0 A. Jabroang Bezugspreis: Für den Monat Juni 1.40 Goldmark, frei ins Haus. Anzeigenpreis: Die einſpalt. Petitzeile 15 Goldpfg. Reklamen: 60 Goldpfg. Bei Wiederholung Rabatt. Beilagen: Illuſtriertes Unterhaltungsblatt(wöchentlich). Neues in Kürze. 8 b: Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann hielt in 5 5 0 ame 15 vor der ausländiſchen Preſſe, verſchiedene wichti Lili behandelte ichtige Fragen der Außenpolitik 5 2: Die Zukunft des Abfindungs⸗Kompromiſſes wird 155 dem größten Teil der Preſſe recht peſſimiſtiſch beur⸗ eilt. Man glaubt aber nicht, daß es zu einer Reichstags⸗ auflöſung kommen werde. 2: Nach Meldungen aus Paris ſind Verhandlungen zwiſchen Frankreich und Amerika wegen der Au n einer Anleihe im Gange. e e Widerſinnige Beſchlüſſe. . In Genf tagt ſeit geraumer Zeit die von der vorbereitenden Abrüſtungskommiſſion eingeſetzte militäri⸗ 185 Unterkommiſſion, die ihre Arbeiten nun ſoweit ge⸗ ördert hat, daß die Einſchiebung einer Pauſe vorausſicht⸗ lich in dieſer Woche erfolgen wird, damit die Delegierten ihren Regierungen Bericht erſtatten und neue Inſtruktionen einholen können. Die Beſchlüſſe dieſer Kommiſſion braucht man nicht gerade zu überſchätzen, da ſie keine endgültige Bindung darſtellen, ſondern da die Entſcheidung ber der politiſchen Hauptkommiſſion liegt, an die ſowohl die Be⸗ ſchlüſſe diefer wie auch der wirtſchaftlichen Anterkom⸗ miſſion, die am Montag ihre Beratungen aufnahm, ge⸗ langen. Es iſt dabei auch Vorſorge getroffen, daß die Anſchauung der Minderheit in dem der Hauptkommiſſion zu übermittelnden Bericht zum Ausdruck kommt, ſodaß auch die deutſche Auffaſſung über die per schiedenen Punkte der Hauptkommiſſton nicht vorenthalten bleibt. Ganz allgemein läßt lh über die Verhandlungen der militäriſchen Anter⸗ kommiſſion nur ſagen, daß der in den Reden in der Hauptkommiſſion noch zum Ausdruck gebrachte Wille zur Abruͤſtung, ſich bei dieſen Verhandlungen vollends ver⸗ flüchtigt hat. An ſich iſt das vielleicht inſofern nicht unver⸗ ſtändlich, als ja hier die militäriſchen Sachverſtändigen das Wort führen, die naturgemäß das größte Intereſſe an der Aufrechterhaltung der Rüſtungen haben. f Trotzdem ſcheint es nicht unangebracht, auf die wi⸗ derſinnigen Beſchlüſſe hinzuweiſen, die in dieſer Kommiſſion in den letzten Tagen gefaßt worden ſind. So ſtand bei⸗ ſpielsweiſe die Frage zur Erörterung, ob das Kriegs⸗ material gleichwertig neben den Mannſchaftsbeſtänden als Hauptmerkmal für den Rüſtungsſtand eines Landes angeſehen werden müſſe. Vom deutſchen Ver⸗ treter und auch von den Delegierten einer Reihe anderer Mächte wurde der Standpunkt vertreten, daß unter den heutigen Verhältniſſen das Kriegsmaterial dem Perſonal⸗ beſtand gleichgeſetzt werden müſſe, da im modernen Krieg das Perſonal ohne Material wertlos ſei. Dagegen wehr⸗ ten ſich die Franzoſen und ſie erreichten es auch, daß in der Abſtimmung mit 9 gegen 8 Stimmen in ihrem Sinne entſchieden wurde. Daß dieſe Entſcheidung einen Unſinn e bedeutet, braucht nicht erſt betont zu wer⸗ den und man braucht auch wohl nicht daran zu erinnern, welche Bedeutung im Weltkrieg die Ueberfülle des Ma⸗ terials auf der einen und der Mangel des Materials auf unſerer Seite geſpielt hat. Der Standpunkt, den die Franzoſen in Genf eingenommen haben, ſteht aber auch völlig im Widerſpruch zu der Anſicht, die ſie ſtets ſonſt gegenüber dem wehrloſen Deutſchland verfochten haben. Hier haben ſie ſich bekanntlich ſtets auf den Standpunkt geſtellt, daß das Kriegsmaterial bis zum äußerſten ver⸗ nichtet werden muß, wodurch teilweiſe dem Reich recht erhebliche Koſten erwachſen ſind. Der Notenwechſel über derartige Forderungen der Franzoſen iſt außerordentlich umfangreich und widerlegt auf das Entſchiedenſte den von ihnen in Genf vertretenen und völlig unhaltbaren Standpunkt. Auch die Debatte über die Mannſchaftsbe⸗ ſtände nimmt einen mehr als merkwürdigen Verlauf. Von den Franzoſen wird nämlich verſucht, Truppen, die ſich in den erſten ſechs Monaten der Ausbildung be⸗ finden, nicht den aktiven Truppen zuzuzählen, die allein für den Nüſtungsſtand maßgebend ſein ſollen. Da Frank⸗ reich eine 18 monatige Dienſtzeit beſitzt, ſo würde bei einer ſolchen Berechnung mithin ein Drittel des Beſtan⸗ des aus dem Vergleich völlig ausſcheiden. Dazu kommt, daß nach franzöſiſcher Auffaſſung auch die in den Kolo⸗ nialgebieten befindlichen Truppenbeſtände nicht den Heeres⸗ beſtänden zugerechnet werden ſollen, ſo daß ſich dann ein völlig ſchiefes Bild ergeben würde. Die Schwen hätte nach dieſer Berechnung in normalen Zeiten überhaupt keine Armee, da der ſchweizeriſche Soldat kaum mehr als 2 Monate ausgebildet wird, dagegen würde naturgemäß die Reichswehr mil ihrer zwölfjährigen Dienſtzeit nahezu mit dem vollen Beſtand von 100 000 Mann in einer derartigen Rüſtungsaufſtellung erscheinen. Wie die Dinge tatſächlich liegen geht aus einem Artikel des Generals Graf Montgelas hervor, in dem der Nachweis geführt wird, daß in Frankreich Jahr für Jahr 240000 junge Männer militäriſch erzogen werden, ſo⸗ daß Frankreich 1935 über rund 3 Millionen, Deutſchland hingegen nur über ein Zwanzigſtel dieſer Zahl an ſofort mobiliſterbaren Männern in dem für den Felddienſt brauch⸗ baren Alter zwiſchen 20 und 35 Jahren verfügen würde. Schon dieſe beiden Beispiele, die ſich ohne Schwie⸗ rigkeiten ergänzen und erweitern ließen, zeigen, daß auf dieſe Weiſe eine Abrüſtung nicht zuſtande kommen wird. Nun liegt allerdings, wie ſchon betont wurde, die Ent⸗ ſcheidung bei der Haupfkommifſion, in der Deutſch⸗ land durch den Grafen Bernſtorff vertreten iſt, und die bvorausſichtlich im Ottober wieder zuſammentreten dürfte. Tages- und Anzeigenblatt für Seckenheim und Umgebung 5 Zukunft kann nur baſiert werden in Erſcheinungszeit: Täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und geſetzlichen Feiertage. Beſtellungen in der Geſchäftsſtelle Hildaſtraße 68 oder durch unſere Träger. Fernſprecher Rr. 16.— Poſtſcheckkonto 78439 Karlsruhe. Nach den Erfahrungen, die man bislang gemacht hat, ſind aber auch die Au, ichten hier recht ungünſtig, da zwar jede Macht wohl die Abrüſtung will, jedoch nur die Abrüſtung— der anderen. Auch die Beſchlüſſe der Hauptkommiſſion würden dann freilich noch nicht das letzte Wort darſtellen, da ja dieſe Kommiſſion lediglich die Aufgabe hat, die Abrüſtungskonferenz vorzubereiten, die nach einem Wort Lord Robert Cecils nicht vor Ende 1927 zu erwarten iſt. Man hat alſo noch vie! eit zu Erörterungen und— zum Weiterrüſten. Eine Rede Dr. Gireſemanns. Bei der Zwanzigjahrfeier des Vereins der ausländiſchen Preſſe in Berlin hielt Reichs⸗ außenminiſter Dr. Streſemann eine außenpolitiſche Rede von großer Bedeutung. An einige Worte aus der Anſprache des Vorſitzenden des Vereins anknüpfend⸗ drückte der Miniſter zunächſt die Bitte aus, ſich in den Zuſtand des Elends einzufühlen, in dem das deutſche Volk unmittelbar nach dem Kriege ſich befand und zu ver⸗ ſtehen, was ſeeliſch in dieſem Volke vor ſich gegangen iſt. „Wer als Deutſcher,“ ſo führte der Miniſter dann weiter aus,„den Weltkrieg mit ſeinen Wechſel⸗ und Nach⸗ wirkungen kennen gelernt hat, wie Millionen proletari⸗ ſiert worden ſind, wie Hunderttauſende aus einer Bahn geriſſen worden ſind, wer all' dies mit wachen Sinnen auf ſich wirken läßt, der wird auch verſtehen, daß ein Volk. das ſo unendlich viel in ſich geiſtig verarbeiten mußte, ſeeliſch den Prozeß internatio⸗ naler Annäherung ſehr viel ſchwieriger durchzumachen ver⸗ mochte, als andere glücklichere Nationen. And weil das ſo iſt, deshalb war auch der Weg der deutſchen Außen⸗ politik ein ſo unendlich ſchwerer und dornenvoller und wird es weiter bleiben. Er war es für alle Außenminiſter und wird es für alle Außenminiſter ſein. Ich habe einmal geſprochen von einem Silberſtreifen am Horizonte. Die Wolken mö⸗ gen oft dieſen beginnenden Sonnenſtrahl verdunkeln, aber ich bekenne mich auch heute noch zu dem vorausſchauenden Optimismus, der in jenen Worten lag, weil ich glaube, daß, wer nicht an den Fortſchritt der Dinge glaubt, auch nicht mit der Kraft der Ueberzeugung für ſie ein⸗ treten kann, die nötig iſt, um die Widerſtände zu über⸗ winden, die vorher unüberwindbar erſchienen. Allerdings bin ich der Ueberzeugung, daß wir noch längſt nicht den Kampf der Meinungen in den einzelnen Völkern ausgekämpft a haben und daß ſich überhaupt niemals ein Fortſchritt auf dem geraden Wege erzielen läßt. Auch für Locarno gilt, daß der kühlen Initiative von leitenden Männern eine große Skepſis der Völker wie ihrer Parlamente gefolgt iſt. Der Kampf im eigenen Lande iſt weiß Gott ſchwerer, als der Kampf mit den fremden Staatsmän⸗ nern. Aber ich habe die Ueberzeugung, daß der Fortſchritt der Menſchheit nur baſiert auf der Idee des Friedens. Ich habe auch die Ueberzeugung, daß die Männer, die damals an der Spitze ihrer Völker die Politik von Lo⸗ carno guthießen, es auch heute noch tun und daß Lo⸗ tarno die Baſis füt weitere Außenpolitik bleibt. Ich bin der Meinung, daß es viel weniger ankommt auf die Paragraphen des Vertrages, als auf den Geiſt der Verträge. Solange die tragende Idee fehlt, wird man ſich über die Auslegung der Paragraphen ſchwer verſtändigen, bleibt ſie aber tragend, ſo iſt die Verſtän⸗ digung leicht. Siegen die Ideen, werden die Paragraphen die Völker nicht mehr trennen und deshalb iſt nichts ſo falſch als die Annahme, als ob der Geiſt von Locarno in der Erfüllung gewiſſer Beſtimmungen beſtände. Wenn ich verſuche, das, was gegenwärtig im Völ⸗ kerleben nach Geſtaltung ringt, in eine Einheit zuſam⸗ menzufaſſen, dann muß ich ſagen:„Die Idee, die ſich heute der Menſchheit empfiehlt, iſt, daß das geſamte Reſüme des Weltkrieges ein Elend und Un⸗ glüd für alle geweſen iſt, die am Weltkrieg teilge⸗ nommen haben. Ich ſage nicht mehr Sieger und Be⸗ ſiegte, ſondern nuͤr noch ringende Völter, die ſich be⸗ mühen, aus dem Chaos wieder in die Vernunft zurück⸗ zukommen. Sie ſehen eine Weltwirtſchaft, die nicht ge⸗ tragen iſt von dem großen Gedanken des Ausgleichs der Güter. Sie ſehen, daß der Austauſch gerade zwiſchen den Rohſtoffländern und den verarbeitenden Ländern über⸗ all unterbunden iſt, daß alle Grundgeſetze, alle Fun⸗ damente, die man als ſicher anſah, beſeitigt erſcheinen. Und in dieſer großen Umwälzung ſinkt in die Proletariſie⸗ rung gerade der Teil des Volkes, der bisher als ſtaats⸗ erhaltend galt. Die Intereſſengemeinſchaft der Völker und Staaten iſt ſo groß geworden, daß ein Land, das gegenwärtig noch glücküberſtrömt ſich als Siegerſtaat fühlte, nun im heftigſten Kampfe um die Stabiliſierung ſeiner Währung ſteht. Niemand bei uns in Deutſch⸗ land iſt, der nicht den Wunſch auf Konſolidierung dieſes Landes hat, weil meiner Anſicht nach auch Frankreich das⸗ ſelbe Intereſſe daran hat, daß die wirtſchaftlichen Ver⸗ hältriſſe in Deulſchland nicht zu einer deſtruktiven Lage führen.“ Der Miniſter ſchloß mit folgenden Worten:„Die dem alten, kul⸗ turell hochſtehenden Europa, das der Welt un⸗ endlich viel gegeben 15 auf dem Gedanken des Friedens, der Solidarität und der Zuſammenarbeit der Völker.“ — 22. — Die Ausſichten des Abfindungs geſetzes. Beurteilung in der Preſſe.— Kommt es zur Reichs⸗ tagsauflöſung? b Berlin, 29. Juni. Die Erledigung des Regierungsentwurfes zur Für⸗ ſtenabfindung im Rechtsausſchuß darf keineswegs darüber hinwegtäuſchen, daß das Schickſal des Entwurfs nach wie vor ſehr ungewiß iſt. Es ſtellt ſich jetzt überhaupt immer deutlicher heraus, daß die ganzen Ver⸗ handlungen im Rechtsausſchuß während der letzten Woche im weſentlichen nur eine Formſache waren. Die Ent⸗ ſcheidung wurde immer in Verhandlungen zwiſchen Frak⸗ tion und Fraktion geſucht, allerdings bis jetzt noch nicht gefunden. Am Samstag und Sonntag fanden keine Ver⸗ handlungen dieſer Art ſtatt. Erſt am Montag ſind die Beſprechungen zwiſchen den Regierungsparteien und der Oppoſition wieder aufgenommen worden. In der Beurteilung der Lage zeigen die Sonntags⸗ blätter der Regierungsparteien wenig Optimismus. So ſchreibt die„Tägliche Rundſchau“:. „Die Hauptſache iſt, daß die Koalitionsparteien gegenüber allen Abänderungsanträgen zuſammenhalten. Höher wird man ſeine Hoffnungen kaum ſpannen kön⸗ nen, denn mit der einen Aenderung, die in dem Geſetz⸗ entwurf in dem Punkte der Kronfideikomißrenten vor⸗ genommen worden iſt, muß das Entgegenkommen gegen⸗ über der Sozialdemokratie erſchöpft ſein. Weiteren Konzeſſionen ſteht ſowohl die Deutſche wie auch die Bayeriſche Volkspartei ablehnend gegenüber, und wenn die Sozialdemokratie ablehnt, ohne Bewilligung wei⸗ terer Forderungen dem Geſetz ihre Zuſtimmung zu geben, ſo wird von einem Zuſammengehen der So⸗ zialdemokraten mit den Regierungsparteien dann keine Rede mehr ſein. Von den Deutſchnationalen kann beſten⸗ falls damit gerechnet werden, daß ſie einer etwaigen Zweidrittelmehrheit durch einige Stimmenthaltungen den Weg freigeben.“ f „„Soweit die„Tägliche Rundſchau“. Faſt noch peſſi⸗ miſtiſcher iſt das„Berliner Tageblatt“, das nicht einmal die Annahme der„Täglichen Rundſchau“ teilt, daß die Deutſchnationalen gegebenenfalls durch einige Stimment⸗ haltungen die notwendige Zweidrittelmehrheit herbeifüh⸗ ren laſſen würden. Das Blatt bezweifelt es, ob die Deutſch⸗ nationalen ſich ſo verhalten werden und„nicht vielmehr durch Fraktionszwang die Anweſenheit ſämtlicher Mit⸗ glieder verlangen werden.“ Bezüglich der Haltung der Sozialdemokraten, bei denen das Schwergewicht der Entſcheidung liegt, glaubt das Blatt ſeſtſtellen zu kön⸗ nen, daß„offenbar ein großer Teil dieſer Partei kemerlei Neigung hat, dem Geſetzentwurf in ſeiner jetzigen Form zuzuſtimmen. Da nun ein weiteres Eingehen auf die ozialdemokratiſchen Forderungen nach den Erklärungen er„Täglichen Rundſchau“ ſeitens der Bayeriſchen und Deutſchen Volkspartei kaum zu erwarten iſt, ſind tat⸗ fächlich die Ausſichten für das Zuſtandekom⸗ men des Kompromiſſes wenig günſtig, es ſei denn, daß die Sozialdemokraten in letzter Minute auf alle weiteren Forderungen verzichten. Bleiben die Sozial⸗ demokraten aber feſt, ſo iſt damit zu rechnen, daß das Geſetz ſowohl von den Sozialdemokraten als auch von den Deutſchnationalen abgelehnt wird. Ueber die Frage, was dann werden ſoll, ſchreibt die„Tägliche Rundſchau“: „Ob der Reichskanzler auch gegen eine derartige Oppoſition den Reichstag auflöſen wird, begegnet eini⸗ gen Zweifeln, da die Regierung gar keine Ausſicht hat, gegen eine Oppoſition von rechts und links durch eme Reichstagsneuwahl eine Zweidrittelmehrheit für ihre Vorlage zu gewinnen. Es kommt hinzu, daß zu min⸗ deſt die Möglichkeit gegeben ſcheint, durch einen neuer⸗ lichen Vergleich zwiſchen dem preußiſchen Staat und dem Hohenzollernhauſe auf der Grundlage des Regie⸗ rungsentwurfs einen Ausweg zu finden, der dem Kampf um die Reichstagsentſcheidung ein ganz anderes Geſicht geben würde.“ Auch nach unſeren Informationen beſteht eine Mög⸗ lichkeit, daß eine Reichstagsauflöſung in der von der „Täglichen Rundſchau“ angedeuteten Weiſe verhindert wird, obgleich feſtgeſtellt werden muß, daß die Gedanken⸗ gänge der„Täglichen Rundſchau“ von der Preſſe des Zentrums und der Demokraten bis jetzt nicht geteilt worden ſind. f Eine Erklärung der Sowjetregierung Die Stellung gegenüber England. * Moskau, 29. Juni. In einer Veröffentlichung nimmt die Sowjetregie⸗ rung zu dem von der britiſchen Regierung herausgegebe⸗ nen Weißbuch und zu den letzten Reden britiſcher Miniſter im Unterhauſe über die engliſch⸗ruſſi⸗ ſchen Beziehungen Stellung. a Dabei wird auf das nachdrücklichſte erklärt, daß die Handelsdelegationen der Sowjetunion in England 1170 die ruſſiſchen Handelsdelegationen in anderen Län⸗ ern und die ausländiſchen diplomatiſchen Vertretungen der Sowjetunion ſich unbedingt jeder Beziehung zu ausländiſchen kommuniſtiſchen Parteien wie überhaupt der Einmiſchung in die in⸗ nerpolitiſchen Angelegenheiten der frem⸗ den Länder enthalten. Die Sowjetregierung nimmt mit Genugtuung von der amtlichen Erklärung Chamber⸗ lain; Kenntnis über die Unerwünſchtheit eines Abbruchs der Beziehungen zwischen beiden Ländern, hält aber ſeine Anſicht von einer Unmöglichkeit der Beſſerung der vol — — ſchen und wirtſchaftlichen Beziehungen zwiſchen England und der Sowjetunion für unrichtig. 75 teten Aus dem In⸗ und Auslande. Verhandlungen über die Bierſteuer. Berlin, 29. Juni. Wie verlautet, wird der Reichs⸗ finanzminiſter am kommenden Mittwoch mit dem Kom⸗ miſſar für die verpfändeten Einnahmen über die Hinaus⸗ ſchiebung der Bierſteuererhöhung bis 1. Januar 1927 verhandeln. Nach der bisherigen Fühlungnahme beſteht bl der Annahme, daß es bei dem jetzigen Zuſtand verbleibt. Zum Waffengeſetz. Berlin, 29. Juni. In der Preſſe waren verſchiedent⸗ lich Nachrichten aufgetaucht, wonach das Reichskabinett einen Geſetzentwurf gegen das Schießen mit kleinkalibrigen Waffen beſchloſſen habe. Wie von zuſtändiger Stelle hierzu mitgeteilt wird, iſt dieſe Nachricht unrichtig. Das Reichskabinett hat in ſeiner letzten Sitzung lediglich den Geſetzentwurf über den Verkehr mit Schießwaffen und Munition durchberaten. Eine Stellungnahme über das Schießen mit kleinkalibrigen Waffen iſt in dem Geſetz nicht enthalten. 0 Das deutſch⸗finniſche Handelsabkommen. Berlin, 29. Juni. Die deutſch⸗finniſchen Verhandlun⸗ gen über ein vorläufiges Handelsabkommen ſind zum Ab⸗ ſchluß gelangt. Das Abkommen, das Samstag nachmittag im Auswärtigen Amt unterzeichnet wurde, regelt den Han⸗ delsverkehr und das Recht der Niederlaſſung auf der Grundlage der gegenſeitigen Meiſtbegünſtigung. Für eine Anzahl deutſcher und finniſcher Erzeugniſſe wurden außerdem Zollherabſetzungen oder Bindungen vereinbart. Die tſchechiſchen Finanzen. Prag, 29. Juni. Finanzminiſter Engliſch erklärte im Budgetausſchuß des Senats, daß er zur Ausgleichung des Defizits 1020 Millionen Kronen brauche. Seine Hoffnung, 600 Millionen erſparen zu können, ſei ent⸗ täuſcht worden. Die Höchſtgrenze der Erſparungen betrage 300 Millionen. Es beſteht dann noch ein Deftzit von 165 Millionen. Zur Kriſe in Polen. K Warſchau, 29. Juni. Die Gefahr, in der das Kabinett Bartel bei der Frage der Billigung des proviſoriſchen Budgets ſchwebte, iſt überraſchend ſchnell beſeitigt worden. Damit iſt der erſte Sturm am Kabinett Bartel vorbeigegangen. Der zweite Sturm dürfte ſich bei der Frage der Verfaſſungsänderungen entwickeln. Inzwiſchen haben nämlich Sozialiſten, die Bauernpartet Wiezwolſka, Arbeiterklub und die Jüdiſche Fraktion ſowie die Sozia⸗ Iiſten aus der Deutſchen Vereinigung den Antrag auf Seim⸗Auflöſung und Neuwahlen zum 17. Oktober ein⸗ gebracht. Ueber dieſen Antrag wird Anfang nächſter Woche abgeſtimmt werden. Die Regierung iſt bekanntlich gegen die Seim⸗Auflöſung aus eigener Kraft. Die Forderung um einen nichtſtändigen Natsſitz. ö E Warſchau, 29. Juni. In dem„Novi Kurjer Polſki“, dem offiziöſen Or⸗ gan des Auswärtigen Amtes in Warſchau, wird ein Artitel veröffentlicht, der in politiſchen Kreiſen Polens großes Aufſehen erregt hat und in dem zu ver⸗ ſtehen gegeben wird, daß, falls den polniſchen Wünſchen in Genf auf Zuerteilung eines ſtändigen Natsſitzes an Po⸗ len nicht nachgekommen wird, die Zukunft des Völker⸗ bundes gefährdet ſei, da Polen ſich mit dem Gedanken trage, in einem ſolchen Falle dem Beiſpiel Braſiliens und Spanien zu folgen, das heißt, aus dem Völkerbund auszutreten oder ſich überhaupt nicht mehr für die Fragen des Völkerbundes zu intereſſieren. Das Schickſal Abd el Krims. f Paris. 28. Juni. In der Vollſitzung der franzöſiſch⸗ ſpauiſchen Marokfokonferenz wurde u. a. auch über das weitere Schickſal Abd el Krims und ſeiner 60 Familien- angehörigen verhandelt. Ueber den zukünftigen Aufent⸗ haltsort Abd el Krims iſt noch immer keine Entſcheidung getroffen. Abd el Krims Mittel ſeien weniger bedeutend als man früher annahm. Sie genügen kaum zum Unter⸗ halt für ein Jahr. n — Deutſcher Reichstag. Der Neichsfinanzminiſter über das Erwerbsloſenproblem. g b Berlin, 28. Juni. Der Reichstag überwies heute zunächſt ohne Aus⸗ ſprache das Geſetz über die Aufhebung des Reichs⸗ geſetzes über die Schutzpolizen der Länder dem Rechtsausſchuß und nahm dann die Berichte des volkswirtſchaftlichen und des ſozialpolitiſchen Ausſchuſſes ven Erwerbsloſenfürſorge geſtellten Anträge ent⸗ gegen. Der ſozialpolitiſche Ausſchuß hat die Anträge durch Annahme einer Entſchließung erledigt, in der beantragt wird, daß zu den Erwerbsloſenunterſtützu gen ein groß⸗ zügiger Plan zur Arbeitsbeſchaffung treten muß. Die Re⸗ gierung wird erſucht, durch Bereitſtellung der nötigen Mittel die Durchführung des Programms zu ermöglichen, das der volkswirtſchaftliche Ausſchuß für die Arbeits⸗ beſchaffung aufgeſtellt hat. Dazu ſollen gehören: Strazen⸗ bau und Straßenregulierung, Kultivierung von Oedland und Moorgelände. Schiffbarmachung von Flüſſen, Kanal⸗ bauten, Fluß und Bachregulierungen zur Verhütung von Hochwaſſer, Anlagen zur Gewinnung von Waſſerkräf'en, Wohnungsbau, Elektrifizierung der Eiſenbahnen uſw. Die Reichsregierung wird ferner erſucht, zu prüfen, ob die Schwierigkeiten beim Rußlandkredit nicht behoben werden können. Sie wird aufgefordert, bei den Reparationsleiſtun⸗ gen auf die Gewinnung langfriſtiger Sachlieferungen hin⸗ zuwirken und ſchlietlich wird eine Unterſuchung gefordert, wie der große Andrang von täglichem Geld, der zum Teil zu rein ſpekulativen Zwecken im In⸗ und Ausland ver⸗ wandt werde, der produktiven Wirtſchaft Deutſchlands zugeführt werden kann. f Nach ſehr ausführlicher Berichterſtattung über die Ausſchußverhandlungen nahm der 5 Neichsarbeitsminiſter das Wort zu längeren Ausführungen über das Problem der Arbeitsloſigkeit. Der Miniſter wies darauf hin, daß die Abnahme der Erwerbsloſenzahl vom Winter zum Frühling um 300 000 nicht als voll befriedigend angeſehen werden könne. Der chroniſche Charakter der jetzigen Arbeitsloſigkeit ſei nicht zu verkennen. Die Reichs⸗ regierung habe deshalb angeordnet, daß die Kurzarbei⸗ terfürſorge bis zum Herbſt beſtehen bleibt und dahin abgeändert werde, daß die Befriſtung der Bezugsdauer auf ſechs Wochen fortfällt. Die ausgeſteuerten Er⸗ werbsloſen ſollen bevorzugt in Beſchäftigung gebracht werden und Notſtandsarbeiten erhalten. Den Ländern ſeien neue Kredite zur Verfügung geſtellt worden und auf die Gemeinden werde eingewirkt, in eigener Regie noch in dieſem Jahre die Wohnungen zu ſchaffen für olche Mieter, die die Wohnung räumen müſſen. Für en Herbſt kündigte der Miniſter ein einheitliches Wohnungsbauprogramm nächſten drei Jahre an. Dadurch werde auch eine gleichmäßige Verteilung der Bauten möglich ſein. Der Kommuniſt Schütz begründete hierauf zahl⸗ reiche Anträge ſeiner Fraktion und bezeichnete die Aus⸗ ſchußentſchließung und das Programm der Regierung als Unzureichend. für die ſchußentſchließung, in der viele ſozialdemokratiſche Forde⸗ rungen von der Regierung verwirklicht worden ſind. Der Redner unterſtützte allerdings auch einen kommunſſtiſchen Antrag auf Erhöhung der Sätze der Erwerbs⸗ loſenfürſorge um 50 Prozent. Schließlich begründete er noch eine ſozialdemokratiſche Entſchließung, wonach die Anleihen, die von den Gemeinden für Zwecke der produk⸗ tiven Erwerbsloſenfürſorge aufgenommen werden, nicht der ZJuſatzkontrolle der Reichsbank unterliegen. Nachdem noch der Kommuniſt Räd el es als aus⸗ geſchloſſen bezeichnet hatte. daß mit dem Regierungspro⸗ gramm das Arbeitsloſenproblem gelöſt werden könnte, wurde die Ausſchußentſchließung gegen die Stimmen der Kommuniſten angenommen. Mit Ausnahme eines dem Haushaltsausſchuß überwieſenen Antrages auf Bereit⸗ ſtellung von 300 Millionen für die produktive Erwerbs⸗ loſenfürſorge wurden ſämtliche kommuniſtiſchen Antcäge über die von den verſchiedenen Parteien zur produkti⸗ Der Sozialdemokrat Dißmann bewilligte die Aus⸗ abgelehnt. In der nun folgenden zweiten Leſung des vd kiſchen Antrages auf Aufhebung des Geſetzes zum Schutze 00 198 wurde der Antrag mit großer Mehrheit ab⸗ gelehnt. g 5 Nach 6 Uhr vertagte ſich das Haus auf Dienstag Nachmittag 2 Uhr. 8 Aus dem badiſchen Lande. Mannheim.(Freiwilliger Tod einer 21. jährigen. Nachmittags gegen 5 Uhr hat ſich eine auf dem Waldhof wohnhafte 21 Jahre alte Konkoriſtir an der Sandhoferſtraße in den Altrhein geſtürzt und iſt ertrunken. Anglückliche Liebe ſoll die Urſache der Tat ſein. Die Leiche konnte noch am gleichen Tage geborgen und auf den Friedhof in Käfertal überführt werden. Mannheim.(Tödlicher Unfall.) Ein 18 Jahre alter Drahtzieher aus Lampertheim brachte im Betrieb der Firma Südd. Drahtinduſtrie Waldhof beim Anlaſſen einer Ziehtrommel die linke Hand zwiſchen Draht und Trommel, wodurch er einige Male um dieſe herum geſchleudert wurde. Dabei erlitt er an Kopf und Körper ſo ſchwere Verletzungen, daß er in bewußtloſem Zuſtande ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Dort iſt er kurz darauf geſtorben. Karlsruhe.(Die Unterſchlagungen bei der Baden⸗Badener Sparkaſſe.) Im Sitzungsſaale 1 3 des Karlsruher Schöffengerichts fand die Verhandlung 5 gegen jene Angeſtellte der Städtiſchen Sparkaſſe von Ba⸗ den⸗Baden ſtatt, die ſich, wie ſeinerzeit gemeldet, große Unterſchlagungen haben zu Schulden kommen laſſen, die in dieſem Frühjahr aufgedeckt wurden. Es handelt ſich um 5 Angeklagte, von denen vier aus der Unterſuchungs⸗ haft vorgeführt wurden. Das Urteil lautete auf Ge⸗ fängnisſtrafen von 3 bis 8 Monaten. Karlsruhe.(Schwerer Autounfall.) Als nach⸗ mittags ein Perſonenauto in der Neureuterſtraße einen Radfahrer überholen wollte, fuhr das Auto dieſem ins Hinterrad. Beim Ausweichen nach links lenkte der Chauf⸗ feur ſodann das Auto gegen einen Steinhaufen, wodurch das Auto ſich überſchlug. Der Chauffeur ſowie die Inſaſſen des Autos wurden aus dem Auto geſchleudert und erheb⸗ lich, jedoch nicht lebensgefährlich, verletzt. Der Radfahrer, ein 12 Jahre alter Volksſchüler von Knielingen, trug un⸗ erhebliche Verletzungen davon. Beide Fahrzeuge wurden ſtark beſchädigt. 5 ö Pforzheim.(Ein jugendlicher Lebensret⸗ ter.) Am Abend ſtürzte unterhalb der Altſtädter Brücke ein 10 Jahre alter Knabe in die hochgehende Enz. Der fünfzehneinhalb Jahre alte Erwin Reuter raſch nach und rettete ihn aus den Fluten. ſprang ihm Pforzheim.(Schwerer Zuſammenſtoß durch grobe Leichtfertigkeit.) Morgens fuhren auf der Huchenfelder Straße in der Nähe des Kupferhammers drei Radfahrer nebeneinander, ſodaß ſie die ganze Straße einnahmen; eine um weichen konnte, wurde von einem der Radfahrer mit aller Gewalt zur Seite geſchleudert und erlitt anſcheinend innere Verletzungen. In bedenklichem Zuſtande mußte ſie nach ihrer Wohnung verbracht werden. Zell i. W.(Ein Anweſen niedergebrannt.) Nachts gegen 11 Uhr brach in dem Anweſen des Land⸗ wirts Joſef Gerſpacher in Atzenbach ein Schadenfeuer aus, dem das Anweſen vollſtändig zum Opfer fiel. Dank dem Eingreifen der Zeller Feuerwehr konnte die be⸗ ſtehende Gefahr für die anliegenden Gehöfte abgewendet werden. Die Brandurſache und Höhe des Schadens ſind noch nicht genau ermittelt. Raſtatt.(Auto⸗ Unfall.) Bei Muckenſturm fuhr abends ein Mercedes⸗Perſonenkraftwagen der Firma Hein⸗ rich Lanz, in dem die Brüder Ernſt und Heinz Röchling aus Mannheim ſaßen, in voller Fahrt einem Lieferwagen der Firma Burkbraun in die Flanke. Beide Wagen wur⸗ den vollkommen zertrümmert. Von den Brüdern Röch⸗ ling blieb der am Steuer des Kraftwagens Sitzende unverletzt, während der andere Schnittwunden am Halſe davontrug. Der Führer des Lieferwagens, Mar Kli nm aus Mannheim, kam mit leichteren Kopfverletzungen da⸗ von. Der mitfahrende Chauffeur blieb unverletzt. Liebe erweckt Liebe. Original⸗Roman. Fnzwiſchen war Frau Wedlich durch den ſchmalen, mit Ziegelſteinen ausgelegten Flur an eine Tür getre⸗ ten. Zaghaft und etwas benommen von der unge⸗ 3 ſchritt Fee neben Hans Ritter hin⸗ er ihr her. N 5 Dann öffnete die Aufſwärterin die Tür, und Hans führte ſeine Braut in ein freundliches, ſchlichtes Zim⸗ mer, mit einfachen, altmodiſchen Möbeln, die aber ſehr blank und ſauber gehalten waren. Mitten in dieſem Zimmer ſtand eine mittelgroße Frauengeſtalt in etwas gebeugter Haltung, wie ſie lange, ſchwere Arbeit mit ſich bringt. Ihr noch volles, graues Haar war ſchlicht geſcheitelt und die Zöpfe waren glatt an den Hinterkopf feſtgeſteckt. Sie trug das bereits von Frau Wedlich angekündigte„Schw arzſeidene“, ſicher ihr beſtes Feſtgewand, das aber einer vergangenen Mode entſtammte. Trotzdem ſah es noch wie neu aus, es war ſichtlich geſchont worden. Um Hals und Aermel ſchimmerten ſchmale, blendend weiße Stickereiſtreifen, u. am Kragenſchluß ſteckte eine goldene Broſche, die wie ein verſchlungenes Band ausſah. Auf dem grauen Scheitel ſaß ein ſchwarzes Spitzenhäubchen. N In den klugen, guten Geſicht der alten Frau ſpie⸗ gelte ſich eine große Erregung. Die Hände, die ein weißes Taſchentuch hielten, zitterten merklich. Es wa⸗ ren keine weißen, zarten Hände, ſie trugen die Spu⸗ ren harter Arbeit. In dem ſympathiſchen Geſicht der alten Frau leuch⸗ prachtvolle, große Augen, ſtahlblau wie die ihres Sohnes und auch von derſelben Form. Aber ſie blick⸗ ten weicher, gütiger— es waren gute, treue Mutter⸗ augen. Und dieſe Augen nahmen Fee gleich gefangen. Eine Weile ſtanden ſich die beiden Frauen ſtumm gegenüber und ſahen ſich mit großen, prüfenden Augen an. Dann führte Hans ſeine Braut vor ſeine Mutter hin. „Da bringe ich dir meine Braut, Mutter,“ ſagte er 22 mit dem warmen Ausdruck, den Fee nun ſchon an ihm kannte. Sie ſah aber nicht, daß ſeine Augen ſich zu⸗ gleich mit einem Blick in die der Mutter ſenkten, der ihr ganz fremd erſchienen wäre. Inſtinktiv ihre Beklommenheit abſchüttelnd, ſtreckte Fee der alten Frau ihre Hand entgegen. Die taſtete — dieſen Blick in Ritters zitternd danach und ergriff mit der anderen Hand zu⸗ gleich die ihres Sohnes. Und wie von einem großen, heiligen Gefühl überwältigt, drückte ſie die beiden Hän⸗ de der jungen Leute feſt, ganz feſt zwiſchen den ihren und legte ſie dann zuſammen. Ihre Augen ſahen da⸗ bei wie durch einen feuchten Schleier in die großen, braunen Samtaugen Fees und endlich rangen ſich ei⸗ nige Worte über ihre bebenden Lippen. „Gottes Segen mit Euch! Werdet glücklich mitein⸗ ander, liebe Kinder.“ Da beugte ſich Fee ſchnell herab, um ihr die Hand zu küſſen. Erſchrocken wollte die alte Frau ihre Hand zu⸗ rückziehen. g ö „Nicht doch— ich habe harte, grobe Hände,“ ſagte ſie haſtig. b Fee ſah arnſt und groß zu ihr auf. „Es ſind Mutterhände— und ich habe keine Mut⸗ ter mehr— laſſen Sie mich,“ bat ſie leiſe, ſeltſam er⸗ griffen von dem ſchlichten und doch ehrfurchtgebietenden Weſen der alten Frau. Hans Ritter wandte ſich haſtig ab. Es ſtieg ihm ſo heiß und brennend in die Augen. Die beiden Frauen hielten ſich noch eine Weile feſt bei den Händen und ſa⸗ hen ſich in die Augen. dann trat er zu Fee. Er hatte ſich ſchnell gefaßt. „Nun lege erſt einmal ab, Fee. Mutter hat den Kaffeetiſch gedeckt, du mußt dich ſchon von ihr bewir⸗ ten laſſen.“ Er nahm Fee Pelzſtola und Jacke ab. Sie trat vor den ſchmalen Spiegel, der über der blankpolierten Kommode hing, und legte ihren Hut ab. Hans trug ſeinen Paletot und Fees Jacke ſelbſt hinaus und hängte beides im Flur an den Garderobeſtänder. Dann kam er wieder herein. Weder ſeine noch Fees elegante Er⸗ ſcheinung paßte in dieſen beſcheidenen Raum. Frau Rit⸗ ter hatte die Augen von Fee gelaſſen und ſah nun ih⸗ ren Sohn an. Einen Moment ſtrahlten die beiden Augenpaare liebevoll zärtlich ineinander. Wenn Fee Augen geſehen hätte,— er würde ihr ein neues Rätſel aufgegeben haben. Als ſie ſich aber vom Spiegel ab wieder ins Zim⸗ mer wandte, ſahen ſeine Augen ſchon wieder mit dem alten, unhewegten Blick in die ihren. „Wollen Sie hier auf dem Sofa Platz nehmen, Inzwiſchen legte Hans Ritter Hut und Paletot ab, liebe Tochter?“ fragte die alte Frau etwas unbeholfen J lich und unſecher, aver ſichllich bemüht, iyÿrem Gaſt eine 4 1 Ehre anzutun. Fee warf plötzlich alle Beklommenheit, alles Za⸗ den von ſich. Sie fühlte die Unſicherheit der alten Frau. Die Ueberlegenheit der Weltdame, die ſich in allen Si⸗ tationen zurechtfinden muß, half ihr, auch dieſe Situa⸗ tion zu beherrſchen und zugleich der alten Frau hel⸗ fend entgegenzukommen. 5 Mit einem lieben Lächeln drückte ſie dieſe ohne weiteres in die Sofaecke f „Das iſt ſicher Ihr Platz, liebe Mutter,“ ſagte ſie ruhig und freundlich. ö »Aber es iſt der Ehrenplatz, ˖ Ihnen zu, liebe Tochter,“ ſagte Frau Ritter und ſah unſicher von Fee zu ihrem Sohne hinüber, der die bei⸗ den Frauen lächelnd betrachtete. a Fee ſchüttelte den Kopf. „Ich möchte hier nicht Gaſt ſein— ſondern mich zu Haus fühlen dürfen. ter, Sie ſagen„Du“ zu mir und hießen mich ſo wirk⸗ lich als Ihre Tochter willkommen.“ a ö Frau Ritter ſah aus ihrer Sofaecke, in die Fee ſie gedrückt hatte, empor in das junge, ſchöne und drückte die Hand der jungen Dame. „Kind— Kind— Du biſt ſo gut— du haſt liebe, gute Augen und wohl auch ein gutes, edles Herz. Und du biſt ſo ſchön und fein. Wenn du es haben willſt und es mir erlaubſt, ſage ich gern„Du“ zu dir. Es iſt ſchön von dir, daß du es haben willſt, trotzdem ich eine einfache alte Frau bin. Stelle wäre vielleicht zu ſtolz dazu.“. „O, das wäre ein häßlicher Stolz, liebe Mutter.“ zNun, nun— du biſt eben aus einer ganz ande⸗ ren Welt als ich, mein gutes Kind. Mein Hans hat mir geſagt, du ſeieſt die Tochter eines Generals. Herr⸗ gott— hab ich mich da erſchreckt! Der Junge iſt wohl rein unklug! Immer höher will er hinaus— immer höher. Vor gar nichts macht er halt. Das hab' ich mir nicht träumen laſſen, daß ich mal eine Generals⸗ tochter als Schwiegertochter bekäme. Ich habe erſt gar nicht gewagt, dich um deinen Beſuch bitten zu laſſen, obwohl ich dich ſchrecklich gern ſehen wollte. Aber der Hans ſagte, du würdeſt ſchon kommen, und du wärſt ſehr ſchön und vornehm, aber gar nicht hochmütig. Das 975 ich ja nun ſelbſt. L der wohl nun noch hinaus will.“ So ſagte die alte Frau halb gerührt, halb ängſt⸗ 1—— die gleiche Zeit von Dillſtein her⸗ kommende 21 Jahre alte Poliſeuſe, die nicht mehr aus⸗ Aber der Junge— nein— wie f und der kommt heute Und ich wünſche, liebe Mut⸗ Geſichet Eine andere an deiner 7 Donaueſchingen.(mordanſchlagaufein Mäd⸗ chen.) Einen Mordanſchlag verübte abends zwiſchen 6 und 7 Uhr im benachbarten Hubertshofen der 28 Jahre alte Albert Schmidt von Bräunlingen. Angeblich auf Ver⸗ langen des Mädchens ſchoß er auf die 22 Jahre elte Landwirtstochter Ida Fritſchler in der Scheune des elter⸗ lichen Anweſens und verletzte ſie am linken Unterkiefer ſchwer. Die Kugel blieb im Halſe ſtecken und wird un Krankenhaus Donaueſchingen, wohin das Mädchen ver⸗ bracht wurde, entfernt werden. Der flüchtige Täter konnte in Wolterdingen von der Gendarmerie ſeſtgenommen und in das Amtsgefängnis Donaueſchingen eingeliefert werden. Herriſchried.(Von einem Stier getßtet.) Die Mutter des hieſigen Sägereibeſitzers Hofmann wurde von einem nicht angebundenen Stier derart zugerichtet, daß ſie bald darauf den erlittenen Verletzungen erlag. Efringen.(Tragiſches Ende eines Eheman⸗ nes.) Eine unangenehme Ueberraſchung wurde einer Frau von Kirchen zuteil. Als ſie abends mit ihren Kindern von Wieſenarbeiten nach Hauſe kam, fand ſie ihren Mann im Schlafzimmer tot vor. Er hatte ſich mit einem Ra⸗ ſiermeſſer die Halsſchlagader geöffnet und iſt, ehe ihm Hilfe gebracht werden konnte, verblutet. Unheilbare Krankheit iſt der Grund der Tat. Neuſtadt.(Von dem Ertrinken gerettet.) In einem unbewachten Augenblick fiel das zweieinhalhiährige Söhnchen des Wagnermeiſters Krgenker in die hinter dem Hauſe vorbeifließende Gutach. Auf die Hilferufe einer Frau Tobler eilte ihr Ehemann herbei, dem es gelang, das Kind dem naſſen Element zu entreißen. Wiederbele⸗ bungsverſuche waren von Erfolg. 155 5 hilippsburg.(In Lebensgefahr au em Rh 9 5 Zwei Schüler von hier wollten auf dem Alt⸗ rhein mit ihren Paddelbooten unter der Brücke durchfah⸗ ren, was mißlang. Die Boote kenterten und trieben den Altrhein hinab. Dank dem mutigen Zugreifen des Bür⸗ gers Alexander Steiner konnten die jungen Leute aus der Gefahr des Ertrinkens gerettet werden. Mühlhauſen(Amt Engen.)(Eigenartiger Roh⸗ eitsakt.) Kürzlich fuhr hier das Auto eines Singener Automobilbetriebs im vorſchriftsmäßigen Tempo durch den Ort. Ein Landwirt, der zwei Ochſen führte, ſtellte ſich dem Auto entgegen, rief die Inſaſſen an und ſtach, als das Fahrzeug hielt, mit einer Heugabel ſo ſtark auf den Lenker des Autos ein, daß dieſer erheblich verletzt wurde. Die Unterſuchung über den Vorfall iſt im Gange. 5 Neſſelried(Amt Offenburg).(Beim Kirſchen⸗ pflücken verunglückt.) Beim Kuſchenpflücken ver⸗ unglückte der 45 jährige Knecht Albert Oberle von Achern, der hier in der„Krone“ in Stellung iſt. Oberle ſtürzte von der Leiter, an der drei Sproſſen brachen, und zog ſich einen ſchweren Halswirbelbruch und noch einige wei⸗ tere Verletzungen zu. Der Verletzte wurde ſofort ins Krankenhaus nach Offenburg gebracht. Bald darauf erlag er ſeinen Verletzungen. N Aus Nah und Fern. Ludwigshafen.(Ein Achterboot im Rhein verunglückt.) Dem hohen Wellengang, der zur Zeit auf dem Rhein herrſcht, iſt ein Achterboot des Ludwigs⸗ hafener Rudervereins um die ſechſte Abendſtunde zum Opfer gefallen. Als die Ruderer ſich in der Nähe des Ludwigshafener ſtädtiſchen Freibades ſtromaufwärts be⸗ fanden, barſt plötzlich das Boot in der Mitte auseinander. Die Ruderer wurden gegen die Badeanſtalt zu abge⸗ trieben, konnten ſich aber im letzten Moment mit Aus⸗ nahme eines 20 Jahre alten jungen Mannes namens Meyer, der ſofort in den hochgehenden Fluten verſchwand, durch Schwimmen retten. Trotz ſofortiger Hilfe und Ab⸗ ſuchen des Waſſers konnte der Verunglückte nicht gebor⸗ gen werden. Einige der jungen Ruderer erlitten durch die Holzſplitter kleinere leichte Verletzungen. Ludwigshafen.(Nächtlicher Ueber fall.) In der Nacht gegen 1 Uhr wurde in der Mottſtraße ein 19 Jahre alter lediger arbeitsloſer Tagner von hier von mehreren Burſchen überfallen, zu Boden geſchlagen und durch Schläge und Fußtritte mißhandelt. Er wurde dabei ſo verletzt, daß er ärztliche Hilfe in Anſpruch nehmen mußte. Den Tätern iſt man auf der Spur. Kaiſerslautern.(Durch Leichtſinn in den Tod.) Unbefugterweiſe machten zwei Mechanikerlehrlinge von einem Motorrade Gebrauch. Sie durchfuhren damit mehrere Straßen der Stadt, wobei der hintere auf dem Rade ſtehende 15 Jahre alte Hugo Weintz am Friedrichs⸗ platz abſtürzte. Der junge Mann erlitt dabei eine ſchwere Gehirnerſchütteruna, die den Tod herbeiführte. Von Sommerfriſchen in alter Zeit. Wenn heute jeder, der es ſich leiſten kann, ſeinen Sommerurlaub oder ſeine Sommerferien dazu benutzt, um in eine„Sommerfriſche“ oder ein„Bad“ zu reiſen, ſo erſcheint es uns ganz ſelbſtverſtändlich und wir können es uns kaum vorſtellen, daß es Zeiten gegeben hat, in de⸗ nen eine Badereiſe ein mit vielen Strapazen und Un⸗ koſten, ja ſogar unter Umſtänden mit Gefahren verbun⸗ denes Unternehmen war. 5. Noch vor etwa 100 Jahren reiſte nur, wer es aus Rückſichten auf Geſchäfte und Geſundheit durchaus mußte. Man blieb unter allen Umſtänden lieber zu Hauſe oder wenigſtens in unmittelbarer Nähe der Heimat. Die Wohl⸗ habenden der größeren Städte beſaßen vor den Toren Gär⸗ ten und Landhäuſer, die ſie im Sommer bezogen, und es fiel z. B. den Bewohnern Berlins nicht ein, weiter als nach Charlottenburg, Schönholz, Schöneberg und den anderen in nächſter Nähe gelegenen Orte zu fahren. Der bekannte Theologe und Philoſoph Schleiermacher ſandte im Jahre 1824 ſeine Familie nach Saßnitz. Doch war das nicht ſo einfach wie heute, denn da dort keinerlei Ein⸗ richtungen für Fremde vorhanden waren, mußten Bett⸗ ſtellen und Betten ſowie die ganzen Küchenſachen mitge⸗ nommen und erſt zwei Häuschen von den Bewohnern völ⸗ lig geräumt werden, bis die Familie unterkommen konnte. Als der Verleger Friedrich Perthes ein paar Jahre dar⸗ auf in einem der älteſten thüringiſchen Bäder, Frie⸗ drichsroda, ſich anſiedelte, war er der einzige Fremde, 5 und die Bewohner zerbrachen ſich darüber den Kopf, was ſo ein alter Herr bei ihnen wolle, wenn er nicht Köhler oder Teerſchwefler war. 8 Auch das Bad Heringsdorf, in dem ſich heute das denkbar eleganteſte Badeleben abſpielt, beſaß vor hundert Jahren nur vier maſſiv gebaute Häuſer, und die Reiſe von Berlin dorthin dauerte drei Tage; zweimal, in Ebers⸗ walde und in Schwedt, mußte man Nachtqauartier neh⸗ men. Noch 1839 ſchreibt die Schriftſtellerin Fanny Le⸗ wald von Heringsdorf aus an ihre Schweſter:„Es iſt bier Zweibrüken.(Mit eigener Lebensgefahr aus den Fluten gerettet.) Der 34 Jahre alte, bei den Baggerarbeiten am Hornbach beſchäftigte Arbeiter Ludwig Kalleder ſtürzte infolge der Unvorſichtigkeit eines Mitarbeiters von der Baggerleiter in den an dieſer Stelle etwa drei Meter tiefen Hornbach. Seine Mitar⸗ beiter waren von dem Vorfall derart erſchrocken, daß keiner Anſtalten machte, dem des Schwimmens Unkundigen beizuſpringen. Da eilte der etwa 500 Meter von der Un⸗ fallſtelle entfernte Baggerführer Guſtav Müller herbei und rettete unter eigener Lebensgefahr den bereits be⸗ wußtlos gewordenen aus den Fluten. Die Wiederbele⸗ bungsverſuche hatten Erfolg. Groß⸗Gerau.(Das Schwe in im Bett.) In dem Rieddorf Lechheim trug ſich dieſer Tage eine heitere Begebenheit zu. In nicht geringen Schrecken wurde eine Bauersfrau verſetzt, als ſie gegen Abend aus dem Felde heimkehrte. Eine zertrümmerte Fenſterſcheibe und ein total zerriſſener Vorhang ließen ihr das Blut erſtarren, als ſie die Hofreite betrat. Die Wohnſtube erinnerte wie an eines der großen Erdbeben. Stühle und kleine Möbelſtücke la⸗ gen um. Die größeren waren von ihrem Platze gerückt, die Decke eines im Schlafzimmer ſtehenden Bettes war ins Wohnzimmer gezerrt. Neues Unheil abnend, ging die Frau die Treppe hinauf zum erſten Stock. Auf einiges Rufen auf dem Gang ertönte ein zufriedenes Grunzen. Durch eine halb geöffnete Tür bot ſich ein Bild, das ein⸗ fach nicht zu beſchreiben iſt. Die Möbel lagen um. Ein Bett war vollſtändig ausgeräumt. Und im andern lag ganz behaglich, mit der Decke halb verdeckt, ein Schwein von 100 bis 120 Pfund. Mit großer Mühe gelang es, das Tier aus ſeinem Lager zu entfernen. Biebrich.(Vom Strom getötet.) Elektrotech⸗ niker K. Krechel war in dem Kalkſteinbruch an der Main⸗ zer Landſtraße mit dem Legen einer Starkſtromleitung beſchäftigt. Beim Reinigen des Transformators iſt er anſcheinend aus Verſehen einem Verbindungsſtück (Klemme) zu nahe gekommen, ſo daß ihm der Strom der 3000 Voltleitung durch den Körper ging. Kurz dar⸗ auf wurde er mit dem Kopf nach unten hängend aufge⸗ funden und nachdem der Strom ausgeſchaltet war, be⸗ freit. Der Arzt konnte nur den Tod feſtſtellen, der ſofort erfolgt war. Der auf ſo bedauerliche Weiſe Verunglückte iſt 28 Jahre alt und war erſt ſeit kurzem verheiratet. Nieder⸗Saucheim.(Tragikomödie eines Pan⸗ toffelhelden.) Aus einem Dorfe, nicht weit von Nieder⸗Saulheim, wird berichtet: Ein hieſiger Schuh⸗ macher fuhr kürzlich nachmittags mit dem Zuge 5,17 Uhr von Mainz nach Nieder⸗Saulheim. und ſchlief unterwegs ein. Er erwachte erſt in Armsheim. Um mit ſeiner Gattin nicht in Streitigkeiten zu kommen—. er hatte ihr feſt verſprochen, mit dieſem Zuge einzutreffen— bat er den Schaffner, ihm über ſein Mißgeſchick eine Beſcheinigung auszuſtellen. Mit einem ſtillen Lächeln erfüllte der Schaffner den Wunſch, und um 8 Ahr traf der Hans Sachs⸗Jünger mit ſeiner Entſchuldigung bei ſeiner Ehe⸗ hälfte ein. a 8 Lehrte.(Eine Hochzeitsgeſellſchaft ver⸗ giftet.) Im Dorfe Steinwedel bei Lehrte feierte der Großbauer Sander mit ſeiner Frau das Feſt der Sil⸗ berhochzeit. Dieſer Feier ſchloß ſich die Verlobung des älteſten Sohnes an. Siebzig Einwohner des Dorfes waren zu der Feierlichkeit, die zwei Tage dauerte, eingeladen. Nach der Mahlzeit erkrankten ſofort einige Perſonen an Durchfall, Fieber und Erbrechen. Dieſe Vergiftungs Er⸗ ſcheinungen dehnten ſich im Laufe des nächſten und über⸗ nächſten Tages auf faſt alle Feſtteilnehmer aus. Schwer erkrankt ſind auch das Silberpaar, ſowie das funge Brautpaar. Die vier Jahre alte Elsbeth Erhardt iſt un⸗ ter den Händen des Arztes geſtorben. Die Urſache der Er⸗ krankungen iſt auf den Genuß verdorbenen Fleiſches zu⸗ rückzuführen. Kronach.(Mord aus Eiferſucht.) Von ſpielen⸗ den Kindern wurde in der Nähe von Wilhelmstal die Leiche des 19 jährigen Bergmanns Johann Müller aus Schafhut aufgefunden. Der Tote lag in einem Waſſer⸗ tümpel und hatte mehrere Stichwunden. Nach dem bis⸗ herigen Unterſuchungsergebnis ſoll Müller mit mehreren Mädchen nachts ſpazieren gegangen ſein, wobei ihm ver⸗ abe eiferſüchtige Burſchen aufgelarert und ihn erſtochen aben. München.(Zugſpitzbahn⸗ Eröffnung am 5. Juli.) Aus Reutte wird gemeldet, daß die techniſchen und polizeilichen Erprobungen an der Zug⸗ ſpitzenbahn am 25. Juni mit vollem Erfolg be⸗ endet worden ſind und die Eröffnungsfeier im Ein⸗ vernehmen mit dem Verkehrsminiſterium auf den 5. Juli feſtgeſetzt worden iſt. eine zun Nachdenken geſchaffene Gegend, ein idylliſch ge⸗ legenes Dorf mit ländlichen Sitten und ganz primitiven Einrichtungen“. N Auch in andern jetzigen Weltbädern war es nicht beſſer; Kiſſingen hatte, wenn es hoch kam, 80 bis 100 Kurgäſte, und in Karlsbad, wohin die öſterreichiſche Ari⸗ ſtokratie ſchon damals gern reiſte, waren die weite Woh⸗ nungen ſchmutzige Löcher, während es die Einwohner be⸗ reits damals verſtanden haben ſollen, die Preiſe recht hoch anzuſetzen. 5 Von den deutſchen Bädern waren diejenigen am be⸗ ſuchteſten, in denen das Glücksſpiel erlaubt war: Hom⸗ burg, Ems, Wiesbaden und Baden⸗Baden. Dieſe Bä⸗ der verſammelten ein internationales Publikum, und es waren eine Menge Glücksreiter dabei, die dort hofften, beim Spiel ihr Glück zu machen. Auch Badeärzte gab es genug, und einer von ihnen, der wackere Dr. Helmherrn in Baden⸗Baden, hatte in einer Karlsruher Zeitung eine große Anzeige aufgegeben, nach der er„ſelbſt in verzweifel⸗ ten Fällen“„alle“ Krankheiten, die es gab, mit dem heißen Quellwaſſer behandeln wollte. Wie hoch die Rech⸗ nungen dieſes weiſen Jüngers Aeskulaps waren, geht dar⸗ aus hervor, daß die Gräfin Galizin aus Böhmen ver⸗ zweifelt an ihren Mann, der ſich in Karlsruhe aufhielt, ſchrieb, daß die Konſultation beim Budearzt mehr als zehnmal ſo viel als man angenommen hatte koſtete und er ihr ſchleunigſt durch einen Kurier Geld ſchicken müßte. Wie unbekannt ſelbſt den in nächſter Nähe wohnenden Städtern einzelne Ausflugsorte noch waren, zeigt die Tatſache, daß ſelbſt viele Dresdener die Sächſiſche Schweiz z. B. nur vom Hörenſagen kannten, und der Harz noch eine gefährliche Gegend war, die nur ab und zu von wage⸗ mutigen Studenten beſucht wurde. Jedenfalls war es für unſere Vorfahren vor einem Jahrhundert alles andere als ein Vergnügen, eine Bade⸗ reiſe zu machen, und wir können in dieſer Beziehung ſehr zufrieden ſein, daß wir 1926 ſtatt 1826 ſchreiben. 1 ö Eſſen.(Von einer Deichſet aufgeſpießt.) Auf dem hieſigen ſtädtiſchen Großmarkt ereignete ſich ein beſonders bedauerlicher Unglücksfall. Der Autobe⸗ ſitzer Rendtfordt aus Wetter kam, als er ein durchgehen⸗ des Geſpann aufhalten wollte, ſo unglücklich zwiſchen die Spitze der Deichſel und ſein Auto zu ſtehen, daß er buchſtäblich aufgeſpießt wurde. Er war ſoſort tot. Duisburg.(Durch Schundliteratur zum Mord verleitet.) Die des Mordes an den beiden Kindern beſchuldigte 19 Jahre alte Käthe Hagedorn hat ein Geſtändnis abgelegt, nachdem ſie am Vormittag bet den Vernehmungen durch die Kriminalpolizei noch alles geleugnet hatte. Sie wurde daraufhin dem Anterſuchungs⸗ richter in Duisburg zugeführt. Vor dem Zimmer des Richters gab ſie die Tat zu und legte dann vor dem Un⸗ terſuchungsrichter ſelbſt ein volles Geſtändnis ab. Durch das Leſen von Schundſchriften will ſie zur Tat verleitet worden ſein. Gelſenkirchen.(Schweres Grubenunglück.) Der Schacht Braſſert in Marl bei Gelſenkirchen war der Schau⸗ platz eines ſchweren Bergwerksunglücks. Durch einbre⸗ chende Geſteinsmaſſen wurden vier Bergarbeiter ver⸗ ſchüttet, von denen trotz der ſofortigen Bergungsaktion nur einer gerettet werden konnte. Ein zweiter, der noch lebend aufgefunden wurde, iſt bei der Bergungsaktion das Opfer eines neuen Geſteinsfalles geworden. Gegen ſieben Uhr abends waren die drei Bergleute, von denen zwei verheiratet ſind, als Leichen geborgen. Wittenberg(Elbe).(Die Hochwaſſergefahr.) In den Abendſtunden brach der Sommerdeich bei Dan⸗ nenberg an drei verſchiedenen Stellen. Bereits um 10 Uhr mußten weitere Hilfsmannſchaften infolge der äußerſt ſtar⸗ ken Gefährdung zugezogen werden. 12000 Morgen wurden durch die Fluten überſchwemmt. Fünf Dörfer ſind durch die neuen Ueberſchwemmungen betroffen worden. Vermiſchtes. Der Vulkan als Leuchtturm. Am Hafen von Acajutia in Salvador gibt es einen Vulkan, der vollſtändig als Leuchtturm dient. Mit größter Regelmäßigkeit ſpeit er alle ſieben Minu en leuchtende Lavamaſſen aus, die bei Tag als Rauchmolfen die Schiffer orientieren; bei Nacht als unfehlbore Blinklichter. O Er weiß Beſcheid. Ein möbiliertes Zimmer war zu vermieten. Nur an ruhige Leute, hieß es in der Anzeige. Als Reflektanten meldeten ſich zwei Eheleute geſetzten Alters. Der Vermieter, ein kleiner, nervöſer Herr, muſterte aufmerkſam die Dame. Dann ſagte er:„Ich kann Ihnen das Zimmer nicht geben, Sie haben ja keinen Bubikopf.“ „Erlauben Sie mal, Ihnen iſt wohl nicht gut?“ wandte hier der fremde Herr ein, während ſich apoplektiſche Flecke in ſeinem Geſicht bildeten.„Warum wollen Sie denn die Bude bloß an Damen mit Bubikopf vermieten?“ Darauf der Vermieter:„Na, denken Sie vielleicht, ich werde mir den ganzen Tag den Krach mit anhören, ob ſich ihre Frau nun den Bubikopf ſchneiden laſſen ſoll oder nicht?“ O 500 000 Dollar für ein Rennpferd. Ein in der Ge⸗ ſchichte des engliſchen Rennſports bisher einzig daſtehendes Kaufangebot wurde dieſer Tage zurückgewieſen. Der mär⸗ chenhaft reiche indiſche Prinz Aga Khan wollte durchaus einen erſtklaſſigen Deckhengſt für ſeine große Mutterſtuten⸗ herde haben und ſeine Wahl fiel auf den Vierjährigen Solario v. Gainsborough a. d. Sun Worſhip, für den er deſſen Beſitzer Sir John Rutherford, die horrende Summe von einer halben Million Dollar bot. Sir Rutherford, der den Hengſt als Jährling für 16 500 Dollar erworben hatte, lehnte aber dieſes verlockende Angebot ab. Salorio gewann im vergangenen Jahre das Doncaſter St. Leger und ge⸗ wann erſt vor wenigen Tagen in Epſom den Coronations⸗ Cup gegen Altersgenoſſen beſter Klaſſe im Kanter mit 15 Längen. Der höͤchſte bisher in England erzielte Preis für ein Rennpferd war 265 000 Dollar, die ein argen⸗ tiniſcher Rennmann und Züchter für Tracery, den St. Le⸗ ger⸗Sieger von 1912 anlegte. O Die Schreibmaſchine von anno 1714. Die Erfindung der Schreibmaſchine datiert viel weiter zurück, als man an⸗ nimmt. Bereits im Jahre 1714 wurde in England auf die Erfindung einer„Maſchine zum Drucken von Buchſtaben einer nach dem anderen, wie beim Schreiben“ ein Patent erteilt. Ueber die Arbeitsweiſe der Maſchine iſt leider nichts mehr bekannt, und aus den Aufzeichnungen des Patent⸗ amtes nichts zu erſehen. Sie war jedenfalls nicht das was man ſich von einer Schreibmaſchine verſprach, und erſt 150 Jahre ſpäter erſchien die Schreibmaſchine in ihrer heutigen Form. e „Da ſind dann die Tage kürzer!“ Von einem Mit⸗ arbeiter wird uns die folgende Schnurre erzählt: Ich hatte dieſer Tage einmal, was ſelten genug in ſotanen Zeiten vorkommen ſoll, einen wirklich guten Tag. Ich bekam nämlich erſtens die Nachricht, daß ein Prozeß, den ich ſchon für recht wacklig hielt, zu meinen Gunſten ausgegangen ſei, und außerdem bekam ich in einem Konkurs, wo ich Gläu⸗ biger war, noch eine halbwegs anſtändige Quote ausbezahlt, nämlich 78 Prozent. Alſo an dieſem bei der ſonſtigen Daſeinsmiſere als beſonderes Feſt empfundenen Tage kommt ein Bettler, der beſtimmt von dieſen Zufällen, die man vor dem Kriege kaum für ſonderlich glücklich gehalten hätte, erfahren haben mußte, mit dem üblichen Sprüchlein vor meine Junggeſellenwohnung, klingelt und hat das 1 Glück, mich zu treffen. Ich war in Gebelaune juſt und zücke, eingedenk des alten Spruches, wer ſelber habe, ſolle auch anderen geben, ganz, aber auch ganz gegen meine ſonſtige Gewohnheit— ich gelte ſogar für ein klein wenig knickerig—, alſo ich zücke ein richtiggehendes und echtſil⸗ bernes Reichsmarkſtück, behändige es dem fahrenden Ge⸗ ſellen und meine mit väterlichem Wohlwollen:„Na, lieber Freund, da machen Sie ſich einen guten Tag!“ Da ſieht der Knabe mich, dann ſich, dann das Markſtück an und ſagt im Tone ſtrengſter Sachlichkeit:„Vielen Dank ooch! Det wer' ich ma bis zum Herbſt uffheben!“„Bis zum Herbst?“ echot es fragend aus meinem Munde.„Ja, da ſind die Tage nämlich bedeutend kürzer!“ Klapp] Ich 0 die Wohnungstür ins Schloß. So ne Frechheit! chottiſcher Humor. In Batavia war, ſo erzählt ein indiſcher Journaliſt in einem holländiſchen Blatt, ein alter Schotte eine der Attraktionen des dortigen engliſchen Klubs. Der alte Herr, der ſchon lange in Oſtindien weilte, dachte ſtets an ſein heimatliches Hochland und an ſeinen Whisky, ſchaute ab und zu aufs Cricketfeld und bei den Pokertiſchen zu und ſaß dann zufrieden auf der Vorgalerie des Klubs in Geſellſchaft der Pfeife, ohne die man ſich ihn nicht mehr denken konnte.„Die Pfeife ſchmeckt immer, nicht wahr?“ fragte einmal wohlwollend ein Klubmitglied. Die Antwort des Schotten war verblüffend:„Nein, nicht immer! Sie iſt zu feſt geſtopft, wenn ein anderer mir ſeinen Tabak⸗ beutel hinhält, und zu locker, wenn ich aus meinem eigenen Tabakbeutel ſtopfe!“ Dieſe treffliche Bemerkung mußte der andere mit zwei Runden Whisky bezahlen. i Lokales und Allgemeines. Seckenheim, 29. Juni. 2 Evang. Rirckhengemeinde. Gemäß einſtimmigem Beſchluß der Landesſynode hat der evang Oberkirchenrat angeordnet, daß die Geiſtlichen künftighin ſich an einer öffentlichen Beerdigungsfeier für ſolche, die aus der Kirche ausgetreten ſind, nicht mehr beteiligen. Da⸗ gegen ſteht es ihnen frei, den Angehörigen auf ihren Wunſch im Trauerhaus, ſei es durch einen perſönlichen Zuſpruch, ſei es in einer häuslichen Feier, den Troſt zu ſpenden, den das Evangelium uns bietet. Es iſt daher zwecklos in ſolchen Fällen, daß die Angehörigen eine kirchliche Beerdigungsfeier vom Geiſtlichen begehren; erer iſt durch Synodalbeſchluß an obige Verordnung ge⸗ bunden und muß das kirchliche Begräbnis verweigern. Beim Bezirksbinderturnkest erhielt die hieſige freie Turnerſchaft in der 2. Klaſſe(Schüler) Freiübungen den 1. Preis; in der 2. Klaſſe(Schülerinnen) Geräte⸗ turnen den 2.; in der 3. Klaſſe(Schülerinnen) Geräte⸗ turnen den 1.; in der 3. Klaſſe(Schülerinnen) Frei⸗ übungen den 3. In den heckar gegangen und ertrunken iſt geſtern Abend gegen 11 Uhr am Bierkeller die 42 jähr. Ehefrau des Maurers Willi Seitz. Nachfolgende konnten die Lebensmüde nicht mehr erreichen, das 7 jährige Kind hatte ſie am Ufer zurückgelaſſen, auf das Gäſte im Wirt⸗ ſchaftsgarten durch das Weinen aufmerkſam wurden, die aber nur noch die Frau in den hochgehenden Wellen verſchwinden ſahen. Was die noch junge Frau in den Tod trieb, iſt unbekannt, doch ſcheint ſie die Tat in einem geiſtigen Affekt begangen zu habeic. Steuerabzug auch bei Gutſchrift. Der Steuerabzug iſt nach einem Arteil des Reichsfinanzhofs nicht nur dann vorzunehmen, wenn der Arbeitslohn ausgezahlt, ſondern auch dann, wenn er gutgeſchrieben wird. In dem Falle handelte es ſich um die Gewinne eines Prokuriſten, die ihm gutgeſchrieben und vom Bankhaus verzinſt worden ſind. Hätte er die Beträge bar erhalten, und alsbald wie⸗ der dem Bankhaus als Darlehen zurückgegeben, ſo wäre, ſagt der Reichsfinanzhof, ein Zweifel an der Lohn⸗ ſteuerpflicht nicht wohl möglich. Die Sache liege nach ih⸗ rem ſteuerrechtlich weſentlichen Kerne nicht anders. Es handele ſich um die Verfügung über ein bezogenes Ge⸗ halt oder einen Gewinnanteil. 8 „Warnung vor unveſtellt zugeſandten Waren. Zur⸗ zeit werden mieder in verſtärktem Maße von Firmen Waren ohne Beſtellung in die Haushaltungen auf dem Wege durch die Poſt geſandt. Gerade in den letzten Ta⸗ gen iſt dieſer Unfug bemerkbar mit Taſchentüchern, Kra⸗ watten, Taſchenmeſſern uſw. Eine Verpflichtung zur An⸗ nahme oder gar zur Bezahlung ſolcher Sendungen gibt es nicht, auch wenn Rückporto beigelegt iſt. oder die Abſenderfirma die Rückſendungskoſten tragen will. Man braucht die Waren auch nicht zu Hauſe aufzubewahren, ſondern kann ſie einem Spediteur auf Koſten des Ab⸗ enders zur Aufbewahrung übergeben. Vielfach fordert er Abſender auf, ihm mitzuteilen, ob man die Waren zu erwerben wünſche oder nicht, andernfalls die Ware zurückgeſandt werden müſſe. Man ſſt auch hierzu nicht verpflichtet, beſtenfalls genügt die Mitteilung, daß das betr. Paket unter Erſtattung der bisherigen Portoaus⸗ lagen»in. in der Wohnung abgeholt werden könne. Schaumweinſteuer ab 1. Oktober. Im Intereſſe ve deutſchen Weinbaues ſoll eine Ermäßigung der Sektſteuer für billige Schaumweine erfolgen. Da über die Staffelung noch keine Einigung erzielt iſt, wird erwogen, die Steuer⸗ freiheit für Sekt bis zum 1. Oktober zu verlängern. Da die Eindeckung mit ſteuerfreiem Sekt bereits vielfach erfolgt iſt, ſo glaubt man, daß eine Verlängerung der Steuerfrei⸗ heit keine weſentlichen Ausfälle bringen würde. Gedenktage am 29. Juni. 1746 Der Pädagog Joachim Heinrich Campe in Deenſen bei Holzminden geboren. 1798 Der italieniſche Dichter Giacomo Graf Leopardi in Recanati geboren. 1831 Der Staatsmann Karl Freiherr vom Kappenberg geſtorben. 1847 Der Pſychiater Paul Flechſig in Zwickau geboren. 1864 Eroberung Alſens durch die Preußen. Stein in Die Milch iſt ſauer. Von Dr. med. E. Mosbacher. Allmählich, wenn auch zögernd, werden die Tage wärmer und wärmer. Es iſt die Zeit gekommen, da die Hausfrau eines Morgens mit Betrübnis feſtſtellen muß, daß die Milch über Nacht ſauer geworden iſt. Aehnliches erlebt der Milchhandel, dem durch die Säuerung großer Milchmengen nicht ſelten erhebliche Verluſte erwachſen. Auf welche Einflüſſe iſt nun das Sauerwerden der Milch zurück⸗ zuführen? Einerſeits enthält die Milch unter anderen Nährſtoffen reichlich Milchzucker; andererſeits finden ſich in jeder Milch Bakterien. Zwar iſt die Milch beim Verlaſſen des Euters frei von Keimen; aber in kurzer Zeit ſiedeln ſich in ihr— ſelbſt bei größter Sauberkeit— Bakterien an, die aus der Stalluft, den Melkgefäßen, dem Heu oder dem Kuhkot ſtammen. Dieſe kleinen Lebeweſen beginnen, neue ihrer Art zu erzeugen, und vermögen gar bald aus dem Milchzucker Milchſäure zu bilden, das heißt, die Milch wird dank ihrer Tätigkeit ſauer. In den erſten Stunden ver⸗ mehren ſich die Bakterien nuz langſam, gehemmt von den natürlichen Schutzkräften der Milch; aber bald iſt dieſe Periode zu Ende, und die ſäureerzeugende Wirkſamkeit der Keime ſetzt mit Macht ein. Noch immer ſieht die Milch unverändert aus, jedoch beim Kochen gerinnt ſie. Wartet man noch länger, ſo fällt dank der Zunahme an freier Säure der Käſeſtoff, das Kaſein, aus— die Milch wird dick. lichen Hausfrau. Zu ihren Abwehrmitteln erſter Ordnung gehört die Kälte, die zwar nicht die Bakterien abzutöten vermag, wohl aber die Keime in eine gewiſſe Starre ver⸗ fallen läßt; die tückiſchen kleinen Feinde ſtellen ihre Lebens⸗ äußerungen ein, vor allem hört die Vermehrung auf. Aller⸗ dings hat Kälte nur Erfolg, wenn ſie frühzeitig eingeſetzt wird. Sobald ſich jedoch die Keime ſchon beträchtlich ver⸗ mehrt haben, bleibt zur Verhütung des Sauerwerdens nur die Hitze übrig, um die Bakterien zu vernichten. Am ein⸗ fachſten und ſchnellſten erreicht man dieſes Ziel durch das Kochen der Milch. Leider verändert ſich die Milch beim Sieden in unerfreulicher Weiſe; ein Teil der wichtigen Eiweißſtoffe fällt aus, Salze und Vitamine werden teilweiſe oder gar völlig zerſtört. Deshalb wird heute dem Paſteu⸗ riſieren der Vorzug gegeben, das heißt, die Milch wird ein bis zwei Minuten auf 85 Grad oder 30 Minuten nur auf 63 Grad erhitzt; dieſe Wärmegrade reichen vollſtändig aus, ſofern man die Milch unmittelbar nach dem Paſteuriſieren auf 3 bis 4 Grad herunterkühlt und die Temperatur ſtändig unter 10 Grad hält. Im Haushalt wird deshalb die Milch in kaltes Waſſer oder beſſer noch in einen Eisſchrank geſtellt. Sofort nach dem Erhitzen muß übrigens das Milchgefäß ſorgfältig zugedeckt werden und bleiben, um den Zutritt neuer ſäureerzeugender Keime zu hindern. Werden dieſe Regeln peinlichſt genau befolgt, ſo wird ſich die Hausfrau ſo manche unangenehme Ueberraſchung im Hochſommer erſparen. Marktberichte vom 28. Juni. Mannheimer Produktenbörſe. Starkes Auslandsan⸗ gebot zu abgeſchwächten Kurſen ließ den Markt bei ruhi⸗ ger Haltung verkehren. Man verlangte für die 100 Klg. bahnfrei Mannheim netto Kaſſe ohne Sack: Weizen inl. ohne Angebot, ausl. 30,50 bis 33,25, Roggen inl. 22, ausl. 22,50 bis 23, Hafer inl. ohne Angebot, ausl. 19 bis 23,75, Braugerſte 26,25 bis 27.25, Futtergerſte 19,75 bis 21, Mais alte La Plata 17,50, neuer 18,25 bis 18,50, Weizenmehl, Spezial 0, 42,50 bis 42,75, Brotmehl 28 bis 32, Roggenmehl 29,50 bis 32,50, Kleie 8,25. Mannheimer Schlachtviehmarkt. Zum heutigen Vieh⸗ markt waren zugeführt und wurden per 50 Klg. Le⸗ bendgewicht, je nach Klaſſe, gehandelt: 194 Ochſen 32 bis 60, 126 Bullen 36 bis 52, 590 Kühe und Rinder 28 bis 52, Rinder 52 bis 62, 692 Kälber 46 bis 74, 3 Schafe 42 bis 46, 1572 Schweine 78 bis 83, 116 Arbeits⸗ pferde pro Stück 600 bis 1400, 68 Schlachtpferde pro Stück 50 bis 160, 4 Ziegen 10 bis 22 Mark. Miarkt⸗ verlauf: mit Großvieh mittelmäßig, geräumt, mit Käl⸗ bern n Pe ausverkauft, mit Schweinen mittelmäßig, geräumt, Pferde langſam. Frankfurter Getreidebörſe. An der heutigen Getreide⸗ börſe notierten bei abgeſchwächter Tendenz: Weizen 31,25 bis 31,50, Roggen 22 bis 22,25, Sommergerſte 22 bis 24, Hafer inl. 21 bis 23, Mais 17,50 Weizenmehl 42,25 bis 42,75, Roggenmehl 30,50 bis 31, Weizen⸗ kleie 8,50 bis 8,75, Roggenkleie 10,50 bis 10,55, Erb⸗ ſen 32 bis 45, Linſen 45 bis 79, Heu 9,75 bis 10,25, Stroh 6 bis 6,50, Biertreber 14,50. Alles in Gold⸗ mark je 100 Kilo. ſtänden Die Aktivität der Handelsbilanz geht zurück. Die hohe Aktivität des Monats März iſt nur von kurzer Dauer geweſen. Schon im April trat eine beträchtliche Senkung des Ausfuhrüberſchuſſes von 278 Millionen auf 56 Millionen Reichsmark ein. Weit verbreitet war damals die Anſicht, daß dieſer Rückgang außergewöhnlichen um⸗ zuzuſchreiben wäre. Der jetzt herausgegebene Maiausweis bringt aber gegenüber dem Monat April eine weitere nicht unbeträchtliche Abſchwächung auf 25 Millionen Reichsmark... 5 Zu den einzelnen Poſten iſt zu ſagen: Die Einfuhr von Lebensmitteln und Getränken hat eine ge⸗ ringe Zunahme aufzuweiſen. Der Hauptpoſten fällt hier auf den Weizen mit 15,6 Millionen, dem Hafer und Kartoffeln folgen. Bei Butter, Fleiſch und Reis iſt dagegen eine Abnahme zu verzeichnen. Dieſe Entwicklung läßt einen Rückſchluß auf den innerdeutſchen Lebensmittel⸗ konſum inſofern zu, als die Einengung des Verbrauchs ſcheinbar auf den Lebensmittelmarkt ſchon übergreift. Beſtimmte Schlüſſe zu ziehen wäre noch verfrüht, es muß abgewartet werden, ob die ſich langſam bemerkbar machende Tendenz in den nächſten Monaten ſich noch verſtärkt. Die Einfuhr an Rohſtoffen und halbfertigen Waren weiſt ebenfalls einen Rückgang auf. Die Textilrohſtoffe ſind um 12,1 Millionen Reichsmark rückläufig, während Oelfrüchte und Oelſaaten um 9 Millionen abgenommen Den Milchſäurebakterien gilt der Kampf der vorſorg⸗ baben. Auch die Fertigwarenausfuhr zeigt eine, wenn 1 geringe Abſchwächung um 2,8 Millionen Reichs⸗ mark. Die Ausfuhr an Lebensmitteln und Geträn⸗ ken ſank um 2,8 Millionen Reichsmark. Ebenſo geringfügig iſt der Rückgang der Ausfuhr von Rohſtoffen und haldfertigen Waren mit 2,2 Millionen. Allein der Poſten Steinkohle kann infolge des engliſchen Bergarbeiter⸗ ſtreiks eine Zunahme um 13,7 Millionen Reichsmark ver⸗ zeichnen. Die beiden wichtigen Poſten Kali und Alumi⸗ nium ſind dagegen rückgängig. 5 5 Die Stützen unſerer Handelsbilanz, die Fertigwaren, zeigen eine große Abnahme. In den Rückgang um 49,4 Millionen Reichsmark teilen ſich die Walzwerkerzeugniſſe mit 12,3 Millionen, Maſchinen mit 11,7 Millionen, die Textilfertigwaren mit 8,2 Millionen Reichsmark. ö 5 Für unſere Handelspolitik, die im Augenblick vor einer wichtigen Etappe ſteht, iſt die Maibilanz ein ernſter War⸗ ner. Solange es uns nicht gelingt, durch Handelsverträge den eg für unſeren Export zu bereiten, wird die Not unſerer Wirtſchaft, die auch die Not des Volkes iſt, nicht behoben werden können. Sport und Spiel. Fußball⸗Ergebniſſe des Sonntags: Pokal⸗Vorſchlußſpiel: In Stuttgart: Sp. Vgg. Fürth— Phönix Lud⸗ wigshafen 7:1. Aufftiegſpiele: Bayern: Sp. V. Ingolſtadt— Würzburger Kik⸗ fers 13 g Württemberg⸗Baden: Union Böckingen F. C. Konſtanz 2: 1. Repräſentativpſpiele: In Offenbach: Nordmain— Südmain 3:1. Privatſpiele. 1. F. C. Nürnberg— Dresdner S. C. 1:2; Schwa⸗ ben Augsburg— Augsburg komb. 2:0; F. V. 04 Würz⸗ burg— VB. f. R. Fürth 2.1; A. S. V. Nürnberg 03 Ludwigshafen 7:2; Mannheim⸗Waldhof— Union Zizkov 0: 2; S. C. Pirmaſens— Phönix Mannheim 6:2; V. B. Zweibrücken— Phönix Mannheim 4: 1. Wetterbericht der Karlsruher Landeswetterwarte 8 vom 28. Juni. Vom Weſten her breitet ſich ein Hochdruckgebiet aus, das zunächſt Erwärmung und ſchönes Wetter bringen wird. Im Nordweſten zeigt ſich jedoch wieder ein neues 8 das ſpäter Gewittererſcheinungen hervor⸗ rufen wird. Vorausſichtliche Witterung: Mittwoch: Abwechſelnd heiter und wolkig, ziemlich warm, Gewitterbildungen, vielfach Regen.— Donners⸗ tag: Ziemlich warm mit Gewitterregen, zeitweiſe ſchön. G. Zimmermann Ww, Inh. G. Härdle, Seckenheim a. N. anlaßlich unserer silbernen Nlochzeit sagen wir herzlichen Yanl. .....(TT Fur die vielen Meinrich Noser u. Trau. Fußball- Vereinigung 98 Seckenbeim E. P. Sängerbund Ceczenhein Heute Dienstag Abend 7 Ahr Wellſpiel der 2. Mannſchaft in Jbesheim. Morgen Mittwoch Abend 7 Ahr eule Abend 8 Uhr Probe Der Vorſtand. Ferkel zu verkaufen. Luiſenſtraße 7. Turnbereln 1898 benebeln. Die UDebungsstunden finden dieſe Woche am Dienstag, Donnerstag und Freitag, jeweils abends ½9 Ahr ſtatt. In Anbetracht des am Sonntag in Neckarau ſtattfindenden Gauprobeturnen iſt pünktliches und vollzähliges Erſcheinen unbedingt erforderlich. Der Vorſtand. f Verloren staunend billg! 2 11 Wellſpiel der 1. Mannſchaft in lvesheim. 1 Fiel.— 5 0 e brauner Rock Mannheim, attersallstraße 12 Der Vorſtand. 0 Wallmatratzen 15 N e — boom le mit Keil 1 4.45 i 3 S D DDD blade 8 deals. Neigen Tai f 7 bis Seckenheim. IChaiselongue Mi 46 9 5 N 1 0 U ö Troß Preisergäßung Abz geg. Belohnung Eigene Polsterwerkstatt. 0 U Tü 1 f 1 U br im Vereinshaus hier. S. Heuer ist das Beste, was die Molkerei lieſert Mannheim. lbeig⸗ U. Rolmein biler 380 Pd. 2 Karl Raufelder. F 1 Glucke mit 11 Jungen zu verkaufen. a Friedrichſtr. 35. Sammel⸗Anzeiger nur für Mitglieder der Landwirtſchaftl. Ein⸗ und Verkaufs⸗Genoſſenſchaft. 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