Bezugspreis: Für den Monat Juli 1.40 Goldmark, frei ins Haus. Anzeigenpreis: Die einſpalt. Petitzeile 15 Goldpfg. Reklamen: 60 Goldpfg. Bei Wiederholung Rabatt. Beilagen: Alluſtriertes Unterhaltungsblatt(wöchentlich). 1 Montag. 19. Jul 1926 Tages · und Anzeigenblatt für deckenheim uns Umgebung fu. 165 Erſcheinungszeit: Täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und geſetzlichen Feiertage. Beſtellungen in der Geſchäftsſtelle Hildaſtraße 68 oder durch unſere Träger. Fernſprecher Rr. 16.— Poſtſcheckkonto 78439 Karlsruhe. — Das Kabinett Briand-Caillaur geſtürzt mit 45 Stimmen Minderheit. Paris, 18. Juli. Das zehnte Kabinett Briand iſt am Samstag abend 8 Ahr in der Kammer geſtürzt worden. Die Regierung erlitt die Niederlage, als darüber abgeſtimmt wurde, ob zur artikelweiſen Beratung der Finanzvorlage übergegangen werden ſolle oder nicht. Die Regierung hatte die Vertrauensfrage geſtellt. Der Antrag wurde mit 288 gegen 243 Stimmen abgelehnt, d. h. die Regierung iſt mit einer Minderheit von 45 Stimmen zu Fall gekommen. Die Arſache. Paris, 18. Juli. Caillaux hat geſtern dem Finanzausſchuß der Kammer folgenden Regierungsentwurf des Ermächtigungsgeſetzes zur Abſtimmung vorgelegt: N Artikel 1: Die Regierung wird ermächtigt, bis zum 30. November 1926 durch Verordnungen, die im Miniſterrat eignet ſind, die finanzielle Wiederherſtellung und Stabili⸗ ſierung der Währung zu verwirklichen. Artikel 2: Die Verordnungen, die fiskaliſche Verfügun⸗ gen enthalten, werden der geſetzgeberiſchen Ratifikation bei der Eröffnung der ordenlichen Sitzung 1927 unterbreitet werden. definitiv in Kraft.. Der Konflikt zwiſchen der Regierung und den republikaniſch-demo⸗ kratiſchen Parteien des Parlaments, zu dem es nach Caillaux' diktatoriſchen Machtanſprüchen unvermeidlich kommen mußte, iſt in der Samstagnachmittagsſitzung in einem Zuſammenſtoß zwiſchen Herriot und Briand mit geradezu elementarer Wucht zur Entladung gekommen. Man war, nachdem der linke Flügel der radikal⸗ſozialiſtiſchen Partei heute morgen die ſchärfſte Oppoſition gegen das Ermächtigungsgeſetz beſchloſſen hatte, auf einen ſehr erbitterten Kampf gefaßt. Daß Herriot ſelbſt den bitteren Kampf des Parlaments gegen die Regierung eröffnete und ihm, indem er noch ſeine Würde als Präſident der Kammer war die große Ueberraſchung. . Herriots Beauftragung. Paris, 18. Juli. Doumergue hat Herriot mit der Bildung der Regierung beauftragt. Herriot hat heute nachmittag mitgeteilt, daß er dieſe Miſſion annehme. Er phat bereits mit Poinlevé und Briand Rückſprache ge⸗ nommen, ferner hat er heute vormittag Poincare, der ſich auf ſeinem Landſitz befindet, telephoniſch erſucht, nach Paris zu kommen. Poincare wird heute abend in Paris Man ſpricht davon, daß Poincare das Finanz⸗ miniſterium übernehmen ſoll. Die nationaliſtiſche Preſſe befürwortet, daß Poincare Miniſterpräſident werden ſoll. 2 0 Zur Tagesgeſchichte. Am Severing. Der preußiſche Innenminiſter Seve⸗ ring hat ſeine Amtstätigkeit wieder aufgenommen. Der preußiſche Preſſedienſt bemerkt dazu, daß ſich alle Kombi⸗ nationen über den angeblich bevorſtehenden Rücktritt des Miniſters damit erledigen. Dieſer Darſtellung wird man wohl einige Zweifel entgegenſetzen müſſen, da es ein offenes Geheimnis iſt, daß Severing ſpäteſtens zum Herbſt endgültig ſeinen Poſten aufzugeben gedenkt, ſo daß ſich bekanntlich auch die ſozialdemokratiſche Land⸗ tagsfraktion bereits mit der Frage der Nachfolge Seve⸗ rings beſchäftigt hat. Dabei wird neben den bekannten Kandidaturen Leinert und Grzeſinſki neuerdings in der ſozialdemokratiſchen Preſſe noch eine weitere Kan⸗ didatur lanciert, nämlich die des jetzigen Regierungs⸗ präsidenten von Lüneburg, Dr. Krüger, von dem die Pedemiſche Zeitung“ glaubt, daß er als Nachfolger Se⸗ erings beſonders geeignet ſei. Beſatzungsabbau? Verſchiedene Berliner Zeitungen berichten übereinſtimmend aus Paris, daß die Hoffnung auf baldige Erfüllung der deutſchen, auf einen Beſatzungs⸗ abbau hinzielenden Wünſche nach der letzten Anter⸗ redung des deutſchen Botſchafters pon Hoeſch mit Bria nd durchaus berechtigt fei Wenn ſie bisher noch nicht verwirklicht wären, ſo ſei das nur darauf e daß Briand durch die Franken⸗ Kkiiſe uſw. zu ſtark in Anſpruch genommen geweſen wäre. Aehnliche Verſicherungen hat man ſchon häufiger ver⸗ kommen, ſo daß auch heute zu einem roſenroten Optimismus kein Anlaß vorliegt. Vorerſt iſt im Rheinland von einer Aenderung jedenfalls nichts zu ſpü⸗ ren und die Nheinlandkommiſſion hat es gerade jetzt ab⸗ gelehnt, ein Verbot aufzuheben, nach dem den Polizeibe⸗ amten im beſetzten Gebiet das Trag en von Helmen oder ähnlichen Kopfbedeckungen verboten iſt, mit der Begründung, daß durch den Helm die Beſatzungstruppen gereizt werden könnten! Mee 13 . eSnlrereien e 1 beſchloſſen werden, alle Maßnahmen zu ergreifen, die ge⸗ Die Maßnahmen, die ſie vorſchreiben, bleiben in die Wagſchale warf, noch größere Schärfe verlieh, das Tangerzone in Spani Erledigung brennender politiſcher Fragen. (Von unſerem Berliner Mitarbeiter.) Wie ſchon gemeldet, iſt der Reichskanzler von ſeiner Rheinlandreiſe wieder nach Berlin zurückgekehrt. Er hat die Geſchäfte in vollem Umfange übernommen und zunächſt einmal eine Angelegenheit erledigt, die nicht mehr länger aufgeſchoben werden könnte. Wir meinen die amtlicherſeits bekannt gegebene Ernennung des Zentrumsabgeordneten Dr. Bell zum Reichs juſtizminiſter. Man wird es nur begrüßen können, daß die Entſcheidung in dieſer Frage, die nun bereits ſeit dem Rücktritt des Reichskanzlers Dr. Luther ſchwebte, gefallen iſt. Denn es war ein auf die Dauer unhaltbarer Zuſtand, daß der verantwortliche Lei⸗ ter der Reichspolitik außer dem Kanzleramte noch zwei ſehr wichtige Reſſorts, das Reichsjuſtizminiſterium und das Miniſterium für die beſetzten Gebiete, mitverwaltete. An⸗ beſchwert von Reſſortſorgen wird ſich nunmehr der Reichs⸗ kanzler ausſchließlich der politiſchen Leitung des Reiches, die in den letzten Monaten ſehr zu wünſchen übrig gelaſſen hat, widmen können. 5 b 5 Der neue Reichsjuſtizminiſter war bisher bekanntlich Vizepräſident des Neichstages. Seine Ernen⸗ nung wird beim Wiederzuſammentritt des Reichstages eine Neuwahl des Vizepräſidenten erforderlich machen. Man nimmt an, daß das Zentrum für dieſen Poſten nochmals einen ſeiner Abgeordneten präſentieren wird, und zwar dürfte nach unſeren Informationen hierfür in erſter Linie der rheiniſche Zentrumsabgeordnete Eſſer⸗Euskir⸗ chen in Vorſchlag gebracht werden.. 8 Dadurch daß Dr. Bell gleichzeitig auch die Geſchäfte eines Miniſters für die beſetzten Gebiete übernom⸗ men hat, iſt die Frage der endgültigen Beſetzung dieſes Miniſteriums nur als vertagt anzuſehen. Während man in Kreiſen der Deutſchen Volkspartei der Anſicht iſt, daß ſchon durch die Ernennung des bisherigen Generalkommiſ⸗ ſars Schmid zum Staatsſekretär für die beſetzten Gebiete dieſe Frage endgültig erledigt ſei, da etatrechtlich in dieſem Miniſterium entweder der Poſten des Staats⸗ ſekretärs oder aber der des Miniſters zu beſetzen ſei, iſt man bei den übrigen Regierungsparteien und auch bei der Sozialdemokratie herüber anderer Anſicht. Im Haushalts⸗ ausſchuß haben kurz vor der Vertagung des Reichstages das Zentrum und die Sozialdemokraten gegen die Ernen⸗ nung Schmids Einſpruch erhoben, da ſie übereilt, ja ſogar unter Verletzung des Etatrechts des Reichstages erfolgt ſei. Die endgültige Klärung dieſer Frage dürfte beim Wiederzuſammentritt des Reichstages im Herbſt gewiß noch einmal zu Auseinanderſetzungen zwiſchen den Par⸗ teien führen. 5. Eine ſehr wichtige Frage, die gleichfalls noch der Erle⸗ digung harrt, iſt die Beſtätigung des General⸗ direktors der Reichsbahn Fr. Dorpmüller durch den Reichspräſidenten bezw. Reichskanzler. Man weiß immer noch nicht, welche Beſchlüſſe der Verwaltungs⸗ rat der Reichsbahn in Hamburg in dieſer Angelegenheit gefaßt hat und wieweit er die Wünſche der Regierung zu erfüllen bereit iſt. Es iſt die höchſte Zeit, daß dieſem Zuſtand ein Ende gemacht wird. Wie verlautet, ſoll der Verwaltungsrat der Reichsbahn ſeinen Präſidenten Herrn von Siemens beauftragt haben, gemeinſam mit dem in den Verwaltungsrat erſt kürzlich von der Reichsregierung delegierten früheren Reichskanzler Dr. Luther die Punkte ſchriftlich zu formulieren, über die zwiſchen der Reichsbahngeſellſchaft und der Reichsregierung eine Verein⸗ barung getroffen werden ſoll. Die Beſprechungen zwiſchen Herrn von Siemens und Dr. Luther ſollen ſoeben abge⸗ ſchloſſen worden ſein. Die Antwort auf die von der Reichsregierung geäußerten Wünſche ſoll dem Reichskanz⸗ ler in Form eines Briefes zugehen. Daran dürften ſich dann die perſönlichen Beſprechungen zwiſchen Herrn von Siemens und dem Reichskanzler anſchließen. Man nimmt an, daß dieſe perſönliche Ausſprache, an der auch Dr. Luther und Staatsſekretär Bergmann teilnehmen ſollen, am Montag nachmittag ſtattfinden kann. Für Mon⸗ tag iſt eine Kabinettssitzung anberaumt, in der dieſe Fra⸗ gen beſprochen werden ſollen. ——. Deutſchlands Völkerbund ⸗Eintritt. Keine Schwierigkeiten mehr. e ö O London, 18. Juli. Wie der diplomatiſche Korreſpondent des„Daily Tele⸗ graph“ berichtet, befaßten ſich britiſche, italie⸗ niſche und franzöſiſche Juriſten mit der Frage ob die Wahl Deutſchlands für einen ſtändig en, Sitz im Völ⸗ kerbundsrat durch die Abweſenheit des ſpaniſchen und bra⸗ ſilianiſchen Vertreter von der Ratsſitzung ungültig gemacht werden würde. 1 4 Wie der Korreſpondent zu dem Ergebnis dieſer Erörte⸗ 5 herrſcht Einſtimmigkeit darüber, daß die in a Bedingungen erfüllt ſeien, vorausgeſetzt, daß„alle Mit⸗ glieder des Rates, die bei der betreffenden Sitzung zugegen ſeien, dem deutſchen Geſuch zuſtimmen. Damit iſt die Schwierigkeit, die andernfalls einen neuen, Aufſchub der Aufnahme Deutſchlands in den Völkerbund zur Folge haben würde, erledigt. Wie der Korreſpondent im Zuſammenhan damit weiter erfährt, werde der Wunſch Spaniens na einem ſtändigen Sitz ebenſo wie der nach Einſchluß der ſch⸗Marokko als unerfüllbar erachtet. 1 Art. 5 der Völkerbundsſatzung niedergelegten * Wendung im engliſchen Bergarbeiterſtreik? 4 Im engliſchen Bergarbeiterſtreik ſcheint ſich eine Wendung vorzubereiten. Die engliſche Kirche hat nämlich eine Vermittlungsaktion eingeleitet und wenn es auch un⸗ richtig iſt, daß der Erzbiſchof von Canterbury bereits an Verhandlungen mit den Führern der Bergarbeiter teil⸗ genommen hat, wie verſchiedentlich berichtet wurde, ſo iſt doch von namhaften Führern der engliſchen Hofkirche ſowie verſchiedener Freikirchen die Anregung zu neuen Verhandlungen ausgegangen. Ferner ſind auch führende Mitglieder der Quäker⸗Organfſation bemüht, in dem nun ſchon zweieinhalb Monate währenden Streik zu vermitteln. Man wird dabei daran erinnern müſſen, daß auch im Generalſtreik der Erzbiſchof von Canterbury und die Kirchen einen Appell an das Land richteten, der damals allerdings von dem amtlichen engliſchen Organ nicht veröffentlicht und auch durch den Rundfunk zunächſt nicht verbreitet wurde. Die Kirche wünſchte nämlich einen Abbruch des Streiks, im Geiſte der Kameradſchaft und der Zuſammenarbeit und nicht als Ergebnis eines Krie⸗ ges, was damals offenbar in den Kampftagen der eng⸗ liſchen Regierung nicht genügte. Auch jetzt ſind die Aus⸗ ſichten für die Vermittlungsaktion nur ſehr ſchwer zu überſehen. Die lange Dauer des Streiks iſt einer ſolchen Aktion auch trotz aller Unterſtützungszahlungen aus Ruß⸗ land ſicherlich vorteilhaft. Es kommt hinzu, daß in der Frage der Kohlentransporte die Bergarbeiter bisher kei⸗ nerlei Unterſtützung erlangen konnten, wodurch naturge⸗ mäß die Poſition der Streikenden alles andere als ge⸗ feſtigt wird. Die engliſchen Eiſenbahnarbeiter haben es ſchon unlängſt abgelehnt, den Transport ausländiſcher Kohle zu verhindern und ſo hat ſich denn auch die Trans⸗ portarbetter Internationale Anfang dieſes Monats in einer in Utrecht abgehaltenen Konferenz auf den Standpunkt geſtellt, daß die Transportarbeiter des Kontinents nicht päpſtlicher ſein könnten als der Papſt, d. h., daß der Transport und die Verſchiffung von Kohle aus kontinentalen Ländern nach England nicht unter⸗ bunden werden könne, ſolange die engliſchen Eiſenbahner⸗ und Transportarbeiterverbände ſelbſt nicht bereit ſeien, die Einfuhr und den Transport von Kohle zu verhindern oder zu verweigern. Da auch ferner die der Bergarbeiter Internationale angehörenden Bergarbeiter in allen Ländern weiterhin in uneingeſchränktem Maße Kohle förderten, ſo käme, wie betont wurde, eine Unter⸗ ſtützung durch die kontinentalen Transportarbeiter⸗ und Eiſenbahnerverbände nicht in Frage. Es zeigt ſich alſo, daß die internationale Solidarität der Berg⸗ und Transport⸗ portarbeiter, von der auch heute noch die kommuniſtiſchen Blätter zu reden belieben, nichts weiter als eine Phraſe iſt, wie denn auch das im Anfang des Streiks aufge⸗ tauchte Wort von einem internationalen Bergarbeiter⸗ ſtreik nicht mehr wiederholt worden iſt. Daß ſchließlich unter ſolchen Umſtänden die engliſchen Bergarbeiter, die ja nicht für alle Ewigkeit von ruſſiſchen und anderen Un⸗ terſtützungen leben können, einer Vermittlungsaktion heute nicht mehr ſchroff ablehnend gegenüber⸗ ſtehen, iſt durchaus verſtändlich. Wie die Dinge aber auch laufen mögen, gleich⸗ gültig, ob der Streik noch einige Tage oder gar Wochen anhält, die Verluſte, die er der engliſchen Wirtſchaft zugefügt hat, ſind außerordentlich groß. Zahlenmäßige Berechnungen werden ſich naturgemäß erſt nach dem Ab⸗ bruch des Streikes anſtellen laſſen, doch kommt es viel⸗ leicht weniger auf den zahlenmäßigen Produktionsausfall an, als vielmehr darauf, daß der Streik zu einer Zer⸗ ſtörung des Mythos von der Unerſetzbarkeit der eng⸗ liſchen Kohlen in allen denjenigen Gebieten der Technik geführt hat, wo die bevorzugte Verwendung britischer Kohle tatſächlich nur noch auf Gewohnheit und Vor⸗ urteil beruht. Dieſer Mythos iſt wohl darauf zurück⸗ zuführen, daß die engliſche Kohle als erſte auf dem Welt⸗ markt auftrat, daß ſie ferner dadurch einen größeren Ab⸗ nehmerkreis erhielt, als die zahlreich verbreiteten eng⸗ liſchen Maſchinen in erſter Linie auf dieſe Kohle zuge⸗ ſchnitten waren und als ferner durch niedrige Frachtraflen wie durch großzügige Kreditgewährung der Abfatz ſtark geſteigert werden konnte. Verſuche, die britiſche Kohle durch andere Kohle zu verdrängen, ſchlugen unter ſolchen Umſtänden nur allzu leicht fehl, zumal eben dieſe nicht engliſche Kohle ſich oft genug auch für die beſonders auf engliſche Kohle zugeſchnittenen Maſchinen tatſächlich wenig eignete. Inzwiſchen iſt es nun den engliſchen Kohlenlän⸗ dern gelungen, in die britiſchen Abſatz gebiete einzudringen— auch die deutſche Kohlen indu⸗ ſtrie hat ja namhafte Abſchlüſſe machen können— und man wird hier naturgemäß bemüht ſein, den jetzt er⸗ oberten Markt unter allen Umſtänden zu behaupten. So 15 wird beiſpielsweiſe auch aus Amerkka berichtet, daß in den letzten Wochen amerikaniſche Ingenieure na. verchiedenen Kohlen⸗Imporkländern ausgeſandt 1 W um die eventuell nötigen Aenderungen an den auf eng⸗ liſche Kohle eingeſtellten Feuerungsanlagen an Ort und Stelle vorzunehmen, bezw. die für die amerikaniſche Kohle in Betracht kommenden Feuerungsmethoden praktiſch vor⸗ zuführen. die engliſche Regierung einer Vermittlungsaktion geneig⸗ ter machen, da man ſich wohl keineswegs über die Schwie⸗ rigleiten im unklaren iſt, die von der engliſchen Kohlen⸗ induſtrie auch nach dem Abbruch des Streikes zu über⸗ winden ſind. Es ſcheint mithin, als ob die Vermittlungs⸗ aktion in einem recht günſtigen Augenblick eingeſetzt hat, ſo daß ihr vielleicht ein Erfolg beſchieden ſein wird. Das wiederum dürſte auch die Bergherren ebenſo wie — Die Noten in engliſchem Lichte. * 1 Kein Grund zu neuen Forderungen. ß London, 19. Juli. . In einer Reutermeldung wird erklärt, daß für die wiederholten Andeutungen, daß die alliierte Kon⸗ trollkommiſſion ohne Kenntnisnahme der engliſchen Regierung an Deutſchland hinſichtlich der Abrüſtungs⸗ forderungen geſtellt habe, kein tatſächlicher Grund vor⸗ handen iſt. Der Schriftwechſel zwiſchen der Kontroll⸗ kommiſſion und der Reichsregierung ſei aus den vor einem Jahre an Deutſchland gerichteten Forderungen er⸗ wachſen. Es ſei keine Abweichung von der bis⸗ herigen Politik eingetreten, da die fragliche Kor⸗ reſpondenz von dem Vorſitzenden der Kommiſſion aus eigener Machtvollkommenheit und ohne Bezugnahme auf ſeine Kollegen in der Kommiſſion geführt worden ſei. Nach engliſcher Auffaſſung liege, ſo heißt es am Schluß der Meldung, in den füngſten Handlungen Deutſchlands hinſichtlich der Abrüſtung Deutſchlands nichts vor, um Forderungen vorzubringen, wie ſie in einem Teil der deutſchen Preſſe berichtet worden ſei, obgleich es richtig ſei, daß man in einigen Kreiſen der Anſicht ſei, Deutſchland hätte bei ſeinen Maßnahmen ſchneller zu Werke gehen können. Am die Kriegsſchuldfrage. Was ſteckt in den franzöſiſchen Archiven? 7 des Berlin, 19. Juli. Seit Jahren kämpft in Frankreich vergebens eine kleine Gruppe von Politikern für die Oeffnung der franzöſiſchen Archive, ohne deren Kenntnis eine abſchließende Beurteilung der franzöſiſchen Verantwortlich⸗ keit für den Kriegsausbruch nicht möglich iſt. Wohl ſah ſich die franzöſiſche Regierung hin und wieder veranlaßt, das eine oder andere Schriftſtück der franzöſiſchen diplo⸗ matiſchen Korreſpondenz aus der Juli⸗Kriſe von 1914 bekannt zu geben; zu einer Veröffentlichung des geſam⸗ ten Dokumenten⸗ Materials hat ſich jedoch die franzöſiſche Regierung aus wohlerwogenen Gründen noch nicht entſchließen können. Gegen dieſen paſſiven Widerſtand der franzöſiſchen Regierung, die Wahrheit über den Kriegsausbruch auf Grund des amtlichen Dokumenten⸗Materials des Quai d'Orſay mit feſtzuſtellen helfen, hat, wie verlautet, die „Zentralſtelle für Erforſchung der Kriegsurſachen“ jetzt einen Vorſtoß unternommen. Danach berichtigt und er⸗ gänzt dieſe Zentralſtelle das„Franzöſiſche Gelbbuch von 1914 durch die inzwiſchen bekannt gewordenen Dokumente gleichfalls in Form eines Gelbbuches. Dieſes Werk verfolgt einen doppelten Zweck. Es will den franzöſiſchen diplomatiſchen Schriftwechſel zum Kriegs⸗ ausbruch, ſoweit dies bis jetzt möglich ſt. allgemein zugänglich machen und verhüten, daß gefälſchte Dokumente, deren richtiger Text inzwiſchen bekannt gewor⸗ den iſt, weiter als geſchichtliche Quelle benutzt werden. Ein weiterer Zweck des Gelbbuches liegt darin, dem franzöſiſchen Volk ſelbſt zu zeigen, wie es mit 5 ll gefälſchter Dokumente hinter das Licht geführt worden iſt. Aus den kritiſchen Bemerkungen, die den Dokumenten bei⸗ gefügt ſind, geht hervor, daß die franzöſiſche Regierung in dem von ihr herausgegebenen Gelbbuch auch die Zuſam⸗ mengänge der ruſſiſchen Mobilmachung verſchleiert hat. Das vorliegende Werk weiſt im einzelnen die Fälſchung der in 0 e Gelbbuch von 1914 enthaltenen Doku⸗ mente nach. Gchwierige deutſch⸗franzöſiſche Wirtſchaſtsverhandlungen. . Berlin, 19, Juli. Die deutſch⸗franzöſiſchen Wirtſchafts⸗ verhandlungen, die zunächſt zum Abſchluß eines Wirtſchaftsproviſoriums führen ſollen, nehmen einen äußerſt ſchleppenden Verlauf, weil die fran⸗ zöſiſche Regierung auf gewiſſe Jollerleichterungen für Weine und landwirtſchaftliche Produkte ſeitens Deutſchland be⸗ ſteht. Wie wir hören, iſt in Berlin ein Mitglied der deut⸗ chen Delegation eingetroffen, um der Reichsregierung über en Gang der Verhandlungen Bericht zu erſtatten. Deutſcher Proteſt in Paris. Wegen der Germersheimer Vorgänge. 5 bes Berlin, 19. Juli. Die Bayeriſche Regierung hat dem Auswärtigen Amt nunmehr einen umfangreichen, etwa 70 Seiten umfaſſenden Bericht über die planmäßig vorbereitete Störung der Veranſtaltung des Kriegervereins in Germersheim durch franzöſiſches Militär zugeleitet. Damit iſt die amt⸗ liche Unterſuchung über dieſe Angelegenheit zum Abſchluß gelangt. Als Ergebnis läßt ſich feſtſtellen, daß die Kund⸗ gebung des Kriegervereins auf Anweiſung der franzöſiſchen Truppenkommandeure in Germersheim in der gröbſten Weiſe geſtört worden iſt. Wie von unterrichteter Seite verlautet, iſt der deutſche Botſchafter in Paris beauftragt worden, bei der franzö⸗ ſiſchen Regierung gegen das Auftreten des franzöſiſchen Militärs ſchärfſte Verwahrung einzulegen. Auch der deutſche Neichskommiſſar bei der Rheinlandkommiſſion in Coblenz hat Anweiſung erhalten, bei der zuſtändigen Stelle Proteſt einzulegen. 8 Die Schritte des deutſchen Botſchafters in Paris und 255 Reichskommiſſars in Coblenz werden am Montag er⸗ olgen. Deutſchland und die engliſche Subventionspolitik. Ein diplomatiſcher Schritt in London? a bes Berlin, 19. Juli. Die ſchon ſeit Monaten anhaltende Unterſtützung des britiſchen Kohlenbergbaues mit ſtaatlichen Mit⸗ teln übt auf die Konkurrenzfähigkeit der deutſchen Koh⸗ leninduſtrie auf dem internationalen Weltmarkt große Nachteile aus. Infolge der Subventionspolitik ſind die britiſchen Bergbauunternehmer bekanntlich in der Lage, ihre Kohlen zu einem weit billigeren Preiſe auf dem Weltmarkt abſetzen zu können, als der deutſche Bergbau. Wenn es infolge des anhaltenden Berg⸗ arbeiterſtreiks in England den deutſchen Unternehmern in letzter Zeit auch gelungen iſt, größere Abſatzmöglichkeiten für ihre Produkte zu gewinnen, ſo wird dieſe günſtige e doch eines Tages wieder zu einem Rückſchlag führen. Schon vor längerer Zeit haben die deutſchen Bergbau⸗ intereſſenten mit der Reichsregierung Fühlung genommen, um auf die ernſte Rückwirkung der engliſchen Sub⸗ ventionspolitik für die deutſche Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt hinzuweiſen und energiſche Maßnahmen zu fordern, die den Charakter eines. Ausgleichs für den deutſchen Kohlenbergbau tragen ſollten. Es hat an diplo⸗ matiſchen Vorſtellungen der zuſtändigen Stellen in London tatſächlich nicht gefehlt und von Seiten der britiſchen Regie⸗ rung wurde immer wieder erklärt, die finanzielle Unter⸗ ſtützung des britiſchen Kohlenbergbaues ſei nur eine vor⸗ übergehende Erſcheinung. Wie nun aus London gemeldet wird, erwägt das bri⸗ tiſche Kabinett überraſchenderweiſe, dem Kohlenbergbau nochmals eine größere Subvention von etwa 12 bis 14 Millionen Pfund Sterling zur Verfügung zu ſtellen, falls der Bergarbeiterſtreik in den nächſten Tagen nicht beendet werden ſollte. Wie verlautet, hat dieſe Nach⸗ richt in deutſchen Induſtriekreiſen die größte Senſation hervorgerufen. Der Reichsverband der deutſchen Induſtrie iſt bereits mit den deutſchen Bergbauunternehmern in Verbindung getreten, um die ſich aus der eventuellen Fortſetzung der britiſchen Subventionspolitik ergebende Lage zu erörtern. Man erwägt gleichzeitig, bei der Reichs⸗ regierung vorſtellig zu werden. Es iſt nunmehr mit einem neuen diplomatiſchen Schritt der Reichsregierung in London zu rechnen und das Kabinett wird jetzt nicht umhin können, endgültig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Es iſt nicht aus⸗ geſchloſſen, daß die Regierung dem deutſchen Kohlenbergbau nunmehr gleichfalls Subventionen gewährt. In Induſtrie⸗ kreiſen erklärt man, falls ſich das Kabinett bereit finden ſollte, dem Kohlenbergbau finanzielle Unterſtützung zur Hebung des Exports zur Verfügung zu ſtellen, ſo könnte mit umfangreichen Neueinſtellungen von Arbe born »erechnet werden. Liebe erweckt Liebe. 15 Original⸗Roman. Die Schweſtern umarmten Fee und verſicherten im⸗ mer wieder, daß es reizend von ihr ſei, an ſie gedacht zu haben; ſie beteuerten, daß die Ringe ihre koſtbar⸗ ſten Schmuckſtücke ſeien, die ſie hoch in Ehren halten würden. Hans ſei ein„reizender Menſch“, dem ſie noch perſönlich ihren Dank abſtatten würden. Aller Groll über die plötzliche Verabſchiedung bei dem Empfang des jungen Ehepaares war nun verpflo⸗ gen. Die Hofrätin ließ ihre Gnadenſonne wieder leuch⸗ ten über Fee, und als dieſe ſich verabſchiedete, wurde ſie faſt totgedrückt und totgeſchwatzt. Fee atmete auf, als ſie das hinter ſich hatte und wieder allein war. Es kam ihr wieder zu Bewußtſein, daß zwiſchen ihr und ihren Verwandten nicht das lei⸗ ſeſte Verſtändnis möglich war. So fremd waren ſie in ihrem innerſten Denken und Fühlen, als ſprächen ſie eine ganz andere Sprache, als ſie ſelbſt. Sie mußte daran denken, was wohl aus ihr ge⸗ worden wäre, wenn Hans Ritter an jenem Abend nicht plötzlich wie ein Helfer in der Not erſchienen wäre, wenn er nicht um ihre Hand angehalten hätte. Sie ſchauerte zuſammen. Bei ihren Verwandten hätte ſie nicht bleiben wollen und können, nachdem ihr die Hoff⸗ nung genommen war, Harry Forſts Frau zu werden. f Sie hätte hinausgehen müſſen in die Welt, in den har⸗ ten Kampf ums Daſein, um ſich ihr Brot zu verdienen. Von den Zinſen ihres kleinen Vermögens hätte ſie nicht leben können, auch bei den beſcheidenſten Anſprü⸗ chen nicht. Obwohl ſie ein mutiges Geſchöpf war und ſich nicht geſcheut haben würde, ihre jungen Kräfte zu erproben, ſo mußte ſie ſich doch ſagen, daß in abhän⸗ en Stellung tauſend Bitterkeiten auf ſie gewartet ätten. Wie gut war es nun ſtatt deſſen für ſie geworden, wie beſchützt und behütet lebte ſie in ihres Gatten Haus. Und wie unendlich zart und gütig ſorgte er für ihr Wohl, für ihre Ruhe, thren Frieden. 5 Warum nur? Warum tat er das alles? Was konn⸗ te. ſie ihm ſein, was war ſie ihm? Eine elegante Re⸗ ſtieg in ihr auf, ihm mehr ſein zu dürfen, praſentantm ſeines Hauſes— ein Schmuckſtück desſelben — nicht viel mehr als die Haushälterin, die er nun entlaſſen konnte. Was ſonſt noch? So fragte ſie ſich unruhig. Und ein 90 Wunſch ihm not⸗ wendig und unentbehrlich zu werden zu ſeinem Leben. Zu Hauſe angekommen, betrachtete ſie ſich mit ſchar⸗ fen, kritiſchen Augen im Spiegel. Ja— ſie war ſchön — ſchöner vielleicht als je zuvor. In vielen Männer⸗ augen hatte ſie es aufflammen ſehen wie Bewunderung und heißes Begehren. Sollte Hans Ritter ganz un⸗ empfänglich ſein gegen den Zauber, den eine ſchöne Se eee vermag? Sie ug plötzlich die Hände vor das erglühende Geſicht. Wohin verirrten ſch ihre Gedanken? 5 Wie auf der Flucht vor ſich ſelbſt trat ſie von dem Spiegel zurück. ate. Fee war Frau Hallers gelehrige Schülerin gewor⸗ den. Sie war eifrig bemüht, der alten Dame in den wenigen Wochen alles abzulauſchen, was ſie notwendig wiſſen mußte. Und es gelang ihr vortrefflich, ſich zu⸗ rechtzufinden, hatte ſie doch ſchon im Hauſe des Vaters einem großen Haushalt vorſtehen müſſen. ö Sie war jedenfalls froh, daß es Arbeit für ſie gab. Daran fehlte es nicht, trotz der gutgeſchulten Tiener⸗ ſchaft. Hans Ritter mußte in ſeiner geſellſchaftlichen Stellung viel Geſellſchaften geben und er freute ſich da⸗ rauf, daß ſeine ſchöne, junge Frau nun die Honneurs machen würde. Man würde ihn beneiden— welcher Mann läßt ſich nicht gern um eine ſchöne, bezaubernde Frau beneiden? a a ö Bei der erſten großen Feſtlichkeit in ſeinem Hauſe nach ſeiner Verheiratung war Frau Haller noch anwe⸗ ſend und half Fee alles aufs beſte ordnen. Als dieſe dann in einer wundervollen Toilette an ihres Gatten Seite die Gäſte empfing, als aller Augen wie bezau⸗ bert an ihr hingen, da fühlte ſich Hans Ritter ſtolz wie ein König. Er ſelbſt aber war Tees glühendſter Ver⸗ ehrer. Es war für ihn ein edler Genuß, ſeine Frau in ſchönen, eleganten Toiletten zu ſehen, die ihrer Schön⸗ heit erſt den rechten Rahmen gaben. Fee beſaß einen Aus dem In⸗ und Auslande. Neue Richtlinien für den Strafvollzug. i Berlin, 19. Juli. Eine der erſten größeren Arbeiten des neuen Reichsjuſtizminiſters Dr. Bell wird, wie ver⸗ lautet, vorausſichtlich die Fertigſtellung des Geſetzentwurfs über eine Neuordnung des Strafvollzuges ſein. Der Ent⸗ wurf, der bereits geraume Zeit bearbeitet wird, ſtellt ein Rahmengeſetz dar, da der Strafvollzug im einzelnen von den Ländern ſelbſt geregelt wird. Kein Wechſel im Staatsſekretariat der Reichskanzlei. Berlin, 19. Juli. Der zum deutſchen Geſandten in Wien ernannte frühere bayeriſche Miniſterpräſident Graf Lerchenfeld wird in dieſen Tagen ſein Amt in Wien antreten. Im Laufe i dieſer Woche wird gleichzeitig die Neu⸗ beziehungs⸗ weiſe Umbeſetzung verſchiedener diploma⸗ tiſcher Auslandspoſten des Reiches vorge⸗ nommen werden. N An zuſtändger Stelle wird erklärt, daß entgegen anders lautenden Meldungen ein Wechſel im Staatsſekre⸗ tariat der Reichskanzlei nicht vorgenommen wird. Staatsſekretär Dr. Kempkes befindet ſich zur Zeit aller⸗ dings auf Urlaub, jedoch wird er in der nächſten Zeit wieder auf ſeinen Poſten zurückkehren. Biſchof Dr. Keppler geſtorben. Stut!gart, 17. Juli. Im Alter von 74 Jahren ſtarb geſtern an einem Schlaganfall Biſchof Dr Paul Wilhelm von Keppler in Rottenburg, wo er ſeit 28 Jahren als Biſchof wirkte. Dr. von Keppler entſtammt einer alten Gelehrtenfamilie, deren berühmteſter Vertreter der im 16. Jahrhundert lebende Aſtronom Keppler war. Bevor er zum Biſchof von Rottenburg gewählt wurde, wirkte er als Profeſſor der neuteſtamentlichen Exegeſe in Tübingen und Freiburg i. Br. Als theologiſcher und kunſthiſtori⸗ ſcher Schriftſteller hat Biſchof von Keppler eine umfang⸗ reiche Tätigkeit entfaltet und ſich einen bedeutenden Namen gemacht. Die polniſchen Staatsſchulden. Warſchau, 19. Juli. Der Kontrollausſchuß für Staats⸗ ſchulden, der unter Vorſitz des Senatmarſchalls Trompczynſki getagt hat, genehmigte den Bericht über die Höhe der Staatsſchulden und der ſtaatlichen Gerantien zum 1. Juli 1926. Danach betrugen die am 1. Juli verzinſten inneren Schulden 9 Milliarden poln. Mark, 180 Mill. Zloty, 44 Mill. Goldfranc, 3 390 000 Dollar und außerdem 74 Mil⸗ lionen Barſchulden. Die Außenſchulden verteilten ſich wie folgt: Vereinigte Staaten 233 Mill. Dollar, Frankreich 1 Milliarde Franc, England 4 880 000 Pfund, Italien 465 Mill. Lire, Holland 8 613 000 Fl., Norwegen 20 187 000 Kronen und 1448 engl. Pfund, Dänemark 426 000 Kronen und die Schweiz 6 259 000 Franc. Außerdem kommen noch verſchiedene von dem polniſchem Staat übernommene Ga⸗ rantien in Frage. Japan auf der Polizeikonferenz. Tokio, 18. Juli. Wie die deutſche Botſchaft in Tokio mitteilt, hat die Japaniſche Regierng die Einladung der Preußiſchen Staatsregierung zur Beteiligung an der Ber⸗ liner Polizeiausſtellung und der Polizeikonferenz mit Dank angenommen und wird zwei japaniſche Polizeibeamte, die ſich zurzeit auf einer Dienſtreiſe in Europa aufhalten, den Oberpolizeiinſpektor beim Hauptpolizeipräſidium in Tokio, 6 Ratſuroku Aikawa, und den Lokaloberolizeiinſpektor in Ka⸗ nagawa, Renji Tomita, als Vertreter der japaniſchen Po⸗ lizei zur Polizeikonferenz entſenden. Ein engliſches Pendant zu den ruſſiſchen Geldſendungen. Moskau, 19. Juli. geſammelten Geldmittel an die regierungsfeindlichen ruſ⸗ ſiſchen Geiſtlichen weitergeleitet werden. Dieſe Vermitt⸗ lung der engliſchen Vertretungen wird als eine Einmiſchung in die inneren Angelegenheiten Sowjetrußlands bezeich n! net.„Isweſtija“ behaupten, daß die Sowjetregierung, von der Abſicht geleitet, die ruſſiſch⸗engliſchen Beziehungen nicht zu gefährden, bis jetzt von einer Veröffentlichung des iht zur Verfügung ſtehenden Materials abgeſehen habe. Die geſamte ruſſiſche Preſſe kommentiert den Vorfall als Pen⸗ dant zu dem der Sowfetregierung gemachten Vorwurf, ſich 1 Die Regierungspreſſe veröffentlicht den Wortlaut eines Schreibens des Oberſt A. Tudor Paul, aus dem hervorgeht, daß durch die Vermittlung der eng⸗ liſchen Vertretungen in Sowjetrußland die in England durch die Geldüberweiſungen an die engliſchen Bergarbeiter in die inneren Angelegenheiten Englands eingemiſcht zu 3 haben. auserleſenen Geſchmack und wußte ſich immer ſo zu klei⸗ 1 In jedem den, daß ſie einen äſthetiſchen Anblick bot. neuen Kleid erſchien ſie ihrem Gatten eine andere, im⸗ mer reizvoller und begehrenswerter ſchien ſie ihm. Er wußte nicht, daß ſie ſich oft mit wahrer Andacht für ihn ſchmückte— für ihn allein. Hätte er es gewußt, dann hätte er nicht länger ſo ruhig ſein können. Er glaubte noch nicht daran, daß ihr Herz geſund und einer neuen Liebe zugängig ſein könne. Es war ein ſeltſames, eigenartiges Verhältnis zwi⸗ ſchen den beiden Gatten. Ganz unmerklich hatte ſich in Fees Herzen eine Wandlung vollzogen. Das, was ſie einſt für Harry Forſt empfunden hatte, lag weit hintern ihr. Wie ein quälendes Erinnern ſtieg es noch zuwei⸗ len in ihr auf, daß ſie einſt ihr beſtes Empfinden an einen Unwürdigen vergeudet hatte. Welch ein anz anderer Mann war der ihre gegen Hans Forſt! Erſt ſcheu und leiſe, dann immer ſtärker und wahr⸗ nehmbarer keimte in ihrem Herzen eine neue, tiefe Lie⸗ be— eine Liebe, die aus Hochachtung, Dankbarkeit und ** Verehrung geboren war und zuerſt den innerſten Kern ihres Seins erfaßte. Je mehr ihr das Verſtändnis auf: ging für ſeinen Charakter, je mehr ſie ihn ſeiner inner⸗ ſten Eigenſchaften wegen bewunderte und liebte, je lie⸗ benswerter erſchien ihr auch ſein Aeußeres. Oft konnte ſie lange in ſein energiſches, ſcharfgeſchnittenes Geſicht ſehen und ſich ausmalen, wie es ſein müßte, wenn ſie ein Recht hätte, dieſen herben, harten Zug um Mund und Kinn in Weichheit aufzulöſen. Sich dieſes Recht zu nehmen, wagte ſie nicht— weil ſie ſich nicht geliebt glaubte. Zuweilen zuckte ſie in ſeligem Schreck zuſam⸗ men, wenn ſein Blick unvermutet den ihren traf, wenn er einen Augenblick vergaß, daß er ſich beherrſchen muß⸗ te. Dann war eine Unruhe in ihr und ſie fragte ſich, ob es nicht möglich ſei, ihn zur Liebe zu zwingen. Sie war Weib genug, ihre Reife zur Geltung zu bringen, e abſichtslos, um ihn aus ſeiner Ruhe aufzu⸗ euchen. Ach, ſie ahnte nicht, wie wenig ruhig er in ihre Nähe war, wie ſie mehr und mehr von ſeinem ganzen Sein Beſitz ergriff. 8 V,. 1 di N ie 1 Die Mor daffäre Helling. Weitere Aufklärung des furchtbaren Verbrechens. Aus Magdeburg wird berichtet: Der zur Unter⸗ ſuchung de Mordaffäſe Helling nach Magdeburg entſandte Berliner Kriminaliomiſſar Bußdorf hat in einem Ort in der Altmart eine neue Verhaftung vor⸗ genommen. Es handelt ſich um den Chauffeur Fritz Große, der den betäubten Helling in einem Auto nach dem Schröderſchen Gehöft brachte, wo er dann erſchoſſen und vergraben wurde. Große ſteht im Verdacht, den töd⸗ lichen Schuß abgegeben zu haben. Es werden noch zwei Beſchuldigte geſucht, deren Verhaftung gleichfalls bevor⸗ ſteht. Große beſtritt nicht, Schröder zu kennen. Die Ob⸗ uktion der Leiche des ermordeten Helling wurde nunmehr vorgenommen. Während die Leiche ſeziert wurde, führte man Rudolf Haas und den Chauffeur Karl Schiffer vor. Schröder wurde nicht zugelaſſen. Während Haas beim An⸗ blick der Leiche völlig ruhig blieb und betonte, mit der Ermordung Hellings nichts zu tun zu haben, erlitt Schiffer beim Anblick des Toten einen vollſtändigen Zuſammenbruch. Die Obduktion der Leiche ergab, daß Helling von hinten erſchoſſen wurde. Ferner weiſt die Leiche noch ſtarke Brand⸗ wunden auf. Weitere Feſtſtellungen am Tatort in Groß⸗ rottmersleben ergaben, daß Schröder für den Tod deines Vaters, der durch ein Unglück aus dem Leben ſchied, nicht verantwortlich gemacht werden kann. Deſto ſchärſer e aber die Belaſtungsmomente dafür, daß Schrö⸗ der im vorigen Jahre kurze Zeit vor der Ermordung des Buchhalters ſeine Mutter mit Aeberlegung ermordet hat. Bei der Reinigung ſeines Revolvers ſoll angeblich ein Schuß losgegangen ſein, der ſeine Mutter tödlich getroffen habe. Schröder gab damals an, ſahrläſſig gehandelt zu haben und wurde vom Amtsgericht zu einer kurzen Ge⸗ fängnisſtrafe mit Bewährungsfriſt verurteilt. Kurze Zeit nach dem Verſchwinden des Buchhalters Helling verfügte Schröder über große Geldbeträge, deren Ursprung noch nicht einwandfrei geklärt werden konnte. Man nimmt an, daß dieſes Geld dem Schröder von irgend einer Seite zugeſteckt worden war, damit er den Mord an dem Buchhalter begehen ſollte. Die Geliebte Schröders, Ilſe Goͤtze aus Köln, iſt kurz vor ſeiner Verhaftung nach Köln zu ihrer Mutter gefahren und konnte bis jetzt noch nicht vernommen werden, da ſie ihrer Niederkunft entgegenſieht. Es wird angenommen, daß auch Ilſe Götze von dem 17 Verbrechen Kenntnis hatte, zum mindeſtens aber en Transport der Leiche nach dem Wohn⸗ haus beobachtet haben muß. Die weitere Ver⸗ nehmung des Beſchuldigten Haas zog ſich bis in die päten Abendſtunden hin, brachte aber immer noch keinen klaren Anhaltspunkt dafür, daß Haas wirklich der An⸗ ſtifter des Verbrechens iſt. Schröder behauptete geſtern erneut, daß Haas den ebenfalls verhafteten Schif⸗ fer zur Beſeitigung Hellings angeſtiftet habe. 2 —— Aus dem badiſchen Lande. Der Radfahrer und ſeine Pflichten. Karlsruhe, 17. Juli. In Paragraph 21 der in Nr. 22 des badiſchen Geſetz- und Verordnungsblattes heraus⸗ gegebenen Verkehrsordnung iſt über Führung von Fahrrädern und Mitnahme von Perſonen und Sachen fol⸗ gendes bemerkt: Der Radfahrer iſt dafür verantwort⸗ lich, daß das Fahrrad ſich in vorſchriftsmäßigem Zu⸗ ſtande befindet und während der Dunkelheit und bei ſtarkem Nebel in vorgeſchriebener Weiſe beleuchtet iſt. Er darf auf einem einſitzigen Fahrrad nur Kinder unter ſechs Jahren und auch dieſe nur, falls für ſie eine geeignete Sitzgelegenheit auf dem Fahr⸗ rad vorhanden iſt, mitnehmen: Gegenſtände darf er nur mitnehmen, falls ſie ſeine Bewegungsfreiheit nicht be⸗ einträchtigen und Menſchen oder Sachen nicht gefährden; insbeſondere iſt auch das Ziehen von Wägelchen und dergleichen durch Radfahrer unterſagt. Heidelberg.(nſit te des Anhängens.) Der ſechsjährige Sohn des Rohrhacher Schloſſermeiſters Fr. Ketterer hatte ſich mit zwei Spielkameraden an ein Sandfuhrwerk gehängt, das aus der Kirchheimer Rich⸗ tung kam. Dem Fuhrmann begegnete ein aus Heidelberg kommendes Laſtauto der Fuchs'ſchen Waggonfabrik. Als das Auto auf der Höhe der Pferde des Sandfuhrwerks fuhr, ſprang der kleine Kletterer von ihm ab, um quer über die Straße zu laufen. Im gleichen Augenblick wurde er vom Kotflügel und Kühler des Autos erfaßt und ſo⸗ fort getötet. Wiesloch.(Ertappter Weltreiſenſchwind⸗ ler.) Das Artiſtenpaar Willi Israel und Frau Hilde⸗ gard geb. Hahn aus Deſſau, die auf Grund einer Wette zu Fuß um die Welt reiſen wollten, wurden hier von einem anderen Weltreiſendenpaar, Charles und Emmy Henry, Deutſch⸗Schweizer, auf friſcher Tat dabei betrof⸗ fen, daß ſie nicht nur Fuhrwerke, ſondern ſogar die Bahn benutzten. Sie mußten den Betrug vor der hieſigen Po⸗ Iizei zugeben und ſcheiden ſomit beim Austrag der Wette aus. Bruchſal.(Schweres Anwetter in Grom⸗ bach.) Abends gegen 5 Uhr ging über die Gemarkungen von Ober⸗ und Untergrombach ein ſchweres Unwetter mit Regenſchauer und Hagelſchlag nieder. Die Getreide⸗ felder ſind wie gewalzt. Die Waſſermaſſen metertiefe Löcher in den Feldern auf. Die etwa ein Meter hohe Waſſermenge wälzte ſich nach Untergrombach her⸗ unter, wobei Telegraphenſtangen mitgeriſſen wurden. In Untergrombach wurden faſt alle Keller unter Waſſer geſetzt und viele Vorräte vernichtet. Im Gaſthaus zum Engel ſind allein über 10 000 Liter Wein mitgeſchwemmt worden. Um 8 Uhr abends wurde die Autoſpritze von Bruchſal zu Hilfe gerufen, die die ganze Nacht mit Aus⸗ pumpen der Keller beſchäftigt war. Die beiden Gemarkun⸗ gen bilden ein Bild der Verwüſtung. Der Schaden iſt noch unüberſehbar. a Niedereſchach bei Villingen.(Tödlicher 8 Der 23 Jahre alte Sohn des Landwirts Johann Schuler wurde in dem zwiſchen hier und Kappel gelege⸗ nen Steinbruch von einem Stein ſo heftig an dem Kopf getroffen, daß er ſofort tot war. 1 Ittlingen bei Eppingen.(Gewitterſchäden an den Obſtbeſtänden.) Ein heftiges Gewitter entlud ſich kürzlich hier. Der langanhaltende, ſehr ſtarke Regen richtete an den Obſtbäumen und in vielen Kartoffeläckern großen. bis jetzt noch unüberſehbaren Schaden an. wühlten Un⸗ Badiſcher Landtag. Haushaltsausſchuß.— Geſchäftsordnungs ausſchuß. Karlsruhe, 17. Juli. Der Haushaltsausſchuß des badiſchen Land⸗ tages nahm in ſeiner letzten Sitzung vertrauliche Mittei⸗ lungen des Miniſters des Innern über die wirtſchaftliche Lage der landwirtſchaftlichen Organiſatio⸗ nen entgegen, die landwirtſchaftliche Kredite erhalten haben, für die der Staat die Bürgſchaft übernommen hat. Ein von der Bürgerlichen Vereinigung eingebrachter An⸗ trag, die Winzerkredite zu verlängern, wurde für er⸗ ledigt erklärt durch die Mitteilung der Regierung, daß die am 31. Dezember 1926 fälligen Winzerkredite bis 31. Dezember 1928 verlängert worden ſeien. Die dem Aus⸗ ſchuß unterbreiteten Rechnungsnachweiſungen für die Jahre 1923 und 1924 wurden für unbeanſtandet erklärt. Der Geſchäftsordnungsausſchuß des badi⸗ ſchen Landtages hielt ebenfalls eine Sitzung ab. Er ſtellte das Erlöſchen des Mandats des Ab⸗ geordneten Ignaz Goerlacher(3.) durch deſſen Tod feſt und beſtätigte auf Grund der Wahlakten die Nachfolgerſchaft durch Frl. Maria Beyerle, Oberlehrerin in Konſtanz und Vorſitzende des Vereins katholiſcher badiſcher Lehrerinnen. Der Berichterſtatter des Geſchäfts⸗ ordnungsausſchuſſes, Abg. Obkircher(D. Vp.) wird dieſes Ergebnis dem Landtag in ſeiner nächſten Sitzung mitteilen. Weiter faßte der Geſchäftsordnungsausſchuß den Beſchluß, daß jeder Abgeordnete das Geſetz⸗ und Verordnungsblatt mit dem Grund- und Gewerbeſteuer⸗ geſetz und dem Gebäudeſonderſteuergeſetz erhalten ſoll. Aus Nah und Fern. Oggersheim.(Von Erdmaſſen vergraben.) Einen folgenſchweren Unfall erlitt nachmittags der 26 Jahre alte Erdarbeiter Karl Frank aus Landau, zuletzt hier wohnhaft, welcher vor dem Turnerheim Jahn mit Kanaliſationsarbeiten beſchäftigt war. Er ſprang nach Be⸗ endigung des ſtarken Gewitterregens wieder in den Schacht und wurde, weil das Abwaſſer derweilen die ſeſte Erd⸗ maſſe unterwühlt hatte, durch Abrutſch der Erdmaſſen bis an die Bruſt begraben, ſodaß er nur ſchwer aus ſeiner gefahrvollen Lage befreit werden konnte. Er trug neben leichten Quetſchungen auch einen komplizierten doppelten Beinbruch davon. Speyer.(Liebespärchen auf Raubzügen.) In der Nacht logierten ſich zwei Liebespärchen unberech⸗ tigter Weiſe in einem auf dem Rhein an Land befind⸗ lichen Schleppſchiff der Firma Kirrmeier ein. Sie er⸗ brachen die Türe zur Kajüte und nahmen am nächſten Morgen einen Anzug und den Lebensmittelvorrat mit. Germersheim.(Neuerliche Arbeitseinſtel⸗ lung der Einebnungsarbeiten in Germers⸗ heim.) Die erſte Submiſſion der Einebnung wird mit Ablauf dieſer Woche zum Abſchluß gebracht. Die Ar⸗ beiten ſind ſoweit durchgeführt, daß in den letzten Tagen nur noch eine Firma beſchäftigt war und die Schleifungs⸗ arbeiten eingeſtellt werden müſſen, bis weitere Mittel flüſſig ſind. Die kürzlich verbreitete Notiz über die Be⸗ 5 5 von weiteren 500 000 Mark beruht auf einem rrtum. Landau.(Ein Wüſtling.) Feſtgenommen wurde hier ein Wüſtling, der am 2. Juli auf dem Wege von Alten⸗Bamberg nach Bingert die Witwe Anna Decker von Bingert unter Bedrohung mit einem Meſſer be⸗ raubt und vergewaltigt hatte. Es iſt dies der vom Unter⸗ ſuchungsrichter Kaiſerslautern ſteckbrieflich verfolgte Zu⸗ ſchneider Ludwig Heiſt aus Pirmaſens. Landau.(Franzöſiſches Kriegsgericht.) We⸗ gen Mißhandlung eines deutſchen Poſiziſten aus Neu⸗ ſtadt hatte ſich der franzöſiſche Soldat Henri Chardon zu verantworten. Am 7. Juni abends nach 10 Uhr ver⸗ ließ Chardon das franzöſiſche Kaſino in Neuſtadt mit zwei Freunden. Unterwegs begegneten ſie drei jungen Leu⸗ ten aus Neuſtadt, denen Chardon Zigaretten anbot und mit denen er in ein Geſpräch kam. Im Laufe der höchſt einfältig geführten Unterhallung fielen die Worte„Spitz⸗ bub“ und„Franzos kaputt“, worauf Chardon auf die Burſchen einhieb. Als ſich in der Kunigundenſtraße, wo ſich der Vorfall abſpielte, eine größere Menſchenmenge an⸗ ſammelte, telephonierte einer der Anwohner an die Po⸗ lizei. Der dienſttuende Wachtmeiſter Max Wappler wollte die Regimentsnummer Chardons feſtſtellen. Dabei ver⸗ ſetzte ihm Chardon von rückwärts einen Schlag ins Geſicht und hieb noch mit ſeinem Leibriemen auf ihn ein. Jetzt griff Wappler zur Verteidigungswaffe, nachdem noch ein anderer Poliziſt zu Hilfe gekommen war. Der Zwiſchen⸗ fall wurde ſofort beigelegt. In der Gerichtsverhandlung war nun der Verteidiger des Soldaten, ein franzöſiſcher Offizier, der Anſicht, daß die„deutſche Polizeiuniform für einne franzöſiſchen Soldaten garnichts bedeutet“ wogegen ſich der Staatsanwalt ſehr energiſch wandte. Auch ein franzöſiſcher Gendarm vertrat als Sachverſtändiger die Anſicht, daß ein deutſcher Poliziſt„kein Recht über einen franzöſiſchen Soldaten“ habe; er könne die Perſonalien desſelben nur mit ſeiner Einwilligung notieren. Chardon wurde mit vier gegen eine Stimme für ſchuldig erklärt und in Anrechnung mildernder Umſtände zu 15 Tagen Gefänanis mit Bewährunasfriſt verurteilt. Mainz.(Ertrunken.) Mehrere junge Leute be⸗ gaben ſich auf die Ingelheimer Aue, um zu baden. Als ſie abends den Heimweg antreten wollten, wurde einer der jungen Leute, ein 15 jähriger Lehrling aus Finthen, ver⸗ mißt. Die übrigen Beteiligten fanden ſeine Kleider am Afer, und warteten noch etwa zwei Stunden. Als der Vermißte noch immer nicht zurückkam, begaben ſie ſich zur Polizei und machten Anzeige. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß der Junge, der des Schwimmens nicht kundig geweſen ſein ſoll, beim Baden in den Strom geriet und erteunken iſt. f Gießen.(Ein ſchwerer Autounfach, bei dem eine junge Frau das Leben verlor, ereignete ſich auf der Landſtraße Grünberg— Gießen. Der Brauereibeſitzer A. Denningshoff von Gießen hatte ſich mit ſeiner Familie und zwei bekannten Herren aus Weſtfalen im Auto nach Kiſſingen begeben. Als ſie ſich auf der Rüclfahrt zwiſchen Grünſtadt und Gießen befanden, kam der Wagen an einer ſcharfen Straßenkurve von der Landſtraße ab auf das Feld und ſtieß dort gegen eine eiſerne Stütze der elektriſchen Ueberlandleitung. Dabei wurde die mitfahrende Tochter Denninghoffs, eine in Offenbach verheiratete Frau Collin, mit dem Kopfe gegen den Eiſenmaſt geſchleudert und war auf der Stelle tot. Ihr dreijähriges Töchterchen, ihr Vater und ihr Bruder blieben unverletzt, während ihre Mutter und die beiden Herren aus Weſtfalen leichte Verletzungen erlitten. N 1 Lokales und Allgemeines. Seckenheim, 19. Juli. Der gestrige Sonntag war der wärmſte und ſchwülſte Tag bis jetzt in dieſem Sommer. Die Temperatur ſtieg auf 30 Gr. C. Wer nicht vorzog in den Fluten des Neckars unterzutauchen, verkroch ſich am beſten in den kühlſten Winkel in ſeiner Behauſung und machte es ſich da bequem, denn zum Ausflügemachen oder Spazieren⸗ gehen war der Tag nicht geeignet. Wer es trotzdem unternahm, kam auch gebadet nach Hauſe. Den Land⸗ mann hielt die Hitze nicht ab, die Ernte zu bergen, die dieſes Jahr ſo reichlich ausfällt; dazu gehört natürlich trockenes Wetter. Trotzdem wäre ein kurzer vorüber⸗ gehender Regen zur Auffriſchung der übrigen Gewächſe ſehr von nöten. „Kurzarbeiterfürſorge. Durch Anordnung des Reichs⸗ arbeitsminiſters iſt die Kurzarbeiterfürſorge, die ur⸗ ſprünglich am 3. Juli enden ſollte, bis zum 27. Novem⸗ ber verlängert worden. Bisher konnte die Kurzarbeiter⸗ unterſtützung den Arbeitnehmern des gleichen Betriebes nur für ſechs aufeinanderfolgende Kalenderwochen ge⸗ währt werden. Dieſe Beſchränkung entfiel ab 4. Julf. Wenn aber aus irgendeinem Grund die Kurzarbeiterunter⸗ ſtützung für vier und mehr Kalenderwochen unterbrochen worden iſt, ſo müſſen erneut alle Vorausſetzungen zur Berechtigung des neuerlichen Bezuges geprüft werden. belgiſchen Seebäder beſuchen, müſſen möglichſt vorher Ver⸗ abredungen über Penſionspreiſe treffen, um nicht die Enttäuſchung zu erleben, daß ihnen, wie das jetzt allge⸗ mein üblich zu ſein ſcheint, ihr Aufenthalt in den See⸗ bädern nicht in belgiſchen Franken, ſondern in deutſcher Reichsmark berechnet wird. Schützt den Wald gegen Brandgefahr! Der Beginn der wärmeren Jahreszeit, welche im Walde häufig Dürre und Trockenheit verurſacht, begünſtigt im Walde, beſonders aber in den Kulturen und Dickungen, die Entſtehung von Waldbränden, die häufig durch Unachtſamkeit entſtehen. Ein weggeworfenes brennendes Streichholz, ein glimmender Zigarren⸗ oder insbeſondere Zigarettenſtummel genügt, um Daher muß das Rauchen, ſowie das Abkochen und Feuer⸗ anzünden unbedingt im Walde unterbleiben. ö Vorſicht beim Anbringen von Hängematten. Bei dem warmen Sommerwetter ziehen die erholungsbedürfti⸗ gen ſoviel wie möglich hinaus in die kühlen Wäl⸗ der. Da ſei auf einen Uebelſtand aufmerkſam gemacht, der ſich vielfach bei den Anbringen von Hängematten ergibt. Durch die Reibung der Stricke, namentlich wenn es ſich um noch junge Baumanlagen handelt, leidet die Rinde der Bäume und es entſtehen Einſchnitte, die auf den Baum nachteilig wirken. Wer ſeine Hängematte benutzen will, ſuche ſich daher möglichſt ſtarke, ältere Bäume aus und lege zwiſchen den Baum und die Hängematte am beſten einen Streifen Lederpappe. 8 Zeugniſſe für ausgeſchiedene Beamte. Wie in einem gemeinſamen Runderlaß des Preußiſchen Miniſters des Innern und des Finanzminiſters ausgeführt wird, iſt Klage darübet geführt worden, daß von einzelnen Dienſt⸗ ſtellen über ausgeſchiedene Beamte und Angeſtellte, die ſich um eine Anſtellung im Privatdienſt bewerben, die Auskunft verweigert und ihnen dadurch das Fortkommen erſchwert worden ſei. Die Miniſter machen daher, dem Amtlichen Preußiſchen Preſſedienſt zufolge, darauf auf⸗ geſchiedene Beamte und Angeſtellte nichts einzuwenden iſt und erklären ſich damit einverſtanden, daß nach der für die. der Perſonalabbauverordnung ausgeſchie⸗ denen Beamten uſw. getroffenen Regelung auch hinſichtlich der ſonſtigen ausgeſchiedenen Beamten, Angeſtellten und Arbeiter verfahren wird. Für die Ausſtellung der Zeug⸗ niſſe iſt nur der Behördenleiter oder ſein geſetzlicher Stell⸗ vertreter zuſtändig. Zeugniſſe über noch im Dienſt befind⸗ liche Beamte dürfen im allgemeinen nur auf Erſuchen an⸗ derer Behörden ausgeſtellt werden, ſo daß hier in der Regel die Form einer einfachen Auskunft und nicht die eines Zeugniſſes zu wählen ſein wird. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, entſprechend zu verfahren. 0 digte Verſorgungsberechtigte können nach der kürzlich vom Reichstage beſchloſſenen Novelle zum Reichsverſorgungs⸗ geſetz den Beamtenſchein nach Ablauf der Friſt dann noch beantragen, wenn die Vorausſetzungen für ſeine Gewäh⸗ rung erſt ſpäter eintreten. Der Antrag muß binnen ſechs Monaten nach dem Eintritt der Vorausſetzungen ange⸗ meldet werden. N 5 . Münzprägungen. Im Juni wurden im Deutſchen Reich an Münzen neu geprägk: 16 Millionen Zwei⸗ und 0,6 Millionen Dreimarkftücke, ſowie 0,55 Millionen Fünf⸗ zigpfennigſtücke. Der Geſamtumlauf beträgt nunmehr 264,75 Millionen Ein⸗, 126,62 Millionen Zwei⸗, 152.32 ner 2,79 Millionen Ein⸗, 5 Millionen Zwei-, 2773 Millionen Fünf⸗ 56,86 Millionen Zehn⸗ und 109,85 Mil⸗ lionen Fünfzigpfennigſtücke. 1 4 Nach⸗ und Rückſendungsvermerke auf Brieſſendun⸗ gen. Die Poſtanſtalten ſind erneut angewieſen worden, die Vorſchriften für die Nach⸗ und Rückſendung von Brief⸗ ſendungen und über die Behandlung unzuſtellbar zu⸗ rückgekommener Sendungen genau zu beachten. Namentlich ſollen die Unzuſtellbarkeitsvermerke auf Druckſachen uſw., deren Nachſendung der Abſender ausgeſchloſſen hat, richtig zeichniſſe der Verſender richtigzuſtellen. merzeit muß auf eine von Kindern, aber auch von Erwach⸗ ſenen oft geübte Unſitte hingewieſen werden, die höchſt gefährlich werden kann. Einen ſchönen Anblick bietet zur Zeit ein wogendes Aehrenfeld. Spaziergänger gehen an ihm entlang, laſſen die Aehren durch die Finger glei⸗ ten und ziehen ſchließlich eine de ſelben aus, um gedan⸗ kenlos die Körner in den Mund zu ſtecken. Eingehende Forſchungen haben aber ergeben, daß viele Gräſer, vor allem aber unreife Gerſtenkörner, einen Saft bergen, der, ins Blut übergehend, eine krankhafte Veränderung des Zellengewebes erzeugt und Urſache der unheilbaren Strahlenpilzkrankheit werden kann. Nur eine ſofortige Operation kann die Gefahr beſeitigen. Meiſt aber wird aus Unkenntnis die Geſchwulſt, die ſich bildet, nicht wei⸗ wird. ilt es zu ſpät. — Deutſche in belgiſchen Bädern. Deutſche, die die einen Brand von kataſtrophaler Ausdehnung zu entfachen. merkſam, daß gegen die Erteilung von Zeugniſſen an aus⸗ — Beamkenſchein für Schwerbeſchädigte, Schwerbeſchäj⸗ Millionen Drei⸗ und 8,42 Millionen Fünfmarkſtücke; fer⸗ und vollſtändig ſein, da die Ausſchließung der Nachſendung bei Druckſachen meiſt verlangt wird, um die Anſchriftenver⸗ Warp ung vor dem Strahleupilz. Zur jetzigen Som⸗ ter ernſt genommen, und wenn dann die Gefahr erkannt 1 größten deutſchen Reedereien und ein zum der chemiſchen Induſtrie. Hier iſt in wiſſenſchaft⸗ Wiriſchaftliche Wochenſchau. Die Transaktionen bei der Hamburg⸗Amerika⸗Linie und dem Norddeutſchen Lloyd.— Erſtarken der chemiſchen Induſtrie.— Internationale Eiſenverhand⸗ lungen.— Die Stabili ierungsverſuche in Frankreich. Monatelang ſtanden an den deutſchen Börſen die Ak⸗ tien der Hamburg⸗Amerika⸗Linie und des Nordd eutſchen Lloyd im Vordergrund des Intereſ⸗ ſes. Täglich tauchten neue und völlig neuartige Gerüchte und Nachrichten über die Arſachen einer ſtarken Kauftätig⸗ keit und bemerkenswerten Kursſteigerung am Markte dieſer Papiere auf. Ganz offenſichtlich ging hier etwas vor, doch war es ſelbſt der Börſe unmöglich, den Schleier des Ge⸗ heimniſſes zu lüften, der über dieſen Transaktionen lag. Auch jetzt, nachdem die beiden Großreedereien ihre außer⸗ ordentlichen Generalverſammlungen für Anfang Auguſt einberufen und ganz gleichmäßig eine Erhöhung ihrer Ak⸗ tienkapitalien bis auf je 75 Millionen Reichsmark ange⸗ kündigt haben, weiß man eigentlich noch nicht recht, wel⸗ ches die letzten Ziele der zwiſchen beiden Verwaltungen ge⸗ troffenen Vereinbarungen und der völligen Gleichartigkeit der finanziellen Transaktionen ſind. Offenſichtlich bereitet ſich hier ein engeres Zuſammengehen der beiden ver⸗ ſtärkter Ausbau dieſer Anternehmungen vor. Man muß es unſeren Hanſeaten laſſen, daß ſie, die durch den Ver⸗ ſailler Vertrag mit am allerſchwerſten geſchädigt wurden, mit bewundernswertem Mut und geradezu erſtaunlicher Zähigkeit den Wiederaufbau ihrer Wirtſchaftsintereſſen betrieben und ihr bisheriger Erfolg in dieſer Richtung der deutſchen Geſamtwirtſchaft bereits unendliche Dienſte ge⸗ leiſtet hat. Ein zweites Gebiet, deſſen Leiſtungen jedem Deutſchen Stolz und neuer Zuverſicht erfüllen, iſt dasjenige licher wie in techniſcher Beziehung ſeit dem Kriege wieder ganz Bedeutendes geleiſtet worden.— Die Eigenart der Fabrikation in der chemiſchen Induſtrie und die Gefahr der ausländiſchen Wirtſchaftsſpionage bringt es mit ſich, daß die breitere Oeffentlichkeit von den hier erzielten Fort⸗ ſchritten nicht immer bis in alle Einzelheiten unterrichtet werden kann. An zahlreichen Symptomen erkennt man aber deutlich ein gewaltiges Erſtarken dieſes In⸗ duſtriezweiges. Nicht zuletzt beweiſt das ſtarke In⸗ tereſſe des Auslandes, daß die deutſche chemiſche Induſtrie ihre überragende Stellung ſchon längſt wiedergewonnen hat, und daß auch die widerrechtliche Ausnutzung ihrer Patente durch das Ausland während der Kriegszeit nicht hingereicht hat, um in Amerika, Japan und anderen Län⸗ dern eine vollwertige Konkurrenz auf die Beine zu ſtellen. Faür die Börſe bedeuten dieſe Transaktionen ebenſo wie der ausſichtsreiche Stand der in Paris ſtattfindenden internationalen Eiſenverhandlungen natur⸗ gemäß eine ſtarke Anregung. Gewiß ſteht bei vielen Indu⸗ ſtriepapieren ſchon jetzt das erreichte Kursniveau nicht mehr recht im Einklang mit ihrer gegenwärtigen Beſchäftigung und Rentabilität. Die Börſe escomptiert, wie der Fach⸗ mann ſagt, die Zukunftschancen. Begünſtigt wird ſie aller⸗ dings hierin durch die flüſſige Lage des inländiſchen Geld⸗ marktes. Allerdings iſt nicht zu leugnen, daß in weiten Publikumskreiſen das Spekulationsfieber in den letzten Wochen einen Umfang erreicht hat, der ſchon ſtark an die wilden Hauſſen der Inflationszeit erinnert. Hierin liegt der Keim gelegentlicher ſtarker Rückſchläge der Bör⸗ ſenkonjunktur, denn die zahlreichen Mitläufer ſetzen zum Teil jenen Reſt ihres Vermögens aufs Spiel, den ſie aus der Kriegs⸗ und Inflationszeit herüber gerettet haben. Von beſonderem Einfluß auf die Weiterentwicklung der Börſenkonjunktur wird naturgemäß auch der Verlauf der Stabiliſierungsverſuche in Frankreich 920 Caillaur hat in London ein Abkommen über die franzöſiſchen Schulden abgeſchloſſen, das von der Not des Augenblicks diktiert wurde. Zweifellos hat Frank⸗ reich hierbei auch Zugeſtändniſſe politiſcher Natur machen müſſen, die England verwenden wird, um alte Dankes⸗ ſchulden an Italien aus der Zeit der Moſſulfrage abzu⸗ tragen. Das franzöſiſch⸗engliſche Schuldenabkommen iſt für die franzöſiſche Seite in vielen Punkten nicht ſehr gün⸗ ſtig und verſchiebt wichtige Entſcheidungen auf ſpätere Zeiten. Bemerkenswert iſt die Tatſache, daß in dem fran⸗ zöſiſchen Kurort Antibes an der Riviera zur Zeit eine Anzahl führender Finanzleute„rein zufällig“ verſam⸗ melt ſind, die offenbar ſich nicht nur vom Wetter. ſondern von ſehr gewichtigen finanzpolitiſchen Dingen unfkerhal⸗ ten. Zu ihnen gehören der Gouverneur der Bank von Eng⸗ land Montague Norman, der Präſident der Förderal Re⸗ ſervebanken Newyork, Strong, der Reparationsagent für Deutſchland Gilbert und der Gouverneur der Bank von Frankreich Moreau. Das Zuſammentreffen dieſer Män⸗ ner iſt nicht nur für die Stabilisierung der franzöſiſchen Währung, ſondern auch für eine eventuelle Reviſion des Dawesplanes außerordentlich bedeutſam. ü Notwehr. „Der Menſch kommt zuweilen ohne daß er es will in Lagen, wo er ſich„ſeiner Haut wehren“ und zur Selbſt⸗ hilfe greifen muß. Wenn er das tut, ſo iſt es ſein gutes Recht. Aber es iſt auch ſelbſtverſtändlich, daß er dabei die Grenzen nicht überſchreiten darf; denn ſonſt macht er ſich ſtrafbar. Unter der ſchwachen Staatsanwalt des Mit⸗ telalters, beſonders in der„kaiſerloſen, ſchrecklichen Zeit“ wovon der Dichter ſingt, konnte die Selbſthilfe in Geſtalt von Fehde und Fauſtrecht zu üppiger Blüte gedeihen. Macht ging damals vor Recht. In der heutigen Zeit iſt die Selbſthilfe geſetzlich weſentlich eingeſchränkt; immer⸗ hin iſt davon noch ein Reſt geblieben. Grundſätzlich darf ſich heute niemand durch eigene Macht oder Gewalt Necht verſchaffen und zur Selbſthilfe greifen, es ſer denn, daß die Staatshilfe zu ſpät kommen würde. Gilt dies ſchon in gewiſſer Weiſe für die Selbſthilfe, ſo muß es noch weit mehr für die Selbſtverteidigung, die Notwehr gel⸗ ten. Wer in gebotener Notwehr handelt, den trifft weder eine Entſchädigungspflicht, noch iſt er ſtrafbar. Notwehr iſt nicht nur zum Schutze von Leben, Leib und Freiheit geſtattet, ſondern auch bei Angriffen ge⸗ gen das Vermögen oder die Ehre. Em paar Beiſpiele, bei denen reichsgerichtliche Entſcheidung herbeigeführt wor⸗ den iſt, mögen zeigen, wann Notwehr geboten ſein kann. Ein Hauswirt hatte einen„rückenden“ Mieter, der mit der Miete rückſtändig war, eine Stunde eingesperrt, weil er ihn mit einem gefährlichen Gegenſtand auf den Kopf geſchlagen halte und wilde Drohungen ausſtieß. Er wurde wegen Freiheitsberaubung angeklagt. Das Gericht ſprach ihn aber frei, weil er in Notwehr gehandelt habe, teils um ſich vor weiteren Schlägen zu ſchützen, teils um ſein Vermögensrecht an den Sachen des Mieters zu retten mit denen der Mieter abziehen wollte. Wenn der Hauswirt mit dem Einſchließen auch zum Angriff übergegangen iſt, ſo ſei ſein Verhalten doch nur als Verteidigung zu be⸗ trachten; denn einem gegenwärtigen an ſich rechtswidrigen Angriff kann häufig nur dadurch begegnet werden, daß auch der Angegriffene zum Gegenangriff ſchreitet. Geht zum Beispiel ein Knecht auf den Bauern mit einer Wagen⸗ runge los, um ihn zu erſchlagen, und kommt dieſer dem Angreifer zuvor, ſticht ihn nieder, ſo handelt er in Not⸗ wehr und geht ſtraffrei aus. Er braucht mit seiner Ab⸗ wehr nicht erſt zu warten, bis ihm eine Verletzung zu⸗ gefügt iſt. Schießt aber einer hinter einen Dieb her, der ſchon auf der Flucht mit dem ihm geſtohlenen Gelde iſt, ſo iſt er nicht in der Notwehr; denn den Angriff auf das Vermögen hatte der Dieb ſchon vorher gemacht. Immerhin aber könnte das Gericht einen ſolchen Schuß auch als zuläſſige Selbſthilfe ſtraffret erachten. Eine Verteidigung iſt aber nur dann Notwehr, wenn der Angriff gegen den ſie ſich wehrt, rechtswidrig iſt. Wer ſich ſeiner Verhaftung widerſetzt, die ein Beamter in recht⸗ mäßiger Ausübung ſeines Amtes vornimmt, handelt nicht in Notwehr, ſondern macht ſich des Widerſtandes gegen die Staatsgewalt ſchuldig, auch wenn er die Tat nicht be⸗ gangen hat, die ihm der Haftbefehl zur Laſt legt. Anders liegt es natürlich, wenn ein Beamter tut, was nicht ſeines Amtes iſt. Pfändet zum Beiſpiel ein Steuerbeamter aus einem Zivilurteil, was nur Sache des Gerichtsvollziehers iſt, ſo wäre eine Abwehr der Pfändung als eines rechts⸗ widrigen Angriffes ſtrafloſe Notwehr. Ob auch die Ver⸗ teidigung gegen ein angreifendes Tier Notwehr iſt, darüber gehen die Gerichtsurteile auseinander. Jedenfalls iſt ſie es dann, wenn das Tier von einem Menſchen zum An⸗ griff benutzt wird. Wer den Hund erſchlägt oder erſchießt, der auf ihn gehetzt wird, verteidigt ſich gegen den Angriff des Hetzers. g 8 Zuläſſig iſt aber in jedem Falle nur diejenige Abwehr, die nach Lage der Sache erforderlich iſt, nicht die, die der Angegriffene, vielleicht deswegen, weil er ein beſonders ängſtlicher„Bangbüchs“ iſt, darüber hinaus für erforder⸗ lich hält. Eine Verantwortung für ſolche Ueberſchreitungen der Notwehr bleibt nur dann ausgeſchloſſen und gehl ſtraffrei aus, wenn ſie auf Beſtürzung, Furcht oder Schrek⸗ ken zurückzuführen iſt. Kleine Chronik. a Die undurchführbare Junggeſellenſteuer. Athen wird berichtet: Auf Weiſung des Generals Pan⸗ galos wurde die jüngſt verordnete Beſteuerung von Jung⸗ geſellen wieder rückgängig gemacht. Eine ſolche Beſteuerung hat ſich als undurchführbar erwieſen. a Ehebruch bei Mondſchein. Bei einem Eheſchei⸗ dungsprozeß, der in London verhandelt wurde, ſpielte der Mond in der Beweisaufnahme eine große Rolle. Die beklagte Ehefrau ſollte nämlich bei Mondſchein mit ihrem eigenen Schwager gewiſſe Zärtlichkeiten ausgetauſcht ha⸗ ben, die ihrem Ehegemahl als etwas zu weitgehend erſchienen. Der Mann behauptete, die Frau beſtritt. ks kam nun darauf an, feſtzuſtellen, ob es an dem bewuß⸗ ten Abend überhaupt hell genug geweſen war, um auf ziemliche Entfernung andere Menſchen im Grünen be⸗ obachten zu können. Ein Aſſiſtent der Sternwarte, der als Sachverſtändiger vernommen wurde, meinte, es ſet min⸗ deſtens nicht leicht, in einer nicht übermäßig hellen Sep⸗ tembernacht zu kontrollieren, innerhalb welcher Grenzen ſich die Unterhaltung zweier Liebesleute abſpielte. Von entſcheidender Bedeutung war jedoch die Ausſage der Ehe⸗ frau, die erklärte, ſie denke nicht daran, ſich mit ihrem Schwager einzulaſſen. Sie habe genug von einem Mit⸗ glied der Familie. Der Richter ſtimmte ihr hierin bei. a Spiritiſtenſiungen in Pyram den. Eine Geſell⸗ ſchaft engliſcher Spiritiſten beabſichligt, wie man aus Eng⸗ land hört, ſich Ende Oktober nach Aegypten zu begeben, um in der großen Pyramide von Cheops Sitzungen ab⸗ zuhalten. Die Sitzungen ſollen in der Königskammer, dem innerſten Teile der Pyramide, in völliger Dunkelheit ab⸗ gehalten werden und den Zweck haben, feſtzuſtellen, ob die Pyramiden, wie vielfach geglaubt wird, nach einem be⸗ ſtimmten Plan gebaut worden ſind, deſſen architektoniſche Verhältniſſe einen Schlüſſel zu den großen hiſtoriſchen Kri⸗ ſen der Welt bieten. Die Geſellſchaft beabſichtigt ferner, ſich an den Ort zu begeben, wo der Prophet Jeremias geſteinigt worden ſein ſoll, um dort zu verſuchen, mit ſei⸗ nem Geiſt in Verbindung zu treten. a 75 Eheſcheidungen in einer Stunde. Den Rekord aller richterlichen Leiſtungen hat der Richter G. H. Ho⸗ vard vom Fulton Superior Gericht in Atlanta erreicht. Er hatte an einem einzigen Tage 75 Eheſcheidungen zu erledigen. Der Richter Hovard machte in des Wortes verwegenſter Bedeutung kurzen Prozeß, denn in der Ab⸗ 1100 mit allen dieſen 75 Eheſcheidungen fertig zu werden, ragte er nur die erſchienenen ſcheidungsluſtigen Eheleute nach der Urſache und den Zeugen nach der Tatſache, ob der Grund zur Eheſcheidung werklich vorhanden iſt. Ir⸗ gendwelche Ausführungen der Beteiligten ließ er nicht zu, ſondern begnügte ſich vollkommen damit, nur das rein Tatſächliche feſtzuſtellen. Auf dieſe Weiſe gelang es ihm, ſämtliche 75 Scheidungen in etwas mehr als einer ein⸗ zigen Stunde durchzuführen. Am Schluſſe der Sitzung ſprach der Nichter Hovard die bemerkenswerte Worte: „Das war erſichtlich eine ſegensreiche Stunde, denn ich habe 150 Menſchen offenbar glücklich gemacht.“ Ob die Geſchiedenen ebenſo denken, läßt ſich nicht ſeſtſtellen. Aus der Tatſache aber, daß alle nach der Eheſcheidung gierig walten, kann man erſehen, daß der Richter mit ſeiner Auf⸗ faſſung im Recht iſt. „I Die Raiſe um die Welt. Die amerilaniſchen Welt⸗ flieger Evans und Wells, die mit ihrem Flug um die Welt einen Rekord brechen wollten, kamen in Newyork an. Sie vollendeten den Flug um die Erde in 23 Tagen und vierzehneinhalb Stunden. Die bisherige ſchnellſte Reiſe um die Erde wurde im Jahre 1913 in 35 Tagen ohne Flugzeug durchgeführt. a Ein blutiges Drama hit ſich auf einem Bauern hofe in der Nähe von Bordeaux abgeſpielt. Em Pächter nahm ſich nach ſcharfen Auseinanderſetzungen mit dem Beſitzer das Leben; der Sohn, der glaubte, der Beſitzer habe ſeinen Vater ermordet, erſchoß den Beſitzer, verletzte deſſen Schwiegerſohn und ein keines Mädchen ſchwer, das zufällig in der Nähe war, und beging dann Selbſtmord. i Merkwürdige Einbrüche. In Dublin wurden von einer Gruppe bewaffneter Männer mehrere Einbrüche in Wohnungen von Geldverleihern ausgeführt. Es wurden dabei lediglich Schriftſtücke und Bücher, aber kein Geld entcendet. Die geraubten Schriftſtücke beſtanden in Kaſ⸗ enbüchern, Schuldſcheinen und anderen Dokumenten, die auf gechährte Darlehen Bezug hatten. Redaktion, Druck und Verlag: 5 Zimme monp M. Inb. G. Hördle, Seckenbeim a. N. Aus — Aumiliche ehanntmachungen. Frau f ö Die Bekämpfung der Maul⸗ 5 und Klauenſeuche. Nachdem in dem Hofgut Kirſchgartshauſen die Maul⸗ und Klauenſeuche ausgebrochen iſt, werden folgende Anordnungen getroffen: 5 A. Sperrbezirk. Das Hofgut Kirſchgartshauſen bildet einen Sperrbezirk i. S. der 88 161 ff. der Ausführungs⸗ vorſchriften des Bundesrats zum Reichsviehſeuchen⸗ geſetz. 80 N B. 15 km Umkreis. In den Umkreis von 15 km vom Seuchenort Kirſchgartshauſen entfernt(8 168 der Ausführungs⸗ vorſchriften zum Reichsviehſeuchengeſetz) fallen ſämtliche Gemeinden in dieſer Umgebung. Mannheim, den 17. Juli 1926. 5 Bad. Bezirksamt— Abt. IV. Freie Turnorſchaſl E. U. Secengelm. Unſere Mitglieder einſchl. der Kinder⸗ Abteilungen treffen ſich heute Abend 3 Uhr am Vereinshaus zum Abholen der Rreistlege. 5 Die Leitung. Can. Erenflperoin Beftongenn,, eingelragene lenoſenſchafl mit unboſchrüngter Haſlung. beluch f Näheres in der Der Kreditverein besorgt alle im Bankfach vorkommenden 5 Geschäfte, wie: 2 22 4 ö Junghühner J. Gewährung von Kredit in laufender Rechnung an Mitglieder ald egen ie ee 2. Führung laufender Rechnungen ohne Kreditgewährung fün 8 jedermann mit Ueberweisungs- und Scheckverkehr. Hoflügolßandlung b. Beih N Annahme von Spareinlagen mit höchster Verzinsung. Schloßſtraße 53 Diskontierung und Einzug von Wechseln. 5 An- und Verkauf von Wertpapieren. N Umwechslung fremder Geldsorten, Beschaffung von Devisel Zur monatlichen Zahlung der Goldmark-Geschäfts anteile zu verkaufen. Karl Theurer Hildaſtraße 69. S Kufeke, 2 Muffler, Hir Neſtle, Radolf und Mittwoch, den 21. Juli 1926, vorm. 9 Ahr . im Nathaus Seckenheim ö das Grundſtück Lgb. 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Fr. Wagner hachtl.— Inh. W. Föllstin. i b Erhältlich bei enen een 5 Bad. Notariat VII. a Wee 1 i 2 Gsorg Röser, Hauptstr. orudlerei des„ lelur-Bolen“