neckar-Bote Freitag, den 7. Januar 1927(2. Blatt). zunächſt als„Baron Korff“ auf, bat aber, Briefe, die an wurde die Anweſenheit des hohen Gaſtes in einer Go⸗ Der falſche„Prinz von Preußen“. Wie berichtet, iſt der ungewöhnliche Schwindler, der als preußiſcher Prinz unter dem Inkognito„Baron von Korff“ in Gotha, Weimar und Erfurt ſeine Streiche verübte, von der Berliner Kriminalpolizei als ein 22 Jahre alter, in Gruſche(Eſtland), Harry Domela, feſtgeſtellt, der von früheren Schwindeleien her den Behörden ſchon bekannt war. Seine Eltern ſind ſchon lange tot, der Vater gehörte der auswärtigen Diplomatie an. Der Junge brachte es auf der Schule zu nichts. In Berlin trat er bereits im Jahre 1924 als Sachverwalter des baltiſchen Roten Kreuzes auf. Mit gefälſchten Briefbogen und Sam⸗ melliſten ſuchte er gebefreudige Leute auf und machte gute Beute, bis er feſtgenommen und beſtraft wurde. Im November tauchte er in einem vornehmen Berliner Hotel als„Prinz Wilhelm von Preußen“ auf. Er blieb 55 nur eine Nacht und verſchwand bereits am nächſten orgen. Dann ging er nach Erfurt und Gotha. Hier trat er Prinz Wilhelm von Preußen gerichtet wären, ihm aus⸗ zuhändigen und im übrigen Stillſchweigen zu beobachten. Natürlich war das Geheimnis bald genug entſchleiert. Jetzt wurde er mit Aufmerkſamkeiten überhäuft. Bald thaer Geſellſchaft bekannt und war für dieſe eine Sen⸗ ſation. Der Intendant des Gothaer Landestheaters ließ den„Alten Deſſauer“ aufführen. Der erlauchte Gaſt nahm in der Hofloge Platz. Das Intereſſe der Theater⸗ beſucher war mehr ihm als der Vorſtellung zugewendet. Der Vorhang fiel. Da geruhten„Königliche Hoheit“ der Darſtellerin der Kinderrolle huldvollſt eine Bonbonniere mit der Widmung„Vom Prinzen Wilhelm von Preußen“ überreichen zu laſſen. ungeheurer Beifall durchbrauſte das Theater! Nach der Vorſtellung ließen ſich„Königliche Hoheit herab, zu einem gemütlichen Zuſammenſein mit Behö denvertrelern und Spitzen der Geſellſchaft im Schloß⸗ Hotel. Der Gothaer Oberbürgermeiſter. der Theater⸗ intendant, ein Polizeimajor, ein Polizeiinſpektor und an⸗ dere Notabeln nahmen daran teil. Das Gothaer Staats⸗ oberhaupt ſoll ſich bei dem„Prinzen“ erkundigt haben, wie„Königliche Hoheit“ angeredet werden wollten, worauf die Antwort erfolgt ſei:„Anter jüngeren Leuten pflegt man mich„Königliche Hoheit“, unter älteren„Prinz“ u nennen.“ In der Begrüßungsanſprache habe dann der berbürgermeiſter die Anrede„Prinz“ gewählt. Die Gläſer klangen, die Pfropfen knallten, Toaſte wurden ausgebracht.„Königliche Hoheit“ vergnügte ſich haupt⸗ ſächlich mit Zigarettenrauchen.„Hier kann ich mir das erlauben, zu Hauſe verbietet es Mutti!“ ſo ſuchte er ſeine Paſſion zu entſchuldigen. Dieſer Veranſtaltung folgten noch weitere. Der leutſelige„Prinz“ ließ es ſich nicht nehmen, Emladungen eines Grafen von Naſſau und des herzoglichen Oberforſtmeiſters v. Blücher Folge zu lei⸗ ſten. Bei Schloß Tüngeda wurde zu Ehren des„ſpäteren Kronprinzen“ eine Jagd abgehalten. Spazierfahrten un Kraftwagen wurden veranſtaltet. Inzwiſchen aber ſtellte ſich bei dem Prinzen Geldmangel ein. Der in Erfurt aufgenommene Pump war bald verbraucht. Selbſtver⸗ ſtändlich war man gerne bereit, der„Königlichen Hoheit“ hilfreich unter die Arme zu greifen. Ganz beiläufig er⸗ zählte der„Prinz“, er erwarte ſeine Mutter und den früheren kaiſerlichen Generalbevollmächtigten v. Berg zu einer Beſprechung in einem ariſtokratiſchen Hauſe in Groß⸗ Tabarz. Dazu müſſe er ſich wohl eine neue Uniform kaufen. Auch dafür wurde ihm das Geld bereitwilligſt gegeben. Eines Tages beſtellte„Prinz Wilhelm“ das Auto des Hotels. Er fuhr mit ihm zunächſt bis Erfurt und ſoll ſich da erſt, bei dieſem kurzen Zwiſchenaufenthalt, als 7855 von Preußen“ in das„Goldene Gäſtebuch“ des otels Koſſenhaſchen eingetragen haben. Dann fuhr er weiter nach Weimar. In Weimar ging die Spur des fal⸗ ſchen Prinzen verloren. Das Gothaer Hotel⸗Auto wartete und wartete. Der„Prinz“ kam nicht. Mit ihm warten heute noch viele Leidtragende Darlehensgeber, auch in Er⸗ furt, beſonders aher in Gotha. Die ganz Schlauen beobach⸗ ten über ihren Verluſt Stillſchweigen. Jetzt, da die große und peinliche Blamage für die getreuen Untertanen„Seiner Königlichen Hoheit“ offen zutage liegt, will es begreiflicherweiſe niemand geweſen ſein. Der Direktion des Erfurter Hotels, in dem der Pſeudoprinz wohnte, hat man in der Oeffentlichkeit den Vorwurf allzu großer Dummheit und Vertrauensſeligkeit . Sie antwortet darauf in einer Berichtigung an ie Erfurter Rechtsblätter, in der es heißt: 1. Der in unſerem Hauſe unter dem Namen„Baron von Korff“ eingekehrte Hotelgaſt iſt uns von verſchiedenen Perſonen, die es eigentlich wiſſen müßten, u. a. auch von einem Beamten der Kriminalpolizei, als Sohn des Kron⸗ prinzen bezeichnet worden. 8 2. Genannter„Baron von Korff“ hat nachweislich des öfteren Telephongeſpräche mit verſchiedenen Stellen in Potsdamm geführt. 3. Durch die Art ſeines geſellſchaftlichen Auftretens und infolge ſeiner Aehnlichkeit mit dem Kronprinzen, die von vielen Hotelgäſten beſtätigt wurde, wäre auch jeder andere auf dieſen Betrug hineingefallen. hei 4. Inſofern man in unſerem Falle noch von„Dumm⸗ 5 it der Menſchen uſw.“ reden kann, möchten wir darauf mweiſen, daß wir uns dann in guter Geſellſchaft be⸗ i den, da der„Baron von Korff“ in erſten Adelskreiſen, ſtel doch zu Fürſtenhäuſern in geſellſchaftlicher Beziehung ehen, verkehrt hat, ohne daß man in ihm den falſchen Prinzen erkannte.“ i 2— Das gemütliche Heim. Die Frau als Hüterin der häuslichen Harmonie. Von Hermine Müller. 3(Nachdruck verboten.) Die winterliche Jahreszeit verlangt von allen Familien⸗ mitgliedern einen bedeutend längeren Aufenthalt im Hause, als es in ſchönen Sommermonaten der Fall war. Ein gemütliches Heim iſt das Ideal, das einem jeden in dieſen ben und kalten Tagen vorſchwebt, und gerade die Frau iſt berufen, ihren Angehörigen einen ſolchen, wirklich an⸗ heimelnden Ort der Ruhe und Erholung zu ſchaffen. Warme, helle Räume müſſen es ſein, in denen man ſich wohlgeborgen fühlt. len haben, daß ein jedes Familienmitglied ſeinen ieblingsplatz hat, und daß die Tagesordnung in ſolch Daß Sauberkeit und Ordnung zu das alles ſätze oft, nen. Luft des gewiſſen führen. Themen, Gute ſoll ſein auf die meinſame Leben in Was nützt alle äußere Gemütlichkeit, wenn die Familienmitglieder in den warmen, hellen Räumen ſchweig⸗ ſam aneinander vorübergehen, wenn ſie ſtumm und ver⸗ biſſen an demſelben Tiſch zuſammenſitzen, und wenn die Antipathien? Aufgabe der Frau iſt es, 9 Mit weiblichem Geſchick wird ſie zwiſchen den gegenſätzlichen Meinungen auszugleichen verſuchen, ſie wird ſcharfe Mei⸗ nungsäußerungen durch einen Scherz oder eine anmutige Redewendung zu verhindern ganze weibliche Macht, und die 6 um wahre Harmonie in ihrem Familienkreiſe und in ihrem Heim zu ſchaffen. lingen, die beſtehenden Gegenſätze auszugleichen. Am beſten iſt es, i 0 allen Angehörigen verlangt, daß im Heim Burgfriede in reden braucht, und verachtungs voll herabſehen. aber auch in dieſer Beziehung erzieheriſch auf lienangehörigen wirken können. f ein Kompromiß und läßt zum Beiſpiel das jetzt Radio in den häuslichen Unterhaltungen zu. Wo äußere und innere Harmonie mit Wohnlichkeit zu⸗ ſammentreffen, da entſteht das wirklich gemütliche Heim, das wir alle erſehnen. schaffen nicht aus. Was Sie allein aber machen, wie manche 2 Bielleicht denken mag, ein gemütliches Heim allein ni 5 nützt alle Sauberkeit, Ordnung, Helligkeit und Wärme, wenn die innere Harmonie, wenn die warmen, Beziehungen zwiſchen den 5 In unſeret wirren Zeit ſind leider oft heftige Gegen⸗ ſätze der verſchiedenſten Art zwiſchen den einzelnen Fami⸗ lienmitgliedern vorhanden, und ſo ſtark ſind dieſe Gegen⸗ herzlichen Angehörigen fehlen. die Blutsverwandtſchaft und das ge⸗ daß ſelbſt D der Familie ſie nicht überbrücken kön⸗ Zimmers geladen ſcheint mit Feindſeligkeiten und hier vermittelnd einzugreifen. wiſſen. Kurz, ſie muß ihre iſt ja nicht gering, einſetzen, Allmählich wird es ihr dann auch ge⸗ wenn die Frau von vornherein von Dingen ſei. Dieſe Forderung iſt ſtreng durchzu⸗ Es gibt ſo viel andere nette und unterhaltſame daß man nicht immer gerade von den Sachen f. über die man doch nicht einer Meinung iſt. Freunde, treue Nachbarn und dergleichen ange⸗ nehme Menſchen ſorgen mitunter dafür, daß das gemütliche Heim recht ungemütlich wird. 5 Wahl derjenigen fremden Perfſonen, die man in den Familienkreis einführt, ſehr vorſichtig ſein. Nur Menſchen, von denen man eine gewiſſe Gleichartigkeit der Geſinnung und der Lebensanſchauung vorausſetzen kann, ſollten unſere Gäſte ſein. Momit ſoll man ſich aber bloß man wohl hie und da bei ſolchen iſt es zunächſt wohl beſſer, erſt einmal daran zu denken, womit man ſich nicht beſchäftigen ſoll. Beſchäftigen ſoll man ſich nicht mit den lieben abweſenden Mitmenſchen. Man ſollte daher in der immer beſchäftigen? hört Gelegenheiten fragen. Da Man Heim nicht zu einer Klatſchbude machen. Irgend⸗ wie kommen ſolche Klatſchereien doch den betreffenden Leu⸗ ten einmal zu Ohren, und dann gibt es nur und Zank. Kartenſpiele zu einer häufigen häuslichen Veranſtaltung machen ſoll. Hier gilt das ein harmloſes, um wenige immer denſelben Teilnehmern wird man nichts 6 den haben. Glücksspiele aber um hohe Beträge ſollte eine Frau nicht an ihrem häuslichen Tiſche dulden. Der Klatſch und das Glücksſpiel haben zu einem recht ungemütlichen Aufenthaltsort gemacht. Die reinſte und wertvollſte Beſchäftigung im häuslichen Kreiſe bleibt immer noch die und anregenden Geſprächen. Streitigkeiten Sehr umſtritten iſt auch die Frage, ob man Wort: Alles mit Maß. Gegen Pfennige geführtes Spiel mit einzuwen⸗ ſchon manches gemütliche Heim Beſchäftigung mit Büchern Das ſind nun freilich Dinge, manche unſerer jugendlichen Zeitgenoſſen ſpöttiſch Eine echte Hausfrau wird ihre Fami⸗ Allenfalls ſchließt man ſo beliebte Aufgabe der Frau iſt es, es zu zu hüten. Vermiſchtes. O Wie zel wiegt ein Atom? Nachdem es bereits deut⸗ ſchen Forſchern und Gelehrten geglückt iſt zu beweiſen, daß ein Atom der denkbar kleinſte und unzerlegbare Bauſtein des Weltalls ſei, iſt es jetzt einem ſchwediſchen Forſcher gelungen, zahlenmäßig genaue Angaben über das Atom zu machen, das wieder eine ſehr kunſtgerecht zuſammen⸗ gefügte Welt für ſich iſt. Die Größe und das Gewicht eines ſolchen kleinſten Stoffteilchens zu beſtimmen, nahm natür⸗ lich die Arbeit von Jahren in Anſpruch. Bekanntlich beſteht ein Waſſerſtoffmolekül aus zwei Waſſerſtoffatomen. Ein Kubikzentimeter Waſſerſtoffgas enthält bei gewöhnlichem Druck und bei einer Temperatur von 0 Grad ECelſtus 27 Trillionen leine Trillion hat achtzehn Nullen!) Waſſer⸗ ſtoffmoleküle oder, da jedes Molekül zwei Waſſerſtoffatome hat, 54 Trillionen Waſſerſtoffatome. Zur Meſſung der Atome gibt es nun über zwanzig verſchtedene brauchbare Methoden. Man kann die blaue Farbe des Himmels, die bekanntlich eine Molekülarerſcheinung iſt, meſſen, oder die Erſcheinungen der Licht⸗ und Wärmeſtrahlen glühender Körper und das Verhalten einzelner Gaſe bei wechſelnden Temperaturen. So hat man ſchließlich unter unſäglichen Mühen das Gewicht eines Waſſerſtoffatomes berechnet. Das iſt allerdings ſo klein, daß man 6 000 000 Trillionen Atome braucht, um das Gewicht eines Grammes zu heben. Das Texasfieber. Das Texasfieber wird durch die berüchtigten tieks— Zecken— von einem Tier auf das andere übertragen und iſt eine Erkrankung des Blutes. Die Krankheit iſt ſeit länger als 100 Jahren in den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika bekannt, aber erſt ſeit etwa einem Menſchenalter ihrer eigentlichen Natur nach bekannt. Obgleich es gelang, durch peinliche Sauberkeit und ſtrenge Ueberwachung der Futtermittel die Krankheit ziemlich erfolgreich zu bekämpfen, blieb doch ſtets die Zeckenplage eine feindliche Gewalt, die immer und immer wieder die erreichten guten Ergebniſſe zunichte machte. Dieſe kleinen Inſekten leben, in Klumpen zuſammenhängend, auf den Grasflächen, wo ſie ſich dem weidenden und lagernden Vieh anhängen. Man hat weite Wieſen, zum Beiſpiel in Kuba und in Auſtralien, heruntergebrannt, nur um dieſen in vier verſchiedenen Arten vorkommenden Krankheits⸗ überträger zu vernichten. Ganz ausgerottet iſt er leider nicht, und die Herdenbeſitzer müſſen dafür Sorge tragen, daß das Vieh wenn möglich wöchentlich gewaſchen und ge⸗ bürſtet wird. Während der Regenzeit ſterben die Zecken zwar ab,. am lebenden, von ihnen befallenen Körper, doch iſt ihre Zerſtörungskraft ſo groß, daß ſie in der trocke⸗ nen Jahreszeit den Tod ihres Opfers ſchon nach wenigen Wochen herbeiführen können. Ein unfehlbares Mittel, dieſe Blutſauger unſchädlich zu machen, iſt bis jetzt leider noch nicht gefunden. Die einigermaßen wirkungsvollen ſind ſehr teuer und in großen Mengen für den Landwirt ſchwer erhältlich, die leichter zugänglichen von zweifelhafter Wir⸗ kung. In Spaniſch⸗Amerika hat man eine Schutzimpfung verſucht, die hier und da beachtenswerte Erfolge gezeitigt hat, auf manchen Landſtrecken aber völlig verſagte. a —— 0 E 80 Kurden hingerichter. beach wielbungen aus Konſtantinopel hat das öſtliche Unabhängigkeitstribungi 80. Kurden wegen Raub und Mord zum Tode verurteilt. Die Arteile ſind bereits vollſtreckt worden. Zahlreiche andere„Angeklagte wurden zu längeren Gefängntsſtrafen verurteilt. Im Plädoyer des Anklägers wurde darauf hingewieſen, daß ſich die Angeklagten nach dem Fehl⸗ ſchlagen des Aufſtandes im Jahre 1925 als die unde⸗ wegte Familie“ des Nationalhelden bezeichnet und das Land terroriſiert hätten. 0 55. einem Heim ihren geregelten Gang gehen muß, ind lelbttwerſtinduche Dinge. 5 Hochfeine Kaffees frisch vom Röster empfiehlt Jak. Würth wein Neckarauerstr, 27. Schöne große Aepfel eingetroffen. far Naufolder. 3... a— Mannheim, Kepplerstr. 19 2 Min, v. Hauptbahnhof erteilt auf Grund jahr- zehntelanger Handels- unterrichts- und Bücher- Revisionstätigkeit am Tage und abends gründlichen Unterricht in . Scheck- u. Wechsellehre Rechnen Einheitskurzschrift Maschinenschreiben Schönschnellschreiben Rundschrift 55 französ. Sprache und anderen Fächern. in Kauf und in Miete mit Vorkaufsrecht. Zahlungserleich- terung der Jetztzeit entsprechend. H. Donecker gegr. 1874 Mannheim am Schloß. — r . 72 2 3 1 3 . E 1 3 ö Allerweltsplauderei von Ernſt Hilarion. f Der Schritt ins Neue.— Proſperität des einzelnen und eines Volkes.— Vom Trank und ſeinen verſchiedenen Wirkungen.— Der harmoniſche Dreiklang der Klugheit . von Menſch, Pferd und Hund. Ich hoffe, wir ſind alle gut ins neue Jahr hinein⸗ gekommen. Man trank im trauten Kreiſe ſeinen 1 05 oder tollte ſich in großer Geſellſchaft. Der Himmel ga ſeinen Punſch dazu. Auch das Bleigießen werden viele nicht verabſäumt haben; denn es gibt keine geeignetere Nacht, vom Schickſal ſeine Zukunft zu erfragen, als die der Jahreswende. Wenn Sie einen leibhaftigen Sarg im Guß zu ſehen glaubten, ſo ſeien Sie froh, daß Sie übers Jahr noch leben; und wer ein Hufeiſen erblickte, ſoll des⸗ halb auch nicht vorzeitig über andere die Naſe rümpfen. Denn erſtens kommt es anders und zweitens als man denkt. Das Glück läßt ſich nur ſelten erjagen, und es genügt, wenn wir Zufriedenheit empfinden. Fortuna iſt wirklich eine unberechenbare Schöne. So wurde dieſer Tage von irgend⸗ woher(natürlich vom Ausland) gemeldet, daß einer zum vierten Male das große Los gezogen hätte. Dieſer Glücklich⸗ Anglückliche wird von den Lotteriebehörden nun allen Ernſtes erſucht, ſeine„Spielereien“ aufzugeben, auf daß andere auch etwas abbekommen. Aber auf das große Los warten wir beſſer nicht. Die ſich auf das Glück Verlaſſen⸗ den ſind nicht die wahrhaft Klugen; nicht das Glück mache den Mann, ſondern die Tat. 05 And ebenſo ein ganzes Volk, eine Nation. Anter Taten kann man mancherlei verſtehen. Das große Wort eines großen Staatsmannes iſt eine Tat nicht minder als wie ein Heer Bajonette in Aktion. Die Deutſchen werden unpolitiſch genannt; aber ich glaube, mit der Zeit gibt ſich's. Alles lernt ſich am beſten in praxi; und der Lehr⸗ und Wanderjahre haben wir ſchon etliche hinter uns. Durch Nacht zum Licht“ betiteln viele Schriftſteller ihre Werke, ſo daß ſie ſich teilweiſe über den Urheberſchutz dieſes einzig genialen Satzes in die Haare geraten. Die Ge⸗ ſchichtsſchreiber werden in hundert Jahren über die Rubrik „Deutſchland“ die gleichen Worte ſetzen. Denn daß wir uns in einer gewiſſen Dunkelheit befinden, gibt jeder zu; ob wir aus dem Lichte dahin kamen oder aber aus tieſſter ſchelde mag die politiſche Meinung des einzelnen ent⸗ eiden. Anſer armer Reichstag bietet ein trauriges Bild. Aber nun ſind ja die Feſttage alle vorbei, und die Herren Volks⸗ vertreter tauchen wieder in Berlin auf. Auch unſere Volksvertreter wollen immer mal wieder zu Muttern fah⸗ ren oder ſich ihrer Familie widmen. Sie werden nun, nach ihrer Rückkehr ins Haus des Deutſchen Volkes, mit erhöhter Stimmkraft und erneuertem Geſichtskreis ihre Anſchauun⸗ gen. Unſere Volksvertreter haben inzwiſchen ihre Zähne gewetzt und die Bleiſtifte geſpitzt. Es gibt harte Nüſſe zu knacken. Aber ob die zuſtande kommende Negie⸗ rung dauerhaft iſt? Mit einem phraſenhaften Wunſche (wir wünſchen und hoffen uſw.) kann dieſes Kapitel nicht geſchloſſen werden. Ich mache einen Keulenſtrich. Da politiſiert ſich's doch weit behaglicher am Stamm⸗ tiſch. Ein jeder Mann, der verheiratet iſt, hat ſeinen Stammtiſch. Es gibt Gemälde, Stammtiſchgäſte, eifrig geſtikulierend, darſtellend, und es gibt auch Bücher, in denen Stammtiſchſzenen beſchrieben find. Auf den Gemäl⸗ den wimmelt es von markanten Köpfen, und in den Büchern von tiefſinnigen Ausſprüchen über Politik und Staatsver⸗ faſſung, die großer Staatsmänner würdig wären. In Aus⸗ ſchußſi ungen geht niemand gern, aber an den Stammtiſch. Ohne Animation mag kein Teufel ſitzen und ſchwatzen, und, wie männiglich bekannt, löſt ein Tropfen Alkohol nicht nur die Zunge, ſondern auch die geheimen Kammern unſerer Gehirne, woheraus dann ungeahnter Gedankenreichtum ſprießen kann, der uns hinterher ſelbſt entzückt, falls unſere Erinnerung daran im gleichen Schritte nicht ſchwächer wurde. In der Trunkenheit ſteigert ſich die Weisheit eines manchen; aber ich ſage nicht, daß wir, je mehr wir trinken, weiſer werden. Und es iſt ſchade, daß bei Vereinzelten, die trinken, um weiſer zu ſein, dieſe Weisheit, als Tochter des vergewaltigten Denkvermögens, wieder ſchwindet, ſo⸗ bald ſich die Flaſchen, gleich keuſchen Lotosblumen, mit dem fropfen vor ihnen verſchließen. N Bier genügt ſtets bei einfachen Anläſſen; aber es iſt zu bedauern, daß wir, die Nachkommen der alten Germanen, die immer noch„eines“ tranken, von dieſen Tagen an für den Gerſtenſaft mehr bezahlen ſollen. Die Wirte haben ef(Proſt!) 9016 dieſe Schikane der Brauereien be⸗ Wie größere Gläſer zu verwenden..? Wollen die irte den Schaden tragen? Wie läßt ſich das Maß eines halben oder ganzen Liters erhöhen? Wenn das Liter er, angenommen, um fünf Pfennig teurer wird, die der Gaſt bezahlt, ſo bekommt er ein„Liter“, das kein„Eiter e ſondern darüber iſt. Sancta simplicitas! Kreuz und Quer. 5 Aber belächle man nicht die menschliche Intelligenz. Die Klugheit lehrt zwar, einen Menſchen klüger zu nennen, als wie er uns insgeheim vorkommt; aber zuweilen übertrifft die Klugheit eines Menſchen, die nur einer Probe harrte, alle unſere Vorſtellungen. Ein Hund kann dagegen gar Auch ſpricht man von einem Pferde⸗ nicht aufkommen.. ˖ ü. verſtand. Aber juſt dieſe beiden Tiere will der überkluge Menſch entbehren lernen. Das Pferd wird durch den Motor verdrängt und der Hund durch die vorzüglichen Schlöſſer und Piſtolen. Daß die Schlöſſer vorzüglich ſind, beweiſen die Einbrecher, und daß der Menſch mit den Motoren lieber fährt, die vielen Autounglücke. Das Pferd wird heute öfter ſcheu als früher. Kein Wunder. Die Pferde waren gewohnt, die Scheuklappen ſelbſt zu tragen; jetzt tragen ſie die Menſchen. Die Natur iſt beſchämt und überwunden; Beine ſind nicht das Richtige. Wann wird das Tier mit den Rädern geboren? Das läßt ſich nur in der Werkſtatt, nicht im Stalle, züchten. Der beſte Züch⸗ ter der Welt iſt Henry Ford. Das wiſſen wir ſchon, ob⸗ wohl wir ſelbſt noch kein Auto haben. Aber wir ſollen's bekommen, Ford gewährt eine Art Teilzahlung, die es auch dem„armen Manne“ ermöglicht, ſeinen Wagen zu haben; greifen Sie zu, meine Herrſchaften! 5 Die wenigen wirklichen Pferde, die den Kulturländern noch verbleiben, können eigentlich ſtolz ſein. Man müßte ſchon ſelbſt ein Pferd ſein, um ſolche Vergünſtigungen ge⸗ nügend würdigen zu können, die ihnen zugute kommen. Abgeſehen davon, daß die Pferde von heute ihre Knochen auf den Schlachtfeldern auch nicht mehr zu laſſen brauchen, werden ſie von Mücken, Bremſen und ähnlichem Geflügel ungleich mehr verſchont als anno domini. Denn der Rück⸗ gang der Pferdebeſtände vermindert auch die Anzahl der Pferdeſtälle, die von je die beſten Brutſtätten all jener Schmarotzer waren. Das hat(wiederum) ein Amerikaner ausgeſprochen; man glaubt's. Denn wenn er im Sommer des Jahres, das ſoeben in der Verſenkung verſchwand, in Deutſchland gelebt hätte, würde er entdeckt haben, daß es genug gleichwertige Urſachen des Ungeziefers gibt. Wer von uns wohnte zum Beiſpiel in Ueberſchwemmungsgebie⸗ ten? Ich danke Gott— ich ſelber nicht.. Feuer und Farbenſpiel der Diamanten. Bekanntlich beſitzt nur eine ſehr geringe Anzahl der gefundenen Rohdiamanten die Eignung dazu, ſich durch zweckentſprechendes Schleifen in einen Brillanten verwan⸗ deln zu laſſen. Die große Menge der unreinen Stücke, die ſich für Schmuckwerke nicht eignen, wird zu Diamant⸗ ſtaub verarbeitet, der in verhältnismäßig großen Men⸗ gen zu induſtriellen Zwecken, vor allem aber zur Dia⸗ mantſchleiferei ſelbſt verwendet wird. Feuer und Farben⸗ ſpiel des Brillanten hängen aber nicht nur von der Rein⸗ heit und Farbe des Steines ſelbſt ab, ſondern in höch⸗ ſtem Maße von der Form ab, die ihnen durch den Schliff gegeben wird, d. h. von der verhältnismäßigen Größe der verſchiedenen„Facetten“ und von den Winkeln, in denen ſie zueinander ſtehen. Hierbei ſind zweierlei Schliff⸗ formen, fachtechniſch„Schnitte“ genannt, beſonders be⸗ liebt und verhreitet: der„Roſen⸗ oder Roſettenſchnitt“ und der„Brillantſchnitt“. Der erſtere eignet ſich vor allem für ſehr flache Steine, die bei der Ausführung des eigentlichen Brillantſchnittes zu viel Abfall liefern, alſo einen zu hohen Größe⸗ und Gewichtsverluſt erleiden wür⸗ den. Dagegen liefert der Brillantſchnitt die weitaus beſ⸗ ſeren optiſchen Wirkungen, und zwar ſpeziell in der jetzt allgemein üblichen Art des„dreifachen Brillantſchnittes“, der 57 Facetten beſitzt, von denen 33 den Oberteil, d. h. den Teil des Brillanten bilden, der in der Faſſung dem Licht direkt ausgeſetzt wird, während die 24 den Anterteil begrenzenden Facetten nicht ſichtbar ſind und nur die Reflexwirkungen, d. h. das Feuer und Farben⸗ ſpiel des Oberteils verſtärken. „Die Winkel und die relativen Größen der Facetten dieſes dreifachen Brillantſchnitts ſind im Laufe der Zeit vielfach abgeändert worden. Geübte Schleifer geſtalten den Schliff ausſchließlich nach Augenmaß und auf Grund langjähriger Uebung und Erfahrung. Nun hat Profeſſor Johnſen von der Berliner Univerſität kürzlich rein rech⸗ neriſch ermittelt, welche Winkel und relativen Größen die Facetten des üblichen dreifachen Brillantſchnitts ha⸗ ben müſſen, um das Höchſtmaß von Brillanz, d. h. von Feuer und Farbenſpiel zu erreichen. Er iſt dabei zu Re⸗ ſultaten gekommen, die ziemlich erheblich von den bisher geübten Methoden abweichen. Zugleich hat Profeſſor Johnſen einen Apparat erfunden. mit dem man nicht nur die Güte der Brillanz von Brillanten und anderem Edelſteinen nachprüfen, ſondern auch Imitationen ſoſort von Brillanten unterſcheiden kann. Der Apparat bezeich⸗ net ſich als Brillantoſcob und dürfte geeignet ſein, die Methodik und damit auch die Reſultate der Brillant⸗ ſchleiferei b'deutend zu verbeſſern. Turnen Sport Spiel. Deutſches Turnfeſt 19233. Köln, 5. Januar. Das 14. Deutſche Turnfeſt ſoll bekanntlich im Jahre 1928 in den Tagen vom 26. bis 29. Jult in Köln ſtattfinden. Geſtern verſammelten ſich bereits rheiniſche Preſſevertreter im Gürzenich zu einer Vorbeſprechung. f E Delarge bleibt Europameiſter. 0 Im Herausforderungskampf um die Europameiſter⸗ ſchaft im Halbſchwergewichts⸗Boxen ſtanden ſich in Lüttich der Titelverteidiger Delarge und der frühere Europa⸗ meiſter van't Hoff⸗Holland gegenüber. Delarge vertei⸗ digte ſeinen Titel mit Erfolg, da er den Holländer über 15 Runden klar nach Punkten ſchlagen konnte.— De⸗ large wird nunmehr demnächſt ſeinen Titel gegen den deutſchen Halbſchwergewichtsmeiſter Schmehling⸗Köln der ihn herausforderte, zu verteidigen haben. f Tex Rickards bekommt Konkurrenz. 8 Der bekannte amerikaniſche Boxmanager Tex Rik⸗ kards hat jetzt in einem Landsmann namens Fugazy einen Konkurrenten bekommen, der ſich die Rieſenarena der „Pole Grounds“ bei Newyork für die nächſte Saiſon be⸗ reits geſichert hat. Fugazy ſteht ſchon in Anterhand⸗ lungen mit Weltmeiſter Gene Tunney für einen Titel⸗ kampf, in dem Tunney mit dem Halbſchwergewichtsmei⸗ ſter Jack Delaney zuſammentreffen ſoll. Paul Martin in Amerika. 5 Nach einer Meldung aus Lauſanne wird der ſchwei⸗ zeriſche Mittelſtreckler Paul Martin im Frühjahr nach Abſchluß ſeiner Studien nach Holywood fahren, um dort für einige Zeit im Film tätig zu ſein. Die dies bezüg⸗ lichen Verhandlungen hat der bekannte Sprinter Charley Paddock geführt, der ſchon ſeit längerer Zeit in Holy⸗ wood reſidiert. e N Die norddeutſche Bundespokal⸗Elf. g Der Spielausſchuß des Norddeutſchen Fußball⸗Ver⸗ baus hat für den am 16. Januar in Hamburg ſtatt⸗ finde den Zwiſchenrundenkampf um den Bundespokal ge⸗ gen 9 deutſchland die folgende Mannſchaft nominiert: a ee 8 Blunck ö (Hamb. Sp.⸗V.) i Beier Müller (Samb. Sp.⸗V.)(Vikt. Hamb.) 7 Nomi enſen Mahnke Lang (Altona 93)(Union⸗Altona)(Hamb. Sp.⸗V.) „Sommer Warnecke Harder Wolpers Rave (alle Hamb. Sp.⸗V.) Das Dortmunder Borprogramm. Die Kämpfe um die Ermittlung des deutſchen Schwer⸗ gewichtsbormeiſters, die ſämtlich in der Dortmunder Weſt⸗ falenhalle ſtattfinden, nehmen am 9. Januar mit der erſten Runde ihren Anfang. Rudi Wagener⸗Duisburg und Ludwig Haymann⸗München, ſowie Ernſt Röſemann⸗Han⸗ nover und Joe Mehling⸗München ſtehen ſich im Ausſchei⸗ dungskampf um den Titel gegenüber. Das übrige Pro⸗ gramm ſieht neben dem Qualifikationskampf des Dort⸗ munder Tauſch gegen Tomkowiak⸗Eſſen noch eine Feder⸗ gewichtsausſcheidung zwiſchen Dübbers⸗Köln und Gohres⸗ Duisburg über ſechs Runden ſowie einen Revanchekampf Scheel-Elberfeld gegen Sahm⸗Hamburg über acht Run⸗ den vor. Italiens Vorbereitungen auf Amſterdam. Der italieniſche Leichtathletik- Verband hat für die Vorbereitung ſeiner Athleten auf die Olympiſchen Spiele in Amſterdam den hervorragenden ungariſchen Leicht⸗ athleten Gaſpar als Sportlehrer verpflichtet. Europameiſter Nuiz erneut geſchlagen. Der Europameiſter im Bantamgewicht A. Ruiz(Spa⸗ nien) wurde in Buenos Aires von dem argentiniſchen Ban⸗ tamgewichtsmeiſter Mocerva in einem Zwölfrundenkampfe glatt nach Punkten geſchlagen. 5 Europameiſter Paolino ſiegt in Amerika. Der europäiſche Schwergewichtsmeiſter Paolino konnte ſein Debüt in den Vereinigten Staaten zu einem ſchönen Sieg geſtalten. Er ſchlug in Havanna den Nerpporker Schwergewichtler O'Grady in der erſten Runde k. o.— Dieſer Sieg des Basken hat ik Amerika großen Ein⸗ druck gemacht. 2 — 2— 5 Waſſerſtandsnachrichten. Mannheim, 6. Januar. Rhein: Waldshut 174 (plus 2), Schuſterinſel 52(0), Kehl 173(minus 2), Marau 338(plus 7), Mannheim 219(plus 10), Köln 160(plus 1). Neckar: Mannbeim 227(plus 8). J j* * 5 8 5 r 1 4 e — Ein Film mit grauen⸗ und ſtaunenerregenden Rufnatzmen 5 ganzer Rudel Wölfe! 15 Metzr ſagen iſt zwecklos! 5 Eden onts piele. 1 Sehen muß man ihn! 8 Miraltel der Wölfe 85 Der gewaltigste Großfilm der Alfa · Decla der letzten Saiſon. 1 5 8—.