enen ener eee 1 122 e-* —. 2. Blatt zu Wr. 177 Mittwoch, 2. August 19343 Das Wunder von Oſtpreußen Man muß dieſes oſtpreußiſche Wunder unmittelbar miterleben, um es ganz zu verſtehen. Es iſt, ſo paradox das klingen mag, ein„natürliches Wunder“, der Glaube, der nicht nur Berge verſetzen, ſondern auch Opfer bringen kann, iſt ebenſo daran beteiligt wie Menſchenhirn und Menſchenhände, die das Werk durchführen. Die Seele die⸗ ſes Werkes iſt der Oberpräſident Erich Koch. Sein Wille, ſeine Zuverſicht, ſeine Planung habe alle erfaßt und durch⸗ drungen, die an der Beſeitigung der Arbeitsloſigkeit mit⸗ wirken: die Beamten der Arbeitsämter, die doppelten Ver⸗ dienſt machen ohne einen Pfennig mehr dafür zu bekom⸗ men, die ganzen Behörden, die vergeſſen zu haben ſchei⸗ nen, was Bürokratismus und Inſtanzenweg heißt: den Gutsbeſitzer, den Bauern, den Arbeitsloſen unterbringen oder ſonſt Aufgaben übernehmen, deren Ziel das gemein⸗ ſame Ganze iſt.. N Aber das alles vallzieht ſich auch in einer einheitlichen und durchdachten Linienführung. Sie läuft zunächſt auf die Einſtellung aller Arbeitsloſen hinaus, ohne Rückſicht darauf, ob jemand auch einmal einen Dienſt übernehmen muß, der unter ſeiner Qualifikation liegt. Der Ingenieur, der Akademiker, der kaufmänniſche Angeſtellte, ſie arbeiten genau ſo gut mit Schippe und Spaten wie jeder andere, und ſie ſind mit derſelben Vegeiſterung bei der Sache, die das ganze Land erfaßt hat. Um nur ein typiſches Beiſpiel anzuführen: In Elbing werden jeden Tag 500 Arbeitsloſe „eingezogen“. Man ſieht Leute mit Schaftenſtiefel und Aus⸗ rüſtungsgegenſtänden unter dem Arm die letzten Vorberei⸗ tungen treffen. Dann formiert ſich zur feſtgeſetzten Stunde eine Kolonne unter Vorantritt einer Kapelle zum Bahnhof. Der Sonderzug ſteht bereit und unter Händewinken und Tücherſchwenken geht ein neues Arbeitsbataillon ins Land. Daß niemand ſich zu gering für dieſe Arbeit dünkt, hat ſeinen Grund in dem Impuls, der in jedem wieder geweckt Fach Zunächſt müſſen alle wieder einmal unter Dach und ach. 8 Man weiß auch in Königsberg ganz genau, daß es im Reich Zweifler gibt. Man kennt auch die Einwände. Der erſte iſt, daß es ſich doch nur um ein verhältnismäßig„klei⸗ nes Objekt“ handele. Man glaubt im Reich, die einzelnen Kreiſe Oſtpreußens hätten nur 100 oder 200 Arbeitsloſe. Dem läßt ſich entgegenhalten, daß z. B. der Kreis Elbing 15 000 Arbeitsloſe zählt, von denen bis jetzt ſchon mehr als die Hälfte untergebracht iſt. Ganz Oſtpreußen hatte etwa 125000 Arbeits loſe. Von ihnen ſind jetzt min⸗ deſtens 80 000 Menſchen wieder in Arbeit und Brot. Da⸗ bei legt Oberpräſident Koch Wert auf die Feſtſtellung, daß die Leute nach Tarif bezahlt werden. Die Tarife ſind hier im Oſten niedriger als in anderen Teilen des Reiches, aber das liegt in der Natur der Verhältniſſe. ten die Verheirateten wegen des doppelten Haushalts noch eine beſondere Wochenzulage. Eine andere ſkep⸗ tiſche Frage geht dahin, ob das Ganze nicht ein Ausfluß der ſaiſonmäßigen Entwicklung ſei. Man verweiſt wohl darauf, daß die oſtpreußiſche Landwirtſchaft in den Som⸗ mermonaten früher ja ſogar ausländiſche Arbeiter herangezogen habe. Das iſt nun aber ſchon ſeit einigen Jahren geſetzlich eingeſtellt. Außerdem hat der Oberpräſi⸗ dent in der letzten Zeit etwa 18 000 Arbeiter aus dem Reiche herangezogen, von denen 10 000 auf die Deckung des oben erwähnten Saiſonbedarfes entfallen. Was darüber hinaus geſchieht, iſt alſo ganz einwandfrei echte Beſeitigung der Arbeitsloſigkeit. Mit dieſer Problemſtellung hängt auch die Frage zuſammen, ob es gelingen wird, die Beſchäfti⸗ gung der Maſſen auch im Winter durchzuhalten. Man rech⸗ net damit, daß Oſtpreußen im kommenden Winter nicht mehr als 15 040 Arbeitsloſe haben wird. Viel hängt frei⸗ lich von der Entwicklung der Getreidepreiſe ab. Zu den weitreichenden Plänen gehört eine 5 5 gro⸗ ßer Projekte, wie z. B. der Duͤrchſtich vom Kuriſchen Haff zur See, um den Waſſerſpiegel des Kuriſchen Haffs um 80 Zentimeter zu ſenken. Jetzt leiden die beiden großen Niederunger Kreiſe unter den ſtändigen Ueberſchwemmun⸗ gen, die der höhere Waſſerſtand des Haffs verurſacht. Er iſt ſo moorig, daß Menſch und Pferd beim Pflügen nur mit angeſchnallten Brettſtücken arbeiten können. Ein an⸗ derer Plan iſt die Dorfrandſiedlung. In der Umgebung der Dörfer ſoll dann ein neuer, kräftiger Bauernſtamm entſtehen. 0 Damit ſind wir bei dem Problem Oſtpreußens über⸗ haupt. Die Provinz hat dem übrigen Teil des Reiches nicht nur Getreide, Fer jährlich auch 26 000 Menſchen geliefert. Sie hat heute 2,1 Millionen Einwohner, das heißt alſo eine Bevölkerungsdichte, die in keinem Ver⸗ hältnis zu der Weite des Landes ſteht, das viel mehr Men⸗ ſchen ernähren kann. Daher auch der Plan des Oberpräſi⸗ denten, 1 bis 1,5 Millionen Menſchen aus dem Weſten des Reiches hierher zu bringen. Eine neue Induſtrie ſoll hier aufgebaut werden, ein neuer Arbeitertyp ſoll geſchaf⸗ in werden, der Ait dem Boden verwurzelt. Damit weitet ſich die Problemſtellung über die oſtpreußiſchen Grenzen hinaus Was in Oſtpreußen geleiſtet werden wird, wird auch zum Segen für den Weſten. Seine Ueberindu⸗ ſtrialiſierung, die ungeſunde Zuſammenballung ungeheu⸗ rer Menſchenmaſſen im Weſten drängt zur Auflockerung. Oſtpreußen wird eines der Ventile ſein. Man muß im Reich den Kern der Dinge erkennen: und der liegt in folgendem: Ein Jahrzehnt und länger war das deutſche Geſicht nach Weſten gekehrt. Das war der Kampf um den Rhein, um die Ruhr. Jetzt iſt der Oſten zur Hauptkampffront geworden. Hier wird die erſte ganz große Schlacht gegen die Arbeitsloſigkeit geſchlagen. Von ihr geht eine innere Erneuerung aus, die aus der Tiefe des bodenſtändigen Menſchen quillt. Man ſtaunt, wenn man ſieht, wie Jeder, mit dem man ſpricht, von dieſem Be⸗ wußtſein erfüllt iſt. Da iſt nichts mehr von Niedergedrückt⸗ ſein, da iſt nur Stolz; ganz Oſtpreußen iſt wieder ein ſtol⸗ zes Land geworden. Deitgemäße Inſchrift Eine recht zeitgemäße, bemerkenswerte Hausinſchrift be⸗ findet ſich an einem heſſiſchen Bauernhaus— ſie gilt ſinn⸗ emäß für alle Volksgenoſſen: „Wer ſeine gute Milch verkauft Und mit den Kindern ſchlechte ſauft, Wer Butterlieſerante iſt Und ſelber Margarine frißt, Wer teures Auslandsfutter gibt Und hinterher zu klagen liebt, Daß er verſchleudern muß die Körner, Der iſt ein Rindvieh ohne Hörner!“— Außerdem erhal⸗ Landtelephon twird billiger Das Telephon auf dem Lande iſt ſchon immer ein Anlaß zu Klagen geweſen. Die Anlagekoſten ſind 1 50 viel höher als in der Stadt, weil beſondere Zuſchläge bezahlt werden müſſen. Der Betrieb iſt teurer als in der Stadt, weil die Ortsnetze ſehr klein ſind, und der Fernſprechteilnehmer in ſehr viel größerem Umfange Ferngeſpräche bezahlen muß als der Teilnehmer größerer Ortsnetze. Hinzu kam dann lange Zeit die beſchränkte Betriebsbereitſchaft des Land⸗ telephons. Bis vor wenigen Jahren konnte das Telephon auf dem Lande faſt überall nur zu ſehr beſchränkten Zeiten benutzt werden, die von den Dienſtſtunden der Vermittlungs⸗ ſtellen abhängig waren. Die zunehmende Automatiſierung des Fernſprechweſens ſowie eine Anpaſſung der Dienſt⸗ ſtunden an die Wünſche der Landwirtſchaft hat dieſe Miß⸗ Moste etwas behoben. Geblieben waren aber die hohen oſten. Da wird es die Landwirtſchaft beſonders begrüßen, daß nicht nur bei der Neueinrichtung von Fernſprech⸗ anſchlüſſen der Apparatbeitrag von 50 RM. künftig wegfällt, daß vielmehr auch die erwähnten Zuſchlagsgebühren im ländlichen Telephonverkehr nunmehr endlich ermäßigt wer⸗ den. Vom 1. Oktober ab wird die Zuſchlagsgebühr, die für Hauptanſchlußleitungen außerhalb des Fünf«⸗Kilometer⸗ Kreiſes der Vermittlungsſtelle zu zahlen iſt, um 40 v. H ermäßigt, wenn die Zuschläge bereits fünf Jahre lang ent⸗ richtet worden ſind. Eine weitere Erleichterung iſt dadurch zu erhoffen, daß unter Ausnutzung des Selbſtanſchlußbetrie⸗ bes kleinſte Vermittlungsſtellen ſo über das Land verteilt werden, daß die Anſchlußleitungen praktiſch nicht länger als fünf Kilometer werden. Schutz dem Bauernhof Die Anlegung von Erbhöferrollen in Preußen Berlin, 29. Juli. Vom Preußiſchen Miniſterium für Landwirtſchaft, Do⸗ 8 015 115 Forſten wird unter dem Datum vom 29. Juli mitgeteilt: 5 N Deuiſchlands aälteſte Stadt „Bevor Rom war, ſtand Trier 1300 Jahre“. Es gibt wenige Städte im Reich, in denen die Ver⸗ gangenheit ſo ſtark, nachhaltig und unmittelbar in die Ge⸗ genwart hineingewachſen iſt, wie in Trier. Noch ehe die Innenſtadt mit Marktplatz und Geſchäftsſtraßen ein leb⸗ hafteres Straßenbild entfaltet, ſteht der Beſucher vor den ſchwärzlichen Mauerquadern der Porta Nigra. Jahrtauſende haben den hellen Sandſtein der mächtigen römiſchen Tor⸗ anlage dunkel gefärbt. Grünes Flechtwerk legt ſich ſtellen⸗ weiſe dünn über die Steinwand. Höhlungen im Mauerkern, bröckelnde Verzierungen, Anzeichen der Verwitterung um⸗ ſchweben den Bau mit einem leichten Hauch der Vergäng⸗ lichkeit, aber noch immer ſtemmt ſich der gewaltige Stein⸗ torſo undurchdringlich und maſſig allen zerſtörenden Ge⸗ walten entgegen. Zwingend iſt die Wirkung dieſes ſteinernen Machtausdruckes eines weltbeherrſchenden Volkes, das der Stadt, dem einſtigen Sitz galliſcher Sonderkaiſer und ſpä⸗ teren Mitreſidenz Weſtroms, überall die Spuren ſeiner Kul⸗ tur und architektoniſchen Meiſterſchaft aufgedrückt hat. Welt⸗ bekannt ſind die Kaiſerbäder, Baſilika, Dom und Römer⸗ brücken, und das halbzerfallene Tor der 30000 Menſchen faſſenden Amphitheateranlage am Berghang. Einen leicht ſüdlichen Anklang zeigt das Leben der Innenſtadt mit Straßenauslagen und kleinen Geſchäfts⸗ buden, doch das Herz der Stadt iſt urdeutſch. Ueberall findet man ein merkwürdiges Durcheinander der Bauſtile, wie auf den repräſentativen Plätzen alter, langſam gewachſener, deut⸗ ſcher Städte. Viel Barock mit kleinen Ausflügen ins heitere Rokoko, am bekannteſten die feuchtfrohe„Steipe“, die einſt die ſehr ernſthaften Geſichter der Marktrichter in ihren Räu⸗ men verſammelt ſah und das„Rote Haus“ mit der berühm⸗ ten lateiniſchen Inſchrift, die auch die Befreiungsgedenkmünze ziert:„Bevor Rom war, ſtand Trier 1300 Jahre“. Die Namen der größten Geſchäftsſtraßen:„Fleiſch⸗ ſtraße“ und„Brotſtraße“ deuten noch unmittelbar auf zünft⸗ leriſchen Arſprung, und doch hat dieſe mittelalterliche Er⸗ innerungswelt ein anderes Geſicht, als es uns ſonſt aus Giebelfronten deutſcher Städte anſieht. Es fehlt das ſtolze Selbſtbehagen bürgerlicher Baukultur, die ſpitze, ſchnörkelige Linie, die ein rührender Ausdruck verſchollener Sitten iſt. Hier weht andere Luft; ein Zug ins Große, Prunkhafte macht ſich geltend. Selbſt der kunſtvolle Markkbrunnen mit ſeinem allegoriſchen Figurenſpiel paßt ſchlecht zum bürger⸗ lichen Weltverſtand. Die Kunſtliebe der Biſchöfe, die als weltliche Fürſten das Land regierten, hat die Bauten der Stadt geformt. Die Stadt iſt wie wenige Städte in ihrem baulichen Ausdruck von der religiöſen Kunſt beherrſcht. Trier iſt alter Wallfahrtsort, einer der Ausgangspunkte des Chriſtentums in Deutſchland. Die Geſchichte ſeiner Kirchen umſchließt zu⸗ gleich ein gewichtiges Stück deutſcher Kulturentwicklung. Der e In der Zeit vom 1. Juni 1933 bis zum 1. Auguſt 1933 haben die Gemeindevorſteher in den Gebieten des preußiſchen Skaates, in denen die Anerbenſitte vorherrſcht, das heißt in ganz Preußen mit Ausnahme des Rheinlandes und Naſ⸗ ſau, Erbhöferrollen anzulegen. In dieſe amtlichen Gemeindeverzeichniſſe ſind alle jene land⸗, forſt⸗ und gartenbaulichen Beſitzer einzutragen, die nach Anſicht der Gemeindevorſteher für die Erbhöferrollen in Frage kommen. Dieſes Gemeindeverzeichnis wird dann weiter gereicht an den Landrat und dient zur Unterlage für die endgültige Eintragung in die Erbhöferrolle. Die Eintragung in das Gemeindeverzeichnis wird eine Vorbe⸗ dingung für das Wirkſamwerden des Erbhofrechtes für die betreffenden Höfe. Bei der wachſenden Bedeutung, die das Erbhöferrecht für das deulſche Bauerntum insbeſondere in bezug auf den Schutz der Baueruhöfe vor übergroßer Belaſtung und Jer⸗ ſplitterung durch den Erbgang hat, muß es jedem einzel ⸗ nen Bauernhofbeſitzer dringend empfohlen werden, ſich bei dem zuſtändigen Gemeindevorſteher zu vergewiſſern, ob ſein Hof auch in das Gemeindeverzeichnis eingetragen iſt. Nach Anordnung der zuſtändigen Miniſter muß jeder land⸗ und forſtwirtſchaftliche Beſitz von mehr als 7,5 Hek⸗ tar Fläche in das Gemeindeverzeichnis aufgenommen wer⸗ den. Aber auch kleinere Höfe können eingetragen werden, wenn ſie zur Ernährung und Erhaltung einer Familie aus⸗ reichen und ein entſprechender Antrag geſtellt wird. 93229 FP Handel und Wirtſchaft Mannheimer Großviehmarkt vom 1. Auguſt: Zufuhr und Preiſe pro 50 Kilogramm Lebendgewicht in Reichs⸗ mark: 120 Ochſen 26 bis 32; 115 Bullen 23 bis 30; 307 Kühe 11 bis 24; 251 Färſen 25 bis 33; 829 Kälber 22 bis 40; 15 Schafe 21 bis 27; 2187 Schweine 36 bis 42, 4 Ziegen 10 bis 17.— Marktverlauf: Großvieh mittel, Neun Kälber ſehr ruhig, Ueberſtand; Schweine mittel, geräumt. Beſuch der Kikchen und ihrer Schätze gehört zum nach⸗ haltigſten Erlebnis, das die Moſelſtadt dem Kunſtfreund zu bieten hat. In dem dämmernden Halbdunkel des Domes, deſſen Grundmauern noch römiſchen Arſprungs ſind, lebt die ganze Geſchichte der Stadt. An dieſem Bauwerk haben Jahrhunderte gearbeitet, hier iſt die Zeit in den Stein ge⸗ bannt. Ein Schmuckſtück beſonderer Art iſt nicht zuletzt die Paulinskirche, die von außen wenig verſpricht, im Innern aber hell getönte farbige Deckenmalereien von ſeltener Schön⸗ heit aufweiſt und eine Rokokopracht entfaltet, die beim Ueber⸗ gang aus dem matten Licht grauer Tage die Illuſion eines leuchtenden Frühlingsmorgens erweckt. 2 Der heilige Rock in Trier ausgeſtellt. Zum. erſten Male wieder, ſeit 42 Jahren, iſt in der Dom⸗ kirche in Trier der Heilige Rock ausgeſtellt worden. Vom Deutſchen Turnfeſt Unſer Bild zeigt die Ehrentribüne bei dem großen Feſtakt im Adolf⸗ Hitler⸗Stadion. Dritter (von links nach rechts): Reichsaußenminiſter Freiherr von Neurath, Vizekanzler von Papen, Reichskanzler Adolf Hit⸗ ler, Reichsminiſter Dr. Goebbels. — Menſchliche Strahlung Einem deutſchen Forſcher, Profeſſor Rahn, der ſeit mehreren Jahren als Bakteriologe an der Cornell⸗Univerſi⸗ tät, Ithaca(USA.), arbeitet, ſind außerordentlich bemerkens⸗ werte Strahlungsverſuche gelungen. Es handelt ſich dabei um nichts weniger als um den Nachweis von Ausſtrahlun⸗ gen des menſchlichen Körpers und deren Wirkung auf Lebe⸗ weſen. Als Verſuchsobjekt benutzte Profeſſor Rahn Bier⸗ hefe, einen beſonders gut zu beobachtenden primitiven Zell⸗ organismus. Die Zellen ſolcher Bierhefe wurden in ihrem Wachstum gehemmt und ſchließlich getötet, wenn ſie den Ausſtrahlungen der Fingerſpitzen eines Menſchen ausgeſetzt wurden. Durch ähnliche Experimente erbrachte Profeſſor Rahn den Nachweis, daß auch von der Naſenſpitze und von den Augen auf primitive Organismen tödlich wirkende Strahlen ausgehen. Der„böſe Blick“ iſt alſo in den Bereich der Wiſſenſchaft gerückt, natürlich nicht die damit verbun⸗ denen aberaläubiſchen Vorſtellungen. 5 Ausführungen, die Profeſſor Rahn vor der Amerika⸗ niſchen enen für die Fortſchritte der Wiſſenſchaft, und vor der„Geſellſchaft der amerikaniſchen Bakteriologen machte, iſt zu entnehmen, daß Blut und Speichel die Energie⸗ quellen dieſer Strahlungen ſind. Die Strahlungsenergie ſchwankt bei verſchiedenen Perſonen ſehr, und auch bei ein und derſelben wechſelt ſie je nach den Umſtänden. Die Art der Strahlen iſt noch nicht genau bekannt. Profeſſor Rahn vermutet aber, daß es kurzwellige ultraviolette Strahlen ſind, weil ſie auch durch Quarzſchichten hindurch wirken. Kann man dieſen Meldungen Glauben ſchenken? Das Ge⸗ biet der Strahlungen iſt ja noch auf weite Strecken hin un⸗ erforſcht, und ſeit ſeiner Inangriffnahme wimmelt es darin geradezu von wiſſenſchaftlichen Abenteurern; man denke etwa an die Odd⸗Strahlen des Freiherrn von Reichenbach, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Mode waren, oder an die phantaſtiſchen Todesſtrahlen, mit denen in den letzten Jahren ſehr viel Unfug getrieben wurde. Viel we⸗ niger beachtet wurden leider die wirklichen Entdeckungen ernſthafter Forſcher. Vor mehreren Jahren ſchon wies der bekannte, jetzt in Berlin tätige Chirurg Sauerbruch zuſam⸗ men mit dem Münchener Phyſiker Schumann experimentell nach, daß tätige menſchliche Muskeln elektromagnetiſche Wellen ausſenden, deren Wirkung in noch mehr als 99 Meter Entfernung feſtzuſtellen iſt. Andere Verſuche deutſcher und ruſſiſcher Forſcher ſollen den Beweis erbracht haben, daß von den tätigen Muskeln des menſchlichen Körpers aus⸗ gehende Ultraviolettſtrahlen das Wachstum von Mikroorga⸗ nismen anregten, was freilich mit den Ergebniſſen Profeſſor Rahns nicht zu vereinen wäre. Auch an krebskranken Ge⸗ weben will man ſtarke Strahlungsäußerungen beobachtet haben, während ſolche im Gegenſatz zum Blut geſunder Menſchen am Blute krebskranker nicht feſtzuſtellen waren. Nach Angabe von Profeſſor Rahn hat ein amerikaniſcher Arzt die Entdeckung gemacht, daß das Blut von Frauen zu beſtimmten Zeiten Strahlen ausſendet, die auf Mikro⸗ organismen ſchädlich, ſogar tödlich wirken. Schließlich konnte man neuerdings auch an wachſenden Pflanzen und Tieren Strahlungen feſtſtellen, die man in Zuſammenhang mit Vorgängen bei der Zellteilung bringt. Daß alſo von lebendigen Organismen Strahlen in den Raum geſandt werden, kann nach allem nicht mehr. haft ſein; man iſt ſich nur noch nicht ganz klar über die Art der Strahlen. In einzelnen Fällen wurden ſie aber ein⸗ wandfrei als kurzwellige, ultraviolette Strahlen feſtgeſtellt. Es iſt aber ſo gut wie ſicher, daß man in einiger Zukunft auch langwellige, infrarote Strahlen von lebenden Organis⸗ men nachweiſen kann. Dieſe Strahlen gehen nämlich von allen warmen und heißen Körpern aus, alſo auch von le⸗ riſchen und menſchlichen. Mit Hilfe geeigneter photographi⸗ ſcher Platten kann man ſie aufnehmen. Nur iſt es bis jetzt nicht möglich, die Wärmeſtrahlen von Körpern mit einer Temperatur von weniger als 300 bis 400 Grad Celſius auf⸗ zuzeichnen, weil das photographiſche Material dafür nitht empfindlich iſt. Das wird ſich aber auch einmal geben. Jedenfalls ſteht feſt, daß uns auf dem Gebiete der Aus⸗ ſtrahlung von organiſchen Körpern noch die größten Ueber⸗ raſchungen bevorſtehen. Ganz unglaubwürdig würde es aber den meiſten wahl klingen, daß auch aus anderen Körperteilen ohne weiteres Funken hervorſprühen können. In früheren Zeiten hat man ſolche Beobachtungen des öfteren gemacht und ſie aufge⸗ zeichnet, zum Teil, als die Erſcheinungen der Elektrizitit noch gar nicht bekannt waren. Dr. Kleefiſch hat dieſe Be⸗ obachtungen geſammelt, und wir müſſen wohl geneigt ſein, dieſe Berichte für märchenhafte Erfindungen zu halten, gleich vielen ſolcher erſchrecklichen Hiſtorien, die in jenen Jahr⸗ hunderten nur die Aufgabe hatten, die abenteuerluſtige Phantaſie zu befriedigen, auf Genauigkeit aber keinen Au⸗ ſpruch machten, wenn nicht gerade in der letzten Zeit die Wiſſenſchaft Erfahrungen gemacht hätte, die dieſe Beſchreſ⸗ bungen in einem ganz anderen Lichte erſcheinen laſſen. Einen überaus merkwürdigen Fall beſchreibt Bartho⸗ linus, der von 1585—1621 lebte. Es handelte ſich um eine Dame aus Verona, die er ſelbſt beobachtete und unterſuchtt. Es heißt da nach einer deutſchen Ueberſetzung aus dem Jahre 1667: Dieſe vornehme Frau zeichnet der Schöpfer durch ein beſonderes Zeichen hervorragender Würde und erſtaunlicher Natur aus, daß, ſo oft ſie mit einem Taſchen⸗ tuch leicht ihren Körper berührte, Funken aus ihren Glie⸗ dern reichlich hervorſprangen, die allen Dienſtboten ſichthar waren. Es war nicht anders, als wenn ſie mit einem Kieſel ſtein herausgeſchlagen worden wären, und ſie waren auch von einem Ziſchen begleitet, das allen hörbar war. Oft be⸗ merkt ſie, wenn ſie die Hand in den Handärmel führt, daß die Funken ſich wie eine Flamme bündelten und wie ein geſchwänzter Strahl nach Art von angezündeten Ausdün dunſten ſich verliefen... Dieſes Feuer wurde aber nut bei Nacht oder an dunklen Orten nach Art unſerer Lichter bemerkt; es brannte aber auch nicht außer ſich weiter, obgleich man allerlei Stoff heranbrachte, der zur Entzündung ſehr geeignet war.. Daß es ſich hier um die Beſchreibung einer elektriſchen Erſcheinung handelt, die der Beobachter, überhaupt nicht kannte, iſt uns ſofort erkennbar; das ver⸗ leiht ja auch dieſer Schilderung trotz ihrer Seltſamkeit ihren Wahrheitswert. Der berühmte Philoſoph und Mathematiker Cardanus(15011576) hat bei einem Mönche das Haar⸗ funken beobachtet. So oft er ſeine Kapuze von der Stirn zum Hinterkopfe ſchob oder auch nur die Haare ausein⸗ anderſtrich, ſchoſſen haufenweiſe die Funken hervor. 1 Auterlaltuuq uud lhisoei Später ſind dieſe Beobachtungen vergeſſen worden, und die Aufmerkſamkeit war auch nicht auf dergleichen Erſchei⸗ nungen gerichtet. ö Im Zuſammenhang mit den Exploſionsnarkoſen hat ſich aber die moderne Medizin wieder ſehr eifrig damit be⸗ ſchäftigt. Denn eben die elektriſche Ladung des Menſchen ſpielt eine bedeutende Rolle bei dieſen Vorfällen, und ſo gewinnen dieſe jahrhundertealten Berichte eine unerwartete Aktualität. i 0 Pflege bäuerlichen Brauchtums Eine ausgeprägte Pflege der Sitten und Gebräuche findet man heute nur noch in verhältnismäßig wenigen Ge⸗ genden Deutſchlands. Obwohl in beſtimmten Gebieten am Althergebrachten noch ſehr feſtgehalten wird, was ſich z. B. äußerlich im Tragen der Trachten und der Ausübung alter Gewohnheiten zeigt, droht doch auch die bäuerliche Bevölke⸗ rung mehr und mehr der Ziviliſation zum Opfer zu fallen. Beſonders in der Zeit vor und nach dem Kriege, alſo in einem Zeitabſchnitt der Mechaniſierung, Induſtrialiſierung und Landflucht, ſind dieſe inneren Werte der Menſchen über⸗ ſehen und mißachtet worden. Der unheilvolle Einfluß der marxiſtiſchen Regierungen der Nachkriegszeit, die das„Heil“ des Volkes in der Zuſammenballung von Menſchen in gro⸗ ßen Städten ſahen, hat dahin geführt, daß der Menſch dem Boden entwurzelte. In der Entwurzelung der Menſchen vom Boden, der Proletariſierung, ſah der Marxismus ſein beſtes Nährfeld, denn der Bauer hatte dem Internationalis⸗ mus ſeither den ſtärkſten Widerſtand entgegengeſetzt. Beiſpiele dafür, daß die Ziviliſation aber auch ſchon an der alten Bauernkultur nagt, ſind die Verhältniſſe in Friesland. In Nordfriesland, wo auf den Inſeln der ſchles⸗ wig⸗holſteiniſchen Küſte die Hausfrauen noch täglich ihre Trachten tragen, zeigen die Wohnräume der Menſchen noch heute ihre alte, ſchöne Ausgeſtaltung. Sie werden als Heiligtum gehalten. Anders iſt es dagegen bei den Nord⸗ frieſen des Feſtlandes. Hier findet man von der alten Kul⸗ tur faſt nichts mehr. Die Trachten ſind verſchwunden, und die alten Sitten und Gebräuche werden nicht mehr geübt. So kann ſelbſt ein ſtarkes Bauernvolk zugrunde gehen, wenn die Eigenarten der Heimat nicht gepflegt werden. Im Mittelpunkt der Heimatpflege muß der Menſch ſte⸗ hen. Er muß mit ſeinem Boden, ſeinem Heim, alten Sitten und Gebräuchen verwurzelt ſein. Welch ungeheuren völkiſchen Werte ſtecken in dieſer alten traditionellen bäuerlichen Kul⸗ tur! Sie iſt der Lebensquell, aus dem bis heute jedes Volk in natürlicher Entwicklung hervorgegangen iſt. In der Erkenntnis der großen Bedeutung der Pflege alter Bauernkultur, Eigenart und Sitte hat nun der Reichs⸗ landwirtſchaftsminiſter Darré den Referenten im Amt für Agrarpolitik bei der Reichsleitung der NSDAP., Pg. Erwin Metzner, zum Sonderbeauftragten für Pflege des bäuer⸗ lichen Brauchtums für Sitte und Geſittung ernannt. Brauch⸗ tum— welch gutes deutſches Wort. Sitte, Geſittung, Eigen⸗ art des bäuerlichen Lebens finden ihren Ausdruck in dem Wort Brauchtum, das in ſeiner Geſamtheit der beſte Aus⸗ druck enger Naturverbundenheit bedeutet. Wenn man das Bauerntum als den einzigen Lebensquell der Nation in ſei⸗ nem Kern erhalten will, dann darf man das Eigenleben der bäuerlichen Bevölkerung, wie es ſich in den althergebrachten Umgangsformen, der Einrichtung der Lebensweiſe ausdrückt, nicht ſtören ſondern muß vielmehr beſtrebt ſein, ſie zu er⸗ halten und zu fördern. Wenn in vielen Gegenden z. B. das Erntefeſt, das Tragen der Trachten, die Pflege der Einrich⸗ tungen von Bauernhäuſern ſehr in den Hintergrund geſtell! worden ſind, ſo muß heute dieſes Brauchtum wieder ge⸗ pflegt werden. Siedlungen und Häuſer müſſen die engſte Heimat und den Lebensraum für die Familie darſtellen. Sie ſollen das innere Leben der Menſchen widerſpiegeln. Deshalb darf man ſie nicht als tote Werke betrachten ſondern als lebendige Teile der Menſchen und der Heimat. Die Geſtaltungsfreudig⸗ keit vereint mit inſtinktſicherem Formen⸗ und Farbengefühl, die unſeren Vorvätern eigen war, verband die Menſchen mit der Heimat, dem Boden, und machte ſie eins mit dem Lebendigen ringsum.„Etwas Feſtes muß der Menſch haben, daran er zu Anker liege, etwas, das nicht von ihm abhänge, ſondern davon er abhänge.“ 2 Aber nicht nur das allein. Der Bauer muß ſich als ſolcher fühlen. Das kann er wohl, wenn er in ſich ſelber das Bewußtſein aufbringt, ein königlicher Bauer zu ſein. Dann wird er auch als ſolcher angeſehen, niemand wird wagen, über ihn zu lächeln. Erſt wenn er ſelber fühlt, daß er Bauer iſt und in ſeiner ganzen Handlungs⸗ und Lebens⸗ weiſe eine Bauernart zeigt, in dem Brauchtum, Sitte und Geſittung als natürliches Leben zum Ausdruck kommt, kann in ihm ein Standesbewußtſein aufkommen und zu innerem Erlebnis werden, und alle anderen Stände werden vor dem Bauern Achtung empfinden. 1 Ehrung des Erfinders der Schreibmaſchine. Unſer Bild zeigt die feierliche Enthüllung einer Büſte für den Erfinder der Schreibmaſchine Peter Mitterhofer f am Hauſe der Maſchinenbauerinnung in Wien. l . 2 Jeder Deutſche Familienforſcher 05 Auf der Ahnenſuche. Von C. von Oſt. In Berlin gibt es eine Zentralſtelle für Auszüge aus Berliner Kirchenbüchern. Hier arbeiten in dieſen Tagen und Wochen die Küſter bis zwei Uhr nachts, um die Hochflut der eingegangenen Anträge zu bewältigen. Dieſe Anträge ſind zurückzuführen auf das Beamtengeſetz und die in ihm enthal⸗ tene Forderung des Nachweiſes der ariſchen Abſtammung. Die Nachforſchungen über die ariſche Abſtammung erſtrecken ſich nur bis zu den Großeltern und die Vorlage der Tauf⸗ 17 5 wird in den meiſten Fällen keine Schwierigkeit ma⸗ en. Dieſe durch das Geſetz notwendig gewordene Ahnenfor⸗ ſchung wird nun aber meiſt nicht bei den Großeltern ſtehen⸗ bleiben. Die Beamten und alle diejenigen, die einen ſolchen Nachweis erbringen müſſen, haben jetzt gewiſſermaßen am eigenen Leibe erfahren, wie außerordentlich intereſſant und wertvoll ſolche Feſtſtellungen ſind und ſein können. Aber auch diejenigen, die es nach dem Geſetz nicht nötig haben, Zeug⸗ niſſe über die Abſtammung der Eltern und Großeltern zu bringen, haben vielfach begriffen, daß ſolche Feſtſtellungen von Wert ſind. Von Wert vor allem für die eigene Fami⸗ lie ſelbſt. Aus der Vergangenheit der Familie wächſt die Zu⸗ kunft. Gewiſſe Maßnahmen und Entſchlüſſe, die für die Zu⸗ kunft von Bedeutung ſind, werden erleichtert durch die Kenntnis der Vergangenheit. Allein ſchon daraus erwächſt die Forderung, daß heute jeder Deutſche ſich mehr als frü⸗ her um die Herkunft ſeiner Familie bekümmern ſoll. Der verdienſtvolle Rektor der Berliner Univerſität, der Anthro⸗ pologe Eugen Fiſcher, hat einmal vorgeſchlagen, eine Ab⸗ ſtimmung darüber zu veranſtalten, wer eigentlich in Deutſch⸗ land noch weiß, was ſeine beiden Großmütter für einen Mädchennamen getragen haben. Von den Urgroßmüttern ſoll ſchon lieber gar nicht geredet werden. Das alles aber iſt gar nicht ſchwer feſtzuſtellen, wenn man nur als Grundlage die notwendigſten Daten hat. Die Geburtstage der Eltern und der Hochzeitstag der Eltern führt ohne weiteres ſchon hinüber zu den Dokumenten über die Großeltern. Nur muß dabei beachtet werden, daß in Preußen die Standesämter ſeit dem 1. Oktober 1874 beſte⸗ hen. Für die Zeit vorher ſind die Urkunden nur bei den katholiſchen oder evangeliſchen Pfarrämtern zu haben. Aber die Dokumente ſind meiſtens ſo, daß ſie ohne Schwierigkeiten zurückführen, nur muß man ſich dabei vergegenwärtigen, daß der Stoff der Forſchung bald ſehr anſchwillt. Wir haben vier Großeltern, acht Urgroßeltern, 16 Ururgroßeltern. In der ſechſten Generation gibt es ſchon 32 Vorfahren, in der achten Generation, alſo vor etwa 250 Jahren ſchon deren 128. Von nun an ſteigen die Zahlen allerdings rapide, und es wird dann nur möglich und zweckmäßig ſein, die Haupt⸗ linien zu verfolgen. Das wird dann um ſo leichter ſein, wenn die Vorfahren bodenſtändig, wenn ſie als Handwerker in den Städten oder noch beſſer als Bauern auf ihren Höfen lebten. Die Kirchenbücher ſind eine ſehr zuverläſſige Stütze. Sie reichen in vielen Fällen bis zum Jahre 1660 zurück. Der Bibliothekar des Vereins„Herold“ in Berlin, Major von Goertzke, hat vor kurzem darauf aufmerkaſam gemacht, daß die älteſten Verliner Kirchenbücher, nämlich die von St. Marien und St. Nikolai, bis in das Jahr 1543 zurückreichen. Damit kann für die Familienforſchung viel gewonnen ſein. Im übrigen iſt im gleichen Zuſammenhang darauf hinzu⸗ weiſen, daß im Reiche bereits Beſtrebungen in Gang ge⸗ bracht ſind, die älteren Kirchenbücher in großen Archiven zu ſammeln. Das iſt im Rheinland ſchon geſchehen, das ſoll nun auch durchgeführt werden in Mecklenburg und heſſen. 1 allgemeinen aber liegen die Kirchenbücher noch bei ihren irchen. Die Kirchenbücher vermitteln im weſentlichen naturge⸗ mäß nur den rein äußeren Lebenslauf, Geburt, Taufe, Heirat, Geburt der Kinder und Tod. Wer darüber hinaus forſchen will, muß ſehen, daß er alte Familienbücher, alte Briefe findet, auch in alten Bürgerbüchern, in Innungs⸗ büchern findet ſich beachtenswertes Material. Wenn jetzt jeder Deutſche angeregt wird, auf die Ahnen⸗ ſuche zu gehen, ſo wird er bald merken, wie der geſchicht⸗ liche Sinn in ihm wach wird, wie die Familiengeſchichte ſich weitet zur Ortsgeſchichte, zur Volksgeſchichte und ſchließlich zur Weltgeſchichte. Was Emil Frommel einmal für ſeine Generation zuſammengefaßt hat, das gilt noch heute:„Dem heutigen Geſchlecht tut ein wenig mehr Familienachtung und liebe not, wenn es nicht ganz zerfallen ſoll. Es iſt eben doch etwas anderes, wenn man weiß, auf welchem Aſt des Familienbaumes man als ein Blättlein feſtſitzt, als wenn man bo geſchichtslos vom Winde verweht wird.“ 0 Anſere Ahnen Schön iſt es, den Spuren ſeines Geſchlechtes nachzu⸗ gehen, denn der Stammbaum iſt für das einzelne Geſchlecht das, was die Geſchichte des Vaterlandes für ſein Volk iſt. f 75 E. Tegener. Wir müſſen unſere Vorfahren zu erkennen ſuchen, ihre körperlichen und geiſtigen Eigenſchaften, um uns ſelber zu erkennen. Und um uns danach zu richten. Aus der Ver⸗ gangenheit wächſt die Zukunft. Ludwig Finckh. Wiſſen Sie das? Unter dem alten, aus dem 11. Jahrhundert ſtammen⸗ den Bremer Dom befindet ſich der ſogenannte Bleikeller, in dem vor Jahrhunderten die Bleitafeln gegoſſen worden ſein ſollen, mit denen der Dom bedeckt wurde; in dieſem Keller bleiben Leichen vor der Verweſung bewahrt; hier ſtehen in offenen Särgen eine Anzahl Toter, die vor Jahr⸗ hunderten in Bremen geſtorben, deren Körper aber noch heute unverſehrt, wenn auch gänzlich ausgetrocknet ſind; in der Nähe von Bonn, auf dem Venusberg, befindet ſich ein altes Kloſter, in deſſen Keller ebenfalls die Toten unver⸗ ſehrt aufbewahrt werden; dies ſind Gegenſtücke zu den be⸗ rühmten Katakomben von Kiew, in denen die mumifizierten Toten reihenweiſe an den Wänden ſtehen. Denkt an die „Stiftung für Opfer der Arbeit!“