Samstag, den 28. Auguſt 1926(2. Blatt). Jur Tagesgeſchichte. Die deutſchen Eiſenbahnobligationn. In der Frag einer„Mobiliſierung“, d. h. einer pralktiſchen Nutzbar⸗ machung der deutſchen Eiſenbahnobligationen ſcheinen zur Zeit zwiſchen dem amerikaniſchen Staatsſekretär Mellon, dem Reparationsagenten Parker Gilbert und dem frühe⸗ ren engliſchen Schatzkanzler Horne neue Verhandlungen zu ſchweben, nachdem frühere Mobiliſationsabſichten in der Hauptſache an dem Widerſpruch des Reparation⸗agen⸗ ten geſcheitert ſind. Franzöſiſcherſeits würde man es lebhaft begrüßen, wenn man mit Hilfe der Obligationen einer Löſung der franzöſiſch⸗amerikaniſchen Schuldenfrage und der Kriegsſchuldenfrage überhaupt näherkommen könnte. Andererſeits verhehlt man ſich nicht, daß die Nutzbarmachung der Obligationen eine Aenderung des 1 vorausſetzt, und daß Deutſchland aa enderung nur gegen politiſche Zugeſtändniſſe mit⸗ machen würde und könnte. Da man bei uns in keiner Weiſe etwas dagegen hätte, wenn auf dem Wege über die Obligationsfrage das Verhältnis zwiſchen Deutſch⸗ land und Frankreich erleichtert und gebeſſert würde— und das wäre vielleicht zu erhoffen—, ſo mag daran er⸗ innert werden, daß die bisherigen Verſuche einer Regelung ſchließlich nicht durch deutſche Schuld geſcheitert ſind. Vielleicht muß man den jetzigen neuen Beſprechungen eine größere Bedeutung deshalb beimeſſen, weil man in Amerila den Zuſammenhang zwiſchen der Schuldenfrage und anderen großen ſchwebenden Problemen, wie zum Beiſpiel der Abrüſtung, in letzter Zeit wiederholt ſtark betont hat und weil nach unwiderſprochen gebliebenen Meldungen der amerikaniſche Staatsſekretär Mellon mit en europäiſchen Staatsmännern und Finanzleuten auf Grund beſonderer Anweiſungen aus Waſhington ver⸗ TPTTFFFFT 5 Ausführungsbeſtimmungen zu Artikel 48. Am dem vielumſtrittenen Artikel 48 der Reichsverfaſſung die von der Oeffentlichkeit geforderte feſte Grundlage zu geben, hat der Reichtinnenminiſter nunmehr die Ausführungs⸗ beſtimmungen zu dieſem Artikel 48 fertig ausgearbeitet. Sie werden dieſer Tage den zuſtändigen Reſſorts, dem Juſtizminiſterium und dem Reichswehrminiſterium ſowie den Landesregierungen zugehen. Kleinwohnungsbaukredite. Durch Geſetz vom 1. Juli iſt das urſprüngliche Geſetz über die Bereitſtellung des Blaukredits dahin abgeändert worden, daß die Zwiſchen⸗ —.— ̃ĩ(v wurzeln. kredite auf erſte Hypotheken für Kleinwohnungen nicht auf die Dauer von 12 bzw neun Monaten beſchränkt ſind, ſondern daß die Kredite allgemein bis zur Dauer von drei Jahren gewährt werden, wobei ſogar ein Teilbetrag bis zur Dauer von 15 Jahren gewährt werden kann. Wie wir erfahren, wird nunmehr auch die Verordnung über die Verwendung der für Reichsbeamte und ebedienſtete vorgeſchlagenen 10 Millionen erſcheinen. Die Verwaltung und Vergebung dieſes Betrages ſoll der Wohnſtättenbank übertragen werden, die auch die Siedlungskredite für ab⸗ gebaute Beamte verwaltet. Vollſtändige Verwelſchung Eupen⸗Malmedys. Die belgiſche Regierung hat beſchloſſen, das belgiſche Bürger⸗ liche⸗ und Handelsrecht auf die Gebiete von Eupen und Malmedy zu übertragen. Damit werden auch die letzten Reſte einer Sonderſtellung der beiden ehemals deutſchen Gebiete beſeitigt. Die franzöſiſche Preſſe begrüßt dieſen Beſchluß ſelbſtverſtändlich auf das Lebhafteſte. Ne Vereinfachung des Harteiweſens E Der vor einigen Wochen erfolgte Aufruf des ehe⸗ maligen Reichskanzlers Dr. Wirth, der die Gründung einer republikaniſchen Union ankündigte, hat die Frage der Vereinfachung unſeres Parteiweſens wie⸗ der mehr in den Brennpunkt der öffentlichen Aufmerk⸗ ſamkeit gerückt. Man weiß, daß Dr. Wirth den Gedanken, die Republikaner zu ſammeln, um ihren Einfluß auf die deutſche Geſetzgebung zu ſtärken, ſchon lange mit ſich herumträgt. Seine vielfachen Vorträge im letzten Jahre dienten dem gleichen Zweck. Die Bemühungen der Herren von Gayl und Dr. Jarres die aus Deutſchnationalen und Mitgliedern der Deutſchen Volkspartei beſtehende Ar⸗ beitsgemeinſchaft im preußiſchen Staatsrat zu einer gro⸗ ßen rechtsſtehenden Geſamtpaxtei im Reiche auszuweiten, haben den Unionsgedanken Dr. Wirths jedenfalls nicht veranlaßt. Man kann aber wohl ſagen, daß ſowohl für den Gedanken der Arbeits gemeinſchaft wie auch für den einer Republikaniſchen Union und ſchließlich auch für den einer liberalen Mitte, wie er von der Liberalen Vereinigung propagiert wird, ſtarke Stimmungen in der Wählerſchaft beſtehen. Im deutſchen Volke ſelbſt hat ſich eine ſolche Gruppierung ſchon längſt angebahnt. Sie ſpiegelt ſich ſehr deutlich in der man⸗ gelhaften inneren Homogenität unſerer großen Reichstagsfraktionen wieder, So ſind dieſe Blockbildungsverſuche kein Ausfluß utopiſcher oder rein theoretiſcher Ueberlegungen, ſie ſind in hohem Maße auch ſchon Ausdruck unverkennbarer parteipolitiſcher Sammlungstendenzen in unſerem Volle ſelbſt. 5 Sie ſind vielleicht auch ein parlamenkariſches Bedürf⸗ nis inſofern eine Umordnung unſeres Parteiſyſtems zu olchem einfachen Gefüge die realpolitiſche Haltung unſeres Reichstags ſtärken und ſeine politiſche Initiatſve beſchwin⸗ gen könnte. Das Zuſammengehen unſerer Reichstagsfrak⸗ tionen in den wichtigen Fragen der deutſchen Politik iſt heute insbeſondere durch den bei den großen Parteien herrſchenden Doktrinarismus ſehr erſchwert. Es gibt Na⸗ tionaliſten, die jedes Zuſammengehen mit Parteien, die etwa den Eintritt Deutſchlands in den Völkerbund befürworten, aus parteidogmatiſchen oder beſſer geſagt na⸗ tionalideologiſchen Gründen ſtrikte ahlehnen. Es gibt Sozialiſten, denen der Gedanke, in eine Regierung einzutreten, in der ſie nicht ſelbſt die volle Hegemonie in den Händen haben, als einen Parteiverrat anſehen. Es ö gibt politiſierende Katholiken, die ein politiſches Zuſammengehen mit kulturkämpferiſchen Konſervativen ebenſo verabſcheuen wie ein Zuſammengehen mit marxiſti⸗ ſchen Sozialiſten. Dieſe Tatſachen beſtehen, ſie zeigen deut⸗ lich, daß die politiſchen Einſtellungen zahlreicher Parla⸗ mentarier letzten Endes nicht beſtimmt werden durch rein olitiſche Motive, ſondern weit mehr durch Ueber⸗ N 9 5 außen⸗ oder überpolitiſcher Art, durch Grundſätze, die irgendwie in einer abſtrakten Ideologie 5 7——— a 2 N unte dieſer mißliche Zuſtand überwunden werden, ſo würden ſich in unſerem Reichstag neue Parteigruppie⸗ rungen wohl ſchon längſt vollzogen haben. Aber gerade dieſer Umſtand, der in ganz beſonderer Weiſe verhindert, daß ſelbſt benachbarte Parteien ſchnell zu politiſchen Ar⸗ beitsgemeinſchaften kommen, iſt auch der Grund dafür, daß ſich die einzelnen Parlamentarier für ſich in den verſchiede⸗ nen Parteien zuſammenfinden, um neue Parteigruppie⸗ rungen, die man für notwendig hält und entwicklungsreif geworden ſind, in die Wege zu leiten. Man muß alſo allen Verſuchen, das heutige Parteiſyſtem umzufor⸗ men, ſolange ſkeptiſch zuſehen, als ſich die für die Füh⸗ rung in Frage kommenden Parlamentarier nicht offen und rückhaltlos von dem Konventionszwang und der Ideologie ihrer angeſtammten Parteien freigemacht haben. Das iſt ſehr ſchwer, da ſolche konventionelle Ideologie das mora⸗ liſche Gewiſſen der Parlamentarier zu beherrſchen pflegt. Die Starre unſeres Parteiſyſtems wird noch verſtärkt durch unſer Wahlverfahren mit ſeiner Einrichtung der Liſtenkandidaten. Es hat die Parlamentarier von der Organiſation faſt vollſtändig abhängig gemacht. Dieſes Syſtem iſt ein Schutz für den geruhſamen Durch⸗ ſchnittspolitiker, es iſt ein Hemmnis für den tempera⸗ mentvollen Individualiſten in der Politik. Sobald er das Mißfallen ſeiner Organiſation gefunden hat, hilft ihm keinerlei perſönliche Tüchtigkeit mehr, ſeine führende Stelle in der Politik zu behaupten. Er hat keine Möglichkeit, ſich einen Wahlkreis zu erobern, zumal dieſe ja viel zu groß ſind. Um dieſe notwendige perſönliche Freiheit des Parlamentariers wieder zu gewinnen, ihm die Möglichkeit zu geben, ſich wieder als Vertreter des geſamten Volkes zu fühlen, wäre vor allem eine neue Wahl ordnung nötig. Erſt dann ad wohl auch erſt eine gute Ausſicht gefunden werden, daß ſich die ſo freier gewordenen Parlamentarier über die kon⸗ ventionelle Parteigrenze hinaus zuſammenſetzten, um die parteipolitiſchen Umgruppierungen vorzunehmen, die ſie vielleicht für notwendig halten. N Goldbeſtände und Geldumlauf der Welt. Eine Anterſuchung an Hand genauen Materials er⸗ gab, daß die Goldbeſtände der Welt für Ende 1913 auf 41,3 Milliarden Reichsmark zu beziffern ſind, wovon auf zentrale Goldbeſtände 24,3 Milliarden Reichsmark entfallen. Der Geldumlauf, d h. die Summe von um⸗ laufenden Goldmünzen und Papiergeld, iſt für Ende 1913 auf 60 Milliarden Reichsmark zu beziffern. Die Erfaſſung der Goldbeſtände und des Geldumlaufs in der Nachkriegszeit iſt einer ſtatiſtiſchen Erfaſſung erheblich leich⸗ ter zugänglich, da der Umlauf von Goldmünzen, von wenigen Ländern abgeſehen, keine Rolle mehr ſpielt. In der nebenſtehenden Ueberſicht iſt Wert darauf gelegt worden, auch die Goldbeſtände und den Geldum⸗ lauf der kleineren überſeeiſchen Länder und Kolonien reſt⸗ los zu ermitteln. Gegenüber der Vorkriegszeit ergibt ſich, daß die„monetären Goldbeſtände“ eine Erhöhung nicht erfahren haben. Ende 1925 ſind die Goldbeſtände der Welt mit 41,6 Milliarden Reichsmark gegenüber 41,3 Milliarden Reichsmark Ende 1913 zu beziffern. Es zeigt ſich alſo, daß trotz der beträchtlichen Goldproduktion der Welt, die für den Zeitraum von 1914 bis 1925 unge⸗ fähr 19,6 Milliarden Reichsmark beträgt, eine Steigerung der monetären Goldbeſtände der Welt nicht eingetreten iſt. Der induſtrielle Verbrauch hat in den letzten zwölf Jahren bedeutende Goldmengen der monetären Ver⸗ wendung entzogen. Die Verarmung Europas hat zwar dazu geführt, daß die Verwendung des Goldes für Schmuckzwecke in Europa beträch lich herabgedrückt worden iſt, andererſeits zeigt ſich in den reich gewordenen über⸗ ſeeiſchen Ländern, namentlich in den Vereinigten Staa⸗ ten von Amerika, eine ſtarke Zunahme der gewerb⸗ lichen Verarbeitung von Gold. Vor allem iſt zu beach⸗ ten, daß die indiſche Bevölkerung ihren im Kriege er⸗ worbenen Reichtum faſt ausſchließlich in Gold angelegt hat. Es verſtärkt ſich alſo der Eindruck, daß in der Welt noch„latente“ monetäre Goldbeſtände vorhanden ſind. DSE STK NME unð̈ EDU ur 786. obER WELT VVo[[ e oe idumaauf Der Geldumlauf der Welt iſt für Ende 1925 auf 78,4. Milliarden Reichsmark gegenüber 60 Milliarden Reichsmark in der Vorkriegszeit zu beziffern. Dieſe Er⸗ höhung iſt in der Hauptſache darauf zurückzuführen, daß die Erhöhung des Weltmarktpreisniveaus um rund Prozent, die gegenüber der Vorkriegszeit eingetreten iſt, den Jahlungsmittelbedarf der Welt durchweg erhöht hat. Jedoch bleibt die Zunahme des Geldumlaufs hinter der Steigerung des Weltmarktpreisniveaus zurück. Seiner Kaufkraft nach iſt alſo der Geldumlauf in der Welt heute geringer als in der Vorkriegszeit. Während die Goldbeſtande der Welt in ihrem Ge⸗ ſamtumfang unverändert geblieben ſind, iſt in ihrer Ver⸗ teilung auf die einzelnen Gebiete der Weltwirtſchaft eine weſenkliche Verſchiebung eingetreten. Europas Anteil an dem Goldbeſtand der Welt iſt von 58,8 auf 32, Pro⸗ zent geſunken. Der Anteil der Vereinigten Staaten von Amerika hat ſich von 19,1 auf 44.5 Prozent erhöht. Der Anteil der übrigen Welt iſt ungefähr gleich ge⸗ blieben. Aber auch innerhalb dieſer übrigen Welt, d. h. in den Teilen der Weltwirtſchaft, die außerhalb Euro⸗ pas und der Vereinigten Staaten liegen, iſt eine Am⸗ ſchichtung vor ſich gegangen. Der Anteil der britiſchen Kolonien uſw. ist bemerkenswert zurückgegangen, dafür iſt der Anteil der ſelbſtändigen überſeeiſchen Staaten ſtark gewachſen. Dieſer Vergleich läßt erkennen, wie ſehr England die Goldbeſtände ſeiner Kolonien zur Finan⸗ dierung des 8 Weltkrieges herangezogen hat.. Reichs vorſchriſten für den Kraſtfahrzeugverkehr Der Reichsverkehrsminiſter hat eine neue Verord⸗ nung über den Kraftfahrzeugverkehr erlaſſen, in der we⸗ ſentliche Aenderungen des bisher geltenden Rechtes ent⸗ halten ſind. Den Kernpunkt dieſer Aenderungen bildet eine Vereinheitlichung der Fahrvorſchrif⸗ ten für Kraftfahrzeuge, der deshalb eine beſondere Bedeutung zukommt, weil dieſe Materie bisher landes⸗ rechtlich und demgemäß ſehr widerſpruchsvoll geregelt war. Ein einheitlicher Rechtszuſtand iſt jedoch gerade im Automobilverkehr, der keine Grenzen zwiſchen den Län⸗ dern kennt, beſonders erforderlich und begrüßenswert. Es ſoll im folgenden eine kurze Darſtellung der Verord⸗ nung vom 28. Juli gegeben werden. Als Dunkelheit gilt„in den Monaten April bis September die Zeit von einer Stunde nach Sonnenunter⸗ gang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang, in den übri⸗ gen Monaten die Zeit von einer halben Stunde nach Sonnenuntergang bis einer halben Stunde vor Sonnen⸗ aufgang“. 0 a N In der Beſtimmung der bisherigen Verordnung über die Ausrüſtung jedes Fahrzeuges ſind zweier⸗ lei Aenderungen getroffen worden: erſtens brauchen von nun an nicht mehr alle Laſtkraftwagen, ſondern nur noch die,„deren Eigengewicht zuzüglich der zuläſſigen Belaſtung 3500 Kilogramm überſteigt“, an der linken Seite mik einem Spiegel verſehen zu ſein, der dem Führer die Beobachtung der Fahtbahn nach rückvärts ermög⸗ licht. Ein neu eingefügter Abſatz des Paragraphen 4 trifft Vorſorge, daß die Ladung ſo verteilt, verwahrt oder befeſtigt ſei, daß weder Perſonen noch Sachen be⸗ ſchädigt oder verunreinigt werden können. In der Vorſchrift über die Verantw ortlich⸗ keit des Führers für ordnungsmäßige Beſchaffenheit des Kraftfahrzeugs hinſichtlich der polizeilichen Kennzei⸗ chen, der Beleuchtung, der Belaſtung iſt noch hinzugefügt worden, daß der Halter eines Kraftfahrzeuges die Inbe⸗ triebnahme nicht anordnen oder zulaſſen darf, wenn ihm ein Mangel bekannt iſt, hierdurch iſt die Verantwortlichkeit in dieſer Hinſicht über den Führer hinaus auf den Halter ausgedehnt worden. Wenn ſich unterwegs Mängel ein⸗ ſtellen, ſo hat der Führer für Abhilfe zu ſorgen. Paragraph 21 der bisherigen Faſſung hatte nur ganz mangelhafte und unzulängliche Richtlinien über die eigentlichen Fahrvorſchrifken gegeben. Durch die Erſetzung des bisherigen Paragraphen 21 durch die Pa⸗ ragraphen 21 bis 21g ſind hier nunmehr ganz ge⸗ naue Beſtimmungen getroffen worden. Danach hat der Führer mit ſeinem Kraftfahrzeug, ſoweit nicht beſon⸗ dere Umſtände entgegenſtehen, die rechte Seite des We⸗ ges einzuhalten und darf die linke Seite nur beim Aeber⸗ holen oder beim Anhalten an links liegenden Grund⸗ ſtücken, ſoweit dies örklich nicht verboten iſt, benutzen. Beim Durchfahren von ſcharfen oder unüberſichtlichen Weg⸗ krümmungen iſt ſtets die rechte Seite einzuhalten; beim Einbiegen in einen anderen Weg iſt nach rechts in kur⸗ zer Wendung, nach links in weitem Bogen zu fahren. Entgegenkommenden anderen Wegebenutzern iſt rechtzei⸗ lig und genügend nach rechts auszuweichen oder gegebenen⸗ falls zu halten, bis der Weg frei iſt. Schienenfahrzeugen jedoch iſt nach links auszuweichen, wenn es der zu kurze Abſtand zwiſchen Schiene und rechten Wegrand nicht anders zuläßt. Für das Ueberholen anderer Wegebenutzer iſt die linke Seite zu wählen, bei Schienenfahrzeugen(. B. Straßenbahnen) jedoch die rechte. An einer Halteſtelle haltende Schienenfahrzeuge dür⸗ fen nur in Schrittgeſchwindigkeit und ſoweit dadurch die aausſteigenden Fahrgäſte nicht gefährdet werden über⸗ holt werden. An unüberſichtlichen Wegeſtellen und an Stellen, an denen die Fahrbahn durch andere Wege⸗ benützer oder in ſonſtiger Weiſe beengt iſt, iſt das Ueber⸗ holen gänzlich verboten. N Für den Verkehr an Kreuzungen und Ein⸗ mündungen von Wegen gilt die Vorſchrift, daß das aus einem Hauptverkehrswege kommende Kraftfahrzeug die Vorfahrt hat gegenüber dem aus einem Seitenwege kom⸗ menden; im übrigen hat ſtets das von rechtskommende Fahrzeug die Vorfahrt. 8 Von beſonderer Bedeutung iſt eine neue Beſtimmung, N derzufolge der Führer nicht von dem Fahrzeug abſteigen darf, ſolange es in Bewegung iſt, und ſich nicht von ihm entfernen darf, ſolange die Maſchine oder der Motor läuft. Er darf das Fahrzeug nur verlaſſen, nachdem er die erforderlichen Maßnahmen zur Vermei⸗ dung von Unfällen und Verkehrsſtörungen getroffen, ins⸗ beſondere die Vorrichtung in Wirkſamkeit geſetzt hat, die die Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch einen Unbe⸗ fugten verhindert. ö* Den ſonſtigen Veränderungen kommt gegenüber den erwähnten grundlegenden neuen Vorſchriften nuc eine untergerodnete Bedeutung zu. —————— —.——„ Turnen Sport Spiel. * Neuer Höhenweltrekord. Der franzöſiſche Flieger Callezo hat den von ihm ſelbſt aufgeſtellten bisherigen Höhenweltrekord von 12066 Meter gebrochen. Er er⸗ reichte nach Ausweis des ſorgfältig geprüften Barographen eine Höhe von 12800 Meter. „Wichtige Termine des Deutſchen Fußballbundes. Der D. F.⸗B. gibt folgende wichtige Termme bekannt: Das Länderſpiel Holland— Deutſchland findet am 31. Oktober 1926 in Amſterdam ſtatt. Die Vorrunde um den Bundespokal wird am 10. Oktober, die Zwiſchenrunde am 14. November ausgetragen: * Mißerfolg der Kanalſchwimmer. Die vier Kanal⸗ ſchwimmer, die vom Kap Griz Nez nach der engliſchen Küſte ſchwimmen wollten, hatten kein Glück. Die Ameri⸗ kanerin Cannon mußte den Verſuch wegen heftigen Seitenſtechens aufgeben, nachdem ſie 4,5 Meilen zurück⸗ gelegt hatte. Sie weinte, als ſi: an Bord genommen wurde. Vierkötter gab den Kampf wegen Nebel nach zehn Stunden auf und der Franzoſe Le Driant nach ſechs Stunden. Am meiſten Pech hatte Otto Kemmerich. Nach⸗ dem er ſechs Stunden und 10 Minuten in ſchnellem Tempo geſchwommen war, wurde er 6 Meilen von der engliſchen Küſte entfernt von einem Delphin angegriffen, der ihm ſchwere Verletzungen in der Magengegend beibrachte. Kem⸗ merich ſah ſich infolgedeſſen gezwungen, ſofort das Be⸗ gleitſchiff zu beſteigen, und ſeinen Verſuch der Kanal⸗ Überquerung aufzugeben. Die Blätter berichten ausführ⸗ lich über die dramatiſchen Begleitumſtände dieſes Ver⸗ ſuches. Es iſt noch nicht feſtgeſtellt, ob Kemmerich nur von einem Delphin angegriffen wurde oder ſogar von einem Haifiſch. Kemmerich ſoll in halb bewußtloſem Zuſtand aus dem Waſſer gezogen worden ein. 1 ö 1 1 1 1 tergrunde des Intereſſes. ** Aus der Werkſtatt der Hausfrau. Was die Herbſtmode bringt. Der Herbſt kommt immer näher, und in der Frauenwelt taucht die Frage auf: Was iſt für dieſe Jahreszeit für mich das Praktiſchſte und Kleidſamſte? Die Sommerkleider verſchwinden mehr und mehr vom Straßenbild, und Mantelkleider aus weichem Rips mi Pelzbeſatz tauchen an ihrer Stelle auf. Wer die Som⸗ merkleider noch weiter tragen will, zieht einen Herbſtmantel aus großkariertem Stoff darüber oder einen einfarbigen, der mit Stepperei oder hellfarbigem Pelz beſetzt iſt. An erſter Stelle ſteht aber wiederum neben dem Complet das Koſtüm, und hierbei taucht ganz beſonders die Frage auf, was für Bluſen dazu nett und kleidſam ſind. Die Bluſe ſtand in den vergangenen Jahren weit im Hin⸗ s Jetzt, da uns das Koſtüm in Smoking⸗ form oder mit loſe gearbeiteter Jacke wiedergegeben iſt, iſt auch die Bluſe wieder modern geworden. Sie hat ſich gegen frühere Zeiten weſentlich zu ihrem Vorteile verändert. Denn man konnte nicht gerade ſagen, daß jene Bluſe, die im Rock getragen wurde, und hinten oder vorne aus dieſem herausrutſchte, ſchick und elegant gewirkt hat. Die heutige Bluſe wird ausſchließlich über dem Rock getragen. Ganz gleich, ob ſie mit oder ohne Gürtel gearbeitet iſt. Beſonders beliebt ſind dazu die verſchiedenfar⸗ bigſten Crepe de Chine und Crspe Marocains. Auch gemuſterte Seidenſtoffe oder farbige Wollſtoffe können gut dazu verarbeitet werden. Mit Aufputz darf nicht übermäßig verſchwenderiſch um⸗ gegangen werden. Der Hauptſchmuck muß von Farbe und Mach⸗ art beſtritten werden. Außerdem wählt man abſtechenden Stoff für Kragen und Manſchetten, diskret eingeſetzte Handhohlnähte und ſchmale eingebügelte Falten oder Pliſſees. Durch Mantel und Bluſe kann alſo die ſchwierige Frage: Was ziehe ich im Herbſt an? weſentlich erleichtert werden. Auch ein ſchwarzer Seiden⸗ oder Taftmantel und darunter ein leichtes, farbiges Woll⸗ und Seidenkleidchen wirken äußerſt reizvoll und 1 es den Damen, zu jeder Gelegenheit gut und nett dteguſehen. Dreiteiliger Kaffeewärmer mit Lochſtickerei, Ovale Büfettdecke mit Lochſtickere! den Rändern. Chine für Konfirmandinnen. Säumchen genäht, anſetzt. Capekleid aus blauem Rips mit Lingeriekragen und weißem Wildleder⸗ gürtel. 4 9288 Faltenpartien geben dem Rock eine größere Weite. Das Cape iſt auf den Schultern gereiht. 9 Louiſe. ſtickerei. 0 Stickerei und Filetmotiven. L 5125. Konfirmationskleid aus ſchwar⸗ Jan Crspe Georgette mit Beſatz aus Atlas⸗ and. Der rückwärts knöpfenden Bluſe falt ſich ein Doppelrock an, deſſen Pliſſee⸗ alten unten aufſpringen. Rüſchenbeſatz an L 5124. Kleid aus ſchwarzem Crepe de Unten aus⸗ gebogte lange Bluſe, der ſich der Rock, in Harmonierend ſind die Aermelpuffen eingearbeitet. J 2112. Blauer Leinenanzug mit aufge⸗ knöpftem Beinkleid und weißer Ripsgarni⸗ tur für Knaben von 4—6 Jahren. J 2113. Anzug aus blauem Wollſtoff mit aufgeknöpftem Beinkleid und weißer Piqusé⸗ garnitur für Knaben von 4—6 Jahren. 0007 W 30 086. Beinkleid aus feinem Linon mit Loch⸗ W 30 087. Beinkleid aus Crope Georgette mit 0 SAu= Edith. Smoking ⸗ Koſtüm aus rötlich braunem Woll⸗ rips. Schmuckloſer, enger Rock. Dazu geſchweifte Jacke mit eingeſetzten Taſchen und ſchlankem Reverskragen. Die Flaſchenpoſt. Humoreske von Friedrich Hennecke. 5 f(Nachdruck verboten.) 3 Nachdem Horſt Sonnenhuber ſein Staatsexamen beſtanden und nach dem bald darauf erfolgten Tode ſeines Vaters ein nicht unbeträchtliches Vermögen geerbt hatte, legte es ihm ſeine Mutter täglich nahe, ſich zur Vervoll⸗ .. der irdiſchen Glückſeligkeit eine Frau zu nehmen. Jedoch hatte Sonnenhuber junior keine beſondere Eile damit und meinte, dieſen nur ſelten wieder gutzumachen⸗ den Schritt ins Reich der Feſſeln noch früh genug machen zu können. Vorläufig war ihm ſeine goldene Freiheit noch lieber trotzdem er im allgemeinen kein Verächter roſiger Mädchenlippen war. Aber ſich zu binden für Zeit und Ewigkeit, das behagte ihm denn doch noch nicht. Inzwiſchen waren aber fünf Jahre ſeit dem Tode ſeines Vaters verfloſſen und in dem Geſichte ſeiner Mutter machten ſich die Zeichen des Alters von Tag zu Tag mehr bemerkbar. Gewiß, er ſah ein, daß eine junge Frau ins Haus gehörte. Aber welche? Die Damen ſeiner Bekannt⸗ ſchaft mit ihren übermodernen Anſichten behagten ihm nicht. Sie langweilten ihn. Ihre Bubiköpfe erweckten ſeinen Abſcheu. Ihr Benehmen war affektiert und wider⸗ ſprach ſeiner Auffaſſung von einer echten, deutſchen Haus⸗ rau. Es märe ihm ein Leichtes geweſen, eine von ihnen zu ſeiner„beſſeren Hälfte“ zu machen— aber nein— lieber Junggeſelle bleiben zum Leidweſen ſeiner Mutter, als ſo ein Modepüppchen heiraten. Das war und blieb ſein Vorſatz trotz aller Verlockungs⸗ künſte des weiblichen Geſchlechts. Seine Mutter hatte es längſt aufgegeben, noch irgendwelche Andeutungen in dieſer Richtung hin zu machen, der Blick ihrer Augen aber, als er in dieſem Jahre ſeine Reiſe nach dem Allgäu antrat, verriet mehr, als Worte es tun können. Mit einem ver⸗ heißungsvollen Lächeln nahm er von ihr Abſchied, denn er hatte ſelbſt das Gefühl, daß dieſe Reiſe ins herrliche Land der Bayeriſchen und der Tiroler Alpen beſtimmend für ſein weiteres Lebensſchickſal ſein würde. Ahnungen aber trügen ſelten. Und er beſchloß, dem Fatum freies Recht über ſeine Perſon einzuräumen. i Zunächſt allerdings ſchienen ſich ſeine Erwartungen nicht zu erfüllen. Er wanderte über die wildromantiſchen Berge, durchkletterte enge Schluchten und tiefe Täler, machte wiederholt Reiſebekanntſchaften, aber eine innere Stimme ſagte ihm jedesmal:„Das iſt die Richtige voch nicht!“— N 5 5 f Eines Tages beſuchte er nun den im Allgäu ge⸗ legenen Alatſee, der mit zu den traulichſten Gebirgsſeen der Alpenwelt gehört. Verſonnen ſtand er beim Anblick dieſes von hohen Felſen eingeſchloſſenen blaugrün ſchim⸗ mernden Waſſers, und eine beſondere Luſt erfaßte ihn, auf einem der bereitſtehenden Kähne eine Rundfahrt zu machen. Nachdem er für wenig Geld einen Kahn für eine Stunde erſtanden hatte, warf er ſeinen Oberrock ab und klauderte mit kräftigen Schlägen davon. Nun geht von dieſem See die Sage, daß er einſt einer Witwe gehörte, die ihn an die Kloſterherren der Stadt Füſſen verpachtete. Aus der jahrelangen Pachtung leiteten dieſe zuguterletzt ein Eigentumsrecht her. Es entſtand ein langwieriger Streit, den aber das Kloſter gewann. Aus Rache darüber verſenkten die Söhne der Witwe zahlreiche Tannen mitſamt den Aeſten in den See, die jetzt noch in der Tiefe liegen ſollen, ſo daß es nicht möglich iſt, mit Netzen darin zu fiſchen. Horſt Sonnen⸗ huber hatte von dieſer Sage gehört un, ſchaute gedanke voll in die unergründliche Tiefe. En gotte die Riem eingezogen und ließ den Kahn treiben, wohin er woll! Seine Gedanken waren lo weit fark. Don er Aidit meril. 9 924 daß er mit einem Male mitten im Schilf ſteckte. Erſt das Rauſchen der Schilfpflanzen weckte ihn aus ſetner Träu⸗ merei Er ſchaute verwundert um ſich und wollte zu den Riemen greiſen. In dieſem Augenblick fiel ſein Blick auf eine Flaſche, die zwiſchen dem Schilf ſchwamm und leiſe hin⸗ und herſchaukelte. Einige kleine Schläge genügten, und er hielt ſie in ſeinen Händen. Es war eine gewöhn⸗ liche Bierflaſche, feſt verkorkt und verſiegelt, aber ohne Flüſſigkeit. Nur ein Zettelchen lag auf dem Boden.„Ah, eine Flaſchenpoſt,“ murmelte Sonnenhuber und machte ſich daran den Fluſchenverſchluß zu löſen. Das verurſachte mehr Mühe und Auſtrengung, als er gedacht hatte. End⸗ lich hatte er den Pfropfen heraus und hielt, nachdem er wiederholt geſchüttelt hatte, einen Zettel in der Hand. „Merkwürdig,“ dachte Sonnenhuber,„daß ihn noch keſuer gefunden hat“ denn nach ſeiner Vergiſbtheit wißt er ſchon viele Jahre ſamt der Flaſche im Waste getegen haben. Neugierig entfaltete er ihn und—— das laſen ſeine immer größer werdenden Augen?„Wer wie ich das Schickſal entſcheiden laſſen und auf dieſera Wege zu einer guten und lieben Frau kommen will, der lenke ſeine Schritte nach Füſſen, Augsburger Str. 3, und überbringe der Schreiberin dieſen Zettel. Er frage nach Maria Geier und ſage, er komme in einer perſänlichen Angelegenheit.“ Ganz unten ſtand die Jahreszahl: 1890. Horſt lachte! Sollte das eine Fügung des Schickſals für ihn ſein?“ Unmöglich; denn jene Maria Geier war wahr⸗ ſcheinlich auch ohne des gewollten Schickſals Willen längſt verheiratet— und— wenn nicht, dann könnte ſie ſicher eher ſeine Mutter als die ihm vom Schickſal beſtimmte Frau ſein!— Er wollte alſo Flaſche und Zettel wieder ins Waſſer werfen. Doch plötzlich überkam ihn in Gedanke: Was würde jene Schreiberin— angenommen, ſie lebte noch— ſagen, wenn ſie erführe, daß erſt nach 35 Jahren ihr Zettel„an den Mann“ gekommen iſt? Und er beſchloß, nach dem nahen Füſſen zu wandern und ſich nach ihr zu erkundigen.— f Nach 1½ Stunden ſtand er vor dem bezeichneten Hauſe. Das Herz klopfte ihm doch, als er die Treppen emporſtieg. Wie gebannt blieb ſein Auge haften, als er an dem einen Türſchild im zweiten Stockwerk den Namen „Maria Geier“ las. Sollte er klingeln oder nicht? Aus dem Innern der Wohnung drangen ihm die Töne eines Klaviers und der Geſang eines weiblichen Weſens entgegen. Doch kurz entſchloſſen drückte er auf den Klingelknopf. Er hörte, wie der Geſang und das Klavierſpiel abbrach, vernahm das Oeffnen und Schließen mehrerer Türen und vor ihm ſtand, nachdem ſich die Flurtür geöffnet hatte, ein etwa 20jähriges Mädelchen, das nach ſeinem Begehr fragte. Horſt drehte, ein wenig befangen, ſeinen Hut in der Hand und ſprach:„Könnte ich vielleicht Fräulein Maria Geier ſprechen— in perſönlicher Angelegenheit.“ 3 Erſtaunt blickte ihn die Angeredete an: 7 „Fräulein Maria Geier— das bin ich ſelbſt!“ „Sie ſelbſt?— o nein, meine Gnädigſte, das Fräu⸗ lein Maria Geier, das ich zu ſprechen wünſche ſind Sie nicht. Oder wollen Sie etwa behaupten, daß Sie vor 35 Jahren dieſen Zettel, den ich heute als Flaſchenpoſt im Alatſee gefunden habe, geſchrieben haben 21“ 5 Verwundert las ſie den Zettel und brach ebenfalls in lautes Lachen aus. a n „Nein, mein Herr, ganz ſo alt bin ich, wie Sie wohl ſehen, denn doch nicht. Aber die Schrift iſt die meiner Tante, bei der ich hier zu Beſuch bin. Treten Sie bitte näher.“ f 0 5 Und in wenigen Augenblicken ſtand Horſt vor einer etwa fünfzigjährigen Dame, der Schreiberin des Zettels. Die Auftlärung über den Zweck ſeines Beſuches hatte Horſt bald gegeben, die war aroß.. 1 erwunderung und Freude „Wie Sie ſeyen, Herr Sonnenhuber, hat's auch das Schickſal mit mir nicht gut gemeint. Denn ich bin noch heute unverheiratet. Meine Nichte, die einzige Tochter meines Bruders, iſt der Sonnenſchein meines Lebens. Ich bereue nicht, obne Mann durchs Leben gegangen zu ſein! Doch das Auffinden meiner Flaſchenpoſt nach ſo vielen Jahren ſoll ordentlich gefeiert werden.“— Horſt mußte zum Abendeſſen dableiben und aus ſeinem Leben erzählen. Maria, die Jüngere, lauſchte wie gebannt ſeinen Worten. Es verſtand ſich von ſelbſt, daß er auch zum Mittageſſen des nächſten Tages eingeladen wurde. Und dieſer Einladung folgten weitere. Die Herzen der beiden heiteren jungen Menſchen⸗ kinder kamen ſich von Tag zu Tag näher— und als er kurz vor ſeiner Abreiſe die entſcheidende Frage an ſie ſtellte, da fiel ſie ihm wortlos um den Hals. 1 So hatte die Flaſchenpoſt doch Schickſal geſpielt! Horſt Sonnenhuber hat dieſer Schickſalsfügung zeit⸗ ) 55 Vermiſchtes. O Wie die Alten ſungen... Wie der„Philadelphia Record“ meldet, mußten in der alten Quäkerſtadt Phi⸗ ladelphig drei Gemeindeſchulen vorübergehend wegen alkoholiſcher Erkrankung der Schüler geſchloſſen werden. Die eingehende Anterſuchung hat er geben, daß ſich die Jugend nach dem Beiſpiele der Alten an den im Hauſe hergeſtellten Getränken in hohem Maße gütlich getan hat. Unter dieſen Getränken ſteht an erſter Stelle das hausgebraute Bier, in deſſen Herſtellung die amerikaniſchen Hausfrauen unter der Herrſchaft des Antialkoholgeſetzes bereits eine bedeutende ertigkeit erlangt haben. Das ſelbſtgebraute Bier hat, wie ei dieſer Gelegenheit feſtgeſtellt wurde, einen Alkohol⸗ gehalt von 5—6 Prozent, alſo doppelt ſo viel wie das in Amerika verpönte Lagerbier. Wanderten früher Hopfen und Malz in die Gärbottiche der Brauereien, ſo nehmen ſie jetzt ihren Weg in die inden g der Hausfrauen. In jeder Tageszeitung befinden ſich Dutzende von Inſeraten, die dieſe Artikel anpreiſen. Jeder„Spezial⸗Malz⸗ und Hopfenextrakt⸗Packung“, die in allen Läden zu haben ſind, iſt eine ausführliche Gebrauchsanweiſung über die weiteren Verwertungs möglichkeiten dieſes Artikels beigefügt. Kein Wunder, daß fig die Amerikaner ſo ſchnell mit dem Pro⸗ abgefunden haben und ſelbſt die Jugend den 54 e verbotenen Früchten, die bekanntlich immer am beſten ſchmecken, einen beſonderen Geſchmack abgewinnt. 8 O Eindrücke einer Sehendgewordenen. In der kleinen Stadt Octa Terry im amerikaniſchen Staate Ohio wurde vor 25 Jahren ein Mädchen geboren, das blind war und dem auch die Aerzte nicht helfen konnten. Seit dieſer Zeit hat aber die ärztliche Wiſſenſchaft erhebliche Fortſchritte gemacht, und jetzt wird gemeldet, daß es ge Ale ge⸗ lungen ſei, durch eine glückliche Operation das Mädchen ſehend zu machen. Das erſte, was die Glückliche nach 25 Jahren, die ſie in Finſternis zugebracht hatte, zu ſehen wünſchte, war das Angeſicht der Mutter, und als ſie es zu ſehen bekommen hatte, da ſagte ſie, daß ſie niemals ge⸗ glaubt hätte, etwas ſo Schönes ſehen zu dürfen. Dagegen war ſie ganz beſtürzt, als ſie ſich ſelbſt im Spiegel ſah. Das ſoll ich ſein?“ fragte ſie immer und immer wieder und ſtierte in den Spiegel.„Ich bin wahrhaftig nicht hübſch, und doch glaubte ich immer, daß ich es wäre...“ Sie hatte Angſt vor den erſten Automobilen und Eiſenbahnzügen, die ſie ſah, und meinte, daß es Antiere wären, wie die, von denen in den Sagen d Rede ſei. Als man ihr aber deren Zweck auseinandergeſetzt hatte, legte ſie das größte Intereſſe für ſie an den Tag. Sie hat alsbald beſchloſſen, zu arbeiten, um ihre Mutter unterſtützen zu können, die i kinn lichen Verbältniſſen lebt. ein ſehr kümmer⸗ — ꝗ— 13 5 Inv pegszemsuegeg zd uuflun meg reuig Runcgnjchs uloa 41 segunen d seg jeſdliogz Sog zem zer uezuvgoch ueehnmebzeguvufecpeng udufel uf eino— ue usg unge ophiackejog uenpg 5 zeufe Ind sohivfept undupadlekt ac u 1 ge 10 flezg ue 5 ang 1e— bc ugs uebignucpleiſeann esd bang 3 HBunfloh tag led snv uebroß uenvas mr zog 818 N on ag u eee IIIA „uso nb pon ned e e de eee s nm uognmhßpleg po ud ci uche seſjeu ule „ ol Ava cpu ae en ech eee ene“ . dhe efuuoz zds a„igel „uegeles fu ug egg c leds“ „—= jeher udp usgheleb unzec usleid 18 go nuss 18 ug tegen rei in sog reger eee ledsp nic Sou Tepper„eee ales r los“ „Uohpifur iq dv obigpu ade aule ic in p oa ueuuezze zögere ee eg „Uu lee e uu; 110 p roa Begquenog uelvich seg eigdvabo fog ed fl zeſjvegz „eig Tees 8e 8“ „udqog ne uche jeu eue een nec eee ene e“ „ ubgog neue eue een eig mol 2)“ a eharcpl rafivgz „Tec neue e ec ue eg“ „les „son zen use 1208“ „Ales“ „&tuubzeg zehn nul sp deluognvifs uoa uozvog ue fc neue e“ „Ae quv lues“ „e aupulefu eis uuns reiegd“ o ron ee an eee beende, „uc een dune ue! 18 ug Auol ue ne eddie 400 uca cpu og zu neue eig“ „ 4% l sd S“ ui eigckvadozogch use zee zeig zumo 180 ü 5„eie Tele e e „Ae ueupzſ med dun ug suuez&“ ö„41 1g N „June uleuse uogz“ up sohgelech ssd ue! bai g dun ebene uns eipinſeß sz se „— Auogs aunerd% giagigpo gd eic“ gn rev 'Uefogzea pnaaqpppg O ug Seινỹjüeuονο D ανν αννmuuie νο viiνοiνν ονν,, Mancuso. uod uno ilona Hahzolqg 31 „ahnledule eis z eee eee en e un e üs eig“ „uUdzequv zb jeicnegz mogß“ .„o llleq uogz“ „ell uesfpesa bin 01 sog eines“ „esl oindg nic“ „ Meicleb eiu pan sog S e“ „ vbleidg zbigpusqzemeß ule eis quis“ efqnvid ueugeuzea ne inne zeüagziebvc zo Puuggaegun uetphpniunz sog uv gg usage pp o sun duet nee uegef ud jeg epfpg rollo ꝛ8 „ee ugeflregz uehunlzeuntps sgiebvg Auel Jean eig 21S usb gun wu eis uefoanub unu old Indes s, vg 1 vl v5“ „ uefbreß sjezg used u: binpine ea unzng uu auge oijcplſpz 195 98 a„hh ο e 411 od ede uur eee mee een ehen e 1 zug 18 neun uescpoalnv ens siv gun 4 jf 268 9 ingueh elne ne Gi eis uso sib zn lun! use os“ zollen a0 de„ een ee ee e iin eee en neee eee„ uscrehijs“ N„e füuiune ueeeh eneinog ugs ug un eue ne neh nee ben bee enz“ Bunugeuzeg eig uupdeg epi argos gc ue eue be nene be eule v egvulnzz Gyozg luz ug uv iges ei Te epd u e eee ue neaunzs bu ze pie ianmaß eugpunboc ecuesüpgzziqm eſq u ru dd Jönegeb zeig dec uehp! zuvqtjoch auie Inv uin faanles Bunugeuzegz ine zune 812 ge ul ufeeuse zeec g eig meg snv vos ue uf 1 10 211 ehe Aue ued aufe 210 eckcenfusefg uebdus 00 ushieif ⸗npuich ulieg ug uebi og uemupine snoluvꝛegels Saule unenvcpg ueſle ueg zehun eq 1 ohengaf ng ue pn 1c u usbunjcpliea segigaebgvich Sause ue uuesg uda zkepjogz cn einde ente febkioqz sed uo T ue avenue uf usbogz ꝛ00 8117 eue 1% fiegdhinscpieich eguegiqnzeg fuol eck wan ⸗loppu que ꝛauss sn lnzng eduspfockh 10 ice aun ui uduzehpjueg vis zh zap spa ping quelduv gun aujezn yl oin vlog ueglckogebnoa maus uf sgultß unzgz Sfuvufneneezjogß sed uebunudiouzz ueg oha unn uebjol gun zegtun uesezeg gun pplejg usdungl ele eee l nee eie ane enen reed mec noh negupgeß zog usqeu spd pou usqe 100 ꝛequef ag dvi usauncpliea ivo song ꝛ0hhenic enz 1118 qunens ud nge rea ue opijcß suebliegehig szcpip gz eee nee eſcckvizd zd igvg 210 3124 ⸗jzezunc zk uedunzes zv 1d quem epo oc Inv nefuveg ic uecupfueplo z did uespne Inv cpi i Bungonzog 9 a 9361 3 Angnw 82 5 1 8 ehe 10 2p bc bopnegz qun pn a S We FSF — y uoſogt av pot“ ung o VRR Suni una 10 en ee 5 0 1 5 NI ANS! 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Inv zueqph aach pr sig T ua ano: socke due Hot neui squsqz a SB sed pb aa sug zeig so neee ehe ic 81 814 01 Inv amzvaecdue ag Jap o een eden e ene F aun our e enen bach abe un i aug ung 7 „Das Elend iſt da,“ flüſterte er die Flieſen an, wo Schmelzſchnee, Straßenſchmutz, Sand und Aſche zu einem dicken Brei zuſammengerührt waren;„es iſt da, ich kann's nicht mehr fortſchicken. Soll ich hinein oder doch lieber bei der Seitengaſſe abbiegen, die in's Vergeſſen führt?“ Muntere Mädels, auf dem Wege zum Geſchäft, ins Warenhaus, lachten vorüber. Erregte Bahnglocken ſchrill⸗ ten auf, Kutſcher auf hochgetürmten Rollwagen ſchrien war⸗ nend in den Verkehr; das Großſtadtleben tat ſeine erſten Atemzüge und rieb ſich mit unterdrücktem Gähnen den Schlaf aus den Augen. f „Das Elend iſt da, es wird mich wie eine unheilbare Schlager verzehren. Auch moraliſch zuſchanden! Schluß! Schluß!“ d Kreiſchende Hupenſignale gellten dicht bei ihm auf. Er ſprang zurück. Ein Autobus wälzte ſich ſpritzend vorüber. „Das war der Tod, ein häßlicher zwar. Aber der Tod iſt immer häßlich, auch unter Licht und Blumen. Er iſt die Pforte zur irdiſchen Auflöſung des Körpers, zum Zerfall der Formen, zum Abgleiten ins Land der Schatten.“ Das Elend iſt da, es iſt da, ſo murmelte Walter noch vor ſich hin, als er die Treppe in der Spandauer Straße emporſtieg. N 8 f „Ach du mein lieber Himmel,“ empfing ihn Frau Ban⸗ del,„die ganze Nacht habe ich kein Auge zugemacht. Gott ſei Dank, daß Sie man nun wieder hier ſind.“ 5 Behutſam wie eine ſorgende Mutter nahm ſie ihm die Sachen ab. 5 „Ach, und wie durchgefroren. Soll ich ſchnell etwas Warmes machen? Es geht ganz fix.“. a Walter ſchüttelte abwehrend den Kopf. Er wollte allein bleiben. „Doch, doch.“ 5„ Dabei humpelte ſie fort, um nach kurzer Zeit mit einer großen Bauchtaſſe voll dampfender Milch zurückzukehren. „So, nun man hinunter damit. Das gibt Wärme.“ Walter brachte den Rand an den Mund, mußte aber ſofort wieder abſetzen, da die heiße Flüſſigkeit in die Lippen biß. d i „Man nicht ſo zaghaft,“ meinte Mutter Bandel.„Mit dieſer Temperatur tunke ich meinen Kaffe am liebſten. Warten Sie, ich werde Ihnen noch eine Butterſemmel dazu nd da habe ich nun wieder ein nettes, liebes Fräulein fortſchicken müſſen.“ „Ein Fräulein? Das vom Sonntag?“ „Ach wo, eine ganz andere, größer, ſehr fein.“ „Eine Schülerin?“ „Na ſicher 1 Wenn ſie Wort hält, kommt ſie heute nachmittag um fünf wieder. Aber nun ins Bett, mein lieber Herr Umtreiber, und ausgeſchlafen.“ Walter folgte wie ein willenloſes Kind. Die Alte ſchien ihm wie ein Führer auf einer geländerloſen Brücke, dem man blindlings folgen mußte, um nicht in die Flut zu kel fte Bandel begnügte ſich aber nicht mit dieſer harten und doch ſo gut gemeinten Gardinenpredigt. Wohl alle albe Stunde war ſie im Zimmer, beobachtete ſein Geſicht, 115 5 auf ſeine Atemzüge, bis ſie ſchließlich feſtgeſtellt hatte, daß er an ſeiner Geſundheit ernſtlichen Schaden nicht genommen haben konnte. 3 g Von den Birnenklößen, die ſie ſeit jeher als Leib⸗ und Magengericht verehrt hatte, ließ ſie für Walter einen breitrandigen Teller voll zurück und ſtellte ihn, von einem anderen überdeckt, in die Ofenröhre. Um vier Uhr ſaß Walter an ſeinem Tiſch, bereit, den angemeldeten Beſuch zu empfangen. Hätte nicht Frau Bandel die Schleier des Schlafes mit rauher Hand zer⸗ ſtört, ſo würde Walter wohl noch jetzt den Ausklang einer ſchlafloſen Nacht unter der Bettdecke gebüßt und in tiefſtem Schlummer gelegen haben, als Punkt fünf Uhr Lydia in's Zimmer trat. f „Man muß dich ſehr lieb haben, um mit dir in Ver⸗ bindung bleiben zu können,“ begrüßte ſie Walter.„Hätte ich dich heute wieder nicht getroffen, ſo wäre ich auch morgen gekommen und immer ſo weiter. So ſieht's in mir aus.“ „Hätte ich ahnen können—“ „Daß du mir jetzt einen Kuß zu geben haſt, hätte ich ihn ſchon längſt. So. Nun zur Sache. Wo haſt du dich geſtern nachmittag bis in den ſpäten Abend hinein umher⸗ getrieben? Entſchuldige, daß ich ſo genau bin, aber ich vermute, du warſt zur Anbahnung geſchäftlicher Verbin⸗ dungen unterwegs, und ich möchte mich darüber freuen.“ „Ich habe allerdings etwas ähnliches verſucht,“ wich Walter aus. „Wie doch Augen und Mund ihre eigene Sprache haben!“ „Wie das?“ 5 „Dein Blick hat mir nämlich eben verraten, daß die Zunge ein Seitenſpringerchen gemacht hat. Das inter⸗ eſſiert mich aber weniger. Du haſt für dein Fortkommen noch nichts unternommen?“ „Nicht viel 85 „Dann müſſen wir dieſes wichtige Thema einmal zu⸗ ſammen durchſprechen.“ g „Ich bitte dich, Lydia, überlaß es mir allein.“ „Ein Künſtler legt ſich auf ſeinen Lorbeerkranz und verhungert, Walter. Euch fehlt die praktiſche Gräte. Alſo müßt ihr den kaufmänniſchen Ausbau eures Talentes ſchon gefälligſt anderen überlaſſen. Um das für dich zu tun, dazu bin ich hier.“ „Ich kenne meine Lydia vom Sonntag kaum wieder.“ „Du haſt erſt eine von meinen verſchiedenen Seiten kennen gelernt, nämlich die ſentimentale. So bin ich nur bei Glanzvorſtellungen. Wenn das Leben es fordert, kann ich auch praktiſch ſein.“ „Du biſt goldig, Lydia.“ „Alſo, zunächſt melde ich mich hiermit als deine Schü⸗ lerin an. Pſt, laß mich bitte ausſprechen. Jeden Tag von fünf bis ſechs Uhr eine Unterrichtsſtunde, etwa vier bis fünf Wochen hindurch. Ich erlaſſe dir die künſtleriſche Unterweiſung und begnüge mich gern mit einem Plauder⸗ ſtündchen.“ dic iſt maskierte Unterſtützung, Lydia. Ich bitte 1 1 „Sei doch nicht ſo eitel, dummer Lieber du, und höre zu, was ich dir weiter zu ſagen habe. Inzwiſchen haben wir genügend Zeit, die unfruchtbare Erde deines Stre⸗ bens umzugraben und nützliche Küchenpflanzen zu ziehen. Ich habe einige Verbindungen, die ich dir gern zur Ver⸗ fügung ſtelle.“ „Das iſt ja großartig. Aber das erſte, Lydia, kann ich und werde ich nie annehmen.“ „Ein tägliches Plauderſtündchen?“ „Nicht doch, aber das Honorar dafür.“ „Das ſoll ja nur der Dünger auf deinen Acker ſein. Sind deine Früchte aufgegangen, ſo läßt du mich mit⸗ futtern. Das iſt doch ſchließlich nur ein Geſchäft auf Zins.“ N kannſt es mir recht mundgerecht machen, ſchließ⸗ ich——“ f „Gibt es nichts zu erwägen und nur zuzugreifen. Alſo abgemacht. Gib mir die Hand, du mit Zärtlichkeiten knauſernder, ſchlechter Menſch.“ K „Ich danke dir, Lydia.“ a „Nun wieder zum Thema. Ich habe geſtern mit einem hat. Würdeſt du einmal im Rundfunk ſpielen?“ 6 „Aber herzlich gern. Das könnteſt du vermitteln?“ „Iſt ſchon erledigt. Die Zeit teile ich dir noch mit. Und nun eine andere Sache. Was machſt du heute abend?“ „Ich ſtehe dir zur Verfügung.“ „Gott ſei Dank. Ich dachte ſchon, du würdeſt ſagen: ich bin müde.“ 15 du bei mir biſt, habe ich keine Zeit, müde zu ſein.“ „Hat das nicht der Potsdamer Fritz geſagt?“ „Nein, Wilhelm der Erſte war's.“ „Geſchichte genügend, Zärtlichkeit mangelhaft.“ „Nun ſollſt du mich aber nicht mehr daran erinnern.“ (Fortſetzung folgt.) Ein Brief. .„Wenn ich jetzt wirklich vor Dir ſtände, Dann faßt' ich Deine lieben Hände, Und ſäh' Dir in die Augen tief; So aber ſchreib' ich aus der Ferne Und ſpräche doch zu Dir ſo gerne, Wie arm iſt doch ein ſolcher Brief! N Wohl wüßt' ich dies geſchriebene Grüßen 5 Mit allem Zärtlichen und Süßen f Der Dichterſprache zu umziehn;— i Doch nicht des träumenden Poeten,—— i Des Freundes Gruß will vor Dich treten, f Drum ſchlicht und einfach ſend' ich ihn. Darinnen aber ſteht zu leſen: „Vergiß nicht mein, Du liebes Weſen! Ich denke Dein zu jeder Friſt. Sei viel gegrüßt mir und gewogen.“ So kommt mein Brief Dir zugeflogen, Er weiß, daß Du mein Liebling biſt.“ * —— Weinprobe. Von Artur Iger. 5 Vor zwanzig Jahren hatte ich mich mit meinem Freunde Max, dem allezeit luſtigen Berliner Malersmann, verkracht — das Schickſal trieb uns bald nach verſchiedenen Wind⸗ richtungen— da führt uns der Zufall im alten Deutſch⸗ meiſterſchloß zu Mergentheim zuſammen. Er erblickt mich, legt den Pinſel aus der Hand und reicht mir die Hand zur Verſöhnung. Ich ſchlage ein, und die Streitaxt iſt nach ſo langer Zeit endlich begraben. Dieſe pazifiſtiſche Demonſtration muß natürlich würdig begoſſen werden. Ich lade ihn in mein ländliches Tuskulum zum Friedensſchmaus ein. Der„Hieſige“ ſollte probiert werden. Der„Hieſige“ dieſe Worte haben bei uns Tauber⸗ tälern einen ganz beſonderen Klang. Das iſt nämlich nicht ein, das ſind mindeſtens drei„Hieſige“. Da iſt vor allem der Karlsberger. Er wächſt auf den dem Fürſten von Hohenlohe⸗Langenburg gehörenden Hängen weſtlich Weiker⸗ heims und wird in allen ſüddeutſchen Gauen wegen ſeiner prächtigen„Blume“ geſchatzt, dann kommt unſer eigenes Gewächs, der„Schmecker“. Ja, der Schmecker! Er hat ſeinen Namen nicht umſonſt. Bei einer vor Jahren vorgenommenen wiſſenſchaftlichen Prüfung waren ſich ſogar die Herren Fach⸗ gelehrten und das will gewiß viel ſagen— darüber einig, daß der Schmecker den höchſten Gehalt aller ſchwäbi⸗ ſchen und fränkiſchen Weine hat. Bleibt noch der Markelsheimer, im zweitnächſten Dörf⸗ chen von uns heimiſch. Ihn kennt auch der norddeutſche Weintrinker. Freilich muß ſich jener meiſt die Unter⸗ ſchiebung unter die Rheinweine gefallen laſſen. 8 Mein Freund Max kannte natürlich alle drei Sorten gut. Während ſeines mehrwöchigen Aufenthalts hatte er auch auf dieſem Gebiet intenſive Studien betrieben. Auf daß das Haus voll werde hatten ſich auch noch zwei Vetter aus der Großſtadt eingefunden. Vetter Paul, der Mannheimer, hatte ſich mit dem Vetter Heinz in der Landeshauptſtadt getroffen, und beide hatten beſchloſſen, zum Verwandten auf ein paar Tage in die ländliche Stille des Taubertales zu rutſchen. Nun das heitere Kleeblatt eingetroffen, wars freilich mit der„ländlichen Stille“ für eine Weile vorbei. Dafür gabs aber auch ein gründliches Auspacken aus der„guten alten Zeit“. Was es da allein ſchon mit dem Max zu erzählen gab. Du lieber Gott! Wenn man zwanzig Jahre verkracht war. Da ſammelt ſich der Geſprächsſtoff an wie der elektriſche Funke in der Leydener Flaſche. And dann die Anſumme an Erfahrung, die ſo jeder in der Zwiſchenzeit geſammelt. „Nun Kinder ſtoßen wir an auf die alte Freundſchaft. Sie lebe, blühe und gedeihe wie hier dieſer feurige Ein⸗ undzwanziger!“ Man macht die Gaumenprobe und ſieht ſich wechſelſeitig in die Augen. „Gut er, der „Na welcher der.... fragte ich. g „Na natürlich der Markelsheimer“, platzte Max heraus. F rr 8 „Ach mein Verehrteſter“, verbeſſerte Paul verbindlich, „Die Blume und Markelsheimer? So kann nur Karls⸗ berger duften.“ N „Ausgeſchloſſen“, meldete ſich jetzt Heinz.„Ich laß' mich freſſen, wenn das nicht der Schmecker, euer alter guter Schmecker iſt. Hab' ich nicht recht Vetter, gelle?“ Alles blickte auf mich, den Wiſſenden. f „Streitet Euch nicht Kinder, ſondern trinkt, wenn es Euch ſchmeckt. Wenn Ihr von mir ſcheidet, ſollt Ihr ein Koſtpröbchen des Urſtoffs auf die Reiſe mitbekommen. Alſo ſtoßen wir an. Ein Proſit dem„Hieſigen“!“ „Den Markelsheimer“, rief der Berliner Freund. „Dem Karlsberger“, rief der Mannheimer Vetter. „Dem Schmecker“, ſagte der Stuttgarter Vetter Heinz. Es ging hoch her bei uns in dieſer Nacht. Waren die Kelche leer, dann kam immer wieder aus unterirdiſchen Regionen neuer„Saft“ und die Haustochter ſetzte die Rieſenkaraffe mit dem flüßigen Gold auf die Tafel. Der Streit um die Herkunft des„Stoffes“ war längſt ver⸗ ſtummt; man ſang nur noch von der Liebe und vom Wein, ſein Name war Schall und Rauch. g Und als die Weinkenner aus der Großſtadt in aller Herrgottsfrühe durchs Städtle wankten, um mit dem Früh⸗ ug wieder heim zu fahren, da hatten ſie alle drei eine robe des„Urſtoffs“ in ihrer Manteltaſche. Sie werden ſchön„geglotzt“ haben— wie der Franke ſagt— wenn ſie das kugelrunde Päckchen öffneten, auf dem geſchrieben ſtand: „Urſtoff des geſtern getrunkenen Weines“. Es enthielt ein ſchönes Exemplar des—— Luiken⸗Apfels! 5 Die Temperatur der Speiſen und Getränke. Es gibt froſtempfindliche Leute, die ſich nicht darauf beſchränken, ihren Körper bis auf die Fingerſpitzen mit ſchützenden Hüllen zu umgeben, ſondern es für notwendig erachten, auch ihren„inneren Menſchen“ in geeigneter Weiſe zu erwärmen. Sie beſorgen das durch ergiebige Zu⸗ fuhr von Grog, Glühwein und anderen heißen Spirituoſen; auch ſonſt lieben ſie es, Speiſen und Getränke ſo heiß wie möglich zu genießen. l Das iſt vom hygieniſchen Standpunkt aus entſchieden zu mißbilligen. Es kann allerdings nicht geleugnet werden, daß die Empfindlichkeit für hohe oder niedrige Temperatur⸗ grade, auch der Nahrung gegenüber, individuell verſchieden iſt. Es gibt alte Leute, die ihr Süpplein nicht heiß genug ſchlürfen können, während jugendliche Perſonen zur heißen Sommerzeit eisgekühlte Getränke ohne eine Spur von Un⸗ behagen trinken. Ueberdies werden Zunge und Gaumen mit der Zeit abgehärtet und verlieren die richtige Empfin⸗ dung. Umſomehr aber regiert die Magenſchleimhaut auf abnorme Temperatureinflüſſe. Nicht nur, daß man un⸗ mittelbar nach der Aufnahme brühend heißer oder eiſig kalter Nahrung einen kolik⸗ oder krampfartigen Schmerz in der Magengegend verſpüren kann, ſo ruft gerade der dauernde Genuß allzu heißer Speiſen und Getränke Er⸗ ſchlaffungszuſtände des Magens herbei, die ſchließlich zu erheblichen Verdauungsſtörungen führen. Ob auch ſchlim⸗ mere Veränderungen, vielleicht gar Geſchwürs⸗ oder Ge⸗ ſchwulſtbildungen, dadurch hervorgerufen werden, ſteht nicht ſicher feſt— ausgeſchloſſen erſcheint es keinesfalls. Ebenſo kann die Schleimhaut der Speiſeröhre durch über⸗ mäßig heiße Speiſen geradezu verbrüht, verätzt werden, und die dadurch bedingte Geſchwulſtbildung gibt 1 zu Verengerungen geringeren oder ſtärkeren Grades. Endlich leidet auch der 1 der Zähne unter der dauernden Einwirkung abnormer Temperaturgrade— mehr, als der Laie 0 Ge glaubt, der 11 ſchlechten Zähne viel eher auf den Genuß von Süßigkeiten zurückzuführen pflegt. Zu alledem kommt, daß viele Leute zu haſtig eſſen und daher nicht auf die Temperatur der Speiſen achtgeben. Dampfend kommt die Suppe oder das Gemüſe aus der Küche, und mit einer Eile, als gelte es, binnen zehn Se⸗ kunden, tabula raſa zu machen, ſtürzen befonders die Kinder darüber her.. Leider haben unſere Hausfrauen und Köchinnen häufig keine Ahnung, welche Temperatur eine Speiſe, ein Getränk haben muß, um gerade bekömmlich zu ſein. Bouillon z. B. darf unter keinen Amſtänden wärmer als 52 Grad Celſius ſein; ihre Temperatur ſoll aber nicht unter 36 Grad hin⸗ untergehen. Kindern gegenüber iſt noch größere Vorſicht ſeboten. Die Milch, die der Säugling mit der Flaſche er⸗ ält. ſoll 33 bis 35 Grad Celſius meſſen; bei älteren Lein⸗ * * a rrTTrrrTCCrCChhprhhohhyſfß 0