2. Blcatt ü Wr. 231 Vo. Mittwoch, æ. Okt. 1933 Der Feſtpreis für Getreide Die Neuordnung am Brotgetreidemarkt hat als eine der wichtigſten Maßnahmen die Feſtſetzung von Feſtpreiſen gebracht. Für den Bauern erhebt ſich in dieſem Zuſammen⸗ hang eine Anzahl von Fragen, deren Beantwortung für ihn von Bedeutung iſt. Der Feſtpreis verſteht ſich frei Bahnſtation. Wenn der Getreidehändler das Getreide beim Bauern am Hof abholt, ſo hat der Bauer für die Transportkoſten vom Hof zum Lagerhaus bzw. zur Bahnſtation aufzukommen; um dieſe tatſächlichen ortsüblichen Transportkoſten darf der Feſtpreis unterſchritten werden. Bezüglich der Li e⸗ ferungsverpflichtungen iſt zu bemerken, daß be⸗ ſtehende Verträge erfüllt werden müſſen, gleichviel von wem und für welche Lieferung ſie abgeſchloſſen ſind. Hat ein Bauer im Auguſt zur Lieferung per November 100 Zentner Weizen verkauft und zwar zu einem Preis von 8,25 Mark den Zentner, dann muß er mit 8,25 Mark liefern. Hat der Händler an eine Mühle oder einen Großhändler 120 oder nur 20 Wagen Weizen, lieferbar September, Oktober, De⸗ zember oder auch im Januar, zu 8,25 Mark verkauft, ſo muß er liefern, ganz gleich, ob er ſich gedeckt hat oder nicht. Der Fixer fliegt dabei natürlich herein, und wer Ware gekauft und gelagert hat, wird belohnt. Es iſt grundlegend feſtge⸗ legt, daß alle Verträge erfüllungspflichtig ſind, was auch für die Mühlen gilt. Die Mühlen müſſen ihr Mehl lie⸗ fern, und der Mehlhandel muß ebenfalls erfüllen, ſie haben ohne Aufſchlag zu liefern, und auch der Bauer hat ſeinen Verpflichtungen nachzukommen. Die Feſtpreiſe gelten in allen Fällen, gleich ob es ſich um 5 Pfund Weizen oder um 5000 Zentner Weizen han⸗ delt. Der Agent ſchaltet ſich auf Grund der Feſtpreiſe ge⸗ nau ſo ein, wie es bisher der Fall war. Durch die Feſtpreiſe bekommt nun der Provinzhändler oder der Großhändler nicht etwa eine Stamm⸗Mühle, an die nur er liefern darf, ſondern die Marktgeſetze nach der Verteilungsſeite hin blei⸗ ben unberührt. Hier geht es ſo vor ſich wie bisher. Der Agent bekommt eine Proviſſion, und der Händler erzielt den Preis nach Angebot und Nachfrage. Dabei iſt der Feſt⸗ preis nach oben nicht begrenzt, ſondern nur nach unten. Der Großhandel iſt weiterhin der Finanzierer der verarbeiten⸗ den Induſtrie und des Provinzhandels. Was die Frage des Außenhandels anbelangt, ſo wird weder der Import 18 Grund der Austauſchſcheine noch der Export berührt. Die Importeure können wie bisher Auslandsweizen importieren und an die Mühlen abſetzen, die Auslandsweizen vermahlen wollen. Es kann genau ſo exportiert werden wie bisher, und die Austauſchſcheine wer⸗ den ebenfalls weiterhin gegeben. N Im Feſtpreis ſind die Umſatzſteuern und ſonſtigen Unkoſten nicht inbegriffen. Der Feſtpreis iſt der Preis, den der Bauer bekommt frei Bahnſtation. Der Landkauf⸗ mann muß alſo die Umſatzſteuer und ſonſtige Laſten, mit Ausnahme des Fuhrlohnes beim Ankauf, zu dem Feſtpreis hinzuſchlagen plus Handelsnutzen. Dem Bauern darf nur ſo viel weniger bezahlt werden, als die Transportlaſten von ſeinem Hof zum Lagerhaus ausmachen. Alle anderen Un⸗ koſten ſind dem Feſtpreis hinzuzuſchlagen und beim Verkauf einzukalkulieren. Die Müller, die draußen auf dem Lande wohnen und direkt vom Bauern das Getreide kau⸗ fen, dürfen denſelben Preis bezahlen, den ſie ſonſt dem Pro⸗ vinzhändler bezahlen. Für die Feſtpreiſe iſt der Tag maß⸗ gebend, an dem tatſächlich der Kaufvertrag abgeſchloſſen wird. g Jedem Bauern iſt für jedes Quantum, das gekauft wird. unbedingt ein Kaufvertrag zu geben. Dieſes geſchieht praktiſch am beſten dadurch, daß ein Aufkaufblockzettel ge⸗ nommen wird, auf dem der Preis und die Lieferzeit verein⸗ bart ſind, und den der Bauer gegenzeichnet. Damit wird zu⸗ leich ein Schutz gegen Denunzianten⸗ und Angebertum ge⸗ chaffen. Jedes Geſchäft muß auch einen ſchriftlichen Kontrakt. mag er noch ſo dürftig ſein, zur Grundlage haben, in dem genau die Qualität feſtgelegt iſt. Wenn dann nicht gekaufte Ware, etwa gute, geſunde Durchſchnittsquali⸗ tät, mit einem beſtimmten Hektolitergewicht oder dieſer oder jener Handelsklaſſen geliefert wird, ſo beſteht die Möglich⸗ keit, eine Minderung zu verlangen und damit den Feſtpreis zu unterſchreiten. Dieſe Unterſchreitung iſt zuläſſig, wenn die Ware minderwertig iſt. Zum 1. Oktober wurden die geſamten Feſtpreiſe für alle Gebiete veröffentlicht; die Feſtpreiſe gelten ab 1. Oktober. Die Kontrakte, die noch wenige Tage vor dem 1. Oktober ge⸗ ſchloſſen wurden, ſind genau erfüllungspflichtig, wie die, die vor zwei Monaten gemacht worden ſind. In grundſätzlicher Hinſicht wird von zuſtändiger Seite betont, daß ſtatt der Kampfmethode der Genoſſenſchaften, ſtatt der Kampfpreispolitik, die nicht mehr beſtehen könne, ſtatt irgendwelcher Schleuderkonkurrenz. es nur mehr einen Konkurrenzkampf geben dürfe, der ſich nach der Richtung der Qualität zu entwickeln habe. Die Qua⸗ lität werde ſich zum gerechten Preis den Markt erobern, während die ſchlechte Ware, weil es keine Schleuderpreiſe mehr gebe, einfach zwangsweiſe vom Markt verſchwinden werde. Es ſoll erreicht werden, daß der Bauer nur gute Ware an den Markt bringt, daß der Handel von ſich aus noch einmal prüft und nur gute Ware an die Mühlen und Brauereien liefert. N. 0 Handel und Wirtſchaſt (Ohne Gewähr.) b Mannheimer Großviehmarkt vom 3. Oktober: Zufuhr und Preiſe pro 50 Kilogramm Lebendgewicht in Reichsmark: 148 Ochſen 23 bis 31, 171 Bullen 21 bis 29; 246 Kühe 11 bis 26; 322 Färſen 23 bis 32; 614 Kälber 26 bis 45 61 Schafe 21 bis 27; 2377 Schweine 48 bis 56; 4 Ziegen nicht notiert.— Marktverlauf: Großvieh ruhig, langſam geräumt; Kälber mittel, geräumt; Schweine mittel, geringer Ueberſtand. 8 n Stuttgarter Landesproduktenbörſe vom 3. Oktober: Es notierten in Reichsmark je 100 Kilogramm: Weizen, württ. 18.50; Roggen, württ. 15.50; Braugerſte 17.50 bis 19; Hafer 13 bis 13.50; Futtergerſte 15 bis 16; Wieſenheu 4.50 bis 5; Kleeheu 5 bis 6; Stroh, drahtgepreßt 1.50 bis 2. oObſtgroßmarkt Freinsheim vom 3. Okfober. Es wurden bezahlt: Zwetſchgen 12 bis 13, Birnen 1. Sorte 9 bis 12, dito 2. Sorte 5 bis 8, Aepfel 8, Trauben 15 bis 17, Pfirſiche 8 bis 10, Tomaten 1. Sorte 3 bis 5, dito 2. Sorte 2 Pfennig e Pfund. Die Anfuhr von 150 Zentner war gegenüber der 5„ Nachfrage gering. Gäuberung des Beamtenkörpers Aus dem nunmehr erſchienenen Wortlaut der neuen Aenderungen und Ergänzungen der Durchführungsbeſtim⸗ mungen zum Geſetz über die Wiederherſtellung des Be⸗ rufsbeamtentums ergibt ſich, daß nicht nur die marxiſtiſche oder kommuniſtiſche Betätigung in der Vergangenheit, ſon⸗ dern auch die eventuelle Aufnahme einer ſolchen Betäti⸗ gung in Gegenwart und Zukunft zur friſtloſen Entlaſſung der betreffenden Beamten des öffentlichen Dienſtes berech⸗ tigen ſoll. Was die große Durchprüfung des geſamten Be⸗ amtenkörpers in Bezug auf das Verhalten in der Vergan⸗ genheit anlangt, ſo iſt der 30. September ein Stichtag inſo⸗ fern, als die Nachprüfungen mindeſtens dann eingeſetzt haben müſſen, um zu wirkſamen Maßnahmen aufgrund des Geſetzes bis längſtens zum 31. März 1934 zu berechti⸗ gen. Bedeutſam iſt ferner die Beſtimmung, daß als Ange⸗ ſtellter oder Arbeiter nur ſolche Perſonen eingeſtellt wer⸗ den dürfen, die neben der vorgeſchriebenen oder üblichen Vorbildung und ſonſtigen Eianung auch die Gewähr dafür bieten, daß ſie ſederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten. Wiederum wird unterſtrichen, daß Nicht⸗ arier bzw. Perſonen, die mit Nichtariern verheiratet ſind, auch als Angeſtellte oder Arbeiter in der öffentlichen Ver⸗ waltung nicht Platz finden können. Inzwiſchen iſt im Reichsminiſterialblatt eine ganze Anzahl von Entſcheidungen aufgrund des Geſetzes zur Miederberſtellung des Berufsbeamtentums gegen ſolche ehe⸗ malige Beamten verkündet worden, die unter die geſetz⸗ lichen Beſtimmungen fallen, ſich der Zuſtellung aber durch die Flucht ins Ausland entzogen haben. Im Reichs⸗ miniſterialblatt iſt in dieſen Fällen unter Beachtung der Formvorſchriften die Entlaſſung dieſer Perſonen aus dem öffentlichen Dienſt verfügt worden unter Aufführung der Namen und der jetzigen Aufenthaltsorte, ſoweit ſie bekannt ſind. Es ergibt ſich daraus, daß in vereinzelten Fällen der jetzige Aufenthaltsort ſich in Paläſtina befindet, während im übrigen Frankreich bevorzugt worden iſt. Gage mir wie Du heißt Ein Kapitel Namensforſchung. Was wiſſen wir von unſeren Familiennamen, die uns ein ganzes Leben lang begleiten, zur Unterſcheidung von den anderen Menſchen, wie ſie zu gleichem Zweck ſchon das Leben des Vaters, Großvaters und Urahns begleitet haben! Unſere Namen erſcheinen uns manchmal unverſtändlich und rätſelhaft und oft ſinnlos und wir wiſſen im allgemei⸗ nen recht wenig damit anzufangen. Und doch iſt kein Name ſinnlos und bedeutungslos, ſo ſinnleer und bedeu⸗ tungsleer er äußerlich auch ſcheinen mag. Uns ſind vielfach nur Sinn und Bedeutung der Namen entſchwunden. Das liegt zum Teil am Alter der Namen. Im 12. und 13. Jahrhundert ſind die Familiennamen aufgekommen und im Laufe des 14. Jahrhunderts feſt geworden, das heißt bis dahin wechſelte der Familienname vom Vater zum Sohn, wie jetzt noch der Vorname. Von da ab blieb der eine Name beim Geſchlecht haften. Mit der Geſamtſprache hat auch der Familien⸗ oder Eigenname(der Rufname nicht in gleichem Maße) eine lautliche Entwicklung durchgemacht. Er hat mit der Wei⸗ terentwicklung der Sprache aber nicht gleichen Schritt ge⸗ halten und iſt, je länger es dauerte, um ſo weniger mitge⸗ gangen. So kommt es, daß in den Namen Wortformen erhalten geblieben ſind, deren Sinn heute vergeſſen iſt, oder ſich gewandelt hat. Solche Namen können wir aus unſerer neuhochdeutſchen Sprachform nicht enträtſeln. Wir müſſen hinauf ſteigen zum mittel⸗ und althochdeutſchen, und häufig ſogar zu deren Dialekten. Bis zu einem ge⸗ wiſſen Grade haben ſich auch Einflüſſe fremder Sprachen ſchon ſehr früh geltend gemacht. Vom Humanismus ab beſtand unter den Gelehrten das Beſtreben deutſche Namen zu latiniſieren und zu präziſie⸗ ren oder direkt zu überſetzen und dieſes Beſtreben iſt dann weiter ins Volk gegangen. Recht originell iſt in dieſem Zuſammenhang, daß der latiniſierte Bäcker gleich Piſtox ſich in Südweſtdeutſchland wieder in Piſter, Fiſter und Pfi⸗ ſter umgedeutſcht hat. Schließlich und nicht zuletzt haben willkürliche oder zufällige Aenderungen die Namen ver⸗ ſtümmelt und ſo deren urſprünglichen Sinn unkenntlich gemacht. Irgendwo und irgendwann— Zufall oder Abſicht — hat ſich einmal ein Schreibfehler eingeſchlichen, ein Mißverſtändnis lag vor, ein oberdeutſcher Schreiber hat vielleicht niederdeutſch nicht richtig verſtanden oder umge⸗ kehrt, oder eine nicht mehr geläufige Namensform wurde der Bequemlichkeit halber, manchmal auch mit böſer Abſicht, einem geläufigeren Begriff ausgeglichen. So konnte aus Siegfried über die Umwege Seifried, Seufried, ſchließlich einmal Säufritz werden und um den Namen Bierente zu entziffern, mußte man erſt eine ältere Form auffinden. um u erkennen, daß der Name urſprünglich Behrend, gleich ernhard gelautet hatte. i Im weſentlichen laſſen ſich drei Quellen unter⸗ ſcheiden, aus denen unſere Familiennamen zuſammenge⸗ floſſen ſind. Es ſind einmal die urſprünglichen deutſchen Bezeichnungen für eine Einzelperſon, die ſich in den Vor⸗ namen noch einigermaßen in der alten Lautform erhalten haben, die aber, wie ſchon oben geſagt, als Familienname ſtarke Veränderungen durchgemacht haben. Dazu kommen ſpäter fremde Namen, zu denen das Chriſtentum einen gro⸗ ßen Teil ſtellt und ſchließlich ſind Amts⸗, Berufs- und Her⸗ kunftsbezeichnungen zu Perſonennamen geworden. Eins und Drei ſtellen dabei die Mehrzahl der Namen. So weit Amt und Beruf in ihrer alten Bezeichnung noch heute er⸗ halten ſind, laſſen ſich die davon abgeleiteten Namen ohne weiteres deuten. Schwieriger wird die Deutung, wenn die Bezeichnung für Amt, Stand oder Gewerbe heute eine an⸗ dere iſt, als ſie es vor zwei⸗, drei⸗ oder fünfhundert Jah⸗ ren war, oder wenn Amt oder Gewerbe ausgeſtorben ſind. Früher wurde Maut ſtatt Zoll erhoben: Mautner iſt alſo Zöllner. Seitdem es keine Ritterrüſtungen mehr zu fertigen gibt, muß man dem Platter und Plattner ſagen, daß ſein Vorfahr ein Waffenſchmied war. Die Hafner und Häfner wiſſen, wenn ſie in Gegenden wohnen, in denen das Wort Hafen für Topf ungeläufig geworden iſt, nicht?s mehr vom Gewerbe ihrer Ahnen, ſo wenig wie die Potter, Gröpner, Eulner(auch ohne n), deren Vorfahren auch alle Töpfer waren. Binder, Büttner, Scheffler und Schröter(auch mit d) führen nach dem Handwerk den gleichen Namen, wie der, der Küfer heißt. Namen, die die Herkunft bezeichnen, ſind u. a. Imhof, Ambach, Bühl, Bühler(von Bühel gleich Hügel), Furtwängler. Auch die Tiere, die in der Umgebung des Menſchen wohnen, haben ihm ihre Namen gegeben. In dieſem Zuſammenhang haben die Namen Wolf und Rabe eine ganz beſondere Bedeutung. Wolf und Rabe waren dem Göttervater heilig und haben allein oder in Zuſammenſetzungen und dann wieder in Zuſammenziehun⸗ gen Namen gebildet, die jetzt noch in einer Unzahl Fami⸗ liennamen, dem unkundigen Auge kaum erkennbar, weiter leben. Damit ſind wir beim älteſten Urſprung unſerer Fami⸗ liennamen, den heidniſch⸗germaniſchen Bezeichnungen für ursprunglich Einzelperſonen, die dann Familiennamen ge⸗ worden ſind. Dieſe Namen zu deuten iſt eine Wiſſenſchaft. Denn hier iſt die Neigung zu lautlichen Abſchleifungen und zufälligen oder abſichtlichen Verſtümmelungen am ſtärkſten geweſen. Wer erkennt z. B. ſo ohne weiteres, daß in dem Namen Roppelt die beiden althochdeutſchen Formen hrod gleich berühmt und bald gleich kühn enthalten ſind? Oder daß der in Schwaben häufige Namen Ruoff nichts anderes iſt als eine Zuſammenziehung aus hrod und wulf, denſel⸗ ben Beſtandteilen, die den Vornamen Rudolf gebildet haben. Dem wehrhaften Geiſt der Germanen entſprechend ſind zahlreich die Namen, die auf Waffen und Kampf hin⸗ deuten. Altdeutſche Namen für Kampf ſind wig, hild und gund und in nicht allzu ſehr entſtellten Namen laſſen ſich dieſe Formen leicht wieder erkennen. Dem, der Gump, Gunzel oder gar Jumpel heißt, muß man freilich h daß in ſeinem Namen der Beſtandteil gund enthalten iſt und den Hilfer, Hicke, Hillig, Hils, Ibig, daß ihr Name auf hild urück geht. In Diebold, Tobeld, Taubert, Dautert, Derich, irks iſt das gotiſche thiuda, althochdeutſche diod enthal⸗ ten, das ſo viel wie Volk heißt. Um ſtark verſtümmelte oder entſtellte Namen deuten zu können, muß man ihre ältere Form kennen. Im Magde⸗ burgiſchen iſt der Name Mußtopf nicht allzu ſelten. Man ſtand lange vor einem Rätſel, bis man den Stammbaum einer Familie dieſes Namens aufwärts verfolgen konnte und da zeigte ſich, daß Mußtopf urſprünglich Muſtapha war. Der Träger dieſes türkiſchen Namens war mit einer Geſandtſchaft des Sultans zu Friedrich dem Großen gekom⸗ men und im Preußiſchen hängen geblieben. Das Volk hat ſich dann den ihm unbekannten Namen handlich zurecht verballhornt. Sind ältere Namensformen aber nicht mehr aufzufinden, dann bleibt das Rätſel eben ungelöſt, wie z. B. bei dem Namen Federgrün, der mit Federn und Grün ſo wenig zu tun hat, wie der Name Kindervater mit Kin⸗ dern und Vätern. Sehr ſchwierig wird die Deutung, wenn die Namen Verſtümmelungen von Wortformen ausgeſtor⸗ bener Sprachen, des keltiſchen z. B., ſind. Doch kommen hier weniger Familien⸗ als Ortsnamen in Betracht, Fami⸗ liennamen nur inſoweit, als ſie eben Orts⸗ und Herkunfts⸗ bezeichnungen ſind. Die ſo gut deutſch klingenden Orts⸗ namen Heidelberg oder Katzenellenbogen ſind trotz allen gelehrten Fleißes bis heute nicht gedeutet, da es keine Ver⸗ bindung von ihrer dunklen fremden Herkunft in die deut⸗ ſche Sprache gibt. Dieſes Kapitel Namensforſchung konnte nur in einem ſehr weiten Rahmen etwas über Sinn und Bedeutung un⸗ ſerer Familiennamen ſagen. Vielleicht aber genügt es, den einen oder den anderen einmal darüber nachdenken zu laſſen, daß ſein Name mehr iſt als eine bloße Aneinander⸗ reihung von Lauten, daß er die urſprünglichſte und engſte Verbindung iſt zu den Geſchlechterreihen n— * Wohlfahrtsbriefmarken der Deutſchen Reichspoſt 11 Gültig bis 50. Juni 1954 Kampf FFC e 7 8 Kamof gegen Kunger undd Kal 5 Spenden fur das deutſche Winterhilfswerk durch alle Banken, Sparkaſſen und Poſtanſtalten eder Poſtſchecklonto: Winterbilfswerk Berlin 77100 e ee dem blanken lluteclialtuug uud liſiooeu Erutelied Wagen auf Wagen ſchwankte herein, Scheune und Böden wurden zu klein: Danket dem Herrn und preiſet die Macht, Glücklich iſt wieder die Ernte vollbracht! Wir aber furchen, den Pflug in der Hand, Morgen aufs neue geſchäftig das Land: Ewig reiht nach des Ewigen Rat Saat ſich an Ernte und Ernke an Saat. i Julius Sturm. eee Der schwarze Bruch Eine Erzählung von Bruno Gierſche. Gleich hinter dem Dorf liegt inmitten des fruchtbaren Ackerplanes ein unberührtes und urwüchſiges Stück Erde. Es iſt ein dichter undurchdringlicher Tannenkamp; belebt von rün eimiger uralter Birken und Pappeln. Der Grund iſt ſumpfig und von dichtem Brombeer⸗ und Himbeerge⸗ ſträuch verſponnen, ſo daß es viele Mühe macht, in dieſe Wildnis einzudringen. Die angrenzenden Bauern ärgern ſich über dieſen wüſten Ort. Denn Jahr für Jahr, zur Zeit der Schneeſchmelze, tritt das Bruchwaſſer über ſeine Ufer und überſchwemmt die an⸗ grenzenden Ackerſtreifen. Im Sommer iſt dieſer Ort der Brutplatz für zahlloſe Mücken⸗ chwärme, die zu einer richtigen Plage für ie anliegenden Gehöfte geworden ſind. Nicht einmal ndie ſchönen Himbeeren und Brombeeren können die Dorfkinder pflücken; denn auf dem Bruchboden wimmelt es von großen Waldameiſen, und mannshohe Bren⸗ neſſelſtauden ſtehen ſchützend vor der Bruch⸗ grenze.— „Ein paradieſiſches Fleckchen Erde!“ ſagt der Dr. Lippart, der bei den Bruchbauern als Sommergaſt alljährlich wohnt. „Dies Modderloch da?“ fragte der Bauer verwundert und wirft ſeinem Sommergaſt einen mitleidigen Blick zu, ſo als wenn er an deſſen Verſtand zweifle.„Ja, dieſes ſchwarze Bruch, das iſt der reinſte Gottesgarten!“ fährt Dr. Lippart unbeirrt fort.„Was mei⸗ nen Sie, Bruchbauer, was man daraus nicht alles machen könnte. Hier auf die Anhöhe vor das Bruch ein nettes behagliches Häus⸗ chen geſetzt!— Dort der anſchließende Tan⸗ nenkamp von ſchmalen Wegen durchzogen als Park!— Rechts vom Hauſe, dort wo jetzt das Brombeergeſtrüpp und die Neſſeln wuchern, eine weite Raſenfläche unterbro⸗ chen von Zierſträuchern und kleinen Blu⸗ menrabatten!“—— 911 Lippart iſt ganz begeiſtert von ſeinem an „Und der dicke Modderbrei mitten drin— und die dicken Mückenſchwürme über den ſchwarzen Tümpeln!— Nee, Doktorchen! Solche Mätzchen und Grillen kann ſich ein Bauer nicht in den Kopp nehmen. Das Le⸗ en iſt heute zu hart zum Simmelieren und Märchenmachen!“ „Langſam, Bruchbauer!“ beharrt Dr. Lip⸗ part hartnäckig in ſeinen Gedanken.„Das mit dem Sumpf in der Mitte des Bruches, das iſt das wenigſte. Da wird im Winter der Grund tief ausgeſchachtet. Dann ſammelt ſich alles Waſſer in dieſer Tiefe, die nebenbei gleich einen ſauberen Fiſchteich abgibt. Na, und alles andere, das iſt dann das reinſte Kinderſpiel!“ „Nee, Doktor, nun iſt's mir genug mit die⸗ ſer Rede! Glauben Sie, daß ich Luſt habe, meine letzten Groſchen für ſolche Narrheit zu verplempern?“ „Sollen Sie auch gar nicht, Bruchbauer!“ wirft ihm Dr. Lippart ins Wort.„Aber wenn Sie Luſt hätten, ſo würde ich Ihnen gern dieſes Stückchen Erde abkaufen!“ Der Bruchbauer iſt vor Ueberraſchung ein paar Schritte zurückgetreten.„Sagen Sie mal, Doktor, ſind Sie hier oben nicht ganz richtig?“ Er tippte ſich dabei mit dem Zeige⸗ finger nach der Stirn. Dr. Lippart kann ſich das Lachen nicht län⸗ er verkneifen!„Keine lange Widerrede, Bruchbauer! Was ſoll der Spaß koſten?“ Ein Weilchen überlegt der Bruchbauer. Dann meint er umſtändlich, indem er ſich ein aarmal hinter den Ohren kratzt:„Mit dem alen Zirkel da, der bis an den Roggen⸗ 27 reicht, ſind's zwei Morgen. Aso ſo ür 400 Mark könnten Sie das Schwarze ruch kriegen!. b 5 emachtl⸗ ſtimmte Dr. Lippart raſch zu.„Und nun ſollen Sie ſehen, Bruchbauer, was ich aus dieſem Modderloch machen werde!“ a Der Bruchbauer ſieht ihn grinſend an und freut ſich im Stillen über ſein gutes Geſchäft. „Na, viel Glück für ein gutes Gelingen, Dok⸗ torchen!“ ſpottet er mit ſeinem liſtigen Lä⸗ cheln.„Ich hab' Sie ja genug gewarnt. Kommen Sie mir hinterher nicht mit der Ausrede, daß ich Sie betrogen und ausge⸗ beutet habe!“ „Darum brauchen Sie ſich kein graues Haar wachſen laſſen!“ lacht Dr. Lippart und vertieft ſich in den Anblick des Bruches das verträumt und verſchwiegen wie ein Mär⸗ chenwald in den warmen Strahlen der Som⸗ merſonne liegt.„Haben Sie ſchon mal län⸗ gere Zeit in der Großſtadt gewohnt?“ fragt der Doktor plötzlich ganz unvermittelt den Bruchbauern. Als jener verneint, ſetzt er langſamer fort:„Wenn einer ſo wie ich auf einem Bauernhof groß geworden iſt und nun in der engen kahlen Steinöde der Großſtadt verkümmern muß, der wird es mir nach⸗ fühlen können, was es heißen will ohne Vo⸗ gellied— ohne Maienſonne und ohne den Geruch der reifen Saaten zu leben. Da ver⸗ kümmern wir, wir Kinder des Landes; denn in unſeren Adern fließt reines unverfälſchtes Bauernblut, und das ſchreit nach der Scholle, nach der heimatlichen Erde,— nach dem Grund und Boden unſerer Vorfahren!— Der Bruchbauer ſtarrt den Doktor ganz verſtändnislos an. Hernach aber meint er daheim zu ſeinem Weibe, daß es mit dem Doktor nicht mehr ganz richtig ſein könne. In den nächſten Wochen kam das kleine Dorf nicht aus der Verwunderung heraus. Die einen bedauerten den„verrückten Dok⸗ tor“, der ſo leichtſinnig mit dem Gelde um⸗ gehe. Die anderen beneideten den Bruchbau⸗ ern um ſein gutes Geſchäft. Aber langſam verſtummten alle Stimmen. Denn ehe noch das Jahr zu Ende gegangen war, ſtand vor dem Bruch ein ſtattliches geräumiges Land⸗ haus. Da verſtummten ſchon die erſten Spöt⸗ ter. Aber die hartnäckigſten unter ihnen meinten: „Laßt man erſt das Frühjahr kommen, dann erſäuft der ganze Quark!“ Aber auch dies traf nicht zu. Denn im Winter hatte Dr. Lippart den tiefen Grund des Bruches ausſchachten laſſen, ſo daß ſich jetzt das ganze Bruchwaſſer in einem großen Teich ſammelte, den er für eine lohnende Fiſchzucht nutzbar machte. Ein paar weitere Jahre verſtrichen, dann ſah man dort auch keine Brenneſſeln mehr. Das Schwarze Bruch iſt ein Prunkſtück des kleines Dorfes gewor⸗ den, das die Dörfler mit Stolz jedem Orts⸗ fremden zeigen. „Was dieſer Doktor doch bloß aus dem Modderloch gemacht hat!“ ſtaunte jetzt ſogar der verſtockte Bruchbauer. Der Dr. Lippart aber iſt in all dieſen Jahren, da er hier aus Sumpf und Moor⸗ wildnis eine eigene fruchtbringende Scholle geſchaffen, ein ganz neuer und geſunder Menſch geworden. Das merkte vor allem ſeine Frau, die früher ſo oft unter dem leicht erregbaren und gereizten Weſen ihres Man⸗ nes zu leiden gehabt hatte. N „Ja, Käthe“, ſagt dann Dr. Lippart wohl manchmal zu ſeinem Weibe:„Jetzt endlich habe ich innerlich meine Ruhe und mein Gleichgewicht gefunden. Denn für mich war das Leben in der Großſtadt eine böſe Ver⸗ irrung. Es war eine Sünde wider mein ge⸗ ſundes unverfälſchtes Bauernblut, das Heim⸗ 1159 9 55 Sehnſucht nach der eigenen Scholle rug 1¹ „Und welch reicher Segen in dieſer Scholle ruht!“ ſchließt dann ſein Weib mit ganz glücklichen Augen und horcht hinein in den dichten Tannenkamp, während aus dem Un⸗ terholz das glückliche Lachen ihrer Kinder herüberſchwirrt. —— Fischhändler Ungerland Immer wenn ich auf dem Hofe einen Fiſch⸗ händler rufen höre:„Holt Hering, holt Flun⸗ dern, friſche Schollen, Zander!“ muß ich dei⸗ ner gedenken, du Dragoner und Fiſchhändler, du tapferer Ungerland! Wahrlich, du haſt es nicht verdient, daß man deiner im Lande Pommern vergaß, du 5 der Getreuen, Fiſchhändler Unger⸗ and! Wer war Ungerland? Ungerland war ein Dragoner vom Regiment Königin. Ferdi⸗ nand von Schill hatte 1807 ein Haufe kühner Männer zu einem Freikorp zuſammengeſtellt, um gegen die Franzoſen auf eigene Fauſt Krieg zu führen. Aller Feſtungen Krone war damals im Norden des preußiſchen Reiches Kolberg. Dorthin drängten ſich die aus fran⸗ zöſiſcher Gefangenſchaft entwichenen oder ge⸗ gen gefangene Franzoſen ausgewechſelten Sol⸗ daten der preußiſchen Armee, um weiter un⸗ ter preußiſchen Fahnen fechten zu dürfen. An einem Winkel am Haff, Neuwarp, orga⸗ niſierte der Fiſchhändler und ehemalige Dra⸗ goner Ungerland die Ueberführung dieſer Tapferen nach der ſtolzen Feſtung. Doch ſein Mut und ſein Tatendrang ließen ihn bald ſein eigenes Freikorps bilden, das zum Schrecken der Franzoſen wurde. Seine Jäger, denen ſich auch Fiſcher und Bauern Pommerns zu⸗ geſellten, waren eine gefürchtete Schar. Ver⸗ deckt hinter Buſch und Strauch zerriſſen ſie mit ihren nie fehlenden Kugeln die Kolonnen der Feinde. Bei einer nicht abzuwendenden Gefahr zerſtreuten ſie ſich und fanden Unter⸗ ſchlupf bei jedem Landmann. Aus alten Schiffkanonen, die mit Ketten auf Vorderwa⸗ 125 befeſtigt waren, verſchaffte ſich Ungerland eſchüte. Sogar eine franzöſiſche Batterie eroberte ſeine kühne Schar. Die Bedeckung wurde niedergehauen. Die Kanonen konnten leider nicht fortgeſchafft werden. Ungerland ließ ſie vernageln und vergraben. 9055 Als einſt ein franzöſiſcher Kriegskommiſſar mit Militärbekleidungsſtücken verſchiedener Art von Anklam nach Ueckermünde unterwegs war, jagte Ungerland ihm dieſe Sachen ab und ſchickte ſie als willkommene Beute nach Kolberg. Natürlich war den Franzoſen viel daran gelegen, dieſen kühnen Parteigänger aufzu⸗ heben. So wurde einmal ein ganzes Regi⸗ ment Badener Huſaren nach Neuwarp beor⸗ dert. Ungerland griff ſie im Walde an. Seine abenteuerlichen Kanonen traten in Tätigkeit. In eilender Haſt mußten die Badener den Rückzug antreten. In voller Flucht durchjag⸗ ten ſie Paſewalk, und erſt in Stettin machten ſie Raſt. Dieſe Schlappe erregte natürlich die Wut der Franzoſen. Sie ſchickten eine Abtei⸗ lung, beſtehend aus italieniſchen Dragonern und franzöſiſcher Infanterie, gegen Unger⸗ land. In dem mächtigen Walde in der Ge⸗ gend von Rieth knallten plötzlich zwei Schüſſe aus dem Gebüſch. Der italieniſche Oberſt ſtürzte mit ſeinem Roſſe tot zu Boden. Jetzt ſetzte ein allgemeines Schützenfeuer ein. Eilig mußte nun das Detachement ſeinen Rückzug nach Paſewalk antreten. Den Franzoſen war natürlich alles daran gelegen, ſich Ungerlands zu bemächtigen. In aller Stille marſchierte nun ein Bataillon Infanterie und eine Ab⸗ teilung franzöſiſcher Huſaren nach Neuwarp, um dort Ungerland auszuheben. Doch Unger⸗ lands Späher berichteten ihm von dieſem neuen Unternehmen. Vor Rieth kam es zwi⸗ ſchen den Franzoſen und Angerlands Jägern zu einem Gefecht. Von der Uebermacht ge⸗ drängt, mußten die Parteigänger ſich zurück⸗ ziehen. Ungerland wurde von einigen Huka⸗ ren verfolgt. In höchſter Not ſprengte er in das Schulzenhaus in Rieth. Schon glaubten die Franzoſen, ihn gefangen zu haben, als er aus der Hintertür hinaus die Flucht nach Warp fortſetzte. Unverrichteter Sache mußten die Franzoſen ihren Marſch fortſetzen. Ungerland und ſeine Braven retteten ſich zu Schiff nach Stepenitz hinüber. Der Haß der Franzoſen war ſo groß daß ſie ihre Wut an dem Hauſe Ungerlands ausließen, indem ſie es vollſtändig abtrugen. Nach dem Friedensſchluß wurde aus dem kühnen Parteigänger Ungerland wieder ein friedlicher Fiſchhändler. Darum, wenn ich auf dem Hofe einen Fiſchhändler höre:„Holt Hering, holt Flundern, friſche Zander!“ muß ich deiner gedenken, du tapferer, du kühner Fiſchhändler Ungerland!“ Wagenfahrt durch den Wald Von Brigitte von Arnim. In der Stadt ſpielt das Pferdefuhrwerk nur noch eine untergeordnete Rolle neben dem Auto und den anderen modernen Ver⸗ kehrsmitteln. Aber hier draußen auf dem Lande, auf den ſchmalen Feld- und Waldwe⸗ gen, da hat der König der Straße, das Au⸗ to, doch ſeine Macht verloren. Hier kommt man doch nur mit dem Pferdefuhrwerk vor— wärts. Wir fuhren ganz früh am Morgen durch den Wald. Die Sonne hatte ſich durchge⸗ kämpft und lag golden über dem Land. Nur hin und wieder verdunkelten dicke, weiße Wolken für Sekunden ihr ſtrömendes Licht. Am Morgen durch den Wald fahren zu können— iſt Gnade! Es iſt ſo ſtill rings umher. Irgendwo er⸗ wacht jetzt auch die große Stadt, lärmt ihr Verkehr durch die ſteinernen Straßen. Hier iſt nur der Wind, der in den Baumkronen rauſcht, und das Geräuſch der Pferdehufe und der Wagenräder, die knirſchend durch den tiefen Sand mahlen. Horch, da ſchlägt ein Fink einen hohen, ſe⸗ ligen Triller. Es iſt die Seele des Waldes, die ſich uns nun erſchließt. Die beiden ſchönen Füchſe werfen die ſtol⸗ zen Köpfe, ihr Fell glänzt ſeidig, man ſieht die Muskeln unter der ſtraffen Haut ſpielen. Ein herrlicher Anblick! Zuerſt ſind es noch magere Kiefern, die hier im Sande wurzeln, dann aber miſcht ſich Laubgehölz dazwiſchen. Hohe Tannen mit hellen Spitzen ſtehen neben weißen, hochzeit⸗ lichen Birken, die ihre ſchwankenden Zweige im Wind wiegen. Eichen gibt es, ſtark und knorrig, das Sinnbild deutſcher Kraft,— alte Buchen mit ſilbergrauen Stämmen und wieder Tannen und Kiefern. Die Sonne ſchickt ihre Strahlen durch das Laub der Bäume und zeichnet goldene Krin⸗ gel auf den Weg. Grüne Farnwedel ſtehen im dichten Moos, Heidekraut und Blaubeer⸗ ſtauden in ganzen Büſcheln. Plötzlich ſpringt ein Haſe über den Weg, in wilder Haſt davonjagend. Ein Specht hämmert bieneneifrig an einem Stamm, ſpäter ſehen wir zwei Rehe, die eilig im Dik⸗ kicht des Waldes wieder verſchwinden. Ein Buſſard hebt ſich mit ſchwerem Flügelſchlag von einem Baum,— großer, graubrauner Vogel. Dann iſt es wieder totenſtill, wie ausgeſtorben, und nur ein paar Schmetter⸗ linge begleiten gaukelnd unſeren Weg. Hei, jetzt habe ich nicht aufgepaßt! Ein Kiefernzweig peitſcht mir gerade ſanft mein Geſicht. Ja, man muß die Augen offen hal⸗ ten im Wald, und oft muß man ſich ganz tief beugen vor den niedrig hängenden Zwei⸗ gen. Es geht oft querfeldein, über Steine, Wurzeln und Unebenheiten des Bodens; es ſtößt und ſchüttelt uns nicht knapp. Aber das ſchadet nichts! Wir lachen darüber, denn es macht wirklich Spaß und erhöht das ſtarke Lebensgefühl. Man kann atmen— ganz tief. So rein und würzig iſt die Luft, wenn die Sonne auf den Wald ſcheint. Man wird ganz trunken davon. Stellenweiſe iſt der Wald auch dürr und tot, grau und glanzlos. Ich möchte wohl gern dies und das fragen, aber der Guts⸗ herr, dem der Wald gehört, ſitzt ſtumm mit verſchloſſenem Geſicht neben mir und macht nur hin und wieder Eintragungen in ſein Notizbuch. Da wage ich nicht zu ſtören. Und ſo geht es denn weiter, ſchweigend, ſchauend und erlebend. Ach ja, am Morgen 8845 115 kirchenſtillen Wald zu fahren, iſt nade Buntes Allerlei Wie alt iſt der Radiergummi? In frühe⸗ ren Zeiten kannte man Radiermeſſer und Radierapparate, und zum Auswiſchen von Graphitſtiftſtrichen die Brotkrume, die ſchon um 1400 von Cennini in dieſem Sinne ge⸗ nannt wird. Auf dieſe Eigenſchaft des Kaut⸗ ſchuks hat, wie die„Umſchau“ hervorhebt, zu⸗ erſt Joſeph Prieſtley im Jahre 1770 öffent⸗ lich aufmerkſam gemacht. Und zwar hat er die beſſere Wirkung des Kautſchuks bei dem Inſtrumentenmacher Edward Nairne ken⸗ nengelernt, der bereits ſeit einigen Jahren Kautſchukwürfel als Radiergummi verkauf⸗ te. Auch Joao Hyazinthe Magelhaens, ein Urenkel des berühmten Seefahrers, empfahl den Radiergummi, wie 1772 in den Schriften der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften mitgeteilt wird. Er lebte damals in London und ſtand mit Prieſtley in Briefwechſel. Es iſt daher nicht gerechtfertigt, wenn die Portu⸗ gieſen ihm im Jahre 1918 zu Oporto als dem „Erfinder des Radiergummis“ ein Denkmal geſetzt haben. Um 1775 verkaufte man in Paris Kautſchukwürfel als Radiergummi wegen ihrer ſchwarzen Farbe unter dem Na⸗ men„peau de negre“. Allerdings koſtete ein ſolches Stück mit einer Seitenlänge von ein⸗ halb Zoll(kaum mehr als 12 Millimeter) 4 Franken. Pullige Elle Reicher Herr:„Ich möchte eine Stiftung machen, aber ich weiß nicht, wie ich ſie nen⸗ nen ſoll.“— B:„Ganz einfach. Sie nennen ſie nach Ihrem Namen.“— Reicher Herr: „Das geht nicht, ich heiße Brand.“ „Warum arbeiten Sie denn nicht, wenn Sie hungrig ſind?“ fragte die alte Dame den Bettler.„Ich habe es verſucht“, antwortete dieſer dumm,„aber ich bin dadurch nur hungriger geworden.“ 2 Drei Freunde ſprechen von der Hochzeit eines gemeinſamen Bekannten und prahlen mit ihren Geſchenken.„Ich habe Meiers ein Kaffeeſervice für zwölf Zerſonen geſchenkt“, ſagte der eine.„Ich ein Teeſervice für 24 Perſonen“, meint der zweite.„Das iſt gar nichts“, erklärte der dritte ſtolz,„ich habe eine Zuckerzange für hundert Perſonen ge⸗ ſchickt.“ Der Sonntagshaſenbraten.„In dem Haſen, den ich geſtern bei ihnen gekauft habe, waren ſehr viele Schrotkugeln.“—„Das lächſte Mal kriegen Sie'n beſſeren. Wollen Sie einen Selbſtmörder, oder einen, der ſich totgelacht hat?“ g . i Das jungverheiratete Ehepaar kauft Tape⸗ ten.„Wenn Sie eine Neubauwohnung nehmen, empfehlen ich Ihnen dieſe“, meinte der Ge⸗ ſchäftsführer,„das geſtreifte Muſter macht den Raum höher!“ „Ach ja, Arthur, die wollen wir nehmen“, bat die junge Frau,„da können wir vielleicht unſer hohes Bücherregal aufſtellen.“ Aus der Welt des Wiſſen In Großbritannien allein werden im Jah⸗ re etwa 7 Milliarden Briefmarken ver⸗ braucht. Die täglich verkauften Marken wie⸗ gen zwiſchen 5 u. 6 Tonnen. Mehr als 6 Mill. Liter Gummi werden jährlich verbraucht, und zwar eine Gummilöſung aus feiner Stärke und Alkohol. * Die Aerzte ſtellen neuerdings feſt, daß ver⸗ heiratete Menſchen Ausſicht auf eine längere Lebensdauer haben als unverheiratete; von 124 Hundertjährigen z. B. waren nur drei unverheiratet, die Männer waren ſämtlich Raucher. 2 Die engliſche Sprache wird von 145 Mil⸗ lionen Menſchen geſprochen, die deutſche von 85 Millionen, die ſpaniſche von 62 und die franzöſiſche von 53 Millionen. Amerika hat ſeit Beginn der Wirtſchafts⸗ kriſe im ganzen etwa 50 Milliarden Dollar verloren.