deutſchland überführten. Wir dürfen auch neben den großen Heldentaten unſerer Ar⸗ meen, dem Tauchboot⸗Krieg einen Teil Verdienſt zumeſſen, daß er durch ſeine Tätigkeit zu dem ruſſiſchen Zuſam⸗ menbruch beigetragen hat, und wir wiſſen aus der„New York Times“, daß es in erſter Linie der Mangel an Kohlen und Munition geweſen iſt, der die Kataſtrophe in der italieniſchen Tiefebene verſchuldete. Das iſt ſicher, daß im letzten Jahre die Entente die allergrößten Anſtrengungen gemacht hat, um den ent⸗ ſcheidenden Schlag gegen die Mittelmächte zu führen und das Wort Kitcheners einzulöſen, daß der Sieg der Entente im Jahre 1917 kommen werde. Aber die Tauchboote haben dafür geſorgt, daß der materiellen Uebermacht unſerer Feinde eine Grenze gezogen wurde; ohne den Tauchboot⸗Krieg hätten die Feinde über eine Ueberlegen⸗ heit an Material verfügt, für die wir kaum eine Vor⸗ ſtellung haben. Daneben ſtiegen die Ernährungsſchwierigkeiten in allen Vielverbandsländern, die wirtſchaftlichen Nöte nahmen zu, Ein⸗ und Ausfuhr ſtockten oder wurden ſtarl vermindert, die Valuta verſchlechterte ſich. Kurz, wir können, wenn wir das Ergebnis zuſammenfaſſen, mit den Erfolgen im erſten Jahre des ungehemmten Tauchboot⸗ Kriegs vollauf zufrieden ſein. Wer wagt zu ſagen, wie ohne ihn unſere Lage heute wäre? Große Erfolge hat das erſte Jahr gebracht, einen größeren wird, ſo Gott will, das zweite bringen: „Den endgültigen Sieg!“ Der Welt krieg. Der deutsche Tagesberſcht. Großes Hauptquartier, 24. Jan.(WTB. Amtl.) Weſtlicher Kriegsſchauplatz. Keine beſondere Exeigniſſe. Rege E kundungstätigkeit unſerer Infanterie brachte an vielen Stellen der Front Gefangene ein. An der Bahn Boeſinghe— Staden wurden ſechs Maſchinen⸗ gewehre erbeutet. Oeſtlicher Kriegsſchauplatz. Nichts Neues. Mazedoniſche Front In einzelnen Abſchaitten A tillerietänigkeit. Weſtlich vom Doiranſee ſcheiterte ein engliſcher Vor ſt o ß. Italieniſcher Kriegsſchauplatz. Die Lage iſt unverändert. Der erſte Generalquartiermeiſter: Ludendorff. * Der 22. Januar war, ohne daß größere Zuſammen ſtöße erfolgten, front ein Tag lebhafter Unruhe. Die Aufklärungsgefecht waren außerordentlich zahlreich. In Flandern und in Artois, auch in der Pikardie bei St. Quentin wurd gekämpft; die Franzoſen machten Vorſtöße in der Cham pagne bei Souain und zu beiden Seiten der Maas Befonders ſtark war wieder die Artillerie in Kämpfe ver wickelt. Bis weit ins württembergiſche Gebiet herein war in den letzten Tagen der Kanonendonner aus der Vogeſen deutlich vernehmhar. Die Schläge und Ein ſchläge folgten einander mit ſolcher Schnelligkeit, daf man die einzelnen Schüſſe nicht mehr zählen konnte Auf den Höhen und an günſtig gelegenen Punkten konnti man das Trommelfeuer deutlich wahrnehmen. Auch dax zeitweilige blitzartige Aufleuchten der Atmosphäre wan in verſtärktem Maße bemerkbar. General Haig ſoll den Munitionsgeneral Lawrence zum Generalſtabschef ernannt haben. Weitere Verände⸗ rungen in den oberen Befehlsſtellen ſollen bevorſtehen. an einem beträchtlichen Teil der Weſt Inſerttons preis: Die etuſpallige Petitzetle 20 Pfg., Reklamen 60 Pfe. die Zelle. Bei öfterer Aufnahme Rabat. Weraſprechanſchluß Mr. 16. PPP ·A· o · Verſchiedene Schweizer Blätter weiſen darauf hin, daß fortwährend amerikaniſche Truppen in kleineren Ab⸗ teilungen in Frankreich landen, die in einem großen Uebungslager hart an der Schweizer Grenze am Neuen⸗ burger Jura untergebracht werden. Das„Berner Tage⸗ blatt“ fragt, ob die Bundesregierung dagegen nichts unternehmen werde, da doch die Tatſache eine nicht miß⸗ zuverſtehende Bedrohung der Schweiz ſei. Es ſei un⸗ zuläſſig, daß weiter Holzbaracken aus der Schweiz für das amerikaniſche Heer in Frankreich geliefert werden. Der Krieg zur See. Berlin, 23. Jan. Im Mittelmeer wurden 7 Dampfer und 2 Segler mit rund 27000 BRT. verſenkt. Den Hauptanteil an dieſen Erfolgen hat Kapitän⸗ eutnant Becker(Franz). Vier engliſche Dampfer führ⸗ en 24000 Tonnen Kohlen an Bord. Von den übrigen jatte einer Munition geladen. Ein anderer anſcheinend nit Reis tieſbeladener Dampfer wurde im Artillerie jefecht zäh verfolgt, auf die Klippen vor der Küſte zer Cyrenaika gejagt und dort trotz Eingreifens einer zandbatterie vernichtet. London, 22. Jan. Die Admiralität teilt folgend Einzelheiten über das Gefecht vor den Dardanellen mit „Göben“ und„Breslau“ kamen am frühen Morgen des 20. Januar aus den Dardanellen heraus und griffen unſere Seeſtreitkräfte nördlich von Imbros an mit den Ergebnis, daß„Raglan“ und„M. 28“ ſchwere Treffer erhielten und durch Geſchützfeuer zum Sinken gebrach wurden. Die feindlichen Schiffe fuhren dann zur Buch von Imbros weiter, wo die„Breslau“ in eines un⸗ ſerer Minenfelder getrieben wurde und auf eine Min ſtieß und ſank. Die„Göben“ verließ ſie unter Voll⸗ dampf und wandte ſich nach den Dardanellen. Türkiſch Zerſtörer, die der„Breslau“ zu Hilfe kamen, wurden von unſeren Zerſtörern in einen Kampf verwickelt und ver⸗ trieben. Als ſich die„Göben“ dem Eingang zu den Dardanellen näherte, ſtieß ſie ebenfalls auf eine Mine, welche ihre Geſchwindigkeit verminderte und verurſachte, daß ſie ſich hinten ſenkte mit einer Schlagſeite von 16 Grad. Schließlich ſetzte ſie ſich ſelbſt auf Strand auf der Weſtſeite von Kap Nagara, wo ſie jetzt be⸗ ſtändig von unſeren Flugzeugen mit Bomben beworfen wird. Wir haben 12 Ueberlebende der„Breslau“ ge⸗ rettet, die jetzt als Kriegsgefangene in unſerer Hand ſind. Die Namen der Ueberlebenden von„Raglan“ und von„M. 28“ ſind bisher noch nicht bekannt. Gegen⸗ wärtig ſind 132 Ueberlebende aus einer Geſamtzahl von 8 etwa 310 gemeldet. Haag, 23. Jan. Reuter meldet aus Waſhing⸗ ton: Im Rexräſentantenhauſe wird mitgeteilt, daß be⸗ züglich der 80 niederländiſchen Schiffe, die in amerika⸗ niſchen Häfen liegen, eine Regelung mit der niederländi⸗ ſchen Regierung getroffen wurde. Es wurde zunächſt ein vorläufiger Abkommen mit London geſchloſſen, daß die Schiffe nicht gezwungen werden, in der Kriegszone zu fahren.(Der niederländiſche Schiffsraum, der ſich in den Händen der Amerikaner befindet, beträgt etwa 3-400 000 Tonnen.) Neues vom Tage. Hindenburg und Ludendorff in Berlin. Berlin, 23. Jan.(Amtlich.) Zum militäriſchen Vortrag beim Kaiſer ſind Hindenburg und Ludendorff heute früh in Berlin eingetroffen. 129 Hindenburg an die deutſche Jugend. 5 Paſſau, 23. Jan. Im Anſchluß an einige in Paſſau gehaltene vaterländiſche Jugendvorträge über„Deutſchen Geiſt und deutſche Diſziplin iſt der„Tägl. Rundſchau“ zufolge an Hindenburg eine Kundgebung gerichtet worden, auf die folgende Antwort eingetroffen iſt: Deutſche Disziplin und deutſcher Geiſt haben uns die Rieſenkräfte berliehen zum Widerſtand gegen den übermächtigen Feind. Deutſche Jugend, laß dir dieſes deutſche Kleinod nicht tauben, werde, nicht international, bleibe allezeit kern⸗ deutſch! Hindenburg. f Geſprengte Verſammlung. 1 München, 23. Jan. Eine Verſammlung der Va⸗ erlandspartei wurbe am Montag abend während der Rede des Geheimrats Prof. Dr. von Gruber durch Sozialiſten, unter denen ſich Kriegsbeſchädigte befanden, urch Lärmen und Abſingen der„Marſellaiſe“ geſtört. Ddie Verſammlung mußte aufgelöſt werden. ö Zeitungsverbot. ö Berlin, 23. Jan. Wie der„Berliner Lokalanz.“ neldet, iſt das Erſcheinen des„Berliner Tageblatts“ zom Oberkommando in den Marken auf drei Tage ver⸗ ſoten worden. ö f 2 2 2 7 4 Geetreides gemiſcht 1 5 Vom Hauptausſtchuß. Berkin, 23. Jan. In der geſtrigen Sitzung de Hauptausſchuſſes des Reichstags wurde mitgeteilt, daf der Reichskanzler in der Sitzung am Donnerstag nachmittag erſcheinen werde. Gleichzeitig wird Gra Czernin im Ausſchuß der öſterreichiſchen Delegation eine Erklärung abgeben. Heute nachmittag wird Staats ſekretär v. Kühlmann mit den Führern der Reichs tagsfraktionen eine Beſprechung haben. Zu dem Verbo⸗ des„Vorwärts“(der heute morgen wieder erſchienen iſt) wegen Veröffentlichung der Vorgänge in Oeſterreich⸗ Ungarn, wo es wegen Herabſetzung der Mehl⸗ und Brot⸗ ration zum Ausſtand kam, bemerkte Major Grau, das Verbot der Veröffentlichung über die Vorgänge, die ſo⸗ gleich politiſchen Charakter annahmen, ſei nicht vom Kriegsminiſterium ausgegangen. Trotz entsprechender Zu⸗ ſagen habe der„Vorwärts“ die Zenſurbeſtimmungen durch⸗ brochen. Erzberger verlangte die Ausſetzung der Be⸗ ratung, bis der Kriegsminiſter und ein Vertreter des Auswärtigen Amts erſchienen ſeien. Abg. Scheide⸗ mann beſtritt, daß der„Vorwärts“ die Zenſurbeſtim⸗ nungen übertreten habe. In Deutſchland ſtehe man vor Ereigniſſen nach Wiener und Budapeſter Muſter. Er zitte, dieſe Warnung zu beherzigen. Es wurde beſchloſſen, as Geſetz über den Belagerungszuſtand vom 4. Dez. 1916 dahin abzuändern, daß gegenüber den Anordnungen jer Militärbefehlshaber eine militäriſche Hauptſtelle als Auffichtsſtelle und ferner ein Senat des Reichsmilitär⸗ erichts aus vier richterlichen und drei militäriſchen Mit⸗ fliedern als beſondere Beſchwerdeſtelle errichtet werden oll. Der Reichskanzler ſolle ferner erſucht werden, für ne Entſcheidungen der Militärbefehls haber Richtlinien rufzuſtellen. Die Beſprechung der öſterreichiſch⸗ungari⸗ 1 wurde bis nach der Kanzlerrede zurück⸗ jeſtellt. 1 Der württembergiſche Militärbevollmächtigte eilte mit, daß die von Erzberger beanſtandete Schrift Papſtfriede“ vom ſtellv. Generalkommando des 13. Ar⸗ neekorps verboten worden ſei. Berlin, 23. Jan.(Amtlich.) Der Kaiſer empfing ern den Reichskanzler zum Vortrag und den Pro⸗ ſeſſor Sauerbruch in Audienz. N Vom Reichskartoſſelamt. Serlin, 23. Jan. Der bisherige Leiter der Reichs karkoffelſtelle Regierungsrat Dr. Arnoldi iſt als vor kragender Rat in das Reichsſchatzamt eingetreten. Ar seiner Stelle iſt Landrat Junghan mit der Leitunz der Reichskartoffelſtelle beauftragt worden. 88 Die deutſchen Parteien in Oeſterreich. Wien, 23. Jan. Die deutſch⸗nationalen Parteien des Abgeordnetenhauſes haben beſchloſſen, ſich zu einen Verband zuſammenzuſchließen, der den Namen führt! Verband der deutſch⸗nationalen Parteien im öſterreichi⸗ ſchen Abgeordnetenhaus. Der neue Verband zählt 94 Mitglieder. Die Leitung liegt einem 25gliedrigen Aus⸗ ſchuß ob. Zum Obmann wurde Abgeordneter Waldner, zu Obmannſtellvertretern die Abgeordneten Wolf und Sylveſter gewählt. Mit Ausnahme der Abgeordneter Hailinger und Redlich gehören alle Abgeordneten des früheren Nationalverbandes dem neuen Verband an. Budapeſt, 23. Jan. Der Volksernährungsminiſten Graf Johann Hadiek iſt zurückgetreten. Berlin, 23. Jan. Die„Morgenpoſt“ meldet, die Aufforderung der ſoz'aldemokratiſchen Parteileitung in Wien, die Arbeit wieder aufzunehmen, ſei nur von 60 Pro⸗ zent der Arbeiter befolgt worden. Die Radikalen beranſtalteten Verſammlungen, in denen heftige Reden gegen die Parteileitung gehalten wurden. 5 Die italieniſchen Kriegskoſten. Baſel, 23. Jan. Italieniſchen Bl:ttern zufolge bekragen die Kriegsausgaben Italiens bis Ende November 1017 30 Milliarden Franken. 22 a Mehlmangel in Italien. Bern, 23. Jan. Der italieniſche Lebensmittelkom⸗ miſſar Creſpi hat engeordnet, daß vom 1. Februar ab das Brotgetreide mit 20 bis 30 Prozent anderen werden muß. 5 Valutazuſchlag. Lugano, 23. Jan. Die italieniſche Telegraphen⸗ verwaltung hat laut„Frankf. Ztg.“ für alle Auslands⸗ 8 kelegramme einen Valutazuſchlag von 40 Prozent einge⸗ führt Lugano, 22. Jan. Das Mailänder Gericht hat, wie die„Frankf. Ztg.“ meldet, auf Antrag mehrerer Mailänder Banken die Beſchlagnahme von Gütern und Eigentum der ruſſiſchen revolutionären Regierung, darunter Vorräte und Maſchinen im Werte von 70 Millionen Lire, dazu 2 Millionen Lire für Schaden⸗ erſatz und Zinsverluſt verfügt. 3 Orlando in Paris. 8 Lugano, 23. Jan. Der italieniſche Miniſterßräſi⸗ dent Orlando iſt mit dem Lebensmittelkommiſſar Creſpi nach Paris gereiſt. Es ſoll ſich um die Beſchaffung von Kohlen, Getreide und Rohſtoffen für Italien handeln. Zu⸗ 5 Non werde aber auch Orlando wegen der Tatſache, daß Lloyd George und Wilſon in ihren letzten Kundgebungen den italieniſchen Anſprüchen in Oſten kaum eine Be⸗ achtung geſchenkt hätten, mit Clemenceau Rückſprache nehmen. g Paris, 23. Jan.(Havas.) Der„Temps“ meldet, Orlando werde nach kurzem Aufenthalt in Paris mit Thaon de Revel und General Alfieri nach London wei⸗ terreiſen, um an der nächſten Beratung des Marineamts der Alliierten über den Schiffsverkehr teilzunehmen. Haag, 23. Jan. Aus Batavia wird gemel⸗ dek: Die Niederländiſche Schiffsgeſellſchaft hat 7 Segel⸗ schiffe nach Carachi in Vorderindien geſchickt, um dem Mangel an Schiffsraum zum Transport von Java⸗ zucker nach Britiſch⸗Indien abzuhelfen. 8 Unſtimmigkeiten in England. 0 London, 23. Jan. Im Unterhaus erklärte Abg. Hogge zur Heeresvermehrung, die vom Lord der Ad⸗ miralität Geddes geforderten 450 000 Mann ſeien ein Flohbiß und werden England um keinen Schritt weiter bringen. Er beſitze Nachrichten, die er dem Hauſe nicht öffentli 1 mitte et kön 8 on. eorge N könne dem Hiutſe wichtige Mitteilen ntachen. Wa er ſie verheimliche, ſei eine Geringſchätzung des Hauſe⸗ Hund des Landes. Abg. Smallwood beklagte ſich über die Günſtlingswirtſchaft im Heere. Miniſter Carſon, der Führer der Ulſterleute, iß aus dem Kriegsrat ausgetreten. 15 London, 23. Jan. Nach dem„Mancheſter Guar⸗ dian“ iſt die engliſche Einfuhr, abgeſehen von der Kriegs⸗ zufuhr in 1917, um 45 Prozent zurückgegangen.— In London ſollen wichtige Beſprechungen wegen des Tauch⸗ bootkriegs ſtattfinden. Vom amerikaniſchen Heeresweſen. Waſhington, 23. Jan. Reuter zufolge wurde dem Kongreß ein Geſetz zur Errichtung eines beſonderen Kriegskabinetts vorgelegt, das aus drei hervorragenden Bürgern beſtehen ſoll. Kriegsſekretär Baker ſagte, da⸗ durch würde Wilſon die perſönliche Leitung der Krieg⸗ führung aus der Hand genommen, der Präſident müßte deshalb gegen das Geſetz ſein. Wilſon hat eine ſcharfe Erklärung dagegen erlaſſen. Die Unterſuchung über die Verzögerung der Aus⸗ cüſtung des amerikaniſchen Heeres hat nach der„Chicagoer Tribüne“ eigentümliche Verhältniſſe zutage gefördert. Bei der Kriegserklärung beſaß das Heer keine Maſchinen⸗ gewehre, obwohl Mitte des Jahres 1916 ſchon 12 Mil⸗ lionen Dollars dafür bewilligt worden waren. Die nach Frankreich gebrachten amerikaniſchen Truppen mußten mit franzöſiſchen Maſchinengewehren ausgerüſtet werden. Die amerikaniſchen Truppen müſſen mit Holzgewehren bon alten Modellen üben. Das übernommene engliſche Enſieldgewehrſyſtem machte zeitraubende Umänderunge der amerikaniſchen Gewehre nötig, ſodaß dieſe nicht zeiti fertiggeſtellt werden konnten. i Die Ereigniſſe im Weſten. Der franzöſiſche Tagesbericht. WB. Paris, 23. Jan. Amtlicher Bericht vom 21. Jan abends: In den Argonnen geſtattete ein 1 auf di feindlichen Linien am Four de Parts etwa 15 Gefangene un 2 Maſchinengewehre einzubringen. Tätigkeit der beiden Ar tillerien auf dem rechten Maasufer und im Elſaß in de Gegend von Sudel(2) und am Hartmannsweilerkopf. An 20. Januar wurden am Tage drei deutſche Flugzeuge abge ſchoſſen. Ein deutſches Kampfflugzeug. das von Dünkirche zurückkehrte mußte am 19. Januar bei Bulscamp niedergehen Vier Inſaſſen. darunter ein Offizier, wurden gefangen ge nommen. WTB. London. 23. Jan. Amtlicher Bericht vom 21. Jan abends: Die feindliche Artillerie war während des Tage. weſtlich Lens tätig. Flugweſen: Am 20. Januar Bomben den Tag über auf verſchiedene Ziele abgeworſen, während der Feind in ſeinen Gräben und im offenen Gelände mit Maſchinengewehrfeuer aus der Luft angegriffen wurde. Ein feindliches Flugzeug 8 abgeſchoſſen. Von unſeren Flugzeugen wird keine: vermißt. Die Wirren in Rußland. Eine zweite ukrainiſche Abordnung. a Berlin, 22. Jan. In Breſt⸗Litowsk iſt in dieſer Tagen eine zweite ukrainiſche Abordnung einge⸗ troffen, die aus Medwedjew, Schachwaß und Sadonsk be⸗ ſteht und das Recht der Radavertreter beſtreitet, im Na⸗ men der ganzen Ukriane zu verhandeln, da ſie nur die Bourgeoiſie der Ukraine vertrete, ſie ſelbſt aber die Ver⸗ treter der Arbeiter⸗ und Bauernregierungen der ukraini⸗ ſchen Republik wären, die ihren Sitz in Charkow hat. Da die Charkower Regierung bolſchewiſtiſch geſinnt iſt, ſchloſſen ſich die genannten Vertreter der Petersburger Abordnung an. Petersburg, 23. Jan.(Pet. Tel.⸗Ag.) Die von Charkow nach Poltawa abgeſandten Abteilungen der Sopjets lieferten eine Schlacht gegen die Truppen der ukrainiſchen Rada von Kiew. Die Truppen der Rada wurden vollkommen geſchlagen. Die Stadt iſt in den Händen der Abteilungen der Sopjets. In der bereinigten Sitzung der Soldaten⸗, Arbeiter- und Bauern⸗ cäte wurden die Vertreter des ausführenden Zentral⸗ ausſchuſſes von Charkow mit Begeiſterung begrüßt. In Poltawa herrſcht allgemeine Freude. 5 Petersburg, 23. Jan. Der Volkskommiſſar für Strafrechtspflege erläßt nach der Pet. Tel.⸗Ag. einen Befehl, nach den Mördern der gew ſenen Miniſter Schin⸗ garew und Kakoſchkin zu fahnden. Das Aktenſtück iſt von Lenin und Juſtizminiſter Steinberg unterzeichnet.— Nach ſpäterer Meldung ſind die Mörder gefunden worden. Petersburg, 22. Jan.(Reuter.) Die Arbeiter⸗ und Soldatenräte, ſowie die bolſchewiſtiſchen Mitglieder der aufgelöſten Nationalverſammlung(Sobranje) wer⸗ 2 den eine neue verfaſſunggebende Verſammlung ohne Wah⸗ len bilden. 8 Die Londoner„Morningpoſt“ meldet, die Peters⸗ burger Regierung habe auf den 27. Januar neue Wahlen ausgeſchrieben. Die neue Verſammlung werde aber erſt nach Abſchluß des Friedens zuſammentreten. In Peters⸗ burg iſt eine Schreckensherrſchaft aufgerichtet. 5 Berlin, 23. Jan. Nach dem„Lokalanzeiger“ wird die Lage in Rußland als kritiſch angeſehen. Die bolſche⸗ wiſtiſche Regierung iſt der ruſſiſchen Regimenter nicht mehr ſicher. 5 8 Ein Muhammedaner, Ingenieur Tiniſchbajew, wurde Miniſterpräſident von Turkeſtan. Zentralaſien wird einen Teil der ruſiſchen Bundesrepublik bilden. Die ſchwediſche Regierung hat nach der„Baſler Na⸗ tionalztg.“ gegen die Anſammlung ruſſiſcher Artillerie an der ſchwediſchen Grenze Einſpruch erhoben.. Der Kommandant der Schwarze Meerflotte, Admiral Nemetz, ſoll die ukrain ſche Regierung anerkannt haben. Ein Wort vom Schleichhandel. Der Schleichhandel iſt das Gegenſtuck zur öffentlichen Bewirtſchaftunga der Waren. Die öffentliche He möchte die lebensnotwendigen Waren, beſonders die wichtigſten Lebensmittel beim Erzeuger reſtlos erfaſſen und zu angemeſſenen reiſen ſleichmisig unter die geſamte Bevölkerung verteilen. em ſtellt ſich der Schleichhande! entgegen, der einzelnen Perſonen oder Perſonengruppen unter Hintergehung der Be⸗ hörden und meiſt unter Ueberſchreitung feſtgeſetzter Höchſt⸗ preiſe mehr Waren beſchaffen will. a ihnen bei gleich⸗ mäßiger Verteilung zukommt. 5 Die Wurzeln des Schleichhandels ſind, einer⸗ Zahlungsfähigkeit weiter Bev ewinn und Kriegs ̃ iolge im fer in der Warenknappheit infolge des Kriegs, andererſeits in der 3 ötkerungskreiſe 5 folge von Krie nen. ferner im Sinken ven Setböwerrs mfoige vermehrten Seldumlaufs und enone allgemeinen Widerſtreben gegen die öffentliche Bewirt ſchaftung infolge mangelnder Einſicht und mangelnden Pflicht gefühls de ſuchen. In den Städten neigte man anfangs zur Nachſicht gege den Schleichhandel. weil man in ihm eine verzeihliche Selbſt ilfe der Bevölterung gegen die Beſſerſtellung des platten andes ſah. Allein der Schleichhandel hat nachgerade 1 u genommen, daß er nicht nur die Preiſe ſtändig ie Höh, getrieben hat, ſondern auch droht, die öffent liche Bewirtſchaftung völlig i überwuchern und au den Angeln 2. Wer eine gleichmäßige Erfaſſun und Verteilung der ebensnotwendigen Waren zu angemeſſene Preiſen ernſthaft anſtrebt, muß den Schleichhandel, wo e ſich zeigt. aufs ſchärfſte bekämpfen. Nur im Falle wirkſamen Bekämpfung wird es gelingen, die ſonſt unaus bleibliche. weitere Verſchlechterung der öffentlichen Verſorgun aufzuha“ und vielleicht ſogar nach und nach eine Beſſerun zu erreichen. Am meiſten zu verurteilen iſt der Schlecchhandel er in irgend einer Form Erwerbszwecken dient. Abe die Bekämpfung darf 115 auf dieſe Form nicht beſchränken Auch andere Formen ſind im Ergebnis ebenſo gefährlich, f. der Schleichhandel der. und ihrer Ar beiterkantinen im Intereſſe der beſſeren Verſoraung ihrer Ar beiter der in letzter Zeit einen großen Umfang angenommen 115 375 995 5 der a Mie Hate „Fremdenpenſionen zur Verſorgung ihrer Gäſte, de Schleichhandel der 8 5 di eine Die Bekämpfung des Schleichhandels iſt ft erſte. Einie Sache der Behörden, aber ſie iſt„ wenn ſte nich! gekragen wird von der Einſicht und den VBerſtändnis der geſamten Bevölkerung und ihren 0 1 daß 9 5 ente iſt es ſo, daß der Kampf gegen die fentliche Wirtſchaft vieſen nicht nur wegen der Vorteile, die er ihner ewährt, verlockend erſcheint ſondern geradezu als eine Ta eſondere. Fimoheit. 1770 Unterlaſſuna als Zimpferli keik und Dummheit gilt. Man teilt die Bevölkerung eit in Hamſter und Dumme. Wo die Behörden einſchreiter wollen. ſtoßen ſie nicht ſelten, beſonders auf Bahnhöfen unk in der Eiſenbahn auf den geſchloſſenen, offenen oder ver⸗ ſteckten Widerſtand des Publikums. Das muß anders werden Es iſt ſchon darauf hingewieſen worden, wie ſehr durch den Schleich“ andel die Preiſe in die Höhe getrieben werden. Am ſchlimmſten ſcheinen es in dieſer Beziehung manche Agenten 9 0 wohl vorwiegend fremder Rüſtungsbetriebe zu treiben ie den Landwirten auf Schleichwegen ihre Erzeugniſſe mit dem Hinweis abzuſchwätzen ſuchten, ſie ehr ihnen gern mehr. ſie ſeien dumm, wenn ſie nicht mehr nehmen. Die Rüſtundsinduſtrie bezahle ihren Arbeitern ja auch hohe Löhne und mache ihrerſeits wieder entſprechende Gewinne. Aehnlich ſind aber im Grund die Arbeitsmethoden aller, die überhaupt auf den Wegen des Schleichhandels. des gewerbsmäßigen ſo gut wie desſenigen der einzelnen Privathamſter gehen. Denn nur dadurch, daß man ihn in die Verſuchung höherer Preiſe führt, hofft man. den Landwirt dazu zu bringen, daß er ſeine Erzeugniſſe der öffentlichen Bewirtſchaftung entzie und dem Schleichhandel übergibt. Dabei iſt unſer Land zurze infolge verhältnism ßia ainlieer Produtztionsverhältniſſe(gute Futtermittelernte. gute Obſternte), die es im letzten Jahr hatte, mehr als je das Ziel des Schleichhandels von nah und fern, umſemehr als Bayern mit großer Energie daran gegangen iſt. den Schleichhandel von ſeinen Grenzen fernzuhalten. Maſſen⸗ haft wandern die Waren auf dem Weg des Schleichhandels um Land hinaus. Nicht bloß in Stückgut⸗ und Poſtſendungen. ondern neuerdings in beträchtlichem Umfang auch durch zahl⸗ reiche. ſcheinbar harmloſe Einbeſverſonen, Frauen, Soldaten, Minderjährige, deren ſich die Agenten des Schleichhandels be⸗ dienen. um die Waren aus dem Land hinaus an beſtimmte Sammelſtellen zu bringen. Wenn es auch zunächſt ſchwer fällt: der 11555 Kampf des weiterblichenden Gemeingefühls mit dem inſtinktmäßigen Eigennutz des Einzelnen muß aufgenommen werden. Geſchieht es nicht bald. ſo iſt ein böſes Ende unausbleiblich. Wehe uns, wenn einſt das Urteil über unſere Zeit lauten müßte: Es wäre anders gekommen, wenn nicht das N Volk in der Heimat der Eigenſucht erlegen wäre und der Einzelne dein Enelintereſſe über das Geſamtwohl geſtellt hätte. Heimkehr. 1. Aus marſch der 45er. Unter den Klängen des eigens hierzu komponierten Marſche⸗ ſchloß ſich hinter uns, Ende Januar vorigen Jahres, das Tor des Alexandra⸗Palaſtes, jenes Ausſtellungsgebäudes, das, zu Anfang des Krieges den belgiſchen Flüchtlingen ebenfalls als Aufenthall gedient hatte. Knockaloe nach London geſchafft worden. Von 4200 Austauſch⸗ berechtigten haben ſich nur 1800 gemeldet gehabt. Das führten die engliſchen Blätter als Beweis für die gute Behandlung ihrer Zi⸗ vilgefangenen an; tatſächlich opferten dieſe ihre Freiheit, um nichl die Trümmer ihres Beſitzes, oder gar die in England wohnende Familie im Stich zu laſſen. Im Ganzen ließen ſie aber nur 300 Mann weg. Die Bedauernswerten, die ſich ſchon auf die Reiſe vorbereitet hatten, mußten denn auf jener Schreckensinſel ver⸗ bleiben. g 2. Der erſie Schritt in die Freiheit; das Gefängniskor erſt halb offen. In Anbetracht der frühen Morgenſtunde war der Weg nach dem Bahnhofe ziemlich menſchenleer; aber auch, als wir bei An⸗ kunft durch die belebten Straßen eines niederen Straßenviertels, wo die Menge Spalier gebildet hatte, marſchierten, wurden wir in keiner Weiſe beläſtigt. Wie anders, als wir vorm Jahre ins Gefängnis überführt wurden. So leicht, wie ſie ſich's dachten, war's eben nicht gegangen, und die ruſſiſche Dampfwalze hatte nie, gehalten, was man ſich von ihr verſprach.— Wir wurden nun in ein düſteres Gebäude eingeliefert. Früher eine Jutefabrik, die jahrelang leer ſtand, diente ſie jetzt, gleichſam als Quarantäne⸗ ſtation für die zur Auslieferung Beſtimmten. Oben an der Decke waren noch die Uebertragungsräder angebracht; auf den Stein⸗ fließen ſtanden die niedrigen Holzpritſchen mit den langgewohnten Strohſäcken und Schlafdecken. Fabrikgebäuden flankiert, und ſo machte das Ganze einen ſehr un⸗ wohnlichen Eindruck— ein Zwing⸗Uri für die zeitweiligen Be⸗ wohner. Wehe, wer ſich da das geringſte Vergehen gegen die ſtrenge Disziplin zu Schulden kommen ließe— er wurde ſofort 1 zurückgeſchleudert in das Elend, das er glücklich hinter ſich dünkte und das Bild der Freiheit, der er ſehnſüchtig die Hände entgegen⸗ 4 streckte, verblaßte für immer vor ſeinen Blicken.— Nach einer Woche hieß es endlich, das Gepäck zur Reviſion parat halten. Jedes Stückchen Papier, leer, beſchrieben oder bedruckt, wurde dabehalten, nur Militärpapiere erhielt man zurück. Wer nun glaubte, ſolchs auf ſeinem Körper verbergen zu können, fand ſich ebenfalls ge⸗ täuſcht; denn eine Stunde vor Abfahrt fand noch eine Leibesviſi⸗ tation ſtatt. Wehe dem Unglücklichen, bei dem noch etwas gefunden wurde— er wäre unfehlbar von der Reiſe ausgeſchloſſen worden; ebenſo wurde alles Geld über 200,— Mark gegen Quittung zurück behalten und engliſches durch deutſches zum niedrigſten Kurſe erſetzt. Endlich durften wir die draußen wartenden Omnibuſſe, Eskorte, beſteigen und dann ging die Reiſe quer durch n. kelheit gehüllte London nach der Abfahrtsſtation. Der bereit ſtehende Zug führte uns an den Hafen. Dort wurden nochmals alle Perſonalien feſtgeſtellt und die Unbemittelten, ſeitens des eng! liſchen Roten Kreuzes, mit Geld und Nahrung verſehen. Dann i auf den neutralen Dampfer, der uns nach Bliſſingen ö 1 7 * 9 40 3 4 Der viereckige Hof war von andern 3 * unter ſtarken das in Dun“ 4 3 8 ö 3 2 ö 0 2 7—— öffentlichen Bewirtſchaftung unk 1* ngeheure Menger Kurz vorher waren wir, zwecks Austauſches, vonn; — nn Ms — FP D 2 2 7 . 91 de 00 * 2 * 9 * R . ſoute. Vewer mußten die erſten zwanzig die Enttauſchung erleben wegen Platzmangels von der Reiſe ausgeſchloſſen und im letzten Augenblick ins Lager zurückgeführt zu werden. Während wir noch im Lager waren, vernahmen wir eines abends eine furcht⸗ bare Detonation, das Gebäude wackelte förmlich in ſeinen Feſten und wir glaubten, infolge des Blitzſtrahles, den wir durch das Glasdach ſahen, das Angriffsobjekt eines Zeppelins zu ſein, ähnlich, Die Abtswahl in Beuron. Am nüchſten Freitag wird für den zurückgetretenen Erzabl Ildefons Schober die Wahl eines neuen Vater;(Abt) fü zie Erzabtei Beuron vorgenommen. Wer mn mit der Cappa magna, dem großen Mantel mit Kapuze und Schleppe des Erzabtes der weitverzweigten Kongregation 0 wer⸗ zen? Die Wahl wird nach dem Hochamt im Kapitelſaal des Floſters unter Leitung des Abtes Raphael Molitor aus der Abtei St. Joſeph ſtattfinden. Die Beendigung der Wahl wird durch Glockengeläute kundgegeben. worauf die Kommunität(die ibrigen Ordensangehörigen und Gäſte) zur 8 zieht. Von zer Kanzel aus wird dann das Ergebnis der Wahl behannt⸗ jegeben. und der neu erwählte Erzabt erteilt zum erſten Ral den Segen. Zur Gültigkeit der Wahl iſt abſolute Stimmenmehrheit erforderlich. Nach maßgebenden Beſprechungen ürfte die Zahl der Stimmberechtigten in der Abtei Beuron 0 bis 90 betragen. Die Wahl iſt geheim, ſie erfolgt durch ztimmzettel. Stimmberechtigt ſind ſäm liche Patres und Con⸗ ratres die die Proſeß für die Abtei abgelegt haben. Nicht mweſende Patres können ſich durch Vollmacht vertreten laſſen. im Tage vor der Wahl finden Vorbeſprechungen ſtatt und derden Probeabtimmun en vorgenommen. Kurze Zeit nach er Wahl findet die Emkleidung bzw. Weihe des neuen Erz⸗ bbtes ſtatt die durch den Erzbiſchof von Freiburg oder em Biſchof von on burg vorgenommen wird und die einen roßen Feſttag für die Abteikirche, die klöſterliche Nieder⸗ aſſung und die ganze Gemeinde Beuron bedeutet. Dem Kaiſer em Papſt, ſowie dem Fürſten von Hohenzollern wird von er ahl telegraphiſch Kunde gegeben. Vermiſchtes. * Eine guke Gelegenheit. Im Weſtausgange des eng iſchen Kanals kreuzte vor einigen Wochen eines unſeren U⸗Boote auf der Jagd nach feindlichem Handelsſchiffsraum Trotz mehrtägiger Anweſenheit in dieſem ſonſt ſo verkehrs⸗ veichem Gebiete waren die bisherigen Erfolge des ſonſt ſeh. erfolgreichen Kommandanten auf dieſer Reiſe noch nicht ſi bedeutend, wie man es ſonſt auf„U...“ gewohnt war. Da⸗ Nachlaſſen des Handelsſchiffsverkehrs machte ſich eben vor Reiſe zu Reiſe immer empfindlicher bemerkbar, und dami wurden auch die Angriffsgelegenheiten auf feindliche Handels dampfer ſeltener. Doch da winkte wieder Arbeit. Von Atlantiſchen Ozean her nahte in ſpäten Nachmittagsſtunder ein beladener Dampfer von etwa 3500 Tonnen, auf der „u... ſogleich zum Angriff fuhr. Ob nun die Leute au dem Dampfer das U⸗Boot bemerkt hatten oder ob ſie weger der Nähe des Landes zu größter Vorſicht ermahnt wurden kurz, das Schiff begann plötzlich ganz unregelmäßige wild. Zickzack⸗Kurſe zu fahren, die einen ſofortigen Angriff äußer ſchwierig erſcheinen ließen. Kurz darauf nahten einige Be wacher, die den Dampfer in ihre Obhut nahmen. Trotzden gab das U-Boot das Spiel noch nicht verloren. Unbemerk don den Gegnern kolgte es eine geraume Zeit bis unter die Füſte, wo der Dampfer vorübergehend ſtoppte, um einer Lotſen an Bord zu nehmen. Obwohl ſich dieſes Manöver in wenigen Minuten abſpielte, genügte der Aufenthalt doch um den aufgeſchobenen Angriff durchzuführen. Sicher eilte der Torpedo ſeinem Ziele zu und riß ein großes Loch in den Maſchinenraum des Schiffes. Wenige Minuten ſpäter war der Dampfer inmitten der Bewacher geſunken. Woh oder übel hatte der Lotſe ebenſo ſchnell wieder ausſteiger müſſen, wie er auf dem Engländer an Bord gekommen war Immerhin konnte man ihm aber gewiſſermaßen dafür zr Dank verpflichtet ſein, daß durch ſein Erſcheinen ſich für u... eine gute Gelegenheit zur Vernichtung des verfolgten Dampfers ergeben hat. Der Droſſelgeſang und die Kaffeemühle. Da ſich bei den Singdroſſeln die Geſchlechter nicht an der Färbung erkennen laſſen, anderſeits aber die Käufer bei den Vogelhändlern ſtets nur Männchen haben wollen, die ſingen können, haber die Singvogelhändler oft ihre liebe Not, um nicht ſelbſt her⸗ einzufallen und auch nicht den Käufer unbewußt zu betrügen Ein merkwürdiges Mittel, ſich in ſolchen Fällen Klarheit zr verſchaffen, wird nun im„St. Hubertus“ mitgeteilt.„Im Forſthauſe,“ ſo heißt es in der betreffenden Zeitſchrift,„hiel ich ſtets zahlreiche Waldvogelarten im Käfig, denn die tüch⸗ ligen Sänger ſind immer geſucht und werden gut bezahlt. ei meinen Beobachtungen in der Vogelſchule, wo die Sing⸗ droſſeln und Schwarzamſeln untergebracht waren, bemerkte 5 nun, daß die Männchen anfingen zu ſingen, wenn die Blaczemügle gedreht wurde. Aehnlich wie die Hunde durch lechmuſik zur Hundearie veranlaßt werden, ſo reizte das eräuſch der Kaffeemühle die Droſſeln. Je länger man drehte, umſo mehr entwickelte ſich die Stimmäußerung. Es iſt dies alſo das beſte Mittel, um die Männchen der„Nachtigall de Nordens“ zu erkennen. ein ſächf welch führende Unteroffizier:„He, Kamerad, du mußt dich laſſ en vertreter ſeiner Le Bonden ihre Pflicht erfüllt hatten, machte man ſie nach dem e zu Sttatspenſionären, die in beſchaulicher Ruhe zur Erri ater! 4 ö Beſchäftsſtelle befindet ſich in Mannheim, Friedrichs⸗ teteranen“, ferner 5000 Mk. für ein„Guſtav und Emilie Hoff. mannſches Hochzeitsmahl“. Von den Zinſen ſollen jährlich am 4. November— dem Hochzeitstage der Eheleute— 30 Arme der Gethſemane⸗Parochie ein Feſteſſen erhalten, be⸗ ſdtehend aus Erbſen, Pökelfleiſch und Sauerkohl, drei Glas Bier oder Limonade oder eine halbe Flaſche leichten Moſel⸗ weines. * Kriegshumor. Sommerfriſche 1917. Feiſchloſer Tag. Frau L. aus Frankfurt a. M. iſt auf ihrem täglichen Ham⸗ ſterſpaztlergang in einem dörflichen Wirtshaus eingekehrt. Behaglich verzehrt ſie eine fette Portion Pluptwurſt und nochmal eine reichlich bemeſſene Portion Leberwurſt. Als es ans Bezahlen geht, verlangt die biedere Schwabenmaid auch die Fleiſchmarken. Frau L. wird blaß und rot vor gerechter Empörung.„Was fällt Ihne ei'?“ ſchreit ſie im heimiſchen Idiom,„ich bin doch net meſchugge! Fleiſchmarken herzugewwe am fleiſchloſen Tag!?!“ * Beim Heimweg vom Kaffeekränzchen machen zwei Damen die üblichen Gloſſen über Wirtin, Bewirtung ꝛc.—„Und don der neuen Speiſezimmergarnitur, die ſie ſich ſchon im Frühjahr anſchaffen wollte, iſt noch immer nichts zu ſehen,“ neinte die eine im Laufe der Unterhaltung.—„Aber haben 5 55 nicht bemerkt, meine Liebe? Sie hat ja ein neues Bebi 34000 Mark verdient. Die 9 1 1 für wertvolles Pferde⸗ zuchtmaterial und Gebrauchspferde ſind im ganzen Reiche be⸗ deutend geſtiegen. Es handelt ſich dabei nicht nur um Vollblüter. ſondern auch um Halbblüter, die in den Provinzen zur Zucht gebraucht werden. So kaufte der ſchleswig⸗holſtei⸗ niſche Züchter Arfſten in Midlum auf Jöhr vor zwei Jahren einen Hengſt für 6000 Mk. den er nunmehr an eine Pferdezuͤchtgenoſſenſchaft ſeiner Provinz für 40 000 Mk. abgab. Baden. Zur Neugeſtaltung der Volks⸗ und Fortbildung ſchule in Baden. f ö J Karlsruhe, 23. Jan. Die vom Bad. Lehrer verein ausgearbeitete, dem bad. Unterrichtsminiſterium ſowie der Erſten und Zweiten Kammer unterbreitet. Denkſchrift über die Geſtaltung der Volks⸗ und Fortbil⸗ dungsſchule, die den Landſtänden und der Regierung be Beratung des Geſetzes über die Aenderung des Fortbil⸗ dungsſchulweſens der Berückſichtigung empfohlen wird enthält eine Reihe Leitſätze, denen wir die folgender wichtigſten Punkte entnehmen: 5 Die Volks⸗ und Fortbildungsſchule bilden ein einheit liches Ganze. Die Schulpflicht dauert vom 6. bis zun vollendeten 17. Lebensjahr; die Schuljahre beginnen un! ſchließen an allen badiſchen Schulen zu gleicher Zeit. Dit Volksſchule gliedert ſich in eine Unterſtufe(1. bis 4 Schuljahr), Mittelſtufe(5. bis 8. Schuljahr) und in eine Oberſtufe(9. bis 11. Schuljahr); in der letzterer ſind Knaben und Mädchen durchweg getrennt zu unter richten und es umfaßt die Oberſtufe der Volksſchule fün Knaben landwirtſchaftliche Klaſſen und gewerbliche Klaſ⸗ ſen und für Mädchen Klaſſen mit Haushaltungsunter richt. Es iſt außerdem— entſprechend den nach den allgemein bildenden Seite umzugeſtaltenden„landw. Win terſchulen“ für die männliche Jugend— die Errichtung von„hauswirtſchaftlichen Winterſchulen“ für die weiblich Jugend ins Auge zu faſſen. Der Unterricht auf der Ober ſtuſe der Volksſchule hat die religiös⸗ſittliche, die geiſtigg und künſtleriſche Bildung zu pflegen, das völkiſche Be wußtſein zu wecken, ſowie die Grundlagen zur ſtaats bürgerlichen Erziehung zu legen. Zur Erlangung der not wendigen fachlichen Ausbildung ſind zunächſt für die Volksſchullehrer beſondere Lehrgänge einzurichten. Ir den Klaſſen mit Haushaltungsunterricht ſind neben Leh rern beſonders ausgebildete Volksſchullehrerinnen zu ver wenden. In den Betrieb der Oberſtufe der Volksſchule iſt die Jugendpflege einzugliedern. Zur Einführung in dieſe Jugendpflegearbeit ſind ebenfalls für Volksſchul lehrer und Lehrerinnen beſondere Lehrgänge einzurichten Mannheim, 23. Jan. Der Bürgerausſchuß ge nehmigte mit 57 gegen 43 Stimmen die Einführung einen Luſtbarkeitsſteuer. Dagegen ſtimmten die Sozialdemo⸗ kraten und ein Teil der Fortſchrittlichen Volkspartei. — Der Voranſchlag des Hof- und Nationaltheaters fand obwohl der Zuſchuß um 225 000 auf 914 000 Mk. ge ſtiegen war, einſtimmig Annahme. In der Ausſpracht wurde die Erhöhung der Eintrittsgelder empfohlen. Ober⸗ bürgermeiſter Dr. Kutzer regte an, ein zweites Theater zu bauen und durch beſſere Ausnutzung des Perſonals erhöhte Einnahmen zu ſchaffen. 15 (Mannheim, 23. Jan. Der Aufſichtsrat der Bad. Bank beſchloß, der am 18. Februar ſtattfindenden Generalverſammlung die Vertei fung einer Dividende von 7 ½ Prozent(im Vorjahr 8 Prozent) in Vorſchlag zu dringen. () Kehl, 23. Jan. Einem hieſigen Händler wurde lt.„Kehler Zeitung“ der geſamte Vorrat an Schuhwaren im Auftrag der Staatsanwaltſchaft beſchlagnahmt, weil Verdacht beſtand, er habe beim Verkauf von Schuhwarer den Höchſtpreis weit überſchritten. (Nordrach, 23. Jan. Der 55j;ährige Wald⸗ irbeiter Valentin Müller wurde beim Holzfällen von unem ſtürzenden Baume erſchlagen. (Stuttgart, 23. Jan.(Verſammlungs⸗ derbot.) Die anläßlich zweier Verſammlungen der deut⸗ ſchen Vaterlandspartei am 20. Januar ds. Is. in Stutt⸗ zart und Cannſtatt vorgekommenen Ausſchreitungen haben den ſtellv. kommandierenden General veranlaßt, im Inter⸗ eſſe der öffentlichen Ruhe und Ordnung alle öffentlichen Verſammlungen zur Erörterung politiſcher oder militä⸗ eiſcher Angelegenheiten ohne Unterſchied der Parteirich⸗ tung im Stadtdirektionsbezirk Stuttgart, ſowie in den Oberamtsbezirken Stuttgart⸗Amt, Cannſtatt, Ludwigsburg und Eßlingen bis auf weiteres zu unterſagen. („) Mannheim, 22. Jan. Zu der Gründung eines evang. Kriegswaiſenheims in Mannheim wird ins mitgeteilt, daß dieſer von Frau Studienrat D. Thomo m Karlsruhe angeregte Gedanke, in weiten Kreiſen hier zünſtige Aufnahme gefunden hat. In einer hier am Sonntag abgehaltenen Verſammlung ſchloßen ſich Herren ind Damen zu einem Verein„Evangeliſches Kriegs⸗ vaiſenheim Mannheim“ zuſammen, um für den Gedanken u ſammeln und tatkräftig zu werben. Die vorläufige ing 36(Fernſprecher 2713). e) Müllheim, 22 Jan. Am hieſigen Bahnhof vdurde ein als Militärgepäck aufgegebener Koffer, der 55 22* g, amt icherſeits geöffnet, um den Ab⸗ mpfänger feſtzuſtellen„ der oder& mit Garten u. Stallung Köster, O 8, 18. Wekanntmachung. Die Warenumſatzſteuer betr. Bis heute ſind im Verhältnis zur Zahl der Pflicht⸗ igen ſehr wenige Anmeldungen zur Warenumſatzſteuer dei uns eingekommen. Nach dem Warenumſatzſteuergeſetz läuft die Frift zur Anmeldung am 30. Janna ab. Wer die Frist versäumt, macht sich strafbar. Es wäre auch ſehr erwünſcht, wenn die Pflichtigen die Anmeldungen alsbald bei dem Hauptſteueramt einrichten und die Abgabe bezahlten und nicht bis Ende des Monats zu wa ten, da ſonſt bei uns ein großer Andrang entſteht. Die Steuereinnehmeret wird den Pflichtigen dei Auf⸗ ſtellung der Anmeldungen gerne an die Hand gehen. Wir verweiſen weiter auf unſer Rundſchreiben vom 15. 1. 17 in der Sache und erſuchen, wo es angeht, die Pflichtigen auf die Erfüllung ihrer Steuerpflicht auf⸗ merkſam zu machen. Mannheim, den 19. Januar 1918. Großh. Hauptſteue ramt. gez. Kölle. Vorſtehendes bringen wir hiermit zur allgemeinen Kenntnis. Seckenheim, den 25. Januar 1918. Hürgermeiſteramt i Volz. Koch. 5. Welianntmachung. Saatkarten betr. Nach einer neuerlichen Verfugung des Kriegs⸗ ernährungsamts dürfen in Hinkunft Saatkarten zum Be⸗ zug von Saatgetreide und Hülſenfrüchten nur noch von dem zuſtehenden Kommunalverband ausgeſtellt werden. Anträge für dieſelben müſſen schriftlich unter Au. gabe der zu beziehenden Menge und der Größe der An⸗ baufläche beim Lebensmittelamt geſtellt werden. Seckenheim, 25. Januar 1918. Lebens mittelamt. Jleischausgabe. Morgen Samstag, den 26. Jaunar erhalten Nr. 1 bis 838 und Nr. 2074 bis 2264 bei Metzgermeiſter Hartmann. ü Nr. 839 bis 1496 und Nr. 2265 bis 2736 bei Metzger Neudeck. Nr. 1497 bis 2073 und 2737 dis 8000 bei Metzger Gropp. Die Bewohner der Hochſtädt erhalten ihre Mengen bei Metzgermeiſter Schertel. Der Preis pro Pfund beträgt 1.80 Mk. Es entföllt auf den gültigen Wochenanteil für die ganze Karte 250 gr, für die halbe Karte 125 gr. Die Verkaufszeit bei den Metzgereien iſt feſtgeſetzt Samstag nachmittag von 3 bis 8 Uhr, Sonntag früh von 7 bis 8 Uhr. Seckenheim, den 25. Januar 1918. Lebensmittelamt. Butterausgabe. m 8 Samstag, den 26. ds. Mts. erhalten in der Friedrichſchule Saal 8 gegen Vor- lage des braunen Fleiſchkartenumſchlags Butter und Margarine pro Kopf der Haushaltung ½ Pfund und zwar: alle Fettbezugs berechtigten gegen Vorzeigung des braunen Fleiſchkartenumſchlags zum Preiſe von 280 Mk. pro Pfund Butter und Margarine 2.— Mk. pro Pfund in folgender Einteilung: Nr. 1 bis 800 Vorm. von 10 bis 11 Uhr Nr. 801 bis 1600 Vorm. von 11 bis 12 Uhr Nr. 1601 bis 2000 Nachm, von 1 bis 2 Uhr Nr. 2001 bis 2400 Nachm. von 2 bis 3 Uhr Nr. 2401 bis 3000 Nachm. von 3 bis 5 Uhr Die Bewohner der Hochſtädt erhalten ihre Mengen im Laufe des ganzen genannten Tages dei der Handlung Fenske daſelbſt. 5 Die Bewohner der Steinzeug und des Eichwald del der Handlung Vaſek in Friedrichsfeld. N Beſitzer von Großvieh und wer geſchlachtet hat, ud 5 vom Bezug ausgeſchloſſen. a Seckenheim, den 25. Januar 1918. ö Lebens mittelamt. Sammel⸗Anzeiger nur für Mitglieder der Landw. Ein- u. Perkanfsgenoſſenſcheft. Landwirte, welche Raps angepflanzt haben, de⸗ kommen auf 1 Ar 1 Kilo ſchwefelſaures Amoniak und können ſich beim Lagerhalter melden. Runkelrübenſam en: 1 Eckendorfer und Oberndorfer ſind im Lager vorrͤtig. Peitſchen mit Riemen und Nähriemen, Wagen fett, Ichweinemalfutter können im Lager ah geholt werden. 2 f 2 nes Dülachen: 3 Janmer und fle 5 Iimmor-Wobnung die 1 Pen ede Apen en zu mieten gesucht. in der Exp. d. Blattes. mieten geſucht. Am liebſten mit etwas Stallung. Näh. 2 Das Recht des U- Bootkrleges. Wir Deutſche müſſen es deshalb ſchon als einen großen Fortſchritt begrüßen, wenn Neutrale ſich ſo weit don den geiſtigen Scheuklappen befreien, die das Wut⸗ geheul der engliſchen Preſſe über dieſe„barbariſche Kriegs⸗ weiſe“ ihnen gelegt hat, überhaupt in eine Diskuſſton der Berechtigung des U. Bootkrieges einzutreten. Wir können mit Befriedigung feſtſtellen, daß neuerdings Derwegens erste Nutormat auf dem Gebiet des Olkerrechts, Prof. Cielswin in einem Vortrag ausgeführt hat, daß der Deutſche U-Bootkrieg lediglich als Repreſſalie anzuſehen iſt und deshalb nur im Zuſammenhang richtig beurteilt wer⸗ den könne. Mit der Verletzung des Völkerrechts habe England begonnen durch die Bekanntgabe der Nordſeeſperre vom 2. November 1914. Zum erſten mal in der Ge⸗ ſchichte ſei hier das freie Meer, zum Kriegsgebiet erklärt worden. Die Antwort auf dieſes völkerrechtswidrige Ge⸗ baren ſel dann die Erklärung der deutſchen Admiralität vom 4. Februar 1915 geweſen, die die Bewäſſer um Groß⸗ britannien und Irland als Gefahrzone bezeichnet habe. Hierauf erfolgte das Verbot des Verkehrs von und nach Deutſchland von ſeiten der engliſchen und franzöſiſchen Re⸗ gierung. Die entſprechende Gegenmaßregel war dann wieder die Erklärung des unbeſchränkten U⸗Bootkrieges vom 31. 1. 17. a So ſei Schlag auf Schlag erfolgt. Den Anſtoß aber habe England gegeben und man könne nicht darüber zinwegkommen, daß Deutſchland berechtigt war, Re⸗ preſſallen zu treffen. Es ſei die Pflicht des Völkerrechts⸗ lehrens, auf die Frage zurückzugehen, wer das erſte Unrecht beging. Wer begann damit unrechtmäßiger Weiſe das freie Meer zu blockieren? Unzweifelhaft England. Dann aber hatte Deutſchland, da das Völkerrecht keine Inſtanz kennt, welche für die Durchführung des Rechts ſorgt, das unbeſtrittene Recht mit Repreſſalien zu antworten. 5 Dieſe Auffaſſung des norwegiſchen Gelehrten deckt ſich durchaus mit der Begründung, die Deutſchland dem U-Bootkrieg gegeben hat. Daneben käme aber noch eine Frage, ob nicht auch die andere Auffaſſung, die davon ausgeht, daß dieſer Krieg vorwiegend ein Wirtſchaftskrieg ſei, ihre Berechtigung habe. Von Anfang an hatte Eng⸗ land alle Beſtimmungen des Völkerrechts, die den Schutz des Privateigentums im Kriege bezwecken, mißachtet. Sein Hauptbeſtreben war, Deutſchland als Wirtſchafts⸗ macht zu ſchädigen, wo immer es möglich war. Es be⸗ ſchlagnahmte alles deutſche Privateigentum im engliſchen Mutterland und in den Kolonien, die deutſche Guthaben in den Banken, es vernichtete die deutſchen Geſchäftshäuſer verbrannte die Geſchäfts bücher, ſchuf ſchwarze Liſten, auf die neutrale Firmen geſetzt wurden in denen deutſche Ge⸗ ſchäftsführer oder deutſches Kapital arbeitete, kurz mit einem raffiniert ausgeklügelten Syſtem ſuchte es in der ganzen Welt die weitverzweigten deutſchen Handels⸗ deziehungen bis zur Wurzel auszurotten. Dieſer Wirt⸗ ſchaftskrieg lief unabhängig von dem Aushungerungskrieg, auf den ſich die offizielle Begründung des U⸗Bootkrieges als Repreſſalie ſtützt, neben her. Vernichtung des deut⸗ ſchen Handels und des deutſchen Einfluſſes auf dem ganzen Erdball war die Parole. Soll Deutſchland dieſem heim⸗ kiückiſchen Krieg mit verſchränkten Armen zuſehen, ſoll es wehrlos dieſem aufs feinſte ausgedachten Vernichtungs⸗ feldzug gegenüberſtehen? Gut, wenn England kein Mittel ſcheut, uns zu ſchädigen wo es kann, dann haben auch wir das moraliſche Recht, von allen unſern Waffen Gebrauch zu machen. Englands Macht liegt in ſeinen Schiffen. Will es uns als Wirtſchaftsmacht unmöglich machen, dann llegen wir die Axt an ſeine Wurzel. Mit jedem Schiff, das unſere U-Boote auf den Meeresgrund ſchicken, ſinkt auch ein Stück engliſcher See⸗ und Wirtſchaftsmacht. Aug um Aug', Zahn um Zahn. 3 J i Unsere Abonnenten werden höfl. ersucht, bei unregel- mussiger Zustellung der Zeitung durch die Trägerinnen dies sofort in der Exped tion ds. Blattes zu melden. Zulagen an Empfänger einer Juvaliden-Krauken⸗ Witwen⸗ der Witwerrenie. Durch Verordnung des Bundesrats vom 3. Januar 1918(R.. Bl. Ne. 2, S. 7/8) und durch die zum Voll⸗ zug dieſer Verordnung erlaſſenen Ausführungsbeſtim⸗ mungen des Reichsverſſcherungsamts vom 5. Jan. 1918 (Deutſcher Neichsanzeiger Nr. 5 vom 7. Han. 1918) wird bezüglich der Gewährung von Rentenzulagen Folgendes beſtimmt: 1. Den Empfängern einer Invaliden⸗, Witwen⸗ oder Witwerrente wird, wenn ſie ſich im Inlande auf⸗ halten, für die Zett bis zum 31. Dezember 1918 eine Zulage zu ihrer Rente gewährt; dieſelbe beträgt: 2) für Invaliden⸗ und Krankenrentenempfänger mo⸗ natlich 8 Mk. a b) für Witwen, Witwer⸗ und Witwenkrankenrenten⸗ empfänger monatlich 4 Mk. 2. Dieſe Zulage wird früheſtens vom 1. Februar 1918 ab monatlich im Voraus und nur für volle Ka⸗ lendermonate des Rentenbezugs gezahlt und zwar ohne Unterſchied, ob der Rentenempfänger die Rente im vollen Betrag oder nur zu einem Bruchteil erhält. 3. Die Zulage fällt weg. wenn der Anſpruch auf die Rente zum vollen Betrag ruht oder wegfällt. 4. Die Zahlung erfolgt gegen Quittung durch diejenige Poſtanſtalt, bei welcher der Rentenempfänger ſeine Rente erhebt. 5. Nicht abgehobene Zulagen werden nur bis zum 80. Juni 1918 nachgezahlt. 6. Bei gleichzeitiger Auszahlung für mehrere zurück⸗ liedende Monate, iſt für jeden Monat eine beſondere Zulagequſttung erforderlich. 7. Die unterſchrift auf der Quittung muß von einer zur Führung eines öffentlichen Siegels berechtigten Perſon oder Stene beglaubigt werden. Zur Beglaubigung genügt die Beidrͤckung des Dienſtſtegels. ü 8. Die Vordrucke fur die Zulagequittungen gehen den Gemeindebehörden, Ortspolizeibehörden, Polfgeire⸗ vieren, durch die Großh. Bezirksämter zu und können von den bezugsberechtigten Rentenempfängern dei genannten Stellen in Impfang genommen werden. 9. Die Landes verſicherungsanſtalt Baden Liefert die Vordrucke für die Zulagequittungen unentgeltlich für ſämtliche in Baden wohnende bezugsberechtigte Rentenempfänger ohne Unterſchied, ob ſte ihre Rente von der Landes verſicherungsanſtalt Baden oder von eiuer fremden Anſtalt beziehen. Bei Ausfüllung des Vordrucks bezw. dei Vor⸗ nahme der Beglaubigunz iſt daher ſtets darauf zu achten, daß am Kopfe der Quittung(oben links) die Nummer der Verſicherungsanſtalt eingetragen wird, welche die Rente feſtgeſtellt hat und für deren Rechnung die Zahlung der Rentenzulage erfolgt. Dieſe Nummer kann aus der Rentenquittung oder dem Rentenbeſcheid(oben links)„ohne weiteres er⸗ ſehen werden. Keine Zulage erhalten die Empfänger von Alters⸗ oder Waiſenrenten. Gemeinden, Armenverbänden, Verſicherungsträgern uſw., welchen gemäß 88 120, 1276, 1277, 1531, 1536, 1541, 1544 GBO. Renten überwieſen ſind, wird die Zulage nicht gewährt. Gemäß 34 der feingangs erwähnten Ausführungs⸗ beſtimmungen werden in den Großh. Bezirksämtern die Vordrucke für die Zulag quittungen für ſämt⸗ liche in ihrem Bezirke wohnende bezugsberechtigte Rentenempfänger demnächſt zugehen laſſen zwecks Vertellung an die Gemeindebehörden, Ortspolitzei⸗ 10. 11. 12. Bekanntmachung. ü e behörden, Polizeireviere oder andere Stellen, bei denen die Rentenempfänger die Vor⸗ drucke in Empfang zu nehmen haben. 5 Der Verstand det Laudesdersicherungsanstalt Baden. Beck. 00 Vorſtehende Bekanntmachung bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntnis. 5 n i Mannheim, den 19. Januar 1918. Großh. Bezirksamt Verſicherungsamt. Terein ehen. Iller — Seekenbheim. eee eee eee: 22 22 Einladung. % Zur Feier des Geburtstages Sr. Majeſtät des Kaiſers findet am kommenden Sonntag, den 27. Jaunar Kirchgang ſtatt, zu welchem die Kameraden freundlichſt ein⸗ geladen werden. Zuſammenkunft um 9 Uhr im Vereinslokal. a Mit Rückſicht auf die kleine Anzahl der noch zurückgebliebenen Kameraden iſt es Ehren⸗ ſache eines jeden Einzelnen, ſich daſelbſt zu beteiligen. i Auch die z. Zt. hier anweſenden Urlauber ſind hierzu freundlichſt eingeladen. Orden und Ehrenzeichen ſind anzulegen. 1 i — Der Vorſtand. Curnerbund„Jabn' enenbeim. Deutsche Turnerschaft. Famalag, den 26. Januar abends 9 Ur findet im Gaſthaus zum„Goldenen Hirſch Uersammlung Wozu wir alle Turner und Mitglieder freundlichſt einladen. Die Leitung. e Gelernter Tabakarbeiter ovontl. als Vorarbeiter gesuoht. 8 ſtatt. — m Bodenheim u. Co., Mannheim, Puiſenring 40. 1 Die Herrin von Arholt. 5 Roman von Levin Schücking. 10. Fortſetzung.(Nachdruck verboten.) Ich denke, Sie haßen an dem Zeug nun genug,“ ſeagke er,„es iſt ja alles nur ſo hingeworfen, wie man ſichs durch den Kopf gehen läßt und ſo, wie mans ſchaut, feſſthalten möchte— es ſpäter gründlich zu verarbeiten und auszutragen— wozu ſoll das dienen; beſtellt wirds bei einem jungen namenloſen Menſchen doch nicht, bis zum Marmor bringt ders nicht!“ 4„Es iſt ein Unglück für den Bildhauer,“ entgeg⸗ nete Raban,„daß er zur Ausgeſtaltung ſeiner Schöpfun⸗ gen des Marmors bedarf, zu welchem ſich doch nur we⸗ nige ſehr wohlhabende Menſchen auſſchwingen können es müßte ein wohlfeilerer Stoff als Marmor und 8 zur Wiedergabe plaſtiſcher Werke gefunden wer⸗ den.“ 8„Freilich— es täte not, ſo etwas zu erfinden,“ verſeßzte Wolfgang Melber, indem er einen großen grü⸗ nen Vorhang lüftete und Raban in einen dadurch abge⸗ ſchloſſenen letzten Raum einzutreten einlud. i„Es iſt da noch,“ ſagte er dabei,„wenn es Sie inkereſſiert, eine Gruppe in Arbeit, etwas größeres; das meiſte noch flüchtig angelegt.“ 8 3 Raban war in einen etwas wohnlicher und gemüt⸗ licher ausſchauenden Raum eingetreten; die Wände wa⸗ ren mit einigen gewirkten Teppichen, alten Majoliken, hohen Palmenzweigen, die ſich aus blauen Japanvaſen erhoben, geſchmückt; den Fußboden bedeckte ein Teppich; umher ſtanden ein paar Modellierſtühle, auf denen Büſten und Reliefmedaillons aufgeſtellt waren, und in der Mitte des Raumes erhob ſich eine in Ton modellierte Gruppe, eine weibliche Geſtalt, die einen ſich an ſie ſchmiegen⸗ den Knaben mit der Rechten an ſich drückte, während die Linke im Bergiff war, ſich 195 wie ſegnend auf das von Das den Blick leis ſenkende Haupt dieſer Geſtalt war von dem Künſtler vollſtändig fertig geſtellt, durchge⸗ arbeitet und vollendet, während manche übrige Teile der Gruppe noch ſehr im Entſtehen waren. Raban aber ſtarrte im höchſten Grade betroffen die⸗ ſes Haupt an. Träumte er denn— oder ließ eine Art von Zauber ihn überall— nur ſie erblicken? Es war aber nicht anders; es war dieſes milde lächelnde engel⸗ hafte Haupt der Geſtalt, die ſchützend und ſegnend den armen Knaben an ſich zog, kein anderes als das des jungen Mädchens, deſſen Erſcheinung ihn ſo erfüllte und beſchäftigte. Es war ihr Geſicht in jedem Zuge— nichts geändert, nichts idealiſiert— der Künſtler hatte— ſo ſchien es Raban— nur die Natur zu kopieren gebraucht; u idealiſieren war da nichts geweſen; nur das auf dem Hinterkopf zuſammen genommene und in einen Knoten geſchlungene Haar, das faltig von den Schultern nie⸗ derfallende Gewand war nach den Bedürfniſſen des Künſt⸗ lers angeordnet. Raban atmete tief auf, in den Anblick verſunken. Dann wandte er ſich nach einer Pauſe plötzlich raſch an Wolfgang Melber. Das Herz ſchlug ihm hoch auf in der freudigen Bewegung darüber, daß er nun endlich ſeinem Ziele nahe gekommen, auf die Spur dieſer bisher unfaßbaren Erſcheinung. Doch hatte er das Gefühl, daß er dieſem Künſtler gegenüber einer gewiſſen Diplomatie bedürfe; daß er beſſer tue, nicht direkt nach dem Original dieſes holdſeligen Frauenkopfes zu fragen; es war ſicher⸗ lich eine Schweſter, eine nächſte Verwandte, die dem jun⸗ gen Manne als Modell gedient— das ließ ſich ja jetzt, da Raban ſeine Unbekannte in der Wohnung eines Hein⸗ rich Melber hatte verſchwinden ſehen, ziemlich ſicher an⸗ nehmen. Vielleicht war Heinrich Melber beider Vater, ein Graveur— es paßte zu der gewöhnlichen Erſchei⸗ nung der Unbekannten, die nun freilich nicht das Mäd⸗ chen aus den Knabentagen Rabans ſein konnte „Sie müſſen,“ ſagte er,„zu dieſer Charitas, ener rihreiden Schünhel ſiude ganz genügenden Modell geſucht haben! der Kopf is Ihnen ſo wunderbar gelungen.“ „Geſucht habe ich nicht gerade nach einem Modell für dieſen Kopf. Er bot ſich mir dar— und gerade da⸗ durch bin ich auf den Gedanken gekommen, eine ſolche Gruppe, die ſonſt nicht in mein Fach ſchlägt, zu verſuchen.“ „Er bot ſich Ihnen ungeſucht dar— in einer Nahe⸗ ſtehenden, einer Schweſter vielleicht?“ rief Raban leb⸗ 4 haft, wie nun ſchon ſeiner Sache ſicher, aus. 9 „Einer Schweſter?“ verſetzte Wolfgang Melber mit einem Tone von Verwunderung und Spott.„Nein, einer Schweſter nicht! Einer Schweſter nicht!“ wieder⸗ holte er mit einem ganz eigentümlichen Nachdrucke. „Aber wo begegnete Ihnen denn ein Geſicht von ei⸗ nem ſo merkwürdig für Ihre Geſtalt paſſenden Ausdrucke? Ich möchte wiſſen...“ „Was Sie doch nicht intereſſieren kann!“ 1 „Was mich intereſſiert,“ entgegnete Raban ſo ſtür⸗ miſch, daß er ſofort die Notwendigkeit erkannte, auf mögh⸗ lichſt gute Art ſein Verlangen nach einer Auskunft über die geheimnisvolle Erſcheinung, vor deren Tonbild er ſtand, zu begründen—„was mich intereſſiert, iſt ein pſychologiſches Problem: wie kommt ein Weſen, deſſen Züge und geiſtiger Ausdruck von einem ſo rührenden Gepräge ſind, wie dieſer Kopf es trägt, dazu, einem Künſtler als Modell zu dienen?“ 5 „Zunächſt doch wohl,“ verſetzte mit einem wie ſcha⸗ denfrohen Lächeln über Rabans nicht zu verkennende Be⸗ troffenheit der junge Bildhauer—„zunächſt doch wohl dadurch, daß ſie ſich ganz merkwürdig gut dazu eigne, zu ſolch einem Modelle!“ f 17 „Nun ja freilich— aber ich meine, wie kommk ſie dazu, das zu überwinden, was es dem weiblichen Gefühl doch peinlich machen muß.“„ Gerten ka; die ich einem