Bezugspreis: Für den Monat April 1.40 Goldmark, frei ins Haus. Anzeigenpreis: Die einſpalt. Petitzeile 15 Goldpfg. Reklamen: Beilagen: 60 Goldpfg. Bei Wiederholung Rabatt. Illuſtriertes Unterhaltungsblatt(wöchentlich). 8 4* Neues in Kürze. die Ausſichten des zwiſchen der Regierung und den Führern der Regierungsparteien abgeſchloſſenen Kom⸗ promiſſes in der Fürſtenabfindungsfrage, dürften noch nicht endgültig feſtſtehen. Es ſind noch Verhandlungen ſo⸗ wohl mit der Sozialdemokratie wie auch mit den Deutſch⸗ nationalen im Gange. Am Dienstag tritt der Kabinettsrat zuſammen um die notwendigen Beſchlüſſe für die bevorftz ehe Tagung der Studienkommiſſion zu faſſen. An der Sitzun auch der bereits zurückgekehrte Außenminiſter teil. Nach einer Havasmeldung ſoll keine Vertagung der Abrüſtungskonferenz ſtattfinden. Die Ablehnung Rußlands werde als nicht beſorgniserregend bezeichnet. Wichtige Kabinettsbeſchlüſſe. Vor der Genfer Zuſammenkunſt. be Berlin, 19. April. In den erſten Tagen der kommenden Woche wird das Kabinett nach der Rückkehr des Reichskanzlers und Reichsfinanzminiſters von der bayeriſchen Reiſe wieder zu einer Sitzung zuſammentreten, um die letzten Vorbereitungen für die deutſche Teilnahme an der Studien⸗ kommiſſion in Genf zu treffen. Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann, der von ſeiner Urlaubsreise aus Locarno ſchon einige Tage zurückgekehrt iſt, ſoll ſich, wie an unterrichteten Stellen verſichert wird, in Locarno bei der inoffiziellen Beſprechung mit Louche ur über die nächſten außenpolitiſchen Abſichten des Kabinetts Briand informiert haben und in der Lage ſein, dem Kabinett wichtige Auf⸗ ſchlüſſe zu geben. Der Beſchluß des Kabinetts, für die be⸗ vorſtehende Konferenz keine Richtlinien aufzuſtellen, wird auch von Dr. Streſemann gebilligt werden, falls er durch die Kurierpoſt nach Locarno nicht bereits vorher davon unterrichtet worden ſein ſollte. In der Ablehnung einer Bindung liegt bereits die Art der deutſchen Vertre⸗ tung, die ſich darauf beſchränken wird, beratend und beobachtend zu wirken. Falls das Kabinett ſich entſchließt, nur einen Vertreter nach Genf zu entſenden, ſo kann es ſich nur um einen Sach⸗ verſtändigen handeln, der vollkommen die vorliegende Ma⸗ terie aus eigener Anſchauung her kennt. Hierfür gilt als die geeignetſte Perſönlichkeit der Völkerbunds⸗ nimmt ſachverſtändige des Auswärtigen Amtes, Miniſterialdirek⸗ tor Dr. Gaus. Man ſpricht in politiſchen Kreiſen neuer⸗ dings von der Möglichkeit, noch eine zweite Perſönlichkeit zu delegieren, die für die diplomatiſche Behandlung der Ratsfrage beſonders geeignet erſcheint. Hierdurch würde auch dem Wunſche des Parlamentes Rechnung getragen werden, die Frage nicht nur juriſtiſch, ſondern auch po⸗ ö litiſch zu löſen. Inzwiſchen haben die diplomatiſchen Vertreter Deutſch⸗ lands in den europäiſchen Hauptſtädten nicht geruht, die Wünſche und Hoffnungen der auswärtigen Regierungen kennen zu lernen und in die Berechnung für die deutſche Haltung einzubeziehen. So ſehr die öffentliche We Ut⸗ meinung von der Pariſer Regierung dahin informiert wird, daß Schwierigkeiten von franzöſiſcher Seite bei der Behandlung der Ratsfrage nicht erfogen werden, kann man nach den vertraulichen Mitteilungen, die an zuſtändiger Stelle in Berlin vorliegen, doch nicht umhin, anzunehmen, daß Frankreich auch auf der vor⸗ ſtehenden Konferenz im Hinblick auf die Freundſchaft mit Polen und die Unterſtützung der polniſchen Ratsanſprüche wieder ein Spiel mit verdeckten Karten aran⸗ gieren will. Allen Verſicherungen zum Trotz erhält ſich auch das Gerücht, daß die Ausführungen Jules Sauerweins über Beſtrebungen der franzöſiſchen Regierung, die Lo⸗ carnoverträge von der Völkerbundpolitik zu trennen, im e mit offiziellen Stellen der Oeffentlichkeit übergeben wurden. Die franzöſiſchen Beſtrebungen können, wenn ſie der Wahrheit entſprechen, nur darauf hinaus⸗ laufen, eine Situation 15 ſchaffen, die es Deutſchland un⸗ möglich macht, ſeinen bisher in der Ratsfrage voll und ganz aufrecht erhaltenen Standpunkt zu wahren. Den franzöſiſchen Plänen ſchenkt man nicht nur in Berlin, ſondern auch in Londoner offiziöſen Kreiſen volle Beachtung. Es iſt der Pariſer Regierung in letzter Zeit überraſchend gelungen, ſich neu die Sympathien der Oſtſtaaten zu erwerben, wodurch beſonders die antieng⸗ 55 Propaganda der Sowjetruſſiſchen Regierung unter⸗ ſtützt wird. In dieſer Situation iſt es beſonders begrü⸗ enswert, daß die Reichsregierung alle ihre Eiſen im euer hält und ſich bemüht, ſich weder von der einen noch anderen Seite ins Schlepptau nehmen zu laſſen. g Or. Luther zur Neichsgeſundheitswoche. 8 Zum Wohl der Geſamtheit. Anläßlich der am 18. April beginnenden Reichsgeſund⸗ heitswoche hat Reichskanzler Dr. Luther die Arbeits⸗ gemeinſchaft der Reichsverſicherungsträger Groß⸗Berlins folgende Begrüßungsworte zugehen Pfui. 3 „Jeder Deutſche hat die ſittliche Pflicht, ſeine geiſtigen und körperlichen Kräfte ſo auszubilden und zu betätigen, wie es dem Wohl der Geſamtheit dient. In dieſem Sinne wünſche ich den Beſtrebungen der Reichsgeſundheitswoche beſten Erfolg. Möge ſie das Verantwortungsgefühl ſich ſelbſt und der Geſamtheit gegenüber ſtärken und dazu bei⸗ tragen, daß die in den ſchweren Kriegs⸗ und Nachkriegs⸗ jahren geſchwächten Kräfte unſeres Volkes ſich wieder zu voller Leiſtungsfähigkeit entwickeln! . 1 Voges-und fuzeigenblatt — Erſcheinungszeit: Täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und geſetzlichen Feiertage. Beſtellungen in der Geſchäftsſtelle Hildaſtraße 68 oder durch unſere Träger. 5 Fernſprecher Rr. 16.— Poſtſcheckkonto 78439 Karlsruhe. RRacskanler Dr. buten Die Fürſtenabfindung— eine Verfaſſungsänderung. Aus parlamentariſchen Kreiſen wird uns geſchrieben: Nach Auffaſſung des Reichsjuſtizminiſteriums erfordert der dem Rechtsausſchuß jetzt überwieſene neueſte Kompro⸗ mißentwurf in der Frage der Fürſtenabfindung eine Zwei⸗ drittelmehrheit da in ihm Beſtimmungen enthalten ſind, die verfaſſungsändernden Charakter haben. Es handelt ſich jetzt darum, dieſe für den Entwurf notwendige Zweidrittelmehrheit im Reichstag zu ſchaffen. Selbſt wenn die Sozialdemokraten dem Entwurf zuſtimmen würden, was noch keinesfalls ſicher iſt, wäre man auch dann auf die Unterſtützung der Deutſchnationalen Fraktion angewieſen. Von Seiten der Deutſchnationalen Parteileitung iſt bereits inoffiziell mit den Regie⸗ rungsparteien Fühlung genommen worden in der Abſicht, dem Kompromißentwurf in den Verhandlungen des Rechts⸗ ausſchuſſes und ſpäter im Plenum des Reichstages eine Form zu geben, die es der Deutſchnationalen Fraktion bei der Abſtimmung geſtatten würde, ſich für das Kompromiß auszuſprechen. Ob aber insbeſondere die Demokraten für irgendwelche Aenderungen des Kompromißentwurfes im Sinne der Deutſchnationalen zu haben ſind, erſcheint äußerſt zweifelhaft. Man ſieht alſo, daß die parlamentariſchen Schwierigkeiten bezüglich der Durchbringung des Kompro⸗ mißentwurfes noch keinesfalls behoben ſind. Es darf auch nicht außer acht gelaſſen werden, daß ſelbſt in den Ver⸗ handlungen der Regierungsparteien die beteiligten Frak⸗ tionsvertreter ſich lediglich für ihre Perſon, nicht aber für ihre Fraktionen gebunden haben. Jur Fürſtenabſindung. Weitere Einzelheiten aus dem Kompromißentwurf. Das Ergebnis der Verhandlungen der Regierung mit den Regierungsparteien in der Frage der Fürſtenabfindung deckt ſich in der Hauptſache mit dem Kompromißentwurf, wie er vom Rechtsausſchuß des Reichstages in erſter Leſung angenommen worden iſt. Aus dem Inhalt des Entwurfes 8 noch folgende bemerkenswerten Einzelheiten be⸗ annt: In 8 5, Abſatz 2 wird nunmehr feſtgeſetzt, was als Staatseigentunm zu gelten hat. Der Abſatz lautet: Als Staatseigentum gilt, was das Fürſtenhaus oder ſeine Mitglieder erworben haben 1. auf Grund von Handlungen, die ſie nur kraft ihrer ſtaats rechtlichen Stellung vornehmen konnten oder ſonſt auf Grund des Völker⸗„Staats⸗ oder ſonſtigen öffentlichen Rechtes mit Ausnahme der unter Zuſtimmung einer Volksvertretung verfaſſungs⸗ mäßig. Geſetze, 2. gegen Leiſtungen, die ſie nur kraft ihrer ſtaatsrechtlichen Stellung bewirken konnten. Der Abſatz 3 dieſes Paragraphen beſtimmt nunmehr ferner auch, was als Privateigentum eines Fürſten⸗ hauſes zu gelten habe. Er lautet: f 1. mit privaten Mitteln, 2. unentgeldlich(im Erbgang, als Mitgift, auf Grund privater Schenkung oder aus ähnlichen Gründen) und auch ohne eine Gegenleiſtung, die ſie nur kraft ihrer ſtaatsrechtlichen Stellung bewirken konnten. Der Abſatz 2, 1 legt vor allem die Rechtslage bei den im Beſitze von Mitgliedern ehemaliger Fürſtenhäuſer be⸗ findlichen Kronlehen dar. Sie ſind demnach, alſo z. B. auch das Lehen Oels, im Sinne dieſes Geſetzes unzweifel⸗ haft Staatseigentum. Die Beſtimmungen des 8 6, die ſich auf frühere Aus⸗ einanderſetzungen in den verſchiedenen Ländern beziehen, erhalten im Abſatz 3 eine wichtige Ergänzung. Schon Abſatz 1 beſtimmt, daß Teilauseinanderſetzungen, die nach der Staatsumwälzung im Jahre 1918 über einzelne Vermögensſtücke erfolgt ſind, das Reichsſonderge⸗ richt nicht binden. Abſatz 3 beſtimmt, daß Verträge und Vergleiche, die nach der Staatsumwälzung des Jahres 1918 geſchloſſen ſind, auch dann gültig ſind, wenn ſie der in den 88 313 und 518 des B. G. B.(gerichtliche und nota⸗ rielle Beurkundung bei Grundſtücksübertragung, und ge⸗ richtliche und notarielle Beurkundung des Verſprechens bei Schenkungen) vorgeſchriebenen Formen micht genügen. § 8 beſtimmt, daß die Abgeltung der Anſprüche, die fürſtliche Häuſer auf Grund von Kron⸗Fideikommiſſions⸗ renten, Dotationsrenten uſw. haben, ſoweit dieſelben auf früherem Privateigentum beruhen, in der Weiſe zu er⸗ folgen hat, als ob es ſich um Anſprüche aus dem Beſitz öffentlicher Anleihen handelt. a : Wahlreform⸗ und Schulreſormgeſetz. Baldige Fertigstellung der Geſetzentwürfe. a Berlin, 19. April. Im Reichsminiſterium des Innern ſind die Arbeiten am Wahlrechtsreformgeſetz nach den gegebenen Richtlinien ſoweit fortgeſchritten, daß man hofft, ſpäte⸗ ſtens Ende Mai oder Anfang Juni den Geſetzentwurf in allen Einzelheiten fertiggeſtellt zu haben. Allerdings iſt es trotzdem unter dieſen Umſtänden fraglich, ob der Entwurf noch bis zu den Sommerferien dem Reichs⸗ tag vorliegen kann. Die zweite große Arbeit, das Schul⸗ reformgeſetz, iſt weſentlich weniger weit gediehen. Hierzu liegen von der Mehrzahl der Länder Aeußerungen und auch beſondere Anregungen vor, die beim Aufbau des Geſetzes Berückſichtigung finden müſſen. Der Reichs⸗ innenminiſter nimmt ſich bekanntlich gerade dieſes Ent⸗ wurfes beſonders auch perſönlich an. Trotzdem rechnet man kaum mit einer Fertigſtellung vor dem SHerbſt. 75 0 6 N Boncours Oſtreiſe. Nach ſechstägiger Bereiſung Polens und nach kurzem Aufenthalt in Danzig iſt der franzöſiſche Delegierte beim Völkerbund und ſozialiſtiſche Deputierte Paul Boncour auch einige Tage in Berlin geweſen. Angeblich ohne politiſche Miſſion, ohne politiſche Abſichten. Trotzdem muß man die Anweſenheit Paul Boncours in Berlin angeſichts ſeiner Perſönlichkeit und angeſichts der in dieſen Tagen neu berührten außenpolitiſchen Probleme als politiſche Tatſache werten. Während ſeiner Bereiſung Polens, bei 1 Aufenthalt in Danzig und Berlin hat ſich Paul oncour verſchiedentlich geäußert, weniger über den Zweck ſeiner Reiſe, ſondern über die Bedeutung des einen oder anderen Gegenſtandes, der ſeine Aufmerkſamkeit fand. Er hat in Warſchau den polniſchen Soldaten als Wächter der europäiſchen Ziviliſation bezeichnet, eine Aeußerung, die nicht nur in Rußland ſtarke Beachtung hiſcher hat. Schließlich iſt Paul Boncour nicht nur franzöſiſcher Völker⸗ bundsdelegierter, ſondern franzöſiſcher Kammerdeputierter und im beſonderen Spezialiſt für Heeresfragen. Er hat während des Ruhrkrieges den 400 Millionen⸗Rüſtungs⸗ kredit für Polen ſtark befürwortet. Wenn er heute nun gleichſam das Ergebnis dieſes Rüſtungskredites, nämlich das polniſche Heer, beſonders anerkennend behandelt und ihm eine Miſſion zuweiſt, über die man verſchiedener Anſicht ſein kann, dann muß man zu der Auffaſſung kommen, daß er ſeine Neiſe durch Polen nicht nur in der Eigenſchaft eines Völkerbundsdelegierten, ſondern mehr noch als verantwortlicher Volksvertreter in der franzöſi⸗ ſchen Kammer gemacht hat. Paul Boncour hat feſtſtellen müſſen, daß ſeine Aeußerungen über den polniſchen Grenz⸗ wächter eine andere Auslegung gefunden haben als die, die er vielleicht beabſichtigte. Er erklärte in Berlin, er habe mit ſeiner Bemerkung lediglich ausſprechen wollen, daß das organiſierte Europa in der Oſtgrenze Polens urzeit ſeine eigene Grenze ſehen müſſe, ſo daß er als Vertreter dieſes organiſierten Europas ein Intereſſe daran haben müſſe, feſtzuſtellen, ob dieſe Grenze tatſächlich als Naußert angeſehen werden könne. Man wird aber die Aeußerung Boncours nicht trennen können von der Bemerkung des damaligen franzöſiſchen Miniſterpräſidenten Painlevé, die in einem von ihm verfaßten Vorwort zu einem von Charles Henry herausgegebenen Buch über das olniſche Heer enthalten iſt und lautet:„Für Frankreich iſt Polens Heer ein franzöſiſches Heer an der Weichſel!“ In Danzig hat ſich Paul Boncour der dortigen Preſſe gegenüber gleichfalls über ſeine Reiſe durch Polen geäußert und erklärt, daß er die Objekte der Prozeſſe beim Völker⸗ bund ſelbſt in Augenſchein zu nehmen wünſchte, da die Dinge, aus der Ferne betrachtet, teilweiſe ſchwerer aufzu⸗ faſſen ſeien als an Ort und Stelle. Der Beſuch Danzigs habe dem gleichen Zweck gegolten. Bei ſeinen Aeußerungen in Berlin iſt er noch etwas deutlicher geworden, er hat zwar ebenfalls ſeine Beſichtigungsreiſen vom Standpunkt des Völkerbundsdelegierten erklärt, dabei aber nicht ver⸗ hehlen können, daß er ſich bei den bevorſtehenden Völker⸗ bundberatungen zu den einzelnen Punkten als franzö⸗ ſiſcher Delegierter zu ſtellen haben werde. Was er hierüber ſagte, wird zwar in Deutſchland nicht ſonderlich überraſchen, trotzdem aber ein gewiſſes Mißtrauen gegen die franzöſiſche Völkerbundspolitik nicht nur nicht beſeiti⸗ gen, ſondern eher verſtärken. Zunächſt die Frage der europäiſchen Abrüſtung. Wie oben geſagt, iſt Paul Boncour in der franzöſiſchen Kammer Spezialiſt für Rüſtungsfragen. Wenn er heute den Standpunkt vertritt, daß Polen bei der Frage der europäiſchen Abrüſtung ein beſonderes Problem darſtelle, das er in Warſchau bereits mit dem polniſchen Grenzwächter umſchrieben hat, dann wird es nicht zu vermeiden ſein, daß man in die Ehrlichkeit der franzöſiſchen Abrüſtungspolitik immer mehr Zweifel ſetzen muß. 5 In dieſem Zuſammenhang erwähnte er auch den Ein⸗ tritt Deutſchlands in den Völkerbund. Er iſt über⸗ zeugt, daß die Mehrheit der Vollverſammlung des Völker⸗ bundes ſich für den Eintritt Deutſchlands und für die Zuweiſung eines ſtändigen Ratsſitzes ausſprechen wird. Aber ebenſo überzeugt iſt er davon, daß die Vollverſamm⸗ lung auch für die Zuweiſung eines Ratsſitzes an Polen eintreten wird. Die Begründung, die Paul Boncour für dieſe angebliche Auffaſſung der Mehrheit der Völkerbundsvollverſammlung gegeben hat, iſt inſofern überraſchend, als ſie a haargenau deckt mit der Begrün⸗ dung, die man franzöſiſcherſeits für die Anterſtützung des polniſchen Ratsſitzanſpruches ſeinerzeit gab:„Gerade die Staaten, die Reibungsflächen gegeneinander im kit und zwiſchen denen Differenzen beſtehen, müſſen im Intereſſe einer friedlichen Löſung dieſer Differenzen zuſammen in dem gleichen Gremium ſitzen.“ Wenn man dieſe Geſichts⸗ punkte, wie ſie Paul Boncour verſchiedentlich zum Aus⸗ druck gebracht hat, nebeneinander ſtellt, dann kann man ſich des Eindruckes nicht erwehren, den man bisher aus den Erfahrungen über den Völkerbund ſchon immer hatte, daß die franzöſiſche Auffaſſung ſich noch immer im Völkerbund ſelbſt durchgeſetzt hat. Wenn heute Paul Boncour erklärt, daß die Mehrheit der Vollverſammlung des Völkerbundes ür einen polniſchen Ratsſitz eintritt, dann hat entweder aul Boncour die franzöſiſche Auffaſſung mit derjenigen des Völkerbundes verwechſelt, oder aber die diplomatiſche Tätigkeit bei den Völkerbundsmächten iſt bereits ſo weit zum Abſchluß gekommen, daß Paul Boncour von einer Mehrheit des Völkerbundes im Sinne der franzöſiſchen Auffaſſung ſprechen könnte. Dieſe Feſtſtellung gewinnt dadurch für die deutſche Außen⸗ und Völkerbundspolitik eine beſondere Bedeutung, als in der deutſchen Antwort⸗ note an den Völkerbund auf die Einladung zur Beteiligung an der Studienkommiſſion zum Ausdruck gebracht worden iſt,„daß die deutſche Teilnahme an den Beratungen der Studienkommiſſion die Freiheit der Entſchließung der deutſchen Regierung hinſichtlich des Eintritts Deutſchlands in den Völkerbund nicht berühren kaun“. 2 Die ewige Militärkontrolle Verlängerung bis 1. September? 5 bn Berlin, 19. April. Die Botſchafterkonferenz beſchäſtigte ſich in den letzten Tagen mit der Frage der Militärkontrolle und der deutſchen Abrüſtung. Pariſer Nachrichten beſagen, daß ein Beſchluß gefaßt ſei, die Kontrolltätigkeit in Deutſchland bis auf den 1. September aus zu⸗ dehnen. Eine dementſprechende Mitteilung iſt von ſei⸗ ten der Kontrolllommiſſion den Berliner zuſtänd'gen Stel⸗ len noch nicht zugegangen, doch liegt die Wahr⸗ ſcheinlichkeit ſehr nahe, nachdem feſtſteht, daß der Miets⸗ vertrag des Vorſitzenden der Kommiſſion in Berlin um drei Monate verlängert worden iſt. Demnach haben die Bemühungen der Reichsregierung, die Kontrolltätigkeit baldmöglichſt zu beſeitigen, keinen Erfolg gehabt. Der Kampf um die Beſatzungsmilderungen. Neue Verhandlungen in Paris. Berlin, 19. April. Nachdem die Münchener Verhandlungen zwiſchen dem Reichskommiſſar für die beſetzten Gebiete, Baron von Langwerth⸗Simmern und der Bahyeriſchen Regie⸗ rung zu einer vollkommenen Aebereinſtimmung in der Frage der Beſatzungsmilderungen geführt haben, ſoll, wie g zuverläſſig verlautet, der Reichskommiſſar noch einmal zu einer Nückſprache nach Paris fahren, um die Termine für die Neduzierung der Truppen, der Wieder⸗ einſetzung der Staatshoheit und der Beſeitigung ſonſtiger Aebelſtände, die ſich für die Bevölkerung aus der Beſetzung ergeben haben, feſtzuſetzen. Die Maß⸗ nahmen ſollen noch im Laufe des April in Argeff ge⸗ nommen werden. Die Frage des Leberflugrechts. Die Verhandlungen mit Frankreich. bes Berlin, 19. April. IJIgn der Preſſe iſt in letzter Zeit wieder das Gerücht ekufgetaucht, die deutſch⸗franzöſiſchen Luftfahrtverhandlun⸗ gen würden auf der Baſis eines Abkommens beendet wer⸗ den, in dem den franzöſiſchen Flugzeugen von deutſcher Seite das Ueberfliegen deutſchen Gebietes geſtattet würde, und zwar 1 die franzöſiſche Gegenleiſtung der Erlaubnis des Ueberfliegens des beſetzten Gebietes durch deutſche Flugzeuge. Demgegenüber wird von zuſtändiger Stelle mit aller Entſchiedenheit erklärt, daß ein Abſchluß der Verhandlun⸗ gen auf dieſer Baſis auf keinen Fall in Frage kommen kann. Es iſt ganz ausgeſchloſſen, daß die deutſche Regierung für die Erfüllung eines Rechtsanſpruches, wie es das Ueber⸗ fliegen des beſetzten Gebietes durch deutſche Flugzeuge dar⸗ ſtellt, den Franzoſen gegenüber auf den einzigen Trumpf, den Deutſchland bisher in den Luftfahrtverwandlungen in Händen hatte, nämlich die Frage des Ueberfliegens deut⸗ ſchen Gebietes durch franzöſiſche Flugzeuge, verzichtet. E: Beſuchsreiſe Or. Luther. Die Reichsregierung in München. 5 5 2 München, 17. April. Heute vormittag gegen 8,30 Uhr trafen Reichs⸗ kanzler Dr. Luther, Reichsminiſter des Innern Dr. Külz und Reichsfinanzminiſter Dr. Reinhold, begleitet tet von dem bayeriſchen Geſandten in Berlin, Dr. von Preger, mit dem fahrplanmäßigen Berliner Schnell⸗ zug in München ein. Zum Empfang hatten ſich am Bahn⸗ hof Miniſterpräſident Dr. Held, Geſandter von Ha⸗ niel⸗Hainhauſen und Regierungsrat Dr. Wall⸗ raf von der Reichsgeſandtſchaft in München, der Präſi⸗ dent der Reichsbahndirektion in München, Dr. v. Völcker, Miniſterialrat von Schellhorn vom Miniſterium des Aeußeren ſowie Vertreter der Polizeidirektion, der Lan⸗ des polizei und der Preſſe eingefunden. Die Herren be⸗ gaben ſich, nachdem Miniſterpräſident Dr. Held ſie herz⸗ lichſt begrüßt hatte, im Kraftwagen in das Palais des Miniſterpräſidenten, wo der Reichskanzler Wohnung ge⸗ nommen hat. .—— Die deutſch⸗ruſſiſchen Verhandlungen Beſchränkte oder unbeſchränkte Neutralität. a Aeber den tatſächlichen Inhalt und den Stand der deutſch⸗ruſſiſchen Verhandlungen iſt bisher nur wenig bekannt geworden. Um ſo bemerkenswerter ſind die fol⸗ genden Mitteilungen, die das Hauptorgan des Zentrums, die„Germania“— offenbar auf Grund von Erkundi⸗ gungen an maßgebender deutſcher Stelle— macht: DdDie aus franzöſiſcher Quelle ſtammende Nachricht, daß der 30. April für die Unterzeichnung des neuen deutſch⸗ ruſſiſchen Vertrages angeſetzt fei, iſt nicht richtig. Bis jetzt iſt für die Unterzeichnung kein feſter Termin in Ausſicht genommen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil eine vollkommene Einigung über den Inhalt des Vertrages wiſchen den beiden Parteien noch nicht erzielt iſt. Zur eit hängt der weitere Verlauf von der nächſten ruſſiſchen Antwort ab. Streitig und der reſtliche Gegenſtand der Verhandlun⸗ gen zwiſchen den beiden Regierungen iſt offenbar vor allem ein Punkt, nämlich die Frage, ob wir uns z u b e ſchränl⸗ teroder unbeſchränkter Neutralitätgegen⸗ über Rußland verpflichten. Es ſteht nichts im Wege, daß Völkerbundsmitglieder gegenüber einem Staate, der nicht Mitglied des Völkerbundes iſt(Nußland), dritte Staat angegriffen wird. Dagegen wäre eine unbedingte Neutralität, auch für den Fall, daß der dritte Staat ſelbſt der Angreifer iſt, mit dem Buch⸗ ſtaben und Geiſt der Völkerbundsſatzung nicht vereinbar. Ueber dieſes Ausmaß unſerer Neutralität iſt anſcheinend nicht gelungen. a. Es iſt klar, daß unſere Regierung zu einer weitergehen⸗ den Neutralität als der Völkerbundspakt ſie zuläßt, ſi unter keinen Umſtänden verpflichten wird. Eine Ab⸗ machung, die gegen den ſogenannten„Convenant verſtieße oder uns im geringſten dem Verdacht mangelnder Ver⸗ tragstreue gegenüber den anderen Locarno⸗ und Völker⸗ bundsmächten ausſetzen würde, würde auch niemals“ die Billigung der bisherigen Negierungsparteien finden.“ Rußland verpfändet ſeinen Juwelenſchatz. Zur Behebung ſeiner Finanzkriſe. de Berlin, 19. April. Aus zuverläſſiger Quelle verlautet, daß die Sowjet⸗ Regierung gegenwärtig zur Behebung der Finanz⸗ ſchwierigkeiten Verhandlungen mit verſchiedenen ausländiſchen Mächten zur Erlangung reiner Geldkredite angebahnt hat. Unter dieſen Ländern befinden ſich Amerika und Frankreich. Als Sicherheit für die Kredite iſt die Sowjet⸗Regierung geneigt, den Juwelen⸗ ſchatz zu verpfänden. Es ſollen nicht mehr Mittel auf⸗ genommen werden, als man unbedingt bis zur neuen Ernte benötigt. Mit der Ausfuhr des Getreides iſt vor Mitte September jedenfalls nicht zu rechnen. Große Hoffnungen ſetzt man in Rußland auch auf den deutſchen Warenkredit, durch den hauptſächlich Maſchinen nach Ruß⸗ 15 importiert werden ſollen, die die Produktion heben ollen. N „ 15 Italien und Marolko. Muſſolinis Afrikapolitik. O Rom, 17. April. Die italieniſche Regierung hat ihren Botſchafter in Paris beauftragt, Briand ihre Anſicht über die beab⸗ ſichtigten Friedensverhandlungen mit Abd el Krim be⸗ kannt zu geben. Italien ſei nach wie vor willens, ſich jeder Einmiſchung in die franzöſiſche Einflußzone in Ma⸗ rokko zu enthalten. Es müſſe aber ebenſo, wie es gegen die Nichthinzuziehung Italiens zum Tanger⸗Statut prote⸗ ſtiert habe, ſich freie Hand vorbehalten für den Fall, daß das Gebiet von Tanger irgendwie als Kom⸗ penſationsobjekt während der Friedensverhandlun⸗ gen herangezogen werden ſollte. Inzwiſchen machen ſich die erſten Auswirkungen der Tripolisfahrt Muſſolinis bemerkbar. Ita⸗ lien hat eine nördliche Expedition nach dem nördlichen Somali⸗Land eingeleitet, um im Ge⸗ biet von Nogal die unmittelbare italieniſche Herr⸗ ſchaft herzuſtellen. Die Vermutung liegt nahe, daß ſich damit Italien eine Baſis ſchaffen will für eine neue Expedition gegen Abeſſinien. ſich zur Neutralität verpflichten, für den Fall, daß dieſer eine Einigung zwiſchen Deutſchland und Rußland noch nannte. plädierte. Aus dem In- und Auslande. Die polniſche Regierungskriſe. Warſchau, 17, April. Am 20. d. M. tritt der Sejm zu ſeiner erſten Sitzung nach den Oſterferien zuſammen. Die Beſprechungen der Parteiführer zur Klärung der Lage innerhalb der Regierungskoalition haben bereits be⸗ gonnen. Die Schwierigkeiten liegen darin, daß die polni⸗ ſche ſozialiſtiſche Partei ein Programm aufſtellt, das nach dem Urtei: von anderer Seite letzten Endes auf eine Art von Inflation herauslaufen würde. Die Parteien der Rechten und der Mitte, die im vorigen November mit den Sozialiſten die Regierung gebildet haben, ſind gegen jede Inflation. Für die Entwirrung bieten ſich drei Mög⸗ liechkeiten. Erſtens, daß die Sozialiſten ihre Poſtulate mit den Anſchauungen der anderen Koalitionsparteien und des Generalberichterſtatters der Budgetkommiſſion in den Erſparnisfragen in Einklang bringen, zweitens eine offene Regierungskriſe, drittens, daß die eigentliche Entſcheidung noch einmal und zwar bis zum Juli vertagt wird, in dem ſich die Parteien der Koalition dahin einigen, daß nach dem Muſter des für den Monat April geſchaffenen Pro⸗ viſoriums noch für zwei weitere Monate ein Proviſorium durchgeführt wird. Manche Momente der inneren und äußeren Politik ſprechen dafür, daß tatſächlich eine Ver⸗ tagungsformel dieſer Art herauskommen wird. Erneutes Sinken des Frankenkurſes. Paris, 17. April. Trotzdem das franzöſiſche Par⸗ lament mit Hängen und Würgen unmittelbar vor Oſtern die Finanzgeſetze verabſchiedet und damit angeblich das Loch im Staatshaushalt geſtopft hat, macht ſich wieder⸗ um ein Rückgang des Frankenkurſes bemerkbar. Doch die Gründe für den Kursrückgang des Franken liegen darin, daß das Publikum kein Vertrauen zu der Wäh⸗ rung hal. Das wiederum geht darauf zurück, daß die Verabſchiedung der Steueregeſetze mit einer Eile erfolgte, die eine gewiſſenhafte Durchprüfung der verſchiedenen Vor⸗ ſchläge, die den Fehlbetrag decken ſollten, der durch die Ab⸗ änderung der Umſatzſteuer entſtand, unmöglich machte. Es bleibt daher zweifelhaft, ob die bewilligten Steuern tatſächlich die errechneten Summen ergeben und es iſt fer⸗ ner zu bedenken, daß bereits drei Monate des Steuerjah⸗ res verfloſſen ſind, ehe die neuen Steuern heſchloſſen wur⸗ den und daß noch einige Zeit vergehen wird, ehe ſie in Kraft treten können. Zu berückſichtigen iſt überdies auch noch, daß die Ausgaben für die kriegeriſchen Unterneh⸗ mungen in Syrien und Marokko im Haushalt nicht ent⸗ halten ſind. Wenn daher heute die Friedensausſichten in Marokko verſchiedentlich ſehr peſſimiſtiſch beurteilt werden, ſo würde das eine weitere erhebliche Steigerung der Aus⸗ gaben bedeuten. f Das Programm der deutſchen Landwirtſchaftstagung. Darmſtadt, 17. April. Bei der diesjährigen Haupt⸗ verſammlung des deutſchen Landwirtſchaftsrats, die am 6. und 7, Mai in Darmſtadt ſtattfindet, werden die ge⸗ ſamten Probleme der deutſchen Handelspolitik und ins⸗ beondere auch die für alle Kreiſe ſo wichtigen Fragen des Schutzzollſyſtems zur Sprache kommen. Es wird hierbei der Verſuch gemacht werden, eine inheitliche Stellung der deutſchen Landwirtſchaft zu den Zolltarifsfragen her⸗ beizuführen. Eine Reihe namhafter Fachleute werden nach Abſchluß des geſchäftlichen Teiles die Probleme erörtern. Hierbei werden die Sonderwünſche der einzelnen Gruppen der Landwirtſchaft vorgebracht werden, und zwar beſon⸗ ders die des Obſt⸗ und Gartenbaues, der ſich durch die bisherigen Handelsabkommen getroffen fühlt, ſowie auch des Weinbaues. Auch Viehzucht, Rüben⸗ und Getreidebau werden ihre Forderungen vorbringen laſſen. Die erſten Kredite für ven Kleinwohnungsbau. Berlin, 18. April. Von dem zur Förderung des Klein⸗ 0 wohnungsbaues durch Reichsgeſetz vom 26. März 1926 be⸗ willigten Kredit von 200 Milliarden Reichsmark hat der Reichsminiſter der Finanzen die erſten 40 Millionen Reichs⸗ mark zu dem Zinsſatz von 63/4 Prozent bereitgeſtellt. Senatsdebatte über die Freigabe des deutſchen Eigentums in Amerika. „New Pork, 19. April. In der letzten Senatsdebatte er⸗ klärte Mello über das einzubringende Freigabegeſetz, daß bisher keinerlei Meinungsaustauſch zwiſchen Amerika und der deutſchen Regierung ſtattgefunden habe. Die Freigabe ſei eine Angelegenheit zwiſchen den deutſchen Privatbeſißern und Amerika. Die deutſche Regierung habe damit nichts zu tun. Mellon trat abermals für das Geſetz ein, während das Kongreßmitglied Garner gegen die Freigabe, die er als „größten Diebſtahl an amerikaniſchen Steuerzahlern“ 2 2 Prinzeſſin Tatjana. Abenteuer einer ruſſiſchen Großfürſtenfamilie auf der Flucht. . Von Willy Zimmermann ⸗Sſuslow. 2286. Fortſetzung. Nachdruck verboten. „Da die zu Tode erſchreckten Unglücklichen den eindring⸗ lichen Fragen der Beamten ſtumm und ſtarr gegenüber⸗ ſtanden, wurden ſie aus ihren Hütten auf einen Platz zuſammengetrieben und mit Erſchießen bedroht, falls ſie nicht endlich die Zunge bewegen wollten. Scchhließlich hatte der Führer herausgebracht, daß in den beiden dem Strome zunächſt liegenden Hütten vor⸗ nehme Leute gewohnt hätten, die man aber nicht näher kennen wollte. Gegen Mittag ſei ein Mann mit zwei Schlitten und drei Pferden dageweſen. Mit ihm ſeien die Herrſchaften jedenfalls abgefahren. Die Beamten machten ſich ſofort auf die Suche. Sie fanden die Ausſagen beſtätigt. Zwar ſtanden die bezeich⸗ Gegenſtände trotz der Verwahrloſung die vornehme Her⸗ kunft ihrer verſchwundenen Beſitzer. „Der Führer ſchäumte vor Wut. Er befahl, die beiden Hütten der Flüchtigen in Brand zu ſtecken. Bald züngelten die Flammen aus den dicken Stämmen hervor. Aber auch die übrigen Hütten des Fiſcherdorfes wurden nicht verſchont. Wo noch vor kurzem das Elend ein ge⸗ ſchütztes Plätzchen gegen Sturm und Schnee gehabt hatte, krochen jetzt quirlende Rauchwolken ſchräg gegen den Him⸗ mel. Als die flackernde Glut aus den Sparren ſtob, ſah ſie um ſich die verglaſten, ſtumpfen Augen der Obdachloſen. Zum letzten Male konnten ſich hier die verkommenen Leiber am heißen Hauch der Freiheit und Brüderlichkeit wärmen. Dann deckte die Nacht ihre grauen Tücher über das dumpf⸗ empfundene, erlöſchende Weh der Erdenpilger, für die die Brandfackel der Mörder ungewollt eine Gabe der erlöſenden Barmherzigkeit geworden war. Der Mond ſchaute mißgeſtimmt auf die Reitergruppe zam Ausgang des Dorfes. Die Hand der Gerechtigkeit ſchien noch weiteren Segen in ſich zu bergen.„Irgendwohin müſſen neten Hütten verlaſſen, doch zeigten die zurückgebliebenen die Kanaillen entwichen ſein, überlegte der Führer.„Den ganzen Trupp hinterherzujagen wäre zwecklos. Zwei Mann genügen.“ „Wer will freiwillig die weitere Verfolgung auf ſich nehmen,“ fragte er. „Ich werd's tun,“ rückte ſich Wladimir im Sattel zurecht. 150 ich drei Nächte verhunzt, ſoll mir die vierte nicht eid tun.“ i Der Führer kniff die Augen zuſammen und ſchob das breite Kinn vor. „Deinen Eifer lobe ich, Brüderchen,“ ſagte er.„Er kommt mir aber zu unerwartet. Du ſollſt dich ruhen. Die beiden ſind friſcher als du.“ g Dabei zeigte er auf zwei Beamte, die ſchlapp im Sattel en. „Ihr ſollt die Spur aufnehmen. Sie werden den Weg über das Gemäuer genommen haben. In die Falle ſind ſie noch alle gegangen, die den Stachel in den Hacken hatten. Marſch, los.“ einander. f IX. In der Fauſt des Henkers. „Hier ſitzen wir, wie der Maulwurf in ſeinem Bau, nur nicht ganz ſo mollig.“ Der General rieb ſich die Hände. „Wenn mir nun nicht die Gicht in die Knochen kommt, habe ich keine Veranlagung dazu.“ Der Doktor wickelte ſich aus der Decke und ſprang vom Strohlager, das hier früher irgend welche Flüchtigen auf⸗ geſchüttet haben mochten. Mitten in dem Kellergewölbe waren zwei erhöhte Ruheſtätten aufgeſtellt. Um ſie vor der abtropfenden Wand⸗ und Deckennäſſe zu ſchützen, hatte man ſie von der Mauer ein gut Stück abgerückt. a Hier ruhten die Fürſtin und Tatjana ausgeſtreckt in ihren Mänteln. Die Männer hatten ſich auf die vorhandenen Strohlager e und die Kälte durch wollene Decken abzuhalten verſucht. 5 B Der Ort hieß allgemein das„Gemäuer“. Es war die Nach verſchiedenen Richtungen ſprengten die Reiter aus⸗ f Ruine einer früheren Branntweinbrennerei, deren maſſtve Kellerhallen dem Einfluß der zerſtörenden Witterung noch ſtandgehalten hatten.. „Ich werde in den nächſten Ort fahren und eine Unter⸗ kunft ſuchen“, ſagte der Doktor zum General.„Gegen Mittag hoffe ich wieder zurück zu ſein.“ „Was meinen Sie dazu, Doktor,“ fragte der General, zwenn wir uns hier häuslich einrichten? Wir brauchen nur 1 unſerer Vorgänger aufzufriſchen, und der Palaſt iſt fertig.“ f N „Es riecht mir hier nach Ueberraſchung,“ erwiderte der Doktor, den Kopf ſchüttelnd.„Und wenn's nicht die Ver⸗ folger ſind, ſo iſt's im Frühling das Wolgawaſſer, das uns aus dem Bau herauslockt.“ Tatjana hatte ſich von ihrem Lager erhoben. 0 1 Petrowitſch, ſoll's weitergehen?“ fragte ſie den oktor. 5 Es hat noch Zeit, ruhen Sie nur, Tatjana. Ich will voraus, Quartier machen.“ „Nehmen Sie mich mit, Alexei Petrowitſch.“ 8 „Das geht nicht, Tatjana. Allein ſchlängele ich mich beſſer durch die Gefahren“ f „So laſſen Sie mich ein Stückchen mitfahren. In zehn Minuten bin ich bereit.“ Der Doktor widerſprach nicht. Er legte für Tatjana eine Wolldecke zurecht und wartete geduldig. Endlich ſaß ſie neben ihm. Die Pferde zogen an. „Wir ſind ein gut Stück in der Nacht vorwärts ge⸗ kommen,“ ſagte der Doktor.„Der Schnee hat unſere Spuren verſchüttet.“ „Ich fürchte mich nicht vor den Verfolgern, Alexei Pe⸗ trowitſch.“ 12 a „Sie kennen dieſe Herren noch nicht. Man hat ein ver⸗ teufeltes Geſchick, die Opfer zu quälen.“ 0 4 118 fürchte mich nicht,“ wiederholte Tatjana.„Ich bin ereit.“ 5 f „Soweit iſt es noch nicht, Tatjana. Ich hoffe, daß wir ihnen entſchlüpfen. Wir haben einen Wen „Mir iſt, als ſei unſere Freiheit bald zu Ende, Alexei Petrowitſch. Dees—eacdese2 (Gortſetzung folgt.) S 2 5 nn r nn ee „ rere RWWA 3 Aus dem badiſchen Lande. Mannheim.(Verurteilte Diebesbande.) We⸗ gen umfangreicher Warenhausdiebſtähle hatte das Große Schöffengericht mehrere Perſonen abzuurteilen. Die Ehe⸗ ftau Eliſabeth Stohner, Anna Schweigert und Eliſabeth Keller unternahmen im April vorigen Jahres bis De⸗ zember mit der Bahn von ihrem Wohnort Hocken⸗ heim Raubzüge nach Mannheim, Ludwigshafen, Hei⸗ delberg, Karlsruhe und Stuttgart. Sie ſtahlen, was in ihren Bereich kam. Der Wert des geſtohlenen Gutes be⸗ zuft ſich auf über 10 000 Mark. Eine große Kiſte von „ſtohlenem Gute, deren Eigentümer nicht zu ermitteln iſt, ſtand vor dem Gerichtstiſche. Die drei Diebinnen wurden gewöhnlich von einem der vier männlichen Mit⸗ angeklagten begleitet. Das Gericht kam nach einſtündiger Beratung zu folgendem Urteil: Frau Stohner 3 Jahre uchthaus, Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 15 Frau Schweigert und Frau Keller je zwei Jahre Gefängnis, Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte auf zwei Jahre, wegen Begünſtigung der Diebſtähle Georg Auer 1 Jahr 6 Monate, Karl Aichinger, Karl Völker und Lud⸗ wig Stohner je 6 Monate Gefängnis. Wegen einfacher Hehlerei wurden verurteilt: Eva Kreines 1 Jahr 3 Monate Gefängnis, Eduard Schweigert 6 Monate, Frau Maria Auer 2 Monate 2 Wochen Gefängnis. Letztere erhielt Strafaufſchub auf Wohlverhalten. Weinheim.(Das Ende der Blüte an der Bergſtraße.) Die Blüte des Steinobſtes iſt zu Ende. Der Fruchtanſatz iſt überall ſehr günſtig. Wenn ſich alles weiterhin ſo gut entwickelt, bekommt die Bergſtraße eine Kirſchenernte, wie ſeit langem nicht mehr. Jetzt ſtehen auch die Aepfelbäume in prachtvoller Blüte. Kehl.(Große Zollhinterziehung) Die deutſche Zollverwaltung in Kehl iſt großen Zollhinter⸗ ehungen einer elſäſſiſchen Automobilfirma auf die Spur gekommen. Die Firma hatte für ihr Serienfabrikat, einen kleinen Turenwagen, einen bedeutenden Abſatz in Deutſch⸗ land ſich zu erſchließen gewußt und es verſtanden, die über die Grenze ausgeführten Wagen ohne Einfuhrzoll nach Deutſchland zu bringen. Die Anterſuchung iſt in vollem Gange. Es ſind bereits mehrere Verhaftungen er⸗ folgt und es iſt feſtgeſtellt, daß ſich die Schädigung des deutſchen Zollfiskus auf mehrere Millionen Mark beläuft, da die Hinterziehung längere Zeit hindurch fortgeſetzt wurden. Verhaftet iſt ſowohl der in Deutſchland ſtatio⸗ nierte Vertreter der Firma, als auch vier Zollbeamte der Wann Kehl, die an den Hinterziehungen mitbeteiligt aren. Tumeingen(bei Lörrach).(Unfall.) Ein Radfahrer fuhr an einer Menge ſpielender Kinder vorbei und ſtürzte bei dem Verſuche, ihnen auszuweichen, mit dem Rade in den Gewerbekanal. Da die Kinder ſofort um Hilfe riefen, war es möglich, den Verunglückten zu retten. Gamshurſt.(Man ſoll auchkleine Verletzun⸗ gen beachten.) Einem 17 jährigen Burſchen war ein eiſerner Eggenzahn in den linken Fuß eingedrungen, wo⸗ urch eine kleine Wunde entſtand. Obwohl dieſe nach eini⸗ gen Tagen zuheilte, ſtellten ſich bald darauf Anzeichen von Starrkrampf ein. Der junge Mann wurde ins Kran⸗ kenhaus verbracht und dort ſofort operiert; doch war es ſchon zu ſpät, der Tod trat bald darauf em. Dieb.) Offenburg.(Ein unverbeſſerlicher Das große Schöffengericht in Offenburg verurteilte den Arbeiter Müller aus Plittersdorf Amt Raſtatt wegen der im Spätjahr 1925 im Deckerhof und Limbacherhof Emde. Einbach verübten Geld⸗ und Uhrendiebſtähle zu 2 f einer Geſamtſtrafe von drei Jahren Zuchthaus, abzüglich vier Monate AUnterſuchungshaft und zu den Koſten. Fer⸗ 1 ner wurden Müller in Anbetracht ſeiner vielen Vorſtrafen dem Krankenhaus ſtehen hatte, auf den der junge — Müller war ſchon zweimal in der Erziehungsanſtalt Flehingen, ſodann mehrmals im Gefängnis und im Zucht⸗ haus— die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren aberkannt. Müller erklärte offen im Ge⸗ richtsſaal, daß er beſtimmt wieder ſtehlen werde, ſobald er ſeine Strafe verbüßt und entlaſſen werde, da das Stehlen bei ihm eine Krankheit ſei. i Wolfach.(Verkehrsunfall.) Bei der Siechen⸗ brücke wollte die 68 Jahre alte Hirſchwirtin von Kirnbach, 85 zu Fuß ging, zwei Radfahrern ausweichen, und kam ſreit in ein daher fahrendes Auto hinein. Sie wurde Lom Kotflügel des Wagens erfaßt und hingeſchleudert, Wobei ſie erhebliche Verletzungen an Kopf, und Hand er⸗ Ait. Der Chauffeur des Autos verbrachte ſie ſogleich bl. Krankenhaus, wo feſtgeſtellt wurde, daß die i Wedge nicht gefährlicher Natur ſind. Bretten.(Bubentat.) Einer bedauerlichen Buben⸗ tat fiel das Auto des hieſigen Arztes Dr. Gerber zum Opfer. Während der Arzt den Wagen des Nachts vor um dort bei einer Ope⸗ ration ſeines Amtes zu walten, wurden an zwei Rädern 15 die Reifen glatt durchſchnitten und dem Beſitzer dadurch großer Schaden zugefügt. Die Täter wurden zwar ver⸗ olgt, konnten aber nicht feſtgeſtellt werden. Emmendingen.(Unfall. Ein teurer„Zaun⸗ platz.) Bei der Eröffnungsvorſtellung einer auswärtigen Varietee⸗Geſellſchaft auf dem Feſtplatz ſtürzte der 17 Jahre alte Otto Zipſe infolge Aſtbruchs von einem Baum, g unge Mann als Zaungaſt geklettert war. Anglücklicherweiſe fiel er auf den Kopf und mußte be⸗ innungslos vom Platze getrragen werden. Freiburg.(Autounfall.) An der Kreuzung der 2 1 Hugſtetterſtraße und der Kreuzſtraße im Stadtteil Stüh⸗ linger ſtießen ein Laſtkraftwagen und ein Motorradfahrer uſammen. Der Motorradfahrer erlitt dabei ernſtere Ver⸗ 3 die ſeine Ueberführung in die Klinik notwendig machten. Sennfeld(A. Adelsheim).(Ertrunken.) Der ver⸗ heiratete 48 Jahre alte Schmiedemeiſter Karl Gramlich wurde in der Seckach als Leiche aufgefunden. Er litt an Epilepſie. Allem Anſchein nach iſt er während eines epi⸗ lleptiſchen Anfalles in den Bach gefallen und hat dabei eein vorzeitiges Ende gefunden. g Badiſcher Landtag. Die nächſte Plenarſitzung. 6 Karlsruhe, 17. April. Der Badiſche Landtag wird am Dienstag, den 20. Aprl, nachmittags halb 4 Uhr, zu einer Vollſitzung zu⸗ 5 t ſammentreten. Auf der Tagesordnung ſteht neben der Be⸗ ratung mehrer Förmlicher Anfragen das Geſuch des Ver⸗ bandes badiſcher Gemeinden über die Vereinigung abge⸗ ſonderter Gemeinden mit benachbarten Gemeinden und der demokratiſche Antrag über die Bekämpfung der Zer⸗ ückelung landwirtſchaftlicher Grundſtücke. Aus Nah und Fern. Ausdehnung der Gültigkeitsdauer der Sonntagskarten. Mit ſofortiger Wirkung wird für die Strecken der Reichsbahndirektion Ludwigshafen verſuchsweiſe die Gül⸗ tigkeitsdauer der Sonntagsrückfahrkarten auf den Mon⸗ tag und den Tag nach den Feſttagen verlängert, die Ausdehnung jedoch dahin beſchränkt, daß die Sonntags⸗ rückfahrkarten am Montag oder am Tage nach den Feſt⸗ tagen nur zur Rückfahrt benutzt werden dürfen, daß die Fahrt von der Zielſtation oder einer Unterwegsſtation ſpäteſtens um 9 Uhr vormittags angetreten werden muß und daß an dieſen Tagen die Fahrt nicht mehr unter⸗ brochen werden darf. Vom 26. April 1926 ab wird dieſe Gültigkeitsver⸗ längerung auch auf die nach Stationen der Nachbardirek⸗ tionen ausgegebenen Sonntagsrückfahrkarten ausgedehnt. Ludwigshafen.(Beratungsſtelle für Ge⸗ ſchlechtskranke.) Mit Anterſtützung der Landesver⸗ ſicherungsanſtalt für die Pfalz wurden neuerdings ſieben Beratungsſtellen für Geſchlechtskrankheiten in Ludwigs⸗ hafen, Kaiſerslautern, Speyer, Neuſtadt, Landau, Pir⸗ maſens und Zweibrücken errichtet. Im Intereſſe der He⸗ bung der allgemeinen Volksgeſundheit haben ſich zur Leitung dieſer Stellen praktiſche Aerzte der einzelnen Städte bereitwillig zur Verfügung geſtellt. 5 Speyer.(Anbekannte Tote.) In der Gemar⸗ kung Mechtersheim wurde im Rhein eine weibliche Leiche gelandet, die etwa 14 Tage im Waſſer gelegen haben mag. Vermutlich handelt es ſich um ein Mädchen von 1 5 10 Jahren. Die Perſönlichkeit iſt vollkommen un⸗ ekannt. Neuſtadt a. d. 5.(Neuer Knochenfund in Neuſtadt.) Bei den Kanalarbeiten in der Hindenburg⸗ 5 wurden neue Knochenfunde gemacht. Es handelt ich um die Schienbeine eines Pferdes, bei denen auch ein altertümliches Hufeiſen lag. Die Knochen wurden dem Stadtbauamt übermittelt. g Kaiserslautern.(Kuppelei⸗ Prozeß.) Das Große Schöffengericht verurteilte die 40 jährige Witwe Karoline Willſchow wegen gewerbsmäßiger Kuppelei zu 1. 0 5 Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehr⸗ verluſt. 15 b 2 5 Mechtersheim.(Maikäferplage.) Die Mai⸗ käfer treten dieſes Jahr wieder ſehr ſtark auf. Des mor⸗ ens werden ſie zu Hunderten von den Bäumen ge⸗ ſchüttelt. g 8 Hochſpeyer.(Zuſammenſtoß.) Ein Anfall ereig⸗ nete ſich zwiſchen hier und Winnweiler. Der 20jährige Daniel Romeis aus Rheingönnheim fuhr mit voller Wucht mit ſeinem Fahrrad auf einen ihm entgegenkom⸗ menden Radfahrer. Beide wurden herabgeſchleudert und erlitten erhebliche Verletzungen. Die Fahrräder ſind völ⸗ lig zertrümmert. a. Haßloch.(Totaliſatorgenehmigung für dee Haßlocher Rennen.) Dem Rennverein Haßloch iſt die Erlaubnis erteilt worden, auf einem Rennplatz ein i bei ſeinem Pferderennen zu be⸗ reiben. „Schifferſtadt.(Ein Kind überfahren.) Von einem Motorrad überfahren und ſchwer verletzt wurde in der Mannheimer Straße das fünfjährige Töchterchen des Bahnarbeiters Jakob Haaf. Den Motorradfahrer ſoll keine Schuld treffen. An dem Aufkommen des bedauerns⸗ werten Kindes wird gezweifelt. Zweibrücken.(Schwerer Verkehrsunfall.) der Straße Zweibrüden— Contwig ereignete ſich ein ſchwe⸗ rer Unfall. In beſchleunigtem Tempo kam der aus Zwei⸗ brücken ſtammende Metzger Bernhard Zuleder auf einem Motorrad mit einem Fahrer auf dem Rüchſitz angefahren, ſo daß er auf einen Wagen von rückwärts auffuhr. Das Motorrad wurde mit lautem Krach zertrümmert und beide Fahrer zur Seite geſchleudert. Zuleder trug einen Schlüſſelbeinbruch davon, der ebenfalls aus Zweibrücken ſtammende Mitfahrer Adolf Bach erlitt anſcheinend innere Verletzungen. Die Verunglückten mußten durch die Zwei⸗ 15 5 Sanitätskolonne in das Krankenhaus verbracht werden. Bensheim. Win Betrügerkleeblätt.) Wegen Betrugs ſteht der in Michelſtadt geborene een Harl Dingeldein in Bensheim, zur Zeit in Strafhaft in Butz⸗ bach, vor Gericht. Er ſoll nach der Anklage 1924 eine Firma in Haueneberſtein in Baden unter Vorſpiegelung der Zahlungsfähigkeit um zwei Schreibmaſchinen betro⸗ gen haben. Mitangeklagt ſind die Kaufleute Vogtländer in Bensheim und Schmitz in Heppenheim: ſie ſollen zum Betrug Beihilfe geleiſtet haben, indem ſie über Din⸗ geldein günſtige Referenzen gaben; Vogtländer gab die günſtige Auskunft unter dem Vermerk„P. Fiſcher u. Cie.“ Vogtländer erklärt, er habe mit der Auskunft Dingel⸗ dein wieder auf die Beine helfen wollen. Schmitz gab gleich⸗ falls„ohne Verbindlichkeit“ günſtige Auskunft über Din⸗ geldein. Das Eigentumsrecht an den Schreibmaſchinen war nicht vorbehalten; nur auf der Rechnung fand ſich ein darauf bezüglicher Vermerk. Zeuge Fiſcher in Ham⸗ bach erklärt, Vogländer habe 1924 nicht mehr Fiſcher u. Cie. zeichnen dürfen. Gegen Dingeldein und Vogtländer werden Freiheitsſtrafen, gegen Schmitz anſtelle verwirkter Gefängnisſtrafe wird eine Geldſtrafe von 150 Mark be⸗ antragt. Das Arteil erkennt gegen Dingeldein wegen Betrugs auf eine Geſamtſtrafe von 1 Jahr Gefänanjs, gegen Vogtländer als Mittäter auf eine ſolche von 4 Mo⸗ naten, gegen Schmitz wegen Beihilfe auf 150 Mark Geld⸗ ſtrafe. a Köln.(Schwurgerichtsurteil.) Das Kölner Schwurgericht verurteilte die Arbeiter Schneider und En⸗ gels wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 6 bezw. 5 Jahren Zuchthaus. Die Verurteilten hatten im No⸗ vember 1925 auf der Köln—Brühlerſtraße den Polizei⸗ betriebsaſſiſtenten Weiner nach einem Wortwechſel auf grauſame Weiſe ermordet. Hamburg.( Familientragödie.) Hier ſpielte ſich eine ſchrecliche Familientragödie ab. Als ein Mit⸗ mieter der Wohnung des Werkmeiſters Ludwig Hahn nach Hauſe kam, ſtrömte ihm ſtarker Gasgeruch entgegen. Die herbeigerufene Polizei fand das Ehepaar Hahn in der Küche am Fußboden liegend vor. Hahn hatte ſeme Frau durch einen Schuß in die Schläfe ſchwer verletzt und darauf ſich ſelbſt erſchoſſen. Ueber die Urſache diefer Bluttat verlautet folgendes: Hahn hatte vor vier Jah⸗ ren mit ſeiner damals 16 jährigen Tochter in unerlaub⸗ ten Beziehungen geſtanden, die nicht ohne Folgen blieben. Das damals geborene Kind ſcheint von Hahn ermordet morden zu ſein. Da Hahn befürchten mußte, wegen ſeiner Verbrechen verhaftet zu werden, hat er anſcheinend die Bluttat begangen. i um ein Rückgang Päppenheim.(Die Schwiegereltern und[iich ſelbſt erſchoſſen.) Der Korbmacher Friedrich Bo⸗ ſcher erſchoß nach kurzem Wortwechſel ſeine Schwieger⸗ eltern mit einer Militärpiſtole. Hierauf entleibte er ſich durch einen Schuß. Seine Frau und ſeine vier Kinder waren dem ihnen drohenden Unheil dadurch entgangen, daß ſie vorher die Flucht ergriffen hatten. n Kempten.(Verſuchter Vater mord.) Das Schwurgericht Kempten verurteilte den 25jährigen Land⸗ wirtsſohn Franz Wolf, der ſeinen Vater mit Strichnin vergiften wollte, zu drei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverluſt. Berlin.(Mit vier Kindern in den Tod ge⸗ gangen.) In Schöneberg wurde eine 46 Jahre alte Frau mit ihren vier Kindern durch Gas vergiftet tot aufgefunden. Die Familie war erſt vor einiger Zeit nach Berlin gezogen. Der Mann hatte in der Provinz ein Friſeurgeſchäft, das er aber wegen ſchlechten Geſchäfts⸗ ganges und wegen eines Leidens verkaufen mußte. Hier in Berlin gelang es ihm trotz allen Suchens nicht, Arbeit zu finden. Vor einigen Tagen mußte der Mann wegen ſeines ſchlechten Geſundheitszuſtandes in ein Kranlen⸗ haus gebracht werden. Die Frau, die aller Mittel ent⸗ blößt war, wußte ſich jetzt kenien Rat mehr und ging aus Verzweiflung mit ihren Kindern in den Tod. g Leipzig.(Vier Todesurteile beſtätigt.) Ende; vorigen Jahres waren in der Gegend von Küſtrin wieder⸗ olt verwegene Einbrüche und Diebſtähle ſowie Raub⸗ berfälle ausgeführt worden. Dabei wurden von den Zerbrechern drei Menſchen ermordet. Das Schwurgericht atte wegen dieſer Mordtaten am 30. Januar d. Is. ier Verbrecher wegen gemeinſchaftlichen Mordes zum ode verurteilt. Die von den Verurteilten eingelegte Re⸗ iſion wurde nunmehr vom zweiten Strafſenat des Reichs⸗ erichtes verworfen. l Wirtſchaſtliche und ſoziale Wochenſchau Unveränderte Lage auf dem Arbeitsmarkt.— Rückgang der Inſolvenzzahlen.— Die deutſchen Handelsvertrags⸗ verhandlungen.— Schlechte Wirtſchaftsverhältniſſe in Rußland. Nach den Arbeitsmarktberichten der letzten Woche hat ſich die Arbeitsmarktlage im weſentlichen kaum ver⸗ ändert. Soweit nicht die Landwirtſchaft in Folge der Früh⸗ jahrsbeſtellung und der ſich belebende Baumarkt neue Ar⸗ beitskräfte einſtellte, iſt in den übrigen Induſtrien die Si⸗ tuation im großen und ganzen unverändert.— Im Stein⸗ kohlenbergbau iſt die arbeitstägliche Förderung weiter heruntergegangen. Der Abſatz im Kohlengeſchäft iſt wei⸗ ter geringer geworden und zwar iſt hier nicht nur die Steinkohle, ſondern auch die Braunkohle betroffen. In der Metallindustrie zeigt ſich wohl eine teilweiſe Beſſerung der Lage, doch iſt ſie im Hinblick auf die Geſamtſituation dieſer Induſtrie nur geringfügig. Die Zahl der Beſchäf⸗ tigten im Maſchinenbau hat eine weitere Abnahme er⸗ fahren, dagegen zeigt die Automobilinduſtrie unverkenn⸗ bare Zeichen einer Belebung. Im Spinn⸗ und Webſtoff⸗ gewerbe melden einzelne Gruppen etwas beſſeren Ge⸗ ſchäftsgang, im Bekleidungsgewerbe hat die Frühjahrs⸗ ſaiſon eine Belebung gebracht. Die Beſſerung der Wirt⸗ ſchaft ſchreitet jedenfalls nur recht langſam vorwärts. Erfreulich iſt, daß in der erſten Aprilwoche wieder⸗ der Inſolvenzzahlen zu verzeichnen iſt. Hier ſind beſonders die Geſchäftsaufſichten weit ſtärker beteiligt als die Konkurſe. Beſonders bemerkenswert iſt der Rüdgang der Textilkonkurſe, die vor einiger Zeit noch eine erſchreckende Zunahme aufwieſen. Nicht un⸗ intereſſant ſind die Erfahrungen, die man bezüglich des Abſatzes in der Textilinduſtrie macht. Gute Qualitäten ſind nämlich zur Zeit nur ſehr ſchwer abzuſetzen, da der Bedarf des Publikums ſich immer mehr auf billigere Waren einſtellt, ſo daß damit ein gewiſſer Qualitäts⸗ abbau immer weiter um ſich greift. Der notleidenden Lei⸗ neninduſtie iſt die Regierung mit einer Hilfsaktion ent⸗ gegengekommen, jedoch iſt es fraglich, ob durch dieſe Aktion eine wirkliche Konſolidierung dieſer einſt blühenden Induſtrie in die Wege geleitet wird. Von den Handelsvertragsverhandlungen, die i Deutſchland mit fremden Staaten geführt werden, ſtehen augenblicklich wieder die deutſch⸗franzöſiſchen deutſch⸗ſpaniſchen Handelsvertragsverhandlungen im Mit⸗ telpunkt des Intereſſes. Zu den deutſch⸗ſpaniſchen Han⸗ delsvertragsverhandlungen wird die amtliche Stellung⸗ 5 nahme des Kabinetts in allernächſter Zeit erwartet, es hat den Anſchein, als ob die Schwierigkeiten, die in der Weinzollfrage beſtanden, eine Regelung finden. Bei der 5 großen Bedeutung, die ein endgültiger Handelsvertrag, beſonders für die weiterverarheitende Induſtrie, beſitzt, iſt es zu hoffen, daß bald eine Einigung über die ſtrittigen Punkte zwiſchen Deutſchland und Spanien erzielt wird. 8 Die deutſch⸗franzöſiſchen Verhandlungen nehmen nach den bisher vorliegenden Berichten einen durchaus ausſichtsrei⸗ chen Verlauf. Jedenfalls beſteht auf beiden Seiten der feſte Wille, nunmehr endlich zu einem Abſchluß zu gelan⸗ gen. Als günſtiges Moment muß hierbei gewertet wer⸗ den, daß über die Eiſenfragen generell bereits eine ge⸗ wiſſe Verſtändigung erzielt iſt. Hier haben ſich die betreff fenden Induſtriegruppen bereits ſoweit verſtändigt, ſo daß nennenswerte Meinungsverſchiedenheiten kaum mehr exiſtieren. Man hat durchaus den Eindruck, daß die kon⸗ tinentalen Verhandlungen über die Eiſenfrage einen rechet zufriedenſtellenden Verlauf nehmen, während die inter⸗ nationalen Beſprechungen über das Eiſenkartell nicht gut voranſchreiten. Das Stocken dieſer Verhandlungen 5 wird allgemein auf den Widerſtand der Engländer zurück⸗ geführt die offenbar keine große Neigung zeigen, ſich an internationalen Vereinbarungen über den Eiſenmarkt zu 5 beteiligen 5 Eine gewiſſe Beunruhigung rufen die Wirtſchafts⸗ verhältniſſe in Rußland in den intereſſierten deutſchen Wirtſchaftskreiſen hervor. Es zeigt ſich immer daß die ruſſiſche Regierung recht erheblichen Schwierig⸗ keiten auf wirtſchaftlichem Gebiete gegenüberſteht und auch währungspolitiſch die Dinge ſich nicht ſo geſtaltet haben, wie man anfangs erwartete. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß angeſichts dieſer inneren Wirtſchaftsnöte eine gewiſſe Aen⸗ derung in der Technik der Außenhandelsbeziehungen Ruß: lands eintreten werden, d. h. daß eine gewiſſe Amorgani⸗ ſation der ruſſiſchen Handelsvertretungen im Auslande Platz greifen wird. Ein ganz klares Bild wie die Dinge zur Zeit in Rußland liegen, läßt ſich jetzt noch nicht gewinnen. Vorläufig ſteht nur das eine feſt, daß die Regierung alle Kräfte anſpannt, um den argenblicklichen Schwierigkeiten zu begegnen und einen Ausweg aus der herrſchenden Kriſe zu en,, von und die deutlicher, 8955 Seckenheim, 19. April. Das Uelkskonzert des Männergesangvereins anläßlich ſeines 65 jährigen Beſtehens im Schloßſaale erfreute ſich eines guten Beſuches und bot Sangesfreunden eine Fülle prächtiger deutſcher Sangeskunſt. In markiger Friſche eröffnete der feſtgebende Männergeſangverein mit dem hohe Anforderungen an die Sänger ſtellenden „Der Fremdenlegionär“ den geſanglichen Reigen, ſein 2. Lied„Abendfrieden“ fand ebenſo ungeteilten Beifall. Ihm folgte der Liederkranz Mannheim⸗Neckarau mit „Der Himmel auf Erden“,„Matroſengrab“ und„Rhein⸗ gruß“, der ſich auf beachtenswerter Höhe zeigte. Sänger⸗ einheit Ladenburg war mit 55 Sängern angetreten. Unter einer ſehr temperamentvollen Leitung ſang er das „Wenig begehr ich im Leben“ in guter Ausdrucksform und Reinheit, auch ſein„Schützenlied“ konnte gefallen. Die Sängereinheit Edingen brachte 2 volkstümliche Liedchen„Ein Kirchlein“ und„Dein gedenk ich“, die in ihrer Einfachheit immer anſprechen. Germania Ilvesheim bot mit nur 45 Sängern in ihrem ‚Veſpergeſang“ etwas ganz hervorragendes. Das fein abgeſtimmte Piano hätte ſich in einem mehr Akkuſtik abgebenden Saal noch wirkungsvoller gezeigt; auch ſein„ Walderwachen“ zeigte ſeine ausgezeichnete Schulung und Hingabe der Sänger Viktoria Mannheim⸗Waldhof bot zwei ſchöne Chöre „Waldesweiſe“ und„Ich grüße Dich“ in allgemein guter Form. Vor der Schlußnummer, die ſich der feſt⸗ gebende Verein vorbehalten, ſprach der Vorſtand Herr Hermann Bauer den ſich in ſo liebenswürdiger Weiſe zur Verfügung geſtellten befreundeten Vereine den Dank aus, der dahin zielte, daß es nicht nur gilt Feſte zu feiern, ſondern die Pflege unſeres ſchönen deutſchen Volksliedes im Männergeſange hochzuhalten. Mit dem wiederum prächtig zu Gehör gebrachten„Möchte ich gern zieh'n, und dem neckiſchen„Die Ungetreue“ fand das in allen Teilen wohlgelungene und eindrucksvolle Konzert ſeinen Abſchluß. Anſchließend war gemütliches Beiſammenſein, bei dem die Sangesfreudigen noch manches ſchöne Lied ertönen ließen. a Der Abend vereinigte die Sänger mit Familien⸗ angehörigen bei Kaffee und Kuchen im„Löwen“. Auch hier wechſelten Geſangsvorträge mit Duetteinlagen ab. So ſang Frl. Anna Kollmer 3 nette Liedchen, während ſich in den 1. Duetten„Lebensanfang und Lebensende“ und„O unſchuldsvolle märchenhafte Kinderzeit“ Frl. Zimmermann und Herr A. Treuſch, im 2. Duett mit „Die zwei Trotzigen“ Frl. Emma Erny und Karl Treuſch ihren wohlverdienten Beifall einheinſten. Alles in allem, es war wie ſchon erwähnt, kein geräuſchvolles, aber ein umſo gehaltvolleres Feſt, das den Verein auf ſeiner vollen Höhe zeigte und deſſen Weiterentwicklung unter der vorzüglichen Leitung des Herrn Hauptlehrer Roſer wir von Herzen wünſchen. „ 25 Millionen gegen Anfall verſichert. Gegen Un⸗ fall ſind rund 25 Millionen Perſonen verſichert. Dazu kommen noch die Verſicherten bei den 14 Zweiganſtalten der Baugewerks⸗Berufsgenoſſenſchaft, der Tiefbau⸗ und der See⸗Berufsgenoſſenſchaft. Die Verſicherung umfaßt auch die landwirtſchaftlich im Nebenberufe beſchäftigten Perſonen, ſo daß etwa drei Millionen Perſonen doppelt erſcheinen, die in gewerblichen und landwirtſchaftlichen Betrieben beſchäftigt und verſichert geweſen ſind. Der Verſicherung unterliegen bei den gewerblichen Genoſſen⸗ 5 5 794 928 Betriebe mit 9 969 766 Perſonen, bei den land⸗ und forſtwirtſchaftlichen 4 614 296 mit 14 232 448, bei Behörden 857922.. „ Lokales und Allgemeines. N Spargel. Wenn es heute auch die Verkehrsverhältniſſe er⸗ lauben, daß wir zu jeder Jahreszeit, nötigenfalls von dem Auslande, friſche und ſchöne Gemüſe haben können, ſo iſt doch oft ihr Preis ſo hoch, daß er für die Minder⸗ bemittelten unerſchwinglich iſt. Die Hausfrauen und be⸗ ſonders die Liebhaber von Gemüſe begrüßen es daher, daß jetzt wieder die Zeit gekommen iſt, wo man aus dem eigenen Garten oder vom Markte billiges Gemüſe holen kann. Schon gibt es aus dem Freiland des Gartens Rhabarber, Spinat und auch wohl ſchon grünen Salat. .Zu den Gemüſen, die ſich heute einer beſonderen Be⸗ liebtheit erfreuen, zählt ziemlich allgemein der Spargel, der vor einem Menſchenalter in vielen deutſchen Gegen⸗ den noch völlig unbekannt war. Für viele iſt Kotelette ein Leckerbiſſen, wobei die dicken zarten Stangen mit weißen Köpfen bevorzugt werden. Auch mit anderen Gemüſen vermiſcht, beſonders als Leipziger Allerlei, iſt er ſehr ge⸗ ſchätzt. Als Einlage in Suppen eignen ſich auch die weni⸗ ger ſtarken Stangen. Im übrigen wird der Spargel in der mannigfachſten Weiſe zubereitet, auch als Spargelſalat, und beſonders Fleiſchſpeiſen beigegeben. Die warme Witterung der letzten Tage hat den Bo⸗ den ſo weit erwärmt, daß der Spargel wieder zu ſchie⸗ ßen beginnt, und bereits auf den Märkten der Städte zu kaufen ist. Wie alljährlich iſt der Preis zunächſt noch ziemlich hoch, und die Hausfrau, die nicht über einen vollen Geldbeutel verfügt, wird noch warten müſſen, bis ſie bei ſtärkerem Angebot und niedrigeren Preiſen Schinken mit Spargel und die vielen anderen beliebten Spargelge⸗ richte wird auf den Tiſch bringen können, wenn ſie es ſich bei einer größeren Familie überhaupt leiſten kann. Haben auch die Preiſe für friſches Gemüſe erheblich nachgelaſſen, ſo iſt auch in dieſem Jahre doch kaum zu erwarten, daß der Spargel ſo billig werden wird, daß er faſt auf jeden Tiſch zu finden ſein wird, ſelbſt wenn bei warmem Wetter eine reiche Ernte eintreten ſollte. Glücklicher ſind diejenigen daran, die ſich nicht um den Preis zu kümmern brauchen, und den Spargel auf eigenen Beeten ſtechen können. Wer wenigſtens ſchon für das nächſte Jahr zu dieſen Glücklichen zählen will— vorausgeſetzt, daß er Beſitzer eines Gartens iſt— für den iſt es jetzt Zeit, die nötigen Schritte zu tun. Während faſt alle anderen Pflanzen am beſten, wenigſtens die win⸗ terharten und mehrjährigen, in der Zeit ihrer Ruhe ge⸗ pflanzt werden, legt man Spargelpflanzungen in der Zeit an, wo der Spargel zu treiben beginnt. Dabei hat man die Erfahrung gemacht, daß man ſchon vom erſten Jahre nach der Anlage ab. Spargel ernten kann und man nicht erſt bis zum dritten Jahre zu warten braucht, was viele von der Anlegung von Spargelbeeten abgehalten hat. Da die Spargelbeete bei einigermaßen günſtigem Wetter gute Erträge liefern, empfiehlt ſich ihre Anlage durchaus und macht ſich auch bezahlt; denn ſelbſt kleine Pflanzungen liefern meiſt mehr Stangen, als ſich auch in einem großen Haushalte verwerten laſſen, ſo daß manches Pfund zu guten Preiſen verkauft werden kann. Dazu kommt, daß die Anlagen eine ziemlich lange Zeit abgeerntet werden können, nämlich von dem Beginn des Schießens der Spargel bei warmem Wetter bis zu Jo⸗ hanni, wo man in der Regel das Spargelſtechen ein⸗ ſtellt und ſie ins Kraut ſchießen läßt. Gedenktage am 19. April. 1560 Der Reformator Phil. Melanchthon in Witlenberg geſtorben. 1801 Der Phyſifer Guſtav Theodor Fechner in Groß⸗ Särchen bei Moskau geboren. 1836 Der Mineraloge Guſtar Tſchermak zu Littau in Mähren geboren. 1881 Der engliſche Staatsmann und Schriftſteller Ben⸗ jamin Disraeli, Earl of Beaconsfield, in London — geſtorben. 1 Kleine Chronik. A Anſchlag auf den Schnellzug Krakau Wien. Der Schnellzug Krakau⸗Wien iſt in der Nähe von Krakau in⸗ folge Lockerung einer Mutter an einer Schiene entgleiſt. Es ſcheint ſich um einen verbrecheriſchen Anſchlag zu han⸗ deln. Es wurden drei Tote und 27 Verletzte gezählt. . Froſchhaut für Menſchenaugen. In einem Lon⸗ doner Krankenhaus wurde kürzlich ein Stück Froſchhaut auf den Augapfel eines Knaben aufgepropft, der durch einen unzeitig explodierenden Feuerwerkskörper verletzt worden war. Das Augenlicht des Knaben hatte durch den Anfall ſtark gelitten, aber man hofft, daß dank de vorgenommenen Operation das Auge des neunjährigen Kindes gerettet iſt. Man benutzte für dieſe Transplanta⸗ tion Haut vom Unterkiefer eines Froſches, die ihrer Stärke und Struktur nach für dieſen Zweck als beſonders geeignet erſchien. 1 ab Entgleiſung des Millionär⸗Zuges. In der Nähe von Camden(New Jerſey) entgleiſte der von Newyork 1 kommende Atlantic⸗City Expreß. Hierbei wurden dret Perſonen, darunter der Lokomotivführer und ein Heizer, getötet und 50 verletzt. Von dem Zuge, der gewöhn⸗ lich reiche Newyorker nach Atlantic City bringt, weshalb er den Namen Millionärzug führt, blieben nur zwei Wa⸗ gen unverſehrt. Die Entgleiſung erfolgte in einer ſchar- fen Kurve und iſt wahrſcheinlich auf zu ſchnelles Fahren des Zuges zurückzuführen. Man befürchtet, daß ſich unter den Verletzten ſehr viele Newyorker der öͤberen Zehn⸗ tauſend befinden. i Vom General zum Dieb und Selbstmörder. Wie der„Chicago Tribune“ aus Newyork gemeldet wird, hat General Saſcha von Staffelberg, der im Kriege eine ruſſiſche Diviſion befehligte, durch Einneh⸗ men von Strychnin Selbſtmord verübt, als er wäh⸗ rend eines Diebſtahls verhaftet wurde. a Großer Schaden durch einen Kugelblitz. Aue London wird berichtet: Während eines Gewitterſturmes in Palmersgreen wurden durch einen Kugelblitz etwa 25 Häuſer beſchädigt, Hunderte von Fenſterſcheiben ſind zerbro⸗ chen und drahtloſ; Empfangsapparate zerſtört. a Der„König der Banditen“ beſteigt lächelnd das Schafott. Der ſogenannte„König der Banditen“ Gerald Chapman, dem es dreimal gelungen war, durch Ausbruch aus dem Gefängnis dem Galgen zu entgehen, wurde im Staatsgefängnis von Connecticut in den Vereinigten Staa⸗ ten gehängt. Er verſpeiſte vorher ein ſolides Mittag⸗ eſſen, rauchte mit Wohlbehagen eine Zigarre und beſtieg alsdann lächelnd das Schafott, wo er im Verlaufe einer halben Minute in die Ewigkeit befördert wurde. Anweſend waren nicht weniger als 36 Journaliſten, die alle erklär⸗ ten, daß ſie mehrere Jahre lang ungefähr ausſchließlich von der Beſchreibung der Taten Chapmans gelebt hätten. Chapman gehörte innerhalb der amerikaniſchen Verbre⸗ cherwelt zu der Schule der ſogenannten„höflichen Ban⸗ diten“, d. h. er behandelte ſeine Opfer mit ausgeſuchter Formvollendung, wenn dieſe nicht etwa auf den ſchlechten Einfall kamen, ihm Widerſtand zu leiſten. In ſolchen Fällen pflegte er allerdings durch eine wohlgezielte Re⸗ volverkugel mit blitzartiger Geſchwindigkeit die Situation zu ändern und ein ſolcher Fall iſt es, der ihm nun das Leben gekoſtet hat. Der feinſte Coup ſeiner langen Kar⸗ riere war ſeinerzeit die Plünderung eines Bankautomobils in Newyork, das er um nicht weniger als 2 Millionen Dollars in bar und Papieren„erleichterte“. Nach dieſer Tat ſtattete er ſeiner Vaterſtadt London einen längeren Beſuch ab, wo er in der Verkleidung eines orientaliſchen Fürſten in einem der eleganteſten Weſtend⸗Hotels das Leben eines ſoliden, wenn auch nicht gerade ſparſamen Mannes von der Welt führte. Man kann ſich denken, daß er infolgedeſſen bald„gezwungen“ war, zur Auffriſchung ſeiner Fonds zu ſeinem alten Gewerbe zurückzukehren. Redaktion, Druck und Verlag: G Zimme rmann Ww, Inh G. Härdle, Seckenheim a. N. Bekanntmachungen Ein⸗ und Verkauf ing Bille (mit Etui) von der alt und uralt HSAe nur für Mitglieder der Landwirtſchaftl morgen früh von 812 Uhr Kali werden entgegengenommen Pfpercezucht eren deltendem AAZusammenkunft in der Wirtſchaft„Zur Pfalz“. Kanariensamen Haferkerne HFlanfsamen, Soebiaschalen Salatsamen der Gemeinde Seckenheim. Morgen Dienstag, den 20. April 1926, nachmittags von 2—3 Ahr wird im Rathaus Mütterberatungsſtunde abgehalten. g Seckenheim, den 19. April 1926. Der Bürgermeiſter: Flachs. Sammel ⸗Anzeiger Ein⸗ und Verkaufs⸗Genoſſenſchaft. Heute Nachmittag von 4—6 Uhr und gelangen Saatkartoffeln Modell zur Ausgabe. Beſtellungen auf Harnſtoff u. ſchwefelſ. Der Vorſtand. Heute Montag Abend 8 Ahr Der Vorſtand. Für Vogelzüchter empfehle: Sommerrübsen 2 Mohnsamen Negersaat Hirse Leinsamen Zwieback Eiweiß futter Spezialmischung „Karasena“ für sämtl. Singvögel. (Enthält sämtl. oben genannte Sorten Vogelfutter). Karl Raufelder. landwirtſchaftl. 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