0 der a Bezugspreis: Für den Monat Juli 1.40 Goldmark, frei ins . Haus. Anzeigenpreis: Die einſpalt. Petitzeile 15 Goldpfg. Reklamen: 60 Goldpfg. Bei Wiederholung Rabatt. Beilagen: Alluſtriertes Unterhaltungsblatt(wöchentlich). „ fonlad, 26. Jul 1020 Dages- und Anzeigenblatt für Seckenheim und Umgebung Erſcheinungszeit: Täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und geſetzlichen Feiertage. Beſtellungen in der Geſchäftsſtelle Hildaſtraße 68 oder durch unſere Träger. Fernſprecher Rr. 16.— Poſtſcheckkonto 78439 Karlsruhe. Poincarees Wiederkehr. Von Abertauſenden gerufen und bejubelt betritt Poincaree nach zwei Jahren abermals die politiſche Bühne und diesmal in einem Augenblick, der ihn mit nicht ge⸗ ringer Schärfe an den 17. Januar 1913 erinnern muß, jenen Tag, an dem Sengt und Kammer Frankreichs ihn in Verſailles zum Präſidenten der Republik erwählten und Jaures ſeinen berühmten Ausſpruch tat:„Poin⸗ taree— das iſt der Krieg!“ Wie es ihn damals zur Revanche rief, ſo hat das franzöſiſche Volk ihn jetzt, nur tauſendfach leidenſchaftlicher und mit unver⸗ gleichlich ſtärkerer Mehrheit als damals, zur Hilfe ge⸗ rufen. Für Poincaree bedeutet dieſe Berufung keine Ueber⸗ raſchung. Schon ſeit nahezu einem Jahre hat er begon⸗ gen, ſein politiſches Auftreten aufs Neue vorzubereiten. ngeſichts der überwältigenden Mehrveit, mit der die Wählerſchaft des Landes ſich bei den Wahlen des Jahres 1924 von ihm abwandte, hielt er es für ſeine erſte Pflicht, auch jetzt noch nachdrücklich zu betonen, daß er durchaus zu ſeinen Handlungen ſtehe, deren angefochtenſte die Ruhrbeſetzung war, ja, er machte noch im Januar d. J. ſeinen Nachfolgern den Vorwurf, die franzöſiſchen Truppen zu früh von der Ruhr zurückgezogen zu haben. Andererſeits ließ ſich nicht verkennen, daß der Ton ſei⸗ ner Reden und ſeiner Argumentationen jetzt ſehr viel ruhiger geworden war, und daß er endlich darauf ver⸗ zichtete, jede Gelegenheit wahrzunehmen, die nationa⸗ liſtiſch⸗radikalen Inſtinkte aufs Neue aufzupeitſchen. Dieſe an Poinacree neuartige Miſchung aus der alten konſe⸗ guenten Anerbittlichkeit und einer gewiſſen Mäßigung — führte dann dazu, daß er von der Oppoſition ſchon zu 5 Anfang dieſes Jahres wiederholt als der einzige Politi⸗ ker bezeichnet wurde, der an der Spitze eines Kabinettes der nationalen Einheit Frankreich aus ſeiner finanziellen Miſere befreien könne. Es iſt eine Ironie des Schickſals, daß knapp zwei Jahre nach dem entſchiedenen Wahlſieg der Linken Poinacree nicht dank einer plötzlichen Ver⸗ ſchiebung des Kräfteverhältniſſes nach rechts, ſondern in⸗ folge des durch Herriots unbeſonnenen Vorſtoß herbei⸗ geführten Stimmungswechſel wieder zur Macht gelangte. Was den Fall beſonders pikant macht, iſt der Umſtand, daß es ausgerechnet Herriot war, der Poinacree wieder in den Sattel gehoben hat. Daß er es unfreiwillig tat, bedeutet eher eine Belaſtung als eine Entſchuldigung. Denn nichts ſpricht ſo ſehr gegen Herriot als die Ahnungs⸗ lloſigkeit, mit der er den Kampf gegen Briand⸗Caillaux entſchied. Poincarees Wiederkehr zeigt, daß nicht mehr die ihrer Parteizuſammenſetzung nach mehr oder weniger in⸗ tatt gebliebene Kammermehrheit, ſondern der Zufall den Gang der Ereigniſſe in Frankreich beſtimmt; dies kenn⸗ zeichnet zugleich den ſich inzwiſchen verſchobenen Schwer⸗ punkt. Das Finanzproblem beherrſcht ſo ſehr die Situation, daß außenpolitiſche Erwägungen, zum min⸗ deſten in dieſem Augenblick, überhaupt nicht in Frage kommen. Denn ſonſt müßte Poincarees Wiederkehr, die zweifellos eine außerordentlich ſchwere außenpolitiſche Be⸗ das außenpolitiſche Moment tritt, wie geſagt, jetzt gänz⸗ lich in den Hintergrund; eine Auswirkung kann dieſe Be⸗ laſtung immerhin nach erfolgter Stabiliſierung des Fran⸗ kenkurſes erfahren. Wie denn überhaupt die Gefahr der Wiederkehr Poincarees ſowohl innen⸗ wie außenpolitiſch ich in einem viel ſpäteren Zeitpunkt geltend machen ürfte. Einſtweilen wird Poincaree alles vermeiden, was ſeine Poſition nach innen wie nach außen erſchweren könnte und zweifellos mit der ihm eigenen Zähigkeit ver⸗ ſuchen, die ihm von der Rechten aufgezwungene Rolle eines Frankenretters zu rechtfertigen. Es muß zugegeben werden, daß die diesbezüglichen Ausſichten für Poincaree viel günſtiger ſind, als bei ſeinen Vorgängern. Dies gilt ganz beſonders inbezug auf die von Caillaur vergeblich verlangten Vollmachten. Was Caillaux, nicht zuletzt dank dem plumpen Angriff Herriot aus dem Hinterhalt, verſagt blieb, wird Poincaree vorausſichtlich ohne große Schwierigkeiten gewährt werden und zwar ſchon deshalb, weil die Wirkung dieſes Verſagens im alle Caillaux in ſo kataſtrophaler Weiſe zutage trat. Aeberdies dürften bei der Rechten neben politiſchen auch pſychologiſche Gründe maßgebend ſein, die Poincaree von vornherein die Möglichkeit bieten werden, Opfer zu verlangen und zu erhalten Hinzu kommt noch, das bis in das Lager der Linkspartei en herrichend Vir⸗ trauen in die ungewöhnlichen Fähigkeiten Poincarees. Da der Weg bis Poincaree ohne ſichtbaren Erfolg zurück⸗ gelegt wurde und ein Rückzug nicht leicht möglich iſt, ſo darf mit Beſtimmtheit damit gerechnet werden, daß man von vornherein geneigter ſein wird, ihm die Hinderniſſe aus dem Wege zu räumen. Es darf nicht vergeſſen wer⸗ den, daß Poincaree der letzte Einſatz iſt, nach deſſen evtl, Scheitern der Einbruch anarchiſtiſcher Zu⸗ ſtände nicht mehr aufzuhalten ſein wird. Außenpolitiſch iſt, wie geſagt, eine Aenderung der bisher befolgten Richtlinie zunächſt nicht zu e 1. warten: jeder diesbezügliche Verſuch würde ſofort Poin⸗ carees Rettungsaktion in Frage ſtellen. Anders dürfte es ſich allerdings nach einer evtl. erfolgreichen Durchfüh⸗ kung der Stabiliſierungsaktion, für die, wie wir geſehen haben, immerhin nicht ungünſtige Ausſichten beſtehen, verhalten. Dieſe evtl. Folgen dürften ſich jedoch nicht o bald auswirken. Weſentlich anders, würden dagegen die Verhältniſſſe auf innerpolitiſchem Ge⸗ biete liegen. Man ſtelle ſich vor, was das bedeuten würde, wenn es Poincaree in der Tat gelingen ſollte, den vor dem endgültigen Zuſammenbruch ſtehenden Fran⸗ ken in letzter Stunde zu retten! Eine Wiederkehr des nationalen Regimes würde in u. parbindern lein. 1 laſtung darſtellt, allgemeines Befremden erwecken. Allein 0 Drew öl noch Poincaree und Locarno. Iſt die Locarno⸗Politik gefährdet? Berlin, 26. Juli. Die Wiederkehr Poinacrees iſt nicht, dazu an⸗ getan, von Seiten Deutſchlands die Lage in Frankreich günſtiger zu beurteilen als beim Antritt der Miniſter⸗ präſidentſchaft Herriots. Die Zeiten des Ruhrkampfes ſind im deutſchen Volke, auch in der Arbeiterſchaft, nicht vergeſſen worden. Wenn man trotzdem in Ruhe die Entwicklung in Paris abwartet, ohne ein großes Ge⸗ ſchret gegen den Kriegshetzer Poincaree zu erheben, ſo geſchieht das ohne Zweifel aus der Erwägung heraus, daß in den beiden letzten Jahren die Entwicklung in Europa fortgeſchritten iſt und die Atmophäre der Bedrückung und der Knechtung als überwunden gelten darf. Die Zwiſchenzeit hat uns den Vertrag von Locarno„geſchenkt“ und wir wiſſen, daß einer der heftigſten Gegner der Briandſchen Ver⸗ tragspolilik der neue franzöſiſche Miniſterpräſident Pom⸗ caree geweſen iſt. Es erhebt ſich nun die Frage, ob Poin⸗ caree die Gegnerſchaft gegen Locarno fortzuführen gedenkt, oder ob er ſeine Methode ändert und gleich anderen franzöſiſchen Politikern ſich bemüht, Deutſchland gegenüber in Zukunft eine freundlichere Geſte zu machen. Ohne allen Zweifel iſt auch das bisherige franzöſi⸗ ſche Kabinett Briand⸗Caillaux ſeinen Verpflichtungen be⸗ züglich des Loacrno⸗Vertrages nicht in genügen⸗ der Weiſe nachgekommen. Die deutſchen amtlichen Stellen beruhigten die Oeffentlichkeit, in erſter Linie die Bevölkerung der beſetzten Gebiete immer wieder damit, daß ſie in den guten Willen Briands, die Zuſammenar⸗ beit Frankreichs und Deutſchlands auf politiſchem und wirtſchaftlichem Gebiete zu fördern, keinen Zweifel ſetz⸗ ten und das langſame Tempo der Rückwirkungen auf den ungeh: uren Einfluß der franzöſiſchen Generäle zurückführte. Derjenige franzöſiſche Politiker, der den Ein⸗ fluß des franzöſiſchen Militärs am meiſten begünſtigt und für die Durchführung ſeiner politiſchen Pläne benatzt hat, iſt wiederum der neue franzöſiſche Miniſterpräſi⸗ dent. Die Ausſichten, auf das Inkrafttreten der Locarno⸗ verträge rechnen zu können, müſſen daher auf den Null⸗ punkt zurückſenken, wenn nicht Briand auch in dieſem Kabinett das Außenminiſterium übernommen hätte. Mit ſeinem Namen iſt die Politik von Locarno eng verknüpft. Er wird nicht umhin können, dieſe Politik in der bis⸗ herigen Weiſe ſortzuſetzen. Trotzdem wird Poincaree mit ſeinen Hintermännern die Politik der Ver⸗ ſtändigung nur dann gutheißen und unterſtützen, wenn ſich die Notwendigkeit herausſtellt, nur auf dieſe Weiſe zu einer Stabiliſierung der Währung zu gelangen. 5 Deutſchlands Et wattungen. Der franzöſiſche Miniſterpräſident wird ſchon in den allernächſten Wochen Gelegenheit haben, ſeinen politiſchen Willen kundzutun, indem er dafür Sorge trägt, daß die bereits für dieſes Frühjahr zugeſagte Aufhebung der lächerlichen Militärkontrolle wenigſtens bis zum Herbſt und bis zum Eintritt Deutſchlands in den Völ⸗ kerbund aufgehoben wird. Weiterhin wird er ſeinen Ein⸗ fluß auf die militäriſchen Stellen der Beſatzungsmächte geltend machen können, um ſchnellſtens eine weitere Re⸗ duzierung der Beſatzungstruppen durchzuſetzen, wen gſtens in der Art, wie ſie Deutſchland ebenfalls laut der Vertragspolitit zugeſichert worden ſind. Denn nur mit der reſtloſen Erfüllung der Locarno⸗Politit vor der September⸗Tagung des Völkerbundes wird der Ein⸗ tritt Deutſchlands in die Völkerbunds⸗Organiſation er⸗ möglichen werden. f Blätter ſtimmen zum Kabinett Poincare. Das von Poincars gebildete Kabinett findet in der Preſſe eine ſehr ruhige Aufnahme. In manchen Blättern läßt ſich eine gewiſſe Enttäuſchung erkennen, ſo vor allem im„Echo de Paris“. Man erwartete von Poincaré etwas anderes als noch ein Experiment mit dem Stärkeverhältnis und der Zuſammenſetzung des Par⸗ laments. Immerhin ſei es ihm meiſterlich gelungen, die„Gegenſätzlichen“ zu vereinigen. Das Blakt fragt: Wird Poincaré der Führer ſein oder ein fortwährend zögernder, in einem uneinigen Miniſterium hin⸗ und her⸗ gezerrter Schiedsrichter? 05 In der radikalen„Volonts“ wird das neue Kabi⸗ nett als der Turm von Babel bezeichnet, denn die Vertreter ſprächen nicht einmal die gleiche Sprache. Es ſeien Männer in ihm vertreten, die ſich haſſen und die ſich nicht ſehen könnten, ohne mit den Zähnen zu knirſchen. Die„Ere Nouvelle“ nennt das neue Miniſterium das Miniſterium des Franken Es könne ſeine Daſeinsberechtigung nur durch die Rettung der Währung erweiſen. 15 a Al der„Oeuvre“ ſchreibt, daß ſich im Kabinett 1 1 die Leute zuſammengefunden hätten unter der ch eviſe„Der Franken zuerſt!“.. b ſchreibt, man müſſe ſich für den Augen⸗ blick damit begnügen, den nationalen Aufſchwung feſtzu⸗ tellen.* 2 5 f Herrorvs reibt in der„Victoire“, man müſſe den Mangel an Wagemut bei Poincaré feſtſtellen, der noch einmal halbe Dinge verrichtet habe, doch ſei ſein Verſuch, ein Miniſterium der nationalen Einigung zu bilden und war zwiſchen kartelliſtiſchen Radikalen und gemäßigten Untitartelilten. begrüßenswert. übereilte Antwort erteilt. Miniſter Bell über die Lage im beſetzten Gebiet. Gewiſſe Fortſchritte erzielt. Der Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete Dr. Bell empfing am Sonnabend die Berliner Vertreter der rhei⸗ niſchen Preſſe und äußerte ſich über die aktuellen politiſchen Fragen ſeines Miniſteriums ungefähr wie folgt: „Als Politiker und Parlamentarier kenne ich aus eige⸗ nem Erleben die deutſchen Sorgen um das beſetzte Gebiet und die Nöte der rheiniſchen Bevölkerung ſeit langem. Wenn ich auf die Zeiten des Ruhreinbruchs zurück⸗ blicke, ſo ſehe ich im beſetzten Gebiet gewiſſe Fortſchritte erzielt. Sch will keine Zweifel darüber laſſen, daß ich, wie jeder Politiker der Verſtändigung, die baldige gänz⸗ liche Beſeitigung der Beſetzung als eine logiſche Folgerung der neuen Politik vertrete. In förmlicher Weiſe hat uns die Botſchafterkonferenz im November 1925 eine weſentliche Herabſetzung der Be⸗ ſatzungsſtärke auf annähernd die normalen Ziffern zuge⸗ ſagt. Der Begriff der normalen Ziffern hat nur einen Sinn, wenn er ſo ausgelegt wird, daß die deutſche Frie⸗ densgarniſonsſtärke in dem betreffenden Gebiet zu Grunde gelegt wird; d. h. eine Stärke von höchſtens 50 000 Mann. Tatſächlich ſtehen aber im beſetzten Gebiete heute noch rund 85 000 Mann, alſo 35 000 Mann zuviel. Seit Locarno ent⸗ faltet die Reichsregierung jede erdenkliche Bemühung, um von der Gegenſeite die Einlöſung ihrer Zuſage zu erzielen. Sie wird darin unabläſſig fortfahren. f Die Maſſe der farbigen Truppen iſt aus dem beſetzten Gebiet abbefördert worden. Es ſind aber immer⸗ hin noch etwa 2 000 Mann, darunter geſchloſſene Forma⸗ tionen, verblieben. Ihre völlige Entfernung aus dem be⸗ ſetzten Gebiet iſt ſicher auch eine Forderung der Völker⸗ verſtändigung von nicht zu unterſchätzender Tragweite. Dieſer Geiſt der Verſtändigung erfordert auch eine gründliche Umgeſtaltung der Militärfuſtiz und des Ordonnanzenſyſtems der Rheinlandkommiſſion. Wiederholt habe ich den Geiſt der Verſtändigung an⸗ i Dieſer Geiſt muß aber auf beiden Seiten herrſchen. ie tief bedauerlichen Ausſchreitungen einzelner Beſatzungsangehöriger, zumal in allerletzter Zeit, haben dieſen Geiſt ſehr vermiſſen laſſen. Das nämliche zeigen die unerhörten Ausſchreitungen der Be⸗ ſatzung in Germersheim am 3. und 4. Juli, die eine außerordentlich ſchwere Verletzung dieſes Geiſtes be⸗ deuten. Aus der Preſſe iſt der deutſchen Oeffentlichkeit be⸗ kannt, daß im Auftrage der Reichsregierung der Herr Reichskommiſſar in Koblenz wegen der Germersheimer Vor⸗ fälle bei der Rheinlandkommiſſion nachdrückliche Vorſtellun⸗ gen erhoben hat. In gleichem Sinne ſind Demarſchen durch die deutſchen Vertreter in Paris, London und Brüſſel erfolgt. fegen Darlegungen beſchränken ſich auf die wichtigſten politiſchen Aufgaben meines Miniſteriums. Ich habe dar⸗ gelegt, wie ich mein Amt auffaſſe. Ich werde ihm mit beſter Kraft dienen. Möge meiner rheiniſchen Heimat bald eine beſſere Zukunft erſtehen und auch die Stunde der Befreiung ſchlagen!“ N N Nock immer Entwaßfnungs forderungen Nur noch vier unerledigte Punkte. 5 Paris, 25. Juli. Havas verbreitet folgende Meldung aus London 7 In gutunterrichteten engliſchen Kreiſen iſt man der Anſicht, daß die deutſche Regierung, obwohl die Durchfüh⸗ rung der Entwaffnung Deutſchlands auf gutem Wege iſt (andernfalls würden ſich die Alliierten um den Eintritt Deutſchlands in den Völkerbund gar nicht bemühen), die Interalliierte Militärkontrollkommiſſion in gewiſſen Fra⸗ gen noch nicht völlig befriedigt hat, und zwar: 1. hinſichtlich der Effektivſtärke der Polizei, die ſich auf 150 000 Mann belaufe(die deutſche Regierung möchte eine höhere Zahl haben); 8 8. 2. hinſichtlich des Kriegsmaterials(Ein⸗ und Ausfuhr von Waffen und Munition); in dieſer Hinſicht hat Deutſchland den Standpunkt der Alliierten noch nicht an⸗ genommen; 5 250* 3. hinſichtlich der Rekrutierung; die Alliierten würden weitere Bürgſchaften hinſichtlich der Aufhebung der Reſerveregimenter fordern; 4. hinſichtlich der Zuſammenſetzung des Großen Ge⸗ neralſtabes. 2 5 Das ſind die weſentlichen Fragen, in denen Deutſchland die Alliierten noch nicht befriedigt hat. Sie bilden übrigens den Gegenſtand von Erörterungen zwiſchen der Militär⸗ kontrollkommiſſion und der deutſchen Regierung. Man läßt hier durchblicken, daß dieſe Verfehlungen Deutſchlands nicht als ernſt angeſehen werden und daß aller Anlaß vorliege, auf eine befriedigende Regelung zu einem mehr oder weniger nahen Zeitpunkt zu rechnen. d Auch die„Times“ behandeln in einem Artikel die Frage der deutſchen Abrüſtung. Das Blatt erklärt, die deutſche Abrüſtung ſollte jetzt nur noch als eine techniſch⸗mili⸗ täriſche Angelegenheit betrachtet werden, die ſchnell und ruhig erledigt werden könne. Man ſollte nicht, zulaſſen, daß techniſche Angelegenheiten die internationale Atmoſphäre ſtören. Chamberlain habe eine reichlich 3 Dieſe Antwort hätte ſowohl in Berlin wie auch in Paris Ueberraſchung und Unwillen erregt.„Times“ ſind der Anſicht, daß es ſich mit Ausnahme des Falles von Seeckt nur um gering⸗ fügige Punkte handele. Die Unvorſichtigkeit Cham⸗ berlains liege nun in der Tat nicht im Sinne der eng⸗ eee ——— Zur Tagesgeſchichte. Landwirtſchaftliche Betriebsformen und ihre Produd⸗ tivität. Im landwirtſchaftlichen Anterausſchuß der En⸗ quetekommiſſion ſprach Dr. Baade von der Forſchungs⸗ ſtelle für Wirtſchaftspolitik über die Verbreitung der einzelnen landwirtſchaftlichen Betriebsformen und über Fragen der Steigerung ihrer Produktivität. Insbeſondere bemängelte er die Unzuläſſigkeit der landwirtſchaftlichen Statiſtit im letzten Jahrzehnt. Es ſeien während der Kriegszeit in den Reichsſtatiſtiken 2 Millionen Hektar Acekerfläche einfach verloren gegangen, und es fehlten immer noch 100 000 Hektar. Es müſſe von der Statiſtik verlangt werden, daß ſie dieſe Lücken ausfülle, man könne ihr keinen Fußbreit Boden ſchenken. Die preußiſchen Statiſtiken ſeien zwar genauer, doch müſſen auch hier die Schätzungen nach⸗ geprüft werden. Im allgemeinen ſei der Rückgang der Ernteerträge pro Hektar ſehr viel ſtärker als der der Anbau⸗ fläche an ſich. Als Einzelbeiſpiel zog Dr. Baade die Kar⸗ toffelerträge heran. Nach ſeinen Angaben ſind in Preußen 1925 153 Doppelzentner pro Hektar geerntet, wogegen 168 im Jahre 1913. Angebrochener Streikwille in England. Nach den Be⸗ . der deutſchen Mitglieder des Vorſtandes der Berg⸗ arbeiter⸗Internationale über die Pariſer Tagung ſcheint man damit rechnen zu müſſen, daß der engliſche Kohlen⸗ arbeiterſtreik vorläufig ungeſchwächt weiter⸗ gehen wird. Andererſeits haben die Abſichten der eng⸗ liſchen Radikalen unter ihrem Führer Cook, der einen Vertreter der ruſſiſchen kommuniſtiſchen Bergarbeiter gewerkſchaft zu den Beratungen hinzuziehen wollte, offenbar Schiffbruch erlitten. Auch bekamen die Bergarbeiter⸗ führer harte Vorwürfe wegen der Annahme Moskauer Gelder zu hören. Dies alles ſcheint aber auf die Fort⸗ dauer des Streiks keinen Einfluß zu haben, ebenſo wenig wie die noch ziellos einander durchkreuzenden Vermitt⸗ lungsaktionen. Die engliſchen Biſchöfe verſuchen ſoeben, noch einmal auf der Grundlage der kürzlich von ihnen gemachten Vorſchläge neue Verhandlungen einzuleiten und ſchlagen anſtatt der peinliche Aſſoziationen weckenden Sub⸗ ventionen den Abſchluß einer langfriſtigen Anleihe zur Anterſtützung der Kohleninduſtrie vor. Die Bergwerks⸗ beſitzer verſuchen offenbar, hier und da den Streik zum Abbröckeln zu bringen, doch können ſie in dieſen Beſtre⸗ bungen nur dort lokal beſchränkte Erfolge haben, wo die Kohlenvorkommen ſubventionsloſen Werkbetrieb bei ge⸗ ringfügig erhöhten Löhnen erlauben. Keine politiſchen Ferien. Die ſchwebenden Geſchäfte im Finanz⸗ und Innen⸗ 5 miniſterium. 5 Berlin, 26. Juli. „Nachdem Reichskanzler Dr. Marx ſich bereits am Mittwoch in Arlaub begeben hat, hat heute auch der Reichsernährungsminiſter Dr. Haslinde ſeine Som⸗ merreiſe angetreten. In den nächſten Wochen werden da⸗ her nur wenige Miniſter in Berlin anweſend ſein, um die Politik zu überwachen. Zu ihnen gehört in erſter Linie der Reichsinnenminiſter Dr. Külz und der Reichs⸗ finanzminiſter Dr. Reinhold, deren Reſſorts durch die Erörterungen über die Erwerbsloſenfürſorge und das Arbeitsbeſchaffungsprogramm ſowie über verfaſſungs⸗ rechtliche Fragen ſtark in Anſpruch genommen ſind. Bis zur Rückkehr des Geſamtminiſteriums ſoll der neue Entwurf des Abfindungsgeſetzes, nach Mög⸗ lichkeit auch das neue Wahlgeſetz und das Reichs⸗ ſchulgeſetz fertiggeſtellt ſein. Außerdem hat ſich Dr. Külz die Aufgabe geſtellt, die Ausführungsbeſtimmungen zu einigen Paragraphen der Reichs verfaſſung, über die Meinungsverſchiedenheiten aufgetaucht ſind, ausarbei⸗ ten zu laſſen. Der Reichsfinanzminiſter hat die Aufgabe, die produktive Erwerbsloſenfürſorge, über die zwiſchen der Regierung und den Ländern ein Ueber⸗ eeinkommen abgeſchloſſen worden iſt, zu finanzieren. Vor allem hat er die Auflegung der beabſichtigten Zwei⸗ n baer Millionen ⸗ Anleihe vorzubereiten. n Regierungskreiſen hat man die Hoffnung, die Anleihe trotz mancher Schwierigkeiten unterbringen zu können, wenn man eine gute Verzinſung der bereitgeſtellten Gel⸗ Berichterſtattung bei Dr. Streſemann Rückfragen über Chamberlains Abrüſtungs⸗Aeußerungen? i Berlin, 24. Juli. Der Staatsſekretär des Auswärtigen Amtes von Schubert weilte in den letzten Tagen bei Dr. Streſe⸗ mann, um ihn über die letzten diplomatiſchen Schritte des Auswärtigen Amtes zu informieren. Im Vordergrund der Ausſprache ſtanden die Berichte des Botſchafters von Hoeſch über ſeine Unterredungen mit dem Staatssekretär des Pariſer Auswärtigen Amtes über die Vorgänge in Germersheim, die deutſch⸗franzöſiſchen Handels⸗ vertragsverhandlungen, die Frankenkriſe und deren Beilegung mit deutſcher Hilfe ſowie über die Völkerbundspolitik. 5 In politiſchen Kreiſen vermutet man, daß außerdem eln Beſchluß darüber gefaßt worden iſt, ob man im Hin⸗ blick auf die unverſtändlichen Aeußerungen TChamberlains über die angeblich ungenügende deut⸗ ſche Abrüſtung in London Rückfragen ſtellen ſolle, um den Zweck der offiziellen Verlautbarung zu erfahren. Die Be⸗ richterſtattung ſoll in der gleichen Weiſe fortgeſetzt werden. da für die nächſte Zeit in der Außenpolitit ch fige Entſcheidungen zu erwarten ſind. Die Verfaſſungsänderung in Polen. Ziufriedenheit bei den Regierungsparteien.— Ernſte Bedenken bei der Linken. S Warſchau, 25. Juli. Die Annahme der Verfaſſungsänderung und des Voll⸗ machtgeſetzes im polniſchen Sejm findet in politiſchen Krei⸗ ſen eine ſehr verſchiedene Beurteilung. Während die Re⸗ gierungsparteien im Vertrauen auf die Perſon des Mi⸗ niſterpräſidenten Bartels überzeugt ſind, daß die Voll⸗ machten nur benutzt werden, um eine ſchnellere Reform des Verwaltungsapparates durchzuführen, zeigen ſich bei den Politikern der Linken beſonders ernſte Bedenken. Das Bedeutſamſte an der Annahme des Vollmachts⸗ geſetzes iſt, daß es den chriſtlichen Demokraten gelungen iſt, auch die ſoziale Geſetzgebung unter das Vollmachtgeſetz zuſtellen, was ein Schlag gegen die Sozialiſten bedeutet, und andererſeits geſetzlich feſtzu⸗ legen, daß die erlaſſenen Schul⸗ und Sprachenge⸗ ſetze, die bekanntlich ſeinerzeit von Stanislaus Grabſki im minderheitenfeindlichen Sinne revidiert wurden, nicht geänder t werden dürfen. Das Voll⸗ machtgeſetz iſt an eine beſondere Friſt nicht gebunden, ſon⸗ dern dauert bis zur Einberufung des nächſten Sejms. Das Dekretierungsrecht des Staatspräſidenten ſoll ſich angeblich auch auf Geſetze erſtrecken, ſoweit ſie nicht verfaſſungsän⸗ dernd ſind und nicht das Budget berühren. Ob ſich nicht aber in der Praxis häufig eine Umſchreibung finden laſſen wird, iſt fraglich. Aus dem In⸗ und Auslande. Rückkehr Guillaumat's ins Rheinland. Mainz, 24. Juli. Nachdem mit dem Sturz des Kabinetts Briand auch die Kriegsminiſterzeit des Ge⸗ nerals Guillaumats erledigt iſt, übernimmt Guill' mat wieder das Oberkommando der franzöſiſchen Rheina mee, das bisher interimiſtiſch durch den kommandierenden Ge⸗ neral des Mainzer Armeekorps, des Generals Be he⸗ lomy, verwaltet worden war. Engliſch⸗amerikaniſche Schuldendebatte. „London, 24. Juli. Zwiſchen England und Amerika iſt neuerdings eine Auseinanderſetzung darüber entſtanden, wofür England die amerikaniſchen Anleihen, die ihm während des Krieges gewährt wurden, verwandte. Die amerikaniſche Behauptung, daß ein großer Teil dieſer Anleihen für Handelszwecke und keineswegs für Kriegs⸗ zwecke verwandt wurde, wird von Churchill mit gro⸗ zem Nachdruck zurückgewieſen. England betont, daß die Anleihen in den Vereinigten Staaten ſelbſt zum Ankauf von amerikaniſchen Waren verwandt wurden, was ſeiner⸗ zeit den Beifall der Amerikaner fand, da die Anksufe der Fortführung des Krieges dienten. Schiedsſpruch im oberſchleſiſchen Tariſſtreit. Berlin, 26. Juli. In dem Arbeitszeit⸗, Lohn⸗ und Manteltarifſtreit im oberſchleſiſchen Steinkohlenbergbau wurde im Reichsarbeitsminiſterium ein Schiedsſpruch ge⸗ fällt. Das Mehrarbeitsabkommen wird über den 1. Auguſt hinaus mit der Maßgabe verlängert, daß über die achte Stunde hinaus geleiſtete Arbeit der Untertagearbeit mit einem beſonderen Zuſchlag abgegolten wird. Ferner ſollen für einzelne weitere Arbeitergruppen Lohnaufbeſſerungen eintreten. Im übrigen iſt die Lohnordnung wie auch der Erkin et übe wieder in Kraft geſetzt worden. Die Erklärungsfriſt über die Annahme des Schiedsſpruchs läuft bis zum 27. Juli. Der Reichsernährungsminiſter beſichtigt die Oſtſee. Berlin, 26. Juli. Der Reichsminiſter für Ernährung und Landwirtſchaft, Dr. Haslinde, unternahm Anfang voriger Woche eine Beſichtigungsfahrt auf der Oſtſee, um ſich über wichtige Probleme der Hochſeefiſcherei an Ort und Stelle zu unterrichten. Unter anderen wurden auch die Anlagen der Fiſcherei in verſchiedenen Orten der Oſtſee beſichtigt. Anſchließend nahm der Miniſter teil an einer Forſchungsfahrt des Reichsforſchungsdampfers„Poſeidon“, auf der biologiſche Anterſuchungen und Fänge zu wiſſen⸗ ſchaftlichen Zwecken vorgenommen wurden. Pilſudskis Heeresreform.— Vier neue Armeeinſpektoren Warſchau, 26. Juli. Durch Verordnung des Staats⸗ präſidenten werden demnächſt vier neue Armeeinſpektoren, und zwar die Diviſionsgeneräle Norwid⸗Neugebauer, Oſinski, Soſenkowski und Rybak, ernannt werden. Auf dieſe Weiſe wird die Zahl der Armeeinſpektoren auf acht erhöht werden, die ſämtlich zu den Anhängern Pilſudskis gehören. Ein engliſch⸗ungariſcher Handelsvertrag. London, 26. Juli. Im Foreign Office iſt von Chamber⸗ lain und dem ungariſchen Geſandten ein engliſch⸗ungariſcher Handelsvertrag unterzeichnet worden, der beiden Ländern gegenſeitig die Meiſtbegünſtiguag zuſichert. Auch wenn Ungarn mit den übrigen Rachfolgeſtaaten beſondere Vor⸗ zugstarife abſchließen ſollte, würden dieſe Tarife England infolge der Meiſtbegünſtigung zugute kommen. Der deutſche Kreuzer„Hamburg“ in Tokio. London, 26. Juli. Wie der Daily Telegraph aus Tolia meldet, ſoll der deutſche Kreuzer„Hamburg“, der als erſtes deutſches Schiff nach dem Kriege in Yokohama vor Anker gegangen iſt, mit großen Ehrungen empfangen worden ſein. Für die Beſatzung und die Offiziere ſeien verſchiedene Ver⸗ anſtaltungen in Ausſicht genommen, ſo ein Empfang durch die Admiralität und ein Audienz beim Regenten. Der Kreuzer dürfte am Geburtstag des Kaiſers, dem 30. Juli, wieder in See ſtechen. Neue Umgruppierungen in den a d= Berlin, 26. Juli. Mit der Ernennung des Grafen Lerchenfeld zum deutſchen Geſandten in Wien dürften die Umgruppierungen in unſeren auswärtigen Miſſionen noch nicht abgeſchloſſen ſein. Das ſchon ſeit einiger Zeit angekündigte ſogenannte „große Revirement“ in der deutſchen Diplomatie ſteht vielmehr, wie verlautet, unmittelbar bevor. Die bis⸗ herigen Preſſeveröffentlichungen über nähere Einzelheiten dieſes Revirements ſind allerdings größtenteils nur Kom⸗ binationen. Sicher iſt bis jetzt lediglich, daß der bisherige Generalkonſul in Zürich Rein bold, der früher in Baden Finanzminiſter war, in den Ruheſtand tritt und durch den Amtes, Heilbronn, erſetzt wird. Dagegen iſt es durchaus unrichtig, daß als Nach⸗ folger Heilbrons in der Kulturabteilung der gegenwärtige deutſche Geſandte in Bukareſt, Herr Freytag, aus⸗ erſehen ſei. Herr Freytag wird vielmehr, wie wir zuver⸗ läſſig erfahren, auf alle Fälle in Bukareſt bleiben. Damit dürfte ſich auch die Kombination erledigen, daß an Herrn Freytags Stelle in Bukareſt der gegenwärtige General⸗ konſul in Barcelona, ein Schwiegerſohn des Admirals Tirpitz, treten ſoll. Allerdings iſt nicht ausgeſchloſſen, daß Herr v. Haſſel nicht in Barcelong bleibt, ſondern eine andere Verwendung erhält. Als ſein Nachfolger in Bar⸗ celona wird der frühere deutſche Geſandte in Litauen Schrötter genannt. b der vornimmt. Liebe erweckt Liebe. Original⸗Roman. „Sie ſind grauſam— ſo grauſam, wie nur Frauen ſein können!“ Stolz warf ſie den Kopf zurück. „Vielleicht können, das Männer auch ſehr gut!“ rief ſie bitter, an ſein Benehmen gegen ſie und gegen die arme Ellen denkend. f „Nein, Frauen vermögen grauſamer zu ſein.“ „Darüber wollen wir nicht philoſophieren,“ ſie mit kaltem Spott.„Adieu, Herr Leutnant!“ Er ſtreckte ihr die Hand entgegen. „Nur zwei Fragen beantworten Sie mir, ich flehe an. Dann will ich Sie nicht mehr beläſtigen.“ Sie blieb mit einem Ruck ſtehen. „So fragen Sie— damit wir zu Ende kommen.“ Er ſah ſie mit heißen Augen an. „Sagen Sie mir ehrlich— lieben Sie Ihren Gatten?“ Dunkle Glut ſchoß in ihr Geſicht. „Dieſe Frage werde ich Ihnen ganz gewiß nicht beantworten! Ich betrachte ſie als— eine Unverſchämt⸗ heit,“ ſagte ſie mit vibrierender Stimme.. Er wurde leichenblaß. „Fee— Sie haſſen mich?“ fragte er, heiſer vor Er⸗ regung. Sie richtete ſich ſtolz auf und ſah ihn verächtlich an. f„Warum ſo große Gefühle für einen Mann wie Sie, Herr Leutnant? Man haßt nicht, wo man— nur verachtet,“ ſagte ſie ſchneidend. Wieder ſtöhnte er auf, und ſein Geſicht verzerrte ſich. „Fee— Fee, wenn du wüßteſt, was ich gelitten ha⸗ be— was ich noch leide! Wenn du wüßteſt, wie ich bereue, dich aufgegeben zu haben— du hätteſt nicht den Mut, mir ſo harte Worte zu ſagen! Du biſt doch ein Weib mit einem fühlenden Herzen. Fee, ich leide na⸗ menlos— und ich liebe dich noch immer, werde dich ewig lieben!“ 3 Sie ſtand wie gelähmt vor Entſetzen über dieſe wilde Qual, die aus ſeinen Worten ſprach. Zugleich war ſie empört, daß er ſolche Worte zu ihr ſprach. „„Verlaſſen Sie mich— ſofort, ich will ihre Worte nicht hören, und ich verbiete Ihnen, mich ſo vertrau⸗ 43 ſagte Sie lich anzureden. Laſſen Sie mich vorüber,“ ſagte ſie außer ſich. 5 f„ Er hatte ihr abermals den Weg vertreten. Rings⸗ um war es ſtill, kein Menſch war zu ſehen. Etwas wie Angſt vor dem leidenſchaftlich erregten Menſchen ſtieg in ihr auf. Zorn, Verachtung und zugleich verächtliches Mitleid mit ihm erfüllten ſich „Fee— erbarmen Sie ſich,“ flehte er heiſer,„ſagen Sie mir wenigſtens, daß Sie mich nicht verachten, daß Sie mir verzeihen.“ »Ich habe Ihnen nichts mehr zu ſagen, laſſen Sie 290 allein!“ rief ſie laut, außer ſich vor Zorn und ngſt. Er faßte nach ihrer Hand. 5 „Nur ein einziges gutes Wort, Fee, ein einziges, gutes Wort,“ flehte er. b Sie wollte ihre Hand losreißen. Er hielt ſie aber eſt. „Laſſen Sie meine Hand los— ich will allein wei⸗ tergehen— Sie ſind von Sinnen!“ rief ſie wieder. i In dieſem Augenblick brach auer über den Weg ein Mann durch die Büſche. Er mußte Fees Ruf ver⸗ nommen haben und, den Weg abkürzend, direkt über den Raſen gelaufen ſein. Ein leiſer Ruf entfloh Fees Lippen— neben ihr und Forſt ſtand ihr Gatte. g Mit einem Blick hatte er die Situation erfaßt. Sei⸗ ne Augen ſprühten in heißem Zorn in Forſt entſtelltes Geſicht, die Ader auf ſeiner Stirn ſchwoll hoch an. Forſt hatte bei Ritters Erſcheinen Fees Hand kraft⸗ los losgelaſſen. Ritter trat dicht an ihn heran. „Haben Sie nicht gehört, Herr Leutnant? Meine Frau dankt für Ihre Begleitung,“ ſagte er ſchneidend. Forſt trat unwillkürlich zurück. Ritter folgte ihm. „Ich weiß, welch wenig rühmliche Rolle Sie im Leben meiner Frau geſpielt haben, Herr Leutnant Forſt! Zweimal habe ich bereits bemerkt, daß Sie mei⸗ ner Frau läſtig gefallen ſind. Ich bin zwar ein ſtrikter Duellgegner— aber finde ich Sie noch ein drittes Mal auf dem Wege meiner Frau gegen deren Willen— dann werde ich von meinem Rechte gründlich Gebrauch machen! Wenn ich es nicht jetzt ſchon tue, unterlaſſe ich es nur aus Rückſicht für Ihre kranke Frau, deren Le⸗ ben ich nicht gern durch eine Aufregung gefö br Offizier ab, trat mit raſchen, ruhigen Schritten an Fees Seite, legte ihre Hand ſorgſam auf ſeinen Arm und führte ſie fort. „Es war doch gut, daß ich auf den Gedanken kam, dich abzuholen,“ ſagte er ganz ruhig, um ihr die Faſ⸗ ſung wiederzugeben. 98 Er fühlte, daß ſie am ganzen Körper zitterte und wußte, daß ſie ſehr erregt war, obwohl er den rechten Grund zu ihrer Aufregung nicht erriet. f. Es war nicht das erſte Mal, daß Hans Ritter, von unklarer Beſorgnis erfüllt, Fee entgegenkam, wenn ſie bei Ellen geweſen war. Daran hatte ſie vorhin, während der Szene mil Forſt nicht gedacht. Als Hans dann plötzlich vor ih⸗ nen ſtand, war ſie bis ins innerſte Herz erſchrocken. Was hatte Hans von ihrer Unterhaltung mit Forſt gehört? Wenn er alles gehört hatte— dann war ein Duell zwi⸗ ſchen ihrem Manne und Forſt die Folge dieſes Zuſam⸗ menſtoßes. Das wurde ihr ſofort klar. Als ſie nun ſah, daß ihr Gatte ſich mit Forſt einige Schritte entfernte und namenloſem Schrecken. Als Soldatentochter erſchien es ihr ganz ſicher, daß ein Duell nicht zu umgehen war. Sie wußte, daß oft um viel nichtigere Sachen ein Zweikampf ausgefochten wurde— wußte, daß Männer oft nur zu raſch und unüberlegt zur Waffe griffen. Das Herz lag ihr wie ein Stein in der Bruſt. Sie haßte Forſt in dieſem Augenblick als den Urheber die⸗ ſes neuen, unermeßlichen Leides, das er über ſie herauf⸗ beſchworen hatte. Denn ſie bangte um das Leben des Gatten, den ſie liebte, heißer und tiefer, als ſie Forſt je geliebt hatte. Ihre Füße verſagten ihr faſt den Dienſt. Müh⸗ ſam ſchleppte ſie ſich an ihres Mannes Arm fort, kein nur mit großen, bangen Augen von der Seite zu ihm auf. Sein Geſicht ſchien kalt und unbeweglich, ſein Mund war halb geſchloſſen, die ſchmalen Lippen feſt aufeinan⸗ ſammengezogenen Stirn hervor. Ss gingen ſie langſam nach Hauſe. auswärtigen Miſſionen. bisherigen Direktor der Kulturabteilung des Auswärtigen Dann wandte er ſich ſchnell von dem faſſungsloſen leiſe mit ihm ſprach, da wurde ihr dieſe Befürchtung zur Gewißheit. Ihr Herz krampfte ſich zuſammen in C armes Wort fand den Weg über ihre Lippen. Sie ſah 1 dergepreßt. Und die Augen blickten ſtarr unter der zu⸗ 20202 %% Aus dem badiſchen Lande. Freiburg i. Br.(Zuſammenſtoß.) Bei der Einfahrt aus dem Rennweg in die Zähringerſtraße ſuhr ein Laſtwagen auf einen Straßenbahnwagen auf. Der Straßenbahnwagen wurde erheblich beſchädigt, der Laſt⸗ traftwagen mußte abgeſchleppt werden. Der Zuſammen⸗ ſtoß ſoll auf Verſagen der Bremſen am Laſtkraftwagen zurückzuführen ſein. Donaueſchingen.(Ein zel heiten zum Unwet⸗ 5 terſchaden.) Ueber den Schaden, den die einzelnen von dem Unwetter am Montag betroffenen Gemeinden er⸗ litten haben, wird noch folgendes berichtet: Die Ge⸗ meinde Mundelfingen dürfte etwa 12 000 Feſtmeter Holz, die Gemeinde Hauſen vor Wald etwa 8000 Feſtmeter zswölfeinhalb Prozent aufgewertet und weilte, das Herannahen des Autos Tronnte nicht mehr ausweichen, wurde von dem Auto er⸗ faßt, eine Strecke weit geſchleift und ſo fürchterlich zu⸗ unſichtbar für andere, e Augen ſich ab wurde jüngſt in der Oeffentlich verloren haben. In Mundelfingen ſind von zahlreichen Häuſern die Giebel eingedrückt, ſo daß vorausſichtlich mit dem Abtragen begonnen werden muß. Etwa 400 Ohſt⸗ bäume ſind dort dem Sturm zum Opfer gefallen. Die Zahl der beſchädigten Häuſer wird auf 90 geſchätzt, der Gebäudeſchaden auf 80 bis 90 000 Mark. In Bohle beziffert ſich der Hagelſchaden auf etwa 300 000 Mark. Nahezu 4000 Feſtmeter Holz hat die Gemeinde Bohla verloren. Schwerer Schaden iſt hier durch das Eindringen des Waſſers in die Häuſer entſtanden, ſo daß die Land⸗ wirte jetzt gezwungen ſind, das Futter wieder auf die Wieſen zu bringen, um es überhaupt verwenden zu können. Auf dem Wege von Hüfingen nach Pfohren liegen ein maſſiv gebauter Schafſtall und eine Heu⸗ ſcheuer am Boden. Die Balken ſind zum Teil 16 Meter weit geſchleudert worden und zwei Meter tief in den Erdboden eingedrungen. In Pfohren ſelbſt betrögt der Gebäudeſchaden etwa 100000 Mark, der Hagelſchaden etwa 250000 Mark. In Oberbaldingen hat von den 135 beſchädigten Häuſern beſonders das des Bürger⸗ meiſters gelitten. Die maſſiven Balken ſind dort wie Streichhölzer geknickt. a Schluchſee.(Schwerer Unglücksfall.) Auf der ſogenannten Seeſtraße ereignete ſich ein ſchwerer Unfall. Sechs Kurgäſte, die im Gaſthaus„Zum Auerhahn“ in Aha einen Imbiß eingenommen hatten, befanden ſich auf dem Wege nach Schluchſee. Etwa 500 Meter vom genannten Gafthaus entfernt, begegnete den Spaziergän⸗ gern ein Motorrad. Man wich ihm aus. Gleichzeitig nahte aber von hinten ein Auto. Anſcheinend hat nun die in der Geſellſchaft ſich befindende 62 Jahre alte Lehrerin Ida Scholz aus Werden a. d. Aller, die hier zur Kur überhört. Sie gerichtet, daß der Tod ſofort eintrat. Neudenau(Amt Mosbach).(Zwei Mädchen er⸗ trunken.) Als die beiden 17 und 15 Jahre alten Mädchen Klara und Helene May mit ihrer Freundin „ aus Frankfurt in der tiefgehenden Jagſt ein Bad neh⸗ men wollten, wurden die beiden des Schwimmens un⸗ kundigen Mädchen an eine tiefe Stelle von dem reißenden Fluß abgetrieben und verſanken vor den Augen der Freundin, die troß aller Anſtrengung keine Hilfe mehr bringen konnte. Krozingen.(Aufgewertete Spargut⸗ 585 en.) Die Spar⸗ und Darlehenskaſſe Krozingen be⸗ chloß freiwillig die Aufwertung der früheren Sparein⸗ lagen, denn eine geſetzliche Verpflichtung zur Aufwertung beſteht für die Kaſſe als Kreditgenoſſenſchaft nicht. Nach dem Beſchluß der Vorſtandſchaft werden die von der In⸗ flation dahingerafften Einlagen zum Goldmarkſatz von ertet vom 1. Januar 1926 ab mit fünf Prozent verzinſt. Hauſach.(Sonderbare Weltreiſende.) Ein eigenartiges Fahrzeug kam hier an: ein von einem Mo⸗ tor getriebenes, flugzeugartiges Vehikel, in dem ſich eine Kabine befindet. Die Bewohner derſelben ſind zwei männ⸗ liche Weltreiſende, die tagsüber zu Fuß neben ihrer Wohn⸗ ſtätte einhermarſchieren und nur nachts in derſelben wohnen. Gommersdorf(Kreis Mosbach). Der Tod im Waſſer.) Ein ſeit mehreren Wochen hier auf Beſuch weilendes Mädchen aus Mannheim war vor etwa acht Tagen verſchwunden. Am Jagſtufer fand man ſeine Hand⸗ taſche, die einen Zettel mit der Angabe enthielt, daß es den Tod in den Wellen ſuchen werde. Unweit der ee der Taſche konnte nun die Leiche geborgen werden. Badiſcher Landtag. Der Voranſchlag des Juſtizminiſteriums. W Karlsruhe, 24. Juli. In der Generalausſprache zum Voranſchlag des Ju⸗ ſtizminiſteriums kamen zum Schluß noch zwei Redner zu Wort. Der Demokrat Dr. Wolfhard, ſelbſt Richter, nahm in längeren Ausführungen zu Ausbildungs⸗ und Spezialfragen ſowie Beſoldungsfragen Stellung. Er wies die Vorwürfe von Klaſſenurteilen zurück und meinte, daß das Recht der Kritik an den Urteilen nicht in Schmä⸗ hungen und Beſchimpfungen ausarten dürfe. Der letzte Debattenredner war der Kommuniſt Ritter, der ſich in Angrifſen gegen die deutſchen und badiſchen Richter⸗ beamten erging und mehrere kommauniſtiſche Anträge be⸗ gründete. Er bezeichnete das Miniſterium und deſſen Ver⸗ treter als ausgeſprochene Werkzeuge des Klaſſenſtaates, deſſen Totengräber die Arbeiter werden müßten. Dann nahm der badiſche Staatspräsident Trunk in ſeiner Eigenſchaft als Juſtizminiſter Stellung zu den in der Debatte aufgeworfenen Geſichtspunkten. Die Kritik der Kommuniſten wies er zurück und dankte den übrigen Parteien für das ihm und ſeinen Beamten geltende Vertrauensvotum. Er verwies auf das große Anwachſen des Geſchäftsſtandes bei allen Abteilungen infolge der Prozeß⸗, Inflations⸗ und der Aufwertungs⸗ fragen. Hinſichtlich letzterer erklärte er, daß von 19491 Aufwertungsſachen 6610 Anträge auf Einleitung eines Verfahrens geſtellt worden ſeien. Hiervon ſeien bis 20. Juni bereits 47 Prozent erledigt worden, ſo daß die Tä⸗ tigkeit der Aufwertungsſtellen bis 1. April 1927 zu Ende gehen könne. Er ſtellte zum Schluß in Ausſicht, daß in⸗⸗ beſondere für die Juſtizbeamten der unteren und mittlere Gruppen im Herbſte eine Beſſerung ihrer materiellen Lage herbeigeführt werden könne. Die Beratungen wur⸗ den hierauf auf Montag nachmittag vertagt. i Aus Nah und Fern. Berlin.(Das Schickſal des deutſchen Forſchers Stratil⸗Sauer.) Wie über London aus Kabul gemeldet wird, ſcheint ſich das Schickſal des deutſchen . Dr. Stratil⸗Sauer, der wegen angeblicher Er⸗ mordung eines afrikaniſchen Staatsangehörigen angeklagt war, zum Guten zu wenden. Kürzlich fand in aller Oeffent⸗ lichkeit die Verſöhnungsſzene zwiſchen den Verwandten des Getöteten und Stratil⸗Sauer ſtatt. Der Forſcher wird ſich jetzt nur noch gegen die Anklage des Verſtoßese ggen die Staatsgeſetze zu verteidigen haben. Berlin.(Dertreue„Treu“.) Ein 17 Jahre alter junger Mann zerſchlug eine Scheibe eines Kioesks am Tempelhofer Flughafen und füllte ſich die Taſchen mit Schokolade aus den Warenbeſtänden. Dann wollte er mit ſeiner ſüßen Beute flüchten, doch der Rückzug war ihm durch einen vierbeinigen Aufpaſſer abgeſchnitten. Der Wachhund „Treu“ machte ſeinem Namen Ehre und ließ den Burſchen nicht aus dem Häuschen heraus. Sein Gebell rief einen Schupowachtmeiſter herbei, der den Dieb zur Wache nahm, wo er als der Arbeiter Kurt Engel feſtgeſtellt wurde. Stettin.(Franzöſiſche Werber in Pom⸗ mern.) Aus Bärwalde wird das Auftauchen eines Werbers für die Fremdenlegion gemeldet. In Fürſtenfelde und Troſſin erſchien ein gutgekleideter Mann, der ſich als Rheinländer ausgab. Fünf junge Leute wurden von ihm in Gaſtwirtſchaften mit alkoholiſchen Getränken traktiert und durch allerlei Verſprechungen weggelockt. Vier von den jungen Leuten gelang es, zu entkommen. Einer, namens Petrak aus Troſſin, iſt bisher nicht zurückgekehrt. Man nimmt an, daß er der Fremdenlegion in die Hände ge⸗ fallen iſt. Demmin.(Die Fleiſchvergiftungen in Demmin.) In mehreren Orten des Kreiſes Demmin waren etwa 50 Perſonen nach dem Genuß von Wurſt, die ſie von einem herumziehenden Fleiſcher aus Daberkow ge⸗ kauft hatten, unter Fleiſchvergiftungserſcheinungen erkrankt. Die amtliche Unterſuchung hat, jetzt ergeben, daß die Wurſt, die zum Teil aus dem Fleiſch notgeſchlachteter Kälber her⸗ geſtellt war, in allen der verkauften Sorten Paratyphus⸗ bazillen enthielt. Die weitere Unterſuchung wird von der ee e geführt. Liegnitz.(Typhus im Ueberſchwemmungs⸗ gebiet.) Nachdem das Sumpffieber in den Hochwaſſer⸗ gebieten bisher etwa 300 Erkrankungsfälle verzeichnete, ſind in Langenbielau und Ober⸗Langenbielau ſechs Typhusfälle aufgetreten. 5 Kreuz und Quer. Allerweltsplauderei von Ernſt Hilarion. Die Junggeſellen freuen ſich.— Vom unmoraliſchen Zeit⸗ geiſt unberührt.— Eine knifflige Rechtsfrage.— Eine * hoffnungslose Flucht aus ſüßem Joch.— Die Erfahrungen eines ſtürmiſchen Liebhabers. n Griechenland hat man ſoeben ein Experiment ge⸗ macht, einen Verſuch, der auch ſchon in verſchiedenen ande⸗ en Ländern beraten wurde, jedoch nicht zur Durchführung kam. Die griechiſche Obrigkeit dauerten die Jungfern, die keinen Mann bekommen konnten und darum führte ſie kur⸗ ſeh Hand die Eheloſenſteuer ein. Es gab dabei großes Auf⸗ ſehen, ähnlich wie damals, als der kr Rock verboten wurde. Natürlich wehrten ſich die Betro 5 troffenen ganz ener⸗ 510 gegen die Zumutung, ihre Freiheit in klingendem elde berappen zu müſſen, während ſich die Wohlbeweibten 7 55 freuten, noch mehr Leidensgefährten zu bekommen. lber die Freude dieſer und der Schmerz und die Ent⸗ rüſtung der anderen war nur von kurzer Dauer. Schon bald ſah die Regierung ein, daß mit dieſer Steuer weder ein Geſchäft noch eine Vermehrung der Ehen herbeigeführt werden konnte. Man ſchaffte daher die Steuer wieder ab, ebenſo wie die modernen Athenerinnen auch heute noch mit ihren kniefteien Röckchen ſich den Freuden der Koletterie ingeben. Vielleicht hat man in Griechenland Angſt be⸗ ommen vor den rieſigen Scheidungsziffern, indem man be⸗ a durch die Eheloſenſteuer auch dieſe 9 im ande zu verer eiten. Gerade das wollte man aber ver⸗ meiden und ſogar für ganz Europa ein Vorbild ſein. Auch in Spanien legt man großen Wert darauf, von dem neuen ihrer Anſicht nach unmoraliſchen Zeitgeiſt nicht erfaßt zu ſein. Manchmal lüftet fen aber der Vorhang und man ſieht etwas hinter die Kuliſſen. Da allerdings iſt das Bild nicht immer ganz ſo, wie es die Spanier gern haben möchten. Eine ſolche Geſchichte, die meiſt hinter den 0 pielt, eit bekannt und hat nicht wenig Gelächter hervorgerufen. Ein ſpaniſcher Grande aus Linem uralten und ſehr bekannten Geſchlecht hatte trotz ſei⸗ 7 ner ſechzig Lenze, die ſein Rücken mit ſich ſchleppte, noch ein⸗ mal Luſt bekommen, die Freuden ſeiner Jugendzeit aus⸗ zukoſten. Aber weil er ſchon recht wacklig auf den Beinen war, beeilte er ſich, mit einem Steinach⸗Jünger zu beraten, wie er am beſten wieder zu jugendlichen Kräften kommen könne. Der Arzt machte ſich ſogleich an die ehrenvolle und ruhmreiche Aufgabe, beſtellte eine Affendrüſe, mit der neues Leben in den alten Körper gebracht werden ſollte. Alles war zur Operation bereit und man kann ſich leicht vorſtellen, wie der Greis in Hoffnungen ſchwelgte. Doch er hatte ſeine Rechnung ohne ſeine Gattin gemacht. So heimlich auch die Vorbereitungen getroffen wurden, ſie er⸗ fuhr trotzdem davon. Schleunigſt trat ſie an ihren Gemahl mit der Forderung, auch an ihr die Verjüngungsoperation vornehmen zu laſſen. Dies paßte wieder dem lebensfrohen Greis nicht in ſeine Abſichten. er wollte nur allein von den Ergebniſſen der Wiſſenſchaft profitieren und gönnte dies aus dem einen oder anderen Grunde nicht ſekner holden Lebensgefährtin. Damit gab ſich die Marqueſa nicht zu⸗ frieden, ſie ging ans Gericht und verlangte, daß entweder die Operation an beiden Gatten vorgenommen oder auch für ihren Mann unterbleiben müſſe. Einen kleinen Erfolg hat ſie dabei ſchon erreicht, denn die Operation wurde tat⸗ 1 aufgeſchoben. Nun grübeln die Richter über die rage nach: fer ein Ehegatte das Recht, eine Verjüngungs⸗ kur ohne Wiſſen, Einwilligung und Teilnahme des anderen an ſich vornehmen zu laſſen? Das iſt ſicherlich eine äußerſt knifflige Frage, die noch in keinem Jahrhundert aufgebracht worden iſt. Aber nunmehr wird ſie geklärt werden. Wenn nur dem Marqueſe die Zeit nicht allzu lang werden wird. Es iſt eine ziemlich häufig gemachte Erfahrung, daß die Noſenketten zuweilen recht hart und unzerreißbar werden. Viele ſehen das vorher und andere etwas ſpäter ein. In England hat das ein noch ziemlich junger Bräutigam juſt ein paar Stunden erkannt, nachdem er ſich mit den Roſen umwunden hatte. Auf eine ganz ſonderbare Art und Weiſe brachte er dies zum Ausdruck. Eine fünfundvierzigjährige Jungfrau hatte es endlich zuſtande gebracht, daß ſie von einem noch um zwanzig Jahre jüngeren Mann in das ſüße Joch der Ehe entführt worden war. Am Hochzeitstage e die Feiergeſellſchaft mit dem glückſeligen Paar in der Mitte an den Ufern der Themſe. Man mußte ſpäter Wirtſchaſtliche Wochenſchau. „Die Lage der Wirtſchaft.— Die Außenhandels wilanz im Juni.— Das Arbeitsbeſchaffungsprojekt. — Die Wohnungsbaukredite des Reiches. „Die augenblickliche Lage der Wirt ſchaft wäre keineswegs unbefriedigend, wenn nicht die Erwerbs⸗ loſenz ahl auf dem bisherigen Stande verharrte und in einzelnen Induſtriezentren ſogar noch ſteigende Rich⸗ tung hätte und wenn ſchließlich nicht die an dieſer Stelle geäußerte Befürchtung bezüglich der d eutſchen Außen⸗ handelsbilanz im Juni eingetroffen wäre(ſie zeigt zum erſten Male ſeit Monaten Paſſivität) und wenn man nicht einige Beſorgniſſe hinſichtlich der Durchführung des Arbeitsbeſchaffungspro jektes hätte. An dem guten Willen der Reichsregierung ſoll ja keineswegs gezweifelt werden; es ſind ungemein große Hemmungen auf dem Wege zu einer großzügigen Arbeitsbeſchaffung, die trotzdem produktiv und nicht in der Art der bisheri⸗ gen Notſtandsarbeiten ſein ſoll. Aber es dauert ſchon bisher unheimlich lange. Soeben wird uns von beſt⸗ unterrichteter Seite mitgeteilt, daß trotz der Ermahnungen, der Aufforderungen und der Verlängerung auf drei Jahre der bekannte Wohnungsbaukredit des Rei⸗ ches von 200 Millionen Mark noch immer nicht ſtärker benutzt werden kann. Warum nicht? Weil die Verteilung auf die Länder, auf die Kommunen uſw. in Tropfen und Tröpfchen angeſichts der ohnehin eingetretenen Ferienzeit viel zu viel Zwiſchenarbeit, viel zu viel von der koſt⸗ baren Bauzeit beansprucht. Vielleicht iſt es nützlich, wenn von recht vielen Seiten der Wirtſchaft dringend die Umgehung eines derartigen Weges zur Arbeitsbeſchaffung gefordert wird. Das Reich ſoll von ſich aus möglichſt un⸗ mittelbar die Aktion in Angriff nehmen und durchführen, nicht aber erſt mit Zoll und Elle den einzelnen Länder⸗ das ihrige zumeſſen, wobei unnötige Kompetenz, Streitig⸗ keiten uſw. den Lauf der Dinge hemmen, ja zum vollſtän⸗ digen Erliegen bringen können. Wenn auch z. B. der neuſte Arbeitsmarktbericht eine Belebung des Baumarktes zeigt, ſo kann dies wenig über den unbefriedigenden Eindruck hinweghelfen, daß die Bautätigkeit gerade wo ſie am notwendigſten iſt— in Berlin, in Weſtfalen, Heſſen und in der Pfalz und vor allem in den Städten—, ſich wie⸗ derum verſchlechterte. Eine wirkliche Beſſerung und Be⸗ lebung der Bautätigkeit wird allein aus dem öſtlichen Deutſchland, aber auch wieder mit Ausnahme Oſtpreu⸗ ßens berichtet. Die eingetretene Reiſezeit hat an dem Nichteintreten der von außenher erfolgenden Belebung des Baumarktes ohne Frage zum größten Teil ſchuld; die überwiegende Anzahl der Stellen, die auf die ſchnel⸗ lere Flüſſigmachung und Verteilung des Baukredites wir⸗ ken könnten, ſind in Ferien, und ſo muß man mit größtem Bedauern feſtſtellen, daß das, was das Baujahr 1926 hätte bringen können, aus einer Reihe von mehr oder minder vermeidbaren Fehlern unterblieben iſt. Bleibt nur zu wünſchen, daß das Arbeitsbeſchaffungsprogramm der Reichsregierung in beſſerer Form realiſiert wird, die Hoffnungen dazu ſind nicht ungünſtig, da man allgemein auf einen langen und trockenen Herbſt rechnet und die Schlüſſelinduſtrien ohnehin die belebende Ankurbelung durch die erhöhte Tätigkeit infolge des engliſchen Streiks erfahren haben. N Die Paſſivität der deutſchen Handelsbilanz. In Ber⸗ liner Wirtſchaftskreiſen hat die Paſſivität der Handelsbt⸗ lanz im vergangenen Monat nicht allzuſehr beunruhigt. Man weiſt darauf hin, daß ja die Ausfuhr nichr gefallen ſei. Die Einfuhrzunahme erſtrecke ſich auch auf Rohſtoffe, ſodaß der geſteigerte Import zu keinem Bedenken Anlaß gebe. Im übrigen ſei die diesmalige Paſſivität auf normalem Wege zuſtande gekommen, wäh⸗ rend im vorigen Jahre das ſtarke Minus mit den großen ausländiſeen Krediten zuſammenhänge. Nach Anſicht der Bankenkr. e könne man die zunehmende Eindeckung mit Vorrat g rade als Zeichen dafür werten, daß Induſtrie ſchäftes erwarten. Wenn eine Belebung der Kon⸗ junktur eintrete, müſſe notwendigerweiſe die Paſſivität der Handelsbilanz noch zunehmen, da die Amwandlung der Rohſtoffe in inländiſche Verbrauchsgüter einen monatelan⸗ gen Prozeß vorausſetze. Peſſimiſtiſcher denkt nur der Groß⸗ handel, der in der paſſiven Außenhandelsbilanz ein Zei⸗ chen der noch immer ungünſtigen Wirtſchaftslage ſieht. . die Ausfuhr an Fertigfabrikaten ſei noch viel ing. i über die Theme mit einem Fährboot zu dem Hochzeitshauſe wieder zurückkehren. Als ſie mitten auf dem Strom waren ertönte plötzlich ein markerſchütternder Schrei, man hörte einen Plumps ins Waſſer und als man aufſah, bemerkte man den friſchgebackenen Ehemann mit den Wellen ringen. Die junge Frau rief in aller Verzweiflung, die man ihr nicht verdenken kann, um Hilfe. Als aber der Vater ſie tröſtete und ſagte, daß ihr Gatte ein vorzüglicher Schwim⸗ mer ſei, da kam erſt der wahre Grund ihres Schmerzes zum Ausdruck:„Das iſt es ja gerade,“ rief ſie,„der Feig⸗ ling ſchwimmt wieder zurück und will ſich in Sicherheit bringen“. Der Feigling war tatſächlich fortgeſchwommen und ließ ſich auch nicht mehr 1 blicken. Allein, ob ihm ſein kühles Bad etwas genützt hat? Wäre er doch ein paar Stunden früher ſo kampfesmutig in die Fluten geſtürzt. So aber kommt er kaum in Verlegenheit, einmal Ehe⸗ loſenſteuer zahlen zu müſſen. Es gibt eben Menſchen, die Angſt vor der Ehe haben und andere, die nicht ſchnell genug hineinkommen können. Dieſe bemühen ſich krampfhaft und zu ihrem Bedauern manchmal ergebnislos. Ja, oft kommt ihnen ihr Streben noch teuer zu ſtehen. Ein junger italieniſcher Student hatte ganzes Herz entflammte. Er ließ Kolleg Kolleg ſein und umſtrich alle Tage das Theater, ſchickte Blumen in Hülle und Fülle, ließ ſich nicht davon abhalten, wenn er auch ſte zurückbekam. Er tat alles, was man nur von einem ſtür⸗ miſchen Liebhaber verlangen kann. Als die Künſtlerin einen Siegeszug über die meiſten italieniſchen Bühnen machte, heftete er ſich an ihre Ferſen, ſo daß ſogar die Poli⸗ zei ſich für ihn intereſſierte und ihn zu ſeiner Aniverſität zurückbrachte. Es 105 jedoch alles nichts. Er machte ſich auf, um ſeinen großen Streich, einen Handſtreich auszufüh⸗ ren. An die Primadonna ſandte er ein Billet mit der An⸗ kündigung, daß er ſie am Abend entführen werde. Prompt ſtand er nach der Vorſtellung an der Tür, öffnete die Arme um die Geliebte zu empfangen und—— da kam ſein Ver⸗ hängnis. Mit ſeiner eigenen Droſchke brachte man ihn wieder hinter vergitterte Fenſter, wo man ihm längere Zeit pielerinnen mir nichts dir nichts zu entführen. und Handel zum Winter eine Belebung des Ge⸗ jüngſt eine Schauspielerin auf der Bühne geſehen, die ſein pie Ueberlegen geben will, ob es erlaubt iſt, ſchöne Schau. 5 . 2 r AAA: 3 5 8 2 2 2—rFTrTTFTTTTTTTTTTTTTT0T0TCT0TTTT Lokales und Allgemeines. Seckenheim, 26. Juli. Die Einweihung des Gedenkſteines für unſere Gefallenen im Weltkriege. In einfacher und ſchlichter Feier wurde geſtern die Weihe des unſeren Gefallenen im Weltkriege gewidmeten Gedenkſteines vorgenommen. Auf Einladung der Ge⸗ meinde verſammelten ſich nach 11 Uhr im Friedhofe, von prächtigſtem Sonnenſchein umrahmt, an dem inmitten der Kriegergräber aufgeſtellten Gedenkſtein die Gemeindevertretung, an der Spitze Herr Bürgermeiſter Flachs, die Vertreter der Polizeibehörde, verſchiedene Korporationen kameradſchaftl. Vereine, die vereinigten Geſangvereine, Turnvereine, kath. Jungmännerverein und eine große Zahl Einwohner aus allen Kreiſen der Bevölkerung. 8 5 6 5 * — ä — N — — 1 die Muſikkapelle wurde die Feier eingeleitet, worauf der Geſamtchor„Ueber den Sternen“ unter der Stabführung des Herrn Roſer prächtig zum Vortrag gebracht wurde. In ſeiner Anſprache betonte Herr Bürgerm. Flachs die Pflichten unſerer Dankbarkeit den Toten gegenüber. Das Höchſte eines Volkes ſei, die zu ehren, die für das Volk und für das Vaterland geſtorben ſeien. Aus dieſem Gefühle heraus ſei dieſer Gedenkſtein, ein Findling aus dem nahen Odenwald, ohne Unterſchied der Parteien, von der Gemeinde geſtiftet worden. Einfach und ſchlicht möge er ſtets ein Zeichen der Danbarkeit ſein, denen gegenüber, die ihr Höchſtes, ihr Leben für uns hingaben und Treue bis zum Tode gehalten. Auch wir wollen ihnen dieſe Treue halten. Und als beſonderes ſichtbares Zeichen der Dankbarkeit ſei dieſer Gedenkſtein geſetzt. Mit dieſen Worten legte Redner einen prächtigen Kranz nieder. Der Geſamtchor brachte hierauf„Süß und ruhig iſt der Schlummer“ zum Vortrag, worauf die Muſik zum Abſchluß„Wie ſie ſo ſanft ruh'n, alle die Seligen“ intonierte. So fand die kurze, aber eindrucksvolle Feier ihr Ende. Der mächtige Stein trägt die Inſchrift: „Den im Weltkriege 1914—18 gefallenen Helden“ in ſchwarzer Schrift und iſt inmitten der Kriegergräber plaziert. Mitteilungen aus der Gemeinderatssitzung vom 13., 16. und 20. Jull. Einem Geſuch um Herabſetzung der Luſtbarkeitsſteuer kann nicht entſprochen werden.— Der freiw. Sanitätskolonne wird ein Veitrag bewilligt.— 5 Ein Wirtſchaftsgeſuch alkoholfreier Getränke wird be⸗ 0 i fürwortet.— Einem Verein hier wird der Waldſport⸗ 2 platz, ſowie die Fahnenſtangen mit Fahnen für 16. Aug. 1926 überlaſſen.— Die Ernteferien beginnen am 22. Juli 1926.— Die Bauarbeiten für die Erſtellung eines 3. Wohnhauſes in der Wilhelmſtraße werden jeweils zum Angebotspreis vergeben— Als Badeplatz wird der frühere Platz, der beſonders abgeſteckt wird, be⸗ ſtimmt.— Gegen ein Baugeſuch hat die Gemeinde als Angrenzer nichts einzuwenden.— Bei der freiw. Feuer⸗ wehr ſollen nur Auszeichnungen für 25jähr. Mitglied- ſchaft verliehen werden.— Der Darlehensvertrag mit der Bad. Girozentrale Mannheim wird genehmigt.— Gegen den Anſchluß des Kath. Schweſternhausneubaues an das Kanalnetz, in der vorgeſehenen Weiſe, beſtehen keine Bedenken.— Die für Kriegergräber bezahlten Grabſteintaxen ſind zurückzuzahlen.— Am Verfaſſungs⸗ tag ſoll vorm. 11 Uhr von der Gemeinde eine kurze Feier ſtattfinden.— Ein Geſuch um Nachlaß des Ge⸗ meindezuſchlags zur Grunderwerbsſteuer wird genehmigt unter der Vorausſetzung, daß innerhalb eines Jahres Als Ortsbürger werden aufgenommen: Spengler Alfred Klumb, Auguſt Würthwein, Metzger Max Frey, Tag⸗ löhner Albert Stamm, Taglöhner Ernſt Bauder, Schloſſer Albert Gropp, Metzger Robert Gropp, Landwirt Wilhelm Mit dem Liede„Ich hatt' einen Kameraden“ durch auf dem Grundſtück ein Wohnhaus erſtellt wird.— — Ablöſung der Anleihen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände. Für die Anmeldung der Rechtes des Altbeſitzes der vorſtehend erwähnten Anleihen iſt eine Ausſchlußfriſt feſtgeſetzt, die vom 2. Auguſt 1926 bis ein⸗ ſchließlich 1. November 1926 läuft. Die Banken werden für ihre Depotkundſchaft die für die Anmeldung der Rechte des Altbeſitzes erforderlichen Formalitäten ohne weiteres vornehmen, ſoweit die Stücke vor dem 1. Juli 1920 bei der betreffenden Bank ins Depot eingeliefert wurden und ſich ſeitdem ununterbrochen dort befinden. Für Stücke, die nach dem 30. Juni 1920 bei der Bank deponiert wurden, iſt ſeitens der Depotinhaber der Nach⸗ weis des Altbeſitzes zu erbringen. — Die Aufwertung. In dieſen Tagen iſt die Durch⸗ führungsverordnung zum Aufwertungsgeſetz über die Auf⸗ wertung von Guthaben bei Fabrik⸗ und Werksſparkaſ⸗ ſen ſowie der Anſprüche an Betriebs⸗Penſionskaſſen ver⸗ öffentlicht worden. In ihr hat die Reichsregierung die näheren Beſtimmungen getroffen, zu deren Erlaß ſie durch Paragraph 64 des Aufwertungsgeſetzes ermächtigt worden iſt. Die Artikel 1 bis 4 grenzen die Begriffe der Fabrik⸗ und Werksſparkaſſen und der Betriebs⸗Penſions⸗ kaſſen, der freiwilligen Zuwendungen des Arbeitgebers und der geſonderten Verwaltung und Anlegung des Kaſ⸗ ſenvermögens im Sinne des Paragraphen 63 Abſatz 2 Ziffer 6 des Aufwertungsgeſetzes im einzenen ab. Die Ar⸗ tikel 5 bis 8 enthalten eine ins einzelne gehende Regelung der Aufwertung der Fabrik- und Werkſparkaſſen. Hier iſt eine teilweiſe Rückwirkung, begrenzt mit dem 15. Juni 1922, vorgeſehen. Die weiteren Vorſchriften der Verord⸗ nung beſchäftigen ſich mit der Zuſammenſetzung der Auf⸗ wertungsſtellen und ihrem Verfahren. Für die Entſchei⸗ dung von allgemeinen Fragen, die für ſämtliche Kaſſen⸗ gläubiger eines Betriebes von Bedeutung ſind, iſt als Aufwertungsſtelle die nach der vierten Verordnung zur Durchführung der Verordnung über Goldbilanzen vom 28. Auguſt 1924 gebildete Spruchſtelle eingeſetzt worden unter Abänderung ihrer Zuſammenſetzung dergeſtalt, daß ihr auch eine den Gläubigerkreiſen naheſtehende Perſön⸗ lichkeit beigegeben worden iſt. — Das Heufieber iſt eine Anſteckungskrankheit, die manche Perſonen infolge von Einatmung der Dünſte des trockenen Heues befällt. Sie tritt als eine Art von Schnupfen auf mit heftigem Nieſen, Tränen der Augen und trockenem Huſten, während die Fiebererſcheinungen nur gering ſind. Die Krankheitserreger ſind die Pollen gewiſſer Gramineen. Mikroſkopiſche Unterſuchungen pon Profeſſor Dr. Dunbar haben ergeben, daß jene Pollen⸗ körper mit ſtabförmigen Körperchen angefüllt ſind, die ein das Heufieber verurſachendes Gift enthalten. Dunbar hat es durch Behandlung mit phyſialogiſcher Kochſalzlöſung und Füllung durch Alkohol iſoliert und ihm die Namen Pollentoxin gegeben. Es wirkt als ſolches nicht nur auf die Schleimhäute, ſondern, in Serum gelöſt, auch nach Einſpritzung geringer Mengen unter die Haut. Bei wei⸗ teren Verſuchen hat dieſes Serum ſich als Heilmittel dem ſpezifiſchen Heufieber gegenüber wirkſam erwieſen, bisher pflegten die Aerzte nach dem Vorgange von H. v. Helmholtz das Heufieber durch Einſpritzung von Chinin⸗ löſungen in die Naſe zu bekämpfen. Erntebräuche. Von H. Steffenhagen. 1 „Jakobi(25. Juli) iſt der Roggen reif“, und„kommt endlich Jakobstag heran, ſo muß die blanke Senſe dran“, beſagen alte Bauern⸗ und Wetterregeln. In die⸗ ſen Wochen beginnt in den einzelnen deutſchen Gauen die Getreiderente, hier etwas früher, dort etwas ſpäter, je nach der Beſchaffenheit des Bodens, ſeiner Lage und den klimatiſchen Verhältniſſen. Die meiſt kühle Witterung des Juni und eines Teiles des Juli bringen es mit ſich, daß in dieſem Jahre das Getreide ziemlich ſpät reift, während ſonſt, vor allem auf leichtem Boden, nicht ſelten die Halmfrüchte frühzeitig notreif werden. Für den Landmann iſt der Sommer die Zeit der Arbeit, der Ernte; für Feſtlichkeiten iſt in dieſen Monaten kein Raum. Wer jetzt hinauswandert aus der Enge der Straßen, zu den Stadttoren hinaus bis zu den gelben Getreidefeldern, der ſieht die braunen Schnitter an der Arbeit. Das iſt kein leichtes Werk, das da getan wird, und der Arbeitstag zählt nicht acht Stunden, ſondern faſt das doppelte, oft in Gluten der Sommerſonne, und für die Landleute gilt in dieſen Wochen im wahren Sinne des Wortes:„Im Schweiße deines Angeſichtes ſollſt du dein Brot eſſen.“ Dabei iſt nicht ſelten den Ertraa nicht ſö, wie er Wöhl ſem ſollte und könnte. Das tägliche Brok es iſt auch des Städters tägliches Brot, das in mühe⸗ voller Arbeit tagein, tagaus gemäht, auf den Erntewagen geladen und in die Scheuern gebracht wird, um dann in die Mühle und die Bäckerei zu wandern, wo der Städter während des ganzen Jahres ſeinen Bedarf decken kann. Der Landmann hält zäher an alten ſchönen Sitten N und Gebräuchen feſt als der Städter, und ſo umgibt auch heute noch die Erntezeit ein gut Stück Volkspoeſie, auf die der letztere mit Unrecht wohl zuweilen mit einem ge⸗ ringſchätzigen Lächeln herabſieht. Beſondere Bräuche knü⸗ pfen ſich an die erſten Aehren, die geſchnitten werden, und auch an die erſten Garben, welche gebunden werden, ſowie auch an die letzten Garben. Die erſten Aehren oder die erſte Garbe werden hier und da wohl noch an die Haustür oder anderwärts dem Bauern von dem Vorknecht oder Vormäher feierlich überreicht. Nach dem alten Volksglauben hielten ſie die ſchädigenden Geiſter von Feld und Haus fern, und dieſe Bräuche kennzeich⸗ nen ſich ſo als Reſte der alten Verehrung der erſten Aehren und Garben. Aehnliche ſinnbildliche Handlungen finden ſich auch bei der letzten Garbe. Auch aus ihnen ſpricht ein Stück Poeſie unſeres Landvolkes, wie auch ſonſt den Schnitt des Getreides mancherorts noch das Lied oder harmloſer Scherz begleitet. Frohſinn und Nek⸗ kerei geht auch dem Schnittervolk trotz der anſtrengenden Arbeit nicht verloren. Wer gar zu langſam mäht, wird von den anderen„ausgemäht“, oder wer allzu viel Halme ſtehen läßt, wird gefoppt und mit allerlei necken⸗ den Beinamen, wie zum Beiſpiel in Mecklenburg mit „oller Poggenſtäker“(Froſchſtecher) oder„Steinſöker“ Steinſucher) belegt, mit denen er während der ganzen Erntezeit gehänſelt wird. Faſt überall in Norddeutſch⸗ land hat ſich der uralte Brauch erhalten, den Gutsherrn, den Bauern und ihre Angehörigen, wenn ſie während der Erntezeit das Feld betreten und nicht ſelbſt mitarbeiten, zu„binden“, Das geſchieht dadurch, daß ihm ein Korn⸗ ſeil von beſonders dicken und vollen Aehren um den Arm gelegt wird, wobei die Schnitterinnen alte Ernte⸗ ſprüche aufſagen und den Gebundenen nicht eher freigeben, als bis er ſich durch eine Geldſpende losgekauft hat. Im Kornfelde, ſo meinten 0 dh Altvordern, hau⸗ ſten Weſen, die bald ſegnend, bald ſchädigend ihren Ein⸗ fluß auf die Ernte geltend machen, je nachdem ſich die Landleute zu ihnen ſtellen. Beim Mähen flohen ſie von einem Roggenſtück zum anderen und in der letzten Korn⸗ garbe wurde dann der Korngeiſt gefangen. Hieran er⸗ innern noch Bräuche, wie ſie ſich beſonders in Norddeutſch⸗ land finden. Die letzte Garbe nennt man„den Alten“, wohl eine Entſtellung des Namens des Göttervaters Wo⸗ dan. Auch die Gemahlin Wodans,„die Frau Gode“— ein anderer Name für„Frau Holle“— tritt bei Ernte⸗ ſitten als„Roggenmuhme“ oder als„Kornmuhme“ in Erſcheinung. Häufiger iſt ein anderer Dämonenkreis, der im Korn hauſen ſoll, und zwar in Geſtalt von allerlei Tieren. Neben dem Haſen und dem Kater iſt es vor allem der Roggenwolf, der auch den ſchlappmachenden Mäher holt, der eine Rolle ſpielt, auch noch in heute ſonſt ge⸗ bräuchlichen Redensarten, wie„der Wolf iſt im Korn“. Dem Roggenwolf ſchreibt das Volk auch die vom Winde hervorgerufene wellenförmige Bewegung des Getreides zu. 5 Dieſer Roggenwolf flüchtet ſchließlich in die letzte Garbe und wird mit ihr eingefangen. Dieſe wird dann bei dem Einfahren des Getreides beſonders aufgeputzt, mit Blumen und bunten Bändern verſehen und auf dem letzten Erntewagen heimgebracht. Hier wird ſie dann feierlich dem Bauern überreicht, der dafür den Schnit⸗ tern das Erntebier geben muß, oder ſie wird auch drei⸗ mal um die Scheune gefahren und dann in dieſer oder auf der Hausdiele aufgeſtellt. An dieſen alten, noch heute weit verbreiteten Brauch, dem ſich dann gewöhnlich das Erntebier, die„Ausköſt“ anſchließt, erinnert Schiller in ſeinem„Lied von der Glocke“ in den bekannten Verſen: „Schwer herein f 1 ſchwankt der Wagen, ö kornbeladen: bunt von Farben, auf den Garben liegt der Kranz, f und das junge Volk der Schnitter- fliegt zum Tanz.“ 1 9 Redaktion, Druck und Verlag: G Zimmermann Ww., Inh. G. Härdle, Seckenheim a. N. —ͤ—————— 112—— 2— Bekanntmachungen der Gemeinde Seckenheim. Jakob Erny. * Küenen in aparten, entzückenden prachtvollen Modellen zu verkaufen u haben in der Ein Echlachtſcwein Haussinsbüchlein erforderlich. Der Sportwart. urnberom 1895 Fefenbeln. 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