2. Blatt zu Wr. 250 Dennerstag. 26. Okt. 1933 Schwere Belaſtung Torglers. Er wurde mit van der Lubbe und Popoff im Reichstag geſehen. Berun, 25. Oktover. Die Zeugenvernehmung am Mittwoch wurde eröffnet mit der Vernehmung des nationalſozialiſtiſchen Reichstags⸗ abgeordneten Karwahne, der zuſammen mit dem Reichstagsabgeordneten Frey⸗ München und dem Landesbetriebszellenobmann Kroyer aus Linz am Nach⸗ mittag des Brandtages eine Begegnung mit dem Abgeordneten Torgler hatte, der ſich in Begleitung des An⸗ geklagten van der Lubbe befunden habe. Der Name van der Lubbe ſei ihnen da natürlich noch nicht bekannt geweſen. Torgler hatte, ſo bekundet der ſah bl einen 7 anderen Eindruck als ſonſt gemacht. Er ſah bleich aus un ſchreckte auch ſofort zuſammen, als er uns ſah. Seine ſonſt zur Schau getragene Ruhe war vollkommen dahin. Später ſeien ſie dem Abgeordneten Torgler, der mit einer anderen Perſon auf der Lederbank vor dem Haushaltsausſchußſaal ſaß, noch einmal begegnet. Um 4 oder 4,30 Uhr hatten ſie. ee Frey und Kroyer den Reichstag wieder ver⸗ aſſen. Der Zeuge Karwahne aibt weiter an. er und ſeine Bealeifer waren bert Nerletton dos Roich stages das Ge- fühl nicht losgemorden, daß irgendetwas nicht ſtimmte. Im kommngiſtishen Fraftianszimmer aingen viele Perſonen umher, die eine gewiſſe Aufgeregtheit zur Schau krugen. van der Lubbe habe er nach dem Bilde hauptſächlich am Geſicht wiedererkannt; den Tupus Lubbe⸗ ie er nicht verwechſeln, ob er ihn einmal oder zehnmal 5 Karwahne ſchildert dann ſeine erſte Vernehmung auf em Polizeipräſidium in der Brandnacht. Er wurde in das ernehmungszimmer geführt, wo van der Lubbe bereits war und wurde ſo geſetzt, daß er van der Lubbe unbemerkt beobachten konnte. Nach fünf Minuten wurde er herausgewinkt und gefragt, was er über die Per⸗ ſon van der Lubbes zu ſagen babe. Er habe ſofort erklärt: Der hier ſitzende Menſch iſt der, der mir und Torgler im Reichskage enkgegenkam! terer Angeklagte van der Kuhbe wird vor den Nich: ertiſch geführt. Der Zeuge erklärt auch heute, daß er mit aller Beſtimmtheit Lubbe als denjenigen wieder⸗ 70 0 den er damals mit Torgler zuſammen im Reichs⸗ van der Lubbe wird gefragt, ob er den Zeugen kenne oder einmal geſehen habe?— van der Lubbe ver⸗ neint dies. Als nunmehr auch der Angeklagte Torgler vor den Richtertiſch geführt und neben van der Lubbe geſtellt wird. erklärt der Zeuge Karwahne mit aller Beſtimmtheit, an der Richligkeit ſeiner otwsſagen beſtehe gar kein 8 Zweifel. Die Frage des Oberreichsanwalts, ob es vielleicht Dr. Neu⸗ bauer geweſen ſeſ. der bei der zweiten Wegegnung mit Torgler auf dem Sofa ſaß. verneint der Zeuge. Er hätte Dr. Neubener, der ihm ſeit Jahren aut bekannt ſei, er⸗ ohh Mu, Der Angeklagte Torgler ſtellt an den Zeugen einige Fragen über etwa ſieben Jahre lena zurückliegende Vor⸗ gänge, die mit der früheren Zugehörigkeit des Zeugen Kar⸗ wahne zur kommuniſtiſchen Partei in Zuſammen⸗ hang ſtehen. Der Zeuge erklärt, er denke nicht dieſe Fragen zu beantworten. Zu Beginn der Nachmittagsſitzung teilt der Vorſit⸗ zende mit, der Senat habe beſchloſſen, die Fragen Torg⸗ lers zuzulaſſen. Der Angeklagte Torgler wiederholt ſeine Fragen. Der Zeuge weigert ſich aber, ſie zu beant⸗ worten. Als nächſter Zeuge ſchildert der nationalſozialiſtiſche Reichstagsabgeordnete Frey⸗ München die Begegnung mit Torgler im Reichstagsgebäude. Auch ihm ſei die Ver⸗ ſtörtheit Torglers aufgefallen. Seinen erſten Begleiter habe er nicht genau betrachtet, er könne deshalb nicht mit Gewißheit behaupten, daß van der Lubbe der Mann war, der mit Torgler vorbeiging. Er habe aber den Ein⸗ druck eines Menſchen gemacht, der nicht in den Reichstag hineingehörte. Deshalb ſei ihm auch der zweite auf dem Sofa ſitzende Begleiter Torglers aufgefallen, der ein blaſſes e und einen außerordentlich ſtechenden Blick gehabt abe. Bei der Gegenüberſtellung habe er ihn als Popoff wiedererkannt. ö Der Vorſitzende hielt dem Zeugen vor, daß er bei ſeiner Vernehmung in der Nacht zum 28. Februar auf dem Polizeipräſidium van der Lubbe mit aller Beſtimmtheit als den erſten Begleiter Torglers wiedererkannt habe. Der Zeuge gibt das zu, erklärt aber, daß van der Lubbe bei einer ſpäteren Gegenüberſtellung auf ihn den Eindruck eines größeren Menſchen als des damaligen Be⸗ gleiters Torglers machte. Nunmehr wird der Angeklagte Popoff vor den Rich⸗ tertiſch gerufen.— Der Zeuge Frey beobachtet ihn ſcharf und ſagt dann: Eine Verwechſlungsmöglichkeit hält der Zeuge für aus⸗ a es ſei denn, daß Popoff einen Doppelgän⸗ ger habe. daran, Lokaltermin im Vorraum Das Gericht beſchließt, im Vorraum des Haushaltsſaa⸗ les einen Lokaltermin zur Rekonſtruktion der von dem Zeugen beobachteten wiederholten Begegnung abzuhalten. Nach dem Lokaltermin, der über eine Stunde in An⸗ ſpruch nahm, wird die Sitzung geſchloſſen. Wie zu dem Ergebnis des Lokaltermins bekannt wird, haben der Zeuge Karwahne und der Zeuge Frey ihre Aus⸗ ſagen aufrecht erhalten. Karwahne bleibt dabei, daß van der Lubbe derjenige 8 dente aing: Fren erkennt auch diesmal Popoff wieder und glaubt nicht an die Mög- lichkeit einer Berwechſlung mit Dr. Neubauer. J!ãõã õwwwßGGppcßcßcßccßccßcccccccc c Winterhilfswerk des deutſchen Volkes Winternotopfer der badiſchen Arbeitnehmer. Da über die Beteiligung der Arbeitnehmer am Winter⸗ hilfswerk durch Preſſeveröffentlichungen und Nundſchreiben der Arbeitgeberverbände zum Teil Unklarheiten beſtehen, iſt zwiſchen dem Leiter der Gaubetriebszellenabteilung Baden, gleichzeitig Bezirksleiter der Arbeitsfront Südweſt und dem Bund badiſcher Arbeitgeberverbände Folgendes vereinbart worden: 1. Soweit örtlich zwiſchen den Leitungen des Wuter⸗ hilfswerkes und Arbeitgeberverbänden bereits Vereinbarun⸗ gen über die Durchführung des Winterhilfswertes getroffen worden ſind, bleiben dieſe beſtehen. ö Grundſätzlich müſſen jedoch ſämtliche Zahlungen der Arbeitnehmer gemäß Anweiſung des Bezirksleiters der Ar⸗ beitsfront Südweſt auf das Poſtſcheckkonto der Gaubetriebs⸗ zellenabteilung Karlsruhe 21 646 mit dem Vermerk„Winter⸗ hilfswerk“ überwieſen werden. 2. Soweit eine Vereinbarung gemäß Ziffer 1 noch nicht getroffen iſt, ſind örtlich bezw. bezirklich unmittelbar Ver⸗ handlungen zwiſchen den bezirklichen Arbeitgeberverbänden und den zuſtändigen Stellen des Winterhilfswerkes unter Zuziehung der zuſtändigen Kreisbetriebszellenleitung aufzu⸗ nehmen. N 3. Sämtliche Plaketten, und zwar ſowohl die für die Unternehmungen, als auch die für die Arbeitnehmer be⸗ ſtimmten, werden von der Gaubetriebszellenabteilung durch Vermittlung des Bundes badiſcher Arbeitgeberverbände an die Arbeitgeberverbände im Lande und von dieſen an die Firmen zwecks Ausgabe an die Arbeitnehmer gegeben. 4. Auch die nichtorganiſierten Firmen müſſen, ſoweit ſie beitragspflichtig zur Handelskammer ſind, Mitteilung über die Spenden an die zuſtändigen Arbeitgeberverbände machen und erhalten die Plaketten nur durch deren Vermittlung. ſind Die e die beitragepfuchog zur. werden i ändi rganiſationen des Han werks erfaßt. eee g 8 Mannheim, den 25. Oktober 1933. Gaubetriebszellenabteilung Baden, Karlsruhe, Lammſtr. 15. a(gez.): Plattner Bezirksleiter 25 Mies eon Südweſt. Bund bad. Arbeitgeberverbände e. V., Mannheim, D 5, 11. 2 9659 Dr. Fritz Reuther.(gez.): Elſäſſer. 3 Reichsſtatthalter Wagner zum Wahlkampf . Karlsruhe, 26. Oktober. Gauleiter Reichsſtatthalter Robert Wagner äußerte ſich Mittwoch nachmittag in einer Rede vor den Vertretern der Preſſe Badens über den Sinn und Zweck des Wahlkampfes am 12. November. Er führte u. a. aus: 8 Die nationalſozialiſtiſche Bewegung hat ſich z. wei Ziele geſteckt: die Ueberwindung des Marxismus und die Bekämpfung der Areitbsloſigkeit. Es unterlag keinem Zwei⸗ fel, daß ſie, um dieſe Aufgaben durchführen zu können, den Totalitätsanſpruch auf die Macht erheben mußte. Die na⸗ tionalſozialiſtiſchen Kräfte waren ſo nach innen gekehrt, um den friedlichen Wiederaufbau des Staates. der Kultur und der Wirtſchaft herbeizuführen. Nun hat es ſich in Genf zugetragen, daß man dem deutſchen Volke, beſonders aber dem nationalſozialiſtiſchen Deutſchland, eine Demü⸗ tigung zuzufügen ſich anſchickt. Wir ſind darum au⸗ dem Völkerbund ausgetreten. Wir werden uns aber mit aller Loyalität an die internationalen Verträge halten und ver⸗ langen nichts anderes, als daß auch unſere einſtigen Kriegs⸗ gegner ſich daran halten. Unſer 65⸗Millionen⸗Volk darf nicht zugrunde gehen. Es will einen ehrlichen Frieden und die Gleichberechtigung. 5 f In der Frage der Gleichberechtigung unſeres Volkes ibt es kein Verhandeln. Wir werden dieſe Forderung ſtel⸗ en, komme, was kommen mag; denn ſie iſt die Lebensfrage unſerer Nation. Hier kann es keine Diskuſſion geben. Der 12. November wird als eine neue Demonſtrakion für einen ehrlichen Frieden, die Befriedung, Beruhigung und den Wiederaufbau der Welt gewertek werden. Das ganze Volk muß an dieſem Tage aufſtehen wie ein Mann. Der Reichsſtatthalter trat mit größtem Nachdruck dem vom Ausland gemachten Einwand entgegen, daß die SA, SS und ähnliche Verbände angeblich milit äriſchen Charakter trügen. Ihnen ſind einzig die beiden großen Aufgaben geſtellt:? der Garant der Niederwerfung des Marxismus und ein 2 405 im Geiſte der Volksgemein⸗ ſchaft zu ſein. Dieſe Wahl. ſo fuhr der Reichsſtatthalter fort, iſt nichts anderes als eine Etappe zum Ziel. Der Wahlkampf ſoll eine Demonſtrakion vor der Welt ſein, daß wir nicht die Aufrüſtung Deutſchlands, ſondern die Abrüſtung der anderen wollen und daß wir einen ehr⸗ lichen Frieden verlangen. Der 12. November ſoll den Be⸗ weis erbringen, daß in dieſer Lebensfrage Deutſchlands . Meinungsverſchiedenheiten im deutſchen Volke gibt. Männerchöre und Volksgemeinſchaft SBK. Mehr denn je fällt heute unſeren Männerchören die Aufgabe zu, durch ihre ideale Arbeit am deutſchen Lied tatkräftigen Anteil zu nehmen an der Weckung des vater⸗ ländiſchen und völkiſchen Bewußtſeins. Gewiß iſt es immer eine der vornehmſten und ſelbſtverſtändlichen Pflichten der Männergeſangvereine geweſen. und das beweiſt mit aller Eindringlichkeit die Geſchichte unſeres Bundes, in allen Zei⸗ ten aufrecht und mannhaft einzutreten für die Belange un⸗ ſerer Nation, aber es gibt doch Epochen in der Entwicklung unſeres völkiſchen Lebens, in ſchickſalsſchweren Entſcheidun⸗ gen des Beſtandes unſerer Nation Zeitabschnitte. in denen die Verbundenheit des Liedes mit dem Wohl und Wehe des Vaterlandes ganz beſonders in Erſcheinung tritt. Sonder⸗ lich in den Zeiten tiefer völkiſcher Not; denken wir nur an die Jahre der napoleoniſchen Schmach vor 125 Jahren zurück. da waren es die Liedertafeln, die durch ihre Geſänge das hohe Lied des vaterländiſchen Empfindens und Denkens wachhielten und den Begriff völkiſcher Ehre in den Herzen der Deutſchen nicht untergehen ließen. Gleich den Vätern haben auch in den letzten 14 Jahren gerade unſere deutichen Männerchöre immer wieder als pflichtbewußte Mahner für wahres und echtes Deutſchtum ihre aufrüttelnden Lieder er⸗ klingen laſſen und das nationale Gewiſſen wachgehalten in einer Zeit, da bewußtes Deutſchtum nicht immer hoch im Kurſe ſtand. Dieſe Anerkennung zollte das neue Oberhaupt der Stadt Dortmund anläßlich der Jubelfeier des„Nördlichen Männer⸗ geſangvereins“ Dortmund der Sängerſchaft in ſeiner Be⸗ grüßungsrede. Oberbürgermeiſter Malzbender ſagte:„In den vergangenen 14 Jahren waren es oft nur die deutſchen Männerchöre, in denen die Worte Vaterland, Volk und Na⸗ tion ausgeſprochen wurden und werden durften. So hat gerade heute auch der Männerchor eine Sonderaufgabe für die Zukunft: die ungenügende Erziehung im völkiſch⸗deut⸗ ſchen Sinne, die vielen unſerer Brüder mangelt, wieder wett⸗ zumachen durch Pflege deutſcher Kunſt; jede Pflege deutſcher Muſik iſt nämlich letztlich ein Bekenntnis zur deutſchen Kul⸗ tur und damit zum deutſchen Vaterland. Neben dieſer Auf⸗ gabe aber ſoll der Männergeſang durch die Pflege der Muſik, der Kunſt mit der tiefſten und ſtärkſten ethiſchen Impondera⸗ bilität, Arbeit tun am„Ewigen Deutſchen“. Das iſt ein Ziel, dem unſere Männerchöre heute in verſtärktem Maße ihr Augenmerk zuwenden. Dann werden wir immer ſtärker hin⸗ einwachſen mit unſerer Volkskunſt in die Volksgemeinſchaft und ein unentbehrliches und höchſt wertvolles Glied bleiben im völkiſchen Staat. Schon ein kleiner Ausſchnitt aus dem letzten Zeitgeſche⸗ hen zeigt uns mit aller Deutlichkeit, wie die Männerchöre in lebendiger Mitarbeit in die große Volksgemeinſchaft hinein⸗ wachſen. Am Tage der nationalen Arbeit marſchierten die Sänger im Heer der Arbeiter der Stirn und Fauſt, am Ehrentag des deutſchen Bauern, am Erntedanktag, erklangen unſere Lieder in Stadt und Land, am Geburtstag des Frei⸗ heitskämpfers der nationalen Revolution, Horſt Weſſel, ſan⸗ gen an der Geburtsſtätte Bielefelder Sänger ihm deutſche Lieder zu Ehren, beim Weſtfalentag in Münſter erfreuten Sänger Tauſende Volksgenoſſen durch heimatliche Klänge. und als man die unglücklichen Opfer der furchtbaren Kata⸗ ſtrophe an der Kohlfurter Brücke zur letzten Ruhe bettete, da tröſtete das Lied Bochumer Sänger eine große Gemein⸗ ſchaft. Hineinwachſen in die Volksgemeinſchaft! Das will die deutſche Sängerſchaft in allen ihren Gliedern. Das Ziel ſoll die Arbeit am deutſchen Lied heiligen und unſere Kunſt immer inniger verbinden mit dem Schickſal der Nation. b„Laßt ſtark uns ſtehn in Not und Leid, in Bruderliebe und Einigkeit! Dann bezwingen wir Schickſal und Zeit.“ a Brüggeſtrat. S e Vor 12 Jahren wurde Oberſchleſien geteilt. 0 Oberſchleſien wurde auf Beſchluß des Genfer Völkerbunds⸗ rates vom 20. Oktober 1921 rückſichtslos in zwei Teile zer⸗ riſſen. Auf unſerem Bild geht die Grenze mitten durch eine Kohlengrube! AEK. Die Bekämpfung der Enkräuler in den Winkerſaakten. Ign den letzten Jahren hat die Betämpf auter i 3 Jul 1 ämpfung der Unkräuter in den Winterſagten, wie Windhalm, ee Kamille 1 155 durch eine Kopfdüngung mit Kalkſlickſtoff einen immer größeren Umfang angenammen. Dies iſt verſtändlich, da dieſe Unkraut⸗ bekämpfungsmethode die einzige iſt, welche im Herbſt— alſo im jüngſten und daher empfindlichſten Entwicklungsſtadium dieſer Un⸗ kräuter— mit Erfolg durchzuführen iſt. 5 hat ſie 9 den Vorzug der Einfachheit und Billigkeit, denn der Stickſtoff des Kalk⸗ ſtickſtoffs kommt nach. der Unkräuter den Kulturen in vollem Umfange zugute. Über die Ausführung der Unkraut⸗ bekämpfung beſtehen im allgemeinen keine Unklarheiten. Sie er⸗ folgt am zweckmäßigſten durch eine Kopfdüngung der trockenen Winterſaaten mit 150—200 kg ungeöltem Kalkſtickſtoff/ na. Das Ausſtreuen muß gleichmäßig erfolgen, am beſten bei beſtändiger Witterung, die einige niederſchlagsfreie Tage erwarten läßt. 8 ringe Niederſchläge von 2 bis 3 mm verringern die unkraut⸗ bekämpfende Wirkung des Kalkſtickſtoffs indeſſen nicht. Hinſichtlich des Zeitpunktes aber, an dem die Kopfdüngung der Winterſaaten zwecks Unkrautbekämpfung durchzuführen iſt, ſind gerade in den letzten Jahren neue Erfahrungen gemacht worden, die wert ſind, der Landwirtſchaft ſchnellſtens bekanntgegeben zu werden. Be⸗ kanntlich hat ſich bisher das Keimſtadium der Unkräuter günſtig für die Bekämpfungsmaßnahmen erwieſen. Das würde bedeuten daß die Bekämpfung etwa 4 Wochen nach dem Auflaufen der Saaten beginnen kann. Nach neueren Erfahrungen iſt aber der Zeitpunkt, an dem die Kornblume 3. B. die ſogenannte Roſette bildet, d. h. neben den Keimblättern noch etwa zwei weitere Blätter aufweiſt, ebenfalls als durchaus zweckmäßig anzusehen Für die übrigen Unkräuter, wie Windhalm, Wicke Klatſchmohn, gilt das entſprechende Wachstumſtadium. Ferner liegen zahlreiche Beobachtungen vor, daß beim Kalkſtickſtoffausſtreue auf ge⸗ frorenen, allerdings ſchneefreien Böden zur Zeit der Winterruhe gute Erfolge bei der Bekämpfung der Samenunkräuter erzielt werden können. Dieſe Beobachtungen ſind für den Bauer und Landwirt, der unter Unkräutern im Wintergetreide zu leiden hat, beſonders wertvoll, weil ſie den Beweis erbringen, daß der Aue ſtreutermin für Kalkſtickſtoff nicht mehr ſo eng begrenzt ſein muf wie man früher annahm..— Diplomlandwirt Behrend. Waßliag im Paſſionsdorf Wie Oberammergau ſeine Spieler wähll.— Altes Brauch ⸗ f kum— neue Wahl. Sonderbericht von Sophie Rützou⸗München. ö Am 17. Oktober fand in. e die Wahl der Hauptdarſteller für das Ju⸗ biläums⸗Paſſionsſpiel 1934 ſtatt. R DV. Oberammergau iſt in der Welt bekannt als das Dorf der Schnitzer und des Paſſionsſpiels. Man erzählt von ihm, daß es anders ſei, als andere Gemeinden, und in manchem mag das wohl ſtimmen. So hat ſich das Dorf zu Füßen des Kofel bei politiſchen Wahlen nie ſehr erregt. Aber welche Erſchütterungen bringt dafür jedes Mal die Wahl der Paſſionsſpieler mit ſich! Es iſt Tra⸗ dition, daß im Oktober, der der Paſſion vorausgeht, die Spieler gewählt werden. Eine heimliche Unruhe iſt dann im Ort, die die milde warme Herbſtſonne nicht zu bannen vermag. Alles Denken, alles Tun der Gemeinde wird be⸗ herrſcht von dem einen Gedanken: Wer wird diesmal ge⸗ wählt werden? Bin auch ich dabei? Oberammergau mit Kofel. Schon lange vorher ſetzt ein Rätſelraten der Preſſe des In⸗ und Auslandes ein. Ja, man reiſt ſogar nach Ober⸗ ammergau, um etwas Genaues an Ort und Stelle„heraus⸗ zubringen“. Vergeblich! Die Oberammergauer, denen Haare und Bärte bereits halblang gewachſen ſind, ver⸗ ſtehen es ſehr gut, diplomatiſch zu ſchweigen. Nur in der Familie, in der Gemeinde wird das Für und Wider für die Wahl der verſchiedenen Darſteller eingehend erörtert, und es wird darauf geſehen, daß jeder, der in Betracht käme, auch ein Recht auf Wahl hat: nämlich ob er ſchon lange im Ort anſäſſig iſt, ob er in der Paſſion 1930 mit tätig war und ob ſein Lebenswandel unbeſcholten iſt. Die Wahl zur Paſſion 1934 iſt von ganz außerordent⸗ licher Bedeutung, denn das Jahr 1934 bringt ja die Auf⸗ führung der Jubiläumspaſſion zum Geden⸗ ken der 300 jährigen Wiederkehr des erſten Spieles. Vor allem aber macht ſich auch hier im ſtillen Oberammergau nach der nationalen Revolution ein friſcher Zug bemerkbar. Man geht mit einer neuen Einſtellung an die Wahl der Spieler heran. Das heißt nicht, daß die alte Tradition, nach der die Oberammergauer 300 Jahre lang wählten und mit der ſie verwachſen ſind, beiſeite ge⸗ ſetzt wird. Im Gegenteil: man hat die ſchönen, heimatlichen Wahlbräuche beibehalten; es wurde nur vereinfacht und durchſichtig gemacht, was bis jetzt geheimnisvoll gehand⸗ habt wurde. So iſt es geblieben, daß ein eigenes Komitee die Spieler wählt. Dieſes Komitee heißt heute noch„die Zwölf“ und„die Sechs“, wie wir es in Chroniken zu Zei⸗ ten des Paſſionsgelübdes vor 300 Jahren leſen. Dieſes Ko⸗ mitee, in deſſen Hand alle Vorbereitungen zur Paſſion liegen, wählt die 120 Einzeldarſteller. Die Wahl der „Rotte“, des„Volkes“ und des Perſonals— in allem rund 800 Menſchen— iſt Sache des„Spielerausſchuſſes“, Kirchenchor hat dreimal ſo viel prachtvolle Frauenſtimmen, als bei der Paſſion gebraucht werden, ſo daß es ſchwer fällt, die ſchönſten Stimmen herauszuſuchen. die Wahl der Hauplſpieler! Bis jetzt vollzog ſich nach der Ueberlieferung die Wahl in drei Wie u en. In geheimer Abſim⸗ mung entſchied zum Schluß eine weiße oder ſchwarze Kugel über Ja oder Nein. Nun hat der friſche Wind der nationalſozialfſtiſchen Einſtellung Veraltetes hinweggebla⸗ ſen und eine neue Art der Wahl geſchaffen: in of⸗ fener Beratung, jedoch unter Ausſchluß der Oeffent⸗ lichkeit, werden von dem Komitee die Fähigkeiten des ein⸗ zelnen Kandidaten geprüft und der gewählt, der am ge⸗ en erſcheint, die Rolle zu verkörpern und auszu⸗ euten. f Am Tag der Haupktwah“ gleicht das Dorf einem aufgeregten Bienenſchwarm. Die deutſche, die engliſche, die ſkandinaviſche und vor allem die amerikaniſche Preſſe hat ihre Berichterſtatter und Kamera⸗ leute entſandt. Der ſtimmungsvolle Friedhof mit den letz⸗ ten blühenden Herbſtblumen iſt ſchon am Morgen mit Preſſevertretern geſäumt, wenn die„Zwölf“, die„Sechs“ und die„Fünf“ ſich zum Gottesdienſt in die Pfarrkirche be⸗ geben, wo ihre Vorväter das Gelübde des Spieles taten. Um zehn Uhr beginnt dann im Rathaus der Wahl⸗ akt. Die harrende Menge drängt zu den Anſchlägen, die im Abſtand von mehreren Minuten erfolgen. Je nach Cha⸗ rakter und Veranlagung miſchen ſich auch die Spielkandi⸗ daten unter die Wartenden, und es gibt manche Träne der Enttäuſchung und manche freudige Ueberraſchung. Anton Lang, der berühmte Chriſtus, der zu drei Paſſionen ge⸗ wählt wurde, ſtand einmal gerade am Töpferofen, als die Türe aufgeriſſen wurde und man hereinſchrie:„Toni— Du biſt zum Chriſtus gewählt!“ Der Ueberraſchte drohte umzuſinken, ſo überwältigend dünkte ihn die Bürde, die er mit der Verkörperung des Heilandes— der körperlich 4 geiſtig ſchwierigſten Bühnenrolle der Welt— auf ſich nahm. Immer weiter ſchreitet die Wahl. Schon hat der An⸗ ſchlag verkündet, wer als Maria, als Johannes, als Ju⸗ das, als Magdalena, als Pilatus gewählt iſt. Es brodelt in allen Gaſſen des Dorfes, Gruppen haben ſich gebildet, und beſprechen das Ergebnis. Immer mehr entrollt ſich das Bild der Beſetzung. Immer kleiner wird der Kreis derer, die noch hoffen dürfen. Jedesmal aber liegt auf der Wahl auch eine ſtille Tragik. Die Sicherung des Spieles verlangt es, daß zu alt Gewor⸗ dene nicht mehr mitſpielen dürfen. Gregor Lechner, der be⸗ rühmte Judas⸗Darſteller, überwand es nie, daß er nicht mehr gewählt werden konnte. Als Achtzigjähriger flehte er auf den Knien, ihm doch noch einmal ſeine Rolle zu geben. Das Nein des Komitees brach ihm das Herz. Es iſt merkwürdig— je älter ein Oberammergauer wird, deſto mehr hängt er an ſeiner Rolle. Und rührend iſt es zu ſehen, welche Freude über die Geſichter der Alten geht, wenn ſie noch ein letztes Mal mitſpielen dürfen. Schon die Kinder des Dorfes wiſſen es ja: es gibt nichts Schöneres als in der Paſſion mitzuwirken, und viele von ihnen haben die Bühne ſchon als dreijähriges Kind betre⸗ ten. Darum kommen auch vor jeder Wahl Oberammergauer aus der Fremde zurück, um in dem Kreis der Wahl⸗ berechtigten um eine Rolle im Spiel zu kämpfen. Nun hat das Dorf durch die Wahl abermals eine Zeit der Paſſion eröffnet. Und voll Verantwortung geht es an die hohe Aufgabe, die ihr die Jahrhunderte im Namen der Heimat, im Namen der deutſchen Kultur auferlegt haben. Roms Weg zur Millionenſtadt. Rom zählte vor dem Weltkrieg(1911) 542 123 Einwohner, nach dem Kriege (1921) 663 848 und Ende 1926 etwa 800 000 Einwohner. Nach der vorläufigen Zählung der Einwohner, wie ſie in Italien allmonatlich errechnet wird, waren Ende Auguſt 1933 1075 000 Einwohner vorhanden, d. h. 26 000 mehr als zu Anfang des Jahres. Mit dieſem Wachstum, das einer Ver⸗ doppelung der Bevölkerungszahl ſeit dem Kriege entſpricht, dürfte Rom unter allen Großſtädten der Welt einzig da⸗ ſteben. Quellen der Familienforſchung Das Gebiet der Familienforſchung, über die früher oft geſpöttelt worden ſei, habe, wie Dr. Tornau vom Aufklä⸗ rungsamt für Bevölkerungspolitik und Raſſenpflege kürzlich ausführte, heute eine Bedeutung erlangt, die niemand auch nur im entfernteſten vorausgeſehen habe. Die wenigen bis⸗ her beſtehenden genealogiſchen Vereine, die Archivleiter und Pfarrämter wüßten davon zu berichten, wie ſie heute mit Beſuchen und Schreiben von Perſonen überhäuft werden, die etwas über ihre Vorfahren wiſſen möchten. Keineswegs handle es ſich immer nur um die Feſtſtellung der Abkunft der Großeltern, deren Nachweis für viele Berufe zur Pflicht gemacht wurde, ſondern das Intereſſe gehe weſentlich wei⸗ ter. Dieſes Intereſſe ſei geſund und notwendig. Es bedürfe der Förderung in jeder Weiſe, denn nur durch die Bemühun⸗ gen eines jeden einzelnen werde das Ziel erreicht, zu dem wir ſtreben, eine Ahnentafel unſeres geſamten Volkes auf⸗ zuſtellen. Am Anfang einer jeden Raſſenforſchung ſtehe im⸗ mer die Familienforſchung. Verſchiedene Quellen könnten zur Erkundung der Fami⸗ liengeſchichte dienen. An erſter Stelle ſtänden die Kirchen⸗ bücher, da die Kirchen ſich erſtmalig mit der Aufzeichnung des Perſonenſtandes beſchäftigt hätten. Für die evangeliſche Kirche beſtehe die Vorſchrift dazu ſeit der Reformation und für die katholiſche Kirche ſeit dem Tridentiner Konzil. Lei⸗ der ſeien viele Aufzeichnungen durch Feuersbrunſt uſw. ver⸗ nichtet worden. Selten nur ſei eine Forſchung über den Dreißigjährigen Krieg hinaus möglich, weil in dieſer Zeit das meiſte Material aus erklärlichen Gründen zerſtört wurde. Aber auch in der Gegenwart gehe noch manches verloren. Deshalb ſei es eine unbedingte Forderung aller Familienforſcher, dieſe wichtigen Dokumente unter„Schrif⸗ ten⸗Denkmalsſchutz“ zu ſtellen. Es befänden ſich ſchätzungs⸗ weiſe noch ungefähr 90 v. H. aller Kirchenbücher in Händen der Geiſtlichen, die ſie nicht immer ſo aufbewahren könnten, wie es nötig wäre. An Verſuchen zur Sammlung der Bücher habe es nicht gefehlt. So ſei es im Lande Braunſchweig gelungen, nahezu alle alten Kirchenbücher im Staatsarchiv unterzubringen. Das Sammeln allein genüge jedoch nicht. Die Urkunden müßten auch jedem zugänglich gemacht und von amtlicher Stelle ausgewertet werden können. Das ſei unmöglich, ſolange von jedem Buch nur ein Exemplar vor⸗ handen ſei. Deshalb ſei es zweckmäßig, die Bücher mehrfach zu photographieren. Die photographiſchen Abzüge könnten zerſchnitten und auf Karten geklebt werden, ſo daß auf dieſe Weiſe eine Sippenkartei für ganz Deutſchland entſtehe. Dieſe Kartei werde von der Zentralſtelle für Familienforſchung verwaltet und könne Auskunft in allen Familiengeſchichts⸗ fragen geben. Neben den Kirchenbüchern gebe es noch alte Bürger⸗ und Innungsbücher, die von Stadtverwaltungen oder Zunf⸗ ten geführt wurden, aber nicht ſo vollſtändig ſeien wie unſere Kirchenbücher. Aus dem Studium der alten Urkunden könn⸗ ten wir auch zwei weitere Tatſachen erkennen, den Aus⸗ tauſch und Uebergang, der zwiſchen den ländlichen und ſtädti⸗ ſchen Berufen ſtattgefunden habe. Dieſe Erkenntnis führe zu einem Ausgleich der Gegenſätze zwiſchen Stadt und Land, zwiſchen körperlicher und geiſtiger Arbeit, denn wir fänden dann überall unſere Vorfahren und achteten mit der gegen⸗ ſeitigen Achtung des Berufes zugleich unſere Ahnen und unſer Blut. Es gehe heute um die Löſung der Kernfrage des deutſchen Volkes, um das Wiſſen um unſere raſſiſche Herkunft und um die Beſtimmung unſerer raſſiſchen Zu⸗ kunft. Beides hätten wir weitgehend in der Hand. In Lulea in Schweden lebt Hjördis Ljungren. Sie wäſcht die Teller im Hotel. Hjördis hat einen kleinen Jun⸗ gen, einen richtigen kleinen Lappenjungen. Das iſt das Be⸗ ſondere an ihr. Der dicke franzöſiſche Koch im Hotel.„Mon⸗ ſieur Maurice“, hat ein Auge auf Hjördis geworfen. Wenn er mit dem roten Daumen die letzte Gurkenſcheibe auf die Entrecote⸗Garnitur gequetſcht hat, kneift er Hjördis ins Ohr. Dann lacht Hjördis und ſagt:„Maurits, pack' mir etwas Ge⸗ ſcheites ein für Nils“ Denn auf Nils kommt es an. Wenn Hjördis nach Hauſe kommt, hat Nils vielleicht gerade die Butter geſtohlen und iſt blank von Fett. Oder er ſitzt viel⸗ leicht ganz artig auf der Matte und erforſcht aus ſeinen dunk⸗ len, ſchief 3 Mongolenaugen das Holzpferd, das Mau⸗ rice ihm geſchenkt hat. Dann nimmt Hjördis ihn auf und herzt und küßt ihn. Und wenn er beſonders drollig und ſie beſonders gerührt iſt, laufen ihr die Tränen in den Mund. Ich lernte Hjördis vor Jahren in Kautokoeino kennen. Damals war ſie zwanzig Jahre alt, bei dem alten Pfarrer in Stellung. Kautokoeino liegt in Lappland, der letzte Flecken, der mit einer größeren Siedlung dem lappiſchen Winter trotzt. Im Sommer, als das Moos und die Birken leuchteten, kam ein Burſche aus Norwegen herüber. Er war ſtark, konnte Glas kauen und gewann unter 18 Bewerbern bei einem Holzwetthacken, das der Pfarrer veranſtaltet hatte, den erſten Preis. Der Norweger Ola blieb drei Monate, dann ging er fort. Hjördis verfolgte ſeine Skiſpur mit den Augen, bis ſie nichts als Waſſer ſag Dann ging ſie zum Pfarrer und beichtete. Der gute Pfarrer breitete andächtig ſein rotes Taſchentuch über ſeine Knie aus und ſagte:„Jajajaja, Hjördis..„ du weißt, in den Büchern ſteht ſehr, ſehr viel. Aber ich ſage dir als dein Pfarrer, der das weiß: werde du eine gute Mutter. Eine gute Mutter hat Gott lieb.“. Hjördis gebar. Nach drei Tagen ſtand ſie wieder auf und war Mutter. Mit allem, was das heißt. Der Pfarrer ſollte das Kind auf den Namen Nils taufen. Aber drei Tage vor der Taufe drückte der Oſtwind das Fenſter ihrer Kam⸗ mer ein und bedeckte die Wiege mit Schnee und Eis. Das Zimmer kältete aus. Spät kam Hjördis auf ihre Stube. Sie riß das blaugefrorene Kind aus der Wiege und rannte zum Pfarrer. Der rieb es mit Branntwein und rang die ganze Nacht um das kleine Leben. Aber das Kind war tot Hjördis lag mit dem Kopf an der Wiege und zitterte leiſe. Die ganze Nacht. Der Pfarrer ſtand in einer Ecke und weinte. Nach drei Tagen war Hjördis dazu zu bewegen, ihren kleinen Nils begraben zu laſſen. 3 Der Pfarrer und Hjördis trugen den kleinen Sarg. Kaum waren ſie aus dem Hauſe getreten, geſchah etwas Schreck⸗ liches. Aus dem Dämmerlicht des Wintertages löſte ſich ein Renſchlitten, jagte die Straße herab, bog in raſender Fahrt auf ſie zu. Aus dem Pulk taumelte ein Lappe. Er preßte die Hand des Pfarrers. Seine heißen Worte wölkten in den Froſt. Acht Stunden war er dahergeeilt; ſeine Frau hatte in der Gamme, der Erdhütte, unter großen Qualen geboren. Sie blute ſtark und habe das Milchfieber. Um des Heilands willen bäte er um Hilfe. Der Pfarrer ſah auf den Mann. auf den Sarg und auf Hjördis. Feſt ſtand der Pfarrer in ſeinem ſchweren Pelz auf dem Schnee. Dann trug er den Sarg in die Kapelle und eilte zum Doktor. Hjördis ging ins Haus und machte ſich reiſefertig. Als ſie vor die Tür kam. war der Doktor ſchon da. Voraus jagte der Pulk mit dem eängſtigten Mann und der Mutter durch den mörderi⸗ ſchen Froſt. unter den Sprungrunen des phantaſierenden Himmels 5 Wilde Fahrt! Wehe, wer aus dem kippenden Pulk, dem kleinen, kufenloſen, bootartigen Schlitten fällt und das Ren verliert—! Er ſtirbt unter den Lanzen des Froſtes. Pulk⸗ fahrt, Raſen im Schneeſturm. Hänge hinab, das Ren rutſcht. auf den Schenkeln ſitzend, der Pulk prallt auf, der Lappe ſchleudert das Tier mit Fuß und Fauſt nach vorn, vor⸗ wärts So fuhr Hjördis, das tote Kind im Herzen. Wie das dann in der Gamme war, wie ſie fremdes Elend und Ekel der Armut zum eigenen Leide trug— ich weiß es nicht. Nach drei Ta⸗ gen war ſie wieder zurück. Sie ſprach kaum. Die Frau war tot. Das Kind aber, dem ſie die erſte Nah⸗ rung dieſer Erde gereicht hatte, lag an ihrer Bruſt. Als dann ihr eigenes Kind in die Erde gelegt wurde, ging die Mfangſcher tief durch ihr Herz. Der Pfarrer mußte das Lappenkind auf den gleichen Namen taufen. Aber Hjördis wollte fort von Kautokoeino. Der Pfarrer verſchaffte ihr die Stelle in Lulea. Wenn ich im Hotel zu Lulea bin, gehe ich nach dem Eſſen hinunter in die Küche und ſpreche mit Hjördis. Letztes Mal hat ſie mir geſagt, ſie werde den Koch vielleicht doch heiraten. „Wegen Nils nämlich.“ Und dann mache ich einen dummen Witz und verbeuge mich innerlich tiefer vor dieſer rotblonden, ſommerſproſſigen Hjördis als vor allen Damen dieſer Erde, die noch kein leben⸗ diges Kind geboren haben Per Sichwenzen. ———ů—kk̃— Indiſches Kaſtenweſen Das indiſche Kaſtenweſen führt oft zu ſonderbaren Si⸗ tuationen. Ein hoher engliſcher Beamter ſaß eines Tages in ſeinem Büro und unterhielt ſich mit einem eingeborenen Angeſtellten, der der vornehmſten Kaſte, der der Brahmanen, angehörte. Der Maharadſcha des betreffenden Staates kam zu Beſuch und trat ſchon ein. bevor der Angeſtellte das Zim⸗ mer verlaſſen hatte. Da kniete der Maharadſcha nieder und wiſchte ihm den Staub von den Füßen. Als der Engländer ſpäter den Angeſtellten fragte, ob er nicht hochmütig werde, wenn ſein Fürſt ihm die Stiefel ab⸗ wiſcht, gab er zur Antwort:„O nein, denn die Huldigung gilt ja nicht mir ſondern dem heiligen Brahmanentum. das in mir verkörpert iſt. Außerdem iſt der Fürſt ein guter Menſch; vielleicht wird er im nächſten Leben Brahmane, und ich gehöre dann vielleicht derſelben Kaſte an, der er heute angehört. Dann muß ich ihm die Schuhe abwiſchen. Ich werde mich alſo hüten, hochmütig zu werden.“ So fuhr Hjördis, das kole Kind im Herzen. 2 — 0 4 — * 8 & qid unu qun i ungen un on o eo eig u vun oc due e eee une be bcoh ng uue, — ihiq uellvf ueuufcnes cid de une sleagz eg bb. noch dqen 150 fb val sog ue eee m ie „e eee s jo fefa— i een b sog und“ „nrzebav sog use usbung ususe udien eee e eh ee ne een gogtz ing uno vg v—v— vg fuellen Tele suv pid d e eee eee een end e e ue ͤ dun eue gun ueufecht dungs eg igpr noch ogen z feng“ „ noch agen ed jene inge Montezue guvfl a0lſeloagz nv ue ueunzneb pid hol moch egen a eee“ en ee„dee dune e 5 zoch sepp use bol aun uobupg aun 510 g 117 ne e ben eee eee e ce ue Jans gas Tolles ni eee„een een e ec * „isnqoinzz ue bung big— Igioluegung ueg na fe zs“ neui aunzee u e en eee so aun Bicpquv nir eb„unc gun ufellozoinegz“ „— 1616 Dunne aun ujellonozhogz ineg som— ben cp evg zebunc gun e eee be bee e s.— ufelnpas s“ „Gps oeuvb dul — iq cpr bol zebunc agog e— juzennzcß ne him bi ln n 0; uur neo uo eig naue 110 na urg dee ee e eh ce ee es“ a usqengeb Long ul egi szene ne gun go Seo e eee eee ee ch eee ne Sunn 8e ibn Aud ung uaeuunz siadegzs usgieg di nun pon c 10 Seu de nr ingen n e „iuellpr usuufmeb nv og hol hoch egen ed gun“ e Aba zpgqcplenzeun gun ugchl spa unn meg hv uda esp Usus oinnea un Spiiueg znu dia aun zoepnzqz dig eim Luvch— hogazz equpé Teag! gun hoch ueinb ev ueg uv siv„ignis sicpzu uv did usbönjz uenvas ua ung uu nr eguoiq up dig ang uf iT bang oſpne used sobigon ung langtz— j bunugz du, ie oo— Ip due e 1 75 8 u 1 usuuiceb nv eig hol hoch odge 21 ieee — Rz due ange— lav opog iu 8.1 uelnoy— eig uocp r ge bo useuvb ue une n.31 uennzuepapzch ne usplue cz o ⸗pnjb oqueqpgjqom zog gjoch aun giegz ui zdlckuvc ul „ ooegſh dnvjq ohe sog jeune ojbiaupges manu oeuvd ei sad udmuung ueuzel un pe eig dogung leleig gun— Jong acid gen soa un anu zone! ,,, 35 egen ene e eee ener cenie Saen oog uolls ne jo unvz olnvc ne uvul om Som b ee e enen neee eee“ en neu gig⸗zefeanag zenlogsog ug Nimpcs— leblos zuhge Kappes vag unebenen ehe er en ee reſpvg o ae sg 12140 eee ene ea wueznvönbgoa svanse jeg pech teu zog udulav mouse— ocplang zdufe Teicplunhzeg ß „eee due uucmebdn voc— feigenenv sog abe obidwun; aufe inz6— jusejnpas dhe sg“ „ 201 add zeln ueber ue neee e enn usd dach uod ideen seg gung suf une ueueqom un ⸗uohboyl usg zb dec op id uv:squpichnec uses zughoc die u nv egg ueſcaderz zei en Zub uss pu— Joa pon geh eig ui 100 speavogzß dico uboot uses ound 2028 deuvß dig uf zppof ze Jogugog Tab ue „ge sa— ufein pas“ r Aoguepapzß us ict spe ol zv soo— lohugvg ne loguhvgz ug uch ue uebinnjeltea uda einge Smubzol ocker mequ fed ee er enen een ien ulli gun zdllo „ une en enen benen wengi ⸗goach uebaz sno ci eee eee to nee ene bun unn eee er ug ⸗susbung use obi aue Seen Ag ee pig robebneu ud see svanſes zom s va al 618 „— iso sausen sobib use un — iso ud dig opog ig uelnvz— upejnpas ufezgs“ Hguugn zva se uus bunſckalpg id use dia Suncagnzchluv ol vl uezvan eil cho uvm ound sv une daneaſueg op zh; u! dee e ie ae„ een e een o ug op ce eee een eee een uuns n „ ulejnpiL use)“ Sngoinzz ue Inv ue; nuss jp auer uch uvm denvm unu gun 5„euphene dog Gungelanuezug“ aun„uspeigsbgpfqz uendu“ gun„Hunzſckunzcplszlvcpgangz“ gun„unznoluo g ⸗ahohnns“ gun„uengeay uouszcale5 zue“ ua gckon ꝛd ou dim ah uezjpgebilel 1 eig den M nete ee en eee e eue zeane Ars ahn uegen gung aueqd up ufnegz ehe us degvzjce zeuejvlnzeg gun acbleckieg a0 buneneiz zog uv uoſckckol ueflnvl soin uefa udeuhog, „uſempas ufezcb“ „% Guns 12 919 nu ou u 60% 9 Ude Cel. 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Paß auf, das Los gewinnt!“ Kopfſchüttelnd verſchwand Frau Profeſſor in der klei⸗ nen Küche. Im Lauf der Mahlzeit wurde Till nachdenklich. „Du, muß man das ſehr ernſt nehmen, wenn einem ein ſauber geplätteter junger Mann ſagt:„Sie ſind ganz anders, als alle Kolleginnen, die ich kennne, Fräulein Rheydt!“?“ 5 „ Affl“ rief Frau Lili wißbegierig.„Wer, wie, wo, was?“ Till ſetzte ſich ſittſam auf eine Stuhlkante, ganz Mädchen des vergangenen Jahrhunderts. „Oh, Mama!“ liſpelte ſie. Frau Lili bog ſich vor unterdrücktem Lachen. „Er iſt Buchhalter bei Malefiz. Er bezieht ein Monats⸗ gehalt von dreihundert Mark und iſt genau achtundzwan⸗ zig Jahre, ſieben Monate und.. warte mal. ſie rechnete mit verdrehten Augen an den Fingern,„neun Tage alt.“ Frau Lili ſeufzte tief. „Till, du biſt wirklich ein echter Till Eulenſpiegel!— Nein, das iſt nichts für 5 Du mußt einen Prinzen oder einen Generaldirektor haben— Generaldirektoren ſind ſtreng modern.“ Till turnte über die Stuhllehne. Dieſes Thema feſſelte ſie, feſſelte ſie mehr, als ſie ge⸗ wöhnlich zugeben mochte. Sie ſtand auf dem Standpunkt: junge Mädels müſſen angebetet werden. Natürlich gab es wichtigere Dinge als Anbetung, ſo 11 Beiſpiel: Satt zu eſſen... Oder ein richtiges Bett. ill und Frau Lili wußten dieſe Köſtlichkeit zu ſchätzen, denn ihre Betten waren ſchon verſetzt geweſen, und wochenlang hatten ſie auf dem Fußboden geſchlafen. Ganz einfach auf der Matratze, von Mänteln zugedeckt Aber das war ein großes Geheimnis, qa ein Abenteuer. Natürlich ſprach man von ſo etwas zu keinem Menſchen. Es gab Dinge, die tagelang, monatelang, jahrelang den ganzen Horizont der beiden einſamen Frauen aus⸗ füllen konnten: Arbeit haben... Sich aus längſt gewendeten Stoff⸗ reſten noch einmal neue Kleider fingern... Lernen, wie man mit halben Abfällen ein gaumenreizendes Mittags⸗ mahl zaubert... Entzückend friſch wie Kirſchblüten und roſiger Mandelbaum ausſehen, ohne jegliche Schönheits⸗ hilfe als friſches Waſſer... Unentwegt tapferen Mut behalten und Begeiſterung für erreichbare Dinge. Ja, ja, Begeiſterung für das alltägliche Leben, das war das Schwerſte. Es war manchmal tölpelhaft, dieſes Leben, wenn es 15 als Hagelſturm gebärdete und alle Blüten am Wunſchbaum der beiden zerſchlug, die doch kaum etwas anderes beſaßen als Wunſchblüten. Aber noch ſchlimmer war es, wenn eine Reihe von häßlichen All⸗ täglichkeiten ihren Frohſinn zu brechen ſuchte: Verteuerung von Straßenbahn und Autobus, Halbſattſein und die un⸗ abwendbare Notwendigkeit, ein paar Schuhe zu beſohlen oder ſich wegen einer heimtückiſch heruntergelaufenen Strumpfmaſche eine Taſſe Kaffee abzugewöhnen. Doch über aller Hinterhältigkeit des Lebens ſteht die Wonne der Anbetung. And ſelbſt im rettungsloſeſten All⸗ tag bringt ein bißchen Anbetung in ſehnſüchtige und un⸗ ausgefüllte Herzen einen Hauch vom verlorenen Paradies. Deshalb iſt die Liebe im allgemeinen auch ſo beliebt. Till turnte alſo über die Stuhllehne und ſagte laut und deutlich: „Lieber einen Prinzen mit einem Märchenſchloß. Ver⸗ wunſchene Waldeinſamkeit. In alten hohlen Bäumen hauſen Feen und Elfen. Nachts im Mondſchein tanzen ſie zu geiſterhaften Sphärentönen. Ich liebe ihn. Er iſt edel. 115 nichts auf dieſer Welt kann uns trennen als der 5 Frau Lili ließ ſie plaudern und ſprudeln. Aber dann langte ſie ſchluchzend vor Lachen nach der Gitarre und klimperte, um Till wieder auf die Erde herunterzuholen. „Schonung!— Ich muß mich fertigmachen. Um halb neun ſind ſie weg und meine Siebenſachen warten.“ „Sie“ waren die Leute von Freders und Sohn, der 7 „Weſteuropäiſchen Generaldetektei“ im Haus drei Straßen weiter, wo Frau Lili abends— unterm Siegel tiefſter Verſchwiegenheit— die Büros reinigte; die„Siebenſachen“, das waren Staubſauger, Schrubber, Aufnehmer und ein Dutzend Eimer Waſſer. 5 „Muttel, du!“ Till legte hingegeben beide Arme um den Hals der Profeſſorin.„Du biſt ein— ein— ein— Hel⸗ dengedicht! Aber muß es ausgerechnet bei den Aufwar⸗ tungen bleiben? Genügt es nicht, wenn du nähſt?“ Frau Lili ſetzte den Hut auf. „Das tu ich doch nur zur Erhaltung meiner koſtbaren Geſundheit! Beim ewigen Nähen ſetzt man Fett an. Be⸗ wegung muß ich haben „.. Und wöchentlich zehn Mark achtzig.— Ach geh! Ich verdiene doch nun hundertfünfzig und wir haben keine Schulden mehr.“ „So!“ Frau Profeſſorin blitzte ſie an.„Und die Miete? Und die Steuern? Und die Straßenbahn? Und die Kran⸗ kenkaſſe? Und die unvorhergeſehenen Ausgaben, he? Die Betten ſind hundertmal geſtopft, Teppiche ſind Traumbilder der Zukunft. Kein weicher Stuhl. Kein bißchen Schönheit. Till, bisher haben wir nur für die Vergangenheit gelebt — haben nur gerackert, um Vaters Schulden los zu wer⸗ den. Jetzt will ich die Zukunft und ein bißchen Glück und Sonnenſchein—“ „Muſchimaus,“ Till ſchoß atemlos mit einem Gedanken und drohend gerecktem Zeigefinger gegen ſie vor.„Muſchi⸗ 22 ich das iſt Luxus! Wir ſind Doppelverdiener, du und i 185 Frau Lili guckte, wie nur ſie gucken konnte. Spaß wurde Ernſt. „Doppelverdiener?“ wiederholte ſie leiſe, und um den Mund zuckte es wie verhaltene Bitterkeit.„Ach nein, Till. Wir ſind wohl Doppel⸗ und Dreifacharbeiter— aber, wenn wir's recht beſehen, nur Viertelverdiener! Leider!“ Und draußen war ſie. Ihr raſcher Schritt verhallte auf der knarrenden Treppe in der Tiefe. Zweikampf. Vanloos Vorfahren ſtammten aus Belgien, und ir⸗ gend etwas Welſches ſteckte noch immer in ihm. Er konnte eſchmeidig ſein wie ein Luchs, und in ſeine Augen, die ſich vor jedem geraden Blick etwas beſeite zu drücken ſchie⸗ nen, ſtieg ein irrlichternder Glanz, ſobald etwas Junges und Duftiges in der Nähe auftauchte. Richard Gräner, der Buchhalter, lehnte mit ſeiner Eckigkeit ſich gegen den„windigen Burſchen“ auf. Aber, lieber Himmel, was ſollte man tun? Das war ſo etwas: tiefe, fürnehme Verbeugungen, Blumen, kleine, verſteckte und ſehr offen gemeinte Liebenswürdigkeiten.. wenn 5 auf ſo etwas flog... na, dann war es auch nichts für 1280 Aber ſie„flog“ nicht. Sie, Fräulein Mathilde Rheydt, von den Kolleginnen reſpektwidrig„Till“ gerufen, behielt alles, was ſie hatte: das gemeſſen liebenswürdige Kopfneigen, ein kleines, e Lächeln in den Mundwinkeln, die angbewimperten Lider, die ſich ſo erſtaunt heben und ſo betroffen— geſchmeichelt wieder über den grauen Augen ſenken konnten— das war etwas, was dem feinen, rein⸗ häutigen, von innen wie mit beſonderem Licht durchſchie⸗ nenen Geſicht etwas Blumenhaftes gab, und den Buch⸗ halter Richard Gräner immer von neuem verwirrte. Seit vier Wochen arbeitete Fräulein Rheydt in ſeinem Bereich, um zur Unterſtützung der Privatſekretärin des Malefiz ſtets bereit zu ſein. Und ſeit vier Wochen wußte er, daß er keinen rechten Boden mehr unter den Füßen hatte. Am vorgeſtrigen 0 hatte er beim Ausſchei⸗ dungsſpiel einen Ball des Nürnberger Fußballklubs durchs Tor gelaſſen, nur, weil er den Bruchteil einer Sekunde geglaubt hatte, Till wäre unter den Zuſchauern. Die Zeitungen, die ihn noch vor acht Tagen mit Stuhl⸗ fauth verglichen, hatten ihn mächtig gerüffelt, und eine ſchrieb ſogar, Richard Gräner hätte viel von ſeiner Form verloren und ſchien alt zu werden. Alt? Vier Wochen ſind immerhin eine lange Zeit, wenn man achtundzwanzig Jahre und verliebt iſt. Doch das iſt ein Zuſtand, der einmal im Leben ſowieſo über⸗ wunden werden muß— ſchlimmer aber war das täglich ſich mehr feſtigende Gefühl: das iſt nichts für dich— Hände weg. (Fortſetzung folgt.) Geckenheimer Familienchronik. Von Hellmuth Möſſinger. IX. Von Obermener bis Sponagel. Auch die Familie Obermeyer, heute in Mann⸗ heim 16 mal, in Seckenheim 9 mal, in der Landwirtſchaft gar nicht vertreten, zählt zu den älteſten hieſigen Ge⸗ ſchlechtern. Wie lange es hier ſchon Obermeyer gibt, kunn aber aus unſerem Buch der reformierten Kirche nicht feſtgeſtellt werden, weil die Obermeyer früher zu den Lutheranern zählten, die ihren Pfarrer und ihr Kirchenbuch in Ladenburg hatten. Weil nach dem Berg⸗ ſträßer Razeß, einer der Regierungsmaßnahmen in den vielen Glaubensſtreitigkeiten von Kurpfalz, die Ein⸗ tragungen zum Standesregiſter für Lutheraner an Orlen, wo ſie keinen eigenen Pfarrer hatten, beim katholiſchen Pfarramt erfolgen ſollten, kam es bei Miſchehen öfter zu unangenehmen Auseinanderſetzungen, denen man ſpäter zu entgehen wußte, indem mittels abgeſchloſſenen Ehe⸗ packten reformierte Kindererziehung vereinbart wurde. In der Seckenheimer reformierten Gemeinde erſcheint 1730 ein Melchior, Sohn des Lutheraners Jak. Obermeyer unter den Konfirmanden, 1733 heiratet ein Andreas Obermeyer eine Anna Maria Böhles, 1746 heiratet derſelbe als Bürger und Witwer eine Anna Maria Carl; als Paten erſcheinen bei ſeinen Kindern mehrfach Glieder der Lehrersfamilie Würthwein. Raufelder zählt man heute in Seckenheim 19, darunter kein Landwirdt, in ganz Mannheim 21; das Geſchlecht ſitzt alſo faſt ausſchließlich in Seckenheim. 1733 am 28. 10. wurde Joh. Peter Raufelder, Fiſcher zu Heidelberg bürtig, Sohn des Bürgers und Fiſchers Georg R. zu Heidelberg mit Frau Maria Magd. Hu⸗ berin, weiland Görg Geb. Huber geweſenen Fiſcher allhier hinterlaſſener Wittib kath. Rel. copuliert. Das Fiſcher⸗ gewerbe war noch geraume Zeit bei den Gliedern der Familie Raufelder heimiſch, heute gibt es aber keinen Fiſcher Raufelder mehr in Seckenheim. Schmidthäuſer, deren es heute noch 6 in Secken⸗ heim gibt, werden ſchon 1724 im Kirchenbuch genannt, ohne daß die Herkunft zu erkennen wäre. Umſo beſſer werden wir über die Familie Söllner unterrichtet, die von Ladenburg ſtammt und im heutigen Mannheim 19 Einträge zählt, wovon 11 auf Seckenheim fallen. Unter dieſen 11 Söllner ſind nicht weniger als 10 Landwirte. Der Gründer des Seckenheimer Aſtes iſt Joh. Thomas Söllner, Bürger in Ladenburg, Sohn des Jakob S., Bürgers und Einhornwirts in Ladenburg, der hier am 11. 1. 1763 Suſ. Marg. Volz, die Tochter des Bürgers Phil. Volz heiratete. Bei der Taufe ſeines Sohnes Gg. Leonhard wird Thomas S. als Bürger und Traubenwirt bezeichnet, am 16. 2. 1780 läßt er einen Sohn auf den Namen Hieronymus taufen nach dem Paten Hieronymus Söllner, Bürger in Ladenburg, wohl ſeinem Bruder, und hat ſo das Verdienſt, den etwas ungewöhnlichen Vornamen Hieronymus nach Seckenheim gebracht zu haben, wo er in der Folge anſcheinend ziemlich beliebt wurde. Es mag an dieſer Stelle eingefügt werden, daß als Wirte im alten Seckenheim ängeführt werden: 1671 der mehrfach genannte Baudevin Frey als Wirt und Gerichtsperſon, 1720 und 1741 Hans Nik. Hartmann als Gerichtsverwandter, Küfermeiſter und Bierſieder, wie auch Gaſtgeber zum Trauben, 1731 der 7 Thomas Köhler als Bäcker und Adlerwirt, 1735 ſein Sohn Joh. Wendelin Köhler ebenſo, 1749 Joh. Köhler als Bürger, Bäckermeiſter und Kranzwirt, 1734 Rudolf Gaa als Maurer und Karpfenwirt, 1746 ſein Schwiegerſohn An⸗ dreas Treiber als Metzger, Karpfenwirt und Kirchen⸗ älteſter, 1744 Hans Jak. Seitz„im Hirſchen“, 1765 Thomas Söllner, Bürger und Traubenwirt, 1768 To⸗ bias Treiber, Bürger, Küfermeiſter und Kronenwirt. Alle dieſe Wirtſchaften beſtehen längſt nicht mehr oder wenigſtens nichts mehr unter dem angeführten Namen. ) Vergl. Rr. 5, 14, 29, 83, 40, 41, 42/1933 des„Familienfreund“. Der Wert eines alten Schildes ſcheint in früheren Zeiten nicht ſo hoch eingeſchätzt worden zu ſein, wie heutzutage, man liebte in dieſer Beziehung anſcheinend mehr die a oder oder maß ihr die ſtärkere Anziehungs⸗ raft zu. Sponagel zählt man heute in Seckenheim 6 Fa⸗ milien, von denen je 2 auf die Landwirtſchaft, die Küferei und das Schuhmacherhandwerk entfallen. Unſere Spo⸗ nagel gehören auch zu der großen Einwanderung, die nach den ſchweren Verwüſtungen durch die franzöſiſchen Mordbrenner im Jahre 1693 aus den benachbarten Dörfern kam und Seckenheim wieder auf die Beine ſtellte, und zwar kamen ſie aus Keffertal, wo der Name heute noch vielfach zu finden iſt. Keffertal oder noch urſprüng⸗ licher Kefferntal und nicht Käfertal, der Name ſtammt von den Keffern her, wie man dort noch heute die Kiefern⸗ Bäume ausſpricht, und hat nichts mit Käfern zu tun. Die Keffertaler haben ſich erſt ſpäter in falſcher Vor⸗ nehmtuerei ihren Namen von einem ebenſo hohen wie ungebildeten Beamten verhochdeutſchen laſſen, und ſind wohl noch ſtolz darauf, haben ſich dann auch gleich ein Dorfwappen mit einem Käfer darin angeſchafft. 1693 am 13. 1. heiratete alſo Peter Sponagel, Sohn des . Gerichtsverwandten Hans Jak. Sp. in Keffertal, nach Seckenheim und zwar die Jungfrau Anna Eva, Tochter des f Hch. Wiederhold, alſo eine Einkelin des bekannten Baldvin Frey. Ein Jahr ſpäter folgte ihm ſein Bruder Hans Jak. Sponagel, der Anna Urſula aus der Familie des f Gerichtsverwandten Joh. Phil. Seitz heiratete. Dieſer Joh. Phil. Seitz, Sohn von Hans S. aus Wieblingen hatte 1657 nach Seckenheim geheiratet. eine Anna Kath. aus dem erloſchenen Geſchlecht Michel Kolb; Sohn des Joh ‚ Phil. Seitz war Konrad Seitz(1658 bis etwa 1689), deſſen Witwe Ottilie, Tochter von Baldwin Fry, nachher den Peter Seitz aus Oftersheim heiratete. Ueber ihren Sohn erſter Ehe Joſua Seitz, deſſen Nachkommenſchaft, urſprünglich Wieblinger Stamm, ſpäter im Oftersheimer Stamm aufgegangen iſt, wird wohl noch zu reden ſein. Die Sponagel in Seckenheim holten zu ihren erſten Kindern, man möchte faſt ſagen, wie üblich, die Gevattern aus der alten Heimat Keffer⸗ tal, ſo eine Jungfer Anna Salome Löpf. Man braucht aber dieſes anſcheinend nötige Heranholen auswärtiger Paten nicht als böſe Abſicht und bewußte Ablehnung der neuen Zuwanderung ſeitens der Seckenheimer an⸗ zuſehen, die Urſache iſt eben darin zu ſuchen, daß Secken⸗ heim durch die Verwüſtungen des Krieges beſonders ſchwer getroffen und ſo ſehr arm an erwachſenen auf⸗ baufähigen Menſchen war. Es muß ſtark auffallen, wie 1 in den Jahren nach 1693 die Seckenheimer, die doch ſonſt recht ſelbſtändig und in gewiſſem Sinne für ſich abgeſchloſſen leben, nicht nur durch Heirat aus⸗ wärtigen Zuzug aufnehmen, ſondern auch noch mehr als dieſem Heirats⸗Zuwachs entſpricht, mit Gevatterſchaften sche nur von auswärts eine Zeitlang überfremdet er⸗ einen. f Die beiden 1693/94 zugezogenen Brüder Sponagel ſcheinen ſich urſprünglich der Landwirtſchaft gewidmet zu haben, unter ihrem Nachwuchs iſt aber des Handwerk ſtark vertreten, ſo war der Sohn Jakob des Peter Sp. Schneidermeiſter. Später erfolgte auch Abgabe von Nach⸗ wuchs in den Lehrerberuf, und allgemein bekannt iſt ja heute, wie z. B. das Küfergewerbe in dieſer Familie ſchon in Generationen blüht und geübt wird. — ̃—x—....—ũß r—„— ̃ Wiſſen Sie das? Die Aerzte ſtellen neuerdings feſt, daß verheiratete Menſchen Ausſicht auf eine längere Lebensdauer haben als unverheiratete; von 124 Hundertjährigen z. B. waren 15 drei unverheiratet, die Männer waren ſchmtlich Rau⸗ er. Die engliſche Sprache wird von 145 Millionen Menſchen . die deutſche von 85 Millionen, die ſpaniſche von 2 Millionen und die franzöſiſche von 58 Millionen. —