2 Volk weiß ich mich eins, wenn ich ihr heute meine und Himtsblatt der Bürgermeisteramter 1 1 21. Jahrg. 12.— Mk. ausſchl. Beſtellgeld.— mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. Abonnementspreis: Monatlich 4.— Mk. mit Trägerlohn. Durch die Poſt bezogen pro Quartal rſcheint täglich Dienstag, 4. Januar 1921. Sschenhefm, gwesheim, Reckurhdusen Inſerationspreis: Die einſpaltige Petitzeile 60 Pfg., Reklamen 2.50 Mk. — Fernſprechanſchluß Nr. 16. 1 und Edingen Bei öfterer Anfnahme Rabatt. Poſtſcheckkonto: Karlsruhe Nr. 19819. Tagesſchau. Die Eutwaffuungsfrage ſchien ſich in den letzten Tagen zu einer Kriſe auszuwachſen. Auf die franzöſiſche Note er⸗ folgte eine recht beſtimmte Vorantwort Deutſchlands, in der vor allen Dingen die ungerechte Beurteilung Deutſchlands von Seiten der Entente zurückgewieſen wird. Der Reichspräſident ſowie der Reichswehrminiſter haben Erlaſſe an die Wehrmacht gerichtet. Zum Nachfolger des Staatsſekretärs Moesle im Reichs⸗ finanzminiſterium wurde der Miniſterialdirektor Zapf er⸗ ernannt. In der Entwaffnungs angelegenheit fand in London eine Unterredung zwiſchen dem deutſchen Botſchafter und Lord Curzon ſtatt. Dientſchland hat gegen die getrennte Abſtimmung in Ober⸗ ſchleſien Verwahrung eingelegt. IJn der Nacht zum 2. Janna ſtarb auf ſeinem Landſitze Hohenfinow der frühere Reichskanzler von Bethmann⸗Holl⸗ weg. Er litt an einer Grippe, zu der er ſich eine doppelſei⸗ tige Lungenentzündung zuzog.. Sechs Offiziere der Wrangelarmee ſind zur Zeit in Brüſſel, um als Fliegeroffiziere ausgebildet zu werden. Die Koſten werden von Belgien getragen. Auch Denekin hält ſich noch in Belgien auf. Einzelne Blätter fragen, ob die Regierung das Geld nicht beſſer verwenden kann. a Deutſchland. Ein Erlaß des Reichspräſidenten an die Wehrmacht. Berlin, 3. Jan. Der Reichspräſident hat einen Er⸗ laß an die Wehrmacht gerichtet, in dem es u. a. heißt: Mit dem Eintritt in das neue Jahr wird auch die Um⸗ bildung der Wehrmacht in Deutſchland beendet ſein. Die nach dem Friedensvertrag von Verſailles übrig bleibende kleine Wehrmacht wird ſich durch Pflichttreue und Tüchtigkeit auszeichnen müſſen. Mit dem deutſchen des Volkes Wünſche für eine glückliche Zukunft aus⸗ reche. 0 Reichswehrminiſter Dr. Geßler gedenkt in ſeinem Neujahrserlaß zuächſt der aus dem Heer Ausgeſchie⸗ denen; es ſoll ihnen eine herzliche Dankbarkeit bewahrt werden.— Der vor kurzem zum General der Infan⸗ trie beförderte Chef der Heeresleitung von Seekt hat grundlegende Richtlinien für die neugebildete Reichs⸗ wehr veröffentlicht, worin es u. a. heißt: An die Spitze aller guten Wünſche für das neue Jahr ſetzen wir das Gelöbnis, zuſammenzuſtehen in der Hingabe an un⸗ ſeren Beruf. Wir wollen das Schwert ſcharf und den Schild blank halten. Das Heer ſoll und wird auch nach Abſchaffung der allgemeinen Wehrpflicht ein wahres Volksheer bleiben. 8 80 Eine franzöſiſche Beſchwerde. Berlin, 3. Jan. An die Friedensabteilung des Aus⸗ wärtigen Amtes hat General Nollet am 23. Dezember eine Note gerichtet, die feſtſtellt, daß die Verfügung und Kundmachung der Ententeſtaaten über Auflöſung der Sicherheitspolfzei nicht berückſichtigt worden iſt und die gegenwärtige Sicherheitspolizei nichts anderes iſt, als die frühere Sicherbeitspolisei, verſtärkt durch einen Teil der früheren blauen Polizei, ferner daß die Stärke der Polizei in Zivilkleidung eine Vermehrung erfahren hat, die nach den Beſtimmungen des Friedensvertrages nicht gerechtfertigt iſt. Die interalliierte Friedenskom⸗ miſſion ſtellt das Verlangen, daß die Sicherheitspolizei ſofort aufgelöſt und daß die Beamten und Angeſteklten der verſchiedenen Polizeiarten auf das Maß zurück⸗ geführt werden, die ſich aus den Abmachungen des Frie⸗ densvertrages und der Note von Boulogne ergibt. Eine deutſche Antwort. i Berlin, 3. Jan. Im Namen der deutſchen Regie⸗ rung wurde gezen die Feſtſtellung proteſtiert, daß Deutſchland die Deſtimmungen des Vertrages von Ver⸗ ſailles und der Note von Boulogne verletzt habe. Die getroffenen Anordnungen entſprechen in jeder Hinſicht dem Friedensverirage und der Note von Boulogne. Die Behauptung, daß die gegenwärtige Ordnungspolizei nichts anderes ſei als eine noch verſtärkte Sicherheits⸗ polizei, iſt nicht gerechtfertigt. Dies ergibt ſich aus der Beunruhigung, die in der öffentlichen Meinung die tief durchgreifende Reorganiſationsmaßnahme hervorgeru⸗ fen habe. In weiten Kreiſen herrſcht die Ueberzeugung vor, daß die Ordnung durch den jetzigen Stand des Po⸗ lizeiweſens nicht genügend gewährleiſtet ſei. Die bayeriſche Regierung und die Einwohnerwehren. Gegenüber vielen irreführenden Nachrichten der Preſſe wird, wie unſer Berliner Vertreter erfährt, von bayeriſcher Seite beſonderer Wert darauf gelegt, feſtzu⸗ ſtellen, daß die bayeriſche Regierung im gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit der Entwaffnung der baye⸗ riſchen Einwohnerwehren vollkommene Zurückhaltung bewahrt, und die Entſcheidung der Reichsregierung ganz und gar überläßt. Die bayeriſche Regierung wird erſt dann wieder zu der Angelegenheit Stellung nehmen, wenn von den Alliierten eine Entſcheidung eingegangen iſt und die Reichsregierung eine erneute Stellungnahme 55 bayeriſchen Regierung als wünſchenswert erſcheinen äßt. 1 Sozialdemokratiſches Vorgehen gegen Bayern. Von unterrichteter Seite erfährt unſer Berliner Ver⸗ treter, daß von ſozialdemokratiſcher Seite bei den Ein⸗ zelſtaaten⸗Kegierungen der Verſuch unternommen wird, einen Druck auf die bayeriſche Regierung auszuüben, damit ſie in der Frage der Entwaffnung der bayeriſchen Einwohnerwehren nachgibt. Wie behauptet wird, ſoll Bayern die Schuld an dem Konflikt tragen, weil bezüg⸗ lich Oſtpreußens kein beſonderer Wert darauf gelegt wird, die Einwohnerwehren dort aufrecht zu erhalten. Dieſer ſozialdemokratiſche Standpunkt iſt natürlich nicht richtig. Die Reichsregierung hat ſowohl bezüglich Bayerns als auch Oſtpreußens ſchwere Bedenken gegen die Auflöſung der Einwohnerwehren. Berlin, 3. Jan. Die Unabhängigen Sozialdemokra⸗ ten haben durch den Reichstagsabgeordneten Ledebour, an den Reichspräſidenten folgendes Schreiben gerichtet: Im Namen des Vorſtandes der unabhängigen ſozial⸗ demokratiſchen Partei erſuche ich Sie, den Reichstag ſo⸗ .— 2 fort einzuberufen, da das Verhalten der Regierung den Beratungen mit der Entente und der Eingang wich: tiger Noten es dringend notwendig macht, daß der Reichstag ſeinen Einfluß bei dieſen Verhandlungen zur Geltung bringt. n 8 Die getrennte Abſtimmung in Oberſchleſten. Wie unſer Berliner Vertreter von zuſtändiger Seite erfährt, dürfte die neue Note der Entente die Diskuſſion über die Vornahme der Abſtimmung in Oberſchle nicht beenden. Wenn auch in ziemlich kategoriſcher Form von den Alliierten feſtgeſtellt wird, daß zwei Termine für die oberſchleſiſche Abſtimmung in Frage komm und die in außerhalb Oberſchleſiens im Reiche wohnen ⸗ den Oberſchleſier geſondert abſtimmen ſollen, ſo wird ſich die Reichsregierung damit unter keinen Umſtän zufrieden geben. Der deutſche Standpunkt geht daß daß der Friedensvertrag eine derartige Behandſ der Abſtimimung in Oberſchleſien vollkommen ausſchlie und daß die bisherige Form der in Nord⸗Schleswig ſo wohl als in Oſtpreußen vorgenommenen Abſtimmungen genau feſtſtellt, anf welche Weiſe im Prinzip ein Ple. biszit abzuhalten ſei. Das Derkangen der Alliſertn auf getrennte Vornahme der Abſtimmung ſtellt eine völlig neue Form des Plebiszits dar, zu deren Beſtim⸗ mung der Friedensvertrag keinerlei Konzeſſionen er⸗ 5 teilt. Die Reichsregierung wird daher in kürzeſter Zeit eine in dieſem Sinne gehaltene Gegenantwort an die Botſchafterkonferenz abgehen laſſen. 45 Sozialdemokraten und Zentrum in Preufſen. Aus parlagenlariſchen Kreiſen hört unſer Berliner Vertreter, daß die Sozialdemokraten in der Preußiſchen Landesverſammlungen nunmehr den Verſuch unterneh⸗ men, die gewerkſchaftlichen Kreiſe des Zentrums für die Fortführung der beſtehenden bisherigen Koalitions⸗ politik in Preußen zu gewinnen. Insbeſondere ſind 1 ſtarke Beſtrebungen um Rheinland und in Weſtfalen im Gange, die Arbeiterſchaft des Zentrums dazu zu be⸗ wegen, bei den Neuwahlen in Preußen ſozialdemokra⸗ tiſch zu ſtimmen, indem die Verſicherung abgegeben wird, daß von mehrheitsſozialiſtiſcher Seite nichts gegen das Kulturprogramm des Zentrums unternommen werde. a Die föderaliſtiſche Bewegung im Rheinland Wie unſer Berliner Vertreter von unterrichteter Seite hört, verfechten die großen politiſchen Parteien im Rheinland wie die Zentrumspartei, die Sozialdem⸗ kraten und auch die Unabhängigen, als Gegengewicht gegen die Separationsbeſtrebungen die provinzielle Au⸗ 80 tonomie unter Ablehnung eines beſonderen rheinlän: diſchen Bundesſtaates. Die chriſtliche Volkspartei des Rheinlandes, die mit der alten Zentrumspartei nicht verwechſelt werden darf, hält an dem freien Rhein⸗ ſtaat feſt, aber ſie verliert neuerding dadurch an Ein⸗ fluß, daß die Stegerwaldſche Richtung im Zentrum im Rheinland wieder feſten Boden gewinnt und auf dieſe Weiſe die ſchon gänzlich im Abnehmen begriffene Zen⸗ 5 Die Tochter des Miniſters. 5 58 Roman von Ernſt Georgy. Machdruck verboten.) Urheberrecht 1918 durch Greiner u. Comp., Berlin. „Ganz allmählich bin ich wieder zu mir gekom⸗ men, und habe den Entſchluß gefaßt: Ich will wieder empor! Und er ſoll es mit mir! Damit kam mir die Erinnerung an die Worte der Gräfin Trepen, meiner Tante, die mich in Argentinien aufſuchte. Sie er⸗ zahlte mir, daß mein Vater Georg nach Deutſchland kommen ließ und ihn auf meinen Wunſch Gelegen⸗ heit geben will, ein neues Leben aufzubauen und ſich zu rehabilitieren.— a ö Meinen Glauben an ihn habe ich verloren, aber nicht meine Neigung zu ihm. Leider— ich muß es niederſchreiben— hängt mein Herz immer noch an ihm. Ich muß ihn wiederſehen, ihn ſprechen!— Die Dame, bei der ich bin, iſt reich und vermag durch ihren Einfluß viel. Wenn ich ſie bitte, wird ſie Georg eine Stellung verſchaffen, die ihn von meinen Eltern unabhängig macht. Ich wünſche gerade dies durch⸗ aus. Ich will es ſogar! a „Bitte, ſchreibe mir, wo ich ihn finden kann, das heißt, wo meine Zeilen ihn erreichen. Und ſchreibe mir, ob Du ia verändert fandeſt.— i 905 Es grüßt Dich, klebe, verehrte Mutter 7 Deine Gertrud M.“ Es ayurde totenſtill im Zimmer. „Die älte Frau ließ die Hände in den Schoß ſin⸗ „ken und ſchaute aus dem Fenſter, als ſie bemerkte, daß der Note, ſehnige wie Eſpenlaub im eee 5 Georg ſtand, noch immer auf den Stuhl geſtützt,, der unter ſeinem Druck faſt zerbrach. „Sie nennt dich—— Mutter,“ kam es plötzlich wie ſchluchzend über ſeine Lippen.„Sie redet dich mit Mutter an.“ „Sie iſt mir eine Tochter,“ entgegnete ſie,„ein liebes Kind!— Junge, mein armer Junge, ich wünſchte, ich dürfte ſie dir noch mit reinem Gewiſſen anvertrauen. Aber ich habe nicht mehr den Mut da⸗ zu! Du biſt nicht mehr der Mann, der ein ſolches Kleinod verdient!“ Frau Wieſener legte die Hände vor das Geſicht und weinte. „Ich muß hin. Ich reiſe zu ihr,“ ſtieß er dumpf hervor. 5„Georg, du—— du wirſt doch immer wieder rückfällig. Ich wage nicht mehr zu hoffen!— Mein Gewiſſen verbietet mir das—“ murmelte ſie, aber er verſtand die leiſen Worte. i Rauh lachte er auf.„Eure Gewiſſen hier ſind alle ſehr zart. Laß das Gertruds und meine Sorge ſein. Verſtanden? Sie weiß jetzt ſelbſt, wie es in der Tiefe ausſieht. Das Leben draußen ſpielt ſich nicht ab wie in dem Hauſe einer Oberlehrerswitwe!“ „Aber hier? Selbſt mahnte ſie angſtvoll. 8 „Laß gut ſein, ich wußte ſelber, was du ſagen willſt,“ unterbrach er ſie und ſchleuderte jähzornig den Stuhl beiſeite, daß er krachend gegen die Wand flog.„Hier unter dem Geſindel, in dieſer verfluchten hier—— Georg, bedenke!“ Einöde wäre ich ſelbſtverſtändlich— wahnsinnig — oder—“ „Das ſagſt du deiner Mutter, die um veinel⸗ wil 77— »Ich werde meinen kleinen Handtoffer für ſehe, daß ich den Schnellzug nach Königsberg er⸗ reiche“, antwortete er langſam, wie aufwachend. „Donn ſprich mit Jirkallin und bereite hier alles „Mag doch die Wirtſchaft hier zum Teufel geh „Ach, geh mir, ich könnte dein Geklöhn, dein? Opfermiene ohnehin nicht länger ertragen. Ueber kurz oder lang hätte es doch ein Ende mit Schrecken genommen,„ſchrie er wütend.—„Gertrud liebt mich, Gertrud iſt mein, und da braucht ihr alle nichts mehr zu befürchten! Wir beide werden miteinander fer⸗ tig!—— Morgen reiſe ich ab. Nicht eine Stunde darf ich mehr zaudern““?“ R Frau Wieſener wandte ſich ihm jetzt zu und ſah ihn forſchend an. Sie bemerkte, wie es in ſeinem Geſicht arbeitete, wie ſeine Bruſt ſich in mächtigen Aufregung hob und ſenkte. Langſam erhob ſie ſich! „Das iſt vielleicht das Richtige“, ſagte ſie leiſe.„Seht euch wieder! Sprecht euch aus!— Ich habe drei⸗ hundert Mark in bar hier, ſie ſind von meiner fen ſion und deinem Gehalt erſpart. Ich wollte ſie neu. lich ſchon nach Berlin ſchicken auf die Sparkaſſe. Gut, daß ich ſie noch hier behalten habe.“ 8 Er hatte den Kopf geſenkt, noch ohne inneres Gleichgewicht. „Gertrud——“„ erſchüttert und 9 r 5 N mit dem Notwendigſten vollpacken“, fuhr ſie ruhiger fort.„Wann willſt du reiſen, Georg?“„ „Noch heute abend fahre ich nach der Stadt und für deine Abweſenheit vor, mein Junge“, ermahnte ſie ſanft.. 05 5 805 385 5 5 5. 1 15 5 ehr 2 Georg ſtrich glättend über ſein Haar und lach“ Das „nnens⸗ che kegsjahr 7 ö bert barte im Rheinland ihre Wiederauferſtehung diert, ö N 5 n Bevorſtehende Rückkehr des Außenminiſters nach Berlin. b Der Außenminiſter Dr. Simons wird in den näch⸗ ſten Tagen in Berlin eintreffen, um perſönlich die Lei⸗ tung der Verhandlungen mit der Entente zu überneh⸗ men. Wie beſtimmt verſichert wird, ſoll der Reichstags⸗ ausſchuß für auswärtige Angelegenheit in den erſten Tagen des Januar in Berlin zuſammenberufen werden. Kommuniſtiſche Generalſtreik⸗Agitation. Wie unſer Berliner Vertreter von unterrichteter Seite hört, wird von kommuniſtiſcher Seite die An⸗ regung gegeben, im Falle ſchwerer Strafmaßnahmen der Entente gegen Deutſchland die Arbeiterſchaft zu einem Generalſtreik aufzurufen, damit die Regierung gezwungen werde, ſofort die Entwaffnung der Einwoh⸗ nerwehren durchzuführen. In unabhängigen Kreiſen ſteht man dieſer kommuniſtiſchen Aufforderung zum Teil ſympathiſch gegenüber, da offenbar die verſteckte Abſicht der Kommuniſten, gewaltätige Unruhen herauf⸗ 5 nicht in ihren ganzen Gefahren erkannt werde. . Der Streik in den Oppelwerken.. Rüſſelsheim a. M., 3. Jan. Die Streiklage in den Oppelwerken hat ſich verſchärft. Eine Betriebsverſamm⸗ lung der Arbeiter hat den Schiedsſpruch abgelehnt. Von rund 15 000 Abſtimmenden hat ſich nur der ſechſte Teil — 15 Annahme des Schiedsſpruches ausgeſprochen. 3 git bleibt der Betrieb vorläufig geſchloſſen. 1 Ausland. Die paſſive Reſiſtenz der franzöſiſchen Postbeamten. Straßburg, 3. Jan. Die Verkehrsſtockungen im Poſt⸗ und Telegraphenbetrieb infolge der paſſiven Reſiſtenz der Beamtenſchaft, hervorgerufen durch ein neues Dienſtreglement, mehren ſich. Von einer telegraphiſchen gerbindung nach dem Ausland kann keine Rede mehr ſein. Im inneren Dienſt häufen ſich die unbeförderten Telegramme. Dringende Telegramme werden durch die Vermittlung der Poſt weiterbefördert. Tauſende von Wert⸗ und Einſchreibeſendungen, zehntauſende von Briefe ſind in Verzögerung. ö 2 Neue Spannungen zwiſchen Somjet⸗Rußland und i. England. i Von maßgebender Seite hört unſer Berliner Ver⸗ kreter, daß zwiſchen Sowjet⸗Nußland und der engliſchen Regierung wegen der Orientfragen eine ſehr ernſthafte BVerftimmung eingetreten iſt. Die Abberufung Kraſ⸗ ſins aus London iſt noch kein ſchwerwiegender Moment bei der ruſſiſch⸗engliſchen Spannung, denn die verſchie⸗ denen Abbernfungen der Dolegierten haben ruſſſchen 7 a a bels rein geh de,. Teil auch politiſche Gründe. Baden und Nachbargebiete e Karlsruhe, 3. Jan. Im Silveſtergottesdienſt der ev. Kirchen des Landes wurde eine Kanzelanſprache des Ober⸗ kirchenrates verleſen, die die Schwere der Zeit zum Gegen⸗ ſtand hat und Worte der Aufrichtung findet. Karlsruhe, 3. Jan. Die Silveſternacht iſt am all⸗ gemeinen hier ruhig verlaufen, wenn es ſich auch gewiſſe Elemente nicht verſagen konnten, um die Mitternachs⸗ ſtunde tüchtig darauflos zu knallen. Ob damit irgend welche Unglücksfälle, die ja in der Neujahrsnacht eine regel⸗ mäßige Erſcheinung ſind, verbunden waren, wurde bis jetzt nicht bekannt. N Karlsruhe, 3. Jan. Es wird uns mitgeteilt, daß es ſſich bei der ſchon gemeldeten Veruntreuung von Wertpapie⸗ ren beim Landesfinanzamt(Oberfinanzkaſſe) Karlsruhe nicht um einen Finanzbeamten namens Bleß handelt, ſon⸗ dern um einen probeweiſe eingeſtellten ehemaligen Zahl⸗ meiſterſtellvertreter namens Alfred Bleeß. Dieſer iſt ge⸗ Bie Elſäſſer und ſtand früher im elſäſſiſchen Eiſenbahn⸗ 2 ie 5* 8 r Ettlingen, 3. Jan. Die Bad. Lokaleiſenbahn⸗A.⸗G. hat die im Oktober ausgeſprochene Kündigung ihres ge⸗ ſamten Perſonals nunmehr zurückgenommen, nachdem die zahn durch die Uebernahme des Kreiſes Karlsruhe finan⸗ ziell geſichert iſt. en Pforzheim, 3. Jan. Die Gemeinde Iſpringen iſt durch drei Brände heimgeſucht worden, deren Urſache wahrſchein⸗ lich auf verbrecheriſche Brandſtiftung zurückzuführen iſt. Der erſte Brand entſtand in dem Anweſen des Landwirts Phi⸗ lipp Augenſtein, das vollſtändig eingeäſchert wurde. Kaum hatte die Feuerwehr ihre Arbeit beendet, als an zwei an⸗ deren Stellen, bei den Landwirten Auguſt Wilhelm Trautz und Auguſt Friedrich Trautz Feuer ausbrach, das ebenfalls beide Gehöfte einäſcherte. Da ſehr viele Vorräte mitver⸗ brannten wird der Schaden auf 250 000 Mark geſchätzt. e Nußbaum, b. Bretten, 3. Jan. Durch einen Wind⸗ ſtoß wurde ein in der Nähe unſerer Gemeinde aufgeſtell⸗ 1 umgeworfen, wobei der Schäfer ſeinen 5 ann Oftersheim, b. Schwetzingen, 3. Jan. Unter den hieſigen Landwirten wurde eine Kartoffelſammlung einge⸗ leitet, die einen Ertrag von 70 Zenntern brachte, die den Ortsarmen zum Preis von 10 Mark für den Zentner ab⸗ gegeben wurden. 1 Mannheim, 3. Jan. Das jährige Töchterchen des Arbeiters Jakob Buſch wurde von einem Straßenbahnwa⸗ gen überfahren und ſofort getötet. ſtoß zwiſchen Einbrechern und Schutzmannſchaft kam es in Ludwigshafen, woſelbſt zwei 19 und 21 Jahre alte Burſchen, Mitglieder des Metallarbeiterverbandes, in das Büro des Fabrik⸗ und Metallarbeietrverbandes in Ludwigshafen ein⸗ gebrochen waren. Die beiden Burſchen hatten bereits eine Kaſſette mit ungefähr 10000 Mark Inhalt fortgenommen, als ſie entdeckt wurden. Bei ihrer Feſtnahme erhielt ein Schutzmann von den Einbrechern einen Knieſchuß während einer der Täter durch einen Bauchſchuß, der andere durch einen Armſchuß verletzt wurde. n Baden⸗Baden, 3. Jan. Die Uraufführung des muſi⸗ kaliſchen Schwanks„Meine Frau, das Fräulein“ von Hans Helmut Zerlett, Muſik von Hermann Beutten, fand in den lieſigen ſtädt. Schauſpielen bei befriedigender Wiedergabe zundlichen Beifall. 5 k Nenweier, b. Bühl, 3. Jan. Am Bahnhof in Stein⸗ purden zwei hieſige Geſchäftsleuten insgeſamt 4000 granntwein im Wert von 160 000 Mark beſchlag⸗ 8 33 a Maunheim, 3. Jan. Zu einem ſchweren Zuſammen⸗ a Offenbürg, 3. Jän. Hier iſt kürzlich ein Landesver⸗ band der Wagnermeiſter gegründet worden, der zum Vor⸗ ſitzenden Th. Spitzfaden⸗Karlsruhe, zum Schriftführer F. Kohlenbecker u. zum Kaſſier G. Theurer⸗Karlsruhe wählte. en Kork, b. Kehl, 3, Jan. Der 13jährige Sohn einer hie⸗ ſigen Bürgersfamilie wurde im Heuſtall erhängt aufgefun⸗ den. Es konnte feſtgeſtellt werden, daß der Junge beim Spiel in das Seil geraten war und ſich nicht mehr davon löſen konnte. 3 ek Rheinbiſchofsheim, b. Kehl, 3. Jan. Die Offenburger Strafkammer verurteilte den Landwirt und Kaufmann K. Abel von hier zu 500 Mark Geldſtrafe weil er in einer Verſammlung der Landwirte ein von der Geſchäftsſtelle des Bad. Bauernverbandes eingelaufenes Telegramm des In⸗ halts verleſen hatte, daß die Angabe der Wirtſchafts fläche verweigert werden ſoll. 2 ** Konſtanz, 3. Jan. Der Doppelraubmörder Klinke, der bekanntlich Mitte Oktober vom hieſigen Schwurgericht wegen Ermordung des Landwirts Simon und ſeiner Schwe⸗ ſter zum Tode verurteilt worden war, wartet noch immer auf die Entſcheidung ſeines Gnadengeſuchs. 5 5 * Lörrach, 3. Jan. Bei der Voranſchlagsberatung teilt! Bürgermeiſter Dr. Gugelmeier mit, daß die Schulden der Stadt ſeit dem Jahre 1913 von etwas über 3 Millionen M auf beinahe 10 Millionen Mark geſtiegen ſind. Der Bür⸗ gerausſchuß genehmigte den Voranſchlag und dabei zugleich eee: auch die Heranziehung des Einkommens bei Ledigen mil mehr als 12 000 Mk., bei Verheirateten mit mehr als 16 004 Mark und bei ſolchen mit Kindern mit mehr als 20 000 Mk zur Gemeindebeſteuerung. f 5 5 z Ueberlingen, 3. Jan. Die Reichstelegraphenver⸗ walt eta hat zur Verbeſſerung der Fernſprechverbindungen von Konſtanz mit den Ortſchaften am nördlichen Ufer dee Bodenſee zwei neue Fernſprechkabel durch den Ueberlinger See legen laſſen. 3 Vermiſchtes. b Die Vorgänge in der Neujahrsuacht und deren Folgen. a 5 Raſtatt den 3. Januar 1921. Am 1. Januar 1921 vormittaggs zwiſchen 4 und 5 Uhr haben eine größere Anzahl überſitzende Nachtgäſte ſich ſin⸗ gend durch die Kaiſerſtraße begeben. In der Nähe des Rat⸗ hauſes wurden auch ruhig des Weges gehende Paſſanten an⸗ gerempelt und beläſtigt. Der Aufforderung einer Polizei⸗ patrouille zur Ruhe haben ein Teil der Ruheſtörer keine Folge geleiſtet, ſondern ſie ſetzten den Lärm weiter fort und benahmen ſich gegen die Polizei ſofort ſehr herausfordernd. Es kam deshalb zur Feſtnahme des verheirateten Taglöh⸗ ners Joſef Kurz, des verheirateten Blechners Eduard Kurz und des Schloſſers Karl Kopp, alle von hier, welche ſich ſo⸗ fort widerſetzten und die Loſung ausgaben:„Schußwaffen bereit, jetzt muß es blitzen“, ſo daß ſie nur unter Anwen⸗ dung äußerſter Kraftanſtrengung auf die Polizeiwache ver⸗ bracht werden konnten. Dahei hat einer der Polizeibeamten einen heftigen Fußtritt auf das rechte Knie erhalten, wo⸗ durch dieſes ſtark anſchwoll und verſchiedene Handverletzun⸗ gen erlitten. Auf der Polizeiwache ſollten die Verhafteten verhört wedren. Freunde der Verhafteten haben ſich nach⸗ her mit Schußwaffen verſehen, vor die Fruchthalle begeben und haben die Wache beſchoſſen, und es iſt wirklich als ein Wunder zu bezeichnen, daß es nicht Tote oder Schwerver⸗ letzte in der Wache gegeben hat. Mindeſtens 10 Schüſſe gin⸗ gen durch Fenſter und Türe in das Innere der Wachtſtube und schlugen dort in Möbel und Wände ein. Weitere zehn Einſchußſtellen ſind an der Faſſade der Fruchthalle in der Nähe des Eingangs der Wache ſeſtzuſtellen. Die auf der Vache befindlichen Polizeibeamten mußten ſich zunächſt in Sicherheit bringen, da ſie auf einen derartigen Angriff nicht geſaßt ſein konnten. Den Verhafteten war ſonach Gelegen⸗ heit gegeben, zu entkommen. Bei Tagesanbruch wurden un⸗ ter zahlreichem Aufgebot von Gendarmerie⸗ und Polizeibe⸗ amten zunächſt die 3 Ruheſtörer wieder verhaftet. Ferner wurden verhaftet: der verheiratete Schloſſer Lukas Merk⸗ linger, Taglöhner Franz Stößer von Muggenſturm, Bahn⸗ arbeiter Auguſt Stoll von hier, ſowie der Maurer Karl Ha⸗ ſelwander von Bietigheim, welche der Teilnahme an der Schießerei dringend verdächtig ſind. Lukas Merklinger wurde im Hauſe Friedrichring 37, in der Wohnung des Joſ. Kurz mit geladenem Karabiner zwiſchen den Füßen auf dem Boden liegend und ſcheinbar ſchlafend angetroffen, Merklin⸗ ger war auch noch im Beſitz einer Eierhandgranate. Dieſer leiſtete auf dem Wege zur Wache heftigen Widerſtand, wie nan es von Merklinger gewohnt iſt. Karl Haſelwander, welcher ebenfalls im Beſitz von größerer Menge ſcharfer Munition und einer Eierhandgranate war, machte einen Fluchtverſuch durchs Fenſter, nachdem er bereits feſtgenom⸗ men war. Er flüchtete ſich in das Haus Friedrichring 23 und begab ſich dort auf das Dach. Da damit gerechnet wer⸗ den mußte, daß der Flüchtling noch mit Waffen verſehen iſt, galt es, ihn kampfunfähig zu machen und die weitere Flucht zu vereiteln. Durch einen Schuß von der Straße aus wurde Haſelwander in das Geſäß getroffen und ſchwer verletzt. Der hinzugerufene Arzt Herr Dr. Braatz hier legte ihm einen Notverband an und der Verletzte wurde mittels Kran⸗ kenwagens in das Bürgerhoſpital verbracht. Bei Haſel⸗ wander iſt in der Wohnung ein größeres Quantum Spreng⸗ ſtoff(Aſtralit) gefunden worden. Der Verletzte iſt am 2. Januar vormittags 4 Uhr im Bürgerhoſpital geſtorben. Nach weiteren an der Schießerei beteiligten Perſonen wird noch gefahndet. Durch die neueſten Erhebungen hat ſich mit Sicherheit ergeben, daß Haſelwander ſich an der Schießerei in das Wachlokal beteiligt hat. Karl Merklinger iſt geſtern auf telenhoniſche Benachrichligung von der Kriminalpolizei Karlsruln verhaftet worden. Wie man heutzutage Millionär wird. Duch einen Zufall iſt es gelungen, ſehr großen Schie⸗ bungen auf die Spur zu kommen, die während des Krieges von einer Auzahl Perſonen verübt worden ſind, und durch die, wenn iich die Ermittelungen des Landesfinanzamtes Eſſen beſtätigen, das Reich gang erheblich geſchädigt worden iſt. 2 n Vor etwa ſechs Wochen gelang es dem Grenzſekretär K. feſtzuſtellen, daß nachts in der Nähe von Emmerich, wo ſtets ſtarker Schmuggelverkehr herrſcht, Effekten nach Holland hin⸗ übergebracht werden ſollten. Es gelang, einen der Täter, der größere Summen bei ſich führte, feſtzunehmen, und dieſer geſtand, daß er im Auftrage eines Fabrikanten H. handle, der eine ganze Anzahl Perſonen für den Kapitalſchmuggel in ſeinen Dienſten habe. Die Angelegenheit wurde dem Lan⸗ desfinanzamt in Eſſen gemeldet, und dieſes ließ durch Be⸗ amte den Fabrikanten H. überwachen. Dabei wurde ermit⸗ telt, daß der Beobachtete, der jetzt ein Vermögen von nahezu 45 Millionen Mark beſitzt, mehrere Fabriken ſein eigen nennt, identiſch ſei mit einem vor dem Kriege in Berlin wohnhaften Tiſchler, der eine kleine Werkſtatt beſaß, jedoch in äußerſt ſchlechten Verhältniſſen lebte. Weitere Nachforſchun⸗ gen ergaben, daß 8 5. Aufträge zur iLeferung von Munitionskiſten erhielt. H., der nicht einmal einen Geſellen beſchäftigte und deshalb die Aufträge auch nicht ſelbſt ausführen konnte, vergab die Lie⸗ ferungen weiter und ſoll an den Beſtellungen pro Kiſte 6 bis 7 M. verdient haben. Aus den Akten der Wumba ging hervor, daß der Tiſchler dauernd Aufträge erhielt, die immer größeren Umfang annahmen, ſo daß H. ſchließlich eine Art Monopol für Munitionskiſten und ſpäter für Gerätewagen erhielt. Es wird H. nun zur Laſt gelegt, daß er einen Be⸗ amten der Wumba durch Beſtechung verleitet habe, ihm weit größere Aufträge zu erteilen, als er eigentlich berechtigt war, zu erhalten, und daß bei der Verrechnung der gelieferten H. zu Beginn des Krieges von der Wumba f lebt nur vom Banknotendruck und läßt beiſpielsweiſe an in Anſpruch. Die Unterſuchung war weſentlich dadurch er⸗ leichtert, daß von der Abwicklungsſtelle der ehemaligen Feld⸗ zeugmeiſterei bereits ein Verfahren eingeleitet war. Die Felözeugmeiſterei hatte in den Akten der Wumba bereits Unregelmäßigkeiten bemerkt und war den Spuren nachge⸗ gangen. Dabei ſtieß man auf die bereits oben geſchilderte Verbindung, und das Material wurde vor geraumer Zeit der Staatsanwaltſchaft übergeben, die gegen den Angeſtellten der Wumba ein Verfahren anhängig machte. Beim Verfol⸗ gen der Spuren entſtand auch der Verdacht, daß einige Offi⸗ ziere, die während des Krieges in der betreffenden Abtei⸗ lung der Wumba tätig geweſen waren, ſich Unregelmäßig⸗ keiten haben zuſchulden kommen laſſen, und ſo wurden bis⸗ her fünf Perſonen verhaftet. Die Angelegenheit wird noch weitere Kreiſe ziehen.. Die Beiſetzung Karl Legiens. Vom Berliner Gewerk⸗ ſchaftshauſe aus fand am Freitag Vormittag die Beiſetzung des Vorſitzenden des Allgemeinen Deutſchen Gewerkſchafts⸗ bundes, Karl Legien, ſtatt. Während ſich am Engelufer und den umliegenden Straßenzügen die Parteiorganiſationen der S. P. D. und U. S. P. D. und die gewerkſchaftlichen Organiſationen der Arbeiter und Angeſtellten zum Trauer⸗ zuge gruppierten, fand im großen Saal des Gewerkſchafts⸗ hauſes die Trauerfeierlichkeit ſtatt, zu der nur die Ange⸗ hörigen des Verſtorbenen, die Vertreter der Reichs⸗, Staats⸗ und Kommunalbehörden und der gewerkſchaftlichen Spitzen⸗ verbände Eintritt erhalten hatten. Unter den Anweſenden ſah man den Reichspräſidenten Ebert, Reichsminiſter Dr. Koch, faſt alle jetzigen und früheren ſozialdemokratiſchen Miniſter, ferner Miniſter Fiſchbek und den Kommandeur der Berliner Schutzpolizei, Oberſt Kaupiſch. Beethovens Trauermarſch aus der„Eroica“, vorgetragen von der Ka⸗ pelle des Deutſchen Opernhauſes, und Chorgeſang leitete die Feier ein. Dann ergriff Miniſter a. D. Rudolf Wiſſel das Wort, um dem Dahingeſchiedenen einen letzten Gruß zuzu⸗ rufen. Wiſſel ſchloß mit dem Gelübde, das von Legien hin⸗ terlaſſene Lebenswerk in ſeinem Sinne weiterzuführen und zu entwickeln. Mit abermaligem Chorgeſang und dem Vor⸗ trage von„Aaſes Tod“ aus der Peer⸗Gynt⸗Suite ſchloß die ſchlichte Feier. Daun wurde der Sarg durch ein Spalier von Kranzträgern auf den mit ſchwarzem Tuch verhängten Lei⸗ chenwagen getragen. Unter dem Vorantritt der Kranzdepu⸗ tationen, die nach Hunderten zählten. ſetzte ſich der rieſen⸗ hafte Trauerzug in Bewegung. Hinter den Angehörigen ſchritten der Vorſtand des Allgemeinen Deutſchen Gewerk⸗ ſchaftsbundes und der Afa, die ſozialdemokratiſche Reichs⸗ tagsfraktion, die Parteivorſtände und Delegationen. Dann folgten die Angehörigen von 40 Gewerkſchaften, an der Spitze die Mitglieder des Holzarbeiterverbandes. Der Trauerzug paſſierte dann den Oſten Berlins und erreichte in den erſten „ den ſtädtiſchen Friedhof in Friedrichs⸗ elde. Jede Frau iſt ein Engel— man muß ſie nür zu behan⸗ deln wiſſen. Nehmen wir an, ihr eßt gern gut, wie ſo viele Männer. Dann dürft ihr nicht ſagen, wie ich ſo oft von Eheleuten gehört habe:„Liebting, das Eſſen iſt beute un⸗ genießbar“, oder:„Schon wieder Sauerkokl! Di weißt doch, daß ich ihn haſſe!“ Sondern ihr müßt ſagen:„Wie vorzüg⸗ lich iſt heute wieder gekocht!“ Oder:„Wie ausgezeichnet ſchmeckt heute wieder die Sure!“ Dann wird die Frau den Ruhm als gute Köchin behalten wollen, wid ſich immer grö⸗ ßere Mühe geben, und eure Mahlzeiten zu einer Kette von Freuden werden. Willſt du dir häuslichen Streit erſparen, ſo zieh die 3 aus feigendem Beiſpiel: 3 i it. ei achhar 1% wir hatten unſeren Fran Beiſprochen, punkt halb 2 Uhr zum Efen zurück zu ſein. Unterwegs hatten wir einen unvorhergeſehenen Aufenthalt. Wir kamen erſt nach 2 Uhr. Als ich ins Zimmer trat, blicke ich meine Frau mit einem Ausdruck. der Bewunderung und des Entzückens an. Sie fragte mich warum ich ſie ſo anſtarre.„Noch nie haſt du ſo ſchön aus⸗ geſehen!“ rief ich aus. 8 war wahr und alles verlief in Harmonie. Wie ich nachher von meinem Nachbar hörte, war er nicht ſo glücklich.. 785 5 Zum Tode Bethmann Hollwegs. Zum Hinſcheiden Bethmann Hollwegs erfahren wir: Herr v. Bethmann Hollweg war bis in die letzten Tage geiſtig und körperlich friſch und rüſtig geweſen. Am Mittwoch zeigten ſich die erſten Anzeichen der Krankheit. Nach der Rückkehr von einem Spaziergang wurde er in ſeinem Schlafzimmer ohnmächtig vorgefunden. Der Arzt ſtellte eine Rippenfell⸗ und Lungenentzündung feſt. Am Donnerstag war Herr v. Bethmann Hollweg geiſtig noch friſch und unterhielt ſich noch lebhaft mit einem Be⸗ ſucher. Am nächſten Tage ſtellte der aus Berlin berufene Profeſſor Dr. Lazarus feſt, daß es ſich um eine ſchwere, doppelſeitige Erkrankung handle. Die Krankheit machte rapide Fortſchritte. Am Samstag morgen trat ein ſchwerer Schwächeanfall ein, und ſeitdem war der Kranke ohne Bewußtſein. In der zweiten Morgenſtunde des Sonntags verſchied Herr Bethmann Hollweg. Theobald v. Bethmann war am 29. September 1856 auf dem Rittergut Hohenfinow bei Eberswalde geboren. Nach dem Beſuch der Landesſchule Pforta ſtudierte er 1875 bis 79 in Straßburg, Leipzig und Berlin die Rechte. 1885 wurde er Aſſeſſor in Potsdam, 1886 Land⸗ rat in Ober⸗Barnim, 1889 heiratete er Martha v. Pfuel. 1896 wurde er Oberpräſident in Potsdam, 1899 Regie⸗ rungspräſident in Bromberg, 3 Monate ſpäter Ober⸗ präſident der Provinz Brandenburg. 1905 Miniſter des Innern in Preußen, 1907 Reichs⸗Staatsſekretär des Innern und Vizepräſident des preußiſchen Staats⸗ miniſteriums, 1909 Reichskanzler und Präſident des preußiſchen Staatsminiſteriums. Sein weiteres Leben gehört der Geſchichte an. Den Weltkrieg zu vermeiden, war ihm trotz aller Bemühungen nicht möglich; ob ſein Verhalten gegenüber dem Kaiſer und der Militärpartei ſtets richtig und ob er ſeinem Amte in diplomatiſcher Hinſicht gewachſen war, dies iſt ein Streitpunkt der inne⸗ ren Geſchichte des Weltkriegs. Eins ſteht feſt: Bethmann Hollweg war ein hochgebildeter, in ſeinem Charakter hochachtbarer Mann, der ſtets das eigene Wohl hinter das des Vaterlandes zurückgeſtellt hat. Wien ſtellt die Gehaltzahlungen ein. Wien, 4. Jan. Die Stadtverwaltung gibt bekannt, daß es ihr bis heute nicht möglich geweſen wäre, die 75 Millionen zuſammenzubringen, die notwendig ſind, um den 25 000 im Monatsgehalt ſtehenden ſtädtiſchen Ver⸗ waltungsbeamten am 1. Inauar die Gehälter auszube⸗ zahlen. Es iſt deshalb heute nachmittag eine Abord⸗ nung der Gemeinde Wien mit dem Finanzminiſter zu⸗ ſammengetreten, um von der Zentralſtaatskaſſe eine Aushilfe für die Auszahlung zu erhalten. Ob dieſem Wunſche Rechnung getragen werden kann, wird aus zweierlei Gründen als zweifelhaft bezeichnet. Der Staat 8 — ö 0 ben, wie an Steuern eingeht. Außerdem befindet 8 nicht nur die Gemeinde Wien, ſondern auch die 8000 a größeren und kleineren Gemeinden Oeſterreichs in dem⸗ ö ſelben Defizitſtadium, und der Staat wäre bei einem Entgegenkommen gegenüber Wien genötigt, dasſelbe Entgegenkommen den 800, e meinden zu gewähren, was ihm gänzlich unmögl!⸗ Wie die Reparations⸗ kommiſſion, an die ſich die gatsangeſtellten in der Er⸗ kenntnis der gänzlichen Notlage der Regierung bezüglich der Bezahlung der Gehälter der Staatsbeamten heute gewandt haben, das Verlangen um Aushilfe beantworten wird, iſt noch nicht bekannt. Es verdient aber verzeichnet 5 werden, daß der Führer des 7 calverbandes der 4 Oeſterxeich!!“en Staatsangeſteſkken in einem heutigen Abendblatt aus der Denkſchrift des Leiters der Wiener Reparationskommiſſion an die Entente den Satz von der Lebensunfähigkeit Oeſterreichs herausgreift und mit 0 dieſer Begründung von der Entente die Rettung dieſes Elensſtaates verlangt, den ſie ſelbſt geſchaffen hat, und einem Anſchluß an das Deutſche Reich zu geſtatten. Es muß auch hervorgehoben werden, daß dieſer ſelbe Staatsbeamtenführer, der der kommuniſtiſchen Richtung zuneigt, die Mitteilung macht, daß in der Staatsbeam⸗ tenſchaft ſyndikaliſtiſche Ideen Platz gegriffen haben. Er erklärt die Gefahr für naheliegend, daß die Beamten⸗ ſchaft, die dazu Gelegenheit habe, in Selbſthilfe einfach Gelder der ihnen anvertrauten Staatskaſſe mit Beſchlag zu belegen, um am 1. Jannar die Bezüge ſicherzuſtellen. Es iſt dies überaus bezeichnend für den vollſtändigen politiſchen Verfall des Staates, daß die Staatsbeamten⸗ vereinigung ſich über die Köpfe der Regierung hinweg durch die Eingabe an die Reparationskommiſſion, an das Ausland um Hilfe für ihre eigenen Bedürfniſſe wen⸗ det. Die Notlage des Staates und der Gemeinde Wien iſt natürlich nicht von heute, und um ſo größer iſt der Mangel an Vorausſicht der leitenden Perſönlichkeiten der Stadt Wien, die im Oktober, um eine günſtige Wahl⸗ ſtimmung zu ſchaffen, eine Woche vor den Parlaments⸗ wahlen die ſtädtiſchen Gehälter erheblich in die Höhe ſetzte und auch noch um Mitte Dezember das Verlangen der Angeſtellten nach einer Weihnachtsremuneration von 6000 Kronen auf den Kopf, allerdings zahlbar durch den Staat, für gerechtfertigt erklärte.„ Die troſtloſe Lage Wiens und Deutſchöſterreichs tritt jetzt in erſchütternder Nacktheit zutage. Mit den Phra⸗ ſen von Gerechtigkeit und Menſchlichkeit iſt auch der Ver⸗ trag von St. Germain der Welt angeprieſen worden. Jetzt zeigt ſich, daß er ein Verbrechen an Millionen von Menſchen und an einem blühenden Lande iſt. Mord in der grauſamſten und qualvollſten Form wird hier ver⸗ übt. Wie zum Hohn für das gequälte Volk werden in den Ententeländern Wohltätigkeitsfeſte für die hungern⸗ den Kinder Wiens veranſtaltet. Die Väter und Mütter f der Kinder aber liefert man kaltblütig dem ſicheren Tode 5 aus, denn mit voller Abſicht verhindert die Entente jede Maßnahme zur Geſundung Deutſchöſterreichs. 5 Dieſes 8 Verbrechen iſt den ſchlimmſten der Weltgeſchichte gleich⸗ zuſtellen, ja es übertrifft die ungeheuerlichſten Grauſam⸗ keiten des Orients. Ein Grauen wird die Kulturmenſch⸗ heit erfaſſen, wenn ſie erkennt, was das Donauland zu leiden hat. Möge der finanzielle Zuſammenbruch Wiens der Weckruf ſein, der das Gewiſſen der Menſchheit end⸗ lich zur Tat aufruft. Möge die Leideniszeit unſerer Brüder in Oeſterreich ihren Höhepunkt erreicht haben, dem bald die Erlöſung folgt! Wieder ein Raubmord! Im Weiler Rempertshofen bei Kißlegg drangen nachts zwei Unbekannte in das Schlafzim⸗ mer des Landwirts Johann Georg Mahle und verlangten von den aufgeſchreckten Eheleuten Geld. Als die Frau zö⸗ gernd dem Verlangen nachgab, fiel plötzlich ein Schuß und Mahle ſank tödlich getroffen auf das Bett zurück. Die Tä⸗ ter, die mit Taſchenlampen verſehen waren, ergriffen hier⸗ auf die Flucht, verfolgt von dem hinzugekommenen Sohn des Getöteten, der ihnen einige Schüſſe nachſandte, ohne je⸗ 85 zu treffen. Im Dunkel der Nacht entkamen die Mör⸗ 3 Die Millionengage. Die Filmſchauſpielerin Pola Negri iſt mit 18 750 000 M. jährlicher Gage nach Amerika verpflichtet worden. Bei Anſchaffung von Pelzen kommt ihre Dauerhaftigkeit ſehr in Betracht. Dieſe in der Kälte äußerſt begehrten Be⸗ kleidungsgegenſtände haben einen ſehr verſchiedenen Preis, der ſich nach dem Wert der elnzelnen Pelztiere, mehr noch ö nach der eben herrſchenden Mode richtet. Ihre Lebensdauer kommt natürlich ebenfalls in Betracht. Dies erläutert am beſten der Hermelin und das Chinchilla. Hermelin hat eine Lebensdauer von 25, Chinchilla von 15 Jahren, wogegen dem Skunks eine ſolche von 7 hund dem Biber gar von 90 Jahren zuerkannt wird. Am haltbarſten ſoll der Pelz der Seeytter ſein, dem 100 Jahre gegeben werden, dann folgen ſo ungefähr der des Seehundes mit 75, des amerikaniſchen Wieſels mit 70, Perſianer mit 65, Zobel mit 60, Silberfuchs mit 40, Opoſſum mit 37, Luchs mit 25, Eichhörnchen mit 55, Breitſchwanz mit 15 und Kaninchen mit 5 Jahren. Die Dauerhaftigkeit der Pelze verliert bedeutend, wenn ihre natürliche Färbung durch eine künſtliche erſetzt wird, wie 1 dies vielfach nur einer Modelaune zufolge geſchieht. Der f Unterſchied kann ſich leicht auf 20 Jahre belaufen. ö Vom tollen Mullah. Jahrzehntelang haben die Euglän⸗ ö der gegen den„tollen Mullah“, den Führer der Derwiſche im Somaliland, Krieg geführt, ohne ihn unſchädlich machen zu können. Immer wieder fiel der Mullah die Engländer aufs neue an. Mit Hilfe des Flugzeuges iſt es jetzt gelun⸗ gen, ihn zu beſiegen und zu vertreiben. Um die Anlage von Flugplätzen zu verbergen und mit der neuen Waffe über⸗ raſchend den Feind anzufallen, wurde die Nachricht ausge⸗ prengt, man wolle nach Oel bohren. Die Anlagen der Flug⸗ ballen verband ſich daher in dem Geiſt der Eingeborenen mit der Ausbeutung der Oelfelder. Als die erſten Flugzeuge das Lager des Mullah heimſuchten, da erblickte er darin wie 5 gefangene Derwiſche berichteten,„eine göttliche Offen⸗ ng“. Macht, daß er bei dem Heranfliegen dieſer merkwürdigen Rieſenvögel ſeine Anhänger um ſich verſammelte und ruhig das Erſcheinen der Ungetüme erwartete, unter ſeinem wei⸗ ßen Baldachin ſitzend, wie er es bei feſtlichen Gelegenheiten gewohnt war. Die Maſchinen gingen bis auf 800 Fuß herab, warfen Bomben und eröffneten dann aus einer Höhe von 300 Fuß Maſchinengewehrfeuer. Durch dieſer Erfahrung war der Mullah von ſeinem Glauben an die„Göttlichkeit“ der Flugzeuge geheilt. Er verbarg ſich von nun an in verſchie⸗ denen Höhlen, in denen er ſeine Waffen und Schätze ver⸗ H. oa ange legten Aung ahre. lang atten h sich Er fühlte ſich ſo ſehr im Schutze einer höheren heranzieht. ſteckte. Dann zog er ſich nach Tale zurück, einer außerordent⸗ Manrer or dei Memen mikgearbertet hakken. Die Feſtung des Mullah erwies ſich als bombenfeſt, denn eines der eng liſchen Flugzeuge, das eine 20⸗Pfund⸗Bombe direkt in die Feſtung warf, richtete keinen größeren Schaden an. Es ge⸗ lang aber, den Mullah völlig abzuſchneiden und ſeine Brief⸗ taſchen, Juwelen und einiges von ſeiner Kleidung zu erben⸗ ten. Zuletzt aber machte die Garniſon der Derwiſche einen Ausfall, und dabei entkam der Mullah. Tagelang wurde er von dem Kamelkorys verfolgt, bis es„nichts mehr zu ver⸗ folgen gab“. Der Mullah war mit ſeinem älteſten Sohn und einem Bruder nach Abeſfinien entwichen. Bei der Verfol⸗ gung wurden aber 60 Männer aus ſeinem perſönlichen Ge⸗ folge getötet, darunter ſieben ſeiner Söhne, ſieben nahe Ver⸗ wandte und vier ſeiner Ratgeber. Sechs ſeiner Söhne, ſeine fünf Frauen, vier Töchter und zwei Schweſtern wurden ge⸗ fangen genome. Seine Anhänger ſind nun zerſtreut, ihres Führers ber⸗ dadurch machtlos. ö Letzte Drahtnachrichten. — 95(Eigener Sonderbericht.) f 1 Berlin, 3. 1 Jan.(Drahtmeldung.) Die Fraktion der Rechtsunabhängigen hat an den Reichstagspräſiden⸗ ten Löbe das ſchriftliche Erſuchen gerichtet, den Reichstag ſofort zuſammenzuberuſen. Zur Begründung wird ge⸗ ſagt, das Verhalten der Regierung bei den Verhandlun⸗ gen mit den Ententemächten, im beſonderen die Verheim⸗ lichung entſcheidender Noten, mache es dringend nötig, daß der Reichstag ſeinen Einfluß auf dieſe Verhandlun⸗ gen zur Geltung bringe. Berlin, 3. Jan.(Drahtmeldung.) Die Berliner Arbeitsloſen haben ſeit Weihnachten einen Zuwachs von 7000 Mann erfahren. Für die kommende Sitzung des Berliner Stadtparlaments hat der Berliner Arbeits⸗ loſenrat die Loſung ausgegeben, die Verſammlung ſo⸗ lange zu ſtören, bis dieſe 1000 M. Gratifikation pro Kopf für die Erwerbsloſen bewilligt hat. N Aufhebung derEinreiſebeſchränkung nach Italien. f Baſel, 2. Jan.(Drahtmeldung.) Die italieniſche Re⸗ zierung hat zum 1. Januar die noch bestehenden Einreiſebe⸗ chränkungen ir die Angehörigen der früheren feindlichen Staaten reſtlos aufgehoben. i 5 i * Notwendigkeit und der Schutz eines guten gewerblichen Nachwuchſes. Ohne gute Zucht, keine gute Frucht. Wohin wir ſehen überall bewegen ſich Jugendliche ungebunden und zügellos. Verrohung und Sittenloſigkeit an allen Enden. So iſt lei⸗ der die Jugend eine Reihe von Jahren ohne Zucht aufge⸗ wachſen, als Vater und Lehrer zu den Fahnen, die Mütter zu ſchwerer Arbeit abgerufen waren. Die phyſiſch und moraliſch unzulänglichen Kräfte fanden gleich nach dem Austritt aus der Schule in der Kriegsinduſtrie hochge⸗ lohnte Arbeit. Und ſo lernte die deutſche Jugend noch früher als ſonſt die Naſe rümpfen als putzen. Nach der Rückkehr von Vater und Lehrer wurden die jüngeren Ge⸗ ſchwiſter von dem„vorzeitigen Selbſtgefühl“ der älteren inftziert, wobei ihnen das Verbleiben des hohen Lohnes für jugendliche Arbeiter zuſtatten kam. Glücklich iſt nun bei unſerer ungebundenen und zügelloſen, bei unſerer ſittlich verwilderten, dem Nikotingenuß ergebenen und in Schieber⸗ geſchäften bewanderten Jugend das vorzeitige Selb ſt⸗ bewußtſein, die Ueberhebung bis ins Schwin⸗ delhafte angewachſen. Sonſt ſchweigt und lauſcht die Jugend von altersher in allen Kulturſtaaten, wenn der „weiſe Neſtor“ das Wort ergreift. Unſere heutige 8 führt überall das lauteſte Wort. 5 Dieſe Früchtchen, die den Vorteil hoher Löhne und rela⸗ tiver Ungebundenheit kennen und ſchätzen gelernt haben und die glauben, mit der Teilfertigkeit, die ſie ſich in irgend einem Berufe angeeignet hatten, genug fürs Leben gelernt zu haben und ſich daher gegen eine ordentliche Lehre ſtem⸗ men, werden nun zur Verſchlechterung der Arbeitsleiſtun⸗ gen, zu Gewiſſenloſigkeiten bei Qualitätsbegriffen, zu un⸗ reellen Unterbietungen bei Wettbewerben, kurz zu allen häßlichen Auswüchſen auf wirtſchaftlichem Gebiete weſent⸗ lich beitragen. Immer mehr macht ſich große Abneigung gegen die Gebundenheit in der Lehre, namentlich in der Handwerkslehre bemerkbar. Faſt täglich gelangen wegen der Unbotmäßigkeit der Lehrlinge gegenüber dem Lehr⸗ herrn Lehrverhältniſſe zur Auflöſung. ö Die Notwendigkeit aber, einen gut ausgebildeten ge⸗ werblichen Nachwuchs uns zu erhalten, ſteht mit den ver⸗ ſchiedenſten Fragen unſerer wirtſchaftlichen Wießeraufrich⸗ tung in engſtem Zuſammenhang. Ganz abgeſehen von dem Friedensvertrag, der in ſeiner gegenwärtigen Geſtalt eine Geſundung überhaupt unmöglich macht, können wir uns nur wieder aufrichten, wenn unſere Erzeugung den Ver⸗ brauch, und was den Außenhandel betrifft, die Ausfuhr unſere Einfuhr überſteigt. Um dieſes große Ziel zu errei⸗ chen, müſſen wir die eigenen und die einzuführenden Roh⸗ ſtoffe zu hochwertigen Waren verarbeiten und das ſo er⸗ zeugte Plus an Werten unſerer Wirtſchaft zuführen. Das kann jedoch nur durch hochqualifizierte Arbeit geſchehen, für die eben wiederum die Qualitätsarbeiter unentbehrlich ſind. Die beſten Qualitätsarbeiter aber vermittelt die Lehre im Kleinbetrieb, ſie erzieht mehr als die Heranbildung im Großbetrieb zur Material⸗Oekonomie und zur Betäti⸗ gung der eigenen Initiative. i Durch den Tariſſchematismus iſt in der Entlohnung der gelernten und ungelernten Arbeiter allmählich eine Gleich⸗ macherei eingetreten, die das Wirtſchaftsleben auf die Dauer einfach nicht ertragen kann. Bald werden die unge⸗ lernten Arbeiter gar kein Intereſſe mehr daran haben, ein beſonderes Fach gründlich zu erlernen. Die Folge der ge⸗ genwärtig finanziell nicht genügend gewürdigten erlernten Arbeit iſt, daß z. Zt. Qualitätsarbeiter nach neu⸗ tralen Ländern und nach Nordamerika aus⸗ wandern, deren Mitwirkung beim Wiederaufbau der Volkswirtſchaft notwendig ſein wird. Und dazu kommt eine ganz gefährliche Rückwirkung auf die Beſchäftigungs⸗ möglichkeit der ungelernten Arbeiter, welche das Fehlen einer hinreichenden Zahl an gelernten Arbeitern aus⸗ löſt; denn in der Regel üben die Qualitätsarbeiter eine Art von„Schlüſſelfunktion“ aus, ſie ſind die Träger des wichtigſten Teiles des techniſchen Produktionsvorganges, ohne den die vorangehenden und begleitenden Tätigkeiten der ungelernten Arbeiter überflüſſig ſind. Die gegenwärtige Wirtſchaftskriſis und die verhältnismäßig große In⸗ anſpruchnahme der Arbeitsloſenunterſtützung hat gezeigt, daß wir vorläufig an ungelernten Arbeitern Ueberfluß haben; muß aber die Produktion infolge einer Abwan⸗ derung der Facharbeiter in höheren: Umfange noch weiter eingeſchränkt werden, dann wird hal!„ von Be⸗ ſchäftigungsſgielraum und Arbei noch ungünſtiger. Die Jugend wieder zur Lern. keit zu erziehen, müßte daher heiligſte Aufgabe aller Inſtanzen ſein, die ſich mit dem gewerkſchaftlichen Nachwuchs befaſſen. Die Jugend darf vor allem die Neigung zur Handwerkslehre nicht ver⸗ lieren, weil ſie in der Hauptſache die Qualitätsarbeiter⸗ Es iſt von großem Wert, daß trotz der hohen Tariflöhne für ungelernte Arbeiter eine große Anzahl junger Leute eine geregelte Lehre in einzelnen Handwerks⸗ zweigen durchmachen will, wenn auch in manchen Gegenden die Lehrlingsausbildung durch gewiſſe Widerſtände der Ar⸗ beiter und. Verhalten der Lehrling me* 7 dem. Bnrw N 8 lagaüchte guten gewerblichen Nachwuchſes. 5 e ſelbſt er⸗ 1 zu ziehen iſt. Auch die Frage der Lehrlingsent⸗ ſchädigung bedarf der ſorgfältigen Behandlung. Geht die zu leiſtende Aufwandsentſchädigung an Lehrlinge über die Leiſtungsfähigkeit des Betriebes, ſo wird— und mit Recht der Meiſter den Lehrling als Arbeiter und nicht als Lehr⸗ ling behandeln. Die Koſten für die Ausbildung haben eine auch die Tarifverträge dem richtigen Grundſatz, daß die für die Ausbildung aufgewendeten Beträge den Lernenden in ihrer ſpäteren Berufsausübung durch beſſere Bezahlung für die beſſeren Leiſtungen wieder entgelten werden. 3. Zk Abbruch zu tun geeignet ſind, ſo muß doch der Lehrling ſtets an ſeine Zukunft denken und„Lernender“ bleiben Die Gefahr der Ausnützung billiger Kräfte wird aber bei hoher Lehrlingsentſchädigung recht groß. Und das bedeute eine nicht zu unterſchätzende Gefahr bei Heranbildung eines Der gelernten gewerblichen Arbeit ſollte aber beſonderer geſetzlicher Schutz gegeben werden. Eine Be⸗ ſtimmung, die in ähnlichem Sinne wie den Meiſtertitel auch den Geſellentitel ſchützt, müßte daher bei der Neuordnung der Gewerbeordnung eingeflochten werden. Der Lehrling weiß, daß er ſich am Schluſſe der Lehrzeit der Geſellen⸗ prüfung nicht zu unterziehen braucht, wenn er nicht will: es ſchwindet bei ihm der Trieb zur Fortbildung, und am Schluß der Lehrzeit läßt das Gefühl, ungenügende Kennt niſſe zu beſitzen, dem Lehrling die Prüfung als läſtig er⸗ ſcheinen. Es muß deshalb die fehlende Handhabe geſchaffen werden, um dieſem Mißſtande zu begegnen. Es iſt nun recht und billig, daß diejenigen jungen Leute, die ordnungs⸗ gemäß gelernt und die Geſellenprüfung nicht beſtanden Paben, ch aber bisher auch Geſelle oder Gehilfe nannten einen Vorzug haben. Wer den Titel eines Geſellen führt muß den Beſitz einer gewiſſen Summe von Kenntniſſen und Fertigkeiten nachgewieſen haben. Die Durchſchnittsleiſtungen würden alſo bei Einführung der obligatoriſchen Geſellen⸗ prüfung bedeutend erhöht werden und damit auch die Qua⸗ lität der deutſchen ErzeugniſſeQ 1 1 Die gegenwärtige wirtſchaftliche Lage Deutſchlands zwingt dazu, allen Einfluß aufzubieten, um in den Jugen lichen die Schätzung der gelernten Arbeit wieder zu heb Unſere Wirtſchaft kann einen größeren Verluſt an tätsarbeitern einfach nicht ertragen. Neben dem wir lichen Effekt ſteht auch— und das iſt nicht zu unter — die größere Befriedigung, die naturgemaß die ſtellung oder Leiſtung guter Arbeit hervarruft verſchiedene Höhe, je nach dem zu ergreifenden Beruf. Wenn * 22 beiter ſoll einen Anreiz empfinden, in ſeinem Beruf die höchſte Leiſtungsfähigkeit zu erreichen. Anſonſten iſt er ein Tor, denn neben dem materiellen Nutzen verſchenkt er den Inhalt ſeines Lebens, die Freude an ſeiner Arbeit. Sie nur allein iſt die Trägerin der perſönlichen Befriedigung und der Schrittmacher für das Wohl der Geſamtheit. Denn in ihr liegen die Möglichkeiten des aufblühenden Staates, der Wert und das Glück einer erfolgverſprechenden Perſön⸗ lichkeit. 5 — 2 . 7 5 Kat 7 r aa iſt Rechte⸗ und Geſchäftsſähigkeit? Rechtsfähigkeit iſt nach den Vorſchriften des bürgerlichen Rechts(BGB.) die Fähigkeit zum Erwerb von Rechten. Rechtsfähig iſt jeder Menſch mit der Vollendung der Ge⸗ burt. Vereine und Stiftungen beſitzen Rechtsfähigkeit, ſo⸗⸗ genannte juriſtiſche Perſönlichkeiten, wenn ſie ihnen vom Geſetz belegt oder vom Staate verliehen iſt, z. B. amts⸗ gerichtlich eingetragene Vereine, die verſchiedenen Handels⸗ geſellſchaften, eingetragene Genoſſenſchaften uſw. Ein nicht rechtsfähiger Verein kann zwar verklagt werden aber nicht ſelbſt klagen. 5 Geſchäftsfähigkeit iſt die Fähigkeit, durch Rechtsgeſchäfte ſich zu verpflichten. Perſonen beiderlei Geſchlechts erlangen mit dem vollendeten 21. Lebensjahre Geſchäftsfähigkeit. Perſonen unter 7 Jahren und Geiſteskranke ſind gar nicht geſchäftsfähig. Perſonen über 7 Jahre, ferner Perſonen, welche wegen bloßer Geiſtesſchwäche, Verſchwendung oder Trunkſucht entmündigt ſind, bedürfen der Genehmigung des Geſchäfts durch ihren Vater oder Vormund. Iſt ſie nicht beim Abſchluß des Geſchäfts erteilt, ſo muß ſie nach⸗ 11 eingeholt werden, ſonſt bleibt das Geſchäft un⸗ wirkſam. 3 9 3 5* Das bürgerliche Recht keunt aber noch gewiſſe Be⸗ ſchränkungen der Ehefrau. Der Mann ba. ämlich Nieß⸗ brauch und Verwaltungsrecht am eingebrachten Vermögen ſeiner Frau. in der Regel ſeiner Genehmigung. R innerhalb ihres häuslichen Wirkung? von Lebensmitteln, notwendige Kle als im Namen des Mannes vorgenom die Ebefrau nicht. 5 Handel und Verkehr, Induſtrie u Gewerbe im Sudan. Von W. A. Bode, Karlsruhe. Der geſchäftliche Handel wird ſich in jedem Lande nur ſes, z. B. Einka men und verpflichten 1 Jede Verpflichtung der Ehefrau bedarf daher 5 ö ahtsgeſchäfte der 8 5 1 zasſtücke uſw., gelten dann zu großer Blüte entwickeln, wenn er ſich auf eine ar⸗ beitſame, heimiſche Induſtrie oder auf ausgedehnte Gewerbe ſtützen kann, und wenn paſſende genügende Verkehrswege geſchaffen ſind. Denn was hilft der ſtärkſte induſtrielle Fleiß, wenn nicht die Möglichkeit vorhanden iſt, die Pro⸗ dukte ſchnellſtens abzuſtoßen! g Nun waren es gerade die nötigen Verkehrswege, die dem engliſch⸗ägyptiſchen Sudan noch vor wenigen Jahren faſt gänzlich fehlten. halt(2 800 000 Quadratkilometer) faſt ganz Mitteleuropa gleich, beſaß weder Eiſenbahnen noch Straßen. Als ein⸗ ziger Verkehrsweg diente der Nil. Da gab es Hinderniſſe mancher Art: die Katarakte im Norden; Ueberſchwemmun⸗ gen, dann wieder Waſſernot im Süden. Wenige Karawa⸗ Dieſes große Gebiet, an Flächenin⸗ 1 4 nenwege durchzogen die weit vom Nil ab ſich dehnenden, teilweiſe wüſten, teilweiſe ſteppenartigen Länder. Sie gal⸗ ten als unſicher und gefährlich. Es gab Zeiten, da jeder Verkehr in dem großen Gebiet faſt ganz ruhte und die Furcht vor Raub und Mord jeden Handel unmöglich machte 1 * Doch war es nicht immer ſo. Der Sudan iſt ein altes 25 Land, in welchem Handel und Verkehr, Induſtrie und Ge⸗ werbe zu einer Zeit blühten, da Europa noch im Schlum⸗ mer lag. Erſt mit dem Eindringen der Türken im vorigen Jahrhundert gingen Wohlſtand und Sicherheit zurück und traten an deren Stelle Elend und Armut. Dann, nach der Unterwerfung des Mahdi, kamen die Engländer. Sie ſchu⸗ fen Bahnlinien vom Landinnern zur Küſte. Regelmäßiger Dampferverkehr erſchließt die 1000 Kilometer im Süden von Khartum liegenden Negergebiete. Eine kürzlich voll⸗ ö endete Bahn führt die Produkte des weſtlichen Landes Dar Fur hunderte Kilometer weit nach Often, an den Nil. Und weitere Strecken ſind geplant. s i a Die Engländer arbeiten ſyſtematiſch an der Erſchließung des Landes. Der Erfolg zeigt ſich an der mehr und mehr ſteigenden Wohlhabenheit der ſudaneſiſchen Völker. ee a Willig 1 15 Land, welches noch vor fünfzehn Jahren keine nennens⸗ che werte Ausfuhr aufwies, exportierte im letzten Vorkriegsfahr 9 — 5 1. n ders von den nördlichen Mohammedanern verlangten Baumwollengeweben, dann Zucker, Mehl, Kaffee. 5 Aus der Exportſtatiſtik erſieht man, daß faſt nur Produkte der Landwirtſchaft und Viehzucht ausgeführt ſind. Wir müſſen eben zwiſchen„Seßhaften“ und„Ziehenden“ unter⸗ f ſcheiden. Die Nomaden der Wüſte ſind die geborenen Vieh⸗ züchter, während die Seßhaften in Induſtrie und Gewerbe ganz Anſehnliches leiſten. Im Allgemeinen finden wir im Sudan zwei Intereſſenſphären; das nördliche Gebiet der mohammedaniſchen Gewerbefaulen und das ſüdliche, wo heidniſche Neger fleißige Gewerbetätige ſind. Im nördlichen Gebiet iſt der Gewerbefleiß am höchſten in den Ländern um dem Tſadſee gelegen. Je weiter nach Oſten, dem Nil zu, deſto mehr läßt der Gewerbefleiß der Eingeborenen nach und verſchwindet in einzelnen Fächern gänzlich. Verhält⸗ nismäßig Gutes leiſtet der Mohammedaner am Nil in Holz⸗ arbeiten. Die harte Notwendigkeit läßt ihn rieſige Waſſer⸗ ſchöpfräder bauen. Sie ſind ganz aus Holz, nur die Schöpf⸗ tröge ſind aus Thon; ſelbſtgeflochtene Baſtſtricke ſind das 5 einzige Bindemittel der vielen Holzteile. Weitere Holz⸗ arbeiten find: Bettgeſtelle von etwa 60 Zentimeter Höhe, don Baſtſtricken oder Lederriemen durchflochten; Sättel, wahre Marterinſtrumente für Tier und Reiter. Ganz an⸗ ſehnliche Bootswerften am Nil bauen breite ſchwere Laſt⸗ fegelboote und ſchmale leichte Schnellſegler. e Gerbereien findet man hin und weer. Das Leder wird M vielerlei verarbeitet: Peitſchen, Stöcke. Gürtel, Schnüre, Waſſerflaſchen und Trankgefäße, Scheiden ür ſchmale kurze Meſſer und lange breite Schwerter, Sandalen, Bruſtſchutz und Schilde. Einer der wichtigſten Zweige des Lederge⸗ wee bes iſt die Fabt lation von Schläuchen. Meiſtens aus Bockshaut gefertigt, dienen ſie beſonders dem Nomaden al nnentbehrliches Magazin für Waſſer und Milch. Auch die Flachskunſt iſt unter dem Druck der Lebensnot wendigkeit auf eine gewiſſe Höhe gelangt. Aus langer Gräſern, Pflanzenſtoffen, Wollfaſern und Lederſtreifen wer den dicke Bootstaue, dünne Schnüre, große breite Mattei und kleine Körbe hergeſtellt. ö 35 Die Töpfer liefern ganz gewaltige Krüge mit ſchmale— Oeffnung. Sie faſſen bis 50 Liter, dienen als Waſſerbehälte⸗ und halten infolge ihrer poröſen Wandlung das Waſſe wunderbar friſch. Des weiteren gibt es glaſierte und un glaſierte Töpfe, Teller und Schüſſeln. Das Eſſen der Su daneſen wird nur in ſolchen Geſchirren gekocht. 1 5 1 Als Metallarbeiter verarbeiten die Mohammedane! Eeiſen, Kupfer, Silber und Gold und halten ſich an die Mu ſter der Vorfahren. Die Schmiede fertigen ſchmale Meſſer bange Wurflanzen, breite, zweiſchneidige Schwerter, allerle Ackergerät, kleine und große Ketten, zierliche Fuß⸗ und Arm, ſpangen. Mancherorts werden geſchmeidige Kettenpanzen gefertigt nach dem Muſter der mittelalterlichen Fundjeneger Die Herrſcher des Fundjereiches waren gewaltige Haudegen gekleidet in glitzernde Kettenpanzer, den Kopf geſchützt durch kleuchtende kupferne Sturmkappen, bewehrt mit mächtigen Schwert in grellroter Lederſcheide. Die Schmiede der Edel metalle arbeiten gleichfalls nach alten Muſtern. Da gab es Meiſter der Filigranarbeit, wahre Künſtler des Frauen⸗ 85 ſchmucks. Sie ſchaffen Einlageſchmuck, deſſen Elfenbeinkör⸗ per von zarten Metallfäden in vielfacher Verſchlingung ge⸗ tragen und gehalten iſt. Die Metalle finden ſich im Land Datteln, Seſam, Elfenbein. Die Einführ brachte die beſon⸗ Ae Eingeborenen wiſſen ſie zu fördern. Schon e Aralte! Zeit— 2000 v. Chr.— gab es im Sudan, im nubiſchen Wü⸗ ſtengebirge, ein großes Goloͤbergwerk. Dort war die Hölle der Sklaven und der Beſiegten. Unter brennender Sonne, in ſchweren Ketten, bei ſchlechteſter Verpflegung litten die Unglücklichen derartige Qualen, daß der Tod von allen als Glück und Erlöſung betrachtet wurde. Das dort gewonnene Gold blieb allerdings nicht im Land, ſondern ging nach Aegypten, wo es als„Goldleib“ galt und von den Herr⸗ ſchern, den„Söhnen des Sonnengottes“, zur Verbreitung des göttlichen Glanzes gebraucht wurde. Das ſüdliche Intereſſengebiet iſt bedeutend intereſſanter, da bei den Negern die einheimiſchen Gewerbe ſich entwickel⸗ ten und ausdehnten, ohne wie die nördlichen von fremden Einflüſſen geführt zu werden. Da ſtehen bei den meiſten Negervölkern die Schmiede obenan. Sie verſtehen das im Lande gefundene Eiſen in thönernen Schmelzöfen zu ſchmel⸗ zen, welche oft in einer langen Reihe ſtehen. Sie benützen ganz primitive Werkzeuge: Zangen aus faſt unbrennbarem Holz, Hammer und Amboß aus kleinen und großen Steinen beſtehend. Der Blasbalg iſt mancherorts ein einfacher ir⸗ dener Krug mit einem kleinen Loch ſeitlich unten. Ueber dem Hals des Kruges liegt ein feſtgeſpanntes Fell, mit einer Stange verſehen. Durch Aufziehen und Niederſtoßen des Griffs wird das Fell gehoben und geſenkt und auf dieſe Weiſe Luft durch die ſeitliche Oeffnung in das Feuer ge⸗ preßt. Mit ſolchen urſprünglichen Geräten fertigen die Schmiede alles, was man an Eiſenutenſilien im Haus bei Feſtlichkeiten, auf dem Felde, auf der Jagd und im Kriege benötigt. Da gibt es Meſſer und Beile, handliche Spaten, ſcharfe Sicheln, bogenförmige Ackereiſen, die mancherorts den Pflug erſetzen, Schmuck, beſtehend aus breiten und ſchma⸗ len Armringen und dünnen Ohrringlein. Eiſentropfen werden als Perlen auf Schnüre gereiht, ſchmale Eiſenringe bilden eine Art Armband. Angehörige anderer Stämme tragen breite Metallringe, die als„dauerhafte Halskragen“ um den Hals geſchmiedet werden. Hier und da ſind ganz kleine eiſerne Zangen ſehr geſucht. Sie dienen zum Aus⸗ reißen der Augenbrauen, Wimpern und anderer Haare. Für Jagd und Krieg arbeiten die Schmiede geſchliffene An⸗ geln, unbrechbare Harpunen, dünne Pfeile und lange Lan⸗ zen. Bei vielen Stämmen gilt das Roheiſen als Kursgeld. Um dieſe Münze einheitlich zu geſtalten, gibt man ihr das Ausſehen einer Lanzenſpitze. So dienen die Schmiede den Menſchen. Trotzdem bilden ſie in manchen Gegenden eine allgemein verachtete Kaſte und haben kein Recht, bei Verſammlungen mitzuſtimmen. Bei dieſen Vöfkern gilt nur der Beſitzer einer arozen Viehherde als„Herr“. Die Schmiede als arbeitſame Handwerker ha⸗ ben nicht Muße zur Viehzucht, gelten daher nicht als„Her⸗ ren“... 5 1* 5 4* 75 1 Das zweitwichtigſte Gewerbe iſt die Holzarbeit. Da gibt es Tiſchler, die ſehenswerte Bettgeſtelle fertigen; Drechsler, die mit einfachem gebogenem Rundmeſſer gediegene Arbeit lifern; Schnitzer, die gar nicht übel menſchliche und tieriſche Figuren ſchaffen; Waffenarbeiter, die kleine Wurfkeulen und handliche gewaltig große Kampfſchlegel aus härteſtem Holz arbeiten. Töpferei und Korbflechterei liegt in den Händen der Frauen. Sie fertigen kleinſte Kochgeſchirre, größere Waſſerkrüge und unglaublich große Pfeifenköpfe. Das Flechtgewerbe bringt Körbe, Matten und ſogar ganze Hüt⸗ ten. Die Inſtrumentenmacher einiger Stämme ſchwärmen * J für Rieſentrommeln. Ein hohles Baumflück wird beids⸗ ſeitig mit verſchieden dicken Fellen beſpannt. So ergeben ſich zwei Töne, ein tiefer voller und ein dünner höherer. Anderorts ſind Hörner mit Stoßton beliebt, dann Flöten und Leiern. Auch primitive Gitarren ſind zu finden. Alle dieſe Inſtrumente geben eine einfache, doch durchaus„mens liche“ Muſik. 15 i Spinnerei, Weberei und Stoffertigung ſind faſt unbe⸗ kannt, da der Neger gerne ſo geht, wie ihn Gott geſchaffen. Bei manchen Stämmen tragen die Frauen, oft auch die Män⸗ ner einen Schurz, deſſen ſchmales unteres Ende zwiſchen den Füßen durchgezogen wird. Andere Stämme kennen einen Baſtſtoff, gefertigt aus der Rinde eines Baumes, als Bauchbekleidung. Im allgemeinen, ſelbſt in Miſſionsſtatio⸗ nen, iſt der Neger der Kleidung gar nicht gut geſinnt und der„Nilote“ gleicht da gar nicht dem Neger der afrikaniſchen Weſtküſte, der affenartig dem Weißen alles nachahmt und ſich in Frack und Lack ganz elegant bewegen kann. N PPC ã ð iU e d Er ſchlägt nicht aus der Art. Karlchen bringt ſeine Zen⸗ ſur nach Hauſe und hat unter„beſonderen Bemerkungen“ die folgende Beurteilung ſeines Lehrers:„Iſt fleißig und ordentlich, aber ſpricht zu viel“ Als er nach den Ferien die Zenſur wieder in die Schule bringt, muß er die Unter⸗ ſchrift des Vaters vorzeigen. Dieſen aber hat die Bemerkung des Lehrers zu einem entſchuldigenden Zuſatz angeregt. Er hat nämlich unter feinen Namen geſchrieben:„Da ſollten Sie erſt mal ſeine Mutter hören!“! a — Poſtaliſches. Alle Empfänger von Renten aus der nvalidenverſicherung, die neben ihrer Rente bisher eine ulage bezogen haben, erhalten vom 1. Januar 1921 ab eine außerordentliche Beihilfe und zwar die Empfänger einer Invalidenrente, Altersrente, Witwenrente(Witwerrente), Witwenkrankenrente monatlich 40 Mark, Empfänger einer Waiſenrente monatlich 20 Mark außer den bisherigen Be⸗ zügen. e Seckenheim, den 4. Januar 1921. Fuffballverrinigung Seckenheim. Zurückkommend auf einen vor einiger Zeit an dieſer Stelle erſchienenen Artikel unſerer diesjährigen Weihnachtsfeier betr. möchten wir unſere Mitgliedern hiermit gefl. mitteilen, daß infolge des fälligen Verbandsſpieles am 2. Januar 1921 die Weih⸗ nachtsfeier auf Samstag, den 8. Januar 1921, abends ½ʒ8 Uhr beginnend verlegt werden mußte. Die Vereins⸗ leitung war beſtrebt ein recht ſchönes Programm zuſammen⸗ zuſtellen und verſpricht der Abend auch einige genußreiche Stunden. Vor allen Dingen wurde Wert darauf gelegt den Humor in reichſtem Maße zur Geltung kommen zu laſſen. Alle unſere Mitglieder laden wir ſchon heute recht herzlich zu dieſer Feier ein. Wegen des mangelnden Platzes wurde beſchloſſen im Laufe der nächſten Woche noch einen beſonderen Theaterabend zu veranſtalten, damit auch allen Freunden und Anhänger unſerer Sportſache Gelegenheit zum Beſuche gegeben iſt. Wie das Fußball⸗ ſpiel gegen Friedrichsfeld am vergangenen Sonntag ein Beweis der Leiſtungsfähigkeit unſerer Fußballmannſchaften war, ſo ſoll auch bei dieſen beiden Veranſtaltungen gezeigt werden, wie auch der Verein in geſelliger Hinſicht in der Lage ift, allen Wünſchen der Beſucher voll und ganz zu genügen. Näheres wird noch bekannt gegeben. K. R. Verantwortlich für die Redaktion: Ph. Deffren, Seckenheim. 10 — Aucker-⸗Ausgabe. Die Haushaltungen werden erſucht, morgen Mittwoch und Donnerstag ihre Lebensmittel ausweiſe bei denjenigen Handlungen abzugeben, wo ſie ihren Zucker für Monat Januar be⸗ ehen wollen. Die Händler haben die Um⸗ ſchläg⸗ bis ſpäteſtens Freitag Vorm. 12 Uh: bei uns abzugeben. N Lebensmittelamt. Sammel⸗Anzeiger zur für Miiglieder der Jann. Kix. N Verkanfsgenoſſenſchaft. 5 8 5 Im Lager vorrätig: Schweinemaſtfutter, Reisfuttermehl, Daris⸗ mehl, ganz beſonders für junge Schweine geeignet, Leinkuchen gemahlen, Leinſamen, Biertreber, Fleiſchfuttermehl, Kleie für Pferde, Kochſalz, Viehſalz, blaue Herren⸗ und Frauen⸗ * 14 ſchürzen, Herrenſocken, Joppen, Lederfett und Wagenfett in Friedensqualität. Die Beſtellungen in Saatgut können nur morgen beim Lagerhalter angemeldet werden. 5 Der Vorſtand. Froſd Cürnerſchaft 5onengein. e Einladung 5 zur Jahres- OUersammlung am Freitag, den 7. Jaunar 1921, abends punkt 8 Uhr im Lokal. 1 Stunde vorher CTournrats-Sitzung. Alle Mitglieder werden gebeten, pünktlich zu erſcheinen Der Turnrat. Der vegelmäßige Turnbetrieb be ⸗ ginnt heute Dienstag wieder und zwar für Turner und Zöglinge. Für Schüler und Schülerinnen fällt die Uebungsſtunde noch aus. 25 Der Turnrat. 1 5 Türndereſn Seckenbelm 1898. 8 2 5 8. 0. gegr. a Heute Abend ½8—9 Uhr Turnſtunde. jähliges Erſcheinen erwartet 1 Lergnuoungs beſelächafßt „Uiadell“ 1919. O Margen Abend ½8 Uhr Theater⸗ Probe im„Deutſchen Hof“. Um vollzähliges und pünktliches Erſcheinen bittet Der Vorſtand. 8 7 a Uurnerbund„Jahn“ Seckenheim E. VB. gegr. 1899 Wir laden unſere aktiven und paſſtoen Mitglieder zu der am Freitag, den 14. Januar 1921, abends 7½ Uhr, im Lokal zum„Kaiſerhof“ hier ſtattfindenden ordentichen Haumtverfamamung ergebenſt ein. Die Tagesordnung hierfür iſt Tages- und Fächern beginnen am Privat-Handelsschule Handels- Kurse Zur gründlichen Ausbildung als Stenotypist(in), Buch- halter(in) usw., sowie Fortbildungskurse in sämtlichen, 7. Jannhar 1921. Beste Empfehlungen. Mässiges Honorar. Prospekte gratis. Abend- kurse ſia Lederfett Wagenfett „ Huffett. S empfiehlt Germania-Drogerie Fr. Wagner's Nachf. J. Huudckualen wie folgt feſtgeſetzt: a „Tätigkeitsbericht. Turnbericht. Kaſſenbericht. Entlaſtung des Geſamtvorſtandes. Neuwahl desſelben. „Anträge u. Wünſche der Mitglieder. .Verſchiedenes. Etwaige Anträge ſeitens der Mitglieder zur Hauptverſammlung müſſen nach§ 10 unſerer Satzungen 8 Tage vorher ſchriftlich beim Turnrat eingereicht werden. Im Hinblick auf die große Wichtigkeit der Hauptverſammlung bitten wir die geſamte Mitgliedſchaft um pünktliches und vollzähliges Erſcheinen. Der Vorſtand. Fußball⸗Vereinigung 75 Seckenheim. e Abend 7 Ab- 75 Theater⸗ Probe für ſämtliche Mitwirkende Um pünktliches, vollzähliges Erſcheinen bittet b Der Spielleiter. Trauher- Papiere S ge e eee ee Goflüögeffutter empfiehlt Fr. Wagner Naehf. Inhaber W. Höllstin. SGG Goc ee Rechnungen in ſaubeter Ausführung liefert ſchnellſtene. Druckerei Zimmermann. Städtische Sparkasse Mannheim unter Garantie der Stadtgemeinde Mannheim mündelsicher. f Annahme von Spareinlagen; tagweise Ver- zinsung. Annahmestelle: 6g. 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Die Kreisverwaltung Mannheim hat für alle Kreisangehörigen eine unentgeltliche Ver⸗ mittlung von Obſtedelreiſern der nach⸗ genannten Obſtſorten eingerichtet: 5 a) Aepfel: b) Birnen: Charlomosky Clapps Liebling Keswicker Küchenapfel Williams Chriſtbirn N Goldparmäne Gute Luiſe f Baumanns Reinette Diels Butterbirn Rh. Winter Rambour Schweizer Waſſerbirn Großer Bohnapfel Weiler'ſche Moſtbirn N Rot. Trier. Weinapfel Luxemburger Moſtbirn Beſtellungen hierauf werden bei uns Zimmer Nr. 7 bis zum 14. Januar 1921 entgegen genommen. Seckenheim, den 28. Bürgerme